Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 15. November 2013

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Zusammenfassung Das Verfahren zur Wahl des obersten Kaders des Bundes ist trotz den Verbesserungen, die der Bundesrat nach der Untersuchung der GPK-N zur «Affäre Nef» in Aussicht gestellt hatte, nach wie vor oft mangelhaft.

Unvollständige Informationen, schlecht strukturierte Auswahlverfahren oder fehlende Personensicherheitsprüfungen ­ diese von der PVK festgestellten Mängel werfen für die GPK-N verschiedene Fragen auf. Wegen der unterschiedlichen Auswahlverfahren der einzelnen Departemente und den chronisch fehlenden Informationen zu den Wahlvorschlägen gibt es grundsätzlich zwei Szenarien für künftige Ernennungen: Entweder man verzichtet künftig auf eine Wahl durch den Bundesrat oder man vereinheitlicht den Selektionsprozess konsequent, indem ein Standardverfahren festgelegt wird und die Unterlagen zu den Wahlvorschlägen stets dem Bundesrat unterbreitet werden.

Da die obersten Kader wesentlichen Einfluss auf den Betrieb der Bundesverwaltung haben, muss deren Ernennung in den Augen der GPK-N weiterhin in der Zuständigkeit des Bundesrates liegen. Deshalb ­ und um eine einheitliche und transparente Praxis zu gewährleisten ­ sollten für alle Departemente einheitliche Auswahlkriterien aufgestellt und dem Bundesrat sämtliche Informationsgrundlagen schriftlich unterbreitet werden.

Wichtig ist, dass diese Grundelemente klar formuliert werden und den unterschiedlichen Gegebenheiten der Departemente angepasst werden können. Dadurch liesse sich erheblich mehr Transparenz in das Wahlverfahren bringen und dessen Qualität verbessern. Gleichzeitig könnte sichergestellt werden, dass dem Bundesrat sämtliche Informationen geliefert werden, welche unerlässlich sind, um eine für den Bund optimale Wahl zu treffen. Analog dazu und mit dem Ziel, dem Bundesrat zu ermöglichen, seine Zeit und seine Ressourcen optimal zu nutzen, sollte nach Auffassung der GPK-N die Anzahl der höheren Führungskräfte, die direkt von ihm ernannt werden, eingeschränkt werden.

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Bericht Vorbemerkung Der vorliegende Bericht basiert auf der Evaluation der PVK im Anhang. Die GPK-N versteht ihren Bericht als Ergänzung zur genannten Evaluation und beschränkt sich im Folgenden auf die Darlegung ihrer wichtigsten Schlussfolgerungen und Empfehlungen.

1

Einleitung

Am 28. November 2008 veröffentlichte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) ihren Bericht über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee1.

Im Anschluss an diese Untersuchung gab die GPK-N sechs Empfehlungen an den Bundesrat ab. Darin wurde dieser u. a. aufgefordert, das Verfahren zur Auswahl der höchsten Führungskräfte des Bundes zu verbessern.

Diese Affäre veranlasste die GPK auch dazu, das Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders im Allgemeinen zu untersuchen. Sie erteilten der PVK im Januar 2009 einen entsprechenden Evaluationsauftrag. Die Evaluation musste jedoch abgebrochen werden, weil nach Auffassung des Bundesrates die Informationsrechte der GPK nicht ausreichten, um der PVK die erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Die Differenzen in der Auslegung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen gemäss Parlamentsgesetz2 konnten nicht beigelegt werden3, was die GPK bewog, mit einer parlamentarischen Initiative eine Klärung und eine Erweiterung ihrer Informationsrechte in die Wege zu leiten.4 Nachdem die Änderungen des Parlamentsgesetzes am 1. November 2011 in Kraft traten und die GPK-N Zugang zu sämtlichen erforderlichen Unterlagen erhielt, beauftragte sie die PVK im Januar 2012 mit einer Evaluation zu diesem Thema.5 Die PVK untersuchte zu diesem Zweck 37 Ernennungen aus dem Jahr 2012 und verglich diese mit 44 Ernennungen zwischen 2009 und 2011.

Im vorliegenden Bericht werden die Schlussfolgerungen dargelegt, welche die GPK-N nach Vorarbeit der zuständigen Subkommission6 aus der Evaluation der PVK gezogen hat. Der Bericht wurde von der GPK-N am 15. November 2013 1 2 3 4 5 6

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee, Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008 (BBl 2009 3425).

Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (ParlG, SR 171.10).

Jahresbericht 2009 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 22. Jan. 2010 (BBl 2010 2687 ff.)

Pa.Iv. Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen, Bericht der GPK-S vom 3. Dez. 2010 (BBl 2011 1817 ff.)

Anhang 1: Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK.

Der Subkommission EFD/WBF setzt sich zusammen aus Maria Bernasconi (Präsidentin), Max Binder, Thomas Böhni, Jakob Büchler, Andrea Caroni, Regula Rytz, Marianne Streiff-Feller, Alexander Tschäppät, Andy Tschümperlin, Erich Von Siebenthal und Lothar Ziörjen.

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verabschiedet und zusammen mit der Evaluation der PVK zur Veröffentlichung freigegeben.

2

Feststellungen und Empfehlungen

Gemäss Artikel 2 Absatz 1 der Bundespersonalverordnung (BPV)7 hat der Bundesrat bestimmte oberste Führungskräfte des Bundes zu ernennen. Wie aber aus dem Schlussbericht der PVK hervorgeht, wird die Auswahl dieser von der Exekutive zu ernennenden Führungskräfte hauptsächlich innerhalb der Departemente durchgeführt. Diese führen das gesamte Auswahlverfahren für die künftigen Kader durch, womit die Wahlzuständigkeit des Bundesrates faktisch auf eine blosse Bestätigung der zuvor vom entsprechenden Departement vorgenommenen Selektion reduziert wird. Aufgrund dieses fehlenden Einbezugs in den Selektionsprozess kann der Bundesrat nicht für die Qualität der auf Departementsebene durchgeführten (teilweise mangelhaften) Auswahlverfahrens bürgen.

2.1

Suche nach einem einheitlichen Wahlverfahren

Heute kennt jedes Department sein eigenes Auswahlverfahren. Obwohl sich dies teilweise durch die verschiedenen Bedürfnisse der einzelnen Departemente rechtfertigen lässt, sollten für alle Auswahlverfahren zumindest die gleichen Transparenzund Qualitätskriterien gelten, was nicht immer der Fall ist. Während in einigen Fällen das Vorgehen der Departemente beispielhaft war, waren in anderen Fällen die Verfahren von zweifelhafter Qualität.

Angesichts dessen, dass diese Ernennungen sich wesentlich auf die Führung der Bundesverwaltung auswirken (dies gilt insbesondere bei Ämtern mit Querschnittsaufgaben), erstaunt es umso mehr, dass von allen untersuchten Fällen nur 17 Ernennungen auf einem guten Auswahlverfahren basierten, 20 hingegen auf einem als mittelmässig oder gar als schlecht zu bezeichnenden Verfahren.8 Nach Auffassung der GPK-N kann der Bundesrat sich der Qualität der Selektionsarbeit der Departemente nur sicher sein, wenn ein Verfahren mit einheitlichen Grundelementen festgelegt wird.

Dass der Bundesrat Personen ernannt hat, die aufgrund eines mangelhaften Auswahlverfahrens vorgeschlagen wurden, erstaunt, trägt er doch als Wahlbehörde die alleinige Verantwortung für die Wahl, die zwei wesentliche Elemente berücksichtigen muss: die Ergebnisse des Auswahlverfahrens und die Interessen des Bundes.

Der Bundesrat darf sich deshalb nicht mit einer blossen Gutheissung der Wahlvorschläge der jeweiligen Departemente begnügen, sondern muss immer auch überprüfen, ob die vorgeschlagene Person korrekt ausgewählt wurde und ob ihre Ernennung die bestmögliche Wahl für den Bund als Ganzes darstellt. Diese Beurteilung ist nur bei einem zuverlässigen Auswahlverfahren möglich, dessen Grundelemente für alle Departemente die gleichen sind. Einem Wahlvorschlag ohne Kenntnis des voraus-

7 8

Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3).

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK, Kap. 4.1.

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gehenden Selektionsprozesses zuzustimmen heisst, die Verantwortung für die Wahl seines obersten Kaders unkontrolliert zu delegieren.

Bei der Vereinheitlichung des Verfahrens muss allerdings den Besonderheiten der verschiedenen Departemente Rechnung getragen werden. Dies gilt vor allem für die Karrieresysteme des EDA und des VBS. Sinnvoll wäre deshalb ein flexibles Verfahren, bei dem verschiedene Schritte eingehalten werden müssen. Aufgrund der verschiedenartigen Bedürfnisse und Kontexte sollten die Verfahren nicht bis ins Detail vereinheitlicht, sondern vielmehr einige verbindliche Leitplanken vorgegeben werden. Dabei müssen gewisse Mindestanforderungen erfüllt werden, und der Bundesrat soll nicht nur von der Qualität des Verfahrens überzeugt sein, sondern auch sicher sein können, dass das Verfahren korrekt durchgeführt wurde.

Empfehlung 1

Schaffung eines einheitlichen Wahlverfahrens anhand einer Liste mit für alle Departemente geltenden Grundelementen

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, eine Liste von verbindlichen Grundelementen zu erstellen, anhand derer ein für alle Departemente und die Bundeskanzlei geltendes Wahlverfahren geschaffen werden soll. Dieses soll den besonderen Bedürfnissen des EDA und des VBS angepasst werden können.

2.2

Optimierungsbedürftiges Auswahlverfahren

Im Jahr 2009 kündigte der Bundesrat im Anschluss an den Bericht der GPK-N über die Ernennung von Roland Nef an, dafür zu sorgen, dass die Nachvollziehbarkeit von Wahlgeschäften bezüglich Vorgehen, Auswahlverfahren und Entscheid jederzeit gewährleistet ist.9 In der gleichen Stellungnahme kündigte er an, dass künftig dem zuständigen Departementsvorsteher oder der zuständigen Departementsvorsteherin für jeden im Bundesrat anstehenden Personalentscheid Grundlagen u. a. in Bezug auf die fachliche, führungsmässige, persönliche und charakterliche Eignung des Kandidaten zur Verfügung stehen sollen. Inzwischen sind vier Jahre verstrichen, ohne dass diese Ankündigung vollständig in die Tat umgesetzt worden ist: So konnte erstens eine Vielzahl von Wahlgeschäften nicht beurteilt werden, weil die erforderlichen Informationen fehlten; zweitens wurden den Departementsvorsteherinnen oder Departementsvorstehern die Grundlagen zu den Auswahlverfahren oder zu den Kandidaten nicht systematisch zur Verfügung gestellt.10 Neben diesen Mängeln wies die Evaluation der PVK auf gemeinsame Schwächen der verschiedenen Auswahlverfahren hin, die sich mit einem einheitlicheren Verfahren beseitigen lassen. Um ein allgemeines und für alle untersuchten Fälle gültiges Bild zu vermitteln, beschränkt sich dieser Bericht auf die wichtigsten Aspekte.11

9

10 11

Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BBl 2009 3481).

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK, Kap. 3.4 und 4.3.

Diese Aspekte wurden von den durch die PVK befragten Fachleute bestätigt.

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2.2.1

Personensicherheitsprüfung als unumgängliches Instrument

Die Frage der Personensicherheitsprüfung (PSP) beschäftigte die GPK-N in besonderem Masse. Die entsprechenden Untersuchungsergebnisse der PVK sind höchst erstaunlich und stellen die diesbezügliche Praxis des Bundesrates in Frage: Bei den im Jahr 2012 vorgenommenen 37 Topkaderwahlen war zum Zeitpunkt der Ernennung nur in 18 Fällen das Ergebnis der PSP bekannt; zwischen 2009 und 2011 wurde nur bei einem Viertel der 44 untersuchten Fälle vor dem Wahlentscheid des Bundesrates eine PSP durchgeführt; in zwei Fällen wurden diese Prüfungen entgegen der Vorgabe in Artikel 12 der Verordnung über die Personensicherheitsprüfungen (PSPV12) ohne Befragung der betreffenden Person durchgeführt13.

Indessen sind die Rechtsgrundlagen zu den PSP ­ trotz anderslautender Aussagen gewisser Departemente gegenüber der PVK ­ klar und bieten keinen Ermessensspielraum: Personen, die vom Bundesrat ernannt werden, müssen sich einer erweiterten Personensicherheitsprüfung mit Befragung (Art. 12 PSPV) unterziehen, und die Prüfung muss vor der Ernennung durchgeführt werden (Art. 19 Abs. 3 BWIS14).

Es versteht sich von selbst, dass das Ergebnis der PSP dem Bundesrat bekannt sein muss, bevor er seinen Wahlentscheid trifft.

In der Praxis nehmen gewisse Departemente ­ entgegen der Ankündigung des Bundesrates in seiner Stellungnahme von 200915 ­ die Prüfung erst nach der Ernennung vor. Dies gilt vor allem für das EDA, welches diesen Umstand damit erklärt, dass sein Personal im Ausland weile und deshalb nicht wie in Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a PSPV vorgegeben, befragt werden könne.

Die GPK-N ist angesichts der Schlussfolgerungen zur «Affäre Nef»16 der Meinung, dass die PSP eine unabdingbare Voraussetzung für die Ernennung einer obersten Führungskraft durch den Bundesrat ist. Dieser muss dafür sorgen, dass die Sicherheitsprüfung. rechtzeitig vorgenommen wird und deren Ergebnis vor der Ernennung bekannt ist. Eine PSP, deren Ergebnis erst nach der Ernennung vorliegt, macht keinen Sinn, da ein negativer Entscheid ein neues Auswahlverfahren beziehungsweise eine neue Ernennung erforderlich machen kann. Das Argument des EDA, wonach eine PSP bei Personen, die sich im Ausland befinden, nicht möglich ist, überzeugt nicht. In einem solchen Fall steht der betreffenden Person nichts im Wege, sich vor ihrer allfälligen Ernennung in die Schweiz zu begeben, um sich der PSP zu unterziehen.

12 13

14 15

16

Verordnung vom 4. März 2011 über die Personensicherheitsprüfungen (SR 120.4).

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK, Kap. 3.4. unter dem Titel «In der Hälfte der Fälle entschied der Bundesrat, ohne das Ergebnis der Sicherheitsprüfung zu kennen».

Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120).

Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008 über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Stellungnahme des Bundesrates vom 22. April 2009 (BBl 2009 3481).

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee. Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008 (BBl 2009 3425).

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Empfehlung 2

Konsequente Durchführung der erweiterten PSP mit Befragung vor der Ernennung

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass die Auswahlverfahren der Departemente immer gemäss den geltenden Rechtsgrundlagen ­ insbesondere jenen zur PSP ­ durchgeführt werden. Er sorgt dafür, dass die zu ernennenden Personen einer erweiterten Personensicherheitsprüfung mit Befragung gemäss Artikel 12 PSPV unterzogen werden und dass ihm das Ergebnis dieser Prüfung vor der Ernennung vorliegt.

2.2.2

Vollständige und transparente Kandidatensuche

Die zunehmende Komplexität der Aufgaben der obersten Kader hat zur Folge, dass der Kreis der potenziellen Kandidaten immer kleiner wird. Die Suchstrategie ist deshalb umso entscheidender und muss darauf ausgerichtet sein, sämtliche potenziellen Kandidaten zu erreichen und bestmögliche Transparenz für den Bundesrat zu gewährleisten. Es ist deshalb äusserst wichtig, dass die Kandidatensuche unabhängig, offen und unter Berücksichtigung nachwuchsstrategischer Überlegungen erfolgt.

Die PVK hat bei ihrer Untersuchung sowohl angemessene und der Bedarfsanalyse entsprechende Suchverfahren festgestellt als auch solche, die unbefriedigend und unvollständig waren.17 In den Augen der GPK-N ist es für die Gewährleistung einer bestmöglichen Kandidatensuche wichtig, dass diese immer zu Ende geführt und nicht nach dem ersten Kandidaten, der die gewünschten Kriterien erfüllt, eingestellt wird. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn der Selektionsverantwortliche von Anfang an einen Favoriten im Auge hat.

Zur Suchstrategie ist festzuhalten, dass gemäss Artikel 7 des Bundespersonalgesetzes (BPG18) freie Stellen öffentlich ausgeschrieben werden müssen (Ausnahmen werden in Art. 22 BPV geregelt). Es mag zwar in gewissen Fällen zulässig sein, dass eine Stelle ohne vorherige Ausschreibung besetzt wird, doch muss der Bundesrat immer über die Gründe informiert werden, die zu einem solchen Verzicht geführt haben. Auch muss der Bundesrat über die Anzahl der ausgeschiedenen Kandidaten informiert werden sowie darüber, ob es sich dabei um verwaltungsinterne oder verwaltungsexterne Bewerbungen handelte. Wie aus der Untersuchung der PVK hervorgeht, werden in der Praxis solche Angaben nur sehr selten gemacht.19

17 18 19

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK, Kap. 3.2.

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1).

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK, Kap. 3.4.

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Empfehlung 3

Vollständige und transparente Kandidatensuche

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, bei der Schaffung eines einheitlicheren Auswahlverfahrens des obersten Kaders sicherzustellen, dass die Kandidatensuche immer korrekt zu Ende geführt wird. Insbesondere ist ein allfälliger Verzicht auf die öffentliche Ausschreibung klar zu kommunizieren und in den Unterlagen an den Bundesrat zu begründen. Der Bundesrat soll insbesondere über die Anzahl der ausgeschiedenen Kandidaten informiert werden sowie darüber, ob es sich um verwaltungsinterne oder verwaltungsexterne Bewerbungen handelte.

2.2.3

Kohärentes Verfahren und vorgegebenes Instrumentarium

Die Evaluation der PVK hat verschiedene Mängel in den Auswahlverfahren aufgezeigt. So geht es zum Beispiel nicht an, dass im Laufe des Verfahrens neue entscheidende Kriterien oder Faktoren ins Spiel gebracht werden. Dies ist vor allem dann problematisch, wenn die neuen Vorgaben weder der Bedarfsanalyse noch dem Anforderungsprofil noch dem bisherigen Verfahren entsprechen. Werden die Auswahlkriterien geändert, muss das gesamte Auswahlverfahren noch einmal von vorne begonnen werden.

Ebenfalls unannehmbar ist es, dass auf Bewerber ein und derselben Stelle unterschiedliche Bewertungskriterien angewendet oder dass sie von einer einzigen Person ausgewählt werden. Auch geht es nicht an, dass der Departementsvorsteher oder die Departementsvorsteherin nicht in das Auswahlverfahren einbezogen wird, denn angesichts dessen, dass die Wahl der obersten Kader zu den strategisch bedeutsamsten Entscheiden eines Departementsvorstehers gehört, dürfte es auf der Hand liegen, dass dieser in die Selektion eingebunden wird.

Die GPK-N ist deshalb der Meinung, dass der Ernennung der obersten Kader ein kohärentes Auswahlverfahren vorausgehen muss, das für alle Kandidaten dieselben Evaluationsinstrumente anwendet, auf zuvor festgelegten Kriterien basiert, eine zusätzliche Stellungnahme durch eine Drittperson vorsieht und den Departementsvorsteher einbezieht.

Hinzu kommen muss ein Assessment, d. h. die Beurteilung der Kompetenzen eines Kandidaten anhand psychometrischer Verfahren und Verhaltenstests. Aufgrund der zunehmenden strategischen Bedeutung solcher Ernennungen ist das Assessment zu einem unerlässlichen Instrument im Selektionsprozess geworden. Ziel dabei ist es, die herkömmlichen Beurteilungsmethoden wie das Beurteilungsgespräch oder die Selbstbeurteilung zu ergänzen und so die Kandidatenauswahl weiter zu verfeinern.

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Empfehlung 4

Ein kohärenter und vorgegebener Selektionsprozess

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, bei der Schaffung eines einheitlicheren Auswahlverfahrens für die obersten Kader eine für das gesamte Verfahren geltende Liste mit präzisen, transparenten und vorgegebenen Auswahlkriterien und Instrumenten zu erstellen. Dazu gehört insbesondere die Stellungnahme einer Drittperson, der Einbezug der Departementsvorsteherin oder des Departementsvorstehers sowie die Durchführung eines Assessments.

2.2.4

Umfassender Bericht zuhanden des Bundesrates und genügend Vorbereitungszeit

Der Bundesrat, der sein oberstes Kader aufgrund der Wahlvorschläge der Departemente zu ernennen hat, verfügt lediglich über eine beschränkte Dokumentation, die oft unvollständig und von unterschiedlicher Qualität ist. Die Informationen der Departemente über die Kandidatinnen und Kandidaten dienen eher dazu, formelle Anforderungen zu erfüllen als einem echten Informationsbedarf zu entsprechen.

Gemäss der Evaluation der PVK werden die Modalitäten des Auswahlverfahrens nur in einem Viertel der Fälle angegeben und die entscheidenden Auswahlkriterien sind intransparent. Zudem ist das Ergebnis der Sicherheitsprüfung nur in der Hälfte der Fälle bekannt und manchmal wird darüber nur ungenau informiert. Ungeachtet dessen, dass dem Bundesrat in seiner Sitzung zuweilen mündlich zusätzliche Auskünfte erteilt werden, gelangte die PVK zum Schluss, dass die für die Beurteilung der Wahlvorschläge zur Verfügung stehenden schriftlichen Informationsgrundlagen uneinheitlich und unvollständig sind.

Gemäss den Departementen wird aus Vertraulichkeitsgründen nicht umfassend informiert.20 Mehrere Departemente wiesen denn auch darauf hin, dass es bei Wahlverfahren zu unannehmbaren Indiskretionen gekommen sei. Um solchen Informationslecks vorzubeugen und um in Bezug auf das Auswahlverfahren und gegenüber den betroffenen Personen Diskretion zu wahren, halten die Departemente die Informationen kurz und machen keine Angaben über die wichtigen Aspekte des Verfahrens. Diese Angst vor Indiskretionen führt jedoch dazu, dass der Bundesrat Entscheide fällen muss, ohne vorgängig über die für ein traktandiertes Geschäft erforderlichen Informationsgrundlagen zu verfügen.

Nach Meinung der GPK-N ist diese mangelhafte Information inakzeptabel. In ihren Augen ist es unabdingbar, dass der Bundesrat frühzeitig über alle erforderlichen Informationen verfügt, um die beste Kandidatin bzw. den besten Kandidaten auswählen zu können. Deshalb muss er nicht nur über die Kandidatin bzw. den Kandidaten informiert werden, sondern auch über die alternativen Kandidaturen (gegebenenfalls in anonymisierter Form), deren Vor- und Nachteile sowie über die Gründe des Departements für seinen Wahlvorschlag. Es geht nicht an, dass das Wahlverfahren durch Probleme innerhalb der Departemente, wie z. B. Indiskretionen, beeinträchtigt wird. In solchen Fällen sollten die Departemente ihr Augenmerk eher auf

20

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK, Kap. 3.4.

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die Vermeidung von Indiskretionen als auf die Beschränkung der Informationen zu den Wahlvorschlägen richten.

Empfehlung 5

Frühzeitige Kenntnis aller relevanten Informationen

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass vor Wahlgeschäften den Mitgliedern des Bundesratskollegiums genügend Zeit eingeräumt wird, um von allen Informationen Kenntnis zu nehmen, welche die von den Departementen vorgeschlagenen Kandidaten, die angewandten Auswahlkriterien sowie die Vor- und Nachteile der ausgeschiedenen Kandidaten betreffen.

2.3

Einschränkung der Ernennungen

Artikel 2 Absatz 1 BPV bezeichnet die Funktionen, deren Inhaber direkt vom Bundesrat ernannt werden. Dabei handelt es sich um Staatssekretäre, Amtsdirektoren, deren Stellvertreter und Personen, die in den Departementen vergleichbare Verantwortung tragen, höhere Stabsoffiziere, Generalsekretäre der Departemente und deren Stellvertreter, Vizekanzler der Bundeskanzlei und Missionschefs.

Angesichts der geringen und eher formellen Beteiligung des Bundesrates am Kandidatenauswahlverfahren der Departemente stellt sich die Frage nach dem Stellenwert der Wahlzuständigkeit des Bundesrates, die heute lediglich politisch begründet zu sein scheint. Die Angaben der PVK sind eindeutig: Im Rahmen der 81 untersuchten Ernennungen des Zeitraums 2009­2012 gab es von den anderen Departementen nie Mitberichte zu den Wahlgeschäften, wurde nie ein Kandidat vom Bundesrat befragt und lehnte der Bundesrat nie einen Vorschlag ab.21 Demnach scheint die Behandlung der Wahlgeschäfte durch den Bundesrat insofern eher einem präventiven Zweck zu dienen, als sie die Departemente veranlasst, bei ihren Vorschlägen besonders kritisch und vorsichtig vorzugehen.

Nach Auffassung der GPK-N ist es jedoch sowohl aus politischen als auch aus führungstechnischen Gründen wichtig, dass der Bundesrat die Wahlvorschläge überprüft. In Anbetracht der hohen Arbeitslast des Bundesrates und der Vielzahl von Kaderernennungen, die dieser vorzunehmen hat, stellt sich der GPK-N die Frage, ob wirklich bei allen in Artikel 2 Absatz 1 BPV genannten Funktionen eine Ernennung durch den Bundesrat notwendig ist. Diese Frage ist umso berechtigter, als der Bundesrat ­ wie in diesem Bericht dargelegt ­ die Wahlvorschläge der Departemente in den meisten Fällen einfach nur bestätigt, ohne sie näher geprüft zu haben. Vor diesem Hintergrund scheint es zweckmässiger, für weniger Funktionen eine Ernennung gemäss BPV vorzusehen und dem Bundesrat so mehr Zeit für die Prüfung der Kandidaturen für die wirklich wichtigen Posten zu lassen.

21

Evaluation zum Verfahren bei der Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat, Bericht der PVK, Kap. 3.5

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Empfehlung 6

Einschränkung der Ernennungen

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, zu prüfen, ob es zweckmässig ist, dass er für die Besetzung aller in Artikel 2 Absatz 1 BPV genannten Posten zuständig ist, und die GPK-N über das Ergebnis dieser Prüfung zu informieren.

2.4

Schlussbemerkung

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, zu ihren Feststellungen und Empfehlungen bis zum 28. Februar 2014 Stellung zu nehmen und dabei darzulegen, mit welchen Massnahmen und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

15. November 2013

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Der Präsident: Ruedi Lustenberger Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Die Präsidentin der Subkommission EFD/WBF: Maria Bernasconi Die Sekretärin der Subkommission EFD/WBF: Irene Moser

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Abkürzungsverzeichnis BBl BPG BPV BWIS EDA EFD GPDel GPK GPK-N GPK-S ParlG PSP PSPV PVK SR VBS WBF

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Bundesblatt Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000, SR 172.220.1 Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001, SR 172.220.111.3 Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit, SR 120 Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Finanzdepartement Geschäftsprüfungsdelegation Geschäftsprüfungskommissionen Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung, SR 172.220.1 Personensicherheitsprüfung Verordnung vom 4. März 2011 über die Personensicherheitsprüfungen, SR 120.4 Parlamentarische Verwaltungskontrolle Systematische Sammlung des Bundesrechts Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung