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Bundesgesetz betreffend

Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Art. 18, Lemma 2, und des Art. 34bis der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874; in Abänderung des Bundesgesetzes über Militärpensionen und Entschädigungen vom 13. Wintermonat 1874; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 1898, beschließt:

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Der Bund versichert nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen die Militärpersonen gegen die wirtschaftlichen Folgen von im eidgenössischen Militärdienst eingetretenen Krankheiten und Unfällen.

Art. 2.

Es sind während der Zeit ihres Dienstes versichert:

a. Gegen Krankheit und Unfall.

1. die im eidgenössischem Militärdienst stehenden Wehrmänner aller Grade;

929 2. die Sicherheitswächter und die Beamten der Festungswerke ; 3. die mit Missionen zu ändern Armeen beauftragten Offiziere ; 4. die Instruktoren für die Zeit ihres Dienstes bei der Truppe; 5. die für die Rekrutierung vom Bunde bestellten Rekrutierungsoffiziere und deren Sekretäre, die sanitarischen Kommissionen und die pädagogischen Experten ; b. Nur gegen Unfall: 6. die Bereiter, sowie die Pferdewärter, Fahrer und Schmiedmeister und deren Gehülfen bei der Regieanstalt und den Central-Remontendepots ; 7. die gemäß Verwaltungareglement (Art. 313) angestellten Civil-Offiziersbedienten ; 8. die gemäß Verwaltungsreglement (Art. 322--324) für längere oder unbestimmte Zeit in Dienst genommenen Civil-Magazinarbeiter, Fuhrleute und Träger; 9. die Waffencontroleure und deren Gehülfen; 10. die von einer Truppe vorübergehend in Dienst genommenen Civilarbeiter (Zeiger u. dgl.); 11. die von den eidgenössischen Kasernen Verwaltungen angestellten Putzer und Hausbesorger; 12. die der Armee angehörenden Mitglieder der freiwilligen Schießvereine und die Teilnehmer am militärischen Vorunterricht für die Zeit ihrer Übungen.

Art. 3.

l. Die Versicherung erstreckt sich : a. auf Unfälle, welche sich, gleichviel ob im Dienst oder außer dem Dienst, in der Zeit ereignen, die für die Abreise von Hause zum Dienst bis zur Rückkehr vom Dienst nach Hause nötig ist. Vorbehalten bleibt Art. 5 ;

930 b. auf die während der Dienstzeit ausbrechenden Krankheiten mit oder ohne direkten ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienste, Art. 4 und 5, b, vorbehalten; c. auf Erkrankungen infolge krankmachender Einwirkungen während des Dienstes, die binnen drei Wochen nach demselben durch einen Arzt konstatiert werden.

2. Erkrankungen nach dem Dienste oder Unfallfolgen, die dem Oberfeldarzt später als drei Wochen nach dem Entlassungstage gemeldet werden, können nur dann berücksichtigt werden, wenn ihr ursächlicher Zusammenhang mit dem letzten Militärdienst als sicher oder sehr wahrscheinlich zu betrachten ist, und wenn die Anzeige nicht später als längstens ein Jahr nach der vermuteten krankmachenden Einwirkung gemacht worden ist.

Art. 4.

Ein mit einer Krankheit Behafteter, der dieselbe beim Einrücken nicht anmeldet, hat, sofern er aus triftigen Gründen nicht sofort entlassen werden kann, nur Anspruch auf die Leistungen nach Art. 9, l, a und b. Gehört er einer Krankenkasse an, so hat diese nach Ablauf des Dienstes den Kranken auf ihre Rechnung zu übernehmen.

Art. 5.

1. Von der Militärversicherung sind ausgeschlossen: a. die im Truppenkrankenzimmer oder bei der Truppe ambulant Behandelten; b. in den Dienst mitgebrachte Krankheiten (Art. 4), wenn dieselben beim Einrücken verheimlicht waren; c. arglistige Selbstbeschädigung.

2. Beschädigung durch grobes Selbstverschulden berechtigt zur Herabsetzung sowohl des Krankengeldes nach dem Dienst als einer allfälligen Pension bis auf die Hälfte.

3. Beschädigungen durch Unfälle, welche bei Benutzung von öffentlichen Transportanstalten sich ereignen und für

931 welche diese letztern haften, fallen nur insoweit unter die Militärversicherung, als die Haftpflichtentschädigung diejenige der Militärversicherung nicht erreicht.

Art. 6.

1. Der Beschädigte und dessen Angehörige sind verpflichtet, dem Arzte und den zur Krankenkontrolle verordneten Personen Einlaß in den Aufenthaltsort zu gewähren und wahre Angaben zu machen.

2. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht oder bei Nichtbefolgung der ärztlichen Anordnungen können die Leistungen der Versicherung für die Folgezeit ganz oder teilweise entzogen werden.

3. Wer durch wissentlich unwahre Angaben über die Verhältnisse des Beschädigten oder durch Versäumung rechtzeitiger pflichtgemäßer Anzeige den letztern oder den Bund in schuldhafter Weise benachteiligt, kann vor dem ordentlichen Richter für Schaden und Strafe belangt werden.

Art. 7.

1. Die durch die Militär Versicherung zu leistenden Entschädigungen zerfallen in solche für vorübergehenden Nachteil (Abschnitt II) und in solche für dauernden Nachteil (Abschnitt III).

2. Auch die voraussichtlich bleibend Beschädigten werden so lange als vorübergehend Beschädigte angesehen, als sie der Behandlung in einer Heilanstalt oder der regelmäßigen Hausbehandlung bedürfen.

3. Die Versicherung übernimmt außer den in Art. 9 ff.

festgesetzten Leistungen auch die Kosten für künstliche Glieder und andere nötige Apparate.

4. Zur Entschädigung nach Abschnitt III A sind nur die Beschädigten selbst berechtigt, solange sie am Leben sind.

5. Hat die Beschädigung den Tod des Beschädigten zur Folge, so haben dessen Hinterlassene Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe von Abschnitt III B.

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II. Entschädigung für Torübergehenden Nachteil.

Art. 8.

1. Dem Oberfeldarzt ist über die einzelnen Schadenfalle Anzeige zu machen: a. während des Militärdienstes durch das dienstliche Sanitätsrapportwesen ; l>. nach Ablauf des Dienstes (Art. 3, l c und 2) durch sofortige und direkte Anzeige. Der behandelnde Arzt, ob Militär- oder Civilarzt, ist bei seiner Verantwortlichkeit gegenüber dem Patienten nach O.-R. Art. 50 ff.

zu derselben verpflichtet.

2. Für die Anzeigen nach l, o, haben die Ärzte Anspruch auf Entschädigung nach einer vom Bundesrate aufzustellenden Norm.

Art. 9.

1. Die Militär Versicherung leistet dem vorübergehend Beschädigten bis zu dem Zeitpunkte, wo die Arbeitsfähigkeit wieder eintritt, oder die dauernde Invalidität beginnt, oder der Patient mit Tod abgeht, folgende Entschädigungen: o. Kostenfreie Verpflegung und Behandlung im Spital; b. während der Dauer des betreffenden Dienstes bis und mit dem Entlassungstag den Gradsold ; c. nach Ablauf des betreffenden Dienstes ein tägliches Krankengeld nach Art. 12.

2. Für die in Art. 2 unter 2, 6, 7, 10, 11, 12 genannten Personen beträgt die Entschädigung nach l b und c von Anfang an 70 °/o der ordentlichen Löhnung, Art. 12, 3, vorbehalten.

3. In den Fällen nach Art. 3, l c und 2, beginnt die Entschädigung erst mit dem Tage der Anzeige an den Oberfeldarzt. Für häusliche Verpflegung, welche vom Oberfeldarzt weder angeordnet noch bewilligt wird, ist der Bund zu einer Entschädigung nicht verpflichtet.

933 Art. 10.

1. Zur Bewilligung von häuslicher statt Spitalverpflegung ist nur der Oberfeldarzt befugt, und zwar nur dann, wenn einerseits die betreffende Erkrankung keine Absonderung erfordert, und anderseits die Umstände eine ebenso gute und für eine rasche Heilung ebenso förderliche Verpflegung und ärztliche Behandlung zu Hause wie im Spital erwarten lassen.

2. In diesen Fällen richtet der Bund einen Ersatz der Spitalverpflegung aus, und zwar per Tag für die Unteroffiziere und Soldaten von Fr. 2. 50, für die Offiziere von Fr. 3 (Verwaltungsreglement, Art. 144).

3. Der Anspruch auf den Ersatz der Spitalverpflegung hört auf mit dem Zeitpunkt, auf den der Patient normalerweise aus dem Spital entlassen würde, auch wenn die Arbeitsfähigkeit noch nicht hergestellt ist und daher der Anspruch auf das Krankengeld oder einen Teil desselben noch fortbesteht.

Art. 11.

Gegenüber den Verfügungen des Oberfeldarztes kann innerhalb 10 Tagen nach deren Mitteilung Berufung an das Militärdepartement und gegen dessen Entscheid ebenfalls innerhalb 10 Tagen an den Bundesrat erhoben werden. Der Bundesrat entscheidet endgültig.

Art. 12.

1. Das Krankengeld (Art. 9, l C) besteht: a. Für die ersten 30 Krankheitstage nach der Entlassung der betreffenden Truppe oder Schule in einer täglichen, festen Vergütung von Fr. 3 für Unteroffiziere und Soldaten und von Fr. 5 für Offiziere; b. für jeden folgenden Tag bis zum Ausgang der Krankheit (Art. 9, 1) in einem nach Art. 13 für jeden einzelnen Fall festzusetzenden Betrag.

2. Von den nach Art. 2 berechtigten Civilpersonen, welche nicht Offiziere sind oder gewesen sind, erhalten die

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pädagogischen Experten das für die Offiziere festgesetzte Krankengeld.

3. Personen, deren Einkommen durch ihre Krankheit nach dem Dienste keine Schmälerung erleidet, haben nur Anspruch auf Spital Verpflegung.

Art. 13.

1. Als Grundlage für die Berechnung des Krankengeldes nach Art. 12, l 6, dient der Tagesverdienst, für welchen folgende 5 Klassen aufgestellt werden: 1. Klasse Fr. --. -- bis und mit Fr. 3. 50 2.

,, ,, 3. 51 ,, ,, ,, ,, 4 .

3.

,, ,, 4. 01 ,, ,, ,, ,, 5. 4,, ,, 5. 01 ,, ,, ,, ,, 6. 5.

,, ,, 6. 01 ,, n ,, B 7. 50 2. Die oberste Zahl jeder Klasse gilt für die Berechnung des Krankengeldes gleichmäßig als der Tagesverdienst sämtlicher zu dieser Klasse gehörenden Versicherten.

Art. 14.

1. Das Krankengeld nach Art. 12, l o, beträgt bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit 70 °/o des dem Beschädigten entgehenden Tagesverdienstes, für dessen Berechnung die folgenden Bestimmungen maßgebend sind.

2. Ist der Gehalt ein fester, so wird bei einem Jahresgehalt der 300., bei einem Monatsgehalt der 25. Teil als Tagesverdienst angenommen.

3. Ist der Erwerb nicht ein täglich gleichmäßiger, so wird der Tagesverdienst nach dem Durchschnitte berechnet.

4. Regelmäßige Geldzulagen und Naturalbezüge werden nur insoweit mitberechnet, als sie infolge des Entschädigungsgrundes in Wegfall kommen.

5. Besteht der Erwerb ausschließlich oder vorwiegend in Naturalbezügen, so ist der ortsübliche Lohn in Geld für gleiche oder ähnliche Arbeitsleistungen maßgebend.

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6. Als kleinster Tagesverdienst gilt ein solcher von.

Fr. 3. 50, auch für solche in der Berufsbildung begriffene Personen (Lehrlinge, Volontäre, Studierende u. s. w.), die einen kleinern oder keinen Verdienst haben.

7. Wo besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Krankengeld erhöht werden, und in besonders schweren Fällen, mit Bewilligung des Bundesrates, bis auf 100 °/o des in Betracht kommenden Tagesverdienstes.

8. Obige Bestimmungen finden auf die Festsetzung des Tagesverdienstes eines selbständig Erwerbenden analoge Anwendung.

9. Der nach obigen Bestimmungen ermittelte Tagesverdienst kommt nur in Betracht, soweit er Fr. 7. 50 nicht übersteigt.

10. Einkommen aus Vermögen oder ändern Quellen, das durch die Schädigung nicht geschmälert wird, fällt bei der Berechnung des Tagesverdienstes nicht in Betracht (s. Art. 12, 3).

Art. 15.

1. Bei nur teilweise aufgehobener Erwerbsfähigkeit oder nach teilweiser Wiederherstellung derselben findet eine entsprechende Herabsetzung des Krankengeldes statt, deren Betrag nach Maßgabe der Einbuße an Erwerbsfähigkeit festgesetzt wird.

2. Ist in einem solchen Falle die vollständige Herstellung der Arbeitsfähigkeit erst nach einem halben Jahre oder später vorauszusehen, so wird das Krankengeld durch eine zeitweise Pension ersetzt (Art. 19, 2).

Art. 16.

i. Über die Höhe des Krankengeldes legt der Oberfeldarzt nach Anhörung des behandelnden Arztes, des Beschädigten oder, im Verhinderungsfalle, seiner Angehörigen und der kantonalen Militärbehörde, in betreff der Verdienst-

936 und Familienverhältnisse Bericht und Antrag dem Militärdepartemente vor, welches das Krankengeld festsetzt.

2. Der Oberfeldarzt ist berechtigt, nach Gutfinden noch anderweitige Nachforschungen zu veranstalten.

Die zuständigen kantonalen Behörden, sowie der Vorstand der Krankenkasse, sofern der Beschädigte einer solchen angehört, sind zu sofortiger und wahrheitsgetreuer Auskunft über die Verdienst- und Familienverhältnisse des Beschädigten verpflichtet.

3. Gegen den Entscheid des Militärdepartements kanu von dem Beschädigten oder seinen Hinterlassenen Berufung an den Bundesrat eingelegt werden, der endgültig entscheidet.

Art. 17.

Das Krankengeld und der Ersatz für Spitalverpflegung werden am Schluß jeder Krankheitswoche ausbezahlt. Im Falle des Notbedarfs sollen schon im Laufe der Woche Anzahlungen gemacht werden.

Die Art und Weise der Auszahlung wird durch Verordnung des Bundesrates festgestellt.

III. Entschädigung für dauernden Nachteil.

A. Invaliden.

Art. 18.

1. Ein für längere Zeit Beschädigter hat von dem Zeitpunkte an, in dem er aus der Spitalverpflegung oder der regelmäßigen ärztlichen Hausbehandlung entlassen werden kann, Anspruch auf eine m o n a t l i c h e P e n s i o n .

2. Dieselbe beträgt 70 °/o des dem Beschädigten nach Maßgabe seiner Einbuße an Erwerbsfähigkeit entgehenden Monatsverdienstes. Als Monatsverdienst gilt das 25fache des nach Art. 12 und 13 berechneten Tagesverdienstes vor der Beschädigung.

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3. Wo ein vorübergehender, unverhältnismäßig kleiner Ervverb oder gänzlicher Erwerbsmangel, namentlich im Falle von Art. 14, 6, oder andere besondere Gründe es rechtfertigen, ist der Berechnung der Pension derjenige Verdienst zu Grunde zu legen, der dem mittleren Erwerb eines Erwachsenen von der Berufsart des Beschädigten in der betreffenden Gegend entspricht.

Art. 19.

1. Bleibt die Verminderung der Erwerbsfähigkeit voraussichtlich unverändert, so ist die zugesprochene Pension eine l e b e n s l ä n g l i c h e , unter Vorbehalt der Abänderung bei unvorhergesehenen Spätfolgen- der Krankheit oder bei unerwarteter Besserung (Art. 23, 5).

2. Ist die Verminderung der Erwerbsfähigkeit in ihrem dermaligen Bestände voraussichtlich nicht dauernd, so wird die Pension für eine b e s t i m m t e Z e i t , entsprechend der mutmaßlichen Dauer des derzeitigen Zustandes, zugesprochen.

Nach Ablauf dieser Zeit wird auf Grund einer neuen Untersuchung die Höhe der Pension aufs neue festgesetzt oder gestrichen.

3. Treten unvorhergesehene Spätfolgen der Schädigung ein, so wird der Oberfeldarzt nötigenfalls nach Art. 9 verfahren, wobei die Pension das Krankengeld vertritt.

B. Hinterlassene.

Art. 20.

1. Mit dem Todestage des Beschädigten hören die in 9 und 18 vorgesehenen Leistungen auf; die Versicheentrichtet die ortsüblichen Bes t a t t u n g s k o s t e n , jehöchstens im Betrag von Fr. 50, überdies im Falle von 309 des Verwaltungsreglernents die Transportkosten.

2. Ist der Tod die Folge der im Dienst erlittenen Beschädigung, so haben die nächsten Hinterlassenen Anspruch Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. III.

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Art.

rung doch Art..

938 auf eine m o n a t l i c h e P e n s i o n , die am Tage nach dem Todestage zu laufen beginnt und einen Teil des Monatsverdienstes ^Art. 18, 2) des Verstorbenen beträgt, nämlich: a. für Witwen ohne Kinder 40 °/o für Witwen mit Kindern, zusammen . 65 ,, b. für ein oder zwei Waisenkinder, für jedes 25 ^ für mehr als zwei Waisenkinder, zusammen 65 ,, c. für den Vater oder die Mutter . . . . 20 ,, für beide Eltern zusammen 35 .;, d. für elternlose Geschwister, einzelne . . . 15 ,, für elternlose Geschwister, zusammen . . 25 ,, e. für den Großvater oder die Großmutter . 15 ,, für beide Großeltern zusammen . . . . 25 ,, 3. Der Bund anerkennt jedoch bei den unter c--e genannten Verwandten keine Entsehädigungspflicht, wenn deren Lebensunterhalt durch den Tod in keiner Weise beeinträchtigt ist.

4. Die Bestimmung von Art. 18, 3, gilt auch für die nach Maßgabe dieses Artikels festzusetzenden Pensionen.

Art. 21.

1. Pensionsberechtigt ist zunächst die Witwe. Ist keine vorhanden oder erlischt ihre Pensionsberechtigung aus irgend einem Grunde, so folgen die Hinterlassenen nach der Reihenfolge des Art. 20, so daß die Kinder die Eltern, diese die Geschwister u. s. w. ausschließen, solange sie selbst pensionsberechtigt sind.

2. Die Pension hört für jedes einzelne Kind oder Geschwister mit dem zurückgelegten 18. Altersjahr auf, sofern es nicht wegen Gebrechen erwerbsunfähig ist.

3. Die übrigen Pensionen sind lebenslänglich, Art. 23, 5 und Art. 24 vorbehalten.

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Art. 22.

1. Eine Witwe, die zur Zeit des Todes des Beschädigten von diesem rechtskräftig gänzlich oder zu Tisch und Bett getrennt war, besitzt einen Pensionsanspruch nur insoweit, als der Mann zum Beitrag an ihren Unterhalt verpflichtet war.

2. Kinder, die zur Zeit der Beschädigung bereits rechtskräftig adoptiert oder legitimiert waren, sind den ehelichen gleich zu halten.

3. Außereheliche oder Brautkinder sind wie Waisenkinder zu behandeln, aber nur insoweit der Vater zu ihrem Unterhalt oder zu Beiträgen an denselben verpflichtet war.

C. Vorschriften betreffend alle Pensionen.

Art. 23.

1. Zur Behandlung der Pensionen ernennt der Bundesrat eine Pensionskommission, bestehend aus fünf Mitgliedern, auf eine Amtsdauer von drei Jahren. Der Oberfeldarzt wohnt den Sitzungen derselben mit beratender Stimme bei.

2. Der Oberfeldarzt hat der Pensionskommission alle auf Pensionen und deren Revision bezügliche Fälle mit seinem Bericht vorzulegen. Die Kommission stellt auf Grund des Berichtes für jeden einzelnen Fall ihre Anträge betreffend die Pension und die ßezugsberechtigung, sowie betreffend den Beginn und das Ende derselben an das Militärdepartement, welches seine Anträge dem Bundesrate zum endgültigen Entscheide unterbreitet.

3. Darauf händigt der Oberfeldarzt dem Bezugsberechtigten einen vom Vorsteher des Militärdepartements und von ihm selbst unterzeichneten Pensionsschein aus. Derselbe gilt als öffentliche, von einer Bundesbehörde ausgestellte Urkunde.

4. Wird ein Pensionsfall früher als anderthalb Monate vor einer ordentlichen Sitzung der Pensionskommission spruch-

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reif, so kann das Militärdepartement auf Antrag des Oberfeldarztes die einstweilige monatliche Auszahlung des der Kommission zu beantragenden Pensionsbetrages bewilligen.

5. So oft Umstände eintreten oder bekannt werden, die nach Maßgabe dieses Gesetzes eine Änderung der Pension bedingen, ist diese neuerdings festzusetzen und der Pensionsscheia entsprechend abzuändern.

Art. 24.

1. Jede Pension kann jederzeit vom Militärdepartemente' mit einem durch dasselbe festzusetzenden Betrage ausgekauft werden, und zwar: a. auf den von der Pensionskommission genehmigten Antrag des Berechtigten ; b. auf den Antrag der Pensionskommission auch gegen den Willen des Berechtigten, wenn dieser seinen Wohnsitz außerhalb der Schweiz hat.

2. Eine Witwe, die sich wieder verheiratet, wird in jedem Falle, unbeschadet ihrem Pensionsanspruch bis zur Wiederverehelichung, mit dem dreifachen Betrag ihrer Jahrespension (Ziffer 3) ausgekauft.

3. Beim Auskauf einer Witwenpension aus irgend einem Grund wird die Witwe als eine solche ohne Kinder angesehen. Die vorhandenen Kinder, soweit sie noch berechtigt sind, treten in die Berechtigung nach Art. 20, 2 b.

4. Ein ausgekaufter Pensionsfall gilt für den betreffenden Berechtigten als endgültig erledigt, dagegen als fortdauernd für die nach Art. 20, 2 in der Pensionsberechtigung Nachfolgenden.

Art. 25.

Sowohl für Invalide als für die Hinterlassenen kann der Bundesrat auf den Antrag des Militärdepartements die Pension bis auf den doppelten Betrag erhöhen, wenn der

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Verwundete oder Verstorbene, ohne dazu verpflichtet zu sein, sich im Interesse des Vaterlandes freiwillig einer großen Gefahr ausgesetzt hatte und dabei verunglückt war.

Art. 26.

Die Pensionen und Krankengelder von der Militärversicherung dürfen weder mit Arrest belegt, noch gepfändet, noch in Konkurs gezogen, noch vor der Auszahlung abgetreten werden.

Sie dürfen keiner Steuer unterworfen werden.

Art. 27.

1. Die Pensionen werden je am ersten Tage des Kalendertnonats zum voraus fällig.

2. Beginnt die Pensionsberechtigung innerhalb eines Kalendermonats, so wird die auf den Monatsrest entfallende Pension am Ersten des folgenden Monats fällig.

3. Wenn nach der Fälligkeit die Pensionsberechtigung aufhört oder der Betrag der Pension vermindert oder erhöht wird, so findet für die Zeit bis zur Fälligkeit einer neuen Monatspension weder eine Rück- noch eine Nachvergütung statt, nach Art. 23, 4 ausgerichtete Pensionsbeträge ausgenommen.

4. Der Bundesrat wird die Verwaltungen bezeichnen, denen die Bezahlung der Pensionen zu übertragen ist.

Art. 28.

1. Ist die Pension festgesetzt und der Pensionsscheiu dem Berechtigten zugestellt, so gilt jeder Pensionsbetrag, auf den der Berechtigte nicht innerhalb drei Monaten nach dessen Fälligwerden bei der auf dem Pensionsschein bezeichneten Stelle Anspruch erhebt, als infolge Verzichts verwirkt.

2. Die Pension nach Maßgabe eines Pensionsscheins verjährt gänzlich und muß abgeschrieben werden, wenn mehr als zwei Jahre seit dem letzten Bezug verstrichen sind und

942 in der Zwischenzeit von dem Berechtigten kein Anspruch auf Fortzahlung der Pension erhoben worden ist.

3. Die Geltendmachung der Verjährung im Sinne von Ziff. l und 2 steht dem Militärdepartement nach dem Antrag der Pensionskommission zu.

Art. 29.

Streitigkeiten zwischen der Militärversicherung einerseits und einer öffentlichen oder eingeschriebenen Krankenkasse andererseits mit Bezug auf Ansprüche des einen gegenüber dem ändern Teile werden vom Bundessrerichte beurteilt.

IT. Verwaltung und Finanzierung der Versicherung.

Art. 30.

1. Der Oberfeldarzt vertritt und verwaltet die Militärversicherung; es wird ihm das nötige Hülfspersonal beigegebeu.

2. Dem Oberfeldarzt steht die Behandlung aller Versicherungsfälle nach Maßgabe dieses Gesetzes zu. Alle Zuschriften und Gesuche von Beschädigten und Hinterlassenen oder deren Vertretern sind an ihn zu richten.

3. Er führt die Kontrollen der Beschädigten und ihrer Hinterlassenen mit Ausscheidung nach den verschiedenen Entschädigungsarten.

4. Er sorgt für die Auszahlung der Kranken- und Verpflegungsgelder, der Spitalrechnungen, der ßestattungs- und anderweitiger Kosten.

5. Er sorgt für die Ausstellung der Pensionsscheine und Ausbezahlung der Pensionen nach Anleitung von Art. 28..

6. Er giebt über seine Verwaltung und die Ergebnisse der Militärversicherung alljährlich Bericht und Rechnung.

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Art. 31.

1. Der Bund bestreitet sämtliche Kosten der Militärversicherung.

2. Die Bundesversammlung setzt alljährlich im ordentlichen Voranschlag die nötigen Kredite aus: a. für die Verwaltung der Militärversicherung; b. für die Entschädigungen für vorübergehenden Nachteil (Titel II dieses Gesetzes); c. für die Entschädigungen für bleibenden Nachteil (Pensionsdeckungen, Titel III dieses Gesetzes), die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zugesprochen werden.

3. Ist ein Massenunfall oder ein Kriegsfall eingetreten, so steht es der Bundesversammlung zu. über die Art der Deckung der daher rührenden Pensionsverpflichtungen das Geeignete zu beschließen.

Art. 32.

1. Die Kosten der Verwaltung der Militärversicherung werden aus der allgemeinen Verwaltungsrechnung des Militärdepartements bestritten.

2. Die Beträge sub Art. 31, Ziffer 2, litt, b und c sind der Specialverwaltung der Militärversicherung zur Verfügung zu stellen.

Art. 33.

1. Im fernem ist alljährlich im Voranschlag ein Posten von Fr. 500,000 zur Äuffnung des Invalidenfonds aufzunehmen.

2. Hat derselbe den Betrag von Fr. 50,000,000 erreicht, so beschließt die Bundesversammlung darüber, ob und welche Einlagen fernerhin geleistet werden sollen.

3. Aus dem Invalidenfonds sollen nur noch die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes schon bestehenden Pensionen weiter ausbezahlt werden; im weitern darf derselbe, sowie der Grenus-Invalidenfonds und die eidgenössische WinkelriedStiftung nur im Kriegsfalle in Anspruch genommen werden.

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Art.. 34.

Es soll eine S p e c i a l r e c h n u n g ü b e r die M i l i t ä r v e r s i c h e r u n g unter Anlegung eines Deckungsfondes und eines Sicherheitsfond es geführt werden.

Art. 35.

Aus den dieser Specialrechnung «zufließenden Einnahmen sollen bestritten werden : a. die Ausbezahlung der Entschädigungen für vorübergehenden und bleibenden Nachteil, soweit dieselben nicht noch dem Invalidenfonds zufallen (Art. 33, Ziff. 3); b. die Einlagen in den Deckungsfonds; c. die Einlagen in den Sicherheitsfonds.

Art. 36.

Der D e c k u n g s f o n d s repräsentiert den Banverl der bestehenden Pensionsansprüche und wird alljährlich nach den Grundsätzen der Versicherungstechnik auf das Ende des Jahres berechnet. Er soll stets auf dem vollen berechneten Kapitalbetrage gehalten werden.

Die Zinsen dieses Fonds fallen in die laufenden Einnahmen der Specialrechnung.

Art. 37.

1. Der S i c h e r h e i t s f o n d s wird aus Überschüssen der Jahresrechnungen und seinen Zinsen gebildet; derselbe darf nur in den im Art. 31, 3, genannten Fällen in Anspruch genommen werden.

2. Ergiebt die Jahresrechnung der Militärversicherung einen Fehlbetrag, so ist derselbe durch einen besondern Nachtragskredit za decken.

Art. 38.

Bezüglich der Anlage der verfügbaren Gelder der Militärversicherung und ihrer Finanzverwaltung überhaupt gelten die allgemeinen Vorschriften für die eidgenössische Staatsverwaltung. Wo diese nicht ausreichen oder nicht anwendbar sein sollten, wird der Bundesrat das Erforderliche anordnen.

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V. Schlnssbestimmungen.

Art. 39.

Durch dieses Bundesgesetz werden aufgehoben : 1. Das Bundesgesetz über Militärpensionen und Entschädigungen vom 13. Wintermonat 1874; 2. die Beschlüsse und Verfügungen betreffend die Unfallversicherung des Militärs durch den Bund.

Art. 40.

Der Bundesrat ist beauftragt, über die Vollziehung dieses Gesetzes die nötigen Verordnungen zu erlassen.

Art. 41.

Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Zeitpunkt des Inkrafttretens desselben festzusetzen.

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Bundesgesetz betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und Unfall.

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1898

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29.06.1898

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