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Bundesblatt 102. Jahrgang

Bern, den 23. November 1950

Band III

Er»chetnt wöchentlich. Preis US Franken im Jahr, 15 franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- and Postbestellnngsgebühr Einrtlcknngsgeliiihr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stampili & de. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Hilfeleistung des Bundes bei der Abschreibung und Erneuerung des Flugzeugparkes der Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft (Vom 17. November 1950) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Durch den Bundesbeschluss vorn 28. September 1950 sind die Grundlagen für den dringlichsten Teil der Hilfeleistung an die Swissair geschaffen worden.

Nach diesem Beschluss erwirbt der Bund für den Langstreckenverkehr der Swissair zwei Flugzeuge vom Typ DC-6B und uberlässt sie gegen ein Entgelt der Swissair zum Gebrauch. Im gleichen Beschluss wird der Swissair ein jährlicher Beitrag von höchstens 500 000 Franken an die Kosten der Ausbildung ihres Luftfahrtpersonals zugesichert.

Die Vercharterung der zwei Langstreckenflugzeuge an die Swissair wird vertraglich zu regeln sein. Der Entwurf des Chartervertrages, der auch der Luftfahrtkommission zur Begutachtung imterbreitet wurde, liegt bereits vor.

In Kürze können seine Bestimmungen wie folgt wiedergegeben werden: Der Bund wird der Gesellschaft die gemäss Bundesbeschluss vom 28. September 1950 gekauften zwei Flugzeuge vom Typ DC-6B zum Gebrauch überlassen. Soweit ihre Betriebsüberschusse dazu ausreichen, hat die Swissair dafür, entsprechend einer 7jährigen Abschreibungsdauer, eine jährliche Entschädigung von 14,3 % des Kaufpreises zu entrichten. Dazu übernimmt sie die Verpflichtung, das ihr für die beiden Flugzeuge zur Verfügung gestellte Materiallager den Betriebserfordernissen und der jeweiligen Versorgungslage anzupassen und die notwendige Erneuerung und Ergänzung dieses Lagers auf eigene Kosten vorzunehmen. Um die Art der Ermittlung des Betriebsuberschusses festzulegen, Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. III.

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war es nötig, die der Gesellschaft für die Abschreibung ihrer Aktiven zugestandenen maximalen Abschreibungssätze in den Vertrag aufzunehmen.

Ein kurzer Artikel wird der Eegelung der Versicherungsfrage gewidmet. Da es unter Umständen notwendig werden kann, Flugzeuge oder Material zu verkaufen, musste das dabei einzuschlagende Vorgehen festgelegt werden. Zu jedem Verkauf wird es die Zustimmung des Post- und Eisenbahndepartements brauchen. Diesem wird überdies das Eecht vorbehalten, gegen Beschlüsse des Verwaltungsrates, die geeignet sind, die Finanzlage der Gesellschaft wesentlich zu beeinflussen, innert 14 Tagen Verwahrung einzulegen. Die Swissair hat dann die Möglichkeit, entweder den Beschluss aufzuheben, oder mit einer Beschwerde an den Gesamtbundesrat zu gelangen. Wird eine Beschwerde abgewiesen, der angefochtene Beschluss aber von der Gesellschaft nicht aufgehoben, so kann der Bund mit sofortiger Wirkung vom Vertrag zurücktreten.

Bei Vertragsablauf hat die Swissair die beiden Flugzeuge und das zugehörige Material dem Bund abzukaufen. Für die Flugzeuge hat sie dabei den ursprünglichen Kaufpreis abzüglich die effektiv bezahlten Entschädigungen, höchstens aber die Verkehrswerte zu entrichten. Das Material dagegen hat sie ohne Bückgicht auf den Verkehrswert zum Kaufpreis abzüglich die bezahlten Entschädigungen zu übernehmen. Die Pflicht zur Übernahme von Flugzeugen und Material besteht für die Gesellschaft auch bei vorzeitiger Vertragsauflösung durch sie oder durch den Bund. In diesen beiden Fällen wird sie aber die Kaufpreise abzüglich der bezahlten Entschädigungen ohne Eücksichtnahme auf den Verkehrswert der Flugzeuge zu entrichten haben. Sollten aus dem Vertrag Streitigkeiten unter den Parteien entstehen, so entscheidet in der Eegel das Bundesgericht. Einzig bei der Festsetzung der Verkehrswerte für die zurückzunehmenden Flugzeuge wird eine Kommission entscheiden, die sich aus je einem Vertreter der Parteien und einem vom Präsidenten des Bundesgerichts zu bezeichnenden Vorsitzenden zusammensetzt.

Der zitierte Bundesbeschluss vom 28. September 1950 stellt aber, wie wir andeuteten, nur die erste Etappe der Hilfeleistung an die Swissair dar. Er gibt der Swissair die Möglichkeit, sich vom nächsten Jahr an mit konkurrenzfähigen, modernen Flugzeugen am Verkehr über lange Strecken zu beteiligen,
und wir haben in unseren früheren Botschaften ausgeführt, dass auf diese Beteiligung nicht verzichtet werden dürfe, wenn die Schweiz ihre Stellung im aktiven Luftverkehr behaupten wolle. Erst im Betrieb über lange Strecken kommen die Vorteile des Flugzeuges zu ihrer vollen Geltung, und deshalb seien auch hier trotz dem erhöhten Aufwand die Aussichten auf einen wirtschaftlichen Erfolg besser, als bei der Beschränkung auf ein Netz kurzer und mittlerer Distanzen.

Mit der Erweiterung des Flugzeugparkes allein ist jedoch der Swissair noch nicht geholfen. Zum Ausgleich ihrer Erfolgsrechnung bedarf es weiterer Massnahmen. Es sei hier auch darauf hingewiesen, dass der Aufwand des Bundes für die Anschaffung der zwei DC-6 B-Flugzeuge keine Leistung à fonds perdu darstellt, da ja die Swissair verpflichtet wird, für den Gebrauch dieser Flug-

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zeuge ein Entgelt zu bezahlen und sie bei Vertragsablauf samt dem zugehörigen Material dem Bund abzukaufen.

In den früheren Botschaften und bei den Verhandlungen in den Bäten ist wiederholt dargelegt worden, dass die Krise der Swissair zur Hauptsache auf ihren grossen Abschreibungsbedarf zurückzuführen sei. Im Luftverkehr sind -grosse Abschreibungen unerlässlich, weil die Flugzeuge relativ rasch veralten.

Eine Unternehmung, die ihren Flugzeugpark laufend dem technischen Fortschritt anpassen will, muss daher grosse Buckstellungen für Neuanschaffungen herauswirtschaften können, wobei nicht übersehen werden darf, dass für diese Neuanschaffungen in der Begel mehr bezahlt werden muss, als seinerzeit für die Flugzeuge, an deren Stelle sie eingesetzt werden sollen.

Zu den Abschreibungen oder Bückstellungen für die Erneuerung des Flugzeugparks kommt als weitere Belastung der Aufwand für die Kaskoversicherung.

Er erreichte in den letzten Jahren bei der Swissair einen Betrag von jährlich annähernd einer Million Franken. Auf den Abschluss einer Kaskoversicherung kann eine Unternehmung vom. Umfang der Swissair nicht verzichten, solange sie die Verantwortung für die Kontinuität ihres Betriebes selber zu tragen hat.

Schon die Behebung kleinerer Schäden verschlingt in der Eegel ansehnliche Summen, und erst recht würde der Totalverlust von Flugzeugen die Unternehmung vor schwer zu lösende Probleme stellen oder sogar zum Buin fuhren.

Die Grundidee der Hilfsaktion, die wir Ihnen mit unserer Botschaft vom 23. August 1950 vorschlugen, war mm eben gerade, der Swissair die Last der Abschreibungen und der Kaskoversicherung abzunehmen. Das wäre so geschehen, dass der Bund nicht nur die noch anzuschaffenden Langstreckenflugzeuge vom Typ DC-6B, sondern auch die bereits vorhandenen vier Flugzeuge DC-4 und vier Flugzeuge Convair-Liners zu Eigentum übernommen und der Swissair gegen Entgelt zum Gebrauch überlassen hätte. Der Mechanismus der Hilfsaktion wäre der gleiche gewesen, wie er nun für die DC-6 B-Flugzeuge vorgesehen ist. Für eine umfassende Hilfeleistung wurde jedoch diese Lösung als zu kompliziert abgelehnt, wobei auch das rechtliche Bedenken geäussert wurde, der Ankauf von Swissairflugzeugen durch den Bund und die nachherige Überlassung dieser gleichen Flugzeuge an die Swissair würde eine Umgehung des
Faustpfandprinzips darstellen.

Nach dem Beschluss des Ständerates sollten daher nur die zwei DC-6BFlugzeuge vom Bund erworben werden. Als weitere Unterstützung der Swissair war -- neben dem Beitrag an die Ausbildungskosten -- die Entrichtung von Amortisationsbeiträgen für die vier DC-4- und vier Convair-Flugzeuge vorgesehen, bis zu einem maximalen Betrag von insgesamt 17 500 000 Franken.

Die nähere Begelung der Hilfeleistung wäre auch hier vertraglich erfolgt, wobei sich die Swissair hätte verpflichten müssen, zur Mithilfe bei der Sanierung ihr Aktienkapital angemessen herabzusetzen.

Der Nationalrat fasste dann aber, entsprechend den Anträgen seiner Kommission, nur über den ersten Teil der Hilfsrnassnahmen Beschluss, nämlich über

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den Ankauf der zwei Langstreckenflugzeuge und über die Leistung von Beiträgen an die Kosten der Ausbildung des Luftfahrtpersonals. Der Ständerat stimmte diesem Beschluss zu.

Zugleich aber wurde von beiden Bäten eine Motion folgenden Wortlautes erheblich erklärt: Der Bundesrat wird eingeladen, unverzüglich mit der Swissair in Verhandlungen zu treten, um von ihr eine angemessene Herabsetzung des Aktienkapitals zu erreichen, in der Meinung, dass der Absohreibungsbetrag verwendet wird zur Deckung des Verlustvortrages vom Jahre 1949 in der Höhe von Fr. 3 167 658.95 und zur Schaffung einer Reserve, welche zur Vornahme künftiger Abschreibungen auf dem Plugzeugpark zu verwenden wäre.

Der Bundesrat wird eingeladen, den eidgenössischen Räten im Ansohluss an die Beschlussfassung der Organe der Swissair eine Vorlage zu unterbreiten über die weitere Unterstützung der Swissair, damit sie in die Lage versetzt wird, die notwendigen Abschreibungen auf den eigenen Flugzeugen vorzunehmen, soweit die Betriebsüberschüsse und die vorhandenen Reserven hiefür nicht ausreichen.

Der Bundesrat wird im weitern eingeladen, die Fragen, welche das schweizerische Luftfahrtunternehmen und die schweizerische Luftverkehrspolitik sowie die zukünftige Zusammenarbeit zwischen dem Bunde und der Swissair betreffen, zu überprüfen und den eidgenössischen Räten hierüber Bericht zu erstatten.

Voraussetzung für die weitere Hilfeleistung des Bundes ist also, dass die Swissair zunächst eine angemessene Herabsetzung des Aktienkapitals beschliesse. Die Verhandlungen hierüber sind unmittelbar nach der Septembersession aufgenommen worden, wobei die Frage abzuklären war, wie gross die Herabsetzung sein müsse, um als «angemessen» gelten zu können. Eine verbindliche Bichtlinie gibt hier die Motion insofern, als sie verlangt, dass durch die Herabsetzung nicht nur die Deckung des Verlustvortrages vom Jahre 1949, sondern darüber hinaus auch die Schaffung einer Beserve zur Vornahme künftiger Abschreibungen erzielt werden müsse. Es muss in diesem Zusammenhang in Betracht gezogen werden, dass die Herabsetzung des Aktienkapitals der Swissair kein neues Geld bringt, welches sie in einem gegebenen Moment für die Anschaffung neuer Flugzeuge verwenden könnte. Ferner sei an die Tatsache erinnert, dass der Verkehrswert der Aktiven heute noch annähernd ausreichen würde, um das Aktienkapital zu decken. Bei der Bemessung des den Aktionären zumutbaren Opfers konnte dieser Umstand nicht ausser acht gelassen werden.

Wir haben uns mit dem Verwaltungsrat der Swissair auf eine Herabsetzung des Aktienkapitals um 30 %, gleich 6 Millionen Franken, geeinigt und die Generalversammlung der Swissair hat am 10. November 1950 in diesem Sinne beschlossen. Gleichzeitig hat sie die im Zusammenhang mit der Hilfsaktion erforderlichen Statutenänderung vorgenommen und den Verwaltungsrat ermächtigt, die Einzelheiten der Hilfsaktion mit dem Bund vertraglich zu regeln.

Wir beehren uns, Ihnen nach dieser Skizzierung der Ansgangslage die im zweiten Absatz der Motion verlangte Vorlage über die weitere Unterstützung der Swissair zu unterbreiten.

533 Der umfassende~Bericht über das schweizerische Luftfahrtunternehmen, die schweizerische Luftverkehrspolitik und die zukünftige Zusammenarbeit zwischen dem Bund und der Swissair (Absatz 3 der Motion) wird Ihnen, wie in den Verhandlungen ausdrücklich zugestanden wurde, erst ini Verlaufe des nächsten Jahres zu erstatten sein.

Die weitere Unterstützung der Swissair

Von Anfang an wurde abgelehnt, die Bundeshilfe an die Swissair in der Form der D e f i z i t d e c k u n g s g a r a n t i e zu leisten. Einer derartigen Intervention, die das Geschäftsrisiko in vollem Umfang dem Bund überbinden würde, wäre die Verstaatlichung als konsequentere Lösung vorzuziehen.

Gegen die Verstaatlichung aber sprechen Gründe, auf die wir bereits in unserer Botschaft vom 5. Juni 1950 hingewiesen haben. Wir zitierten dort den Artikel 103 des Luftfahrtgesetzes, wonach der Betrieb schweizerischer Luftverkehrslinien einer gemischtwirtschaftlichen schweizerischen Gesellschaft zu übertragen ist, und wir führten als grundsätzliches Argument an, dass eine Unternehmung, deren Tätigkeit sich zur Hauptsache im Ausland abspielt, nicht einer allzu starren verwaltungsrechthchen Begelung unterstellt werden sollte. Die gemischtwirtschaftliche Ordnung sei vorzuziehen, weil sie der Unternehmung jene Handlungsfreiheit belasse, deren sie im stetigen Wechsel der internationalen Beziehungen bedürfe. Das unabdingbare Mitspracherecht des Bundes werde dadurch nicht ausgeschlossen.

Die heutige Krise der Swissair ist verschiedentlich als Wachstumskrise bezeichnet worden.' Die Annahme ist erlaubt, dass die Swissair in nicht allzu ferner Zeit wieder günstigere Geschäftsabschlüsse erzielen und mit bescheideneren Zuschüssen der öffentlichen Hand auskommen wird. Vorausgesetzt ist dabei natürlich, dass die Entwicklung der internationalen Beziehungen einen ungestörten Verlauf nehme.

y Es liegt im Interesse des Bundes, dass die Swissair sobald als möglich finanziell wieder weitgehend unabhängig wird, und deshalb haben wir Ihnen mit unserer ersten Vorlage eine Lösung unterbreitet, durch welche die Swissair in ihrem Bestreben nach Selbständigkeit ermuntert worden wäre. Auch wies jene Lösung den Vorteil auf, dass sich die Leistungen des Bundes automatisch an den Bedarf der Swissair angepasst hätten. Nachdem sie aber in den Eäten keinen Anklang gefunden hat, haben wir darauf verzichtet, sie weiter zu verfolgen.

Nach der Lösung des Ständerates sollte die Bundeshilfe, ähnlich wie nach unserem ersten Vorschlag, bei der schwersten festen Belastung der Swissair angesetzt werden, nämlich bei der A b s c h r e i b u n g des Flugzeiigparkes und des zugehörigen Materials. Nur wurde der Umweg über den Kauf und die nachherige
Vermietung der Flugzeuge vermieden, und an deren Stelle die Entrichtung von Beiträgen an die Amortisation zugesagt, soweit die Swissair diese nicht mit eigenen Mitteln vornehmen kann. Für diese Hilfeleistung war ein Betrag von insgesamt höchstens 17 500 000 Franken vorgesehen, ent-

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sprechend dem Buchwert per 1. Januar 1950 der vier DG--4- und vier Convair-Flugzeuge samt zugehörigem Material.

Zweifellos wäre diese Lösung sehr übersichtlich. Aber sie hätte den Nachteil, dass die Beiträge des Bundes hier à fonds perdu zu leisten wären, während nach der Lösung auf der Grundlage von Kauf und Vermietung am Ende der Hilfsaktion eine Verrechnung der Bundesleistungen mit den Leistungen der Swissair vorgenommen worden wäre ; der Swissair wären also nicht mehr Mittel zugeflossen, als ihr Bedarf verlangte. Bei der Entrichtung von Amortisationsbeiträgen schlechthin hingegen käme der Bund unter Uniständen weniger gut weg; dann nämlich, wenn der Geschäftsgang der Swissair während den ersten Jahren der Hilfsaktion ausgesprochen schlecht bliebe, der Bund also im vollen Umfang für die Abschreibungen aufkommen müsste. Eine Korrektur könnte nur so erreicht werden, dass die Swissair verpflichtet würde, später bei günstigeren Geschäftsergebnissen dem Bund Bückzahlungen zu leisten. Dies würde jedoch eine komplizierte Regelung und vor allem einen umfangreichen Kontrollapparat erfordern.

Nach dem Wortlaut der Motion soll die Swissair durch die weitere Unterstützung in die Lage versetzt werden, «die notwendigen Abschreibungen auf den eigenen Flugzeugen vorzunehmen, soweit die Betriebsüberschüsse und die vorhandenen Eeserven hiefür nicht ausreichen». In der Kommission des Nationalrates wurde hierzu noch ausgeführt, dass die vorzusehende Hilfeleistung kein Präjudiz für alle Zukunft darstellen dürfe, und dass eine Lösung zu suchen sei, welche vom Bund einen möglichst geringen Aufwand verlangt. Unsere Vorlage hat sich also auf das zu beschränken, was im heutigen Zeitpunkt unumgänglich nötig ist, um die Swissair lebensfähig zu erhalten. Der endgültige Entscheid über das Verhältnis zwischen Bund und Swissair wird erst zu treffen sein, wenn die Entwicklung mit grösserer Sicherheit beurteilt werden kann, als heute möglich ist; und als Grundlage für diese Beurteilung wird der in Absatz 3 der Motion verlangte Bericht zu dienen haben. In diesem Bericht werden wir uns auch über eine Eeihe anderer Massnahmen zu äussern haben, die allenfalls geeignet wären, die Geschäftsabschlüsse der Swissair zu verbessern. Für heute begnügen wir uns mit einem einfachen Hinweis auf dieselben und erwähnen: -- die eigenen Massnahmen
der Swissair zur Verbesserung ihrer Lage, worüber wir bereits in der Botschaft vom 23. August 1950 (S. 32 ff.)

berichtet haben. Von besonderer Bedeutung ist hier, neben der nachdrücklich geforderten Eationalisierung des Betriebes, die Anbahnung einer engeren Zusammenarbeit mit ausländischen Luftverkehrsgesellschaften; -- die Neuregelung der Postentschädigungen, die aber wohl zurückgestellt werden muss, bis bessere Voraussetzungen für die Ertragslage der Post geschaffen sind; -- indirekte Hilfen durch Herabsetzung öffentlich-rechtlicher Abgaben, wobei wir u. a. an gewisse Erleichterungen auf dem Gebiet der Flugplatzgebühren denken.

535 Auf eine Art der Hilfeleistung, die im Artikel 101 des Luftfahrtgesetzes übrigens ausdrücklich erwähnt ist, möchten wir hier näher eintreten: auf die U n t e r s t ü t z u n g d e s Betriebes regelmässig b e f l o g e n e r L u f t v e r kehrslinien. Diese Art der Hilfeleistung war die Urform der schweizerischen Luftverkehrssubvention *nd vermochte den Bedürfnissen in den ersten Anfängen unseres Luftverkehrs gut zu entsprechen. Sie diente als Stimulans für die Eröffnung neuer Linien und gestattete überhaupt, den staatlichen Einfluss bei der Gestaltung des Luftverkehrsnetzes geltend zu machen. Diese Funktion kann sie auch heute noch erfüllen, beispielsweise zur Aufrechterhaltung von Verbindungen, deren Betrieb offensichtlich unrentabel ist, gegen deren Einstellung jedoch gewichtige politische Gründe sprechen. Sie gibt auch den Kantonen und Städten die Möglichkeit, sich ihre besonderen Interessen an bestimmten Linien zu sichern; und tatsächlich haben ja in der Frühzeit unseres Luftverkehrs vereinzelte Kantone und Städte solche Subventionen nicht nur an schweizeiische, sondern auch an ausländische Unternehmungen bezahlt.

Für eine umfassende Hilfsaktion hingegen scheint uns die Liniensubvention nicht das geeignete Mittel zu sein. Ihre Ausrichtung für jeden auf dem Netz zurückgelegten Kilometer käme einem ungezielten Verfahren gleich : es würden dann auch Linien subventioniert, die eine Eendite abwerfen. Wollte man, um dieses Ergebnis zu vermeiden, den Subventionsbedarf für jede einzelne Linie ausrechnen, so würde man auf grosse Schwierigkeiten stossen ; denn man müsste dann das Mass der Unterstützung im Einzelfall nicht nur nach der Ertragslage der Linie, sondern auch nach ihrer Wichtigkeit bestimmen.

Wir betonen: für Einzelinterventionen wird diese Art der Unterstützung nach wie vor anwendbar bleiben. Aber sie ist schlecht geeignet, wo es sich darum handelt, die finanziellen Grundlagen einer Unternehmung gesamthaft zu bereinigen.

Für diese Bereinigung unterbreiten wir Ihnen folgende Vorschläge: 1. Der Amortisationsfonds Wie wir bereits ausführten, soll die weitere Unterstützung der Swissair als temporäre Intervention gestaltet werden, mit dem Ziel, der Swissair in den kommenden Jahren bei der Abschreibung ihrer Flugzeuge zu helfen. Dabei muss angestrebt werden, dass die Leistungen des Bundes
auf keinen Fall über den Bedarf der Swissair hinausgehen, wie dies bei der Gewährung von Amortisationsbeiträgen à fonds perdu riskiert wurde. Diese Anpassung der Bundesleistimgen an den Abschreibungsbedarf der Swissair erreichen wir durch die Schaffung eines Amortisationsfonds.

Von den Flugzeugen der Swissair sind heute noch die vier DC-4 und die vier Convair-Liners nicht abgeschrieben. Unter Einschluss des zugehörigen Materials betrug ihr Buchwert am 1. Januar 1950 17 500 000 Franken. Nach der Herabsetzung des Aktienkapitals um 6 Millionen Franken und der Deckung des Verlustsaldos pro 1949 von 3167658.95 Franken bleibt der Swissair eine

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Eeserve von 2 832 341.05 Franken. Diese ermöglicht, den Buchwert der genannten Flugzeuge vorweg um 2 500 000 Franken zu reduzieren. Die verbleibenden 15 Millionen Franken stellen dann das Maximum der Bundeshilfe dar, die geleistet werden müsste, wenn die Swissair nicht imstande sein sollte, während der Dauer der Hilfsaktion Einlagen in din Fonds zu machen.

Für die Leistungen des Bundes ist also die oberste Grenze gezogen. Auf eine zeitliche Begrenzung der Fondslösung hingegen kann verzichtet werden, da ja schwer vorauszusagen ist, wann die Swissair wieder in der Lage sein wird, die wirtschaftlich erforderlichen Abschreibungen aus eigener Kraft vorzunehmen. Damit aber die jährlichen Fondseinlagen des Bundes zum vorneherein festgesetzt werden können, gehen wir wie bei der ursprünglich vorgeschlagenen Charterlösung von einer zehnjährigen Dauer der Hilfsaktion aus, was eine jährliche Einlage des Bundes von 1,5 Millionen Franken ergibt. Sollten allerdings in den nächsten Jahren niedrigen Betriebsüberschüssen der Swissair hohe Anforderungen an den Fonds gegenüberstehen, so müsste der Bund zu Lasten späterer Jahresraten in Vorschuss treten, um dem Fonds -- immer im Eahmen des bewilligten Gesamtbetrages -- seine Zweckerfüllung zu ermöglichen.

Die Swissair hat ihre jährlichen Betriebsüberschüsse zum einen Teil als Entgelt an den Bund für den Gebrauch der beiden DC-6 B-Flugzeuge und zum andern Teil als Einlage in den Fonds zu verwenden. Als Höchstbeträge dieser Leistungen gelten die auf der Grundlage einer siebenjährigen Abschreibungsdauer errechneten jährlichen Abschreibungsquoten für die zum Gebrauch überlassenen und für die dem Amortisationsfonds unterstellten Flugzeuge und Sachwerte. Vor der Bezahlung dieser Höchstbeträge darf die Swissair über den Betriebsüberschuss nicht anderweitig verfügen, wie beispielsweise zur Eeservenbildung, Gewinnausschüttung oder Deckung früherer Betriebsverluste.

Der Amortisationsfonds soll nicht nur die Vornahme der Abschreibungen garantieren, sondern gleichzeitig die Funktion einer Kaskoversicherung der unterstellten Flugzeuge übernehmen. Bis heute belasteten die Prämien für die Versicherung der DC-4 und Convair-Liners die Swissair mit jährlich annähernd einer Millionen Franken. Wird die Versicherung in die Hilfsaktion eingebaut, so verbessert sich das Betriebsergebnis
der Swissair um die Höhe der sonst an die Versicherungsgesellschaften zu entrichtenden Prämien, und dementsprechend kann die Swissair auch höhere Einlagen in den Fonds machen. Für den Bund kann diese Regelung der Versicherungsfrage nur mit einer Belastung verbunden sein, wenn die durch den Wegfall der Versicherungsprämien ermöglichten Mehreinlagen der Swissair in den Amortisationsfonds nicht ausreichen, um die während der Dauer der Hilfsaktion eintretenden Schäden zu decken. Ist dagegen der Schadenverlauf weiterhin günstig, so werden sich auch diese Mehreinlagen teilweise als Abschreibungen auswirken, was zu einer entsprechenden Entlastung des Bundes führt.

In der Bilanz der Swissair werden ihre jährlichen Einlagen in den Amortisationsfonds aktiviert, und die dem Fonds unterstellten Sachwerte um den gleichen Betrag abgeschrieben.

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Für die dem Amortisationsfonds unterstellten Flugzeuge samt zugehörigem Material hat die Swissair Anspru'ch auf folgende Ansprüche aus dem Fonds: -- bei Verkauf auf die Differenz zwischen dem Buchwert bei Unterstellung unter den Amortisationsfonds und dem erzielten Erlös; -- bei Totalverlust oder bei Beschädigungen, deren Behebung unwirtschaftlich wäre, auf den Buchwert bei Unterstellung unter den Amortisationsfonds, abzüglich allfällige Erlöse und Leistungen Dritter, wie insbesondere der Feuerversicherung ; -- bei Beschädigungen, deren Behebung im Einzelfall mehr als 20 000 Franken kostet, auf den Ersatz der tatsächlichen Auslagen.

Ferner kann die Swissair verlangen, dass ihr für die Anschaffung von Flugzeugen und zugehörigem Material aus dem Amortisationsfonds zinslose Vorschüsse bis zur Höhe ihrer eigenen Einlagen gewährt werden.

Der Amortisationsfonds wird von der Eidgenössischen Finanzverwaltung verwaltet.

Bei seiner Liquidation werden die vorhandenen Mittel wie folgt verwendet : -- Die Swissair erhält vorweg für die im Zeitpunkt der Liquidation dem Fonds unterstellten Flugzeuge und das zugehörige Material die Differenz zwischen dem Buchwert bei der Unterstellung und dem Verkehrswert bei der Liquidation. Können sich der Bund und die Swissair über den Verkehrswert nicht einigen, so entscheidet darüber eine aus drei Mitgliedern bestehende Kommission endgültig. Ein Mitglied dieser Kommission wird vom Bund, ein Mitglied von der Swissair und der Vorsitzende vom Präsidenten des Bundesgerichtes bezeichnet.

-- Sind die Ansprüche der Swissair befriedigt, so erhält der Bund aus den verbleibenden Fondsmitteln die von ihm geleisteten Beiträge zurück.

-- Weitere allenfalls noch vorhandene Fondsmittel gehören der Swissair.

Nach diesen Richtsätzen ist der Entwurf eines Vertrages zwischen Bund und Swissair ausgearbeitet worden. Der Verwaltungsrat der Swissair hat demselben bereits zugestimmt und auch die Luftfahrtkommission, der er zur Begutachtung unterbreitet wurde, schlägt keine materiellen Änderungen vor.

Wie der Chartervertrag über die beiden DC-6 B-Flugzeuge, so sieht auch der Vertrag über den Amortisationsfonds ein verstärktes Mitspracherecht des Bundes bei der Geschäftsführung der Swissair vor, nämlich im Artikel 12, welcher lautet: Gegen Beschlüsse des Verwaltungsrates der Swissair, die geeignet
sind, die Finanzlage der Gesellschaft wesentlich zu beeinflussen, wie insbesondere Investitionen oder die Aufnahme von Darlehen, kann das Eidgenossische Post- und Eisenbahndepartement innert 14 Tagen seit der Beschlussfassung schriftlich Verwahrung einlegen. Hebt die Swissair ihren Beschluss nicht innert 30 Tagen auf, oder hat der Bundesrat die innert der gleichen Frist von der Swissair gegen die Verwahrung des Post- und Eisenbahndepartementes erhobene Beschwerde abgelehnt, so kann der Bund den Vertrag mit sofortiger Wirkung auflösen.

538 Die gleichen Rechtsfolgen treten ein, wenn die Swissair ihren Pflichten aus diesem Vertrag nicht nachkommt.

Der Vertrag soll rückwirkend auf den 1. Januar 1950 in Kraft gesetzt werden.

2. Darlehen des Bundes Es darf nun aber nicht übersehen werden, dass durch die Äufnung des Amortisationsfonds nicht alle finanziellen Probleme gelöst werden, denen die Swissair in den nächsten Jahren gegenüberstehen wird. Dieser Amortisationsfonds wird im günstigsten Fall genügen, um einen adäquaten Ersatz für die ihm heute zu unterstellenden vier DC-4 und vier Convair-Liners anzuschaffen. Die Swissair wird aber daneben auch zu andern Neuinvestitionen gezwungen sein, beispielsweise ist an die sukzessive Erneuerung des Flugzeugparkes für den kontinentalen Verkehr zu denken. Die Betriebsüberschüsse der Swissair werden kaum ausreichen, um neben den Entschädigungen für den Gebrauch der DC-6B und den Einlagen in den Amortisationsfonds noch weitere Rückstellungen zu machen.

Neues Geld könnte durch eine Erhöhung des Aktienkapitals beschafft werden. Ob aber dieser Weg heute gangbar wäre, muss bezweifelt werden.

In Frage käme sodann die Aufnahme von Bankkrediten. Der Bund hat jedoch alles Interesse an einer Tiefhaltung der Passivzinsen der Swissair, da diese über das Betriebsergebnis der Gesellschaft die Höhe ihrer Einlagen in den Fonds nachteilig beeinflussen und damit im Endergebnis den Bund belasten.

Noch ungünstiger wäre das Ergebnis, wenn die Investitionen über die Betriebsrechnung finanziert würden.

Die einfachste Lösung wird die sein, dass der Bund der Swissair für die Erneuerung des Flugzeugparkes und andere unumgängliche Investitionen, für die ihre Mittel nicht ausreichen, Darlehen gewährt. Die rechtliche Grundlage für dieses Vorgehen finden wir in Artikel 101 des Luftfahrtgesetzes. Vorbehalten bleibt dabei in jedem einzelnen Fall die Kreditbewilligung durch die eidgenössischen Eäte.

Wir beehren uns, Ihnen, gestützt auf diese Darlegungen, den nachfolgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 17. November 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Leimgruber

539 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Hilfeleistung des Bundes bei des Abschreibung und Erneuerung des Flugzeugparkes der Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der Schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestutzt auf die Artikel 101 und 103 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 17. November 1950, beschliesst :

Art. l Der Bund hilft der Swissair, die notwendigen Abschreibungen auf ihrem Plugzeugpark vorzunehmen und die Gefahr der Zerstörung oder Beschädigung von Flugzeugen und Ersatzteilen zu tragen, soweit ihre Betriebsuberschüsse dazu nicht ausreichen.

Zur Durchführung dieser Bundeshilfe wird dem Bundesrat ein Kredit von 15 Millionen Franken eingeräumt.

Der jährliche Kreditbedarf ist jeweilen in den Voranschlag der Eidgenossenschaft aufzunehmen.

Art. 2 Der Bundesrat kann der Swissair Darlehen gewahren, soweit die ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Finanzierung unumgänglicher Neuinvestitionen, wie insbesondere der Erneuerung des Flugzeugparkes, nicht ausreichen.

Der Kreditbedarf für die Gewahrung von Darlehen ist von Fall zu Fall in den Voranschlag der Eidgenossenschaft aufzunehmen.

Art. 3 Dieser Beschluss tritt als nicht allgemeinverbindlicher Natur sofort in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt. Er ordnet das Verhältnis zwischen dem Bund und der Swissair durch einen Vertrag, der rückwirkend auf den 1. Januar 1950 in Kraft tritt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Hilfeleistung des Bundes bei der Abschreibung und Erneuerung des Flugzeugparkes der Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft (Vom 17. November 1950)

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5962

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.11.1950

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529-539

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