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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Militärsteuerrekurs der Herren W. von der Mühll, Student in Genf, und dessen Vater, Dr. Wilh. von der Mühll, Notar in Basel.

(Vom 27. Mai 1898.)

Tit.

Mit Eingabe vom 15. Februar 1. J. rekurrierten die Herren W. von der Mühll, Student in Genf, und dessen Vater, Dr. Wilh.

von der Mühll, Notar in Basel, gegen einen Entscheid der Rekurskonimission des Kantons Genf, wonach der erstere mit Fr. 231, und zwar mit Fr. 225 für eigenes und anwartschaftliches Vermögen taxiert worden ist. Sie erblicken darin eine Verletzung, beziehungsweise unrichtige Anwendung des Art. 5, litt. A, Ziff. 2, des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz, vom 28. Juni 1878, und glauben, da der Vater von der Mühll zur Zeit noch dem bewaffneten Landsturm angehöre, Anspruch auf die Vergünstigung des oberwähnten Artikels zu haben, gemäß welchem das anwartschaftliche Vermögen nicht zu versteuern ist, wenn der Vater des Steuerpflichtigen persönlichen Militärdienst leistet oder die Ersatzsteuer bezahlt.

In der Begründung wird namentlich geltend gemacht, daß der im Bundesgesetze betreffend die Inspektion und den Unterricht des Landsturms, vom 29. Juni 1894, vorgesehene Dienst als ,,persönlicher Militärdienst" im Sinne des Militärpflichtersatzgesetzes auf-

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zufassen sei ; insbesondere sei Art. 4 des erstgenannten Gesetzes nur dahin auszulegen, daß derselbe den Militärdienst der Landsturmpflichtigen vom 20. bis 44. Altersjahre nicht als vollwertig dem Dienste des Auszugs und der Landwehr gleichstellen und deßhalb nicht die ganze Ersatzsteuer erlassen wolle.

Nachdem wir diesen Rekurs mit Schlußnahme vom 27. April abbin als unbegründet abgewiesen haben, gelangen nunmehr die Rekurrenten an Sie mit dem Begehren, es sei die angefochtene Steuerforderung als gesetzwidrig zu erklären.

In thatsächlicher Beziehung stellen wir fest: W. von der Mutili, Sohn, ist geboren 1877, mithin 1897 in das wehrpflichtige Alter getreten und, weil zum Militärdienst untauglich befunden, ersatzpflichtig geworden. Sein Vater, Dr. Wilh. von der Mühll, ist 1849 geboren und, nachdem er seinen Dienst im Auszug und in der Landwehr absolviert hatte, seit 1894 als Korporal dem bewaffneten Landsturm zugeteilt.

Was die von den Rekurrenten vertretene Ansicht betrifft, so können wir dieselbe nicht als richtig anerkennen ; vielmehr ist folgendes in Erwägung zu ziehen: Außer den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1878 fällt in Betracht Art. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Inspektion und den Unterricht des Landsturms, vom 29. Juni 1894. Dieser lautet : ,,Die Landsturmpflichtigen vom 20. bis zum vollendeten 44. Altcrsjahre bleiben den Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz, vom 28. Juni 1878, unterworfen.

Denjenigen Landsturmpflichtigen jedoch, welche in einem Jahre mehr als einen Übungstag mitgemacht haben, wird für das betreffende Jahr die Hälfte der Personaltaxe erlassen.tt Darnach enthebt somit der Landsturmdienst nicht von der Militärsteuerpflicht, obwohl Art. 5 des citierten Gesetzes ihn als ,,eidgenössischen Militärdienst"1 und Art. l des Gesetzes vom 4. Dezember 1886 den Landsturm als einen Teil der gesetzlich organisierten Wehrkraft bezeichnet.

Eine Modifikation der Steuerpflicht tritt einzig dann ein, wenn der Landsturmdienst in einem Jahre mehr als einen Tag dauert ; in diesem Falle wird die Hälfte der P e r s o n a l taxe erlassen, während der von dem Einkommen und dem eigenen und anwartschaftlichen Vermögen zu bezahlende Steuerbetrag unverändert bleibt.

Bundesblatt. 50. Jahrg. Bd. III.

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Daraus ergiebt sich, daß der im Landsturm geleistete Dienst nicht als ,,persönlicher Militärdienst" im Sinne von Art. l des Militärpflichtersatzgesetzes betrachtet werden kann.

Infolgedessen hat nach den Bestimmungen dos Art. 5, litt. A, Ziff. 2, der ersatzpflichtige Sohn eines unter der Altersgrenze von 44 Jahren stehenden Landsturmpflichtigen die Ersatzsteuer vom Vermögen seines Vaters nicht zu zahlen, weil der Vater selbst die Ersatzsteuer leistet; dagegen muß der ersatzpflichtige Sohn eines Landsturmpflichtigen, der das 44. Altersjahr zurückgelegt hat, die Hälfte des Vatergutes versteuern, wenn auch der Vater Landsturmdienst leistet.

In diesem Sinne haben wir bereits mit Schlußnahme vom 25. September 1895 auf ein Gutachten des Jusliz- und Polizeidepartements hin einen ganz analogen Fall entschieden, und liegt kein Grund vor, von der bisherigen Rekurspraxis abzugehen, und diesen Entscheid nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar zu erklären.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beehren wir uns daher, Ihnen zu beantragen, es sei der Rekurs der Herren W. von der Mühll in Genf und Dr. Wilh. von der Müh II in Basel als unbegründet abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 27. Mai 1898.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ruffy.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend den Militärsteuerrekurs der Herren W. von der Mühll, Student in Genf, und dessen Vater, Dr. Wilh. von der Mühll, Notar in Basel. (Vom 27. Mai 1898.)

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