14.046 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den Wald vom 21. Mai 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über den Wald.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2001

P

01.3628

2010

M 10.3124

Forst- und Güterstrassen. Beteiligung des Bundes an den Sanierungsarbeiten (N 14.12.01, Lustenberger) Waldbewirtschaftung für das Klima statt masslose Reservatsziele (N 18.06.10, Flückiger-Bäni; S 16.06.11)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. Mai 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-1474

4909

Übersicht Entwicklungen wie die von gefährlichen Schadorganismen ausgehende Gefahr, der Klimawandel, die mangelnde Holznutzung und die wirtschaftlich schwierige Situation der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer und der Forstbetriebe stellen die Schweizer Waldpolitik vor erhebliche Herausforderungen. Damit die Waldfunktionen und die nachhaltige Waldbewirtschaftung auch zukünftig gesichert sind, muss das Bundesgesetz über den Wald von 1991 punktuell an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden.

Ausgangslage 2008 beschloss das Parlament, nicht auf die vom Bundesrat damals beantragte umfassende Waldgesetzänderung einzutreten. Gewisse Kreise befürchteten eine Aufweichung des starken Schutzes des Waldes (Liberalisierung), während andere gegen die geplanten Änderungen der Bewirtschaftungsvorschriften opponierten.

Entscheidend für den Nichteintretensentscheid war der von den Initianten angekündigte Rückzug der Volksinitiative «Rettet den Schweizer Wald», welche einige dieser Befürchtungen aufgenommen hatte.

2011 hiess der Bundesrat die Waldpolitik 2020 gut. Diese löst die bisherige waldpolitische Grundlage, das Waldprogramm (WAP-CH) aus dem Jahr 2004, ab. Neu werden in der Waldpolitik 2020 insbesondere die Herausforderungen im Bereich Klimawandel angegangen. So sollen z.B. der Wald und die Waldbewirtschaftung zur Minderung des Klimawandels beitragen, indem der nachwachsende Rohstoff Holz vermehrt genutzt und optimal verwendet wird. Weitere Ziele der Waldpolitik 2020, die eine punktuelle Ergänzung des Waldgesetzes notwendig machen, sind die Anpassung an den Klimawandel und der Schutz vor biotischen Gefahren.

Die in der Waldpolitik 2020 ebenfalls enthaltene Biodiversität im Wald ist zugleich Thema der umfassenden Strategie Biodiversität Schweiz, die vom Bundesrat am 25. April 2012 verabschiedet worden ist. In einem Aktionsplan werden die Ziele und Massnahmen der Biodiversitätsstrategie konkretisiert, und der finanzielle Mehrbedarf unter anderem im Bereich Waldbiodiversität wird dargelegt. Die Problematik der zunehmenden Waldfläche wurde mit der Kommissionsinitiative «Flexibilisierung der Waldflächenpolitik» der UREK-S angegangen. Die entsprechenden Änderungen des Waldgesetzes wurden im Frühling 2012 beschlossen und traten am 1. Juli 2013 zusammen mit der geänderten Waldverordnung in Kraft.
Inhalt der Vorlage Das Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 hat sich im Grundsatz bewährt. Die hauptsächlich umstrittenen Inhalte der Änderungsvorlage von 2008 ­ die Lösung von Problemen wie die zunehmenden Waldfläche und die Gewährleistung des naturnahen Waldbaus durch neue Bewirtschaftungsvorschriften ­ sind nicht Teil der Vorlage. Wie oben erwähnt, wurden die Bestimmungen zur Waldfläche in der Zwischenzeit revidiert. Die Vorlage enthält nur Änderungen, die zur Umsetzung der wichtigsten Ziele der Waldpolitik 2020 unumgänglich sind:

4910

­

Biotische Gefahren für den Wald, zum Beispiel durch eingeschleppte Schädlinge wie den Asiatischen Laubholzbockkäfer oder durch die Kastaniengallwespe, nehmen zu, beispielsweise aufgrund des stark zunehmendem internationalen Warenverkehrs. Solche Schädlinge können die Waldleistungen beeinträchtigen und den Wald in seinen Funktionen erheblich gefährden.

Die bestehende Regelung der Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren ist teilweise lückenhaft und daher ungenügend, um biotische Gefahren abzuwehren oder angemessen zu steuern. Sie wird wo nötig ergänzt, konkretisiert und auf gesetzlicher Stufe verankert. Zudem wird die dringend notwendige Finanzierung von Präventions- und Bekämpfungsmassnahmen ausserhalb des Schutzwaldes ermöglicht . Damit wird die subventionsrechtliche Trennung von Schutzwald und Nicht-Schutzwald in diesem Bereich aufgehoben.

­

Die Geschwindigkeit des Klimawandels droht die natürlichen Anpassungsprozesse im Wald zu überfordern. Insbesondere im Schutzwald, aber auch auf anderen Waldflächen sind deshalb Anpassungsmassnahmen wie eine weiterentwickelte Jungwaldpflege und die vorzeitige Verjüngung instabiler Bestände notwendig, um die Waldleistungen langfristig und nachhaltig sicherzustellen. Dazu ist eine finanzielle Beteiligung durch den Bund notwendig.

­

Der Schweizer Wald wird seit Jahrzehnten unter seiner Zuwachsleistung genutzt. Eine vermehrte Nutzung des einheimischen Rohstoffs und Energieträgers Holz ­ die Holzvorräte der Schweizer Wälder gehören zu den höchsten in Europa ­ ist einerseits energie- und klimapolitisch sinnvoll und erwünscht; andererseits ist eine vermehrte Nutzung zur Sicherstellung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung auch notwendig. Mit einer neuen Bestimmung zur Holzförderung werden daher die Rahmenbedingungen der Holzverwertung verbessert.

­

Die Entwicklungen im Bereich der höheren Berufsbildung haben dazu geführt, dass die Anforderungen an die Besetzung von Stellen im öffentlichen Forstdienst nicht mehr zeitgemäss sind und angepasst werden müssen. Das sogenannte Wählbarkeitszeugnis soll abgeschafft werden. Dieses Anliegen wurde im Rahmen der Vernehmlassung von verschiedenen Kreisen eingebracht und ist eine Pendenz aus der Vorlage im Jahr 2008.

Die Vorlage beinhaltet im Weiteren formelle Anpassungen, welche die Abstimmung mit anderen Gesetzgebungen verbessern. Zudem wird eine Änderung im Bereich der Arbeitssicherheit vorgelegt, welche einen im Zusammenhang mit der Lothar-Botschaft erteilten Prüfauftrag des Bundesrates umsetzt. Diese Änderung war in der Vorlage im Jahr 2008 unbestritten, blieb aber aufgrund des Nichteintretensentscheids des Parlaments als Pendenz bestehen.

4911

Inhaltsverzeichnis Übersicht

4910

1

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Die Waldgesetzänderungsvorlage von 2008 1.1.2 Die Gründe für das Nichteintreten 1.1.3 Waldgesetzänderungen seit 2008 1.2 Die beantragte Neuregelung im Rahmen der Waldpolitik 2020 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht 1.6 Umsetzung 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

4914 4914 4914 4914 4915 4915 4918 4920 4921 4921 4922

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 2.1 2. Kapitel: Schutz des Waldes vor Eingriffen 2.1.1 1. Abschnitt: Rodung und Waldfeststellung 2.1.2 4. Abschnitt: Schutz vor anderen Beeinträchtigungen 2.2 3. Kapitel: Schutz vor Naturereignissen 2.3 4. Kapitel: Pflege und Nutzung des Waldes 2.3.1 1. Abschnitt: Bewirtschaftung des Waldes 2.3.2 2. Abschnitt: Verhütung und Behebung von Waldschäden 2.3.3 Klimawandel 2.4 5. Kapitel: Förderungsmassnahmen 2.4.1 1. Abschnitt: Ausbildung, Beratung, Forschung und Grundlagenbeschaffung 2.4.2 1a. Abschnitt: Holzförderung 2.4.3 2. Abschnitt: Finanzierung 2.5 7. Kapitel: Verfahren und Vollzug 2.5.1 1. Abschnitt: Verfahren 2.5.2 2. Abschnitt: Vollzug 2.6 8. Kapitel: Schlussbestimmungen

4923 4923 4923 4923 4924 4925 4925 4926 4931 4932

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.3.1 Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren 3.3.2 Anpassung an den Klimawandel 3.3.3 Holzförderung 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 3.5 Auswirkungen auf die Umwelt

4945 4945 4945 4946

3

4912

4932 4933 4935 4940 4940 4941 4942

4947 4948 4948 4948 4949 4949 4950

4

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.2.1 Waldpolitik 2020 4.2.2 Strategie Biodiversität Schweiz 4.2.3 Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015 4.2.4 Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz

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Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.5 Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung 5.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 5.7 Datenschutz

4952 4952 4953 4954 4954 4954 4955 4955

Bundesgesetz über den Wald (Waldgesetz, WaG) (Entwurf)

4957

4913

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Die Waldgesetzänderungsvorlage von 2008

2008 beschloss das Parlament, nicht auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Waldgesetzes vom 4. Oktober 19911 (WaG) einzutreten, welche der Volksinitiative «Rettet den Schweizer Wald» als indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt wurde. Diese Vorlage, die auf der Basis des Waldprogramms Schweiz 2004 erarbeitet wurde, beinhaltete hauptsächlich folgende Punkte2: ­

die Möglichkeit, statische Waldgrenzen auch ausserhalb der Bauzonen festzulegen, und die Flexibilisierung der Pflicht zum Rodungsersatz,

­

die Festlegung von Vorrangfunktionen für Wälder, und

­

Änderungen der Bewirtschaftungsvorschriften.

Daneben sah die Vorlage weitere Änderungen des Waldgesetzes vor, beispielsweise die Abgeltung der CO2-Senkenleistung des Waldes an die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer, die Einführung einer geschützten Ursprungsbezeichnung (AOC) für Holz, eine Änderung der Bildungsartikel sowie eine neue Bestimmung zur Erhöhung der Arbeitssicherheit. Nach dem Nichteintretensentscheid des Parlaments wurde die Volksinitiative «Rettet den Schweizer Wald» von den Initianten zurückgezogen.

1.1.2

Die Gründe für das Nichteintreten

Obwohl die Waldgesetzänderungsvorlage von 2008 von den Kantonen, vertreten durch die Konferenz der kantonalen Forstdirektoren, unterstützt wurde, waren die Nichteintretensentscheide des National- und des Ständerats deutlich. Die Gründe dafür lagen zum einen darin, dass gewisse Kreise wegen der statischen Waldgrenzen und der Abschwächung des Rodungsersatzes eine Aufweichung des umfassenden Schutzes des Waldes befürchteten, während andere gegen die geplanten neuen Bewirtschaftungsvorschriften zur Gewährleistung des naturnahen Waldbaus opponierten. Zum anderen war das Signal seitens der Initianten der Volksinitiative «Rettet den Schweizer Wald», wonach die Initiative bei einem Nichteintreten des Parlamentes auf die Gesetzesrevision voraussichtlich zurückgezogen würde, für die Nichteintretensentscheide mitverantwortlich3.

1 2 3

SR 921.0 BBl 2007 3829 ff.

Votum des Kommissionssprechers der UREK-N; AB 2007 N 1820.

4914

1.1.3

Waldgesetzänderungen seit 2008

Im Verlauf der parlamentarischen Debatte zur Waldgesetzänderung von 2008 wurde von verschiedener Seite darauf hingewiesen, dass trotz Nichteintretens ein gewisser Änderungsbedarf des Waldgesetzes besteht. Zudem ergänzte das Parlament die Legislaturplanung 2007­2011 um die «Aufarbeitung forstpolitischer Pendenzen»4.

In der Folge wurde als erste Thematik, die Teil der Vorlage von 2008 gewesen war, die Möglichkeit der Festlegung von statischen Waldgrenzen auch ausserhalb der Bauzonen inklusive der Flexibilisierung der Pflicht zum Rodungsersatz wieder aufgegriffen. Am 16. März 2012 beschloss die Bundesversammlung gestützt auf die Kommissionsinitiative «Flexibilisierung der Waldflächenpolitik» (09.474) der UREK-S eine entsprechende Änderung des Waldgesetzes5. Diese beinhaltet eine Flexibilisierung des Rodungsersatzes (Art. 7 Abs. 2 und 3 WaG) und die Möglichkeit, in Gebieten, in denen eine Zunahme der Waldfläche verhindert werden soll, auch ausserhalb der Bauzonen eine statische Waldgrenze festzulegen (Art. 10 Abs. 2 WaG). Diese Änderung des Waldgesetzes trat zusammen mit der geänderten Waldverordnung am 1. Juli 2013 in Kraft.

Als nächste Thematik kam aufgrund der Motion 08.3247 «GUB/GGA-Schutz für waldwirtschaftliche Erzeugnisse» die geschützte Ursprungsbezeichnung (AOC) für Holz wieder auf das politische Parkett. Eine entsprechende Ergänzung des Waldgesetzes (Art. 41a WaG) wurde vom Parlament am 21. Juni 2013 im Rahmen der Änderung des Markenschutzgesetzes (Teil der Swissness-Vorlage) beschlossen (Änderungen bisherigen Rechts).

1.2

Die beantragte Neuregelung im Rahmen der Waldpolitik 2020

Die vom Bundesrat am 31. August 2011 gutgeheissene und im Bundesblatt veröffentlichte Waldpolitik 20206 nennt als wichtigste Herausforderungen für die heutige Waldpolitik das Ausschöpfen des Holznutzungspotenzials, die Erbringung der Klimaschutzleistungen und die Anpassung des Waldes an den Klimawandel, die Erbringung der Schutzwaldleistung, den Schutz der Biodiversität, die Erhaltung der Waldfläche und die Zunahme der biotischen Gefahren.

Die in der Waldpolitik 2020 ebenfalls enthaltene Biodiversität im Wald ist zugleich Thema der umfassenden Strategie Biodiversität Schweiz, die vom Bundesrat am 25. April 2012 verabschiedet worden ist7. In einem Aktionsplan werden die Ziele und Massnahmen der Biodiversitätsstrategie konkretisiert, und der finanzielle Mehrbedarf unter anderem im Bereich Waldbiodiversität wird dargelegt. Die Problematik der zunehmenden Waldfläche wurde mit der Kommissionsinitiative «Flexibilisierung der Waldflächenpolitik» der UREK-S angegangen. Die entsprechenden Ände-

4

5 6 7

BBl 2008 8548. Vgl. AB 2008 S 262: Gemäss Votum Hess sind unter forstpolitischen Pendenzen zu verstehen: Rodungen in Berggebieten mit starken Waldflächenzunahmen, Rechte an CO2-Senken, Walderschliessungen im Gebirge sowie das Überdenken der kantonalisierten Lösungen mit Investitionskrediten.

BBl 2012 3445 BBl 2011 8731 BBl 2012 7239

4915

rungen des Waldgesetzes sind im Frühling 2012 beschlossen worden8 und am 1. Juli 2013 zusammen mit der geänderten Waldverordnung in Kraft getreten.

Folgende Ziele der Waldpolitik 2020 lassen sich nur erreichen, wenn das Waldgesetz punktuell angepasst wird: Ausschöpfen des Holznutzungspotenzials, Anpassung des Waldes an den Klimawandel (inklusive Schutzwald) und Schutz des Waldes vor biotischen Gefahren.

Das Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 hat sich im Grundsatz bewährt. Die hauptsächlich umstrittenen Inhalte der Änderungsvorlage von 2008 ­ die Lösung von Problemen mit der zunehmenden Waldfläche und die Gewährleistung des naturnahen Waldbaus durch neue Bewirtschaftungsvorschriften ­ sind nicht Teil der Vorlage. Die Bestimmungen zur Waldfläche sind in der Zwischenzeit bereits revidiert worden. Anpassungen werden nur dort vorgenommen, wo diese zur Umsetzung der genannten Ziele der Waldpolitik 2020 oder aus formellen Gründen unumgänglich sind. Hauptsächlich werden die folgenden Anpassungen beantragt: Holzförderung: Der Schweizer Wald wird seit Jahrzehnten unter seiner Zuwachsleistung genutzt. Eine vermehrte Nutzung des einheimischen Rohstoffs und Energieträgers Holz ­ die Holzvorräte der Schweizer Wälder gehören zu den höchsten in Europa ­ ist einerseits energie- und klimapolitisch sinnvoll; andererseits ist eine vermehrte Nutzung zur Sicherstellung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung auch notwendig. Eine verstärkte Holznutzung steht dabei nicht im Widerspruch zu einer hohen Biodiversität im Wald, sondern es ergeben sich daraus auch wertvolle Synergien (z.B. artenreiche lichte Wälder, Bestandesmosaik). Mit einer neuen Bestimmung zur Holzförderung (Art. 34a) werden für die Weiterführung des Aktionsplans Holz eine dauerhafte Gesetzesgrundlage geschaffen und damit die Rahmenbedingungen der Holzverwertung verbessert. Auf eine Förderung von Erschliessungsanlagen ausserhalb des Schutzwaldes (Optimierung und Anpassung an moderne Holzerntetechnik) verzichtet der Bundesrat hingegen. Bezüglich des Einsatzes von einheimischem Holz bei Beschaffungen der öffentlichen Hand werden auf Verwaltungsstufe in Umsetzung einer Kommissionsinitiative der UREK (12.477) die Ausschreibungsbedingungen überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Anpassung an den Klimawandel: Die Geschwindigkeit des Klimawandels droht, die natürlichen
Anpassungsprozesse im Wald zu überfordern. Im gesamten Wald und besonders im Schutzwald sind deshalb langfristig ausgerichtete Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel wie die vorzeitige Verjüngung instabiler Wälder und die Jungwaldpflege sowie eine entsprechende finanzielle Förderung durch den Bund notwendig. Die Massnahmen sollen den Wald darin unterstützen, seine Funktionen auch unter veränderten Klimabedingungen dauernd erfüllen zu können (Art. 28a Absatz 1).

Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren: Biotische Gefahren für den Wald, zum Beispiel durch eingeschleppte Schädlinge wie den Asiatischen Laubholzbockkäfer oder durch die Kastaniengallwespe, nehmen zu, namentlich aufgrund des stark zunehmenden internationalen Warenverkehrs. Solche Schädlinge können die Waldleistungen beeinträchtigen und den Wald in seinen Funktionen erheblich gefährden. Die bestehende Regelung ist teilweise lückenhaft und daher ungenügend, um biotische Gefahren abzuwehren oder angemessen zu steuern. Mit der vorgeschlagenen Neuregelung des Abschnitts Verhütung und Behebung von Waldschäden 8

BBl 2012 3445

4916

wird die bestehende Regelung der Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren gemäss Artikel 26 und 27 WaG sowie nach der Pflanzenschutzverordnung vom 27. Oktober 20109 (PSV) wo nötig ergänzt, konkretisiert und auf gesetzlicher Stufe verankert. Zudem wird mit dem neuen Artikel 37a WaG die dringend notwendige Finanzierung von Präventions- und Bekämpfungsmassnahmen ausserhalb des Schutzwaldes ermöglicht. Damit wird die subventionsrechtliche Trennung von Schutzwald und Nicht-Schutzwald in diesem Bereich aufgehoben.

Ausbildungsaufgaben des Bundes: Die Entwicklungen im Bereich der höheren Berufsbildung haben dazu geführt, dass die Anforderungen des Waldgesetzes an die Besetzung von Stellen im öffentlichen Forstdienst nicht mehr zeitgemäss sind. Das sogenannte Wählbarkeitszeugnis (Art. 29 Abs. 3 WaG), welches aus der Zeit des Beamtenstatus und der damit verbundenen Leumundsüberprüfung stammt, soll daher abgeschafft werden. Neben ausgewiesenen Waldfachkompetenzen soll die praktische Erfahrung ­ welche für die Erlangung der Wählbarkeit zentral war ­ weiterhin als Qualitätskriterium zur Besetzung von Stellen im öffentlichen Forstdienst beibehalten werden (Art. 29 Abs. 2). Das Anliegen zur Aufhebung des Wählbarkeitszeugnisses wurde im Rahmen der Vernehmlassung von verschiedenen Kreisen eingebracht und ist ebenfalls eine Pendenz aus der Vorlage im Jahr 2008.

Weitere Anpassungen: In der Vorlage werden im Weiteren formelle Anpassungen aufgenommen, welche die Abstimmung mit anderen Gesetzgebungen verbessern.

Zudem wird eine Änderung im Bereich Arbeitssicherheit vorgelegt, welche einen im Zusammenhang mit der Lothar-Botschaft erteilten Prüfauftrag des Bundesrates umsetzt. Diese war in der Vorlage 2008 unbestritten, blieb aber aufgrund des Nichteintretensentscheids des Parlaments als Pendenz stehen.

Gemäss Waldpolitik 202010 und Antwort des Bundesrates zur Mo. 11.4164 Errichten eines Waldklimafonds wurden Lösungsvorschläge geprüft, wie die von den Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern unentgeltlich erbrachte Klimaschutzleistung entschädigt und in Zukunft noch verbessert werden könnte. Dazu wurden mehrere Finanzierungsquellen (Teil der CO2-Abgabe gemäss Art. 29 ff. CO2-Gesetz vom 23. Dezember 201111, Erlöse aus der jährlichen Versteigerung von Emissionsrechten an Unternehmen, die gemäss Artikel 15 des
CO2-Gesetzes in das Emissionshandelssystem eingebunden sind, Einnahmen aus Sanktionen nach Artikel 21 Absatz 1 sowie 28 Absatz 1 CO2-Gesetz) geprüft. Der Bundesrat lehnt diese Massnahme jedoch aus finanzpolitischen Überlegungen ab.

Die in der Waldpolitik 202012 aufgeworfene Frage nach einem rechtlichen Anpassungsbedarf bezüglich Haftungsrisiko für Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer bei waldtypischen Gefahren ist nach eingehender Prüfung zu verneinen. Eine Änderung des bestehenden Haftungssystems (Art. 41, 55 und 58 OR13, Art. 679 und 684 ZGB14 und weitere Haftungsgrundlagen) würde das Haftungsrisiko einseitig entweder zulasten der Waldeigentümerschaft oder aber zulasten der Waldbesuchenden verschieben; eine haftpflichtbezogene Ergänzung von Artikel 699 ZGB, welcher (u.a.) das freie Betreten des Waldes regelt, würde zu Abgrenzungsfragen gegenüber 9 10 11 12 13 14

SR 916.20 BBl 2011 8741 SR 641.71 BBl 2011 8731 8745 SR 220 SR 210

4917

den bestehenden Haftungsnormen und damit nicht zu grösserer Rechtssicherheit führen. Mehr Rechtssicherheit würde auch nicht notwendigerweise mit einer blossen Präzisierung des Haftungssystems erreicht; insbesondere wären weder die waldtypischen Gefahren noch allfällige waldtypische Sorgfalts- und Verhaltenspflichten einer abschliessenden Aufzählung zugänglich.

Basierend auf einer Wirksamkeitsprüfung der Eidgenössischen Finanzkontrolle von 2003 wurde zudem eine bereits mit der Gesetzesrevision 2008 vorgesehene Zentralisierung des Instrumentes der Investitionskredite (Art. 40 WaG) beim Bund geprüft.

Nach Einschätzung des Bundesrates überwiegen aber die Vorteile der heutigen dezentralen Ausführung durch die Kantone. Daher wird auf eine Zentralisierung verzichtet.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

Die Vorlage basiert auf der vom Bundesrat am 31. August 2011 gutgeheissenen Waldpolitik 2020. Diese löste die bisherige waldpolitische Grundlage, das Waldprogramm (WAP-CH) aus dem Jahr 2004, ab. Von den 11 durch die Waldpolitik 2020 definierten Zielen15 sind für die Umsetzung folgender Ziele gesetzliche Anpassungen erforderlich: ­

Schutz vor Schadorganismen,

­

Klimawandel (Anpassung),

­

Ausschöpfung des nachhaltig nutzbaren Holznutzungspotenzials.

Diese Ziele sind im Waldgesetz entweder gar nicht (Klimawandel) oder nicht genügend verankert (Ausschöpfung des Holznutzungspotenzials und Schutz vor Schadorganismen). Notwendig sind unter anderem auch genügend finanzielle Mittel zu deren Umsetzung (Schutz vor Schadorganismen, Anpassung an den Klimawandel).

Ohne die Verbesserung der Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren besteht die Gefahr, dass Schutzwaldleistungen durch Schadorganismen, welche sich oft ausserhalb des Schutzwaldes vermehren, gefährdet werden. Gefährdet wären auch weitere Waldleistungen (z.B. die Holzproduktion, die Minderung des Klimawandels, die Rolle des Waldes als Erholungsraum) und im Extremfall sogar das Ziel der Walderhaltung an sich. Eine rechtzeitige Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren verhindern daher spätere Schäden und weitaus grössere Kostenfolgen.

Der Bund ist nach Artikel 77 Absatz 1 der Bundesverfassung16 (BV) verpflichtet, die Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen des Waldes in der Schweiz zu erhalten. Ohne die vorgeschlagenen Massnahmen zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel wären wichtige Waldleistungen wie der Schutz gegen Naturgefahren langfristig nicht gesichert. Zu erwarten wären auch negative Auswirkungen auf die Wald- und Holzwirtschaft.

Die Verstärkung der Holzförderung ist eine wichtige Massnahme des Bundes zur Zielerreichung im Rahmen einer integralen Waldpolitik, aber auch einer erfolgrei15 16

BBl 2011 8731 8735 ff.

SR 101

4918

chen Klima- und Energiepolitik. Die Nutzfunktion des Waldes nach Artikel 77 Absatz 1 BV, die nur dann erfüllt ist, wenn der Rohstoff Holz tatsächlich genutzt wird17, würde ohne diese Massnahme weiter an Bedeutung verlieren, und das Ziel der Abschöpfung des nachhaltigen Holznutzungspotenzials würde unerreichbar bleiben. Die Waldbewirtschaftung, welche die in der Bundesverfassung festgeschriebene Erfüllung der Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen des Waldes (Art. 77 Abs. 1 BV) gewährleistet, wäre langfristig in Frage gestellt.

Insgesamt ist die Vorlage für eine zukunftsfähige Ausrichtung der Schweizer Waldpolitik essenziell. Sie beinhaltet die notwendigen punktuellen Neuausrichtungen aufgrund der kommenden Herausforderungen (Ressourcenknappheit, Klimawandel, invasive Schadorganismen). An den bewährten Inhalten der Waldgesetzgebung, wie Rodung und Waldfeststellung (Art. 4­10), Wald und Raumplanung (Art. 11­13), Betreten und Befahren des Waldes (Art. 14 und 15), Schutz vor Beeinträchtigungen (Art. 16­18), Schutz vor Naturereignissen (Art. 19) sowie Bewirtschaftung des Waldes (Art. 20­25) werden mit Ausnahme der neuen Bestimmung zur Arbeitssicherheit keine materiellen Änderungen vorgenommen.

Die Kantone haben sich, vertreten durch die Forstdirektorenkonferenz, grundsätzlich positiv zu den Stossrichtungen der Waldpolitik 2020 geäussert. Die Akteure von Wirtschaft, Umwelt, Bildung und Forschung wurden bei der Erarbeitung der Waldpolitik 2020 ebenfalls einbezogen.

In der Vernehmlassung stiess die Ergänzung des Waldgesetzes bei 68 der 70 stellungnehmenden Organisationen auf Zustimmung. Es wurden aber teilweise substanzielle Anpassungen der Vorlage beantragt. Insbesondere die Kantone beantragten eine Reduktion der Revision auf die ihres Erachtens dringlichsten Regelungsbereiche der Schadorganismen und der Holzförderung. Beim vorliegenden Umfang der Revision bestehe ansonsten die Gefahr von Verzögerungen. Weitere Anpassungen sollten in einer zweiten Etappe angegangen werden. Positiver standen die fünf politischen Parteien der Vorlage gegenüber. Die Wirtschaftsverbände und Waldbesitzervereinigungen unterstützten die Vorlage im Grundsatz, verlangten aber mehr Massnahmen zugunsten der Wirtschaftlichkeit der Waldbewirtschaftung. Insbesondere forderten sie ­ wie auch die Mehrheit der Kantone ­ die Subventionierung
der Walderschliessung auch ausserhalb des Schutzwaldes sowie, im Einklang mit etlichen weiteren Akteuren, die Abgeltung der CO2-Waldsenkenleistung. Die Naturschutzorganisationen können der Vorlage unter der Bedingung zustimmen, dass die Bekämpfung der Schadorganismen und der Auswirkungen des Klimawandels den naturnahen Waldbau nicht untergraben. Die Fachorganisationen unterstützten die Vorlage grossmehrheitlich, brachten aber teilweise diverse Änderungsanträge vor.

Die Erwartungen und Anträge der nutzungs- und der schutzorientierten Stellen widersprechen sich oft diametral.

Aus Kreisen der Kantone und der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer wurde in der Vernehmlassung auch verlangt, dass die Wählbarkeit zur Erlangung eines höheren Amtes im öffentlichen Forstdienst überprüft werden müsse. In der Folge fanden mit den betroffenen Organisationen und Bildungsinstitutionen Besprechungen statt, um die Anforderungen für die Besetzung von Stellen im öffentlichen Forstdienst den aktuellen Entwicklungen in der höheren Berufsbildung anzupassen.

17

BBl 1988 III 188

4919

Eine entsprechende Änderung wurde in die Vorlage aufgenommen (siehe auch unten).

Die Forstdirektorenkonferenz und mehrere Kantone forderten in der Vernehmlassung, die Grundsätze zu den Förderungsbeiträgen (Art. 35 bis 38) seien zu aktualisieren und besser auf die NFA-Instrumente auszurichten, insbesondere sei eine «integrale Programmvereinbarung Wald» aufzunehmen. Eine Überprüfung der Finanzierungsartikel gestützt auf die Vernehmlassung ergab aber, dass eine Anpassung der Finanzierungsartikel des Waldgesetzes im Hinblick auf eine Vereinfachung der Programmvereinbarungen nicht erforderlich ist. Das Instrument der Programmvereinbarung ist bereits im Subventionsgesetz (Art. 16 Abs. 3 SuG) verankert, welches die administrative Ausgestaltung der Programmvereinbarung in den verschiedenen Förderungsbereichen offen lässt. Das zuständige Bundesamt legt die Ausgestaltung dieses Förderinstruments unter Einbezug der Kantone fest.

Gestützt auf die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung wurde die Vorlage angepasst und vereinfacht. Eine Straffung erfolgte insbesondere im Bereich der Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Schäden durch Naturereignisse und Schadorganismen (Art. 26, 27, 27a, 48a). Der Bereich der Arbeitssicherheit (Art. 21a) wurde präzisiert. Auf die von den Kantonen geforderte Etappierung wurde aus Effizienzgründen verzichtet. Auch lehnt der Bundesrat die verlangte Entschädigung der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer für die Leistungen des Schweizer Waldes zur Minderung des Klimawandels ab. Hingegen wurde die Vorlage in einem von den Kantonen verlangten Bereich ergänzt: Neu aufgenommen wurden angepasste Anforderungen zur Besetzung von Stellen im öffentlichen Forstdienst (Art. 51 Abs. 2) und die Aufhebung der Anforderung an ein Wählbarkeitszeugnis (Art. 29 Abs. 3).

Die entsprechend den Rückmeldungen aus der Vernehmlassung angepasste Fassung wurde mit den Kantonen (siehe Ziff. 1.6) und den zentralen Akteuren diskutiert. Der überarbeitete Entwurf der Vorlage stiess grossmehrheitlich auf eine positive Resonanz.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Mit den beantragten finanziellen Mitteln für die Anpassung an den Klimawandel, die Minderung des Klimawandels und den Schutz vor Schadorganismen wird die Erhaltung der Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen des Waldes in der Schweiz langfristig gesichert. Die Mehrausgaben liegen damit im öffentlichen Interesse.

Heute getätigte Massnahmen werden mit grosser Wahrscheinlichkeit künftige höhere Kosten infolge des Ausfalls von Produktions-, Schutz- und Wohlfahrtsleistungen vermindern. Aufgaben und Aufwand stehen generell in einem günstigen Verhältnis zueinander.

Eine Reduktion der beantragten finanziellen Mittel hätte zur Folge, dass sich der Zeitraum für die Realisierung der notwendigen Massnahmen auf eine längere Periode erstrecken würde. Würden die Mittel im Bereich Anpassung an den Klimawandel z.B. halbiert, würde sich der Zeitraum für die Umsetzung verdoppeln. Die damit verbundenen Risiken wie Sturmschäden, Waldbrand, instabile Schutzwälder etc. würden dabei überproportional zunehmen.

4920

1.5

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Die Zuständigkeit für die Waldpolitik in der Europäischen Union (EU) ist grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten. Auf EU-Ebene existiert einerseits eine neue Waldstrategie, welche die EU-Kommission dem Rat und dem Europäischen Parlament im Sommer 2013 vorgelegt hat. Andererseits liegt ein EU-Waldaktionsplan vor, welcher in Revision begriffen ist und bis 2014 in einer überarbeiteten Fassung für den Zeitraum 2015­2020 vorliegen soll.

Die Waldwirtschaft der EU-Mitgliedstaaten ist allerdings weitaus stärker von (Rechtssetzungs-)Aktivitäten auf EU-Ebene in anderen Sektoren betroffen. Erwähnenswert ist die Politik des ländlichen Raums, im Rahmen derer seit 2007 den Mitgliedstaaten jährlich mehrere hundert Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich werden Beiträge der Mitgliedsstaaten geleistet, die je nach Prioritäten unterschiedlich hoch sind, aber insgesamt die EU-Beiträge noch übertreffen. Indirekte Auswirkungen auf den Wald haben u.a. auch die Wasserrahmenrichtlinie, die Bodenschutzstrategie, die Richtlinie über erneuerbare Energien, die auf März 2013 in Kraft getretene EU-Holzhandelsverordnung, die EU-Biodiversitätsstrategie (u.a. mit Vorschriften über Waldwirtschaftspläne) und «Natura 2000» (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) mit neu auch separaten waldwirksamen Richtlinien. In Vorbereitung sind weitere waldrelevante Richtlinien und Vorschriften, wie z.B. diejenige über pflanzliches Vermehrungsgut. Bereits vorgelegt hat die EU-Kommission im Herbst 2013 einen Vorschlag für eine neue Verordnung zur Regelung der invasiven gebietsfremden Arten, der auf die EU-2020-Biodiversitätsstrategie gestützt ist. Diese «Verordnung über die Prävention und die Kontrolle der Einbringung und Verbreitung invasiver gebietsfremder Arten» wurde inzwischen vom Europäischen Parlament behandelt. Sie soll auf den 1. Januar 2015 in Kraft treten. Unvereinbarkeiten zwischen der neuen EU-Verordnung und der vorliegenden Änderung des Waldgesetzes sind keine erkennbar.

Zusätzlich sind 46 Länder der paneuropäischen Region (Europa inklusive Russland, Südost-, Osteuropa) bestrebt, ein rechtlich verbindliches Abkommen zur Förderung der nachhaltigen Waldbewirtschaftung zu erarbeiten. Die bisherigen Entwürfe lassen darauf schliessen, dass die Schweizer Waldgesetzgebung den Anforderungen vollumfänglich genügen würde.

1.6

Umsetzung

Nach Artikel 49 WaG erlässt der Bundesrat die Ausführungsvorschriften zum Waldgesetz. Zur Umsetzung der vorliegenden Revision sind neue Ausführungsvorschriften in der Waldverordnung vom 30. November 199218 (WaV) notwendig. Dies betrifft insbesondere die Organisation des öffentlichen Forstdienstes, die Arbeitssicherheit sowie weitere Förderungsbestimmungen. Die Neuerungen im Bereich Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren machen sowohl eine Anpassung der Pflanzenschutzverordnung als auch der WaV erforderlich. Diese Anpassungen auf Verordnungsstufe werden spätestens im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts vorliegen müssen.

18

SR 921.01

4921

Gemäss Artikel 50 WaG vollziehen die Kantone das Waldgesetz und erlassen die notwendigen Vorschriften.

Die für den Vollzug verantwortlichen Stellen wurden im Rahmen der Vernehmlassung, welche vom 16. April 2013 bis zum 14. August 2013 durchgeführt worden ist, sowie vertieft im Rahmen der Forstdirektorenkonferenzen vom 22. November 2013 im Beisein von Bundesrätin Doris Leuthard angehört. Die Vollzugstauglichkeit der Neuregelungen wurde als gut beurteilt. Verbesserungsvorschläge aus der Vernehmlassung wurden aufgenommen und in der vorliegenden Vorlage umgesetzt (vergleiche Ziff. 1.3).

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Nicht aufrechterhalten und deshalb abgeschrieben werden soll das noch immer hängige Postulat Lustenberger vom 5. Oktober 2001 «Forst- und Güterstrassen.

Beteiligung des Bundes an den Sanierungsarbeiten» (01.3628). Das Postulat forderte vom Bundesrat die Prüfung, ob in Abweichung von der geltenden Praxis nicht nur die Erstellung und die Wiederherstellung von Forst- und Güterstrassen, sondern auch deren Sanierung unterstützt werden können. Der Bundesrat entschied mit Beschluss vom 14. September 2012 aufgrund einer Analyse der Bundesrats- und Parlamentsbeschlüsse im Rahmen des Entlastungsprogramms 2003 sowie der NFAVorlage, generell auf eine Förderung von Erschliessungsanlagen ausserhalb des Schutzwaldes zu verzichten.

Als erfüllt kann die Motion Flückiger-Bäni vom 16. März 2010 «Waldbewirtschaftung für das Klima statt masslose Reservatsziele» (10.3124) betrachtet werden; diese Motion kann deshalb abgeschrieben werden. Sie verlangt vom Bundesrat, geeignete Massnahmen zu ergreifen, damit die Fläche des Wirtschaftswaldes nicht weiter dezimiert wird. Der Bundesrat war bereit, die Motion im Rahmen der Weiterentwicklung des Waldprogramms Schweiz (WAP-CH), also der Waldpolitik 2020, anzunehmen. Er hielt dabei fest, das Ausschöpfen des nachhaltig nutzbaren Holznutzungspotenzials müsse, unter Berücksichtigung der standörtlichen Bedingungen und der Risikominimierung im Hinblick auf den Klimawandel, einen Schwerpunkt bilden. Dabei müsse die Ausgewogenheit zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Werten und damit die nachhaltige Waldbewirtschaftung gewährleistet bleiben. Die Vorlage stärkt mit der neuen Bestimmung zur Holzförderung (Art. 34a) die Wald- und die Holzwirtschaft. Die Verpflichtung zwischen dem Bund und den Kantonen aus dem Jahr 2002 zur Ausscheidung von Waldreservaten, wonach bis im Jahr 2030 10 Prozent der Waldfläche als Waldreservate auszuscheiden sind (5 % Naturwaldreservate ohne Eingriffe, 5 % Sonderwaldreservate mit gezielten Eingriffen) bleibt unverändert. Daneben soll auf der übrigen Waldfläche das Holznutzungspotenzial möglichst ausgeschöpft werden. Auf eine Förderung von Erschliessungsanlagen ausserhalb des Schutzwaldes sowie die Entschädigung der Klimaschutzleistung des Waldes (gefordert u.a. in der Motion 11.4164 Errichten eines Waldklimafonds) verzichtet der Bundesrat allerdings (siehe oben).

4922

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

2.1

2. Kapitel: Schutz des Waldes vor Eingriffen

2.1.1

1. Abschnitt: Rodung und Waldfeststellung

Art. 7

Rodungsersatz

Diese Änderung betrifft nur den französischen Text.

Art. 10

Waldfeststellung

Absatz 3: Nach Artikel 10 Absatz 1 sind grundsätzlich die Kantone für Waldfeststellungen zuständig. Absatz 3, wonach sich die Zuständigkeit für Waldfeststellungen in Zusammenhang mit einem Rodungsgesuch nach Artikel 6 richtet, war noch sinnvoll, als der Bund, vertreten durch das damalige Fachamt (Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, BUWAL) für sämtliche Rodungen ab 5000 m2 zuständig war19. Seit dem Erlass des Bundesgesetzes über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren vom 18. Juni 199920 (Koordinationsgesetz) ist der Bund nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a aber nur noch für Rodungsbewilligungen bei den Vorhaben in Bundeskompetenz zuständig. Diese Ausnahmebewilligungen werden von der zuständigen Bundesleitbehörde entsprechend dem Koordinationsprinzip jeweils zusammen mit dem Hauptentscheid gewährt. Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass in Fällen, in denen nicht klar ist, welche Ausdehnung die Waldfläche im Rechtssinn genau aufweist, die für die nachfolgende Rodungsbewilligung zuständigen Bundesleitbehörden weder in der Lage noch willens sind, eine Waldfeststellung wie von Absatz 3 verlangt selbst durchzuführen. Absatz 3 wird deshalb entsprechend dem Koordinationsprinzip ergänzt, wonach die zuständige Bundesbehörde im Rahmen des Gesamtentscheides aufgrund eines Antrags der zuständigen kantonalen Behörde über die Waldfeststellung entscheidet. Auch bei einem allfälligen Einsprache- oder Beschwerdeverfahren wird die zuständige kantonale Behörde einbezogen.

2.1.2 Art. 16

4. Abschnitt: Schutz vor anderen Beeinträchtigungen Nachteilige Nutzungen

Absatz 2: Mit dem Koordinationsgesetz wurde die Zuständigkeit für die Erteilung von Rodungsbewilligungen neu geregelt. Je nach Art des Vorhabens wurde die Entscheidkompetenz einer Bundesleitbehörde oder einer kantonalen Behörde zugeteilt. Bei den Vorhaben in Bundeskompetenz erteilt jene Behörde, die das Werk genehmigt, entsprechend dem Koordinationsprinzip, das dem Koordinationsgesetz zu Grunde liegt, auch sämtliche anderen nach Bundesrecht notwendigen Bewilligungen. Kantonale Bewilligungen sind in diesen Fällen nicht nötig (Art. 126 Militärgesetz21, Art. 26 Bundesgesetz über die Nationalstrassen22, Art. 16 Elektrizitäts-

19 20 21 22

Vgl. BBl 1988 III 192 AS 1999 3071; BBl 1999 5043 SR 510.10 SR 725.11

4923

gesetz23, Art. 18 Eisenbahngesetz24, Art. 2 Rohrleitungsgesetz25). Artikel 16 Absatz 2 WaG zur ausnahmsweisen Bewilligung von nachteiligen Nutzungen wurde damals versehentlich nicht angepasst. Im Rahmen von Bundesleitverfahren muss aber gemäss dem Koordinationsprinzip auch eine allfällige Ausnahmebewilligung für eine nachteilige Nutzung nach Artikel 16 Absatz 2 WaG (bspw. zur Ermöglichung einer Waldniederhaltung für eine Seilbahn) gewährt werden können. Um diese Rechtslücke zu schliessen, werden in Artikel 16 Absatz 2 die Kantone mit «zuständigen Behörden» ersetzt. Im Falle eines Bundesleitverfahrens ist die kantonale Fachstelle durch die Bundesleitbehörde einzubeziehen. Für die Bewilligung von nachteiligen Nutzungen müssen die Gründe dargelegt werden, und eine Interessenabwägung muss durchgeführt werden. Das Resultat dieser Überlegungen ist entsprechend festzuhalten.

Art. 17

Waldabstand

Absatz 3: Die Kantone schreiben gemäss Artikel 17 Absatz 2 einen angemessenen Mindestwaldabstand vor. Im Fall von überwiegenden öffentlichen Interessen kann der Waldabstand mit Bewilligung der zuständigen kantonalen Stelle jeweils ausnahmsweise unterschritten werden. Im Rahmen von Bundesleitverfahren stellt sich die Frage, wie bei einer solchen ausnahmsweisen Unterschreitung des (kantonal geregelten) Waldabstands vorzugehen ist. Folgt man der vorstehenden Auslegung betreffend die nachteiligen Nutzung, ist auch für die Unterschreitung des Waldabstandes gemäss Artikel 17 im Sinne des Koordinationsgebotes vorzugehen. Es ist folglich auch hier keine kantonale Bewilligung erforderlich. Die kantonale Fachstelle ist jedoch einzubeziehen. Für die Unterschreitung des Waldabstandes müssen die Gründe dargelegt und eine Interessenabwägung durchgeführt werden. Das Resultat dieser Überlegungen ist entsprechend festzuhalten. Materiell hat sich eine Praxis eingespielt, welche Wohn- und Arbeitsräumen sowie anderen Bauten und Anlagen Rechnung trägt. Auf jeden Fall dürfen die Erhaltung, Pflege und Nutzung des Waldes nicht beeinträchtigen werden.

Wie bei Artikel 16 Absatz 2 liegt also eine echte Rechtslücke vor. In der Praxis wird die Ausnahmebewilligung entsprechend dem Koordinationsprinzip von der Bundesleitbehörde erteilt. Eine kantonale Stellungnahme wird eingeholt. Der neue Absatz 3 dient der Verankerung dieser Praxis und der Schliessung der vorhandenen Rechtslücke.

2.2

3. Kapitel: Schutz vor Naturereignissen

Art. 19 In seiner geltenden Fassung verpflichtet Artikel 19 die Kantone, die Anrissgebiete von Lawinen sowie die Rutsch-, Erosions- und Steinschlaggebiete zu sichern. In der Praxis werden aber Schutzmassnahmen abweichend von dieser Vorschrift seit Jahrzehnten ­ je nachdem, wo sie aus technischer Sicht sinnvoll und wirksam sind ­ sowohl im Anriss- und Transit- als auch im Ablagerungsgebiet realisiert. Artikel 36, 23 24 25

SR 734.0 SR 742.101 SR 746.1

4924

der die Abgeltungen an Massnahmen zum Schutz von Naturereignissen regelt, sieht im Gegensatz zu Artikel 19 richtigerweise keine Einschränkung auf Anrissgebiete vor.

Mit der vorgeschlagenen Neuformulierung wird Artikel 19 an den anerkannten Stand der Technik der Naturgefahrenprävention angepasst und mit Artikel 36 harmonisiert. Diese Änderung verursacht keine Mehrkosten, da lediglich die geltende Praxis besser im Gesetz verankert wird.

2.3

4. Kapitel: Pflege und Nutzung des Waldes

2.3.1

1. Abschnitt: Bewirtschaftung des Waldes

Art. 21a

Arbeitssicherheit

Leider ereignen sich im Wald immer wieder Unfälle mit forstlich nicht ausgebildeten Arbeitskräften. Neben den menschlichen Tragödien hat dies für die Waldwirtschaft negative wirtschaftliche Folgen und führt zu einem schlechten Bild der Waldwirtschaft, zu einem «Image-Problem».

Zur besseren Gewährleistung der Arbeitssicherheit im gesamten Schweizer Wald wird deshalb neu die Pflicht eingeführt, dass im Auftrag ausgeführte Holzerntearbeiten im Wald nur mit einer vom Bund anerkannten Ausbildung ausgeführt werden dürfen. Diese Pflicht gilt für die vom Auftragnehmer für Holzerntearbeiten eingesetzten Arbeitskräfte. Der Auftragnehmer muss für sich selber nur über eine anerkannte Ausbildung verfügen, wenn er selber Holzerntearbeiten im Wald ausführt.

Damit wird der im Zusammenhang mit der Lothar-Botschaft erteilte Prüfauftrag des Bundesrates vom 16. Februar 200026 umgesetzt. Vom Bund anerkannte Ausbildungskurse für forstlich ungelernte Personen werden schweizweit bereits auf freiwilliger Basis in Modulform angeboten. Die Module oder Teile davon sind für jedermann zugänglich. Die Verantwortung für den Nachweis einer entsprechenden Ausbildung für Holzerntearbeiten liegt bei der Auftragnehmerin oder dem Auftragnehmer sowohl für sich selber als auch für seine oder ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Holzerntearbeiten im Wald beinhalten das Fällen, Entasten und Einschneiden von Bäumen, das Entrinden von gefällten Bäumen mit Maschinen oder Werkzeugen sowie das maschinelle Rücken von Holz. Dazu gehören insbesondere auch Aufräumarbeiten von Sturmholz.

Betroffen von der Ausbildungspflicht sind auch militär-, zivilschutz- und zivildienstleistende Personen, die im Rahmen ihrer Diensttätigkeit Holzerntearbeiten im Wald ausführen und Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigung haben. Von der Ausbildungspflicht nicht erfasst sind hingegen Holzerntearbeiten, welche ausserhalb von direkten Auftragnehmer- und Arbeitgeberverhältnissen ausgeführt werden, z.B.

Holzerntearbeiten im eigenen Privatwald.

Rein aus Arbeitssicherheitsgründen wäre die Einführung eines Ausbildungsnachweises für sämtliche Holzerntearbeiten sinnvoll, also auch für private Holzerntearbeiten im eigenen Privatwald. Auf eine Regelung für diesen Bereich muss aber aufgrund 26

BBl 2000 1273

4925

Artikel 95 Absatz 1 BV verzichtet werden. Demgemäss kann der Bund nur Vorschriften erlassen über die privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit. Im Bereich risikobehafteter Freizeitaktivitäten kann er nicht legiferieren.

In der Waldverordnung sind die Anforderungen für die Erlangung des Ausbildungsnachweises (Ausbildungskurse in Modulform oder Gleichwertigkeitsbestätigungen für Personen mit genügend bisheriger Berufserfahrung) zu regeln.

2.3.2

2. Abschnitt: Verhütung und Behebung von Waldschäden

Biotische Gefahren für den Schweizer Wald können durch pathogene Schadorganismen (Viren, Bakterien, Fadenwürmer, Insekten, Pilze) oder durch parasitäre Gefässpflanzen entstehen, wenn diese andere Pflanzen befallen und schädigen.

Daneben können auch sogenannte invasive Organismen biotische Gefahren darstellen, wenn durch deren Einschleppung oder Ausbreitung das Ökosystem Wald bzw. massgebliche Waldleistungen erheblich gestört und geschädigt werden. Untersuchungen gehen davon aus, dass sich künftig die massgeblichen Ursachen für biotische Gefahren akzentuieren werden27. Als Gründe dafür sind der wachsende Welthandel und die globale Mobilität zu nennen, die in Verbindung mit dem Klimawandel für die Verbreitung von Schadorganismen sorgen und das Gefahrenpotenzial insbesondere auch für den Wald erhöhen. Die Schweiz ist aufgrund ihrer geografischen Lage und ihrer Einbindung in den internationalen Handel besonders herausgefordert.

Als Beispiel für die zunehmenden biotischen Gefahren sind die Befallsereignisse aus den Jahren 2011­2013 mit dem Asiatischen Laubholzbockkäfer zu nennen, einem gemäss Anhang I Teil A Abschnitt I Buchstabe a Ziffer 4.1 PSV als besonders gefährlich geltenden Schädling, der fast alle Laubbaumarten befallen kann. Insgesamt musste in sieben Kantonen ein Vorkommen des Asiatischen Laubholzbockkäfers festgestellt werden. In den meisten Fällen befanden sich die Käfer in Verpackungsholz von Steinprodukteimporten aus Asien. Der grösste Befall trat im Juli 2012 an lebenden Bäumen in Winterthur auf. Dort mussten in einer Allee notfallmässig über 60 Bäume gefällt, das Holz gehäckselt und in der Kehrichtverbrennungsanlage vernichtet werden. Die Bäume im Umkreis von rund zwei Kilometern müssen während der nachfolgenden vier Jahre regelmässig kontrolliert werden.

Die Eindämmung von Schadorganismen ist im Wald schwieriger als in landwirtschaftlichen Kulturen, da grossflächige Einsätze aufwendiger sind. Die Zugänglichkeit der Baumwipfel und Wurzeln ist erschwert. Viele Wälder wachsen zudem in schwer zugänglichem Gebiet. Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Tatsache, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Wald grundsätzlich verboten ist (Anhang 2.5, Ziff. 1.1 ChemRRV28).

Nur mittels rechtzeitiger und konsequenter Präventions- und Bekämpfungsmassnahmen können daher grossflächige Ausbreitungen von Schadorganismen verhindert werden. Die notwendigen rechtlichen Grundlagen (Art. 26 und 27 WaG, Art. 28­30

27 28

BBl 2011 8743 SR 814.81

4926

WaV und die Pflanzenschutzverordnung) sind aus den folgenden Gründen lückenhaft:

29 30

­

Die bestehenden Gesetzesbestimmungen (Art. 26 und 27) bilden eine zwar breite, aber wenig konkrete Regelung für die Abstützung der notwendigen Präventions- und Bekämpfungsmassnahmen. Im Vergleich zum Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 199829 (LwG) mangelt es den Regelungen im Waldgesetz an Griffigkeit sowie an einer Ziel- und Strategieausrichtung.

­

Die Pflicht zur rechtzeitigen Tilgung von neu auftretenden Schadorganismen fehlt im Waldgesetz und ist auch auf Verordnungsstufe ungenügend verankert.

­

Es fehlt an einer im Waldgesetz genügend verankerten Organisation, die über die Kompetenzen verfügt, Massnahmen zeitnah anzuordnen, wenn sich ein für den Wald gefährlicher neuer Schadorganismus in der Schweiz auszubreiten beginnt. Die bestehenden Bestimmungen sind diesbezüglich unzureichend.

­

Der Bund kann den Kantonen derzeit nur Abgeltungen für Massnahmen zur Verhinderung von Waldschäden in Schutzwäldern gewähren (Art. 37 WaG), obwohl der Bund von Verfassung wegen verpflichtet ist, Massnahmen zur Erhaltung des Waldes zu fördern (Art. 77 Abs. 3 BV).

­

Es fehlt ein rechtsstaatlich und verfassungsrechtlich vertretbarer Rahmen für die Regelungen im Bereich der biotischen Gefahren für den Wald. Nach Artikel 182 Absatz 1 BV darf der Bundesrat rechtsetzende Bestimmungen in der Form der Verordnung nur erlassen, soweit er durch das Gesetz dazu ermächtigt ist. Der bestehende Artikel 26 WaG genügt als einzige Delegationsnorm für die umfangreiche und im Waldbereich im hohen Ausmass gesetzesvertretende Pflanzenschutzverordnung nicht. Gemäss allgemeinem Verwaltungsrecht gilt, dass die Delegation der Rechtsetzung sich auf eine «bestimmte, genau umschriebene Materie beschränken muss» und dass «die Grundzüge der delegierten Materie, d.h. die wichtigsten Regelungen, im Gesetz umschrieben sein müssen». Der Vergleich mit dem Landwirtschaftsgesetz ist augenscheinlich. Dessen Regelungsdichte im Bereich Pflanzenschutz ist ungleich höher als diejenige des Waldgesetzes (vgl. Art. 149­157 LwG).

­

Mit den Änderungen der bestehenden sowie den neuen Bestimmungen in diesem Abschnitt werden die vorhandenen Regelungslücken bei der Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren geschlossen. Damit wird das Ziel 4.8 der Waldpolitik 202030 umgesetzt. In Artikel 26 und 27 werden die Massnahmen des Bundes und der Kantone ergänzt und konkretisiert. Artikel 27a legt die Massnahmen gegen Schadorganismen fest, benennt die Adressaten der Massnahmen und beinhaltet eine den rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Grundlage für die grundeigentümerverbindlichen Massnahmen. Artikel 48a führt zur Entlastung der Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer und der Vollzugsbehörden das Verursacherprinzip für die Tragung der Kosten ein, welches auch bei der Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren angewendet werden kann.

SR 910.1 BBl 2011 8743

4927

Art. 26

Massnahmen des Bundes

Der geltende Artikel 26 unterscheidet zwischen den Vorschriften des Bundes über forstliche Massnahmen (Abs. 1) zur Verhütung und Behebung von Waldschäden und Waldkatastrophen sowie zwischen den Vorschriften des Bundes über Massnahmen gegen Krankheiten und Schädlinge an Pflanzen ausserhalb des Waldes (Abs. 2).

Diese Unterscheidung erscheint aus heutiger Sicht nicht mehr sinnvoll: Waldschäden können durch Krankheiten oder Schädlinge sowohl von innerhalb als auch von ausserhalb des Waldes ausgehen. Daher sind auch ­ sowohl zur Verhütung und Behebung von Waldschäden durch abiotische als auch durch biotische Gefahren ­ Massnahmen innerhalb und ausserhalb des Waldes notwendig. Die an den Bundesrat gerichteten Delegationsnormen zum Erlass von Vorschriften über Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Waldschäden, die den Wald in seinen Funktionen erheblich gefährden können, werden deshalb neu in Absatz 1 zusammengefasst.

Absatz 1 nennt die beiden Bereiche, in denen der Bundesrat Vorschriften über Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Schäden erlassen kann. Es sind dies Schäden, die durch Naturereignisse oder Schadorganismen verursacht werden und den Wald in seinen Funktionen erheblich schädigen können.

Mit Naturereignissen sind abiotische Gefahren wie Sturm, Waldbrand und Trockenheit gemeint, welche eine lokale Ausbreitung aufweisen. Die Bewältigung von Grossereignissen wie Waldkatastrophen ist durch Artikel 28 WaG abgedeckt. Damit sind gemäss Botschaft des Bundesrats von 1988 regionale oder landesweite Zerstörungen gemeint, die durch Wind, Sturm oder andere Naturereignisse verursacht wurden31.

Der zweite Bereich umfasst Schäden, die durch Schadorganismen verursacht werden wie bestimmte Viren, Bakterien, Fadenwürmer, Insekten, Pilze oder Pflanzen. Die Beurteilung, ob für eine Waldfunktion eine erhebliche Gefährdung vorliegt, muss im Einzelfall und aufgrund von objektiven Kriterien erfolgen. Die erhebliche Gefährdung für das Ökosystem Wald kann nicht nur von den besonders gefährlichen Schadorganismen gemäss PSV ausgehen, sondern auch von Organismen, die einheimisch oder gebietsfremd sind und die, sofern gebietsfremd, auch in der Freisetzungsverordnung aufgeführt sein können. Die Klassierung der Schadorganismen (besonders gefährlich, gefährlich, gebietsfremd, invasiv etc.) muss in den Ausführungsbestimmungen
(PSV, Freisetzungsverordnung und gegebenenfalls WaV) geregelt werden. Um zu eruieren, gegen welche Schadorganismen prioritär Strategien zu entwickeln sind, kann der Bund mittels Umfragen bei den Kantonen und Waldschutz-Expertinnen und -experten Informationen zum Schadpotenzial einholen und gemäss den objektiven Kriterien bewerten.

Absatz 2: Zur Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen im Bereich Pflanzenschutz und zur besseren rechtlichen Abstützung der Pflanzenschutzverordnung im Bereich Wald werden dem Bundesrat in diesem Absatz die notwendigen Rechtssetzungskompetenzen delegiert. Diese orientieren sich an den entsprechenden Inhalten des Landwirtschaftsgesetzes (Art. 151 Abs. 2 und 152 Abs. 2 Bst. a­e LwG), welche sich in der Praxis bewährt haben und eine rechtliche Grundlage für den Pflanzenschutz in der Landwirtschaft bilden. Damit Schadorganismen frühzeitig erkannt und effizient bekämpft werden können, bevor sie sich zu stark verbreitet haben, kann der Bundesrat die Feststellung bestimmter Schadorganismen einer Meldepflicht un31

BBl 1988 III 199

4928

terstellen. Dies entspricht Artikel 151 Absatz 2 LwG, wonach für besonders gefährliche Schadorganismen eine Meldepflicht besteht (konkretisiert durch Art. 6 PSV).

Zudem kann der Bundesrat festlegen, dass bestimmtes Pflanzenmaterial nur nach einer Meldung oder mit einer Bewilligung in Verkehr gebracht werden darf; der Bundesrat kann ferner Vorschriften erlassen über die Registrierung und die Kontrolle von Betrieben, die solches Pflanzenmaterial produzieren oder in Verkehr bringen. Betriebe können auch verpflichtet werden, über solches Pflanzenmaterial Buch zu führen. Des Weiteren kann der Bundesrat die Einfuhr, das Inverkehrbringen und die Verbreitung von bestimmten Schadorganismen sowie von Pflanzenmaterial, das von bestimmten Schadorganismen befallen ist oder befallen sein könnte, untersagen. Es ist ferner möglich, das Pflanzen stark anfälliger Wirtspflanzen zu untersagen. Absatz 2 beinhaltet in Verbindung mit Absatz 1 auch den Auftrag an den Bundesrat, auf dem Verordnungsweg dafür zu sorgen, dass das zur Ausfuhr bestimmte forstliche Pflanzenmaterial die für die Schweiz massgebenden internationalen Anforderungen bei Exporten erfüllt.

Absatz 3: Der Vollzug des Waldgesetzes ist grundsätzlich Sache der Kantone. Dies gilt auch für die Verhütung und Behebung von Waldschäden. Absatz 3 benennt diejenigen Massnahmen, für die der Bund in Abweichung von diesem Grundsatz zuständig ist, da sie ­ wie beispielsweise die Massnahmen an der Landesgrenze ­ nicht von den Kantonen erledigt werden können.

Absatz 4 entspricht dem bisherigen Artikel 26 Absatz 3. Er bildet die Grundlage für den bereits bestehenden Eidgenössischen Pflanzenschutzdienst (EPSD), das gemeinsame Organ des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) und des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) zur Koordination des Vollzugs der Pflanzenschutzvorschriften auf nationaler und internationaler Ebene (Art. 54 PSV). Das gemeinsame Ziel des EPSD ist, die Einschleppung und Ausbreitung von besonders gefährlichen Schadorganismen (Quarantäneorganismen) in der Schweiz zu verhindern. Im Bereich des Waldes untersteht der EPSD dem BAFU.

Art. 27

Massnahmen der Kantone

Absatz 1: Diese Bestimmung entspricht dem bisherigen Absatz 1 und legt die Umsetzungsverantwortung der Kantone fest. Insbesondere haben die Kantone die Beurteilung vorzunehmen, ob eine erhebliche Gefährdung der Waldfunktionen vorliegt. Dazu haben sie die Gebietsüberwachung für die vorhandenen und neu auftretenden Schadorganismen sicherzustellen. Der Begriff forstlich wird gestrichen, da mögliche Massnahmen gegen Schadorganismen nicht eingeschränkt werden sollen. Die Zuständigkeiten des Bundes richten sich nach Artikel 26 Absatz 3.

Art. 27a

Vorkehrungen gegen Schadorganismen

Absatz 1: Dieser Absatz entspricht Artikel 151 Absatz 1 LwG, der für den Umgang mit Pflanzenmaterial ebenfalls die Beachtung der Grundsätze des Pflanzenschutzes verlangt, um den Wald nicht zu gefährden.

Absatz 2: Mit dieser neuen Bestimmung legt der Gesetzgeber fest, nach welchen fachlichen Grundsätzen Strategien und Richtlinien im Zusammenhang mit Schadorganismen, die den Wald in seinen Funktionen erheblich schädigen können, auszuarbeiten sind. Adressaten von solchen Strategien und Richtlinien, welche durch den Bund unter Mitwirkung der betroffenen Kantonen ausgearbeitet werden, sind die 4929

Kantone für den Vollzug im Inland sowie die betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer und Betriebe im Tätigkeitsbereich von Wäldern und Grünanlagen.

Absatz 2 Buchstabe a­c: Für den Umgang mit biotischen Gefahren wird eine abgestufte Vorgehensweise eingeführt, welche bei der Ausarbeitung von Strategien und Richtlinien zu befolgen ist. Diese lehnt sich an den Vorgehensplan der Europäischen Union (EU) an, welche die im EU-Recht vorhandenen Lücken bei der Bekämpfung von invasiven gebietsfremden Organismen «mit einem speziell entwickelten Legislativinstrument» schliessen will32. Die Vorgehensweise umfasst folgenden Stufen: ­

rechtzeitige Tilgung von neu festgestellten Schadorganismen,

­

Eindämmung von etablierten Schadorganismen, wenn der zu erwartende Nutzen einer Massnahme die Bekämpfungskosten überwiegt,

­

Überwachung, Tilgung oder Eindämmung von Schadorganismen auch ausserhalb des Waldes.

Priorität haben die vorsorglichen Massnahmen (Verhinderung der Einschleppung und Gebietsüberwachung). Richtig umgesetzt weisen diese ein günstiges KostenNutzen-Verhältnis auf. Von grösster Wichtigkeit ist es, neu festgestellte Vorkommen von Schadorganismen rechtzeitig zu tilgen (Bst. a), weil der Bekämpfungsaufwand mit der Verbreitung stark ansteigt und eine Tilgung faktisch verunmöglicht. In Fällen, in denen sich ein Schadorganismus bereits etabliert hat, ist anhand einer Kosten-Nutzen-Abschätzung zu bestimmen, ob Eindämmungsmassnahmen zu treffen sind (Bst. b). Bei dieser Beurteilung ist der Gesamtnutzen für das System Wald massgebend und nicht einzig der wirtschaftliche Nutzen (z.B. für die Waldeigentümerin oder den Waldeigentümer). Buchstabe c der neuen Regelung ermöglicht generell auch, Massnahmen ausserhalb des Waldareals vorzunehmen, so etwa in Gärtnereien oder im «öffentlichen Grün» (Gärten, Parkanlagen, ökologische Ausgleichsflächen innerhalb des Siedlungsgebiets), sofern der Wald kurz- oder längerfristig gefährdet sein könnte. Hier waren bislang die Zuständigkeiten unklar geregelt. Wie bei den Massnahmen innerhalb des Waldes haben auch ausserhalb des Waldes die effizienten vorsorglichen Massnahmen Priorität. Die bisherige Beschränkung der Massnahmen ausserhalb des Waldareals auf Krankheiten und Schädlinge, welche den Wald landesweit bedrohen können (Art. 26 Abs. 2), kann aufgehoben werden, da Absatz 2 ein Vorgehen gewährleistet, welches das Verhältnismässigkeitsprinzip respektiert.

Die relativ offene Formulierung der Vorgehensweise (Bst. a­c) erlaubt es der vollziehenden Behörde, die sehr vielfältigen Verhältnisse bei unterschiedlichen Gruppen von Schadorganismen im Einzelfall zu berücksichtigen. Im Rahmen der Ausarbeitung und Umsetzung der Massnahmen nach Bst. a­c wird auch der künftige EU-Rechtsrahmen als Bezugsgrösse heranzuziehen sein (siehe oben).

32

EU Biodiversity Strategy to 2020, Dezember 2011, Target 5, Action 16. Die von der EU genanntendrei Massnahmen entsprechen den Stufen 1­4 der Fünfstufenstrategie (vgl.

dazu die Mitteilung der Kommission der europäischen Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament etc. Hin zu einer EU-Strategie für den Umgang mit invasiven Arten, KOM (2008) 789, S. 7). Die 5. Stufe der Fünfstufenstrategie ist mit Art. 23 WaG zur Wiederbestockung von Blössen teilweise bereits im Waldgesetz verankert. Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prävention und die Kontrolle der Einbringung und Verbreitung invasiver gebietsfremder Arten. Europäische Kommission, Brüssel, 9.9.2013.

4930

Absatz 3: Aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 26 i.V.m. Art. 36 sowie Art. 164 BV) ist eine genügende gesetzliche Grundlage erforderlich, damit der Bund und die Kantone die genannten Eingriffe in fremdes Eigentum vornehmen können, um Schadorganismen zu tilgen. Die Inhaberinnen und Inhaber von Bäumen, Sträuchern, weiteren Pflanzen, Kulturen, Pflanzenmaterial, Produktionsmitteln und Gegenständen, die von Schadorganismen befallen sind oder befallen sein könnten oder selbst Schadorganismen sind, haben deren Überwachung, Isolierung, Behandlung oder Vernichtung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden selber vorzunehmen oder zu dulden. Die Regelung findet sich sinngemäss in Artikel 153 Buchstabe b und c LwG. Bei Eingriffen ist das Verhältnismässigkeitsprinzip zu wahren. Zwischen dem Eingriff und dem erhofften Nutzen ist eine Güterabwägung vorzunehmen. Die integrale Beseitigung einer grossflächigen Bestockung wäre nur zulässig, wenn damit eine voraussichtliche starke Bedrohung des Waldes durch Schadorganismen erheblich vermindert werden kann. Die Inhaberinnen und Inhaber von Grundstücken sind demnach verpflichtet, mit dem EPSD und den kantonal zuständigen Stellen zusammenzuarbeiten und deren Anweisungen zu befolgen. Da die Bekämpfung von Schadorganismen im Wald sehr aufwendig sein kann, gehört diese Verpflichtung in das Gesetz (Art. 36 BV). Als Inhaberin oder Inhaber von Grundstücken gelten nebst den Grundeigentümerinnen und -eigentümern auch die Pächterinnen und Pächter von Waldparzellen. Entstehen durch die Bekämpfung von Schadorganismen bedeutende Blössen im Wald, welche die Erfüllung der Waldfunktionen erheblich beeinträchtigen, kann gestützt auf die bestehende Bestimmung im Artikel 23 WaG eine Wiederbewaldung verlangt werden, welche bei Bedarf eine Pflanzung von standortgerechten Baum- und Straucharten umfasst.

2.3.3

Klimawandel

Der Wald und seine Funktionen sind vom Klimawandel breit betroffen, sind doch aufgrund des Klimawandels mehr Extremereignisse wie Stürme und Hitzeperioden sowie weitere schädigende Einflüsse zu erwarten. Gefahren wie Waldbrände oder Schäden durch Insekten nehmen zu. Diese Entwicklung wird voraussichtlich mit einer Geschwindigkeit ablaufen, welche die natürlichen Fähigkeiten von Bäumen und Wäldern zur Anpassung übersteigt.

Es sind deshalb präventive Anpassungsmassnahmen notwendig, denn heute keimende Bäume werden schon in mittlerem Alter in stark verändertem Klima leben.

Deshalb muss bereits jetzt die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit des Waldes durch Jungwaldpflege erhöht werden, um stabile und auf die künftigen Standorte abgestimmte Jungbestände zu erzielen. In klimasensitiven und instabilen Waldbeständen müssen gezielt Anpassungen erfolgen, um eine genügende und geeignete Verjüngung zu erlangen. Diese Investitionen sind notwendig, um zukünftige Schäden und deutlich höhere Folgekosten zu verhindern.

Art. 28a

Vorkehrungen zum Klimawandel

Neu wird der Grundsatz verankert, dass der Bund und die Kantone präventive Massnahmen zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel ergreifen, welche zur langfristigen Aufrechterhaltung aller Waldfunktionen beitragen. Die Gewährung der entsprechenden Beiträge richtet sich vor allem nach Artikel 38a.

4931

2.4

5. Kapitel: Förderungsmassnahmen

2.4.1

1. Abschnitt: Ausbildung, Beratung, Forschung und Grundlagenbeschaffung

Art. 29

Ausbildungsaufgaben des Bundes

Absatz 1: Diese Bestimmung entspricht weitgehend dem bisherigen Artikel 29 Absatz 1. Die Oberaufsicht über den Vollzug der Berufsbildung obliegt bereits gemäss Artikel 65 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 200233 dem Bund und wird seit 2004 durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI, ehemals Bundesamt für Berufsbildung und Technologie [BBT]) wahrgenommen ­ betroffen davon sind die Berufsausbildungen für Forstwartinnen und Forstwarte mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis, Forstwart-Vorarbeiterinnen und -Vorarbeiter mit eidgenössischem Fachausweis, Forstmaschinenführerinnen und -führer mit eidgenössischem Fachausweis, Seilkran-Einsatzleiterinnen und -Einsatzleiter mit eidgenössischem Fachausweis und Diplomierte Försterinnen oder Förster Höhere Fachschule. Deshalb ist der Begriff «beaufsichtigt» im Waldgesetz nicht mehr notwendig und kann gestrichen werden.

Absatz 2: Gemäss Artikel 1 des Fachhochschulgesetzes vom 6. Oktober 199534 (FHSG) hat auch der Bund bei den Fachhochschulen bestimmte Aufgaben. Im Bereich der Waldwirtschaft fördert er diese, indem er namentlich ihre Aufgaben regelt, ihre Diplome anerkennt und finanzielle Unterstützung leistet. Mittlerweile gibt es auch auf Fachhochschulstufe eine forstliche Ausbildung, den Bachelorstudiengang «Forstwirtschaft» und den Masterstudiengang in Agrar- und Forstwissenschaften an der Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (BFH/HAFL) in Zollikofen. Mit dem für anfangs 2015 geplanten Inkrafttreten des Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz (HFKG, BBl 2011 7455) wird das FHSG aufgehoben. Die Regelung der Studienangebote von Fachhochschule wird dann Sache der Trägerschaften und nicht mehr des Bundes sein. Die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich bietet seit einigen Jahren den Bachelorstudiengang «Umweltnaturwissenschaften» und den Masterstudiengang «Umweltnaturwissenschaften» mit der Vertiefungsmöglichkeit Wald- und Landschaftsmanagement an, wobei der Masterstudiengang «Umweltnaturwissenschaften» die Kernelemente des früheren Studiums der Forstwissenschaften beinhaltet. Diesen Entwicklungen wird mit der Anpassung des bisherigen Absatzes 2 Folge geleistet, indem der Bund neu nicht mehr explizit für eine forstliche Aus- und Weiterbildung an der ETH, sondern
generell auf Hochschulstufe (Fachhochschul- und Universitätsstufe) sorgt. Diese Aufgabe nimmt er, wie es sich bereits heute in der Praxis bewährt hat, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den forstlichen Berufsverbänden wahr. Dabei handelt es sich um die Aus- und Weiterbildung in theoretischen Belangen. Unter dem praktischen Bereich ist eine ergänzende forstdienstbezogene Aus- und Weiterbildung zu verstehen. Praktische Erfahrungen können auf verschiedene Art und Weise gesammelt werden, beispielsweise in Praktika während der Ausbildung, in Berufspraktika oder in sogenannten «Trainee»Programmen. Die Anforderungen an die praktische Erfahrung müssen definiert und 33 34

SR 412.10 SR 414.71

4932

in der Waldverordnung umschrieben werden. Im Vordergrund stehen ein integrales Waldverständnis, Kenntnisse der hoheitlichen Aufgaben in verschiedenen Themenbereichen sowie die Förderung und Beurteilung der Kompetenzen der Absolventinnen und Absolventen.

Absatz 3: Die Entwicklungen im Bereich der höheren Berufsbildung haben dazu geführt, dass die Anforderungen an die Besetzung von Stellen im öffentlichen Forstdienst nicht mehr zeitgemäss sind. Das sogenannte Wählbarkeitszeugnis, welches aus Zeiten des Beamtenstatus und der damit verbundenen Leumundsüberprüfung stammt, wird daher abgeschafft; Absatz 3 wird somit gestrichen. Neben ausgewiesenen Waldfachkompetenzen soll die praktische Erfahrung ­ welche für die Erlangung der Wählbarkeit zentral war ­ als Qualitätskriterium zur Besetzung von Stellen im öffentlichen Forstdienst beibehalten werden (siehe Abs. 2). Im Zusammenhang mit der Abschaffung des Wählbarkeitszeugnisse werden auch die Bestimmungen zur Forstorganisation (siehe Art. 51 Abs. 2) angepasst.

2.4.2

1a. Abschnitt: Holzförderung

Holz ist eine wichtige natürliche Ressource: Es ist ein erneuerbarer, klimaneutraler Rohstoff, der sowohl stofflich verwertbar als auch energetisch einsetzbar ist. Angesichts der CO2-Problematik und der ambitiösen klima- und energiepolitischen Ziele hat Holz ein sehr grosses Potenzial, und Holz aus Schweizer Wäldern kann einen wichtigen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten35. Zukünftig könnte auch die Bedeutung für Holz als Lieferant von kohlenstoffbasierter Biomasse für die chemische und pharmazeutische Industrie zunehmen.

Trotz dieser Vorteile von Holz wird der Wald in der Schweiz seit Jahrzehnten unter seiner Zuwachsleistung genutzt (insb. im Privatwald und in Gebirgswäldern). So gehören die Holzvorräte in den Schweizer Wäldern zu den höchsten in Europa.

Ausserhalb Europas steht dagegen der Schutz der Wälder vor Übernutzung im Vordergrund. Eine vermehrte Nutzung des einheimischen Rohstoffs und Energieträgers Holz sowie eine höhere Wertschöpfung im Inland36 ist nach Ansicht des Bundesrats energie- und klimapolitisch sinnvoll. Anzustreben sind daher Verbesserungen beim Ausschöpfen des zur Verfügung stehenden Holznutzungspotenzials37 des Schweizer Waldes, bei der Innovationskraft der Wertschöpfungskette Holz sowie bei der Abstimmung mit anderen Sektoralpolitiken und Akteuren.

Der Bund sorgt gemäss Artikel 77 Absatz 1 BV sowie Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c des Waldgesetzes dafür, dass der Wald seine Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen erfüllen kann. Die Nutzfunktion des Waldes ist dabei nur dann erfüllt, wenn der Rohstoff Holz tatsächlich genutzt wird.38 Das Ziel der Ausschöpfung des 35

36

37

38

Der Schweizer Wald wird nachhaltig bewirtschaftet. Schweizer Holz erfüllt die Anforderungen nach einer nachhaltigen und legalen Holznutzung (Antwort des Bundesrates zur Interpellation 10.3032 und zur Interpellation 09.4026).

Bericht des Bundesrates vom 25. Januar 2012 Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015, S. 35. Abrufbar unter: www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung.

Hofer P. et al. 2011: Holznutzungspotenziale im Schweizer Wald. Auswertung von Nutzungsszenarien und Waldwachstumsentwicklung. Bundesamt für Umwelt, Bern.

Umwelt-Wissen Nr. 1116: 80 S.

BBl 1988 III 188

4933

nachhaltigen Holznutzungspotenzials gemäss Waldpolitik 2020 des Bundesrates39 knüpft an dieser Bestimmung an. Zudem trägt eine verstärkte Holznutzung vielerorts zur Verbesserung der Biodiversität bei. Es ergeben sich wertvolle Synergien wie die Schaffung von artenreichen lichten Wäldern oder eines abwechslungsreichen Bestandesmosaiks, wenn die Holznutzung nachhaltig erfolgt und Massnahmen zur Förderung der Biodiversität getroffen werden40.

Die heutigen gesetzlichen Grundlagen beschränken sich auf die Subventionierung von gemeinsamen befristeten Massnahmen der Wald- und Holzwirtschaft für Werbung und Absatzförderung bei aussergewöhnlichem Holzanfall (Art. 38a Abs. 1 Bst. c). Im Rahmen des Aktionsplans Holz (APH, 2009­2012) wurden gestützt auf diese Bestimmung Massnahmen in den Bereichen Datengrundlagen, Information und Sensibilisierung (Waldbesitzer, Bevölkerung und institutionelle Endverbraucher), Laubholzverwertung, grossvolumige Holzbausysteme sowie Verbesserung der Rahmenbedingungen gefördert. Gemäss einer verwaltungsexternen Evaluation des Aktionsplans Holz kann dessen Vollzug als gut gelungen bzw. effizient bezeichnet werden. Die Erreichung der auf den Zeitraum bis 2020 gesteckten quantitativen Ziele der Ressourcenpolitik Holz (RP Holz) ist auf gutem Weg. Die Förderung der Mehrnutzung von Holz ist aber als eine langfristige Aufgabe anzusehen41. Aus diesem Grund wurde beschlossen, den Aktionsplan Holz als zweckmässiges Umsetzungsinstrument weiterzuführen. Aufgrund der Ergebnisse von periodischen Evaluationen sind auch andere Umsetzungsinstrumente denkbar.

Die Wald- und Holzwirtschaft befindet sich in einer schwierigen Lage. Diese Situation kann mit einer Förderung des Bauens mit Holz aus Schweizer Wäldern durch die öffentliche Hand verbessert werden42. Der Bund ist gemäss Artikel 73 BV zur nachhaltigen Entwicklung verpflichtet und steht betreffend der Förderung der Holzverwendung als erneuerbarer und nachhaltiger Bau- und Werkstoff in der Pflicht.

Die vorliegende neue Bestimmung zur Holzförderung wird als neuer 1a. Abschnitt im Kapitel Förderungsmassnahmen ergänzt. Damit wird Ziel 1 der Waldpolitik 202043 umgesetzt, wonach das nachhaltig nutzbare Holznutzungspotenzial ausgeschöpft werden soll.

Art. 34a Mit diesem Artikel werden die Ressourcenpolitik Holz (RP Holz) und die erforderlichen
Massnahmen im Bereich von Innovationen und Information und im Bereich der vermehrten Verwendung von Holz dauerhaft im Waldgesetz verankert. Die Ressourcenpolitik Holz zielt darauf ab, dass Holz aus Schweizer Wäldern nachhaltig bereitgestellt und ressourceneffizient verwendet wird. Die Umsetzung umfasst die Erarbeitung von Strategien und Konzepten sowie die Unterstützung von innovativen Projekten in Forschung, Entwicklung und Wissenstransfer, welche sich mit dem Rohstoff Holz und seiner Verwertung auseinandersetzen. Träger des Programms ist 39 40 41 42 43

BBl 2011 8735 Hintermann & Weber AG 2010: Biodiversität und Holznutzung ­ Synergien und Grenzen.

Brugger und Partner AG, 2012, Zürich, Programmevaluation Aktionsplan Holz (2009­2012), Schlussbericht, S. 66 und 67.

Brugger und Partner AG, 2012, Zürich, Programmevaluation Aktionsplan Holz (2009­2012), Schlussbericht, S. 68.

BBl 2011 8735

4934

das BAFU. Die Umsetzung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen sowie der Wald- und Holzwirtschaft. Der aktuelle Aktionsplan Holz fokussiert auf sechs thematische Schwerpunkte44 und wird laufend weiterentwickelt. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, konzentriert sich der Aktionsplan auf den vorwettbewerblichen und überbetrieblichen Bereich.

Die Verwendung von Holz im Bau ist nicht nur aus ökologischer Sicht sinnvoll, sondern dank massiven technischen und innovativer Entwicklungen und neuen Konstruktionsweisen auch aus bautechnischer und energetischer Sicht. Holz aus Schweizer Wäldern spielt für die Umsetzung der visionären Ziele einer 2000-WattGesellschaft eine entscheidende Rolle (z.B. Graue Energie, Treibhausgasemissionen).45

2.4.3 Art. 37

2. Abschnitt: Finanzierung Schutzwald

Absatz 1bis: Globale Abgeltungen an Massnahmen, die für die Erfüllung der Funktion des Schutzwaldes notwendig sind, werden gemäss Artikel 37 Absatz 1 auf der Grundlage von Programmvereinbarungen gewährt. Dieser Finanzierungsmechanismus wurde 2008 mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) eingeführt. Programmvereinbarungen werden jeweils über mehrere Jahre abgeschlossen. Damit fehlt im Bereich der Subventionierung von Massnahmen, die für die Erfüllung der Funktion des Schutzwaldes notwendig sind, eine gewisse Flexibilität. Es hat sich gezeigt, dass in Ausnahmefällen, insbesondere bei grösseren Schadenereignissen, unvorhergesehene Massnahmen zum Wiederaufbau von Schutzwäldern gezielt und einzelfallweise vom Bund subventioniert werden müssen. Analog zu Artikel 36 wird deshalb auch Artikel 37 mit einem Absatz ergänzt, wonach Abgeltungen an Projekte, die wegen ausserordentlichen Naturereignissen eine Beurteilung durch den Bund im Einzelfall erfordern, durch Verfügung gewährt werden können.

Art. 37a

Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes

Die Kantone sind nach geltendem Recht verpflichtet, auch ausserhalb des Schutzwaldes Massnahmen gegen Waldschäden zu treffen (Art. 41 ff. PSV und Art. 28 WaV). Finanzielle Unterstützung leistet der Bund aber gegenwärtig nur im Schutzwald (Art. 50 PSV i.V.m. Art. 40 WaV). Diese subventionsrechtliche Ungleichbehandlung ist stossend. Da Schutzwald, Nicht-Schutzwald und öffentliches Grün oft unmittelbar nebeneinander liegen, kann die Trennung zudem kontraproduktiv sein, indem kostspielige Massnahmen zur Bekämpfung von Schadorganismen im Schutzwald wegen der fehlenden Förderung von Bekämpfungsmassnahmen in den benachbarten Gebieten wirkungslos werden können. In Ausnahmefällen kann wegen der fehlenden Unterstützung die Erhaltung des Waldes als Ganzes gefährdet werden.

44 45

Schwerpunkte Aktionsplan Holz, abrufbar unter www.bafu.admin.ch/aktionsplan-holz > Schwerpunkte).

Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundesrates (abrufbar unter www.are.admin.ch/themen/nachhaltig)

4935

Mit Artikel 37a wird deshalb ein neuer Subventionstatbestand zur finanziellen Unterstützung der Kantone bei der Aufgabenerfüllung im Zusammenhang von Waldschäden durch biotische und abiotische Schäden ausserhalb des Schutzwaldes eingeführt. Die Subventionierung soll im Normallfall wie bei den anderen Subventionsbereichen mit globalen Abgeltungen im Rahmen von Programmvereinbarungen erfolgen (Abs. 1). Im Sinne von Artikel 26 Absatz 1 werden Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Schäden nur finanziert, wenn diese Schäden den Wald in seinen Funktionen erheblich gefährden können und wenn sie dem naturnahen Waldbau Rechnung tragen.

Abgeltungen durch Verfügungen werden vom Bund an Kantone nur dann ausgerichtet, wenn diese einzelfallweise Behandlung aufgrund von besonders aufwendigen Massnahmen notwendig ist (Abs. 2). Die Kriterien, nach denen die Höhe der Abgeltungen zu bestimmen ist, sind in Absatz 3 festgelegt. Die genaue Höhe der Abgeltungen wird ­ wie bei der Subventionierung im Rahmen von Programmvereinbarungen üblich ­ zwischen Bund und Kantonen ausgehandelt.

Art. 37b

Abfindung für Kosten

Absatz 1: Müssen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer Massnahmen gegen Waldschäden nach Artikel 27a Absatz 3 treffen, beispielweise die von den zuständigen Behörden angeordnete Vernichtung von mit Schadorganismen befallenen Bäumen, können hohe Kosten entstehen (Arbeitseinsätze, neues Pflanzgut etc.). Nicht in jedem Fall kann der Verursacher nach Artikel 48a eruiert und haftbar gemacht werden. Den Privaten können wegen Massnahmen im öffentlichen Interesse also Kosten entstehen, die sie selbst tragen müssen. Dies ist stossend und kann kontraproduktiv wirken. Deshalb wird mit dieser Vorschrift die Möglichkeit eingeführt, dass Adressaten von Massnahmen gegen Schadorganismen nach Artikel 27a Absatz 3 eine Abfindung nach Billigkeit ausgerichtet werden kann für Kosten der Verhütung, Bekämpfung und Wiederherstellung, die nicht nach Artikel 48a getragen werden. Nicht darunter fallen Kosten für Ertragsausfälle oder immaterielle Schäden.

Im Vordergrund stehen Härtefälle ausserhalb des Waldareales. Die Bestimmung entspricht Artikel 156 Absatz 1 LwG.

Absatz 2: Auch das Verfahren der Festlegung der Abfindungen wird sinngemäss aus dem Landwirtschaftsgesetz übernommen (Art. 156 Abs. 2 LwG). Werden Abfindungen von den Kantonen entrichtet, kann sich der Bund an den entstehenden Kosten gestützt auf Artikel 37a mit globalen Abgeltungen im Rahmen von Programmvereinbarungen zumindest teilweise beteiligen. Die Kriterien und Bedingungen werden in den Ausführungsbestimmungen näher definiert.

Art. 38

Biologische Vielfalt des Waldes

Die Jungwaldpflege wird neu unter der Waldbewirtschaftung (Art. 38a) und, zusammen mit der Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut (s. unten), im Zusammenhang mit der Anpassung des Waldes an die veränderten Klimabedingungen aufgeführt.

Absatz 1 Einleitungssatz und Absatz 2: Mit der Verschiebung der Förderung von Massnahmen für die Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut von Absatz 1 Buchstabe e zu Artikel 38a Absatz 1 Buchstabe f (siehe Begründung unten) fällt die bisherige finanzhilfetechnische Aufteilung der Massnahmen nach Programmverein4936

barungen und Verfügungen weg. Absatz 2 kann somit aufgehoben werden. Die Verankerung des Prinzips der globalen Abgeltungen gemäss der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) aus dem Jahre 2008 erfolgt daher neu im Einleitungssatz.

Absatz 1 Buchstabe b: Die Jungwaldpflege ist eine der wichtigsten Investitionen in die Zukunft einer Waldbestockung. Die Weichen für eine gezielte Gestaltung des Waldes werden entsprechend der prioritären Waldfunktionen bereits in den ersten Wachstumsjahren gestellt. Die Jungwaldpflege ist für die biologische Vielfalt unbestritten von hoher Bedeutung. Sie ist aber insbesondere auch auf die Anpassung an den Klimawandel auszurichten, damit der Wald gesamthaft als widerstands- und anpassungsfähiges Ökosystem erhalten bleibt und die von der Gesellschaft geforderten unterschiedlichen Leistungen auch unter veränderten Bedingungen erfüllen kann.

Aufgrund dieser integralen Betrachtung ist der Subventionstatbestand der Jungwaldpflege unter Artikel 38 zu streichen und unter dem Artikel zur Waldbewirtschaftung mit dem neuen Fokus ­ Erfüllung der verschiedenen Waldfunktionen auch unter veränderten Klimabedingungen (Art. 38a Abs. 1 Bst. f) ­ aufzuführen.

Die Jungwaldpflege im Schutzwald wird von dieser Verschiebung nicht tangiert. Als Teil der umfassenden Schutzwaldpflege gemäss Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe a wird diese wie bisher nach Artikel 37 subventioniert.

Anstelle der Nennung der Jungwaldpflege unter Absatz 1 Buchstabe b werden neu Massnahmen zur Förderung der Artenvielfalt und der genetischen Vielfalt im Wald genannt. Diese Fokussierung ist abgestützt auf die Waldpolitik und auf die Biodiversitätsstrategie und entspricht den jeweiligen Schwerpunkten. So können auch weiterhin Massnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt auf der Gesamtwaldfläche vom Bund finanziell unterstützt werden, was der heutigen Förderung im Rahmen der Programmvereinbarung Waldbiodiversität entspricht.

Absatz 1 Buchstabe e: Massnahmen zur Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut stehen immer stärker im Zusammenhang mit dem Klimawandel und den damit verbundenen genetischen Aspekten und müssen entsprechend weiterentwickelt werden. Daher wird dieser Absatz in den Artikel zur Waldbewirtschaftung mit dem neuen Fokus ­ Anpassung an den Klimawandel (Art. 38a Abs. 1 Bst. f) ­ verschoben.

Art. 38a

Waldbewirtschaftung

Sachüberschrift: Mit der NFA wurde der damalige Artikel 38 («Bewirtschaftung des Waldes») totalrevidiert und als neuer Artikel 38a mit der Überschrift «Waldwirtschaft» in das Waldgesetz aufgenommen. Diese Sachüberschrift wird der Ausrichtung von Artikel 38a nur bedingt gerecht. Mit «Waldwirtschaft» werden in der Schweiz aufgrund des gleichnamigen gesamtschweizerischen Verbands gemeinhin die Waldbesitzerinnen und -besitzer oder Waldeigentümerinnen und -eigentümer sowie deren Forstbetriebe in Verbindung gebracht. Der Fokus von Artikel 38a liegt aber nicht in der Unterstützung von Eigentümern und Unternehmungen, sondern in der Förderung gezielter Massnahmen der Waldbewirtschaftung nach Artikel 20 ff.

Die neue Sachüberschrift «Waldbewirtschaftung» entspricht dieser Tatsache besser.

Einleitungssatz: Der Wald ist gemäss Artikel 20 Absatz 1 so zu bewirtschaften, dass er seine Funktionen dauernd und uneingeschränkt erfüllen kann (Nachhaltigkeit).

Das Waldgesetz verlangt also eine nachhaltige Waldwirtschaft. Der bisherige Einlei4937

tungssatz spricht dagegen von der Wirtschaftlichkeit der Waldbewirtschaftung. In der Praxis wird dies oft missverstanden, indem die Unterstützung einer die Waldeigentümerin oder den Waldeigentümer gewinnbringenden Waldbewirtschaftung erwartet wird. Mit der Ergänzung wird klargestellt, dass gemäss Artikel 20 die Nachhaltigkeit im Wald das primäre Ziel der Waldbewirtschaftung sein muss.

Absatz 1 Buchstabe e: Neu wird auch die Förderung der Ausbildung der Waldarbeiter und die praktische Ausbildung von Waldfachleuten der Hochschulstufe mittels globaler Beiträge auf der Grundlage von Programmvereinbarungen ausgerichtet. Die Kantone beteiligen sich an den Kosten. Der Begriff Waldarbeiter bezeichnet die forstlich ungelernten Arbeitskräfte, bspw. die Landwirte, die temporär im Wald arbeiten. Verantwortlich für die Ausbildung sind gemäss Artikel 30 die Kantone.

Schwerpunkte der von den Kantonen in Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen und forstlichen Organisationen durchgeführten Ausbildungskurse sind primär Arbeitssicherheit und Unfallverhütung. Die Kurse dienen also letztlich einer optimalen Waldbewirtschaftung (vgl. Ziff. 2.3.1), und gewährleisten eine minimale Ausbildung. Sie sind klar von der Ausbildung des Forstpersonals im eigentlichen Sinn nach Artikel 39 Absatz 1 und 2, nämlich derjenigen nach dem Berufsbildungsgesetz, zu unterscheiden. Aus diesen Gründen ist eine Subventionierung unter dem Titel Waldbewirtschaftung zweckmässiger als die bisherige einzelfallweise Subventionierung unter der Bestimmung Ausbildung (Art. 39 Abs. 3 Bst. a). Die Verschiebungen sind kostenneutral. Die neue Ausrichtung von globalen Beiträgen für die praktische Ausbildung von Waldfachleuten der Hochschulstufe ist eine Konsequenz aus der den Änderungen der Artikel 29 Absatz 3 und 51 Absatz 2 WaG.

Absatz 1 Buchstabe f: Gemessen an den langsamen Vorgängen im Wald (Wachstum, Samenverbreitung, genetische Anpassungsfähigkeit etc.) drohen die laufenden klimatischen Veränderungen mit einer Geschwindigkeit abzulaufen, welche die natürlichen Anpassungsprozesse überfordert. Waldleistungen wie etwa der Schutz gegen Naturgefahren könnten vermindert werden oder ausfallen. Zu erwarten sind auch Auswirkungen auf die CO2-Senkenleistung des Waldes sowie auf die Holzproduktion, mit der in der einheimischen Wald- und Holzwirtschaft rund
80 000 Arbeitsplätze verbunden sind46. Gemäss Waldpolitik 2020 soll der Schweizer Wald als widerstands- und anpassungsfähiges Ökosystem erhalten bleiben und die von der Gesellschaft geforderten Leistungen auch unter veränderten Klimabedingungen erbringen47.

Die dazu notwendigen Anpassungsmassnahmen ­ auch Adaptationsmassnahmen genannt ­ weisen folgende strategische Stossrichtungen auf48:

46 47 48

­

Erhöhung der Widerstands- und Anpassungsfähigkeit des Waldes durch Jungwaldpflege (stabile und auf die künftigen Standorte abgestimmte Jungbestände),

­

Gezielte Anpassung von instabilen und klimasensitiven Waldbeständen mit dem Ziel genügender und geeigneter Verjüngung.

BAFU, 2012, Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz, Ziele, Herausforderungen und Handlungsfelder, Erster Teil der Strategie des Bundesrates vom 2. März 2012, S. 32.

Waldpolitik 2020, vom Bundesrat gutgeheissen am 31. August 2011 (BBl 2011 8736).

Waldpolitik 2020, vom Bundesrat gutgeheissen am 31. August 2011 (BBl 2011 8737).

4938

Zurzeit werden die Auswirkungen des Klimawandels (Trockenheit, Veränderung der Standortseigenschaften etc.) auf den Wald in einem Forschungsprogramm genauer abgeklärt. Daraus lassen sich anschliessend waldbauliche Empfehlungen ableiten.

Mit Absatz 1 Buchstabe f wird ein Subventionstatbestand eingeführt, der die finanzielle Unterstützung von Massnahmen, welche die Anpassungsfähigkeit des Waldes an den Klimawandel fördern, mit globalen Finanzhilfen erlaubt. Als Massnahmen namentlich genannt werden die Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut und die Jungwaldpflege. Neu werden die Massnahmen für die Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut (bisher nach Art. 38 Absatz 1 Buchstabe e) unter dem Artikel Waldbewirtschaftung finanziert. Sie stehen zunehmend im Zusammenhang mit dem Klimawandel und müssen entsprechend weiterentwickelt werden. Auch die Jungwaldpflege wird bereits nach geltendem Recht unterstützt (Art. 38 Abs. 1 Bst. b).

Angesichts der zunehmenden Bedeutung für die Anpassung an den Klimawandel wird sie ebenfalls in die vorliegende Bestimmung überführt. Die Jungwaldpflege beinhaltet auch die Waldverjüngung, soweit nicht marktfähige Holzprodukte anfallen (vorwettbewerblicher Bereich ohne Ertragsmöglichkeit).

Die präventiven Anpassungsmassnahmen nach Buchstabe f im Bereich der Jungwaldpflege verursachen einen finanziellen Mehrbedarf für den Bund (vgl.

Ziff. 3.1.1). Diese Investitionen sind notwendig, um Schäden in der Zukunft und deutlich höhere Folgekosten zu verhindern.

Mit Finanzhilfen unterstützt der Bund freiwillige Massnahmen der Kantone. Abzugrenzen ist Absatz 1 Buchstabe f deshalb von Artikel 37. Diese Bestimmung regelt die Abgeltung der Massnahmen zum Erhalt des Schutzwaldes, welche die Kantone gemäss Waldgesetz verpflichtend umzusetzen haben. Verjüngungs- und Jungwaldpflegemassnahmen innerhalb des Schutzwaldes werden deshalb nach Artikel 37 abgegolten.

Die Subventionierung soll wie bei den anderen Förderbereichen mit globalen Finanzhilfen im Rahmen von Programmvereinbarungen erfolgen. Damit werden die Massnahmen für die Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut nicht mehr wie bis anhin durch Verfügung des Bundesamtes gewährt. Die Höhe der Finanzhilfen ist anhand der Wirksamkeit der Massnahmen zu bestimmen. Die genaue Höhe der Finanzhilfen wird ­ wie bei der Subventionierung im Rahmen
von Programmvereinbarungen üblich ­ zwischen Bund und Kantonen ausgehandelt.

Absatz 2 Buchstabe a: Diese Bestimmung erfährt eine formelle Anpassung aufgrund der Ergänzung von Absatz 1.

Art. 39

Ausbildung

Absatz 3: Die Förderung der Ausbildung der Waldarbeiter ist neu Teil der Förderung für die nachhaltige Waldbewirtschaftung und wird unter Artikel 39 Absatz 3 gestrichen (vgl. Ziff. 2.4.3., Art. 38a).

Anstelle von Forstingenieuren wird neu von Hochschulabsolventinnen und -absolventen gesprochen, da sich die Bildungslandschaft in den vergangenen Jahren stark verändert hat (vgl. Ziff. 2.4.1, Art. 29).

4939

2.5

7. Kapitel: Verfahren und Vollzug

2.5.1

1. Abschnitt: Verfahren

Art. 46

Rechtspflege

Absatz 3: Artikel 12 des Natur- und Heimatschutzgesetzes vom 1. Juli 196649 (NHG) wurde mit Beschluss vom 20. Dezember 200650 revidiert und mit den Artikeln 12a­12g NHG ergänzt. Der Verweis im ersten Satz von Absatz 3 wird nachträglich entsprechend angepasst.

Absatz 4: Diese Bestimmung ist identisch mit Artikel 168 LwG. Der Bundesrat beabsichtigt von dieser Kompetenz insbesondere im Bereich der Bekämpfung von biotischen Gefahren für den Wald Gebrauch zu machen. Das Einspracheverfahren eignet sich für Massenverfügungen und Verfügungen mit speziell technischem Inhalt. Es stärkt die erstinstanzliche Verfügung und reduziert das Beschwerderisiko.

Dies dient insbesondere auch der Entlastung der Beschwerdeinstanzen.

Art. 47

Wirksamkeit von Bewilligungen und Anordnungen

Mit der oben genannten Änderung des NHG (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 46) wurde Artikel 12e NHG eingeführt, wonach im Beschwerdeverfahren der Gemeinden und der Organisationen gemäss Artikel 12 ff. NHG mit Bauarbeiten vor Abschluss des Verfahrens begonnen werden kann, soweit der Ausgang des Verfahrens die Arbeiten nicht beeinflussen kann. Diese Bestimmung ist formell nicht mit derjenigen von Artikel 47 vereinbar, der für die Wirksamkeit von Bewilligungen und Anordnungen auf deren Rechtskraft abstellt, beziehungsweise für Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen vorsieht. Die formelle Unvereinbarkeit wird mit der Einfügung eines entsprechenden Vorbehalts in einem zweiten Satz in Artikel 47 aufgelöst. Sinn und Zweck des ersten Satzes bleiben erhalten, da die in Artikel 12e NHG verordnete Aufhebung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln ausdrücklich nur so weit geht, als der Ausgang des Verfahrens die Arbeiten nicht beeinflussen kann. Ist beispielsweise die Rechtsmässigkeit einer Rodung bestritten, muss gemäss Artikel 12e NHG mit den Bauarbeiten wie bis anhin bis zur Rechtskraft des Urteils zugewartet werden.

Art. 48a

Kostentragung durch Verursacher

Mit dieser neuen Bestimmung wird das Verursacherprinzip im Waldgesetz verankert. Analog zu Artikel 59 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 198351 (USG) sollen nach Artikel 48a die Kosten von Massnahmen, welche die Behörden zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefährdung oder Beeinträchtigung des Waldes sowie zu deren Feststellung und Behebung treffen oder anordnen, dem schuldhaften Verursacher überbunden werden. Mit dem expliziten Verweis auf das Verschulden des Verursachers soll für das Waldgesetz klargestellt werden, dass als kostentragungspflichtiger Verursacher in erster Linie gilt, wer rechtliche Vorgaben, behördliche Anweisungen oder bestimmte Sorgfaltspflichten verletzt, sei dies durch Handeln oder durch Unterlassen (sog. Verhaltensstörer). Nicht kostenpflichtig sein soll 49 50 51

SR 451 BBl 2007 9 SR 814.01

4940

jedoch z.B. wer einzig Inhaber eines Grundstücks ist, von dem aus sich gewisse Schadorganismen verbreitet haben, ohne dass er davon wusste bzw. mit zumutbarem Aufwand etwas dagegen unternehmen konnte (sog. Zustandsstörer).

Diese Überwälzung der Kosten auf die Verursacher ist im Interesse einer gerechten Lastentragung und im Sinne der Generalprävention geboten. Eine besondere Relevanz weist Artikel 48a im Zusammenhang mit dem neuen Artikel 27a betreffend Massnahmen gegen Schadorganismen auf: Müssen auf Anweisung der Behörden insbesondere Bäume oder anderes Material vernichtet werden, so sollen die diesbezüglichen Kosten vom Verursacher getragen werden. Im Lichte von Artikel 26 soll das Verursacherprinzip jedoch nicht nur bei Massnahmen gegen Schadorganismen, sondern unter anderem auch bei der Bekämpfung von Naturereignissen gelten. So wird etwa der fahrlässige Verursacher eines Waldbrandes für die Kosten der Löschund Aufräumarbeiten sowie der Wiederbestockung aufzukommen haben.

In der Praxis wird es oft schwierig sein, einem potenziellen Verursacher eine genügende Kausalität zwischen dessen Verhalten und den eingetretenen Schäden bzw.

den getroffenen Massnahmen nachzuweisen. Die Beweislast für Verursachung und Verschulden liegt bei den zuständigen Behörden.

2.5.2 Art. 49

2. Abschnitt: Vollzug Bund

Absatz 1bis: Der Bund beaufsichtigt gemäss Artikel 49 Absatz 1 den Vollzug des Waldgesetzes. Zur genügenden Wahrnehmung dieser Aufsichtsfunktion muss er analog Artikel 38 USG dazu ermächtigt sein, seine verschiedenen Vollzugsmassnahmen mit denjenigen der Kantone zu koordinieren. Für die Koordination innerhalb der Bundesverwaltung ist die bezeichnete Leitbehörde zuständig. In der Praxis wird dies seit jeher so gehandhabt.

Absatz 3: Wie das Landwirtschaftsgesetz soll auch das Waldgesetz dem Bundesrat die Möglichkeit einräumen, den Erlass von Vorschriften vorwiegend technischer oder administrativer Natur an untergeordnete Behörden zu delegieren (vgl. Art. 177 Abs. 2 LwG). Die Pflanzenschutzverordnung enthält bereits derartige Subdelegationen (z.B. Art. 5 Abs. 2, Art. 14 Abs. 1, Art. 15 Abs. 4 oder Art. 31 Abs. 3 PSV). Für den Waldbereich sind diese aber im Gegensatz zum landwirtschaftlichen Teil der PSV gesetzlich nicht genügend abgestützt. Absatz 3 wird deshalb mit einem entsprechenden neuen Satz 2 ergänzt. Entsprechend der Verordnung des BLW über die vorübergehenden Pflanzenschutzmassnahmen52 (VvPM) soll das BAFU eine analoge Verordnung für den Schutz des Waldes erlassen können.

Art. 50a

Auslagerung von Vollzugsaufgaben

Entsprechend Artikel 43 USG sollen die Vollzugsbehörden auch im Bereich Wald nach Bedarf Kontrollen oder punktuell weitere Vollzugsaufgaben an öffentlichrechtliche Körperschaften oder Private auslagern können. Dies erfolgt gegen eine angemessene Entschädigung. Insbesondere die Kontrolle auf Schadorganismen (z.B.

in Holzverpackungen) an der Landesgrenze ist komplex und von den Mitarbeitenden 52

SR 916.202.1

4941

des Pflanzenschutzdienstes alleine nicht zu bewältigen. Der Bund ist deshalb für einen funktionierenden Vollzug auf den Beizug von zusätzlichen Fachpersonen angewiesen. Die Verantwortung für den Vollzug der Waldgesetzgebung im Gesamten verbleibt jedoch selbstverständlich weiterhin bei den zuständigen Behörden.

Art. 51

Forstorganisation

Absatz 2: Die Kantone teilen ihre Gebiete in Forstkreise und Forstreviere ein. Diese Bestimmung bleibt unverändert, selbst wenn die Kantone teilweise andere Bezeichnungen wie Waldabteilungen oder Waldregionen verwenden. Im Vordergrund steht die dezentrale Struktur des öffentlichen Forstdienstes. Zur Leitung der Forstkreise und Forstreviere werden Waldfachleute mit höherer Ausbildung , d.h. mit einer Tertiärbildung oder vergleichbarer Qualifikation, sowie praktischer Erfahrung eingesetzt. Als Waldfachleute mit höherer Ausbildung gelten forstliche Ausbildungen auf höherer Fachschul- (HF), Fachhochschul- (FH) und ETH-Stufe (tertiäre Bildung). Es sind aber auch andere gleichwertige Ausbildungen mit einer zusätzlichen Vertiefung im Waldbereich beispielsweise in Form einer Nachdiplomausbildung möglich. Es ist an den Anstellungsbehörden, das Qualifikationsprofil auf die jeweiligen Anforderungen auszurichten. Zur Leitung eines Forstreviers dürfte beispielsweise eine forstliche Ausbildung vorausgesetzt werden.

Praktische Erfahrungen können auf verschiedene Art und Weise gesammelt werden, beispielsweise in Praktika, die in die Ausbildung integriert werden, in Berufspraktika oder in sogenannten «Trainee»-Programmen. Entsprechende Ausbildungsplätze werden unter anderem vom öffentlichen Forstdienst (Bund und Kantone) oder den Verbänden angeboten. Die Anforderungen an die praktische Erfahrung werden in der Waldverordnung umschrieben. Im Vordergrund stehen ein integrales Waldverständnis, Kenntnisse der hoheitlichen Aufgaben in verschiedenen Themenbereichen sowie die Förderung und Beurteilung der Kompetenzen der Absolventinnen und Absolventen.

2.6

8. Kapitel: Schlussbestimmungen

Anhang: Änderung anderer Erlasse Ziffer 1: Änderung des Nationalparkgesetzes Der Ingress des Nationalparkgesetzes vom 19. Dezember 198053 ist an die totalrevidierte Bundesverfassung anzupassen. Gemäss dem Beschluss der Redaktionskommission des Parlaments soll der Ingress von Bundesgesetzen, die vor dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung erlassen worden sind, anlässlich von Teilrevisionen formell angepasst werden.

53

SR 454

4942

Ziffer 2: Änderung des Jagdgesetzes Ingress Der Ingress des Jagdgesetzes vom 20. Juni 198654 (JSG) ist ebenfalls an die totalrevidierte Bundesverfassung anzupassen. Gemäss dem Beschluss der Redaktionskommission des Parlaments soll der Ingress von Bundesgesetzen, die vor dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung erlassen worden sind, anlässlich von Teilrevisionen formell angepasst werden. Gemäss geltender Praxis werden im Ingress eines Bundesgesetzes nunmehr einzig die formell kompetenzbegründenden, zur Rechtsetzung ermächtigenden Bestimmungen der BV aufgeführt; ist dies nicht der ganze Artikel, sondern sind es nur einzelne Absätze oder Buchstaben davon, werden nur diese aufgeführt. Die materiellen Verfassungsbestimmungen, die konkretisiert werden sollen oder die für den betroffenen Rechtsbereich gelten, werden nicht zu den Rechtsgrundlagen gezählt. An diese Praxis ist auch das JSG anzupassen, wobei Artikel 74 Absatz 1, 78 Absatz 4, 79 und 80 Absatz 1 BV als formell kompetenzbegründende Bestimmung aufzuführen sind.

Art. 12 Abs. 5 zweiter Satz Das Jagdgesetz soll mit einer Bestimmung analog zu Artikel 50a Waldgesetz ergänzt werden, wonach der Bund öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Private gegen Entschädigung mit der Durchführung von Kontrollen oder weiteren Vollzugsmassnahmen im Rahmen der Verhütung von Wildschäden durch Grossraubtiere an Nutztieren beauftragen kann. Diese Ergänzung erfolgt insbesondere vor folgendem Hintergrund: Mit der Überweisung der Motion 10.3242 wird der Bundesrat beauftragt, den Schutz der Nutztiere vor Grossraubtierschäden (Herdenschutz) zu fördern. Gemäss Erkenntnissen der vergangenen Jahre muss als bedeutendste Massnahme im Sömmerungsgebiet der Schutz mit Herdenschutzhunden zum Tragen kommen. Zur Schaffung des entsprechenden Förderartikels wurde im Rahmen der Agrarpolitik 2014­17 folgender neuer Absatz ins Jagdgesetz eingefügt (von beiden Räten gutgeheissen): «Der Bund fördert und koordiniert die Massnahmen der Kantone zur Verhütung von Wildschaden, der durch Grossraubtiere an Nutztieren verursacht wird» (Art. 12 Abs. 5 JSG). Gemäss diesem Absatz liegt der Vollzug des Herdenschutzes bei den Kantonen, während die Förderung von Herdenschutzmassnahmen beim BAFU liegt, was auch der Motion 10.3242 entspricht. Im Sinne einer schlanken Organisation und eines einheitlichen
Einsatzes der Bundesmittel soll nun mit dem ergänzten Artikel 12 Absatz 5 JSG sichergestellt werden, dass das BAFU öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Private gegen Entschädigung mit entsprechenden Aufgaben zur Koordination und zum Vollzug des Herdenschutzes beauftragen kann. Bereits im Rahmen der heutigen rechtlichen Regelung gemäss Artikel 10 Absatz 4 der Jagdverordnung vom 29. Februar 198855 (JSV), welche die Förderung regionaler Herdenschutzprojekte erlaubt, und Artikel 10bis Buchstabe g JSV, welcher die interkantonale Koordination fordert, übernehmen einzelne Organisationen gewisse, allerdings nicht hoheitliche Aufgaben; zu diesen Organisationen zählen z.B. die landwirtschaftliche Beratungszentrale AGRIDEA, welche die Kantone und Landwirte zum Herdenschutz berät und konkrete Massnahmen fördert, oder der Verein Herdenschutz54 55

SR 922.0 SR 922.01

4943

hunde Schweiz, welcher die Hundehalterinnen und -halter bezüglich des rechtskonformen Einsatzes von Herdenschutzhunden informiert und ausbildet. Mit der genannten Ergänzung soll diese bewährte Praxis nun auch bei der hoheitlichen Aufgabe ­ der flächendeckenden Förderung des Herdenschutzes durch das BAFU ­ übernommen werden können. Die diesbezügliche Delegation hoheitlicher Aufgaben an externe Organisationen soll insbesondere ermöglichen, im Auftrag des BAFU die Fördergelder des Bundes an die einzelnen Züchterinnen und Züchter sowie die Halterinnen und Halter von Herdenschutzhunden auszubezahlen; damit verbunden ist die Überprüfung der Förderwürdigkeit der Hunde, so wie sie das BAFU in seinen Richtlinien über die Qualität dieser Hunde (Zucht, Ausbildung) sowie das Risikomanagement (Haltung, Einsatz) regeln wird. Mit diesen Richtlinien werden u.a.

Konflikte und Risiken beim Einsatz der Hunden im Sinne der Motion 10.3242 minimiert. Mit der vorgesehenen Delegation an qualifizierte Organisationen mit entsprechendem Fachwissen wird die Förderung und Koordinierung des Herdenschutzes vereinfacht und der Herdenschutz verbessert.

Art. 13 Abs. 3 Gemäss geltendem Wortlaut von Artikel 13 Absatz 3 Jagdgesetz gewährt der Bund den Kantonen auf der Grundlage von Programmvereinbarungen globale Abgeltungen an die Kosten der Entschädigung von Wildschäden, welche auf ein eidgenössisches Jagdbanngebiet zurückzuführen sind. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass es in und um gewisse Jagdbanngebiete zu Wildschadenproblemen kommen kann (z.B. im umliegenden Kulturland oder umliegenden Wald), wenn in den bundesrechtlich geschützten Gebieten hohe Wildtierbestände auftreten. Die Abgeltungen des Bundes dienen dazu, untragbare Wildschäden abzudecken, die trotz allfälliger Eingriffe in den Wildtierbestand entstanden sind. Wildschäden können nicht nur in und um eidgenössische Jagdbanngebiete auftreten, sondern ebenso in und um eidgenössische Wasser- und Zugvogelreservate von internationaler oder nationaler Bedeutung, insbesondere verursacht durch die in jüngster Zeit allgemein gestiegenen Wildschweinbestände. Deshalb sind den Kantonen vom Bund in einer weiten Auslegung von Artikel 13 Absatz 3 JSG und gestützt auf Artikel 15 der Verordnung vom 21. Januar 199156 über die Wasser- und Zugvogelreservate von internationaler und
nationaler Bedeutung (WZVV) bereits bisher globale Abgeltungen für die Entschädigung und Verhütung von Wildschäden auch in und um die genannten Vogelreservate gewährt worden. Diese Praxis hat sich bewährt, womit sich Artikel 13 Absatz 3 JSG explizit auf beide Arten von eidgenössischen Schutzgebieten nach JSG beziehen soll. An Höhe und Umfang der Abgeltungen ändert sich nichts.

56

SR 922.32

4944

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Anpassung an den Klimawandel (Adaptation): Für die Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ausserhalb des Schutzwaldes (Art. 38a Abs. 1 Bst. f) sind Mittel in der Höhe von insgesamt rund 21 Millionen Franken pro Jahr notwendig. Diese Mittel fallen jährlich an und dienen der notwendigen Prävention im Hinblick auf die zu erwartenden klimatischen Änderungen und deren Folgen. Aktuell werden in diesem Bereich jährlich rund CHF 11 Millionen investiert (Jungwaldpflege), womit der jährliche Mehrbedarf bei 10 Millionen Franken liegt. Die insgesamt notwendigen Mittel teilen sich auf folgende zwei Bereiche auf: ­

Waldverjüngung (Anpassung auf klimasensitiven Waldstandorten und von klimasensitiven Beständen): Mehrbedarf von 10 Millionen Franken. Damit können bis 2020 rund 25 Prozent der klimasensitiven Flächen (total 50 000 ha gemäss Schätzungen BAFU aufgrund Daten des LFI3, 4,1 % der Gesamtwaldfläche) behandelt werden. Klimasensitiv sind Standorte, welche bereits heute oder in absehbarer Zeit zu trocken für die aktuelle Bestockung sind, z.B. trockene Standorte im Jura und auf der Alpensüdseite oder um bereits absterbende Föhrenwälder in den Zentralalpen. Im weiteren Sinn klimasensitiv sind auch Standorte mit einem hohen Waldbrandrisiko (z.B.

Bestände mit viel Dürrholz und hoher Waldbrandgefährdung im Rhonetal oder Rheintal). Auf solchen Standorten können vorgezogene Verjüngungen notwendig sein, um die vielfältigen Waldleistungen sicherzustellen. Bei einer stärker ausgeprägten Klimaerwärmung können weitere Gebiete zu klimasensitiven Standorten werden57.

­

Jungwaldpflege ausserhalb des Schutzwaldes: 11 Millionen Franken. Dies entspricht den heute getätigten Ausgaben für die Jungwaldpflege. Damit sind jährlich in gut 11 000 ha Jungwäldern (0,9 % der Gesamtwaldfläche) Pflegeeingriffe möglich, welche die Klimaänderung berücksichtigen.

Für die Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel (ebenfalls Prävention) im Schutzwald (Art. 37) ist eine Erhöhung der bestehenden Mittel um insgesamt rund 10 Millionen Franken pro Jahr notwendig. Damit lassen sich bis 2040 rund 25 Prozent der Fläche der kritischen Schutzwälder (68 000 ha gemäss LFI358, 5,6 % der Gesamtwaldfläche) behandeln. Dies geschieht durch vorzeitige Verjüngung von instabilen Beständen. Die Finanzierung der Anpassungsmassnahmen im Schutzwald muss erhöht werden, ansonsten droht eine Zunahme des Anteils kritischer Schutzwälder, was erhebliche volkswirtschaftliche Kosten zur Folge haben wird.

Waldschäden ausserhalb Schutzwald: Für die Abgeltung der Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes (Art. 37a) und die Abfindung für Kosten (Art. 37b) wird ohne Grossereignisse mit einem ungefähren Finanzbedarf von zwei 57 58

Vgl. BAFU, 2012, Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz. Ziele, Herausforderungen und Handlungsfelder. Erster Teil der Strategie des Bundesrates vom 2. März 2012.

Brändli, U.-B. (Red.) 2010: Schweizerisches Landesforstinventar. Ergebnisse der dritten Erhebung 2004­2006. Birmensdorf, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Bern, Bundesamt für Umwelt, BAFU. Seite 245.

4945

Millionen Franken pro Jahr für den Bund gerechnet. Die Ausgaben können auf Grund der Befallssituation jährlich schwanken. Mit dem Instrument der Programmvereinbarungen über vier Jahre kann ein Ausgleich der Kosten erreicht und können Spitzen geglättet werden.

Holzförderung: Für die Umsetzung von Artikel 34a zur Holzförderung sind wie bisher vier Millionen Franken vorgesehen (Weiterführung von Massnahmen wie Aktionsplan Holz); die Umsetzung verursacht somit keine zusätzlichen Kostenfolgen für den Bund.

Biodiversität: Für den Schutz der Biodiversität im Wald (Art. 38) sind zusätzliche finanzielle Mittel nötig. Der Bundesrat wird den damit verbundenen Mehrbedarf im Rahmen des Aktionsplans zur Umsetzung der Strategie Biodiversität Schweiz festlegen.

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Umsetzung des ergänzten Waldgesetzes erfordert beim BAFU einen Personalaufwand von 300 unbefristeten Stellenprozenten ab Umsetzung des Waldgesetzes.

Betroffen sind die Bereiche Schutz vor Schadorganismen (200 %) und Klimawandel (100 %).

Mit der zunehmenden Globalisierung nimmt auch die Problematik der Einschleppung von nichteinheimischen Schadorganismen zu. Um die steigenden Anforderungen an die Prävention und Bekämpfung von biotischen Schäden im Wald und auf Waldbäumen im Grünland bewältigen zu können, sind in enger Abstimmung mit der Landwirtschaft 200 Stellenprozente notwendig (unbefristet). Die neuen gesetzlichen Regelungen müssen konkretisiert, neue Programmvereinbarungen müssen erarbeitet und in den Jahren ab 2016 umgesetzt werden. Zusätzlich sind Bekämpfungsstrategien zu entwickeln und anzupassen, und das Controlling der Beiträge muss aufgebaut und umgesetzt werden.

Im Bereich Klimawandel sind für die Umsetzung der Erkenntnisse aus dem laufenden Forschungsprogramm Wald und Klimawandel 100 Stellenprozente notwendig (unbefristet). Dazu gehört insbesondere die Weiterentwicklung geeigneter waldbaulicher Massnahmen, die Abgrenzung klimasensitiver Standorte und Bestände sowie die Entwicklung und Umsetzung entsprechender Programmvereinbarungen inklusive des Controlling.

Von den insgesamt 300 Stellenprozenten können BAFU-intern 100 Stellenprozente kompensiert werden, 200 Stellenprozente werden neu beantragt (unbefristet).

Erhöhungen Departement

Kurzbeschrieb

UVEK (BAFU) UVEK (BAFU)

Schutz vor Schadorganismen Klimawandel (Anpassung)

4946

Personalkosten CHF

180 000 180 000

Anzahl Stellen

1 1

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Vorlage hat Auswirkungen auf die Kantone. Diese sind zum einen finanzieller Art. Subventionen gewährt der Bund gemäss Artikel 7 Buchstabe c und d des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199059 (SuG) nur unter der Voraussetzung, dass sich auch die Kantone angemessen beteiligen. Die Subventionen des Bundes im Waldbereich werden grösstenteils über mehrjährige Programmvereinbarungen gesteuert. Wie bei den bisherigen Subventionen im Waldbereich dürfte der Bundesanteil auch bei den neuen Finanzhilfen und Abgeltungen bei rund 40 Prozent der Gesamtkosten zu liegen kommen. Bei zusätzlich vorgesehenen Bundesmitteln im jährlichen Umfang von 22 Millionen Franken (2 Mio. für Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes, 10 Mio. für Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ausserhalb des Schutzwaldes und 10 Mio. für Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel im Schutzwald) ist dementsprechend für die Kantone und die weiteren Akteure mit einem jährlichen Mehraufwand von rund 30 Millionen Franken zu rechnen. Die Kantone können den Umfang der zusätzlich einzusetzenden Mittel mit der Ausgestaltung der entsprechenden Programmvereinbarungen steuern. Sie haben in den letzten Jahren bei den Verhandlungen zu den Programmvereinbarungen jeweils einen höheren Bedarf geltend gemacht, als der Bund berücksichtigen konnte.

Aufgrund der verstärkten Anforderungen an die Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren ist mit einem administrativen Mehraufwand im Vollzug des Pflanzenschutzes zu rechnen.

Aufgrund der Anpassungen zu den Bestimmungen bezüglich Anforderungen an eine Tätigkeit im öffentlichen Forstdienst (Art. 29 Abs. 3 und 51 Abs. 2) erhalten die Kantone mehr Verantwortung und Handlungsspielraum bei den Stellenbesetzungen.

Angesichts des regional zurzeit ausgetrocknetem Arbeitsmarkt ist dies als positiv zu werten.

Positive Folgen hat die Vorlage auf die Gemeinden, die Waldeigentümerinnen sind oder Forstbetriebe führen. So trägt die Unterstützung von Massnahmen zur Bekämpfung von Störungsfällen (ausserhalb des Schutzwaldes) sowie zur Wiederbewaldung im Schadensfall zur qualitativen Walderhaltung bei, was sich positiv auf unterschiedliche Waldfunktionen wie die Holzproduktion, die Aufrechterhaltung der Schutzwaldleistung, die CO2-Senkenleistung oder die Trinkwasserreinigung auswirkt. Ferner
erhöhen die Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel die Stabilität der Bestände, und sie sichern die unterschiedlichen Waldfunktionen langfristig. Daneben sind weitere günstige volkswirtschaftliche Auswirkungen zu erwarten (vgl Ziff. 3.3) für Gemeinden mit Waldeigentum oder für Gemeinden, welche einen Forstbetrieb führen.

Mit dem ergänzten Artikel 12 Absatz 5 Jagdgesetz (vgl. oben Ziff. 2.6) muss nicht jeder Kanton eine eigene Struktur zum Vollzug des Herdenschutzes aufbauen, was die organisatorischen und diesbezüglichen finanziellen Auswirkungen für die Kantone tiefer hält. Eine detaillierte Hochrechnung der Kosten des Herdenschutzes insgesamt ist im Bericht des Bundesrates in Erfüllung der Motion 10.3242 vom 9. November 2013 ersichtlich.

59

SR 616.1

4947

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die wesentlichen Neuerungen des vorliegenden Entwurfs wurden einer volkswirtschaftlichen Beurteilung (VOBU) unterzogen.60 Die zentralen Ergebnisse der VOBU werden nachfolgend zusammengefasst.

3.3.1

Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren

Die Unterstützung von Massnahmen zur Bekämpfung von Störungsfällen, die ausserhalb des Schutzwaldes auftreten, sowie zur Wiederbewaldung im Schadensfall trägt zur qualitativen Walderhaltung bei. Eine rasche Wiederbewaldung der betroffenen Bestände wirkt sich positiv auf unterschiedliche Waldfunktionen wie die Holzproduktion, die Aufrechterhaltung der Schutzwaldleistung, die CO2-Senkenleistung oder die Trinkwasserreinigung aus.

Der heute geschätzte Bedarf (ohne Grossereignisse) liegt bei zusätzlichen Bundesmitteln von zwei Millionen Franken pro Jahr. Dies sind nur geringe Kosten, allerdings könnte der Mittelbedarf im Zusammenhang mit dem Klimawandel zukünftig steigen, wenn Waldbrände, die Ausbreitung von Schadorganismen oder Stürme an Häufigkeit und Heftigkeit zunehmen.

Die Kosteneffizienz muss zudem im Vergleich mit einer Situation beurteilt werden, die sich einstellt, falls keine Massnahmen ergriffen werden: Welche Kosten entstünden langfristig, wenn für die entsprechenden Eingriffe keine Mittel zur Verfügung stünden? In Anbetracht erheblicher Folgekosten bzw. entgangener Einnahmen ist davon auszugehen, dass die Massnahme kosteneffizient ist. Deutliche Folgekosten bzw. Einkommensverluste entstehen beispielsweise bei Borkenkäferkalamitäten im Nadelwald oder durch die starke Ausbreitung anderer Schadorganismen.

Ordnungspolitisch ist diese Massnahme gut zu vertreten. Die Nebeneffekte sind vergleichsweise gering und überwiegend positiv zu werten.

3.3.2

Anpassung an den Klimawandel

Eine gezielte Jungwaldpflege fördert stabile und anpassungsfähige Bestände. Eine andauernde Wirkung kann jedoch nur in Kombination mit anderen Massnahmen wie standortgerechter Wiederbewaldung (z.B. über Naturverjüngung) und Durchforstungen im Stangenholz erzielt werden.

Mit jährlich zusätzlichen Bundesbeiträgen von 20 Millionen Franken können bis 2040 25 Prozent der Fläche der kritischen Schutzwälder und bis 2020 25 Prozent der klimasensitiven Bestände behandelt werden (siehe Ziff. 3.1.1). Es ist zu erwarten, dass der mit der Jungwaldpflege erzielte Mehrwert (höhere Widerstandsfähigkeit der Bestände gegen natürliche Extremereignisse) die jährlichen Kosten übersteigt. Für 60

Für eine möglichst wirksame und effizient ausgestaltete Umweltpolitik werden umweltpolitische Massnahmen mit der Methode der volkswirtschaftlichen Beurteilung (VOBU) evaluiert. Dabei werden die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen analysiert. Siehe www.bafu.admin.ch.

4948

einen effizienten Mitteleinsatz sind eine sorgfältige Auswahl der zu fördernden Flächen und Pflegemassnahmen wichtig, welche die Anpassungsfähigkeit der Jungwälder stärken.

Die Förderung der Jungwaldpflege ist aufgrund der positiven Effekte auf verschiedene Waldleistungen von öffentlichem Interesse. Durch die erhöhte Stabilität der Bestände werden die unterschiedlichen Waldfunktionen langfristig gesichert, sodass auch die Auswirkungen im wirtschaftlichen Bereich (insb. Holznutzung) überwiegend positiv zu beurteilen sind. Die Behebung von Schäden, die in Zukunft entstehen, falls keine Massnahmen ergriffen werden, dürften höhere Kosten verursachen als rechtzeitige Anpassungsmassnahmen. Die Nebeneffekte sind positiv zu beurteilen.

3.3.3

Holzförderung

Der neue Artikel zur Holzförderung (Art. 34a) verstärkt die Basis zur bestehenden Ressourcenpolitik Holz des Bundes61. Das öffentliche Interesse an einer Mehrnutzung von Holz gründet in der Tatsache, dass die Holznutzung synergetische Wirkungen mit anderen Waldfunktionen beziehungsweise mit ökologischen sowie sozial-gesellschaftlichen Zielen aufweist. Eine nachhaltige Holznutzung, die den Zielen der Waldpolitik 2020 genügt, wird sich aber erst dann ergeben, wenn die dazu erforderlichen Rahmenbedingungen ausreichend wettbewerbsfähige Unternehmensstrukturen ermöglichen. Im komplexen System der Wald- und Holzwirtschaft mit einer Vielzahl von öffentlichen und privaten Akteuren ist die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen ein langfristiger Prozess. In der Pflicht dazu stehen nicht nur die Unternehmen, sondern auch die öffentliche Hand (Bund, Kantone, Gemeinden), die wichtige Rahmenbedingungen setzt und Anreize schaffen kann. Die Förderung der Mehrnutzung von Holz ist demnach als eine langfristige Aufgabe anzusehen.

Der Stand der Zielerreichung der Ressourcenpolitik Holz (Zeithorizont bis ins Jahr 2020) ist nach Einschätzung des BAFU sowie der wichtigsten Stakeholder gut.

Dabei wird hervorgehoben, dass durch die Förderung des Bundes speziell im Bereich Holzbau entscheidende Impulse gesetzt werden konnten (z.B. Brand- und Schallschutz).

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Bevölkerung der Schweiz hat ein breites Verständnis der vielfältigen Waldfunktionen und weiss diese zu schätzen.62 Sie ist der Meinung, dass die Leistungen des Waldes zugunsten der Allgemeinheit etwas kosten dürfen63. Sämtliche Waldfunktionen werden als wichtig bis absolut wichtig beurteilt. Die Einschätzung der vor-

61 62

63

Abrufbar unter: www.bafu.admin.ch/wald > Waldpolitik des Bundes BAFU und WSL (Hrsg.) 2012: Die Schweizer Bevölkerung und ihr Wald. Bericht zur zweiten Bevölkerungsumfrage Waldmonitoring soziokulturell (WaMos 2). Bundesamt für Umwelt, Bern und Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, Birmensdorf.

Faktenblatt WaMos2: Multifunktionaler Wald. Medienmitteilung BAFU vom 17.2.2012.

4949

rangigen Waldfunktionen durch die Allgemeinheit deckt sich weitgehend mit der vom Bundesrat im August 2011 verabschiedeten Waldpolitik 2020.

Die vorliegende Gesetzesergänzung zur Umsetzung der Waldpolitik 2020 stärkt die langfristige Erfüllung aller Waldleistungen und somit auch der gesellschaftlichen Funktion des Waldes.

3.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Vorlage verbessert den Schutz des Waldes, indem sie die Verhütung und Behebung von Waldschäden verstärkt, das Verursacherprinzip bezüglich Kostentragung einführt (analog zum Umweltbereich) und Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel vorsieht. Sie wirkt sich positiv auf das ökologische Gleichgewicht aus.

Indem sie die Holznutzung im nachhaltigen Rahmen fördert und damit den Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen reduziert, verbessert die Vorlage die CO2-Bilanz der Schweiz indirekt. Die Förderung von Klimaanpassungsmassnahmen mindert die Risiken von Umweltkatastrophen. Durch Anpassungsmassnahmen wird der Wald selbst widerstandsfähiger. Damit werden die volkswirtschaftlich wichtige Schutzfunktion und andere Waldleistungen auch in Zukunft sichergestellt. Insgesamt sind die Auswirkungen der Vorlage auf die Umwelt deshalb positiv.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist zwar weder in der Botschaft vom 25. Januar 201264 zur Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201265 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt. Die «Aufarbeitung forstpolitischer Pendenzen» war aber bereits in der Legislaturplanung 2007­201166 als Richtliniengeschäft enthalten (Art. 14 Ziff. 68). Mit der im Frühling 2012 beschlossenen Änderung des Waldgesetzes sind die forstpolitischen Pendenzen erst im Bereich der Waldfläche erledigt worden. Die Waldgesetzänderung ist zudem angezeigt, da sie für die Umsetzung der breit abgestützten Waldpolitik 2020 notwendig ist.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.2.1

Waldpolitik 2020

Die Vorlage stützt sich auf die vom Bundesrat am 31. August 2011 verabschiedete Waldpolitik 202067. Diese löste die bisherige waldpolitische Grundlage, das Waldprogramm Schweiz (WAP-CH) aus dem Jahr 2004, ab. Neu in der Waldpolitik 2020 sind insbesondere die Zielsetzungen im Bereich Klimawandel und Holznutzung.

64 65 66 67

BBl 2012 481 BBl 2012 7155 BBl 2008 8548 BBl 2011 8731

4950

Dabei soll das nachhaltige Holznutzungspotenzial ausgeschöpft werden und der Wald als anpassungsfähiges Ökosystem erhalten bleiben, damit er auch unter den sich ändernden klimatischen Bedingungen die vielfältigen Leistungen als Schutz gegen Naturgefahren, Holzlieferant, Erholungsraum, Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Trinkwasserlieferant sowie zum Klimaschutz (z. B. als CO2-Senke) erbringen kann. Die Kantone, vertreten durch die Forstdirektorenkonferenz, haben sich grundsätzlich positiv zu den Stossrichtungen der Waldpolitik 2020 geäussert.

Die Akteure aus Wirtschaft, Umwelt, Bildung und Forschung wurden bei der Erarbeitung ebenfalls einbezogen.

Mit der vorliegenden Ergänzung des Waldgesetzes schliesst der Bundesrat punktuell gesetzliche Lücken zur Umsetzung der Waldpolitik 2020. Dies entspricht dem Ziel 23 des Bundesrates für das Jahr 201468. Der Bundesrat hat auch Massnahmen für einen besseren Zugang zu den Holzressourcen ausserhalb des Schutzwaldes geprüft, erachtet eine solche Förderung aber nicht als Bundesaufgabe. Zudem hat der Bundesrat Lösungsvorschläge geprüft, wie die vom Wald erbrachte Klimaschutzleistung entschädigt und in Zukunft noch verbessert werden könnte; er lehnt eine diesbezügliche Regelung jedoch ab.

4.2.2

Strategie Biodiversität Schweiz

Die Strategie Biodiversität Schweiz69 wurde vom Bundesrat am 25. April 2012 verabschiedet. Sie soll sicherstellen, dass die Biodiversität reichhaltig sowie gegenüber Veränderungen reaktionsfähig ist und dass die Biodiversität und ihre Ökosystemleistungen langfristig erhalten bleiben. Dazu sieht sie zehn strategische Ziele vor.

Ziel für den Bereich Waldwirtschaft und die weiteren Nutzungssektoren ist, dass die Nutzung der natürlichen Ressourcen bis 2020 nachhaltig erfolgt, sodass die Erhaltung der Ökosysteme und ihrer Leistungen sowie der Arten und der genetischen Vielfalt sichergestellt ist70. Die für die Waldwirtschaft definierten Handlungsfelder sind mit den Zielen, strategischen Stossrichtungen und Massnahmen der Waldpolitik 2020 im Bereich Biodiversität abgestimmt. Die vorliegende Waldgesetzrevision präjudiziert die Umsetzung der Strategie Biodiversität Schweiz nicht negativ und ist damit mit ihr vereinbar.

4.2.3

Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015

Die vom Bundesrat am 25. Januar 2012 verabschiedete Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­201571 betrachtet für den Wald die Tatsache als Herausforderung, dass der Wald in der Schweiz unter seiner Zuwachsleistung genutzt wird, während ausserhalb Europas der Schutz der Wälder vor Übernutzung im Vordergrund steht.

Energie- und klimapolitisch sinnvoll wäre nach Ansicht des Bundesrats eine vermehrte Nutzung des einheimischen Rohstoffs und Energieträgers Holz sowie eine 68 69 70 71

Ziele des Bundesrates 2014. Band I. Schweizerische Bundeskanzlei.

BBl 2012 7239 BBl 2012 7293 Bericht des Bundesrates vom 25. Januar 2012 Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015. Abrufbar unter: www.are.admin.ch > Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung

4951

bessere Wertschöpfung im Inland72. Mit Artikel 34a wird diese Herausforderung angegangen. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015 verweist unter den laufenden Massnahmen auf die Waldpolitik 2020 und die Ressourcenpolitik Holz73.

Die vorliegenden Anpassungen des Waldgesetzes sorgen dafür, dass das Gleichgewicht der drei Dimensionen der Nachhaltigkeit und der unterschiedlichen Waldfunktionen auch zukünftig gewährleistet ist. Die vorliegenden Anpassungen des Waldgesetzes entsprechen damit der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015.

4.2.4

Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz

Die Strategie des Bundesrates setzt den Rahmen für das koordinierte Vorgehen der Bundesämter bei der Anpassung an den Klimawandel. Der erste Teil der Anpassungsstrategie enthält die Ziele, Herausforderungen und Handlungsfelder für die Anpassung und wurde vom Bundesrat am 2. März 2012 verabschiedet74. Der zweite Teil wurde vom Bundesrat am 9. April 2014 verabschiedet und zeigt auf, wie die Schweiz diese Ziele erreichen und die Herausforderungen bewältigen will. Gemäss dem ersten Teil der Strategie sollen Anpassungsmassnahmen im Wald bestehende Risiken abbauen, die Anpassungsfähigkeit durch gezielte Verjüngung erhöhen und künftige Risiken vermindern. Die Umsetzung auf Bundesebene soll gemäss der Strategie im Rahmen der Waldpolitik 2020 des Bundes und der Ergänzung des Waldgesetzes erfolgen. Die Vorlage kommt dieser Forderung nach, indem wie gefordert neu die Förderung von Massnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Schadorganismen ausserhalb des Schutzwaldes möglich wird. Zudem wird die Jungwaldpflege verstärkt auf die Anforderungen des Klimawandel ausgerichtet und bezüglich des Umfangs der zu behandelnden Fläche ausgeweitet (inkl. Schutzwald).

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Verfassungsmässigkeit von Artikel 21a (Arbeitssicherheit) ergibt sich aufgrund von Artikel 95 Absatz 1 BV, der es dem Bund erlaubt, die Ausübung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit zu regeln und aus wirtschaftspolizeilichen Gründen Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit zu erlassen.

Die weiteren Bestimmungen dieser Vorlage stützen sich auf Artikel 77 BV, der den Bund verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Wald seine Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen erfüllen kann (Abs. 1) und ihn zu diesen Zwecken ermächtigt, Grundsätze über den Schutz des Waldes festzulegen (Abs. 2) sowie Massnahmen zur Walderhaltung zu fördern (Abs. 3).

Eine vermehrte Holznutzung stärkt zum einen die Waldwirtschaft und entspricht damit dem Zweck des Waldgesetzes, wonach die Waldwirtschaft zu fördern und zu erhalten ist (Art. 1 Abs. 1 Bst. d). Zum anderen begünstigt sie die Waldverjüngung 72 73 74

Bericht des Bundesrates vom 25. Januar 2012 Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015, S. 35.

Bericht des Bundesrates vom 25. Januar 2012 Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015, S. 36.

BBl 2012 3777

4952

und ist Voraussetzung für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes, für eine ausreichende Stabilität der Wälder und zur Sicherstellung der Waldfunktionen.

Damit hat Artikel 34a zur Holzförderung mit Artikel 77 BV ebenfalls eine genügende verfassungsmässige Grundlage. Da die Bestimmung zur Verbesserung des Holzabsatzes und der Holzverwertung nur wettbewerbsneutrale Instrumente vorsieht (vgl. Ziff. 2.4.2), ist sie mit Artikel 94 Absatz 1 BV vereinbar.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

An der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (Rio 1992) hat sich die Schweiz durch die Unterzeichnung der Waldgrundsätze-Erklärung (forest principles) und des Kapitels 11 des Aktionsprogramms Agenda 21 zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung verpflichtet. Dies bedeutet konkret: Die Bewirtschaftung und Nutzung von Wäldern und Waldflächen auf eine Weise und in einem Ausmass, das deren biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität erhält sowie deren Potenzial, jetzt und in der Zukunft die entsprechenden ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen, ohne anderen Ökosystemen Schaden zuzufügen75. Mit der Unterzeichnung des Übereinkommens vom 5. Juni 199276 über die Biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention) hat sich die Schweiz verpflichtet, die wertvolle Ressource Biodiversität zu erhalten, zu fördern und nachhaltig zu nutzen. Die Waldpolitik 2020 sowie der vorliegende Gesetzesentwurf stehen mit den Verpflichtungen im Einklang, insbesondere mit dem Strategischen Plan für Biodiversität 2011­2020 und den Aichi-Zielen zur Biodiversität77.

Was das Verhältnis zur EU betrifft, so stipuliert das Freihandelsabkommen vom 22. Juli 197278 zwischen der Schweiz und der EU, dass die Parteien auf jede staatliche Beihilfe, die den Wettbewerb durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige im Handel mit der EU verfälscht oder zu verfälschen droht, verzichten. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen zur Holzförderung sind bei ihrer Umsetzung dementsprechend nicht-diskriminierend und wettbewerbsneutral auszugestalten.

Die Schweiz hat sich im Abkommen vom 21. Juni 199979 mit der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Agrarabkommen) dazu verpflichtet, im Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen die technischen Hemmnisse im Bereich Pflanzenschutz abzubauen. Massgebend ist dabei Anhang 4 zum Pflanzenschutz (Art. 5 Abs. 1). Die Artikel 26 ff. des vorliegenden Gesetzesentwurfs sind mit den entsprechenden Bestimmungen vereinbar.

Insbesondere trifft aufgrund der gemeinsamen Bemühungen bei der Bekämpfung von invasiven gebietsfremden Organismen noch immer zu, dass die Schweiz und die EU vergleichbare Rechtsvorschriften über Massnahmen zum Schutz vor der Einschleppung und Verschleppung von Schaderregern durch Pflanzen, Pflanzenerzeug75 76 77 78 79

Allgemeine Definition für die «nachhaltige Waldbewirtschaftung» (Resolution H1, Helsinki, 1993) SR 0.451.43 www.cbd.int/doc/strategic-plan/2011-2020/Aichi-Targets-EN.pdf SR 0.632.401 SR 0.916.026.81

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nisse oder andere Gegenstände haben (Anh. 4 Ziff. 1 Agrarabkommen). Angesichts des Ziels des Agrarabkommens, technische Handelshemmnisse abzubauen, sind Verbote nach Artikel 26 Absatz 2 WaG, welche auch Einfuhrverbote beinhalten können, die einschneidendste Massnahme. Bereits das Landwirtschaftsgesetz gibt aber dem Bundesrat explizit die Möglichkeit, in bestimmten Fällen ein Einfuhrverbot zu erlassen (Art. 152 Abs. 2 Bst. d LwG). Mit den Anforderungen der Pflanzenschutzverordnung ist zurzeit eine mit dem Agrarabkommen kompatible Umsetzung der gesetzlichen Pflanzenschutzgrundsätze sichergestellt. Dies wird auch zukünftig der Fall sein.

Auch die Artikel 26 ff. des vorliegenden Gesetzesentwurfs zum Pflanzenschutz sind mit den Bestimmungen des Internationalen Pflanzenschutzübereinkommens vom 6. Dezember 195180 (IPPC) konform. Dieses verlangt von den Vertragsparteien ein gemeinsames und wirkungsvolles Vorgehen gegen die Verbreitung und Einschleppung von Schadorganismen und die Einführung von Bekämpfungsmassnahmen (Art. I) und beinhaltet insbesondere die Möglichkeit, zwecks Verhinderung der Einschleppung von Schadorganismen, Einfuhrbeschränkungen zu erlassen (Art. VI Ziff. 1).

5.3

Erlassform

Nach Artikel 164 BV sowie Artikel 22 Absatz 1 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200281 erlässt die Bundesversammlung wichtige rechtsetzende Bestimmungen wie die vorliegenden in der Form des Bundesgesetzes.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage beinhaltet mit 34a, 37a und 38a Absatz 1 Buchstabe f drei Neuerungen, die neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als zwei Millionen Franken nach sich ziehen und deshalb der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV unterstehen. Die Ausgaben im Rahmen von Artikel 37b werden diese Schwelle nicht überschreiten, während die übrigen Subventionsbestimmungen keine neuen Ausgaben nach sich ziehen, sondern einzig bestehende Ausgaben in eine neue Form giessen (Programmvereinbarung statt Einzelverfügung, vgl. Art. 38a Abs. 1 Bst. e) oder Förderbereiche innerhalb der Finanzierungsartikel verschoben werden (Jungwaldpflege von Art. 38 Abs. 1 Bst. b zum Art. 38a Abs. 1 Bst. f).

5.5

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

Die Vorlage enthält mit Artikel 37a und 38a Absatz 1 Buchstabe f zwei neue Subventionsbestimmungen. Diese ermöglichen die Abgeltung von kantonalen Massnahmen gegen Schadorganismen ausserhalb des Schutzwaldes und die Unterstützung von Anpassungsmassnahmen an den Klimawandel mit Finanzhilfen. Die 80 81

SR 0.916.20 SR 171.10

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neuen Subventionstatbestände sind zur langfristigen Sicherung der Waldfunktionen und der Walderhaltung unumgänglich und sind sowohl effizient als auch effektiv (vgl. Ziff. 2.4.3, Ausführungen zu den einzelnen Artikel in Ziff. 2, 1.2­1.6, 2.3­2.5, 3.1­3.5, 4.2 und 5.1). Die wesentlichen Neuerungen des vorliegenden Entwurfs wurden einer volkswirtschaftlichen Beurteilung (VOBU) unterzogen. Die Ergebnisse sind in Ziffer 3.3. dargelegt.

Nach Artikel 16 Absatz 3 SuG werden Finanzhilfen und Abgeltungen an die Kantone in der Regel aufgrund von Programmvereinbarungen gewährt. Artikel 37a und 38a Absatz 1 Buchstabe f entsprechen dieser Anforderung.

5.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Zur besseren Gewährleistung der Arbeitssicherheit im gesamten Schweizer Wald wird gemäss Artikel 21a Absatz 1 die Pflicht eingeführt, dass Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer, die Holzerntearbeiten im Wald ausführen, nachweisen müssen, dass die eingesetzten Arbeitskräfte über eine Ausbildung verfügen, die vom Bund anerkannt ist. Um dies sicherzustellen, sieht Artikel 21a Absatz 2 eine Delegationsnorm zur Bestimmung von Anforderungen für die Erlangung von solchen Ausbildungsnachweisen vor. Der Bundesrat bestimmt die Anforderungen an eine solche Ausbildung. Der Vollzug ist Sache der Kantone Weitere erforderliche Konkretisierungen wird der Bundesrat entsprechend den Änderungen insbesondere der Artikel 26, 27a und 28a gemäss seiner Kompetenz zum Erlass von Ausführungsbestimmungen (Art. 182 Abs. 2 BV und Art. 49 Abs. 3 WaG) insbesondere in der Waldverordnung und in der Pflanzenschutzverordnung vornehmen.

5.7

Datenschutz

Für die Umsetzung der Vorlage sind weder die Bearbeitung von Personendaten noch andere Massnahmen nötig, die Auswirkungen auf den Datenschutz haben könnten.

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