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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des Bundesratsbeschlusses vom 16. August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen (Vom 16. August 1950)

Herr Präsident!

Hochgeehrte. Herren !

Durch den Bundesbeschluss vom 27. Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen EisenbahnUnternehmungen (AS 1949, II, 1508) ist der Bundesrat beauftragt worden, spätestens bis 31. Dezember 1950 die in Artikel 7, lit. a, des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1944 über die Schweizerischen Bundesbahnen (AS 6.7, 785) vorgesehenen allgemeinen Grundsätze über die Tarifbildung der Schweizerischen Bundesbahnen zu erlassen. Gleichzeitig wurde der Bundesrat ermächtigt, auch für die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen allgemeine Grundsätze über die Tarifbildung aufzustellen, die jedoch vor ihrer Inkraftsetzung der Genehmigung durch die Bundesversammlung bedürfen. In Vollziehung dieses Bundesbeschlusses unterbreiten wir Ihnen beiliegenden Bundesratsbeschluss zur Genehmigung.

I. Allgemeine Bemerkungen Die N o t w e n d i g k e i t einer Bevision der heute in verschiedenen gesetzlichen Erlassen enthaltenen Vorschriften über die Tarifbildung der Eisenbahnen ist bereits nach dem ersten Weltkrieg hervorgehoben worden, weshalb denn auch in Artikel 5 des Bundesbeschlusses vom 25. Juni 1920, betreffend vorübergehende Taxmassnahmen der schweizerischen Eisenbahnunternehnmngen (AS 36, 360), der Bundesrat beauftragt worden ist, baldmöglichst der Bundesversammlung die nötigen Vorlagen zur endgültigen Änderung des Tarifgesetzes der Schweizerischen Bundesbahnen vom 27. Juni 1901 (AS 18, 790) und der Konzessionen der Privatbahnen zu unterbreiten. Gestützt auf ein Postulat von Nationalrat Gelpke vom 16. Dezember 1980 wurde der Bundesrat erneut eingeladen, die Frage zu prüfen, ob sich nicht eine Revision des Tarifgesetzes der

629 Schweizerischen Bundesbahnen rechtfertige, angesichts des Umstandes, dass die bestehenden gesetzlichen tarifarischen Grundlagen nicht mehr genügen.

Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges zeigte, sich die Notwendigkeit einer Änderung der gegenwärtigen Vorschriften über die Tarifbildung erst rocht wieder, als die Schweizerischen Bundesbahnen und die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen an eine Neugestaltung ihrer Personen- und Gütertarife herantraten.

Zweck der R e vision und Neufassung der für die schweizerischen Eisenbahnunternehmungen geltenden Vorschriften über die Tarifgestaltung ist zunächst eine Z u s a m m e n f a s s u n g und Vereinfachung der heute noch in verschiedenen Erlassen enthaltenen Bestimmungen, Die bisher in Artikel 85 und 36 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 (AS a. F. XI, 1), im Transportgesetz vom 29. März 1893 (AS 13, 644) und im Transportreglement vom 1. Januar 1894 (AS 13, 762) enthaltenen formellen Vorschriften über die Verpflichtung zur Aufstellung von Tarifen, über die Genehmigung und Veröffentlichung der Tarife sowie über den Grundsatz der Tarifgleichheit sind bereits durch den Erlass des neuen Bundesgesetzes über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen (AS 1949,1, 563) vom 11. März 1948 (Art. 10 bis 14) und durch das neue Transportreglement (AS 1949, l, 581) vom '24. Juni 1949 (Art. 18 bis 19) zusammengefasst und den veränderten Verhältnissen angepasst worden. Dem neuen Bundesratsbeschluss über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen fällt nun noch die Aufgabe zu, die heute in den Konzessionen, im Tarifgesetz von 1901, im Bundesbeschluss vom 25. Juni 1920 betreffend vorübergehende Taxmassnahmen und im zugehörigen Bundesratsbeschluss. vom 18. Juli 1920 (AS 36, 396) sowie in Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen enthaltenen materiellen Bestimmungen über die Tarifbildung zusammenzufassen und zu vereinfachen.

Hauptzweck der Eevision der Vorschriften über die Tarifgestaltung der Eisenbahnunternehmungen ist aber die Anpassung an die v e r ä n d e r t e n Verhältnisse. Im Vordergrund steht dabei die wichtige Tatsache, dass die Eisenbahnen ihr bis zum ersten Weltkrieg innegehabtes faktisches Transportmonopol
verloren haben und deshalb nunmehr ihre Tarife nicht nur in vermehrtem Masse ihren Selbstkosten, sondern ganz besonders auch der Konkurrenz anderer Verkehrsmittel anpassen müssen.

Die Vereinfachung und Anpassung der Tarife an die veränderten Verhältnisse ist von den schweizerischen Eisenbahnunternehmungen, soweit sie am direkten Verkehr beteiligt sind, durch die Neugestaltung der Personentarife auf 1. Februar 1948 bereits durchgeführt und durch die Kommerzielle Konferenz der schweizerischen Transportunternehmungen und Verkehrsinteressenten mit dem Entwurf zur Neugestaltung der Gütertarife auch schon weitgehendst vorbereitet worden. Auf diese Unterlagen stützt sich der vorliegende Bundegratsbeschluss,

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Bei der Aufstellung neuer Vorschriften über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen stellt sich allerdings zunächst die grundsätzliche Frage, in welchem Umfang die Tarifbildung auch in Zukunft durch gesetzliche Vorschriften beeinflusst werden soll. Im Bundesbahngesetz vom 28. Juni 1944 und durch den Bundesbescbluss vom 27. Oktober 1949 ist der Bundesrat ermächtigt worden, allgemeine Grundsätze \uber die Tarifbildung aufzustellen. Dabei wurde aber keineswegs gesagt, dass boi der Aufstellung dieser allgemeinen Grundsätze die künftige gesetzliche Eegelung über die Tarifbildung weniger weit gehen sollte als das bisherige Tarifgesetz der Bundesbahnen von 1901. Anlässlich der Beratungen über die Neugestaltung der Gütertarife im Schosse der Kommerziellen Konferenz der schweizerischen Transportunternehmungen und der Verkehrsinteressenten sind von den Schweizerischen Bundesbahnen als geschäftsführender Verwaltung folgende allgemeine Grundsätze für die Tarifbildung aufgestellt worden: 1. Die Tarife sollen so erstellt werden, dase die Transporteiimahmen zur Deckung der Gesamtkosten der Eisenbahnen ausreichen (Grundsatz der finanziellen Selbsterhaltung), 2. Die Tarife Bollen die Volkswirtschaft fördern, indem sie die Produktions-, Absatz- und Siedlungsbedingungen möglichst erleichtem und dadurch mithelfen zu einer gesunden räumlichen Verteilung der Wirtschaft (Grundsatz des öffentlichen Dienstes).

3. Die Gütertarife sind abzustufen nach dem Gewicht der Güter und nach der Ausnutzung des Ladegewichtes und Laderaumes der zur Verfügung stehenden Güterwagen. Es sind daher Gewichtsklassen für Stückgut und Wagenladungen vorzusehen (Grundsatz der Wagenausnützung).

4. Die Eisenbahn darf für die Beförderung in gedeckten Wagen höhere Frachten erheben als für die Beförderung in offenen Wagen (Grundsatz der Berücksichtigung der Sicherheit der Beförderung), 5. Die Gütertarife dürfen nach der Schnelligkeit der Beförderung (Prachtgut, Eilgut, Expressgut) verschieden angesetzt werden (Grundsatz der Berücksichtigung der Schnelligkeit).

6. Die Gütertarife sind nach Entfernungen zu berechnen. Die Einheitssätze sollen nach Entfernungsstufen abgestaffelt werden (Grundsatz der Erleichterung des Fernverkehrs).

7. Die Gütertarife sollen Wagenladungsklassen vorsehen, in welche die Güter nach Wert und wirtschaftlicher
Bedeutung einzureihen sind. Frachtempfindliche Güter, besonders Rohstoffe und Halbfabrikate, sollen möglichst billigen Klassen zugewiesen werden (Grundsatz der Werttarifierang).

8. Die Bundesbahnen haben sich mit den Privatbahnen Über eine billige Teilung des Verkehrs zu einigen (Grundsatz der Verkehrsteilung).

Mit der Aufzählung dieser wesentlichsten Grundsätze glaubte man diejenigen Vorschriften aufgestellt zu haben, die in dem Bundesratsbeschluss über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen aufgenommen und der Bundesversammlung ziir Genehmigung unterbreitet werden sollten.

Wir konnten uns dieser Auffassung nicht anschliessen. Wohl haben sich mit dem Wegfall des Transportmonopols die Verhältnisse gegenüber früher insofern wesentlich geändert, dass die Eisenbahnen ihre Tarife auch im Rahmen der Kon-

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Zession und des Tarifgesetzes nicht mehr beliebig hoch festsetzen können, weil der Höhe der Eahntarife durch die Konkurrenz bereits gewisse Grenzen gesetzt sind ; politische Gründe sprechen aber nach wie vor dafür, einlasslichere Bichtlinien für die Tarifbildung und auch gewisse Grenzen für die Tarifhöhe aufzustellen und der Bundesversammlung zur Genehmigung zu unterbreiten.

Wenn die Bundesversammlung schon die Jahresrechming der Schweizerischen Bundesbahnen jährlich zu genehmigen hat und allenfalls auch über Defizite der Staatsbahn Beschluss fassen muss, so soll sie auch einen direkten und weitergehenderen Einfluss auf die Tarifgestaltung der Bundesbahnen haben, als dies in den obgenannten Grundsätzen vorgesehen ist. Wenn aus diesen Überlegungen heraus eine Umschreibung des Tarifniveau nach wie vor als notwendig erscheint, so müssen selbstverständlich auch die wichtigsten Elemente, die für die Bestimmung der Höhe des Fahrpreises massgebend sind, gesetzlich umschrieben werden, wobei allerdings, auch nach unserer Auffassung, nicht alle Einzelheiten im Bundesratsbeschluss geregelt und von der Bundesversammlung genehmigt zu werden brauchen, Dazu kommt, dass über die genannten allgemeinen Grundsätze hinaus die Tarifbildung der Eisenbahnen auch deshalb näher geregelt werden muss, weil nur auf diesem Wege Gewähr für eine möglichst weitgehende einheitliche Tarifbildung bei allen am direkten Verkehr beteiligten Eisenbahnunternehmungen geboten ist. Auf Grund dieser Erwägungen haben wir uns im vorliegenden Bundesratsbeschluss nicht auf die im Schosse der Kommerziellen Konferenz aufgestellten ganz allgemeinen Grundsätze beschränkt, sondern auch Vorschriften über alle wesentlichen Merkmale der Tarifbildung aufgestellt, die grösstenteils schon bisher Geltung hatten. Dabei haben wir aber, wie wir bei den Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln noch ausführen werden, den heute allerdings veränderten Verhältnissen Eechnung getragen.

Wir haben Ihnen in unserer Botschaft vom 26. Juri 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen (BEI 1949, II, 198) die Gründe dargelegt, die dafür massgebend waren, den Bundesrat zur Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung nicht nur der Schweizerischen Bundesbahnen, sondern auch der konzessionierten
Eisenbahnunternehmungen zu beauftragen. Die gleichen Gründe sprechen auch dafür, die Grundsätze für die Tarifbildung der Schweizerischen Bundesbahnen und der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen in einem und demselben Bundesratsbeschluss aufzustellen. Demzufolge enthält der beiliegende Bundesratsbeschluss im ersten Abschnitt (Art, 1-9) einige allgemeine Bestimmungen, die für die Schweizerischen Bundesbahnen wie auch für die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen gemeinsam Geltung haben, während dann im zweiten Abschnitt (Art. 10-21) die besondern Tarifbildungsvorschriften für die Schweizerischen Bundesbahnen und im dritten Abschnitt (Art, 22 und 28) diejenigen für die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen enthalten sind. Wir haben es sodann für angezeigt erachtet, die besondern Vorschriften über die Erstellung direkter Tarife für den direkten Verkehr unter den Eisenbahnen in einen vierten Abschnitt (Art. 24-26) aufzunehmen. In den

632 fünften Abschnitt (Art. 27-29) sind schliesslich noch die Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 26. Dezember 1919, betreffend Schaffung einer Kommerziellen Konferenz der schweizerischen Transportunternehmungen und der Verkehrsinteressenten (AS 35, 1029) übernommen worden. Es geschah dies nicht allein aus gesetzesökonomischen Gründen, sondern insbesondere auch im Hinblick auf das den Verkehrsinteressenten in der Kommerziellen Konferenz im Interesse der schweizerischen Wirtschaft gerade bei der Erstellung der Eisenbahntarife eingeräumte Mitspracherecht. Die Ausarbeitung des vorliegenden Bundesratsbeschlusses ist denn auch nicht ohne Anhörung der in der Kommerziellen Konferenz vertretenen schweizerischen Eisenbahnunternehmungen und Verkehrsinteressenten vorgenommen worden. Diese haben dem Entwurf dieses Bundesratsbeschlusses grundsätzlich zugestimmt; auf einzelne Anregungen, die im Laufe der Verhandlungen vorgebracht wurden, werden wir bei der Erörterung der einzelnen Bestimmungen noch hinweisen.

Nach Massgabe von Artikel 10, Absatz 2, lit. c, des Bundesbahngesetzes ist der Entwurf des beiliegenden Bundesratsbeschlusses auch dem Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen noch zur Begutachtung unterbreitet worden. Dieser hat an seiner Sitzung vom 29. Juni 1950 dem Bundesratsbeschluss ebenfalls grundsätzlich zugestimmt, allerdings nicht ohne einzelne Bemerkungen anzubringen, auf die wir nachstehend noch zu sprechen kommen werden,

II. Bemerkungen zu den einzelnen Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen

Art. l Geltungsbereich Die mehr formellen Vorschriften über die Pflicht zur Aufstellung von Tarifen, über die Genehmigung und Veröffentlichung der Tarife sowie über den Grundsatz der Tarifgleichheit sind, wie bereits erwähnt, schon im Transportgesetz und Transportreglement enthalten. Wir erachten es aber für angezeigt, im Bundesratsbeschluss über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen noch auf diese Bestimmungen zu verweisen (Absatz 1).

Massgebend für die Tarifgestaltung der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen sind in erster Linie die Konzessionen. Die in den Konzessionen über die Erstellung der Tarife enthaltenen Vorschriften gelten auch in Zukunft, soweit nicht im Bundesratsbeschluss Abweichungen vorgesehen sind (Absatz u). Es versteht sich von selbst, dass solche Abweichungen die konzessionsmässigen Eechte der Eisenbahnen nicht einschränken oder aufheben dürfen, wie dies übrigens in Artikel l, Absatz 2, des Bundesbeschlussen vom 27. Oktober

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1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen ausdrücklich festgelegt ist. Die wichtigste Abweichung gegenüber den Konzessionen besteht darin, dass auch Eisenhahnen, in deren Konzessionen besondere Höchsttaxen vorgesehen sind, die Grundtaxen der Schweizerischen Bundesbahnen anwenden können unter Einrechnung entsprechender Entfernungszuschläge (vgl. Art. 23). Eine Einschränkung der konzessionsmässigen Eechte erfolgt dadurch aber nicht, weil diese Eisenbahnen ja ihre Entfernungszuschläge so festsetzen können, dass sie auch bei Anwendung der Grundtaxen der Bundesbahnen auf ihre konzessionsmässigen Höchsttaxen kommen.

Die Konzessionen der schweizerischen Schiffahrtsunternehmungen werden, gestützt auf Artikel 8 des Bundesgesotzes vom 2. Oktober 1924 betreffend den Postverkehr (A8 41, 829), vom Post- und Eisenbahndepartement erteilt. In den Schiffahrtskonzessionen wird unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse bei der Schiffahrt auch deren Tarifgestaltung geregelt. Im Hinblick darauf, dass die im Transportgesetz und Transportreglement enthaltenen formellen Vorschriften über die Tarife der Eisenbahnen auch auf die Schifffahrtsunternehmungen Anwendung finden und diese Unternehmungen zum Teil mit den Eisenbahnunternehmungen im direkten Verkehr stehen, erachten wir es als notwendig, für die Schiffahrtsunternehmungen die gleichen Grundsätze über die Tarifbildung anwendbar zu erklären, wie sie für die Eisenbahnen gelten (Absatz 8), Dazu kommt, dass mit ,dieser Vorschrift auch für die schweizerische Schiffahrt auf dem Bodensee, für die, weil von den Schweizerischen Bundesbahnen betrieben, keine Konzession besteht, die gleichen Grundsätze für die Tarifbildung als anwendbar erklärt werden, wie sie beim Bahnbetrieb Anwendung finden.

Selbstverständlich muss dabei den besonderen Verhältnissen der Schiffahrt Rechnung getragen werden.

Art. 2 Berücksichtigung volkswirtschaftlicher, kultureller und sozialer Bedürfnisse Der in dieser Bestimmung enthaltene Grundsatz, dass bei der Aufstellung der .Tarife auf die volkswirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse des Landes Rücksicht genommen werden muss, ist schon im heutigen Tarifgesetz der Bundesbahnen und ebenso, wenn auch vielfach in eingeschränkterem Umfang, in den Konzessionen enthalten. Darnach soll also auch in Zukunft die Tarifpolitik der Eisenbahnen als öffentlichen Transportunternehmungen nicht nur durch betriebswirtschaftliche Gegebenheiten, sondern auch durch Bücksichten auf das Gemeininteresse bestimmt werden. Die Durchführung dieses Grundsatzes bereitet allerdings seit dem Verlust des Transportmonopols der Eisenbahnen gewisse Schwierigkeiten; um so mehr, als es bis heute nicht gelungen ist, eine befriedigende Koordination unter den verschiedenen Verkehrsmitteln herbeizuführen. Die Konkurrenz anderer Verkehrsmittel, vorab des

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Automobils, erlaubt es nämlich den Bisenbahnen nur noch in sehr beschränktem Umfange ihre Normaltarife derart festzusetzen, dass sie einen Ausgleich zu bieten vermögen für die Ausfälle, die dadurch entstehen, dass im allgemeinen Interesse des Landes gewisse Ausnahmetarife festgesetzt werden müssen, die nicht einmal mehr die zusätzlichen Selbstkosten der Eisenbahnen zu decken vermögen.

Der Hauptzweck der nach dem Kriege in Angriff genommenen Tarifreform der Eisenbahnen musste deshalb im Hinblick auf die seit dem Verlust des Transportmonopols veränderten Verhältnisse notwendigerweise in einer besseren Anpassung der Eisenbahntarife an die Automobilkonkurrenz und an die Selbst?

kosten bestehen. Die Konkurrenz anderer Verkehrsmittel zwingt die Eisenbahnen, zur Erhaltung des Verkehrs die hohen Tarife abzubauen und den Ausgleich in einer Erhöhung der aus volkswirtschaftlichen Gründen sehr niedrig angesetzten Sozial- und Ausnahmetarife zu suchen. Das bedeutet nichts anderes als eine Abschwächung des bisherigen Grundsatzes der Werttarifierung. Zwar haben die Eisenbahnen aus kommerziellen Gründen zum Teil selbst ein Interesse daran, ihre Tarife nach dem sogenannten Wertprinzip, d. h. nach dem Gesichtspunkte der Tragbarkeit abzustufen, doch können sie dabei aus Selbsterhaltungsgründen von sich aus kaum so weit gehenj wie sie dies mit Rücksicht auf die Volkswirtschaft des Landes tun müssen. Dies hat sich bei der Neugestaltung der Eisenbahntärife, wie sie seit Kriegsende vorbereitet und zum Teil bereits durchgeführt worden ist, sehr deutlich gezeigt. So sind u. a. bei der Personentarifreform die ausgesprochensten Sozialtarife, die Arbeiter- und Schülerabonnemente, zwar stärker als die Normaltarife erhöht worden, sie konnten aber trotzdem nicht so festgesetzt werden, wie dies aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen angezeigt gewesen wäre. Auch bei der in Vorbereitung befindlichen und von der Kommerziellen Konferenz der schweizerischen Transportunternehmungen und der Verkehrsinteressenten bereits grundsätzlich gutgeheissenen Gütertarifreform erwies es sich als unmöglich, die Gütertarife vollständig den veränderten Verhältnissen anzupassen und insbesondere eine genügende Abschwächung des Werttarifsystems vorzunehmen. Die Wirtschaft ist nämlich sehr empfindlich gegen Strukturänderungen im Aufbau der Gütertarife,
da solche Änderungen in alte Standortsbeziehungen eingreifen und kaum zu übersehende Nebenwirkungen auslösen können. Es musste deshalb bei der Festsetzung der neuen Gütertarife sehr vorsichtig vorgegangen werden, um zu verhindern, dass sich daraus volkswirtschaftlich gefährliche Änderungen in den Produktionsbedingungen ergeben. Aus wirtschaftlichen und politischen Erwägungen mussten tiefgreifende Veränderungen der Standorts- und Wettbewerbsverhältnisse vermieden werden, so dass es schliesslich bei den im Entwurf vorliegenden neuen Gütertarifen im wesentüehen beim bisherigen «Reformtarifsystem» geblieben ist, bei dem die Festsetzung des Beförderungspreises nicht allein nach dem Kostenprinzip, d. h. unter Berücksichtigung des Gewichts, der Wagenausnützung und der Entfernung, sondern auch nach dem Wertprinzip erfolgt.

635 Die Tatsache, dass es nicht möglich ist, die Werttarifierung in vermehrtem Masse abzuschwächen, wiegt heute für die Eisenbahnen um so schwerer, weil ihre Betriebsergebnisse der letzten Zeit bereits wieder eine neue Notlage ankündigen. Daran vermag auch die Bestimmung nichts zu ändern, wonach die Verpflichtung zur Eücksichtnahme auf die volkswirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse des Landes nur soweit bestehen soll, als die finanziellen Mittel dies gestatten. Wir haben diesen Vorbehalt zwar aufgenommen, um einerseits die Eisenbahnen vor zu weitgehenden Forderungen auf Gewährung besonders niedriger Tarife zu schützen, anderseits aber auch um sie selbst zu allergrösster Sparsamkeit anzuhalten. Wir erachten es zudem auch nicht für ganz unmöglich, bei den vorgesehenen neuen Gütertarifen noch eine Korrektur im Sinne einer Erhöhung vorab der niedrigsten Ausnahmefrachtsätze vorzunehmen.

Trotzdem erscheint es uns fraglich, ob die Eisenbahnen, solange eine vernünftige Koordination der Verkehrsmittel fehlt, die ihnen obliegenden gemeinwirtschaftlichen Lasten, zu denen neben der Eücksichtnahme auf die Volkswirtschaft des Landes bei der Tarifgestaltung u. a. auch die Betriebs- und Beförderungspflicht zählen, ohne einen von der Allgemeinheit zu übernehmenden finanziellen Ausgleich noch zu tragen vermögen. Wir zweifeln daran, ob dies möglich sein wird, weil dies auch Bahnen in andern Ländern nicht, gelungen ist, obschon sie zum Teil noch günstigere Verhältnisse aufweisen als unsere Schweizerbahnen, Wir gestatten uns, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass beispielsweise die belgischen Staatsbahnen im Jahre 1949 ein Defizit von 285 Millionen belgischen Pranken aufgewiesen haben, obschon ihnen der Staat zum Ausgleich ihrer gemeinwirtschaftlichen Bindungen einen Beitrag von 2,6 Milliarden belgischen Franken zum vorneherein zur Verfügung gestellt hat, welcher Ausgleichsbeitrag zutreffenderweise in der Betriebsrechnung unter den Einnahmen aufgeführt ist.

Die Notwendigkeit eines finanziellen Ausgleichs für die den Eisenbahnen obliegenden gemeinwirtschaftlichen Lasten ist kürzlich auch vom Verband schweizerischer Transportanstalten an der Frühjahrskonferenz vom 5. Mai 1950 in La Chaux-de-Fonds hervorgehoben worden. In seiner Eesolution wird festgestellt, dass es den dem Verbände angeschlossenen
Unternehmungen des öffentlichen Verkehrs nicht mehr länger möglich sei, die ihnen im Interesse des Landes einseitig aufgebürdeten Lasten zu tragen, weshalb sie erwarten müssten, dass durch Massnahmen der öffentlichen Hand ein Lastenausgleich herbeigeführt ·werde, sei es durch KoordinationsmaBsnahmen allgemein, sei es durch die Übernahme der Betriebsdefizite, inklusive Abschreibungskosten, oder aber durch die Eingliederung gewisser Privatbahnbetriebe in das Netz der Schweizerischen Bundesbahnen. Wir werden auf diese Fragen in nächster Zeit noch in besondern Gesetzesvorlagen einlässlicher zu sprechen kommen.

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Art. 8

Berechnung der Beförderungspreise a. Allgemeines Bei der Berechnung des Beförderungspreises ist grundsätzlich, wie bisher, auf Grundtaxen abzustellen, die im allgemeinen pro Kilometer der Beförderungsstrecke festzusetzen sind. Immerhin soll die Möglichkeit bestehen, Grundtaxen auch für Längeneinheiten von mehr als nur einem Kilometer, d. h. für bestimmte Zonen, festzusetzen. Einen solchen sogenannten Zonentarif kennen die schweizerischen Eisenbahnunternehmungen schon seit längerer Zeit für die Beförderung von Fahrrädern und Kinderwagen. Zur Erreichung einer weiteren Tarifvereinfachung erweist sich aber die Einführung eines Zonentarifs auch für andere Beförderungen als wünschbar. Bei einfachen Verhältnissen kleinerer konzessionierter Eisenbahnunternehmungen sind sodann von jeher auch Grundtaxen für kleinere Längeneinheiten als einen Kilometer oder sogar für genau bestimmte Betriebsstrecken festgesetzt worden. Diese Möglichkeit soll gemäss Absatz l auch in Zukunft bestehen.

Für regehnässige Beförderungen im Personenverkehr (z. B. beim Generalabonnement) wird der Beförderungspreis schon heute nicht auf Grund einer Grundtaxe berechnet, sondern es sind Pauschalpreise festgesetzt worden, die ihrerseits allerdings meistens in einem bestimmten Verhältnis zu den Grundtaxen der Normalfahrpreise stehen. Zur Vereinfachung der Abfertigung und Abrechnung wird es zweckmässig und wünsohbar sein, auch bei einem bestimmten regelmässigen Güterverkehr Pauschalpreise anzuwenden. So wird die Bestimmung von Absatz 2 als rechtliche Grundlage dienen können für die im Studium befindliche Umstellung der Rabatt-, 1000 kg- und WagenladungsAbkommen. Diese Vereinfachungen, die ganz in der Richtung der im Postulat von Herrn Nationalrat Trüb vom 15. Juni 1949 enthaltenen Anregungen liegen, werden gegenwärtig bei den Eisenbahnen geprüft und wir hoffen, Sie schon im Geschäftsbericht für das Jahr 1950 über das Ergebnis dieser Untersuchungen und über die in Aussicht genommenen Massnahmen näher orientieren zu können.

Art. 4 fe. Grundtaxen Schon das Tarifgesetz von 1901 hat die Möglichkeit von Staffeltarifen vorgesehen. Trotzdem ist es aber bis zum ersten Weltkrieg grundsätzlich beim reinen Entfernungstarif geblieben, d. h. die Grundtaxen pro Kilometer waren für alle Entfernungen gleich hoch. Lediglich im Gesellschafts- und
Schulfahrtenverkehr sowie für Streckenabonnernente, ferner in einzelnen Ausnahmetarifen des Güterverkehrs wurden schon vorher Staffeltarife, d. h. degressive Kilometersätze angewendet.

Mit der Überführung der Taxzuschläge beim Güterverkehr in den neuen Normaltarif im Jahre 1920 und bei der Neugestaltung der Personentarife auf

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1. April 1922 sind die Staffeltarife endgültig eingeführt worden. Disse Staffelung ist während des zweiten Weltkrieges durch die Begrenzung der Taxzuschläge auf Beförderungsstrecken bis zu 150 Kilometer noch verschärft worden. Als die Eisenbahnen nach dem Kriege an die Neugestaltung der Personen- und Gütertarife herantraten, haben sie die Möglichkeit einer Eüokkehr zum reinen Entfernungstarif gar nicht mehr in Erwägung gezogen, sprechen doch bei uns nicht nur volkswirtschaftliche, sondern auch betriebswirtschaftliche und vor allem poh'tische Erwägungen (Genfer- und Tessiner Begehren) für die Beibehaltung und Verbesserung des Staffeltarifs.

Die Möglichkeit des reinen Entfernungstarifs rnuss jedoch auch in Zukunft (Absatz 1) bestehen bleiben, indem insbesondere kleinere Unternehmungen, die nicht an direkten Tarifen beteiligt sind, nach wie vor die Grundtaxen auf alle Entfernungen gleich hoch ansetzen wollen und nach ihrer Konzession auch nicht zur Einführung des Staffeltarifs verpflichtet werden können.

Der Grundsatz, dass die Grundtaxen nach der Schnelligkeit (Expressgut, Eilgut, Frachtgut) abgestuft werden können (Absatz 2) wie auch der Grundsatz, dass sie nach der Menge (Gewicht- oder Stückzahl) abzustufen sind (Absatz 8), entspricht der bisherigen Tarifgestaltung. Beide Grundsätze sollen auch iii Zukunft beibehalten werden.

Art. 5 c. Tarifentfernung Die Bestimmung in Absatz l entspricht der heute schon für die Festsetzung der Tarifentfernung geltenden Eegelung. Um die Ermittlung der Tarifentfernung möglichst zu vereinfachen und zu erleichtern, soll nun aber nach Absatz 2 noch die Möglichkeit geschaffen werden, dass bei der Festsetzung der Tarifentfernung zwischen der Abgangs- und Bestimmungsstation nicht immer von der effektiven Entfernung in Metern ausgegangen werden muss, sondern dass sie auch durch Zusammenzählen von auf Tarifkilometern aufgerundeten Teilentfernungen (sogenannte Schnittdistanzen) zwischen der Abgangsstation und einer sogenannten Knotenpunktstation, bzw. einer Knotenpunktstation und der Bestimmungsstation gebildet werden kann. Die Einfuhrung solcher Schnittdistanzen bedeutet für die Eisenbahnen, wie die Pauschalierung des.

Beförderungspreises, eine wesentliche Erleichterung bei der Abfertigung, ohne dass für die Bahnbenützer wegen der durch Aufrundung entstehenden Differenz von höchstens einem Kilometer ein ins Gewicht fallender Nachteil erwachsen würde.

Obschon seit der Aufhebung sämtlicher Distanzzuschläge auf 1. Januar 1948 der Grundsatz, daas die Tarifentfernung bei den Schweizerischen Bundesbahnen der wirklichen Entfernung entsprechen muss, allgemein Anwendung findet, halten wir es doch weiterhin für notwendig, wie bisher in Artikel 8, Absatz 2, und Artikel 18, Absatz 4, des Tarifgesetzes, die Möglichkeit der Erhebung von Entfernungszuschlägen auch bei den Bundesbahnen vorzusehen (Absatz 8). Es geschieht dies nicht in der Absicht, beim heutigen Netz der Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. II.

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638 Schweizerischen Bundesbahnen wiederum Diatanzzuschläge einzuführen, son* dem lediglich im Hinblick darauf, dass allenfalls später weitere Privatbahnen vom Bund übernommen werden müssen, die heute noch sehr hohe Entfernungszuschläge erheben, deren vollständige Abschaffung aber nicht tragbar wäre.

Die Frage einer Verstaatlichung weiterer Privatbahnen sowie die Frage einer allfälligen Herabsetzung der Entfernungszuschläge der Privatbahnen in Gebirgsgegenden mit Hilfe des Bundes wird gegenwärtig auf Grund von Begehren der Begierungen verschiedener Kantone, besonders aber des Kantons Graubünden, durch eine Expertenkommission einlässlich geprüft. Sollte es auf Grund der Begutachtung durch diese Expertenkommission zur Verstaatlichung weiterer Privatbahnen oder auch nur zu einer Herabsetzung der Entfernungszuschläge " mit Bundeshüfe kommen, so wird die Frage der Erhebung von Distanzzuschlägen aus Gründen der Gleichbehandlung von Grund auf neu überprüft werden müssen. Es soll dann aber bei der Festsetzung von DistanzZuschlägen nicht mehr nur auf die Anlage- und Betriebskosten der in Frage stehenden Strecke abgestellt werden, sondern es wird in erster Linie auch auf den Verkehr der einzelnen Strecken Bücksicht genommen werden müssen.

Entfernungszuschläge sollen darnach nur für Strecken in Frage kommen, die im Verhältnis zu ihren Anlage- und Betriebskosten einen zu schwachen Verkehr auf weisen.

Zahlreiche Konzessionen, in erster Linie die älteren, vor der Verstaatlichung erteilten Konzessionen, sehen besondere von denjenigen der Bundesbahnen abweichende Höchsttaxen vor und gestatten ausserdem noch auf einzelnen Strecken die Berechnung von Entfernungszuscblägen. Entfernungszuschläge sind aber auch in neueren Konzessionen vorgesehen, nach denen die Eisenbahnen zur Anwendung der Grundtaxen der Schweizerischen Bundesbahnen " verpflichtet sind. Alle diese Entfernungszuschläge stellen ein konzessionsmässiges Recht der betreffenden Eisenbahnunternehmungen, dar, das ihnen nach Absatz 4 auch in Zukunft belassen sein soll. Um die Beteiligung der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen an direkten Tarifen mit den Grundtaxen der Bundesbahnen zu ermöglichen, sollen diese Unternehmungen ausserdem noch besondere Distanzzuschläge geraäss Artikel 23 des Beschlussesentwurfes berechnen dürfen.

Die mehr technischen
Vorschriften über die Ermittlung der wirklichen Entfernungen und über das Verfahren für die Berechnung der massgebenden Tarifdistanzen sollen zwar auch für alle Unternehmungen gleich sein, doch sind sie nur von untergeordneter Bedeutung/ so dass deren Erlass sehr wohl dem Postund Eisenbahndepartement überlassen werden kann (Abs'atz 5).

Art. 6 d. Menge Der hier aufgestellte Grundsatz über die Berechnung der Fracht nach der Menge (Gewicht oder Stückzahl) entspricht der bisherigen Eegelung. Schon heute

639 wird nicht in allen Fällen auf das Gewicht abgestellt, sondern es erfolgt insbesondere bei kleineren Unternehmungen, die nicht über die nötigen Wägeeinrichtungen verfügen, sowie auch bei der Beförderung von Gepäck durch lokale Transportunternehmungen die Berechnung der Fracht auf Grund der Stückzahl.

Bei den gemäss Absatz 2 vom Post- und Eisenbahndepartement aufzustellenden Eichtlinien über die Ermittlung des für die Frachtberechnung massgebenden Gewichts handelt es sich insbesondere um Vorschriften über die Aufrundung des wirklichen Gewichts zur Ermittlung des taxpflichtigen Gewichts und über die Festsetzung von Mindesttaxgewichten.

Art. 7 e. A u f r u n d u n g des Beförderungspreises Während heute beim Personen-, Gepäck-, Expressgut- und Tierverkehr die Beförderungspreise auf 5 Eappen und im Güterverkehr die Fracht auf 10 Eappen aufgerundet wird, sieht Absatz l die Möglichkeit vor, dass bei der Ermittlung aller Beförderungspreise auf die nächsten 10 Eappen aufgerundet werden kann. Abgesehen davon, dass die Aufruuduug auf 10 Eappen eine Erleichterung des Kassen- und Kechnungsdienstes bringt, lässt sich diese auch im Hinblick auf den heutigen Geldwert sehr wohl rechtfertigen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Eisenbahnen zur Erzielung der dringend notwendigen Mehreinnahmen schon bald von dieser Möglichkeit Gebrauch machen und die Beförderungspreise allgemein auf 10 Eappen aufrunden werden, zumal diese bescheidene Erhöhung im einzelnen Fall keine nennenswerte Mehrbelastung des Bahnbenützers darstellt.

Die in A b s a t z 2 vorgesehene Möglichkeit einer Aufrundung auf noch höhere Beträge bei Gewährung von Fahrpreis- und Frachtermässigungen entspricht der bisherigen Praxis.

Art. 8 /. M i n d e s t f r a c h t e n Die vorgesehene Mindestfracht von einem Franken für eine Gepäck-, Expressgut-, Eil- oder Frachtgutsendung (Absatz 1) ist etwas höher angesetzt als die gegenwärtig erhobene Mindestfracht von 80 Eappen. In den neuen Gütertarifen ist eine Mindestfracht für Eilgut von einem Franken und für Frachtgut von 80 Eappen vorgesehen. Die Mindestfracht von 11 Franken für eine Tiersendung der höchsten Klasse (Absatz 2) entspricht der heute geltenden Eilfracht für Tiere der Klasse I, während die heutige Eilfracht für Tiere der Klasse IV nur l Franken 85 beträgt. Unter Berücksichtigung der den Eisenbahnen gerade für diese Kleinsendungen erwachsenden Betriebskosten sind die vorgesehenen Mindestfrachten als durchaus angemessen zu bezeichnen.

640 Art. 9 g. Zuschläge für Sonderleistungen Wie schon bisher nach Artikel 8, Absatz 2, Artikel 18, Absatz 7, und Artikel 19 des Tarifgesetzes sollen die Eisenbahnen auch in Zukunft für Sonderleistungen Zuschläge zu den Beforderungspreisen erheben dürfen.

Zweiter Abschnitt Tarifbildtmg der Schweizerischen Bundesbahnen A, Beförderung von Personen Art. 10 Höhe der Grundtaxen Die i n A b s a t z l vorgesehene Gründtaxe von 11 Eappen pro Tarif kilometer einfacher Fahrt für die Beförderung in der 8. Wagenklasse ist um 10% höher angesetzt als die seit Einführung der neuen Personentarife auf 1. Februar 1948 bis auf eine Entfernung von 150 Tarifkilometern tatsächlich erhobene Grundtaxe, Grundsätzlich haben somit die Eisenbahnen noch die Möglichkeit, ihre heutige Grundtaxe etwas zu erhöhen, womit auch dein vom Nationalrat in der vergangenen Junisession angenommenen Postulat Rechnung getragen wird, das den Bundesrat einlädt, unverzüglich Massnahmen zu ergreifen bzw. vorzubereiten, durch die alle Möglichkeiten der Eigenwirtschaftlichkeit der Bundesbahnen ausgeschöpft werden.

Um den Eisenbahnen bei der Tarifgestaltung noch eine gewisse Beweglichkeit zu lassen, ist darauf verzichtet worden, auch die nach dem geltenden Staffeltarif angewendeten Grundtaxen für Strecken von 151 bis 200 Tarifkilometern (6 Rappen) und von 201 und mehr Tarifkilometern (4 Rappen) im Bundesratsbeschluss festzulegen. Aus den gleichen Gründen ist auch die Grundtaxe von 11 Rappen nicht als absolute Höchsttaxe, sondern nur als «durchschnittlicher» Einheitssatz festgesetzt worden. Ohschon damit die Höchsttaxe nicht mehr genau festgelegt ist, -- sie ist es übrigens schon nicht mehr seit Erlass des Vollmachtenbeschlusses vom 24. März 1947 über die Erhebung von Taxzuschlägen (AS 63, 208) -- lässt sich diese vermehrte Freiheit bei der Festsetzung der Grundtaxen sehr wohl auch dadurch rechtfertigen, dass die Befürchtungen aus der Monopolzeit, die Eisenbahnen würden zu hohe Taxen festsetzen, seit dem Auftreten der Konkurrenz in Wegfall gekommen sind.

Das Verhältnis der Grundtaxen in den verschiedenen Wagenklassen beträgt nach dem heute geltenden Personentarif 1:1, 4:2, während in Absatz 2 das Verhältnis von 1:1, 5 : 2 vorgesehen ist. Es wäre darnach also noch eine Erhöhung der Grundtaxe für die 2. Wagenklasse möglich. Ob es notwendig oder
angezeigt ist, eine solche Erhöhung vorzunehmen, ist eine offene Frage, die allenfalls mit der Frage der Verbesserung der Finanzlage der Eisenbahnen auch noch zu prüfen sein wird.

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Ebenso ist auch die für die Hin- und Bückfahrt vorgesehene Ermässigung auf dem doppelten Fahrpreis einfacher Fahrt (Absatz S) nicht so hoch angesetzt, wie sie nach dem heutigen Tarif mit 25 % gewährt wird. Der vorgesehene Betourrabatt von 20%, wie er schon vor dem ersten Weltkrieg gewährt, im Herbst 1917 aber abgeschafft worden ist und seit 1. Januar 1924 von den Bahnen freiwillig wieder gewährt wird, stellt bereits eine sehr weitgehende Ermässigung dar, wenn man bedenkt, dass in andern Ländern Europas vielfach ein Betourrabatt überhaupt nicht gewährt wird.

Art. 11 Fahrpreisermässigungen Die hier vorgesehene Verpflichtung zu bestimmten Fahrpreisermässigungen liegt in der Linie des in Artikel 2 aufgestellten allgemeinen Grundsatzes und entspricht auch den bisherigen Verpflichtungen gemäss den Artikeln 9 und 10 des Tarifgesetzes. Die Verpflichtung zu Fahrpreisermässigungen für Kinder, wie sie noch in Artikel 8, Absatz 4, des Tarifgesetzes vorgesehen war, braucht nicht mehr in den neuen Bundesratsbeschluss übernommen zu werden, nachdem diese Fahrvergünstigung im Transportreglement (Art. 44), dessen Anwendung in Artikel l, Absatz l, ausdrücklich vorbehalten wird, bereits vorgesehen ist.

Art. 12 Beförderungsioeg Diese Bestimmungen über den Beförderungsweg entsprechen der heute geltenden tarifarischen Begelung. Der Vorschrift, dass im Entfernungszeiger für den Personenverkehr nicht nur die Tarifentfernung für die kürzeste Boute, sondern auch für die andern gebräuchlicherweise in Frage kommenden Wege enthalten sein müssen (Absatz 1), kommt beim heute ausgeprägteren Staffeltarif vermehrte Bedeutung zu.

Das Zugeständnis, dass die über den längeren Weg gültigen Fahrausweise auch zur Fahrt über einen kürzeren Weg anerkannt werden, gilt nur, wenn beide Wege über Strecken der Schweizerischen Bundesbahnen führen (Absatz 2) und kann nicht auch auf Strecken konzessionierter Eisenbahnen ausgedehnt werden, weil dies die Abrechnung unter den verschiedenen Bahnverwaltungen allzusehr erschweren würde.

B. Beförderung von Reisegepäck und Expressgut Art. 18 Höchstfrachtansätze Die für Reisegepäck und Expressgut festgesetzten Höchstfrachtsätze (30% mehr als für Eilgut) entsprechen ungefähr den heute in den Tarifen vorgesehenen Taxen. Wir erachten es aber wie bei den Grundtaxen für die Personen-

642 beförderung für angezeigt, diese Höchstfrachtsätze nicht als absolute, sondern als «durchschnittliche» Ansätze vorzusehen, um damit den Eisenbahnen noch eine gewisse Freiheit in der Gestaltung der Gepäck- und Bxpressguttarife einzuräumen.

Art. 14 Ermässigung für Traglasten Die Eisenbahnen waren früher sowohl auf Grund des Transportreglements als auch nach dem Tarifgesetz oder ihren Konzessionen zur Gewährung einer Ermässigung für sogenannte Traglasten verpflichtet. Im neuen Transportreglement vom 24. Juni 1949 ist diese Verpflichtung nicht mehr enthalten, weil der Gesetzgeber glaubte, dass es genügen durfte, wenn sie in den Konzessionen und im Tarifgesetz und später in den neuen allgemeinen Grundsätzen für ..die Tarifbildung vorgesehen sei. Die frachtfreie Beförderung bis zu 25 kg (Absatz 1) und die Beschränkung der Prachtermässigung auf Sendungen im Gewicht von höchstens 50 kg entspricht der bereits heute im Tarif vorgesehenen Eegelung, die seinerzeit von der Kommerziellen Konferenz gutgeheissen worden ist. Wir erachten es nicht für angezeigt, auch die für das 25 kg übersteigende Mehrgewicht zu gewährende Ermässigung genau festzusetzen, und glauben, es den Eisenbahnen überlassen zu dürfen, den Umfang einer «angemessenen Ermässigung» selbst zu bestimmen. Gegenwärtig beträgt die Ermässigung, wie die freiwillige Ermässigung für das sogenannte Mustergepäck, 331/a% auf der gewöhnlichen Gepäckfracht.

Art. 15 Beförderungsweg Für die Beförderung von Beisegepäck und Expressgut sollen wie für die Personenbeförderung die Tarifentfernungen nicht nur für die kürzeste Boute sondern auch für alle gebräuchlicherweise in Frage kommenden Wege im Entfernungszeiger angegeben werden. Es ist nach Artikel 71, Absatz 2 und Artikel 97, Absatz 2, des Transportreglements Sache des Beisenden bzw. des Absenders den Beförderungsweg anzugeben. Wird der Beförderungsweg nicht angegeben, so wählt die Eisenbahn denjenigen Weg, der ihr als der günstigste erscheint.

C. Beförderung von lebenden Tieren

Art. 16 Höchstfrachtsätze Die vorgesehenen Höchstfrachtsätze von 60 Bappen pro Tier und Kilometer in der höchsten Klasse und von 10 Bappen in der niedrigsten Klasse sind etwas höher angesetzt als die heute geltenden Grundtaxen, die unter Hinzurechnung der gegenwärtigen Taxzuschläge ca. 50 bzw. 6 Bappen betragen.

Die Möglichkeit einer Erhöhung der Höchstfrachtsätze im Tierverkehr erweist

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sich im Hinblick auf die Finanzlage der Bahnen bei der noch bevorstehenden Neugestaltung des Tiertarifs als unbedingt notwendig.

Art. 17 Beförderungsweg Für die Beförderung von lebenden Tieren ist vielfach auch nicht der kürzeste Weg der geeignetste. Der Absender hat nach Artikel 114, Absatz 2, des Transportrèglements den Weg selbst zu bezeichnen, der ihm als der geeignetste erscheint.

Der Tarifzeiger muss deshalb die Entfernungen nicht nur über die kürzesten, sondern auch über die als geeignet in Frage kommenden Wege angeben.

D. Beförderung von Gütern

Art. 18 Höchsijracliteütze Bei der von der Kommerziellen Konferenz beschlossenen Neugestaltung der S t ü c k g u t t a r i f e ist das bisherige Werttarifsystem mit den 2 Stückgutklassen fallen gelassen und durch ein Gewichtssystem mit 8 Klassen von l bis 500 kg, 501 bis 1000 kg und über 1000 kg-ersetzt worden. Die in Absatz l für die drei Gewichtsklassen vorgesehenen Ansätze der Abfertigungsgebühren und der Streckentaxen sind allerdings etwas höher angesetzt worden, als dies in der Vorlage an die Kommerzielle Konferenz vorgesehen war, und zwar deshalb, weil damit zu rechnen ist, dass zur Erzielung von Mehreinnahmen eventuell noch das ganze Gütertarifschema etwas erhöht werden muss.

Für die Wagenladungen sind lediglich die Grundtaxen für die vier Normalklassen aufgenommen worden, indem es wie schon bisher nach dem geltenden Tarifgesetz den Bundesbahnen überlassen werden soll, die Höhe der Grundtaxen für die an Stelle der Ausnahmetarife tretenden Ausnahmeklassen, zu denen sie gemäss Artikel 21 verpflichtet sind, festzusetzen. Die vorgesehenen Grundtaxen der Normalklassen entsprechen genau der Vorlage an die Kommerzielle Konferenz, doch wird eine allfällige Erhöhung derselben dadurch möglich sein, dass es sich bei diesen Ansätzen auch wieder um «durchschnittliche» Höchsttaxen handelt.

Bei der Beratung der neuen Gütertarife in der Kommerziellen Konferenz konnte über das Begehren der Verkehrsinteressenten auf Einführung von ermässigten Frachtsätzen für 15-t-Wagenladungen keine Einigung erzielt werden.

Es wurde deshalb der Entscheid über diese Frage dem Post- und Eisenbahndepartement übertragen. Dieses hat am 5. Mai 1950 entschieden, dass bei der Neugestaltung der Gütertarife neben deri Frachtsätzen für 5- und 10-t-Wagenladungen auch solche für 15-t-Wagenladungen eingeführt werden sollen. Diesem Entscheid entsprechend sind denn auch in Absatz l Frachtsätze für 5-, 10- und 15-t-Wagenladungen vorgesehen worden. Massgebend für die Einführung der 15-t-Erachtsätze waren insbesondere nachstehende'Erwägungen.

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Die Schaffung eines ermässigten Frachtsatzes für 15-t-Ladungen führt zu einer besseren Wagenausnützung und muss deshalb betriebswirtschaftlich auch vom Standpunkte der Eisenbahnen aus als erwünscht betrachtet werden. Diese Feststellung ist auch von den Eisenbahnunternehmungen, die sich in der Kommerziellen Konferenz gegen die Einführung von 15-t-Frachtsatzen aussprachen, nicht bestritten worden. Nachdem von allem Anfang an mit Eecht geltend gemacht worden ist, dass die Gütertarifreform auch eine bessere Anpassung der Tarife an die Selbstkosten der Bisenbahnen herbeiführen soll, wäre es unseres Erachtens nicht verständlich, wenn dieser Grundsatz, dem die Einführung von 15-t- Sätzen zufolge der damit verbundenen besseren Wagenausnützung entspricht, nicht auch in dieser Frage verwirklicht werden wollte. Die Auswertung des Grundsatzes, dass sich die Selbstkosten der Eisenbahnen im Verhältnis der besseren Wagenausnützung je · Gewichtseinheit vermindern und somit eine billigere Fracht zulassen, hat übrigens schon seit längerer Zeit die Bahnen fast aller unserer Nachbarstaaten veranlasst, bei völliger Ausnutzung der Wagen einen ermässigten Frachtsatz zu gewähren. Damit erhält nämlich auch der Verfrachter ein Interesse an der für die Bahn erwünschten besseren Wagenausnützung. So gilt in Deutschland und Österreich der 16-t-Satz schon seit Jahren als Hauptklasse, während die 5- und 10-t-Sätze als Nebenklassen bezeichnet werden. Auch in Italien werden für einen grossen Teil der Güter 16-t-Sätze gewährt. Zum Zwecke einer möglichst guten Wagenausnützung enthalten die Tarife der französischen Bahnen unter Berücksichtigung der Natur der verschiedenen Güter ein sehr reichhaltiges Gewichtsklassensystem, wobei auch Klassen für 15 und 20 Tonnen bestehen. Für grössere Mengen, z. B. von 60 oder 180 Tonnen (partie en rame), gewähren die französischen Bahnen überdies bei völliger Wagenausnützung noch weitergehende Ermässigungen. Auch noch andere europäische Staaten, wie z. B. Belgien, Dänemark, Schweden, Tschechoslowakei, Polen u. a., kennen in ihren Tarifen schon seit Jahren den 15-t-Satz.

Diesen besonderen Verhältnissen ist in Absatz 2 und 3 dadurch Bechnung getragen worden, dass die 15-t-Fraohtsätze nur für Sendungen in offenen Wagen oder in Privatwagen gewährt werden müssen und dass sie für den direkten Verkehr mit
Schmalspurbahnen sowie für ihren internen Verkehr nicht vorgesehen werden müssen.

Die Nichtgewährung der 15-t-Frachtsätze für ' Transporte auf Schmalspurbahnen hat allerdings zur Folge, dass Transporte in den durch Schmalspurbahnen bedienten Gebirgsgegenden teurer zu stehen kommen als in den von den Bundesbahnen bedienten Landesgegenden. Auf diesen Nachteil ist auch in der Kommerziellen Konferenz besonders vom Vertreter der Forstwirtschaft hingewiesen worden. Die Transporte auf den konzessionierten Eisenbahnen in Gebirgsgegenden sind aber schon durch die Anwendung von Distanzzuschlägen teurer als bei den Bundesbahnen. Wir haben bereits in den Bemerkungen zu Artikel 5 auf diese Frage hingewiesen und dargelegt, dass die Frage einer allfälligen Herabsetzung der Entfernungszuschläge, d. h. eines Abbaus der.überhöhten Tarife in Gebirgsgegenden, von der Expertenkommission für Eisenbahn-

645 Rückkaufsfragen ebenfalls geprüft wird. Diese Kommission wird bei ihren Beratungen und bei der Ausarbeitung allfälliger Vorschläge an den Bundesrat für einen solchen Abbau der Tarife auch die Tatsache mitzuberücksichtigen haben, dass die Nichtanwendung der 15-t-Sätze auf Schmalspurbahnen eine Verteuerung der Transporte in den Gebirgsgegenden darstellt.

Art. 19 Eilgutzuschlag Nach dem Tarifgesetz (Art. 13) kann der Eilgutzuschlag für Stückgut und Wagenladungen höchstens 100% betragen, während in Absatz l und 2 der Zuschlag, entsprechend der Vorlage an die Kommerzielle Konferenz mit höchstens 50% vorgesehen ist. Dabei ist allerdings zu sagen, dass für Wagenladungen die Eilgutfracht durchwegs auf der Wagenladungsklasse l- berechnet wird.

Art. 20 Eimeihung der Güter Diese Bestimmung bringt eine Konkretisierung des in Artikel 2 enthaltenen allgemeinen Grundsatzes, dass boi dor Tariforstollung auf die volkswirtschaftlichen Verhältnisse des Landes Eücksicht genommen werden soll. Hochwertige Güter, insbesondere Fertigfabrikate, sollen darnach also in die höhern, Halbfabrikate und Eohstoffe dagegen eher in die niedrigeren Klassen eingereiht werden, wie dies schon in Artikel 18, Absatz 8, des Tarifgesetzes vorgeschrieben war.

Art. 21 ÂusnahmeMassen A b s a t z l geht in der Anwendung des in Artikel 2 aufgestellten allgemeinen Grundsatzes noch einen Schritt weiter als Artikel 20 über die Einreihung der Güter nach dem Wert und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und verpflichtet die Bundesbahnen, wie bisher Artikel 14, Absatz l, des Tarifgesetzes, zur Schaffung von Ausnahmeklassen für Wagenladungen mit ermässigten Frachtsätzen zugunsten von Industrie, Gewerbe, Handel sowie der Land- und Forstwirtschaft.

Nach Absatz 2 kann allerdings die Gewährung der ermässigten Frachtsätze der Ausnahmeklassen von Bedingungen abhängig gemacht werden.

Eine solche Bedingung kann z. B. in der in Artikel 183, Absatz l, des Transportreglements vorgesehenen Beschränkung des Schadenersatzes bei Ausnahmetarifen bestehen. Auch die schon heute bei einzelnen Ausnahmetarifen angewendete sogenannte Automobilklausel kann als eine solche Bedingung vorgesehen werden. Solange nämlich das Problem der Verkehrskoordination nicht befriedigend gelöst ist, wird man von den Eisenbahnen billigerweise nicht verlangen dürfen, dass sie die kaum noch die Selbstkosten deckenden Frachtsätze bei den Ausnahmeklassen auch jenen Verfrachtern gewähren, welche die höher tarifierten Güter (Fertigfabrikate) durch das Automobil befördern /lassen.

646 Dritter A b s c h n i t t

Tarifbildung der konzessionierten Eisenbannunternehmungen

Art. 22

Höchstgrundtaxen Absatz l stellt zunächst den Grundsatz auf, dass für diejenigen konzessionierten Eisenbahnunternehmungen, die nach ihrer Konzession zur Anwendung des SBB-Tarifschemas verpflichtet sind, die in den Artikeln 10 bis 21 aufgeführten Tarifbildungsvorschriften gelten.

A b s a t z 2 enthält die Zuschläge, welche die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen zu den in ihren Konzessionen vorgesehenen Höchsttaxen erheben dürfen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den konzessionsmässigen Höchsttaxen, die vor dem 1. Januar 1921, und denjenigen, die in der Zeit vom 1. Januar 1921 bis 31. Dezember 1947 festgesetzt worden sind. Bei den erstgenannten setzt sich die prozentuale Erhöhung aus derjenigen des Bundesbeschlusses vom 25. Juni 1920 und derjenigen des Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949..zusammen, während boi den letztgenannten die zugestandenen Tariferhöhungen lediglich der Höhe der durch den Bundesbeschluss vom 27. Oktober 1949 vorgesehenen Taxzuschläge entsprechen.

Art. 28

Anwendung der Bundesbahn-Grundtaxen Diese Bestimmung bestätigt die schon seit Jahren eingeführte Möglichkeit, dass Eisenbahnen mit besonderen konzessionsmässigen Höchsttaxen, wenn sie die Grundtaxen der Bundesbahnen anwenden wollen, diejenigen Entfernungszuschläge berechnen dürfen, die zur Erreichung ihrer konzessionsmässigen Höchsttaxen (Art. 22, Abs. 2) notwendig sind. Um diesen Unternehmungen die Anwendung der SBB-Grundtaxen zu erleichtern, sind ebenfalls schon bisher Überschreitungen der konzessionsmässigen Höchsttaxen, soweit sie nur auf die in den Grundtaxen der Bundesbahnen eingerechneten Abfertigungsgebühren zurückzuführen sind, als zulässig erklärt worden.

Vierter

Abschnitt

Direkte Tarife Art. 24

Erstellung direkter Tarife Nach dem Bundesgesetz vom 28. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft sind die Eisenbahnen nicht nur verpflichtet, sich gegenseitig den technischen und Betriebsanschluss zu gestatten (Art. 30), sondern sie haben auch die für den

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durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinandergreifender Fahrpläne nötigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit einzuführen, sowie direkte Expeditionen im Personen- und Güterverkehr unter Gestattung des Überganges der Güter- und Viehwagen von einer Bahn auf die andere einzurichten. Unter der Einrichtung direkter Expeditionen im Personen- und Güterverkehr ist die Besorgung des direkten Verkehrs zu verstehen, bei welchem die Beförderung, auch wenn sie über Strecken verschiedener Bahnverwaltungen führt, auf Grund eines und desselben Beförderungsvertrages erfolgt. Im Personen- und Gepäckverkehr, wo der Beförderungsprois in jedem Fall auf der Abgangsstation bezahlt werden musa, schhesst die Verpflichtung zum direkten Verkehr gleichzeitig auch die Pflicht zur Erstellung direkter Tarife in sich, während im Güterverkehr die direkte Abfertigung auch ohne direkte Tarife möglich ist.

Während so die Verpflichtung zur Einrichtung des direkten Verkehrs bereits im Eisenbahngesetz vorgesehen ist, scheint es uns angezeigt, die Erstellung direkter Tarife nach der formellen Seite im Eahmen der Vorschriften über die Tarifbildung zu ordnen. Gemäss Absatz l sollen die direkten Tarife, wie schon bisher, von der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen als geschäftsführender Verwaltung der Kommerziellen Konferenz im Einvernehmen mit den beteiligten konzessionierten Eisenbahnunternehmungen erstellt werden. Im allgemeinen haben sich die Eisenbahnverwaltungen bisher meistens selbst über die Erstellung der direkten Tarife einigen können. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so hätte das Post- und Eisenbahndepartement, bzw. das Amt für Verkehr, schon bisher im Bahmen der Tarifgenehmigung die Vermittlerrolle übernehmen müssen. Absatz 2, der das Post- und Eisenbahndepartement in jenen Fällen zum Entscheid als zuständig erklärt, in denen sich die Eisenbahnunternehmungen mit den Bundesbahnen über die Erstellung oder Änderung direkter Tarife nicht einigen können, stellt somit nur eine Bestätigung eines Grundsatzes dar, der an sich bereits indirekt in Artikel 12 des Transportgesetzes bzw. Artikel 15 des Transportreglementes enthalten ist.

Art. 25 Direkte Personen-, Gepäck-, Expressgut- und

Tiertarife

Im Interesse einer möglichst weitgehenden Vereinfachung im Tarifwesen der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen wäre es an sich erwünscht, wenn im direkten schweizerischen Verkehr die Beförderungspreise für den Gesamtdurchlauf durchwegs auf Grund des allgemeinen Taxschemas der schweizerischen Transportunternehmungen, d. h. des Taxschemas der Schweizerischen Bundesbahnen, ermittelt werden könnten. Da aber die Anwendung dieses Taxschemas von denjenigen Eisenbahnunternehmungen, für die in den Konzessionen besondere Höchsttaxen vorgesehen sind, nicht verlangt werden kann und zudem verschiedene Unternehmungen zufolge ihrer besonderen Verhältnisse nicht ohne Schwierigkeiten dieses Taxschema anwenden könnten, muss im

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direkten Personen-, Gepäck-, Expressgut- und Tierverkehr die Bildung der Beförderungspreise auch durch Taxanstoss ab den nach den internen Tarifen der beteiligten Transportunternehmungen in Frage kommenden Übergangspunkten zugelassen werden (Absatz 1).

Absatz 2 regelt, -wie Artikel 12, 15 und 17 des vorliegenden Bundesratsbeschlusses für die Bundesbahnen, den Beförderungsweg im direkten Verkehr verschiedener Eisenbahnunternehmungen. Es kann den Eisenbahnen jedoch nicht zugemutet werden, in den direkten Tarifen ausser den Distanzen und Beförderungspreisen über die kürzeste Eoute in jedem Fall auch die Distanzen und Beförderungspreise über alle in Frage kommenden Wege vorzusehen, insbesondere dann nicht, wenn solche Beförderungswege über Strecken konzessionierter Eisenbahnunternehmungen führen, die nicht das allgemeine Taxschema anwenden, bei denen also für die Berechnung der Beförderungspreise die nach ihren internen Tarifen anwendbaren Taxen angestossen werden müssen. Die direkten Tarife müssen deshalb nach Absatz 2 nicht unbedingt die Distanzen und Beförderungspreise über alle neben der kürzesten Eoute in Frage kommenden Wege vorsehen.

Art. 26 Direkte Gütertarife

Für den direkten Güterverkehr ist, wie bereits erwähnt, die Erstellung di-.

rekter Tarife an sich nicht eine absolute Notwendigkeit, da im Güterverkehr eine direkte Abfertigung auch möglich ist, wenn die Fracht von der Abgangsstation nicht zum vorneherein festgestellt werden kann, sondern für einen Teil der Strecke durch eine Übergangsstation berechnet und in den Frachtbrief eingetragen werden muss. In diesem Fall werden die von der Übergangsstation berechneten Frachtkosten bei frankierten Sendungen auf die Versandstation zurückgerechnet und von dieser erst nachträglich vom Absender erhoben.

Artikel 160, Absatz 4, des Transportreglements sieht deshalb auch vor, dass wenn der Betrag der Kosten, die der Absender nach seiner Frankaturvorschrift übernehmen will, bei der Aufgabe der Sendung nicht genau festgestellt werden kann, die Eisenbahn die Hinterlegung einer entsprechenden Sicherheit fordern darf. Selbstverständlich bedeutet es eine Vereinfachung auch des direkten Güterverkehrs, wenn die Versandstation die Fracht für die gesamte BeforderangsstrecKe berechnen kann. Dies ist im direkten Güterverkehr im allgemeinen nur möglich auf Grund eines direkten Tarifs, bei welchem die allgemeinen Grundtaxen der schweizerischen Transportunternehmungen über alle Linien der am Beförderungsweg beteiligten Eisenbahnunternehmungen durchgerechnet werden. Absatz l sieht deshalb vor, dass die konzessionierten Transportunternehmungen, die sich am direkten Güterverkehr beteiligen wollen, verpflichtet sind, die allgemeinen Tarife der schweizerischen Transportunternehmungen anzuwenden.

Während der Eeisende selbstverständlich seinen Beförderungsweg genau bezeichnet und der Absender von Eeisegepäck, Expressgut und Tieren ver-

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pflichtet ist, diesen vorzuschreiben (Art. 71, Abs. 2; Art. 97, Abs. 2, und Art. 114, Abs. 2, des Transportreglements), ist beim Güterverkehr der Absender nach Artikel 145, Absatz l, des Transportreglements wohl dazu berechtigt, aber nicht verpflichtet. Schreibt der Absender von Eeisegepäck, Expressgut oder Tieren den Beförderungsweg nicht vor, BÖ wählt die Eisenbahn denjenigen Weg, über den die Sendung am schnellsten auf der Bestimmungsstation ankommt, und berechnet auch die Fracht für diesen tatsächlichen Beförderungsweg, wobei dies aber nicht der kürzeste Weg zu sein braucht. Weil dagegen bei der Beförderung von Gütern der Absender den Beförderungsweg nicht anzugeben braucht und ihn die Eisenbahn in diesem Fall frei wählen kann, schreibt Artikel 145, Absatz 2, des Transportreglements noch ausdrücklich vor, dass die Eisenbahn, wenn sie den Beförderungsweg selbst bestimmt, die Fracht über die billigste und die Lieferfrist über die kürzeste Eoute zu berechnen hat. Diese Vorschrift wird i n A b s a t z S wiederholt, weil sie im Zusammenhang steht mit den in den Absätzen 8 bis 11 enthaltenen Bestimmungen über die Verkehrs. teilung der Eisenbahnen untereinander.

Artikel 145 des Transportreglements regelt die Wahl des Beförderungsweges jedoch lediglich im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Absender und Eisenbahn. In Fällen jedoch, wo zwischen der Versand- und Bestimmungsstation verschiedene Beförderungswege bestehen, berührt die Wahl auch das Verhältnis der an der Beförderung interessierten Eisenbahnen untereinander.

Während die Versandbahn, welche die Wahl des Beförderungsweges vorzunehmen hat, aus begreiflichen Gründen sehr gerne eine Eoute wählen möchte, die ausschliesslich oder zum grösseren Teil über ihre Strecken führt, fühlen sich dagegen die an der kürzeren Eoute gelegenen Bahnverwaltungen durch die Wahl dieses längeren Beförderungsweges benachteiligt. Nach der Verstaatlichung der 5 Hauptbahnen waren die Bundesbahnen mit ihrem grossen Netz ganz besonders in der Lage, als Versandbahn den Verkehr weitgehend über ihre eigene, wenn auch längere Eoute zu leiten. Es ist deshalb verständlich, dass schon bei der Verstaatlichung, anlässlich der Aufstellung des Tarifgesetzes der Schweizerischen Bundeshahnen von 1901, Meinungsverschiedenheiten darüber entstanden sind, welcher Verkehrsanspruch den in
das Netz der Schweizerischen Bundesbahnen eingebauten konzessionierten Eisenbahnunternehmungen zu geben sei. In den bundesräthchen Entwurf des Tarifgesetzes wurde aber doch die Bestimmung aufgenommen, dass es den Bundesbahnen frei stehen sollte, den Verkehr zwischen zwei Bundesbahnstationen auf demjenigen Weg zu führen, über den sich die längste Bundesbahnstrecke ergebe. Wohl hätte zwar, wenn der kürzeste Weg über eine nicht zu den Bundesbahnen gehörende schweizerische Bahnstrecke führte, die Bildung direkter Tarife auch über diese kürzere Eoute einer konzessionierten Eisenbahn beansprucht werden können, der Verkehr hätte aber gleichwohl nur dann über diesen kürzeren Weg geleitet werden müssen, wenn der Absender dies im Frachtbrief ausdrücklich verlangt hätte.

Diese Eegelung, die zwar der früheren auf Vereinbarung beruhenden Verkehrsteilung der privaten Eisenbahnunternehmungen entsprach, stellte die Interessen

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der neugeschaffenen Bundesbahnen in den Vordergrund und übersah, dass sich bei der Beibehaltung der bisherigen Begelung der Verkehrsteilung nach der Verstaatlichung der wichtigsten Privatbahnen die Stellung der noch verbleibenden Privatbahnen verschlechterte, indem bei dem grossen Netz der Bundesbahnen die Möglichkeit zur Leitung des Verkehrs auf einem Weg über ausschliesslich Bundesbahnstrecken ungleich grösser war, als früher bei den einzelnen der in die Verstaatlichung einbezogenen Privatbahnen. Während den parlamentarischen Beratungen des Tarifgesetzes wurde deshalb die Bestimmung des bundesratlichen Gesetzesentwurfes über den Verkehrsanapruch der Bundesbahnen zugunsten der verbleibenden Privatbahnen noch etwas verbessert.

Nach Artikel 21 des von den eidgenössischen Eäten schliesslich beschlossenen und bis. heute geltenden Tarifgesetzes kann, wenn für Transporte von oder nach den Bundesbahnen die kürzeste Route ganz oder teilweise über eine nicht zu den Bundesbahnen gehörende schweizerische Bahnstrecke führt und diese geeignete Betriebsverhältnisse und ein gleichwertiges Tarifsystem aufweist, über diese Strecke nicht nur die Bildung direkter Tarife, sondern auch eine billige Teilung des Verkehrs beansprucht werden. Diese Regelung entsprach zwar noch nicht ganz den Wünschen, wie-sie von den Vertretern der Privatbahnen im Ständorat goäussort wurden, sie wurde aber sohliesslich als KompromiBSlösung gleichwohl angenommen, nicht zuletzt deshalb, weil damals noch mit dem Bau weiterer Privatbahnen gerechnet wurde, wodurch weitere Abkürzungen gegenüber Bundesbahnstrecken entstünden. Dies ist in der Folge auch tatsächlich geschehen, indem weitere Privatbahnen gebaut worden sind, durch die die bisher kürzesten Wege über Bundesbahnstrecken abgekürzt worden sind.

Gegen die Regelung der Verkehrsteilung im heutigen Artikel 21 des Tarifgesetzes haben die Privatbahnen schon seit Jahren Stellung genommen und deren Änderung verlangt. Schon bei der Ausarbeitung des Entwurfes zum neuen Transportgesetz und neuerdings wieder anlässlich der Beratungen des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1949 über die Hilfeleistung der privaten Eisenbahnund Schiffahrtsunternehmungen (AS 1950, I, 851) ist in der nationalrätlichen Kommission die gegenwärtige Regelung der Verkehrsteilung beanstandet worden. Es wurde darauf hingewiesen,
dass die Bundesbahnen gestützt auf Artikel 21 des Tarifgesetzes es bisher stets abgelehnt hätten, die Privatbahnen nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung zu behandeln. Die Bundesbahnen beanspruchten nämlich auch dann einen Teil des Verkehrs, wenn sich die kürzeste Gesamtentfernung auf den über Strecken der Privatbahnen führenden Weg ergebe und die konkurrenzierende Linie der Bundesbahnen länger sei. Als typisches Beispiel wurde die Teilung des Güterverkehrs für die Strecke BernBrig/Transit Richtung Iselle erwähnt, wobei die kürzeste Gesamtentfernung über Spiez-Kandersteg-Lötschberg mehr als 100 km kürzer sei als die Bundesbahnstrecke über Romont-Martigny. Obschon dieser Verkehr ausschliesslich von der Lötsohborgbahn geführt wordo, beanspruchten dio Bundesbahnen trotzdem noch einen Teil des Reingewinns aus diesem Verkehr. Ähnlich würden die Verhältnisse, so wurde ausgeführt, auch bei andern Privatbahnstrecken liegen.

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Die Bundesbahnen hätten aber anderseits den Privatbahnen jeden Anteil am Verkehr versagt, sobald die Parallelstrecke der Privatbahnen auch nur um einen Kilometer länger sei als die entsprechende Bundesbahnstrecke, Es müsse deshalb bei der Bevision des Tarifgesetzes, d. h. bei der Aufstellung der neuen Vorschriften über die Tarifbildung der Eisenbahnen, darnach getrachtet werden, dass die Privatbahnen bei der Verkehrsteilung künftig gleich behandelt würden wie die Bundesbahnen.

Als das Amt für Verkehr im Jahre 1946 aiif Wunsch des Verwaltungsrates der Schweizerischen Bundesbahnen die Vorarbeiten für die Aufstellung neuer, das Tarifgesetz ersetzender Vorschriften über die Tarifbildung begann, sind sowohl die Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen als auch die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen eingeladen worden, ihre Vorschläge für die künftige Begelung der Verkehrsteilung unter den Eisenbahnen einzureichen. In einer Eingabe vom 8. November 1948 hat hierauf der Verband Schweizerischer Transportanstalten vorgeschlagen, die Verkehrsteilung so zu regeln, dass der Verkehr im Interesse der Gleichbehandlung aller Eisenbahnen stets der kürzesten Route zu überlassen sei. Dieser Vorschlag wurde von der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen abgelehnt, mit dem Hinweis, dass eine vollständige Überlassung des Verkehrs an die kürzeste Eoute nicht gerecht wäre, weil in vielen Fällen die Privatbahnen auf Grund ihrer Betrieb^verhältnisse gar nicht in der Lage seien, den Verkehr über ihre kürzere Strecke an sich zu ziehen und zu bewältigen. Aus langwierigen Verhandlungen unter der Führung des Amtes für Verkehr ist dann schliesslich die in Absatz 8 bis 11 umschriebene Regelung der Verkehrsteilung hervorgegangen, der nicht nur die bedeutenderen Privatbahnen, sondern auch der Verwaltungsrat der Schweizerischen Bundesbahnen schliesslich zugestimmt haben. Mitbestimmend bei dieser Neuordnung der Verkehrsteilung der Eisenbahnen untereinander war die Einsicht, dass sich seit Erlass des Tarifgesetzes im. Jahre 1901 die Verhältnisse insofern wesentlich geändert haben, als die Konkurrenz der Eisenbahnen unter sich, seit dem Verlust des Transportmonopols der Eisenbahnen vor der Konkurrenz anderer Verkehrsmittel in den Hintergrund getreten ist und dass deshalb Bundesbahnen und Privatbahnen als Träger
des öffentlichen Verkehrs heute eine wahre Schicksalsgemeinschaft bilden, bei der interne Auseinandersetzungen nicht mehr angebracht sind.

Bei den nun vorgeschlagenen Bestimmungen über die Verkehrsteilung handelt es sich wie schon bei Artikel 21 des Tarifgesetzes keineswegs um'eine abschliessende Regelung aller Konkurrenzverhältnisse zwischen Bundesbahnen und Privatbahnen. Wie schon Artikel 21 des Tarifgesetzes den Anspruch auf eine billige Teilung des Verkehrs vom Vorhandensein geeigneter Betriebsverhältnisse auf der kürzeren, über Privatbahnstrecken führenden Boute abhängig machte, so soll nach der vorgeschlagenen Neuregelung auch in Zukunft bei der Zuweisung oder Teilung des Verkehrs auf die Betriebsverhältnisse der Abkürzungsstrecke abgestellt werden. Dabei darf es als gerecht und billig bezeichnet werden, dass bei gleichwertigen Betriebsverhältnissen auf beiden

652 Eouten der Verkehr der kürzeren, über Strecken konzessionierter Eisenbahnunternehmungen führenden Boute überlassen werden soll, sofern deren Abkürzungsstrecke um mindestens 5 Kilometer kürzer ist als die längere Konkurrenzstrecke über die Bundesbahnen (Absatz 3). Die letztere Bedingung lässt sich sehr wohl dadurch rechtfertigen, dass mit der Führung über eine nur um 5 Kilometer längere Strecke unter Umständen grosse betriebliche Vorteile verbunden sein können. Um einen gewissen Anhaltspunkt für die Bestimmung der betrieblichen Gleichwertigkeit von Privatbahnstrecken gegenüber Bundesbahnßtrecken zu geben, ist vorgesehen, dass die betriebliche Gleichwertigkeit ohne weiteres als gegeben anzunehmen ist, wenn es sich bei den Privatbahnstrecken auf der kürzeren Route um Strecken sogenannter Hauptbahnen handelt (Abs. 8, lit. a). Der Begriff der Hauptbahn ist in der Eisenbahngesetzgebung allerdings nicht genau umschrieben, er ergibt sich aber indirekt aus der in Artikel l des Nebenbahnengesetzes vom 21. Dezember 1899 (A.818,42) enthaltenen Umschreibung des Begriffes «Nebenbahnen». Darnach gelten als Nebenhahnen «diejenigen Bahnen und Bahnstrecken, welche vorzugsweise dem Lokalverkehr oder speziellen Verkehrszwecken dienen und nicht den grossen Durchgangsverkehr für Personen und Güter vermitteln». Wenn auch zugegeben werden musa, dass die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenbahnen nicht im Hinblick auf deren Verkehrsteilung vorgenommen worden ist, so scheint uns doch, nach der indirekten Umschreibung des Begriffes «Hauptbahn» die Zuweisung des Verkehrs an die Hauptbahnen, soweit sie an der kürzeren Route liegen, gerechtfertigt zu sein.

Neben den Hauptbahnstreoken können aber noch andere normalspurige Privatbahnstrecken gleichwertige Betriebsverhältnisse wie die Hauptbahnen aufweisen. Es wird jedoch bei diesen in jedem einzelnen Fall untersucht werden müssen, ob gleichwertige Betriebsverhältnisse vorliegen oder nicht. Es ist allerdings anzunehmen, dass dies heute in vermehrtem Masse der Fall sein dürfte, als noch im Zeitpunkt unmittelbar nach der Verstaatlichung. Wir erachten es aber anderseits als notwendig, noch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich jedoch nicht darum handeln kann und darf, diese Gleichwertigkeit der Betriebsverhältnisse nun erst noch durch kostspielige, für den bestehenden
Verkehr nicht notwendige Verbesserungen und Neuanschaffungen herbeiführen zu wollen. Es wäre unseres Erachtens unter den heutigen Verhältnissen geradezu unverantwortlich, wenn einzelne konzessionierte Eisenbahnunternehmungen lediglich im Hinblick auf die Neuordnung ihres Verkehrsanspruches neue Mittel für die Verbesserung ihrer Anlagen und ihres Betriebes aufwenden wollten, um dadurch Verkehr zu erhalten, der heute ohne solche Aufwendungen mühelos und ebenso zweckmässig über die längere Route geführt werden kann. Soweit aber gleichwertige Betriebsverhältnisse unter Berücksichtigung des soeben Gesagten schon heute auch bei normalspurigen Nebenbahnstrecken von Frivatbahnen vorliegen, soll der Verkehr, wenn über sie die um mindestens 5 Kilometer kürzere Route führt, diesem Weg zugewiesen werden (Abs. 3, lit. fc).

653 Es darf auch ala durchaus gerecht bezeichnet werden, dass bei Distanzgleichheit der Verkehr hälftig zu teilen ist, wobei es aber selbstverständlich den beteiligten Verwaltungen überlassen werden soll, allenfalls aus betrieblichen Gründen eine andere Vereinbarung zu treffen (Absatz 4). Wo die Abkürzungsstrecke der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen weniger als 5 Kilonieter kürzer ist, wird der Anspruch für jeden Kilometer, um den sie weniger als 5 Kilometer kürzer ist, um 10% herabgesetzt.

Die Neuregelung des Verkehrsanspruches gemäss Absatz 3 und 4, die eine Besserstellung für die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen bringt, mag einzelne von ihnen vielleicht veranlassen, ihre gegenwärtigen, mit. Distanzzuschlägen gebildeten Tarifentfernungen noch zu kürzen, um dadurch Anspruch auf volle Zuweisung des Verkehrs zu erhalten. Solche Distanzkürzungen sollten jedoch, wenn sie nicht auch aus andern Gründen notwendig sind, soweit als möglich vermieden" werden, denn abgesehen davon, dass damit den Bundesbahnen bisheriger Verkehr entzogen wird, tritt durch solche Distanzkürzungen eine allgemeine Herabsetzung der Beförderungspreise auf den betreffenden Strecken ein, was unter den heutigen Verhältnissen in den meisten Fällen kaum angezeigt sein dürfte. Zwar wird schon die Bestimmung, wonach dio Abkürzungsstrecke mindestens 5 Kilometer kürzer sein muss, den Anreiz zu Distanzkürzungen etwas einschränken. Trotzdem halten wir es für angezeigt, in A b s a t z 5 eine allfällige Änderung, d. h, eine Kürzung der in den vor dem 1. Januar 1951 gültigen Verkehrsteilungsverträgen festgelegten Tarifdistanzen, von der Zustimmung aller an den einzelnen Verträgen beteiligten Verwaltungen abhängig zu machen. Die privaten Eisenbahnuntemehmungen können allerdings an sich von dem ihnen in der Konzession und in Artikel 28 des vorliegenden Bundesratsbeschlusses zugestandenen Recht zur Einführung von Entfernungszuschlägen nach ihrem Gutfinden Gebrauch machen. Nachdem aber die Distanzen auch im Zusammenhang mit der Erstellung der direkten Tarife festgesetzt werden müssen und die Erstellung direkter Tarife gemäss Artikel 24 den Schweizerischen Bundesbahnen im Einvernehmen mit den beteiligten konzessionierten Eisenbahnunternehmungen obliegt, sollen auch die für die direkten Tarife massgebenden Distanzen in gegenseitigem
Einvernehmen festgesetzt werden.

Während nach Absatz 8 die Hauptbahnen und die normalspurigen Nebenbahnen bei gleichwertigen Betriebsverhältnissen, soweit die Abkürzungsstrecke mehr als 5 Kilometer kürzer ist, einen Anspruch auf Zuweisung des ganzen Verkehrs haben, soll jedoch die kürzeste Eoute, wenn sie nicht betrieblich gleichwertige Verhältnisse aufweist, nach A b s a t z 6 lediglich einen Anspruch auf einen Teil des Verkehrs haben. Über die Art der Teilung haben sich die interessierten Verwaltungen selbst zu verständigen. Da nach Absatz 3, lit. b, nur den normalspurigen Bahnen bei gleichwertigen Betriebsverhältnissen ein Anspruch auf Zuweisung des Verkehrs zusteht, sind somit die schmalspurigen Eisenbahnen zum vorneherein von einer Zuweisung des ganzen Verkehrs ausgeschlossen; dies deshalb, weil bei don schmalspurigen Eisenbahnunternehmungen Bundesblatt. 102. Jahrg. Bd. II.

47

654

die Voraussetzung gleichwertiger Betriebsverhältnisse ohne weiteres als nicht erfüllt angenommen worden inuss. Diese Annahme bedeutet keineswegs eine Diskriminierung der Schmalspurbahnen, wie dies anlässlich der Verhandlungen mit den Vertretern der Privatbahnen und der Bundesbahnen behauptet worden ist, sondern sie ist lediglich die Feststellung einer Tatsache, die sich nun einmal notwendigerweise schon aus der technischen Verschiedenheit gegenüber den normalspurigen Eisenhahnen ergibt. Diese Auffassung wird auch durch Artikel 29, Absatz 6, des Eisenbahngesetzes von 1872 bestätigt, wonach für Lokalbahnen sowie für Bahnen im Hochgebirge Abweichungen von der gewöhnlichen Spurweite bewilligt werden können. Daraus geht hervor, dass es sich bei Schmalspurbahnen um Lokalbahnen oder Gebirgsbahnen handelt, für die jedenfalls ein Anspruch auf direkten Verkehr in Konkurrenz zu normalspurigen Bahnstrecken an sich nicht geltend gemacht werden kann.

A b s a t z 7 enthält die Vorschrift, dass in die direkten Tarife keine niedrigeren als die wirklichen Entfernungen eingerechnet werden dürfen. Diese Bestimmung gilt nicht nur für die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen, sondern auch für die Schweizerischen Bundesbahnen, die somit ihren Verkehrsanspruch überhaupt nicht durch eine Änderung ihrer Tarifdistanzen beeinflussen können, da sie nach Artikel 5, Absatz 3, die Tarifentfernung grundsätzlich nach der wirklichen Bahnlänge zu berechnen haben. Um eine illoyale Konkurrenz zwischen den Eisenbahnen auszuschliessen, wird in Absatz 7 noch weiter vorgeschrieben, dass interne Tarifmassnahmen der Bahnverwaltungen, wodurch Transporte von dem im direkten schweizerischen Güterverkehr vereinbarten Leitungsweg abgelenkt werden, nicht zulässig sind.

Im internationalen Güterverkehr wird die Verkehrsleitung schon heute nicht durchwegs nach den gleichen Grundsätzen wie im intern-schweizerischen Verkehr geregelt. Es sollen deshalb gemäss Absatz 8 auch in Zukunft über den Verkehrsanspruch der einzelnen Bahnverwaltungen im internationalen Güterverkehr die in den betreffenden Tarif verbänden getroffenen besondern Vereinbarungen gelten.

Wie schon durch Artikel 21, Absatz 4, des Tarifgesetzes, wird auch durch Absatz 9 den konzessionierten Eisenbahnuntornehmungen ihr bisheriger Besitzstand hinsichtlich des Verkehrsanspruches
gewährleistet, d. h. sie sollen nach den neuen Bestimmungen über die Verkehrsteilung zumindest nicht schlechter gestellt werden als bisher.

Betriebliche Gründe und das Bestreben, den Verkehr im Konkurrenzkampf mit, der Strasse der Schiene zu erhalten, haben schon bisher in gewissen Fällen dazu geführt, den Verkehr nicht über die in den Verkehrsteilungsverträgen vereinbarte, sondern über eine längere aber betrieblich günstigere Eoute zu führen.

Absatz 10 sieht diese Möglichkeit auch in Zukunft vor, wobei es aber nicht im Beheben der an der längeren Eoute interessierten Balmverwaltung steht, die Güter über diesen Weg zu führen, sondern es bedarf dazu einer Vereinbarung mit den interessierten Verwaltungen, deren Verkehrsansprüche grundsätzlich

655 vorbehalten bleiben. In den Fällen aber, in denen vereinbarungsgemäss der Verkehr nicht über die anspruchsberechtigte Route, sondern über einen betrieblich günstigeren Weg geleitet wird, sollen die an der Beförderung über die letztere Boute beteiligten Bahnverwaltungen nicht nur, wie bisher, Anspruch auf die auf der kürzeren Boute eingesparten, sondern auf die ihnen durch die Beförderung tatsächlich selbst erwachsenden Traktionskosten haben. Es ist ausserdem durchaus gerecht, dass diese Bahnverwaltungen ausser ihren Traktionskosten noch einen Teil am Beingewinn erhalten, der mit 10% sicher nicht zu hoch bemessen ist.

Schon unter der Herrschaft des Artikels 21 des Tarifgesetzos konnte in einzelnen Fällen eine Einigung über die Teilung des Verkehrs nicht erzielt werden, so dass das Post- und Eisenbahndepartement entscheiden musste. In einigen wenigen Fällen ist der Entscheid des Departements auch noch an den Bundesrat weitergezogen worden. Dagegen ist von der nach Artikel 21, Absatz 5, des Tarifgesetzes bestehenden Möglichkeit des Eekurses an die Bundesversammlung bisher nicht Gebrauch gemacht worden. Wir haben deshalb in Absatz 11 das Post- und Eisenbahndepartement als Entscheidungsinstanz vorgesehen.

Dabei versteht sich von selbst, dass nach wie vor gemäss den Bestimmungen über die Organisation der Bundesrechtspflege gegen den Entscheid des Postund Eisenbahndepartements beim Bundesrat Beschwerde erhoben worden kann. Das Bechi des Bekurses an die Bundesversammlung ist dagegen nicht mehr übernommen worden, nachdem sich dafür schon bisher kein praktisches Bedürfnis gezeigt hat. Zu entscheiden sind nicht nur Meinungsverschiedenheiten über den Verkehrsanspruch selbst, sondern auch solche über die Festsetzung der Tarifdistanzen (Abs. 5) und über die Leitung des Verkehrs auf einer längeren Boute (Abs. 10).

Fünfter

Abschnitt

Kommerzielle Konferenz Die Artikel 27 bis 29 des vorliegenden Bundesratsbeschlusses enthalten mit nur wenigen Änderungen formeller Natur die Bestimmungen des gegenwärtigen Bundesratsbeschlusses vom 26. Dezember 1919, betreffend Schaffung einer Kommerziellen Konferenz der schweizerischen Transportunternehmungen und der Verkehrsinteressenten. Da sich die Kommerzielle Konferenz vorwiegend mit der Begutachtung der das Verhältnis zwischen den schweizerischen Transportunternehmungen und ihren Benutzern betreffenden Fragen aus dem Gebiete des Tarifwesens zu befassen hat, war es naheliegend, die Vorschriften über die Schaffung und Organisation der Kommerziellen Konferenz auch in den Bundesratsbeschluss über die Tarifbüdung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen aufzunehmen. Materiell brauchten dabei keine Änderungen vorgenom men zu werden, da sich die bisherige Organisation der Kommerziellen Konferenz durchaus bewährt hat.

656 Sechster Abschnitt Übergangs- und Schlussbestimmungen Art. 80 Gemäss Bundesbeschluss vom 27. Oktober 1949 hat der Bundesrat die allgemeinen Grundsätze über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen spätestens bis 31. Dezember 1950 aufzustellen. Diese Frist ist festgesetzt worden, damit gestützt auf die vom Bundesrat aufgestellten Grundsätze möglichst bald die von der Kommerziellen Konferenz bereits beschlossenen neuen Gütertarife in Kraft gesetzt werden können. Der vorliegende Bundesratsbeschluss soll deshalb bereits am 1. Januar 1951 in Kraft treten (Absatz 1). Da durch den vorliegenden Bundesratsbeschluss die bisher in verschiedenen gesetzlichen Erlassen enthaltenen Vorschriften über die Tarifbildung der Schweizerischen Bundesbahnen und der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen ersetzt werden, haben wir es für angezeigt erachtet, diese gesetzlichen Erlasse in Absatz l aufzuführen, damit keine Zweifel über die Ausserkraftsetzung der bisherigen Vorschriften betreffend die Tarifbildung bestehen.

Anlässlich der Beratungen des vorliegenden Bundesratsbeschlusses mit den Vertretern der Eisenbahnen und Verkehrsinteressenten sind Zweifel darüber geäussert worden, ob es rechtlich zulässig sei, die neuen das Tarifgesetz und den Bundesbeschluss vom 25. Juni 1920 betreffend vorübergehende Taxmassnahmen der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen ersetzenden Vorschriften über die Tarifbildung auf dem Wege eines Bundesratsbeschlusses zu erlassen. Selbstverständlich kann ein Gesetz-oder ein allgemeinverbindlicher Bundesbeschluss nicht durch einen einfachen Bundesbeschluss oder gar durch einen Bundesratsbeschluss, sondern nur durch ein Gesetz oder einen allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss geändert oder aufgehoben werden. Das Tarifgesetz der Bundesbahnen ist aber durch ein Gesetz, nämlich durch das Bundesbahngesetz, auf den Zeitpunkt ausser Kraft gesetzt worden, in welchem der Bundesrat, gestützt auf die ihm in Artikel 7, ht. a, des Bundesbahngesetzes erteilte Ermächtigung neue Vorschriften für die Tarifbildung der Bundesbahnen aufstellt und diese von den eidgenössischen Bäten genehmigt sind. Dies geschah in der Form, dass dem Bundesrat die Kompetenz erteilt wurde, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung, die allgemeinen Grundsätze für die Tarifbildung aufzustellen,
und dass durch Artikel 22, lit. d, die mit dem neuen Gesetz in Widerspruch stehenden Bestimmungen anderer Gesetze aufgehoben werden.

Für die Tarifbildung der Privatbahnen bilden Artikel 11 und 12 des Bundesgesetzes vom 11. März 1948 über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen die Grundlage zum Erlass der entsprechenden Ausführungsbestimmungen.

Mit dem Inkrafttreten dieser und der andern, bereits erwähnten neuen Vorschriften wird der BundesbüBchluss vom 25. Juni 1920 tatsächlich ersetzt, obschon die Aufhebung für diesen Zeitpunkt im Bundesgesetz nicht ausdrücklich erwähnt worden ist. Dann kommt aber einer Erklärung über seine Ausserkraftsetzung nur noch deklaratorischer Charakter zu, wodurch von dieser Tat-

657

sache Kenntnis gegeben wird. Unter diesen Umständen halten wir dafür, dass es genügt, wenn die Bundesversammlung als diejenige Behörde, die seinerzeit den Bundesbeschluss vom 25. Juni 1920 erlassen hat, diese Tatsache in einfachem Bundesbeschluss bekanntgibt, damit in Artikel 30, Absatz l, des Bundesratsbeschlusses darauf Bezug genommen werden kann.

Durch den Erlass des vorgelegten Bundesratsbeschlusses wird Artikel 2 des einfachen Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen EisenbahnUnternehmungen überflüssig, weshalb wir beantragen, ihn mit der Erteilung der Genehmigung an den Bundesratsbeschluss für den Zeitpunkt von dessen Inkrafttreten aufzuheben.

Weil es den Eisenbahnen nicht möglich sein wird, ihre heute geltenden Tarife bereits schon auf 1. Januar 1951 den neuen Vorschriften über die Tarif büdung anzupassen und bis zu diesem Zeitpunkt insbesondere auch die von der Kommerziellen Konferenz gutgeheissenen neuen Gütertarife in Kraft zu setzen, haben wir in Absatz 2 eine Übergangsbestimmung aufgenommen, wonach die gegenwärtigen mit den neuen Vorschriften über die Tarifbildung in Widerspruch stehenden Tarife spätestens bis 81. Dezember 1951 angepasst werden müssen.

Wir haben es schliesslich auch für notwendig erachtet, die Möglichkeit zu schaffen, dass bei Eintreten aussergewöhnlicher Verhältnisse eine Anpassung der Tarife über die vorgesehenen Höchstansätze hinaus vorgenommen werden kann, auch ohne dass der Bundesratsbeschluss geändert und wiederum den eidgenössischen Katen, zur Genehmigung unterbreitet werden muss (Absatz 8).

Um durch diese Möglichkeit die im Bundesratsbeschluss festgesetzten Höchstansätze aber nicht illusorisch zu machen, sollen Erhöhungen über die vorgesehenen Ansätze hinaus vom Post- und Eisenbahndepartement wirklich nur bei Eintreten ausserg'ewöhnlicher Verhältnisse und nur vorübergehend bewilligt werden können.

^ ^ * Wir beehren uns, Ihnen gestützt auf Artikel l, Absatz 8, des Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen die Genehmigung des Bundesratsbeschlusses vom 16. August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen gemäss beiliegendem Beschlussesentwurf
zu beantragen.

Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 16. August 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Vizekanzler: Ch. Oser

658

(Entwurf)

Bundesbeschluss Über

die Genehmigung des Bundesratsbeschlusses vom 16. August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 7, Ht. a, des Bundesgesetzes über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 23. Juni 1944 ^und Artikel l des Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 16. August 1950, beschliesst:

Art. l Der Bundesratsbeschluss vom 16. August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen wird genehmigt.

Art. 2 Die mit dem Bundesratsbesehluss vom 16. August 1950 in Widerspruch stehenden Tarife sind spätestens bis 81. Dezember 1951 den neuen Grundsätzen über die Tarifbildung anzupassen.

Art. 3 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlicher Natur und tritt am 1. Januar 1951 in Kraft. Er ist in die Gesetzessammlung aufzunehmen.

Auf diesen Zeitpunkt werden ausser Kraft erklärt: a. der Bundesbeschluss vom 25. Juni 1920 betreffend vorübergehende Taxmassnahmen der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen; 6. Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen.

659 Beilage

Bundesratsbeschluss über

die Tarif Bildung der schweizerischen EisenbahnUnternehmungen (Vom 16. August 1950) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel?, lit.a, und Artikel 22, ht. d, des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1944 über die Schweizerischen Bundesbahnen sowie Artikel 11 und 12 des Bundesgesetzes vom 11. März 1948 über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen, in Vollziehung von Artikel l des Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949 über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen, beschliesst: Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen Art. l 1 Pur die Erstellung der Tarife der Schweizerischen Bundesbahnen Geltungsbereich und der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen gelten, ausser den in Artikel 18 bis 19 und 44 des Beglements vom 24. Juni 1949 über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen aufgestellten Vorschriften, die nachstehenden Bestimmungen.

2 Für die Erstellung der Tarife der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen gelten ausserdem die in ihren Konzessionen über die Erstellung der Tarife enthaltenen Vorschriften, soweit nicht in den nachstehenden Bestimmungen Abweichungen vorgesehen sind.

3 Dieser Beschluss findet sinngemäss Anwendung auf die Erstellung der Tarife der schweizerischen Schiffahrtsunternehmungen. Das Postund Eisenbahndepartement kann jedoch, unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse, in den Konzessionen der Schiffahrtsunternehmungen Abweichungen bewilligen.

Art. 2 Bei der Erstellung der Tarife haben die Eisenbahnunternehmungen Berücksichti auf die volkswirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse des schaftlicher Landes, soweit ihre finanziellen Mittel es gestatten, Bücksicht zu nehmen. kultureller undsozialer Bedürfnisse

660 Für die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen gelten diesbezüglich die konzessionsmässigen Verpflichtungen.

Art. 8 B

1

e

erechnung der Dieförderungs^ Beförderungspreise sind grundsätzlich nach den für die Längen Preise einheit festgesetzten Grundtaxen zu berechnen. Als Längeneinheit gilt a. Allgemeines im allgemeinen der Tarifkilometer. Es können auch mehrere Tarifkilometer zu einer Längeneinheit zusammengefasst werden (Zonentarif).

Bei einfachen Verhältnissen konzessionierter Eisenbahnunternehmungen sind auch Grundtaxen für weniger als einen Kilometer (z. B. Hektometer) oder für bestimmte Betriebsstrecken zulässig.

2 Für regelmässige Beförderungen können auch Pauschalpreise festgesetzt werden.

Art. 4 ii. Grundtaxen

c. Tarifentfernung

1

Die Grundtaxen können auf alle Entfernungen gleich hoch angesetzt (roiner Entfernungstarif) oder mit zunehmender Entfernung ermässigt worden (Staffeltarif).

2 Die Grundtaxen können nach der Schnelligkeit der Beförderung verschieden festgesetzt werden.

3 Die Grundtaxen sind nach der Menge (Gewicht oder Stückzahl) abzustufen.

Art. 5 Bei der Pestsetzung der Tarifentfernung ist von der wirklichen Bahnlänge auszugehen. Bruchteile von Kilometern werden auf einen ganzen Kilometer aufgerundet.

2 Die Tarifentfernung kann auch gebildet werden durch Zusammenzählen von auf Tarifkilometern aufgerundeten Teilentfernungen (Schnittdistanzen) zwischen der Abgangsstation und einer Knotenpunktstation bzw. einer Knotenpunktstation und der Bestimmungsstation.

3 Die Tarifentfernung musa auf dem Netz der Schweizerischen Bundesbahnen der wirklichen Bahnlänge entsprechen. Für Strecken, die im Verhältnis zu ihren Anlage- und Betriebskosten nur einen schwachen Verkehr aufweisen, können jedoch Entfernungszuschläge berechnet werden.

4 Die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen dürfen zu den wirklichen Entfernungen die in den Konzessionen vorgesehenen Zuschläge berechnen. "Wo die Konzessionen besondere Höchsttaxen vorsehen, kann bei Anwendung der Grundtaxen der Schweizerischen Bundesbahnen die Tarifentfernung nach Massgabe von Artikel 28 festgesetzt werden.

1

661 5

Das Post- und Eisenbahndepartement stellt einheitliche Eichtlinien auf über die Ermittlung der wirklichen Entfernungen und über das Verfahren für die Berechnung der massgebenden Tarifentfernungen.

Art. 6 Bei der Berechnung der Fracht ist auf die zu befördernde Menge (Gewicht oder Stückzahl) abzustellen. Für bestimmte Gegenstände können Normalgewichte angenommen werden.

1

d. Menge

2 Das Post- und Eisenbahndepartement stellt Richtlinien auf über die Ermittlung des für die Frachtberechnung massgebenden Gewichts und setzt die Mindesttaxgewichte fest.

Art. 7 1

Ergeben sich bei der Ermittlung der Beförderungspreise Bestbeträge von mindestens einem Bappen, so kann auf die nächsten 10 Bappen aufgerundet werden.

2 Bei Fahrpreis- und Frachtermässigungen können die ermässigten Beträge auf einen höhern Betrag aufgerundet werden.

Art. 8 Die Mindestfracht für eine Gepäck-, Express-, Eil- oder Frachtgutsendung darf 1.-- Franken nicht übersteigen.

1

e. Auffindung des Beförderungspreises

f. Mindestfrachten

2

Die Mindestfracht für eine Tiersendung darf in der höchsten Klasse nicht mehr als 11.-- Franken und in der niedrigsten Klasse nicht mehr als 2.-- Franken betragen. Für die als Beisegepäck oder Expressgut beförderten Tiere gilt die Mindestfracht gemäss Absatz 1.

Art. 9 Für Sonderleistungen (für die Benützung von Schlafwagen, Krankenwagen, Luxuswagen, Luxuszügen usw.; ferner bei Beanspruchung eines ganzen Wagens zur ausschliesslichen Benützung für einzelne Tiere, für die Beförderung mit andern als für den Tiertransport vorgesehenen Zügen, für die Beförderung von Gütern in gedeckten Wagen usw.) können Zuschläge zu den Beförderungspreisen erhoben werden.

g. Zuschläge für Sondeileistungen

662

Zweiter Abschnitt Tarifbildung der Schweizerischen Bundesbahnen A. Beförderung von Personen Höhe der Grundtaxeu

FahrpreisOfiuasalgungc n

Art. 10 Die Grundtaxe einfacher Fahrt darf für die Beförderung in der 3. Wagenklasse durchschnittlich 11 Eappen pro Tarifkilometer nicht übersteigen.

2 Die Grundtaxe für die Beförderung in der 2. Wagenklasso darf höchstens das Anderthalbfache, diejenige für die Beförderung in der 1. Wagenklasse höchstens das Doppelte der Grundtaxe für die 3. Wagenklasse betragen.

3 Für die Hin- und Eückfahrt ist auf dem doppelten Fahrpreis einfacher Fahrt eine Ermässigung von mindestens 20% zu gewähren.

1

Art. 11 Fahrpreisermässigungen sind zu gewähren: a. für regelmässige Fahrten, insbesondere zur Arbeit und zur Schule; b. für Gesellschaften, Schulen und Jugendvereinigungen; c. für die von den zuständigen Behörden angeordneten Transporte von Bedürftigen und für Polizeitransporte.

2 Bei den in Absatz l genannten Fahrvergünstigungen kann hinsichtlich der Preisbildung von den in Artikel 10, Absatz 2 und 3, aufgestellten Grundsätzen abgewichen werden.

1

Art. 12 Beförderungsweg Im Entfernungszeiger für den Personenverkehr sind als Tarifentfernungen zwischen der Abgangs- und der Bestimmungsstation ausser der kürzesten Eoute die gebräuchlicherweise für die Beförderung in Frage kommenden Wege aufzuführen.

3 Bestehen zwischen zwei Stationen mehrere, ausschliesslich über Strecken der Schweizerischen Bundesbahnen führende Beförderungswege, so sind die über den längern Weg gültigen gewöhnlichen Fahrausweise auch zur Fahrt über einen kürzeren Weg anzuerkennen. Für Fahrausweise mit Preisermässigungen oder mit Pauschalpreisen bleibt eine abweichende Eegelung vorbehalten.

x

B. Beförderung von Beisegepäck und Expressgut Art. 18

Höchst-

Die Frachtsätze für Eeisegepäck und Expressgut dürfen durchschnittlich höchstens 80% höher sein als diejenigen für Eilgut (Art. 19).

663 Art. U Die als begleitetes Reisegepäck aulgelieferten einheimischen land- Ermässigung für Traglasten wirtschaftlichen Erzeugnisse und Erzeugnisse der inländischen Heimindustrie sowie Handwerkszeuge für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers sind bis zu 25 kg frachtfrei zu befördern. Für das Mehrgewicht ist eine angemessene Ermässigung auf der Gepäckfracht zu gewähren.

2 Sendungen im Gewicht von mehr als 50 kg sind von dieser Vergünstigung ausgeschlossen.

Art. 15 Eeisegepäck und Expressgut sind über die für den Personenverkehr Beförderungsweg in Frage kommenden Wege (Art. 12) zu befördern.

1

C. Beförderung von lebenden Tieren

Art. 16 Für lebende Tiere sind die Beförderungspreise nach Tiergattungen (Klassen) und Stückzahl abzustufen. Der Frachtsatz darf für die höchste Klasse 60 Kappen und für die niedrigste Klasse 10 Kappen pro Stück und Tarifkilometer nicht übersteigen. Bei eilgutmässiger Beförderung darf ein Zuschlag von 50% berechnet werden.

2 Für die Beförderung lebender Tiere als Reisegepäck oder Expressgut gelten jedoch die in Artikel 13 festgesetzten Höchstfrachtsätze.

1

Höchst-

fachtsätze

Art. 17 Lebende Tiere sind über die hiefür geeigneten, für Expressgut in Beförderungsweg Frage kommenden Wege (Art. 15) zu befördern.

D. Beförderung von Gütern

Art. 18 Die Frachtsätze für die Beförderung von Gütern als Frachtgut (Stüokgut und Wagenladungen) dürfen durchschnittlich folgende Ansätze nicht übersteigen: Stückgut 1

1-500 hg

501-1000 kg

über 1000 kg

Taxen pro 100kg In Kappen

Abfertigungsgebühren . . . .

100

Streckentaxen pro km . . .

5

90 4

80

3,5

Für Kleinsendungen unter 100 kg dürfen die Abfertigungsgebühren je Sendung höchstens 90 Rappen betragen.

Höchst-

frachtsätze

664 Wagenladungen Normalklassen 1

2

S

5t 10 115 t 6t 10 1 15t 5t 10 t 16 t

4 5t 10t 15t

Taxen pro 100 Kg in Rappen

Abfertigungsgebühren 32 32 32 30 30 30 28 28 28 26 26 26 Streckentaxen pro km 2,5 2,0 1,9 2,25 1,8 1,71 2,0 1,6 1,52 1,75 1,4 1,33 2

Die Gewährung der 15-t-Frachtsätze kann auf Sendungen in offenen Wagen und in Privatwagen beschränkt werden. Im direkten Verkehr mit Schmalspurbahnen, die nicht über die für den Übergang und die Beförderung normalspuriger Wagen notwendigen Einrichtungen (Rollschemel) verfügen, kann die Gewährung der 15-t-Frachtsätze weiter eingeschränkt werden.

3 Schmalspurbahnen können, auch wenn sie das Taxschema der Schweizerischen Bundesbahnen anwenden, die Anwendung der 15-tSätze ausschliessen.

Art. 19 Eilgutzuschlag Die Frachtsätze für Eilstückgut dürfen höchstens das Anderthalbfache der für gewöhnliches Stückgut, die Prachtsätze für Eilgut in Wagenladungen höchstens das Anderthalbfache der für die Wagenladungsklasse l vorgesehenen Prachtsätze betragen.

Art. 20 Einreihung der.

Die für Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft wichtigen Güter Eohstoffe und Halbfabrikate sollen nach ihrem Werte und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung in die Normalklassen eingereiht werden.

Art. 21 Ausnahme-

1

Zugunsten von Industrie, Gewerbe, Handel sowie der Land- und Porstwirtschaft sind unter Berücksichtigung ihrer besondern Bedürfnisse Ausnahmeklassen für Wagenladungen mit ermässigten Prachtsätzen zu erstellen.

2 Die Gewährung der ermässigten Frachtsätze der Ausnahmeklassen kann von Bedingungen abhängig gemacht werden.

665

Dritter Abschnitt Tarifbildung der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen

Art, 22 1

Die in Artikel 10 bis 21 aufgeführten Taxgrundlagen für die Schweizerischen Bundesbahnen gelten auch für diejenigen konzessionierten Eisenbahnunternehmungen, deren Konzessionen die Anwendung der Bundesbahntarife vorschreiben.

2 Die übrigen konzessionierten Eisenbahnunternehmungen dürfen ihre Tarife im Rahmen der in den Konzessionen vorgesehenen und um die nachstehenden Ansätze erhöhten Maximaltaxen festsetzen: a. Unternehmungen, deren konzessionsmässige Höchsttaxen vor dem 1. Januar 1921 festgelegt wurden, um durchschnittlich 100% für den Personenverkehr, 190% für den Gepäck- und Expressgutverkehr, 260% für den Tierverkehr und 190% für den Güterverkehr; b. Unternehmungen, deren konzessionsmässige Höchsttaxen in der Zeit vom 1. Januar 1921 bis 31. Dezember 1947 festgelegt wurden, um durchschnittlich 30% für den Personenverkehr, 20% für den Gepäck-, Expressgut-, Tier- und Güterverkehr.

Höchst-

Art. 23 Wo in den Konzessionen besondere Höchsttaxen vorgesehen sind, Anwendung der die Unternehmungen jedoch die Grundtaxen der Schweizerischen Bundes- Bundesbahn-Grundtaxen bahnen anwenden, dürfen diejenigen Entfernungszuschläge berechnet werden, die zur Erreichung der konzessionsmässigen Höchsttaxen (Art. 22, Abs. 2) erforderlich sind. Dabei sind Überschreitungen der konzessionsmässigen Höchsttaxen, soweit sie nur auf die in den Grundtaxen der Bundesbahnen eingerechneten Abfertigungsgebühren zurückzuführen sind, zulässig.

Vierter Abschnitt Direkte Tarife

Art. 24 Die im direkten Verkehr der Schweizerischen Bundesbahnen und Erstellung der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen anwendbaren einheit- direkter Tarife hohen Tarife (Tarife der schweizerischen Transportunternehmungen) werden von der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen als 1

666

geschäftsführender Verwaltung der Kommerziellen Konferenz (Art. 29) im Einvernehmen mit den beteiligten konzessionierten Eisenbahnunternehmungen erstellt.

2 Können sich die Schweizerischen Bundesbahnen und die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen über die Erstellung oder Änderung der direkten Tarife nicht einigen, so entscheidet das Post- und Eisenbahudepartement.

Art. 25 Direkte Peri Im direkten schweizerischen Personen-, Gepäck-, Expressgut- und B EÏpraag^t-TMd Tierverkehr werden die Beförderungspreise für den Gesamtdurchlauf Tiertarife auf (jrun(j des allgemeinen Taxschemas der schweizerischen Transportunternehmungen ermittelt oder durch Taxanstoss ab den nach den internen Tarifen der beteiligten Transportunternehmungen in Frage kommenden Übergangspunkten gebildet.

2 Die direkten Tarife können Distanzen und Beförderungspreise ausser über die kürzeste Route auch über die gebräuchlicherweise für die Beförderung in Frage kommenden Wege vorsehen.

Art. 26 Direkte ütc arfe

1

Im direkten schweizerischen Güterverkehr werden die Grundtaxen ^QJ. schweizerischen Transportunternehmungen über alle Linien der diesem Verkehr beigetretenen Transportunternehmungen durchgerechnet.

Die konzessionierten Transportunternehmungen, die sich am direkten Güterverkehr beteiligen, sind verpflichtet, die allgemeinen Tarife der schweizerischen Transportunternehmungen anzuwenden. Die Frachtberechnung erfolgt auf Grund der Tarifkilometer.

2 Vorbehaltlich einer Eoutenvorschrift des Absenders im Frachtbrief sind die Transportunternehmungen in der Wahl des Beförderungsweges frei. Dabei ist jedoch die Fracht über die billigste und die Lieferfrist über die kürzeste Eoute zu berechnen (Art. 145 des Transportreglements) .

3 Bestehen zwischen Versand- und Bestimmungsstation verschiedene Beförderungswege und führt der kürzeste von ihnen über Strecken mehrerer Bahnverwaltungen, so ist der Verkehr dieser kürzesten Eoute zu überlassen, soweit: a. sie über Strecken konzessionierter Hauptbahnen führt, deren Abkürzungsstrecke mindestens fünf Tarifkilometer kürzer ist als die längere Konkurrenzstrecke, oder i», sie über Strecken konzessionierter normalspuriger Nebenbahnen fülirt, die gleichwertige Betriebsverhältnisse aufweisen wie die Hauptbahnen und deren Abkürzüngsstrecke mindestens fünf Tarifkilometer kürzer ist als die längere Konkurrenzstrecke.

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Bei Distanzgleichheit ist der Verkehr, sofern die beteiligten Verwaltungen nicht etwas anderes vereinbaren, hälftig zu teilen. Ist auf der kürzeren Eoute die Abkürzungsstrecke der konzessionierten Eisenbahnunternehmungen um weniger als fünf Tarifkilometer kürzer, so hat diese Eoute Anspruch: bei einer Kürzung von 4 Tarifkilometern auf 90% des Verkehrs » » » » 8 » » 80% » » » » » » 2 » » 70% » » » » » » l » » 60% » » 5

Sofern auf Grund der vorstehenden Bestimmungen der Verkehr der kürzesten Boute zu überlassen ist, dürfen die in den vor dem 1. Januar 1951 abgeschlossenen Verkehrsteilungsverträgen vereinbarten Tarif distanzen nur mit Zustimmung aller an den einzelnen Verträgen beteiligten Verwaltungen abgeändert werden.

6 Führt die kürzeste Eoute über Strecken mehrerer Bahnverwaltungen, die jedoch nicht gleichwertige Betriebsverhältnisso auf weisen wie die Hauptbahnen, so haben sich die interessierten Bahnverwaltungen über die Teilung des Verkehrs zu verständigen.

7 In die Tarife dürfen keine niedrigeren als die wirklichen Entfernungen eingerechnet werden. Ebenso sind interne Tarifmassnahmen der Bahnverwaltungen, wodurch die Transporte von dem im direkten schweizerischen Güterverkehr vereinbarten Leitungsweg abgelenkt werden, unzulässig.

8 In den internationalen Güterverkehren richtet sich der Verkehrsanspruch der einzelnen schweizerischen Bahnverwaltungen nach den in den betreffenden Tarif vorbänden getroffenen Vereinbarungen.

9 Die vor dem 1. Januar 1951 getroffenen Vereinbarungen über die Teilung des Verkehrs dürfen für die nicht den Bundesbahnen angehörenden schweizerischen Bahnstrecken unter gleichbleibenden Verhältnissen nicht ungünstiger gestaltet werden.

10 Unter Wahrung der Verkehrsansprüche gemäss Absatz 8 bis 9 kann durch Vereinbarungen der Verkehr auch über eine längere Eoute geleitet werden, sofern dies ans betrieblichen Gründen und im Interesse der Verfrachter erwünscht ist. In diesem Fall haben die au der Beförderung über die längere Eoute beteiligten Bahnverwaltungen Anspruch auf die ihnen erwachsenden Traktionskosten und einen Anteil am Beingewinn von mindestens 10%.

11 Kann über den Verkehrsanspruch und über die Fsstsfltzung der Tarifdistanzen (Abs. 3 bis 9) oder über die Leitung des Verkehrs auf der längern Eoute (Abs. 10) im einzelnen Falle eine Verständigung

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unter den beteiligten Bahnverwaltungen nicht erzielt werden, so entscheidet das Post- und Eisenbahndepartement.

F ü n f t e r Abschnitt Kommerzielle Konferenz Aufgabe

Mitglieder

GegchäftaführuDg

Art. 27 Zur Beratung und Begutachtung der das Verhältnis zwischen den schweizerischen Transportunternohmungen und ihren Benutzern betreffenden Prägen aus dem Gebiete des Transport- und Tarifwesens, deren einheitliche Eegelung geboten oder erwünscht ist, bilden die Schweizerischen Bundesbahnen und die konzessionierten Eisenbahnund Schiffahrtsunternehmungen zusammen mit Vertretern der Verkehrsinteressenten eine Kommerzielle Konferenz.

Art. 28 Jede am direkten Verkehr beteiligte Eisenbahn- oder Schiffahrtsunternehmung muss Mitglied der Kommerziellen Konferenz sein. Den übrigen Transportunternehmungen steht der Beitritt zur Kommerziellen Konferenz frei. Beschlüsse der Kommerziellen Konferenz, die im Interesse einer einheitlichen Eegelung getroffen werden, können jedoch vom Post- und Eisenbahndepartement auch für die nicht der Kommerziellen Konferenz beigetretenen Transportunternehmungen als verbindlich erklärt werden.

2 Über die Vertretung der verschiedenen Kreise der Verkehrsinteressenten in der Kommerziellen Konferenz entscheidet das Post- und Eisenbahndepartement .

3 Vertreter des Post- und Eisenbahndepartements nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen der Kommerziellen Konferenz teil.

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Art. 29 Die Geschäftsführung der Kommerziellen Konferenz wird von der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen besorgt.

2 Über die Behandlung der Geschäfte erlässt die Kommerzielle Konferenz eine Geschäftsordnung, die dem Post- und Eisenbahndepartement zur Genehmigung vorzulegen ist.

3 Können sich die Transportunternehmungen und die Verkehrsinteressenten über eine Frage nicht einigen, so können sie diese dem Postund Eisenbahndepartement zum Entscheid unterbreiten.

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Sechster Abschnitt Übergangs- und Schlussbestimmungen Art. 80 1 Dieser Beschluss tritt, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung, am 1. Januar 1951 in Kraft. Gestützt auf Artikel 7, lit, a, und Artikel 22, lit. d des Bundesgesetze über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 28. Juni 1944 treten auf diesen Zeitpunkt : die nicht bereits aufgehobenen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1901 1) betreffend das Tarifwesen der Schweizerischen Bundesbahnen ausser K r a f t .

a. der Bundesratsbeschluss vom 18. Juli 19202), betreffend vorübergehende Taxmassnahmen der schweizerischen Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen; b. der Bundesratsbeschluss vom 26. Dezember 1919 3), betreffend Schaffung einer Kommerziellen Konferenz der schweizerischen Transportunternehmungen und der Verkehrsinteressenten.

3 Mit der Genehmigung dieses Bundesratsbeschlusses werden durch Bundesbeschluss auf den 1. Januar 1951 ausser Kraft erklärt: o. der Bundesbeschluss vom 25. Juni 19204), betreffend vorübergehende Taxmassnahmen der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen; 6. Artikel 2 des Bundesbeschlusses vom 27. Oktober 1949 5) über die Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen; 4 Die mit diesem Beschluss in Widerspruch stehenden Tarife sind spätestens bis 81, Dezember 1951 den vorstehenden Bestimmungen anzupassen.

6 Das Post- und Eisenbahndepartement ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt. Es kann bei Eintreten aussergewöhnlicher Verhältnisse vorübergehend auch Tarife bewilligen, welche die in diesem Beschluss festgesetzten Maximalansätze übersteigen.

Bern, den 16. August 1950.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Max Petitpierre Der Vizekanzler: Ch. Oser

9133

1) AS 18, 790.

AS 36, 396.

4) AS 36, 360.

) AS 1848, II,1508.

6

AS 35, 1029.

Bundesblatt.

102. Jahrg. Bd. II.

48

2

a

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Genehmigung des Bundesratsbeschlusses vom 16. August 1950 über die Tarifbildung der schweizerischen Eisenbahnunternehmungen (Vom 16. August 1950)

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1950

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34

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5875

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.08.1950

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628-669

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