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24.441 Parlamentarische Initiative des Büros.
Anpassung des Geschäftsreglementes (Verfahren bei Erklärungen und Vaterschaftsurlaub als Entschuldigungsgrund) Bericht des Büros des Ständerates vom 15. November 2024
Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf1 einer Änderung des Geschäftsreglementes des Ständerates.
Das Büro beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.
15. November 2024
Im Namen des Büros Die Präsidentin: Eva Herzog
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Bericht 1
Entstehungsgeschichte
Am 1. März 2022 hat der Ständerat eine Erklärung für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine abgegeben (22.024)2. Am 5. Juni 2024 beschloss der Ständerat, eine Erklärung zum Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes in Sachen «Verein Klimaseniorinnen Schweiz u.a. vs. Schweiz» abzugeben (24.053)3. In beiden Fällen lagen mehrere Anträge von Kommissionen und/oder Ratsmitgliedern zum gleichen Thema vor, die nur in einzelnen Formulierungen voneinander abwichen.
Gemäss Artikel 27 Absatz 1 des Geschäftsreglementes des Ständerates (GRS)4 kann eine Kommission oder jedes Ratsmitglied einen Antrag für die Abgabe einer Erklärung einreichen. Gemäss Artikel 27 Absatz 2 kann der Rat beschliessen, über den Entwurf zu einer Erklärung eine Diskussion zu führen. Er kann den Entwurf annehmen, ablehnen oder an die Kommission zurückweisen. Diese Präzisierung verdeutlicht, dass die allgemeinen Verfahrensbestimmungen für die Bereinigung mehrerer Anträge zum gleichen Gegenstand (Art. 78 und 79 Parlamentsgesetzes, ParlG5) nicht zur Anwendung kommen und somit keine Gegenüberstellung der verschiedenen Anträge erfolgt. Liegen mehrere Erklärungsentwürfe zum gleichen Thema vor, so muss nach heutigen Verfahren über jeden Entwurf getrennt abgestimmt werden. Dies kann dazu führen, dass der Rat mehrere Erklärungen zum gleichen Thema die sich sogar widersprechen verabschieden kann.
Das geltende Verfahren erschwert den Ratsmitgliedern die freie Willenskundgabe in der Abstimmung. Deshalb wurde in den beiden erwähnten Fällen von Erklärungen ein abweichendes Verfahren gewählt: Bei der Erklärung 22.024 präzisierte der Präsident zu Beginn der Debatte, dass bei einer Annahme von mehreren Erklärungsentwürfen diese im Anschluss an die Abstimmungen mit einer Stichfrage ausgemehrt würden.
Bei der Erklärung 24.053 beschloss der Rat aufgrund eines Ordnungsantrags, die verschiedenen Entwürfe gemäss dem in Artikel 78 Absatz 2 ParlG vorgesehenen Verfahren gegeneinander auszumehren.
Deshalb ist die Regelung von Artikel 27 GRS anzupassen, damit das Abstimmungsverfahren bei Einreichung mehrerer Anträge zu Erklärungen künftig klar ist.
Der zweite Revisionspunkt betrifft die Einführung des Vaterschaftsurlaubs als Entschuldigungsgrund bei Abstimmungen im Rat. Gemäss Artikel 44a Absatz 6 GRS gilt als entschuldigt, wer sich bis
spätestens zu Sitzungsbeginn für einen ganzen Tag aufgrund eines Auftrages einer ständigen Delegation gemäss Artikel 60 ParlG oder wegen Todesfalles im engen Familienkreis, Mutterschaft, Unfall oder Krankheit abgemeldet hat. In diesen Fällen wird die Nichtteilnahme an den Abstimmungen im ver2 3 4 5
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22.024 | Erklärung des Ständerates. Für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine!
| Geschäft | Das Schweizer Parlament 24.053 | Erklärung des Ständerates. Urteil des EGMR «Verein KlimaSeniorinnen Schweiz u.a. vs Schweiz» | Geschäft | Das Schweizer Parlament SR.171.14 SR 171.10
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öffentlichten Abstimmungsprotokoll so vermerkt: «Entschuldigt gem. Art. 44a Abs. 6 GRS». Nimmt ein Ratsmitglied ohne einen der erwähnten Entschuldigungsgründe nicht an einer Abstimmung teil, so wird dies im veröffentlichten Abstimmungsprotokoll wie folgt vermerkt: «Hat nicht teilgenommen».
Im Rahmen der Vorlage 20.437 Handlungsfähigkeit des Parlamentes in Krisensituationen verbessern beschlossen die Räte, dass neu auch Abwesenheiten aufgrund von Vaterschaftsurlaub zum Bezug von Taggeldern berechtigen sollen. Diese Anpassung von Artikel 3 Absatz 3 des Parlamentsressourcengesetzes6 trat am 4. Dezember 2023 in Kraft. Im Nationalrat wurde auch sein Geschäftsreglement (GRN)7 angepasst, um den Vaterschaftsurlaub neu als Entschuldigungsgrund aufzunehmen (Art. 57 Abs. 4 Bst. e GRN), im Ständerat hingegen nicht. Dies führt im Ständerat dazu, dass ein Ratsmitglied, das sich während einer Session im Vaterschaftsurlaub befindet zwar Taggelder beanspruchen kann, aber seine Nichtteilnahme an den Abstimmungen nicht als entschuldigt vermerkt wird.
Das Büro hat am 22. August 2024 zu diesen beiden Punkten eine Kommissionsinitiative beschlossen. Es hat am 9. September und am 15. November 2024 über den Erlassentwurf beraten und diesen am 15. November 2024 einstimmig angenommen.
Da die Revision nur die internen Abläufe des Ständerates betrifft, verzichtete das Büro darauf, den Entwurf dem Bundesrat zur Stellungnahme vorzulegen.
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Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen
Art. 27 Abs. 1 Wie bisher hat jede Kommission und jedes Ratsmitglied das Recht, dem Rat einen Entwurf einer Erklärung zu unterbreiten.
Abs. 2 Damit Ratsmitglieder, welche einen bereits eingereichten Entwurf einer Erklärung nur punktuell ändern möchten, nicht wie bisher einen neuen Erklärungsentwurf unterbreiten müssen, erhalten sie neu das Recht, Änderungsanträge zu den Entwürfen einzureichen. Weiterhin kann eine Kommissionsminderheit gemäss Artikel 76 Absatz 4 ParlG in der Kommission abgelehnte Anträge im Rat als Minderheitsanträge einreichen.
Abs. 3 Es kann im Ständerat zum gleichen Thema verschiedene Entwürfe für Erklärungen und neu auch entsprechende Änderungsanträge geben. Aus diesem Grund schlägt das Büro vor, dass der Rat zuerst darüber beschliesst, ob er eine Beratung durchführen 6 7
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will oder nicht. Diese Debatte ist vergleichbar mit der Eintretensdebatte bei Erlassentwürfen. Lehnt der Rat die Beratung ab, sind alle Anträge erledigt.
Stimmt der Rat der Beratung zu, beginnt er mit der Bereinigung der verschiedenen Anträge für Entwürfe für Erklärungen sowie für die Änderung solcher Entwürfe gemäss den Artikeln 78 und 79 des Parlamentsgesetzes. Liegen zu einem Abstimmungsgegenstand Anträge vor, die sich entweder auf denselben Textteil beziehen oder sich gegenseitig ausschliessen, so sind sie gegeneinander auszumehren. Ist eine Gegenüberstellung nicht möglich, werden sie einzeln zur Abstimmung gebracht. Liegen mehrere Anträge zum selben Abstimmungsgegenstand vor, so sind diese mittels Eventualabstimmung auszumehren, bis zwei Anträge einander gegenübergestellt werden können. Nach dieser Eventualbereinigung wird eine Abstimmung über die Annahme oder Ablehnung der verbleibenden Erklärung durchgeführt. Dies gewährleistet eine freie und unverfälschte Willenskundgabe der Ratsmitglieder und widerspruchsfreie Beschlüsse des Rates.
Abs. 4 Da der Entwurf einer Erklärung eines einzelnen Ratsmitgliedes nicht an eine zuständige Kommission zurückgewiesen werden kann, wird in Absatz 4 neu ein Antrag auf Vorberatung der eingereichten Anträge eingeführt. Ein ähnliches Verfahren kennt der Ständerat bereits für die Vorberatung von Vorstössen (vgl. Art. 17 Abs. 3 GRS). Dieser Antrag auf Vorberatung wird vor Beginn der Bereinigung des Entwurfes einer Erklärung behandelt (vgl. Abs. 3). Liegt kein Kommissionsantrag auf Abgabe einer Erklärung vor, bestimmt das Büro die Kommission, welche die Vorberatung durchführt. Die Kommission muss spätestens bis zu Beginn der nächsten ordentlichen Session ihre Anträge unterbreiten. Unterbreitet die Kommission bis dahin keine Anträge, entscheidet der Rat über die Beratung oder Abschreibung der Anträge. Auf die bisherige Möglichkeit der automatischen Abschreibung kann daher verzichtet werden.
Art. 44a Abs. 6 Um die Entschädigungsregelung und die Entschuldigungsgründe im Ständerat in Übereinstimmung zu bringen, soll die Vaterschaft in Artikel 44a Absatz 6 GRS neu als Entschuldigungsgrund bei Abstimmungen im Rat aufgenommen werden, analog zum Wortlaut von Artikel 57 Absatz 4 Buchstabe e GRN. Unter welchen Voraussetzungen eine Abwesenheit wegen Vaterschaft als Vaterschaftsurlaub gilt und damit als entschuldigt, richtet sich nach Artikel 3 Absatz 3 Parlamentsressourcengesetz.
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Finanzielle Auswirkungen
Die vorgeschlagenen Änderungen haben keine finanziellen Auswirkungen.
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Rechtliche Grundlagen
Artikel 36 ParlG gibt dem Ständerat die Kompetenz, «ein Geschäftsreglement mit den Ausführungsbestimmungen über seine Organisation und sein Verfahren» zu erlassen.
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Inkrafttreten
Das Büro beantragt, die Änderungen auf den ersten Tag der Frühjahrssession 2025 in Kraft zu setzen.
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