14.036 Botschaft zur Totalrevision des Gütertransportgesetzes vom 30. April 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe einer Totalrevision des Gütertransportgesetzes und eines Bundesbeschlusses über den Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Gütertransports auf der Schiene für die Jahre 2016­2019.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2010

M 10.3881

Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche (S 30.11.10, Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen SR; N 11.4.11)

2011

M 11.3284

Terminalpolitik des Bundes (N 17.06.11, Hutter Markus; S 22.9.11)

2012

P

12.3311

Keine Gefährdung der Verlagerung des Güterverkehrs durch eine falsche Prioritätensetzung (N 28.09.12, Grossen Jürg)

2012

M 12.3419

Genügende und qualitativ gute Trassen für den Güterverkehr sichern (S 20.09.12, Janiak; N 14.12.12)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. April 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-0483

3827

Übersicht Das Parlament hat den Bundesrat mit einer Motion beauftragt, eine Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche zu erarbeiten.

Diese Vorlage enthält die Ziele für den Gütertransport auf der Schiene, umfasst ein ausgewogenes Instrumentarium an Massnahmen zur Erreichung dieser Ziele und zeigt die künftige Entwicklung und Finanzierung der Infrastruktur für den Gütertransport auf der Schiene auf.

Ausgangslage Mit der Motion 10.3881 «Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche» wurde der Bundesrat beauftragt, dem Parlament eine Gesamtkonzeption für die zukünftige Förderung des schweizerischen Schienengüterverkehrs in der Fläche zu unterbreiten.

Unter dem Begriff «in der Fläche» ist in diesem Zusammenhang der Güterverkehr in der Schweiz mit Ausnahme des alpenquerenden Transitverkehrs zu verstehen. Der Auftrag für eine Gesamtkonzeption umfasst somit den Binnentransport sowie den Import und Export von Gütern auf der Schiene. Berücksichtigt werden alle Produktionsformen des Gütertransports auf der Schiene, also der Wagenladungsverkehr und der kombinierte Verkehr. Dabei sollen alle heute bestehenden Fördermassnahmen (Betriebs- und Investitionsbeiträge sowie Rückerstattungslösungen) überprüft werden.

Heute wird sowohl im Binnenverkehr als auch im Import-/Exportverkehr ein Viertel der gesamten Gütertransportleistung auf der Schiene bewältigt. Damit ist die Schiene ­ neben dem mit Abstand wichtigsten Verkehrsträger Strasse ­ für die Versorgung innerhalb der Schweiz und für den Austausch mit dem Ausland von grosser Bedeutung.

Die SBB Cargo AG als weitaus grösste Anbieterin im Gütertransport in der Schweiz musste über Jahre hinweg Verluste verzeichnen. Sie hat immer wieder organisatorische Massnahmen ergriffen, um das Ergebnis zu verbessern. Zuletzt wurden Ende 2012 weitere schwach frequentierte Bedienpunkte im Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) geschlossen. Die Motion 10.3881 will aber unter anderem einem schleichenden Rückzug entgegentreten. Sämtliche Akteure im Gütertransport brauchen stabile Rahmenbedingungen und Klarheit über künftige Fördermassnahmen.

Inhalt der Vorlage Gegenstand der Vorlage ist die Gesamtkonzeption zur Förderung des Gütertransports auf der Schiene.

Grundsätze und Ziele Als erster Schritt wurden Grundsätze und Ziele für den Gütertransport festgelegt.

Dabei wurden alle Verkehrsträger in die Überlegungen einbezogen. Denn die Versorgung des Landes mit Gütern muss unabhängig von einem spezifischen Verkehrs-

3828

träger sichergestellt werden. Zu diesem Zweck sollen folgende Grundsätze und Ziele gesetzlich verankert werden: ­

Der Bund setzt Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Gütertransports und ein effizientes Zusammenwirken aller Verkehrsträger.

­

Er schafft günstige Rahmenbedingungen für den Bau und Betrieb geeigneter Güterverkehrsanlagen wie Anschlussgleise und Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr.

­

Er sorgt für den diskriminierungsfreien Zugang zu den Güterverkehrsanlagen.

­

Angebote im nicht alpenquerenden Gütertransport auf der Schiene müssen eigenwirtschaftlich sein. Nur in zwei Ausnahmefällen darf der Bund von diesem Grundsatz abweichen: wenn er sich an Bestellungen von Angeboten durch Kantone beteiligt oder wenn er neue Angebote fördert. Beide Möglichkeiten der Förderung sind zudem bis 2027 befristet.

Zugunsten flexiblerer Instrumente zur Sicherstellung einer angemessenen Versorgung wird ausdrücklich auf einen Verlagerungsauftrag für den Gütertransport in der Fläche verzichtet.

Massnahmen Um die Grundsätze zu befolgen und die Ziele zu erreichen, sieht die Vorlage insbesondere folgende Massnahmen vor: ­

Die Rahmenbedingungen für den Gütertransport auf der Strasse, insbesondere das Nacht- und Sonntagsfahrverbot, die Gewichtslimiten, die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und das Kabotageverbot, sollen weiterhin gelten.

­

Der Bund sorgt mit neuen Instrumenten (Netznutzungskonzept, Netznutzungspläne) für eine sinnvolle Nutzung und Verteilung der verfügbaren Kapazitäten des Schienennetzes auf die Nutzergruppen des Personen- und Güterverkehrs.

­

Der Bund sorgt für die Bereitstellung der für die Förderung des Gütertransports auf der Schiene erforderlichen Infrastruktur (Rangierbahnhöfe, Freiverladeanlagen, Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr, Gleisanlagen an den Bedienpunkten und Anschlussgleise). Er bezieht die Kantone und die betroffenen Akteure frühzeitig in die Konzept- und Planungsarbeiten ein und berücksichtigt dabei auch die Sachpläne des Bundes und die kantonale Richtplanung.

­

Der Bau und die Erweiterung von Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr und von Anschlussgleisen werden durch Investitionsbeiträge gefördert. Die Förderung wird harmonisiert und erfolgt für Investitionen innerhalb der Schweiz ausschliesslich über A-fonds-perdu-Beiträge. An Terminalinvestionen im Ausland, die der Verlagerungspolitik im alpenquerenden Verkehr dienen, können weiterhin auch Darlehen gewährt werden.

3829

­

Für die Steuerung der Investitionsbeiträge werden dem Parlament neu Rahmenkredite beantragt. Mit dieser Vorlage wird der Entwurf eines Bundesbeschlusses über einen Rahmenkredit von 210 Millionen Franken für die Jahre 2016­2019 unterbreitet.

­

Die Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs wird beibehalten.

­

Alle vom Bund geförderten Anlagen unterstehen dem diskriminierungsfreien Zugang. Die Schiedskommission im Eisenbahnverkehr (SKE) soll die Einhaltung der Regeln in Zukunft verstärkt überwachen.

­

Um regionale Ungleichheiten zu entschärfen, können die Kantone ein Angebot des Schienengüterverkehrs bestellen. Der Bund kann sich daran beteiligen. Die Finanzhilfe des Bundes darf aber die Höhe des Beitrags des Kantons nicht übersteigen.

­

Der Bund kann befristete Betriebsbeiträge für neue Angebote des Schienengüterverkehrs im Sinne einer Anschubfinanzierung gewähren.

Die heute gewährten Betriebsbeiträge an den EWLV und den nicht alpenquerenden kombinierten Verkehr fallen nach einer Übergangsfrist von drei Jahren ab Inkrafttreten der neuen Bestimmungen weg.

Rechtliche Anpassungen Die Grundsätze und Ziele, Konzepte und Massnahmen der finanziellen Förderung des Gütertransports sollen in einem Gesetz zusammengefasst werden. Zu diesem Zweck wird auch das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über die Anschlussgleise in das totalrevidierte Gütertransportgesetz integriert. Die Totalrevision wird gleichzeitig für eine Zusammenführung und Vereinfachung der Verfahrensbestimmungen für die Bewilligung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen genutzt, die bisher auf verschiedene Erlasse verteilt waren. Das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 wird insbesondere zur Optimierung der Netznutzung und zur Festlegung der erweiterten Kompetenzen der SKE angepasst. Weitere Anpassungen werden im Bundesgesetz vom 20. März 1998 über die Schweizerischen Bundesbahnen, im Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 und im Bundesgesetz vom 22. März 1985 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe vorgesehen.

3830

Inhaltsverzeichnis Übersicht

3828

1

3835 3835

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Die Herausforderungen im Gütertransport als Ausgangspunkt für eine Gesamtkonzeption 1.1.1.1 Die Bedeutung des Gütertransports auf der Schiene 1.1.1.2 Motion 10.3881 «Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche» als Auftrag für eine Gesamtkonzeption 1.1.2 Der Gütertransportmarkt in der Schweiz 1.1.2.1 Begriffe und Definitionen 1.1.2.2 Die Entwicklung des Gütertransportmarktes in der Schweiz 1.1.2.3 Rahmenbedingungen für den Gütertransport 1.1.2.4 Der Gütertransportmarkt heute 1.1.2.5 Marktprognose für den Güterverkehr 1.1.3 Die Produktionsformen im schweizerischen Schienengüterverkehr und ihre Herausforderungen 1.1.3.1 System Einzelwagenladungsverkehr 1.1.3.2 Der kombinierte Verkehr 1.1.3.3 Die Meterspurbahnen 1.1.4 Der Bedarf an Infrastrukturkapazitäten für den Schienengüterverkehr 1.1.5 Planungsprozess Güterverkehrsanlagen 1.1.6 Die bestehenden Förderinstrumente der öffentlichen Hand 1.1.6.1 Übersicht über finanzielle Fördermassnahmen 1.1.6.2 Investitionsbeiträge an Güterverkehrsanlagen 1.1.6.3 Betriebsbeiträge an Verkehrsangebote 1.1.6.4 Abhängigkeiten von der Verlagerungspolitik im alpenquerenden Verkehr 1.1.7 Untersuchungen zu den Rahmenbedingungen für den schweizerischen Güterverkehr und zu Gesamtkonzeptionen in anderen Staaten 1.1.7.1 SVI-Forschungspaket «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz» 1.1.7.2 Projekt «Infrastruktur Güterverkehr 2030» der Kantone und der verladenden Wirtschaft 1.1.7.3 Masterplan Güterverkehr und Logistik in Deutschland 1.2 Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche 1.2.1 Grundsätze der Gesamtkonzeption 1.2.1.1 Ziele als Grundlage für die Förderung

3835 3835 3836 3836 3836 3837 3839 3845 3852 3854 3856 3862 3867 3868 3870 3870 3870 3873 3874 3875 3875 3875 3877 3878 3879 3879 3879

3831

Schwerpunkte der Förderung und Beitrag der Wirtschaft 1.2.1.3 Zusammenwirken von Logistik- und Güterverkehrsbranche, Kantonen und Bund 1.2.1.4 Zusammenwirken der Verkehrsträger 1.2.2 Überblick über die Gesamtkonzeption 1.2.2.1 Grundsätze und Ziele 1.2.2.2 Verworfene Ziele 1.2.2.3 Instrumente zur Förderung des Schienengüterverkehrs 1.2.3 Ausgestaltung der neuen Instrumente 1.2.3.1 Langfristiges Netznutzungskonzept 1.2.3.2 Der Netznutzungsplan 1.2.3.3 Planungsprozess und Konzept für den Schienengüterverkehr 1.2.3.4 Finanzielle Förderung von KVUmschlagsanlagen und privater Anschlussgleise 1.2.3.5 Förderung technischer Neuerungen 1.2.3.6 LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs 1.2.3.7 Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote 1.2.3.8 Weiterentwicklung der SBB Cargo als wichtigster Anbieterin im Schienengüterverkehr 1.2.3.9 Vereinfachung der Bestimmungen zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Grundsätze und Ziele 1.3.2 Die Auswahl der Instrumente zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche 1.3.3 Verworfene Instrumente 1.3.4 Begründung der neuen Instrumente 1.3.4.1 Netznutzungskonzept und Netznutzungsplan 1.3.4.2 Planungsprozess und Konzept für den Schienengüterverkehr 1.3.4.3 Finanzielle Förderung von KV-Umschlagsanlagen und von privaten Anschlussgleisen 1.3.4.4 Förderung technischer Neuerungen 1.3.4.5 Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs (LSVA-Rückerstattung) 1.3.4.6 Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote 1.3.4.7 Weiterentwicklung von SBB Cargo als wichtigster Anbieterin im Gütertransport auf der Schiene 1.3.4.8 Vereinfachung der Bestimmungen zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen 1.2.1.2

1.3

3832

3879 3880 3880 3885 3885 3886 3888 3890 3890 3892 3896 3898 3901 3902 3903 3904 3905 3905 3905 3907 3909 3909 3909 3911 3912 3913 3914 3914 3916 3917

Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens 1.3.5.1 Haltung zum Gesamtkonzept 1.3.5.2 Haltung zu Grundsätzen und Zielen 1.3.5.3 Haltung zu den Massnahmen 1.3.5.4 Haltung zu den Auswirkungen Abstimmung von Aufgaben und Finanzen Rechtsvergleich mit dem europäischen Recht Umsetzung Erledigung parlamentarischer Vorstösse 1.3.5

1.4 1.5 1.6 1.7 2

3

4

5

3917 3918 3918 3918 3919 3919 3920 3920 3921

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln 2.1 Einbettung der Vorlage 2.2 Gütertransportgesetz 2.3 Bundesgesetz über die Anschlussgleise 2.4 Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe 2.5 Strassenverkehrsgesetz 2.6 Eisenbahngesetz 2.7 Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen 2.8 Bundesbeschluss über den Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Gütertransports auf der Schiene für die Jahre 2016­2019

3921 3921 3923 3933

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.1.1 Finanzielle Auswirkungen 3.1.2 Personelle Auswirkungen 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 3.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 3.5 Auswirkungen auf die Umwelt

3939 3939 3939 3940

3934 3934 3934 3938

3938

3940 3941 3941 3942

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

3942 3942 3942

Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.3 Erlassform 5.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 5.5 Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

3943 3943 3943 3943 3944 3944

3833

Verzeichnis der Abkürzungen

3946

Glossar

3947

Bundesgesetz über den Gütertransport durch Bahn- und Schifffahrtsunternehmen (Gütertransportgesetz, GüTG) (Entwurf)

3951

Bundesbeschluss über den Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Gütertransports auf der Schiene für die Jahre 2016­2019 (Entwurf)

3965

3834

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Die Herausforderungen im Gütertransport als Ausgangspunkt für eine Gesamtkonzeption

1.1.1.1

Die Bedeutung des Gütertransports auf der Schiene

Der Schwerpunkt der Gesamtkonzeption liegt bei der gegenseitigen Ergänzung von Strasse und Schiene Strasse und Schiene sind die beiden tragenden Säulen für den Gütertransport in der Schweiz. Aufgrund der immer knapperen Strassen- und Schieneninfrastrukturen gewinnt das Zusammenspiel der Verkehrsträger an Bedeutung. Damit liegt der Schwerpunkt der Überlegungen zur Gesamtkonzeption Schienengüterverkehr in der Fläche nicht beim Konkurrenzverhältnis, sondern bei der für die Volkswirtschaft wichtigen gegenseitigen Ergänzung von Strasse und Schiene. Heute wird sowohl im Binnenverkehr als auch im Import-/Exportverkehr ein Viertel der gesamten Gütertransportleistung auf der Schiene bewältigt. Neben dem mit Abstand wichtigsten Verkehrsträger, der Strasse, ist die Schiene damit für die Versorgung innerhalb der Schweiz und für den Austausch mit dem Ausland von grosser Bedeutung.

Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs steht im Fokus der Verkehrspolitik Der Rolle des Schienengüterverkehrs in der Fläche bleibt in der heutigen schweizerischen Verkehrspolitik weitgehend offen. Der Fokus liegt in erster Linie auf der Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene, einem der Hauptziele der schweizerischen Verkehrspolitik. Mit der Annahme des Alpenschutzartikels (Art. 84 Bundesverfassung, BV1) und der ausführenden Gesetzgebung im Güterverkehrsverlagerungsgesetz vom 19. Dezember 20082 (GVVG) wurden konkrete Ziele in diesem Bereich festgelegt, und der Bund hat sein Instrumentarium danach ausgerichtet.

Schienengüterverkehr in der Fläche wird heute ohne expliziten Verlagerungsauftrag gefördert Anders präsentiert sich die Situation im Binnen- und im Import-/Exportgüterverkehr. Für den Güterverkehr in der Fläche besteht in der heutigen schweizerischen Rechtsordnung kein expliziter Verlagerungsauftrag. Trotzdem wird der Schienengüterverkehr in der Fläche durch den Bund gefördert. Eine wichtige Grundlage bilden heute die Investitionsbeiträge für Rangierbahnhöfe, für Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs (KV-Umschlagsanlagen), für private Anschlussgleise und Freiverladeanlagen sowie Betriebsbeiträge an die Meterspurbahnen, den kombinierten Verkehr (KV) und den Einzelwagenladungsverkehr (EWLV). Die Entlastung der Strassen, die Schonung der Strasseninfrastruktur und die Versorgungssicherheit in 1 2

SR 101 SR 740.1

3835

den Regionen sind neben umweltpolitischen Aspekten die wichtigsten Gründe für die Förderung durch den Bund.

1.1.1.2

Motion 10.3881 «Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche» als Auftrag für eine Gesamtkonzeption

Die Beschlüsse des Parlaments aus dem Jahr 2008 zur Güterverkehrsvorlage3 haben die bisherigen Formen der Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche bestätigt und mit der Einführung von Betriebsbeiträgen für den EWLV sogar ausgeweitet. Die Motion 09.3964 Lombardi «Zukunftsfähiger Schienengüterverkehr» verlangte zusätzlich auch die Förderung von Innovationen und technischen Verbesserungen. Im Zuge der ständerätlichen Beratungen zeigte sich, dass anstelle punktueller Anpassungen eine Gesamtkonzeption für die zukünftige Förderung des schweizerischen Schienengüterverkehrs in der Fläche erforderlich ist. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats hat in der Folge die Motion 10.3881 «Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche» eingereicht. Nach dem Ständerat hat 2011 auch der Nationalrat diese Motion angenommen.

Die Motion beauftragt den Bundesrat, eine Vorlage für die Gesamtkonzeption Schienengüterverkehr in der Fläche, mit den notwendigen Anpassungen der geltenden Rechtsgrundlagen und einer allfälligen Kreditvorlage, auszuarbeiten. Diese Gesamtkonzeption soll Massnahmen vorschlagen, wie der Schienenanteil am Gesamtgüterverkehr gehalten und ­ wo möglich und sinnvoll ­ vergrössert werden kann, ohne dabei allerdings einen Mindestanteil festzulegen (z.B. in Form eines anzustrebenden Modalsplits Strasse/Schiene). Zudem soll die Vorlage Lösungen im Spannungsfeld zwischen flächendeckender Bedienung und wirtschaftlichem Betrieb aufzeigen.

1.1.2

Der Gütertransportmarkt in der Schweiz

1.1.2.1

Begriffe und Definitionen

Unter dem Begriff «in der Fläche» ist zum einen jeglicher Gütertransport zu verstehen, der ausschliesslich innerhalb der Schweiz verkehrt (Binnenverkehr inkl. des alpenquerenden Teils davon), und zum anderen der (nicht alpenquerende) Importund Exportverkehr. Diese Abgrenzung ist notwendig, um den von der Motion betroffenen Verkehr vom Auftrag zur Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs auf die Schiene abzugrenzen, da dieser spezifische Ziele und Fördermassnahmen umfasst.

Der Auftrag für eine Gesamtkonzeption schliesst sämtliche Produktionsformen ein, also den (Einzel-)Wagenladungsverkehr und den kombinierten Verkehr (KV).

Als EWLV wird jene Produktionsform bezeichnet, bei der einzelne Wagen oder Wagengruppen in verschiedenen Anschlussgleisen und Freiverladeanlagen regional gesammelt, zu ganzen Zügen zusammengestellt und in Rangierbahnhöfe geführt werden. Dort werden neue Züge je nach Bestimmungsregion zusammengestellt. Im Zielbahnhof werden die Züge wieder zerlegt und die einzelnen Wagen wieder mit 3

www.parlament.ch > Geschäftsdatenbank > Geschäftsnummer 07.047

3836

regionalen Bedienfahrten via Anschlussgleis zugestellt. Ein Einzelwagen oder eine Wagengruppe kann dabei mehrmals neuen Zügen zugeteilt werden. Dies bedeutet einen relativ hohen Rangier-, Infrastruktur- und Zeitaufwand. Züge, die vom Abgangsort bis ans Ziel nicht rangiert werden müssen, werden als Ganz- oder Blockzüge bzw. als Ganzzugsverkehr bezeichnet.

Im kombinierten oder intermodalen Güterverkehr werden beispielsweise Sattelauflieger oder andere Ladeeinheiten wie Container oder Wechselbrücken über längere Distanzen auf der Schiene oder dem Wasser transportiert. Der Lastwagen bzw. das Strassengüterfahrzeug wird dabei meist nur über eine kürzere Strecke eingesetzt, um die Container oder Wechselbrücken zur Bahn oder zum Rheinschiff zu transportieren oder am Entladeort dem Empfänger zuzustellen. Auch die Verknüpfung von Rheinschiff und Bahn beim Containertransport ist eine Form des KV.

An den Verlade- und Entladeorten stehen Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs (KV-Umschlagsanlagen), die auch Terminals genannt werden. Sie sind die Schnittstellen des KV bzw. intermodalen Verkehrs. Mit Kränen oder speziellen Verladefahrzeugen werden die Ladeeinheiten vom Strassengüterfahrzeug auf Züge oder Schiffe verladen. Dabei sind Formen des Vertikal-Umschlags (durch Kräne) sowie des Horizontal-Umschlags (durch Querverschiebung) gängig. Am Entladeort werden die Ladeeinheiten wieder auf Lastwagen umgeschlagen und an ihr Ziel transportiert.

Die weiteren Details zu den Produktionsformen im Gütertransport auf der Schiene finden sich unter Ziffer 1.1.3.

1.1.2.2

Die Entwicklung des Gütertransportmarktes in der Schweiz

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts dominierte die Eisenbahn den Gütertransport Die Entstehung des Schienengüterverkehrs im Zuge der industriellen Revolution ermöglichte überhaupt erst den Transport von Massengütern auf dem Landweg.

Parallel zur allgemeinen Entwicklung des schweizerischen Schienenverkehrs war der Schienengüterverkehr mit Inkrafttreten des ersten nationalen Eisenbahngesetzes4 zunächst Sache privater Unternehmern, wobei die Kantone jedoch die Konzessionen vergaben. 1902 kam es mit der Gründung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) zu einer Verstaatlichung der grösseren Privatbahnstrecken in der Schweiz; dadurch ging der Gütertransport auf der Schiene in weiten Teilen der Schweiz in die Hände der SBB über. Weiterhin existierten aber neben den SBB sogenannte Privatbahnen, die zumeist gemischtwirtschaftlich, also unter Beteiligung der öffentlichen Hand, erbaut und betrieben wurden. Die Gütertransportleistungen wurden dabei als integriertes Angebot erbracht, d.h. für einen Transport war das Unternehmen zuständig, auf dessen Schieneninfrastruktur der Transport stattfand.

4

Bundesgesetz vom 23. Dezember 1872 über den Bau und Betrieb von Eisenbahnen auf dem Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft; BS 7 3; AS 1949 563.

3837

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewann der Strassengüterverkehr an Bedeutung Lange Zeit dominierte die Eisenbahn den Gütertransport, bis die Strasse durch den starken Ausbau ihrer Infrastruktur im 20. Jahrhundert in den Vordergrund trat. Vor allem in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts gewann der Strassengütertransport laufend an Bedeutung. Die Internationalisierung der Wirtschaft und der damit einhergehende internationale Warenaustausch waren auf der Strasse leichter zu bewältigen als auf der Schiene. Während sich die Bahnunternehmen teilweise unterschiedlichen nationalen technischen Normen und Regeln gegenübersahen, stellten sich auf der Strasse bereits früh keine wesentlichen technischen Probleme für den grenzüberschreitenden Verkehr mehr. Dies hatte Auswirkungen auf den Import- und Exportverkehr der Schweiz.

Abbildung 1 zeigt die zunehmenden Gütermengen zwischen 1950 und 2012 und die wachsende Bedeutung des Strassenverkehrs.

Abbildung 1 Transportleistungen in Mio. tkm 1950­2012

Transportleistung Schweiz 1950-2012 Mio. tkm 30'000

in Mio. Tonnen-km

25'000 20'000 Strasse 15'000 Schiene 10'000 5'000 0 Quelle: BFS

3838

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung des Modalsplits Strasse/Schiene. Es wird sichtbar, dass die Anteile des Schienenverkehrs abgenommen, sich aber in den letzten Jahren stabilisiert haben.

Abbildung 2 Modalsplit 1950­2012

Modalsplit Schweiz 1950-2012

59% 59% 60% 60% 63% 62% 62% 62%

56%

57%

70%

47%

33%

80%

29%

90%

41%

Anteil Verkehrsträger an der Transportleistung in tkm

% 100%

60%

Strasse

41% 41% 40% 40% 37% 38% 38% 38%

44%

43%

Schiene

53%

20%

59%

30%

67%

40%

71%

50%

10% 0% Quelle: BFS

1.1.2.3

Rahmenbedingungen für den Gütertransport

Die Ausgestaltung des Gütertransportmarktes und die Festlegung der Rahmenbedingungen stehen traditionell im Fokus staatlicher Regelungen. Insbesondere die Arbeitsteilung zwischen Schienen- und Strassengüterverkehr steht seit mehreren Jahrzehnten im Mittelpunkt der Güterverkehrspolitik und war auch Gegenstand verschiedener Volks- und Gesetzesinitiativen5. Mit der Revision des Eisenbahngesetzes 19576 wurden Finanzhilfen an die Bahnen erstmals gesetzlich institutionalisiert. Mit dem Ziel möglichst tiefer Bahntarife wurde auch eine Abgeltung für sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen (z.B. Stückgutverkehr) eingeführt.

Die heute massgebenden rechtlichen Grundlagen für den schweizerischen Güterverkehr sind sowohl in der nationalen Gesetzgebung wie auch in internationalen Abkommen geregelt. Einige der wichtigsten Rahmenbedingungen des Gütertransports und im Speziellen des Schienengüterverkehrs sind im Abkommen vom 21. Juni 19997 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse 5

6 7

Z.B. die Abstimmung zum «Verkehrsteilungsgesetz» 1935, die sog. Gütertransportinitiative 1938 oder die Abstimmung zur Autotransport-Ordnung (Bundesbeschluss über den Transport von Personen und Sachen mit Motorfahrzeugen auf öffentlichen Strassen) 1951.

SR 742.101 SR 0.740.72

3839

(nachfolgend bezeichnet als Landverkehrsabkommen) verankert. Die im Folgenden kurz beschriebenen Instrumente sind sowohl im alpenquerenden Güterverkehr wie auch im Binnen- und Import-/Exportgüterverkehr wirksam.

Die Rahmenbedingungen für die Strasse sind in erster Linie umweltpolitisch begründet und sollen mit dieser Vorlage nicht geändert werden Die wichtigsten Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr umfassen die Abgabepflicht für die Strassenbenützung, Fahrverbote und Beschränkungen für den Marktzutritt. Die meisten Bestimmungen sind in erster Linie umweltpolitisch motiviert, indem sie allgemeine Rahmenbedingungen zum Schutz der Bevölkerung und zur Internalisierung externer Kosten darstellen.

Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA): Seit Anfang 2001 wird auf schweren Motorfahrzeugen und Anhängern für den Gütertransport auf allen Schweizer Strassen eine distanz-, gewichts- und emissionsabhängige Schwerverkehrsabgabe erhoben. Zugleich wurde eine pauschale Schwerverkehrsabgabe für eine Reihe anderer Fahrzeuge eingeführt. Die LSVA wirkt verteuernd auf den Strassenverkehr und begünstigt damit die Verlagerung auf die Schiene. Die Einnahmen aus der Schwerverkehrsabgabe fliessen zu maximal zwei Dritteln in den FinöV-Fonds bzw.

nach dessen Ablösung in den Bahninfrastrukturfonds (BIF).8 Sonntags- und Nachtfahrverbot: Das Sonntagsfahrverbot gilt an allen Sonntagen und nationalen Feiertagen. Das Nachtfahrverbot gilt während des ganzen Jahres jeweils von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr. Beide Verbote sind umweltbedingt und dienen in erster Linie der Verkehrssicherheit, Nacht- und Sonntagsruhe. Ein erwünschter Nebeneffekt ist die Begünstigung des Schienengüterverkehrs, denn beide Verbote gelten nur für die Strasse.9 Ausmasse und Gewichte schwerer Motorfahrzeuge: Die Gewichtslimite für schwere Motorfahrzeuge wurde parallel mit der Einführung und Erhöhung der LSVA stufenweise auf 40 Tonnen Gesamtgewicht angehoben. Dies erlaubte dem Strassentransport einen Effizienz- und Produktivitätssprung. Weitere Beschränkungen gelten für die schweren Motorfahrzeuge bezüglich der maximalen Höhe, Länge usw.10 Kabotageverbot: Der Transport von Gütern zwischen Destinationen innerhalb der Schweiz durch ausländische Strassentransporteure ist verboten. Dasselbe gilt für Schweizer Transporteure im Gebiet eines
EU-Mitgliedstaates. Das Verbot schützt die Transporteure im Strassenbinnenverkehr vor Anbietern aus dem Ausland.11 Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften: Das Landverkehrsabkommen hatte keinen Einfluss auf die geltenden Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften für Berufschauffeure und -chauffeurinnen. Die diesbezüglichen Vorschriften für berufsmässige Motorfahrzeugführer und -führerinnen im Strassenverkehr sind allgemein weniger streng als diejenigen für das Führen von Triebfahrzeugen der Eisenbahnen.12

8 9 10

11 12

Vgl. die Bestimmungen im SVAG, SR 641.81, sowie die Art. 37­42 des Landverkehrsabkommens.

Vgl. Art. 2 Abs. 2 SVG, SR 741.01 sowie Art. 15 des Landverkehrsabkommens.

Vgl. Art. 9 SVG, SR 741.01, sowie Art. 7 des Landverkehrsabkommens. Im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs auf der Strasse gilt ein höchstzulässiges Gewicht von 44 Tonnen.

Vgl. Art. 14 des Landverkehrsabkommens.

Die Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften beruhen auf Art. 56 SVG, SR 741.01.

3840

Diese Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr haben sich für das Zusammenspiel von Strasse und Schiene im Gütertransport bewährt und sollen mit dieser Vorlage nicht geändert werden. Die beteiligten Branchen sind in diesen Bereichen auf Stabilität und damit Planungssicherheit angewiesen. Zugleich sind diese Bestimmungen in der Bevölkerung breit akzeptiert.

Die Rahmenbedingungen für die Schiene wurden durch andere Gesetzesrevisionen laufend angepasst und verbessert Bahnreform: Die Bahnreform von 1999 hatte das Ziel, die politischen und unternehmerischen Funktionen besser zu trennen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die öffentliche Hand zu verbessern und Wettbewerbselemente ins Bahnsystem einzuführen. Ausserdem galt es, die Entschuldung der SBB umzusetzen. Neue Finanzierungsmodalitäten sollten die Transparenz verbessern. Für den Schienengüterverkehr zentrale Elemente sind die Regelungen des Netzzugangs und der Trassenpreise.

Marktöffnung und Netzzugang: Als Voraussetzung für die Einführung von Wettbewerbselementen wurde der freie Netzzugang im Güterverkehr eingeführt, wie er auch im Landverkehrsabkommen vereinbart worden war. Voraussetzung für die Einführung des freien Netzzugangs war eine gewisse Unabhängigkeit des Bereichs Infrastruktur vom Bereich Verkehr der Eisenbahn. Mindestens eine rechnerische Trennung musste vollzogen werden. Damit war die Voraussetzung geschaffen, dass Eisenbahnverkehrsunternehmen Gütertransporte auf fremden Eisenbahninfrastrukturen durchführen konnten. Zum Schutz der Qualität und Sicherheit des schweizerischen Eisenbahnverkehrs müssen alle Eisenbahnverkehrsunternehmen als Voraussetzung für den Netzzugang eine Lizenz und eine Sicherheitsbescheinigung für die befahrenen Strecken vorweisen. Gleichzeitig mit dem Netzzugang führte der Bund beim KV das Bestellprinzip ein. Der KV war zuvor pauschal über die SBB subventioniert worden. Auch dieser Schritt schaffte die Voraussetzung für mehr Wettbewerb im Schienengüterverkehr.

Trassenpreise: Mit dem Netzzugang wurde mit der Bahnreform auch die Frage der Kosten der Infrastrukturbenutzung geregelt. Jedes Eisenbahnverkehrsunternehmen muss der Infrastrukturbetreiberin für die Nutzung der Bahninfrastruktur ein Entgelt, den Trassenpreis, zahlen. Der Trassenpreis muss mindestens die Grenzkosten decken, das heisst diejenigen Kosten,
die eine einzelne Zugfahrt der Infrastrukturbetreiberin direkt verursacht.13 Bei einem Trassenpreis unter den Grenzkosten würde jeder zusätzliche Zug das Defizit der Infrastrukturbetreiberin erhöhen. Die Höhe der Grenzkosten wird vom Bundesamt für Verkehr (BAV) für jede Streckenkategorie bestimmt. Das Entgelt trägt dabei insbesondere den unterschiedlichen Kosten im Netz, der Umweltbelastung der Fahrzeuge sowie der Nachfrage Rechnung. Zudem sollen auf vergleichbaren Strecken gleich hohe Trassenpreise gelten und die Trassenkapazitäten dank Preisdifferenzierungen optimal ausgenützt werden. Am 1. Januar 2013 trat eine Revision des Trassenpreissystems in Kraft. Mit ihr hat der Bundesrat verschiedene Differenzierungen und Anreize eingeführt, um die Infrastruktur besser zu nutzen und die Energieeffizienz sowie den Schutz der Bevölkerung zu verbessern. So werden die Trassenpreise nun nach Tageszeiten und der Qualität der Trasse differenziert.

13

Art. 9b Eisenbahngesetz (EBG), SR 742.101

3841

Prioritätenregelung: Das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 195714 regelt auch das Verhältnis zwischen Personen- und Güterverkehr im Netzzugang. Dabei hat der vertaktete Personenverkehr Vorrang. Anschlüsse innerhalb einer abgestimmten Transportkette des öffentlichen Verkehrs dürfen nicht gebrochen werden. Dies hat zur Folge, dass bei der Erstellung des Fahrplans Angebote des Personenverkehrs gegenüber jenen des Güterverkehrs Vorrang haben. Die im täglichen Betrieb, z.B.

bei Betriebsstörungen, häufig vorgenommene Priorisierung des Personenverkehrs ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern Praxis der Infrastrukturbetreiberinnen.

Auswirkungen der Bahnreform: Die mit der Bahnreform 1999 vollzogene Liberalisierung im Schienengüterverkehr hat die Verhältnisse im Binnen- und Import-/ Exportgütertransport in den letzten 15 Jahren massgeblich beeinflusst. Vor der Liberalisierung hatten alle Eisenbahnen in der Schweiz als integrierte Unternehmen eine Monopolstellung auf ihrem Netz. Sie waren grundsätzlich allein für die Dimensionierung der Anlagen (mit Ausnahme der privaten Anschlussgleise), die angebotenen Leistungen und die Abwicklung des Gütertransports zuständig. Die Liberalisierung des Güterverkehrs entfaltete in erster Linie im Nord-Süd-Transitverkehr und im Ganzzugsverkehr ihre Wirkung. Durch die intramodale Konkurrenz zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen ist das Preis- und Kostenniveau in diesen Bereichen in den ersten Jahren stark unter Druck gekommen. So haben Verlader und Spediteure oftmals Ganzzugsverkehre ausgeschrieben und das preislich und qualitativ beste Angebot gewählt.

Die Auswirkungen der Liberalisierung auf den Güterverkehr in der Fläche ­ insbesondere auf das Angebot im EWLV ­ waren im Rahmen der Bahnreform nur nachrangig diskutiert worden. Die finanzielle Förderung war vor allem auf die Infrastruktur für den Gütertransport auf der Schiene (u.a. Rangierbahnhöfe, Anschlussgleise, Terminals) ausgerichtet. Der diskriminierungsfreie Zugang wurde vor allem in Bezug auf Trassen und Rangieranlagen als relevant erachtet.

In der jüngeren Vergangenheit hatten verkehrspolitische Beschlüsse zur Folge, dass man von den Anbietern teilweise gegensätzliche Ziele, wie die Eigenwirtschaftlichkeit und das flächendeckende Angebot verlangte. Diese Vorgaben hat der Bundesrat vor allem den SBB im Rahmen
seiner strategischen Ziele für die Schweizerischen Bundesbahnen15 und der Leistungsvereinbarungen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB)16 gemacht. Mit den aktuellen strategischen Zielen 2011­2014 und der geltenden Leistungsvereinbarung 2013­2016 wird die Eigenwirtschaftlichkeit als Bundesvorgabe gegenüber der flächendeckenden Versorgung priorisiert; die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft sollen fortan die Leitlinie des Wagenladungsverkehrsnetzes bilden.17 Güterverkehrsvorlage: Mit der Botschaft vom 8. Juni 2007 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament die Güterverkehrsvorlage18. Diese legte den Schwerpunkt auf 14 15 16

17

18

Art. 9a EBG, SR 742.101 Vgl. z.B. Strategische Ziele des Bundesrates für die SBB 2007­2010, BBl 2007 1905 Vgl. z.B. Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 2011­2012, BBl 2011 3523.

Strategischen Ziele des Bundesrats für die SBB 2011­2014, BBl 2011 4817; Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 2013­2016, BBl 2013 1115.

BBl 2007 4377

3842

die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene.

Weitere Themen waren die Anpassung des Transportrechts und des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 199019 über die Anschlussgleise an die Bedürfnisse des Marktes.

Gleichzeitig wurde die Haftpflicht im Eisenbahngesetz neu geregelt. Im Rahmen der parlamentarischen Behandlung wurde ein wichtiger neuer Schwerpunkt gesetzt.

Artikel 4 des Gütertransportgesetzes vom 19. Dezember 200820 (GüTG) sollte fortan die Grundlage für die Gewährung von Bundesmitteln für den Binnengüterverkehr (einschliesslich Import und Export) bilden. Zudem hat das Parlament je einen Zahlungsrahmen für die Förderung des nicht alpenquerenden Schienengüterverkehrs21 und für die Förderung des Güterverkehrs auf Schmalspurlinien22 beschlossen. Damit war die Grundlage dafür geschaffen, den nicht alpenquerenden KV und den Güterverkehr auf den Meterspurbahnen weiterhin zu unterstützen und neu auch den EWLV zu fördern. Diese Ergänzungen hat das Parlament im Herbst 2008 verabschiedet.

Artikel 4 GüTG trat Anfang 2010 in Kraft. Er ermöglicht die Förderung von Dienstleistungen im Schienengüterverkehr in der Fläche, enthält jedoch keinen konkreten Auftrag. Die Bestimmung legt weder ein konkretes Verlagerungs- noch ein spezifiziertes Versorgungsziel fest. Die bisherige Unterstützung durch den Bund in diesem Bereich sollte mit dieser gesetzlichen Grundlage weitergeführt bzw. leicht ausgebaut werden können.

Gleichzeitig mit dem GüTG trat auch das Güterverkehrsverlagerungsgesetz vom 19. Dezember 200823 (GVVG) in Kraft. Artikel 8 GVVG hält fest, dass die Bundesmittel schwergewichtig für den unbegleiteten kombinierten Verkehr (UKV) eingesetzt werden sollen. Zudem sollen die Abgeltungen pro transportierte Sendung Jahr für Jahr kontinuierlich gesenkt werden. Der Geltungsbereich des GVVG ist jedoch weitgehend auf den alpenquerenden Güterverkehr eingeschränkt.

Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur24: Mit dem sogenannten FABI-Beschluss werden alle Kosten der Bahninfrastruktur, d.h. auch jene für Betrieb und Substanzerhalt, über einen Fonds finanziert.

Der bisherige, befristete FinöV-Fonds (Grossprojekte) wird dafür in den neuen, unbefristeten Bahninfrastrukturfonds (BIF) überführt. Dieser neue Fonds wird in einem neuen
Bahninfrastrukturfondsgesetz (BIFG25) geregelt. Die Finanzierung von Betrieb und Substanzerhalt wird über vierjährige Zahlungsrahmen und Leistungsvereinbarungen mit den verschiedenen Eisenbahnunternehmen erfolgen.

Der BIF wird durch die Weiterführung der bisherigen zweckgebundenen FinöVEinlagen gespeist werden. Es sind dies höchstens zwei Drittel der Nettoerträge aus der Schwerverkehrsabgabe, ein Mehrwertsteuer-Promille sowie befristete Mittel aus der Mineralölsteuer. Neu werden jene Mittel des ordentlichen Bundeshaushalts, die bisher für den Betrieb und Substanzerhalt der Bahninfrastruktur vorgesehen waren, von 2,2 auf 2,3 Milliarden Franken erhöht und dem BIF zugeleitet. Hinzu kommen weitere Finanzierungsinstrumente (erhöhte Kantonsbeiträge, Obergrenze für den

19 20 21 22 23 24 25

SR 742.141.5 SR 740.41 BBl 2009 8287 BBl 2009 8289 SR 740.1 BBl 2012 1577 BBl 2012 1761

3843

Fahrkostenabzug, Erhöhung der Trassenpreise und von 2018­2030 ein zusätzliches Mehrwertsteuer-Promille).

Der Bund legt mit FABI eine Langfristperspektive für die Bahn fest. Der Akzent liegt bei mehr Kapazität auf der Schiene, in den Zügen und in den Bahnhöfen. Die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs soll durch wettbewerbsfähige Transportzeiten, Pünktlichkeit und günstige Produktionsbedingungen erhöht werden.

Diese Langfristperspektive wird mit einem strategischen Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur (STEP) konkretisiert und umgesetzt. Darin eingeschlossen sind neben Ausbauten des Netzes weitere betriebsnotwendige Komponenten (z.B.

Abstellanlagen). Die Umsetzung von STEP erfolgt in mehreren Ausbauschritten.

Diese wird der Bundesrat in der Regel alle vier oder acht Jahre dem Parlament unterbreiten.

Der FABI-Beschluss definiert auch die Zuständigkeiten in der Bahnplanung. Prozessführer der Bahnplanung ist beim Bund das BAV. Dieses gibt Rahmenbedingungen, langfristige Zielsetzungen und Grundsätze für den Planungsprozess vor und sorgt in den verschiedenen Verkehrsarten für Angebotsplanungen. Die Kantone sind für die regionalen Angebotsplanungen verantwortlich. Die Planung von Kapazitäten, Bahninfrastruktur und Güterverkehrsanlagen gemäss FABI wird unter den Ziffern 1.1.4 und 1.1.5 vertieft dargestellt.

Die Vorlage wurde von den beiden Räten in den Schlussabstimmungen im Juni 2013 verabschiedet. Zugleich wurde ein grösserer Ausbauschritt 2025 beschlossen, als der Bundesrat beantragt hatte (6,4 Mrd. Fr. statt 3,5 Mrd. Fr.). Volk und Stände haben die Verfassungsänderung am 9. Februar 2014 mit deutlichem Mehr (62 % JaStimmen) angenommen. Die Inkraftsetzung ist per 1. Januar 2016 vorgesehen.26 Bau und Finanzierung eines 4-Meter-Korridors für den Schienengüterverkehr auf der Gotthard-Achse: Das Parlament hat Ende 2013 das Bundesgesetz vom 13. Dezember 201327 über den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT (4-Meter-Korridor-Gesetz) verabschiedet. Auf dieser Grundlage sollen bis 2020 die Zulaufstrecken zum Gotthard-Basistunnel ausgebaut werden. Damit entsteht ein 4-Meter-Korridor zwischen Basel und Chiasso/Ranzo. So können neu hohe Sattelauflieger auch auf der Gotthardstrecke der NEAT transportiert werden. Heute ist dies zwar bereits auf der
Lötschberg-SimplonAchse möglich, doch die Kapazität ist ungenügend. Neben dem Transitverkehr profitieren auch die alpenquerenden Binnentransporte auf der Bahn vom 4-MeterKorridor. Das 4-Meter-Korridor-Gesetz soll am 1. Juni 2014 in Kraft gesetzt werden.

Einführung von verbindlichen Emissionsgrenzwerten für Güterwagen: Am 1. März 2014 trat das revidierte Bundesgesetz vom 24. März 200028 über die Lärmsanierung der Eisenbahnen (BGLE) in Kraft. Es ermöglicht verbindliche Emissionsgrenzwerte für bestehende Güterwagen, womit in der Schweiz die lärmverursachenden Graugussbrems-Sohlen faktisch verboten werden. Die Emissionsgrenzwerte ergänzen den Lärmbonus und damit das bereits im Jahr 2000 eingeführte wirtschaftliche Anreizsystem zur Umrüstung des bestehenden Rollmaterials. Weiter kann der Bund Investitionsbeihilfen für besonders lärmarmes Rollmaterial leisten und die Erprobung und Zulassung lärmarmer Produkte fördern.

26 27 28

www.parlament.ch > Geschäftsdatenbank > Geschäftsnummer 12.016 BBl 2013 9699 SR 742.144

3844

1.1.2.4

Der Gütertransportmarkt heute

Zusammenspiel von staatlichen Rahmenbedingungen und privaten Branchenakteuren im Grundsatz richtig Grundsätzlich ist der Gütertransportmarkt in der Schweiz privat organisiert. Private Unternehmen bieten auf Strasse, Schiene und weiteren Verkehrsträgern Gütertransporte an. Die ebenfalls privat organisierte verladende Wirtschaft dimensioniert über ihre Produktions- und Standortentscheide die Gütertransporte. Angebote und Preise definieren sich mehrheitlich unter Wettbewerbsverhältnissen.

In der heutigen Aufgabenteilung zwischen Staat und Privatwirtschaft legt der Bund die Rahmenbedingungen für den Gütertransport auf den verschiedenen Verkehrsträgern fest. Damit beeinflusst er direkt oder indirekt die Preise für Gütertransportleistungen auf den verschiedenen Verkehrsträgern und somit in einem gewissen Ausmass auch die Wahl der Verkehrsträger. So greift der Bund zwar nicht in die grundsätzliche Tariffreiheit im Gütertransport ein, er nimmt aber z.B. mit der Erhebung der LSVA oder der Festlegung der Bemessungsprinzipien für die Trassenpreise Einfluss auf wichtige Kostenelemente. Als Eigner der SBB AG setzt er zudem im Schienengüterverkehr unternehmerische Ziele für einen bedeutenden Akteur im Markt.

Verschiedene Überlegungen veranschaulichen, dass dieses Zusammenspiel zwischen Bund und privaten Akteuren sowie die Aufgaben- und Kompetenzverteilung im Schienengüterverkehr im Grundsatz richtig sind: Wirtschaftsordnung im Transportmarkt: Aus ordnungspolitischen Überlegungen soll der Markt die Preisbildung und das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage steuern. Der Bund gibt den allgemeinen Rahmen vor, innerhalb dessen die wirtschaftlichen Prozesse des Logistikmarktes ablaufen. Marktergebnisse stellen sich immer als «Summe» des Verhaltens der einzelnen Marktakteure ein. Der Bund könnte somit konkrete Marktergebnisse im Schienengüterverkehr nur herbeiführen, wenn er die einzelnen Akteure direkt steuern würde. Ein konkretes Verlagerungsziel zum Beispiel könnte der Bund nur über ein massiv ausgebautes Instrumentarium erreichen, welches schwerwiegende Eingriffe in die unternehmerische Freiheit der einzelnen Marktakteure zur Folge hätte. Der Bund hat deshalb bis anhin auf solche Zwangsmassnahmen verzichtet (vgl. auch die vom Bundesrat verworfenen Zielsetzungen in Ziff. 1.2.2.2).

Komplexität des Logistikmarktes:
Der Logistikmarkt ist sehr komplex. Die bestimmenden Faktoren der Transportnachfrage sind sehr vielfältig und durch politische Massnahmen nur sehr begrenzt beeinflussbar. Die generelle wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz und in den einzelnen Regionen der Schweiz beeinflusst die Art und Höhe der Transportnachfrage wesentlich. Ebenso bestimmend sind die Arbeitsteilung zwischen der Schweiz und dem Ausland sowie das Konsumverhalten der Bevölkerung in der Schweiz wie auch in anderen Staaten. Diese Faktoren können nicht durch konkrete verkehrspolitische Massnahmen gesteuert werden. Ein politisch gesteuertes Angebot im Schienengüterverkehr liefe immer Gefahr, nicht der tatsächlichen Nachfrage der Bevölkerung und Wirtschaft zu entsprechen.

Aus diesen Gründen kann und will der Bund nur beschränkt in den Markt eingreifen und den Güterverkehr nur in einem gewissen Ausmass steuern. So können durch die Ausgestaltung der allgemeinen Rahmenbedingungen zwar gewisse Preissignale ausgesandt und die Attraktivität bestimmter Angebote erhöht werden. In der Regel 3845

kann jedoch nicht gesteuert werden, ob tatsächlich die Schiene als Verkehrsträger gewählt und bestimmte Güterverkehrsangebote tatsächlich in Anspruch genommen werden.

Der Gütertransport auf der Schiene ist für die Güterversorgung der Schweiz von grosser Bedeutung Der schweizerische Schienengüterverkehr ist für die Güterversorgung innerhalb der Schweiz und den Güteraustausch mit dem Ausland von grosser Bedeutung. Zwar hat der Strassengüterverkehr heute mengenmässig den weitaus grösseren Anteil an der Gütertransportleistung, im Binnen-, Import- und Exportverkehr wird insgesamt aber rund ein Viertel der Gütertransportleistung auf der Schiene erbracht. Der konventionelle Güterverkehr (insbesondere der EWLV) deckt die grosse Mehrheit davon ab, ein geringerer Teil entfällt auf den KV.

Die Abbildungen 3 und 4 zeigen, auf welchen Achsen und in welcher geografischen Verteilung heute Gütertransportleistungen auf der Strasse und auf dem Normalspurnetz der Eisenbahnen in der Schweiz erbracht werden. Die Karten zeigen den gesamten Güterverkehr, bilden also auch den Transitgüterverkehr ab. Die Karten verdeutlichen die Arbeitsteilung zwischen Strassen- und Schienengüterverkehr: Während auf den Hauptverkehrsachsen der Schweiz (West-Ost entlang der Achsen Genf­Basel, Genf­Zürich und Basel­Zürich; Nord-Süd zwischen Basel und Chiasso und zwischen Basel und Simplon) sowie in den Agglomerationen Strassen- und Schienengütertransporte in ähnlich grossem Ausmass stattfinden, hat der Strassengüterverkehr in den Regionen bei der Güterverteilung und beim Güterabtransport viel höhere Anteile.

Abbildung 3 Belastungskarte Strassengüterverkehr in der Schweiz 2012

3846

Abbildung 4 Belastungskarte Schienengüterverkehr (ohne Meterspurnetz) in der Schweiz 2012

Abbildung 5 zeigt die «in der Fläche», also im Binnen-, Export- und Importverkehr erbrachten Gütertransportleistungen der Schiene. Anders als beim gesamten Schienengüterverkehr (Abbildung 4) liegt der Schwerpunkt dieser Verkehre auf der WestOst-Achse der Schweiz bzw. im Dreieck Basel-Zürich-Lausanne. Die Belastungskarte ist letztlich ein Abbild davon, wo in der Schweiz industrielle Wertschöpfung stattfindet und wohin Rohstoffe, halbfertige und fertige Erzeugnisse und Konsumgüter auf der Schiene transportiert werden. Die Rangierbahnhöfe Limmattal und Lausanne sind für den Wagenladungsverkehr wichtige Bündelungs- und Knotenpunkte.

3847

Abbildung 5 Belastungskarte Schienengüterverkehr im Binnen-, Export- und Importverkehr (Normalspurnetz) in der Schweiz 2012

Im Transitverkehr ist der Marktanteil der Schiene am höchsten Die Gegenüberstellung der Transportleistungen von Strassen- und Schienengüterverkehr in Abbildung 6 bestätigt, dass die Schiene vor allem auf den langen Strecken im alpenquerenden Verkehr ihre Vorteile gegenüber der Strasse ausspielen kann. Im Transitverkehr liegt der Schienenanteil bei etwa drei Viertel, im Binnen-, Importund Exportverkehr bei rund einem Viertel.

3848

Abbildung 6 Transportleistung und Modalsplit Strasse/Schiene im Binnen-, Import-, Export- und Transitverkehr 2012 Transportleistung und Modalsplit Strasse und Schiene 2012 Mio. tkm

in Mio. tkm und % (ohne Binnenschiff, Pipeline und Luftverkehr)

14'000

100% 90%

12'000

23%

24%

24%

80% 10'000

70%

8'000

60%

74%

50% 6'000

Schiene Strasse

40%

77%

76%

76%

30%

4'000

20%

2'000

26%

10%

0

0% Binnen

Import

Export

Transit

Binnen

Import

Export

Transit

Quelle: BFS

Die Strasse ist im Import-/Exportverkehr der wichtigste Verkehrsträger, doch auch die Schiene und die Rheinschifffahrt sind von grosser Bedeutung Der konventionelle Schienengüterverkehr ist beim Import-/Exportverkehr gegenüber dem KV dominant. Der Anteil des KV ist jedoch etwas höher als im Binnenverkehr.

Neben Strasse und Schiene ist im Import und Export auch die Rheinschifffahrt von Bedeutung.

Abbildung 7 Transportaufkommen (in Mio. Tonnen) und Modalsplit Import/Export 2012 Transportaufkommen und Modalsplit im Import + Export 2012 in Mio. Tonnen und %

Mio. t 60

100% 90%

50

80% 70%

40

9% 13%

3%

4%

14%

15%

Pipeline

60% 50%

30

Rheinschifffahrt

40% 20

30%

79% 63%

Schiene

20%

10

10%

Strasse

0%

0 Import

Export

Luftverkehr

Import

Export

Quelle: BFS, EZV

Die unterschiedlichen Zahlen für den Import- und Exportverkehr kommen dadurch zu Stande, dass das Transportaufkommen in Tonnen gemessen wurde. Die importierten Güter sind oft Rohstoffe (z.B. Öl, Metalle) und tendenziell schwerer als die 3849

meist verarbeiteten exportierten Güter. Das drückt sich auch im Modalsplit aus.

Schwere Güter eignen sich besser als leichte für den Schienen- und Schiffstransport.

Das Angebot im EWLV wurde in der Vergangenheit mehrmals redimensioniert Der Schienengüterverkehr in der Fläche hat sich seit der ersten Bahnreform 1999 in vielfacher Hinsicht verändert. Seither wurden neue Angebote des KV entwickelt.

Zugleich hat sich auch der EWLV, der die Feinverteilung via Anschlussgleise, Freiverlade oder Logistikzentren (z.B. CargoDomizil) ermöglicht, entscheidend verändert. Die SBB Cargo hat als führendes Unternehmen im schweizerischen EWLV die Bedienung in der Fläche durch den Aufbau regionaler Cargo-Produktionsteams neu organisiert und die vertraglichen Beziehungen zu anderen Akteuren im EWLV (z.B. den Eisenbahnunternehmen des Meterspurnetzes) neu geregelt. Im Jahr 2005 hat SBB Cargo die Zahl der Bedienpunkte im Rahmen des Projekts «Fokus» erheblich reduziert. Ein weiterer Abbau erfolgte auf den Fahrplanwechsel 2012/13. Dennoch stellt der EWLV aufgrund seiner Stärken bei der Bündelung und Feinverteilung für eine Vielzahl von Transporten im schweizerischen Güterverkehr weiterhin eine geeignete Lösung dar.

Der Anteil an schweren Massengütern nimmt ab, der Containerverkehr nimmt zu Die Weiterentwicklung und Umstrukturierung der Angebote ist auch eine Folge des strukturellen Wandels, dem der Güterverkehrsmarkt in der Schweiz unterworfen ist.

Durch die teilweise Abwanderung von Schwerindustrie aus der Schweiz fallen Transporte weg, die traditionellerweise vor allem auf der Schiene abgewickelt wurden. Durch die zunehmende Globalisierung der Märkte nimmt hingegen der Anteil der in Containern beförderten Überseefracht zu. Mit dem Ausbau der Seehäfen (z.B. Rotterdam und Antwerpen) und dem Trend zu grösseren Containerschiffen steigt die Bedeutung der Hafen-Hinterland-Verkehre weiter. Auf dem Kontinentalmarkt nimmt mit der Optimierung der Güterflüsse und Lagerhaltung die Grösse des einzelnen Transportloses in der Feinverteilung ab, während die Anforderungen an die Flexibilität und Just-in-time-Lieferungen steigen.

Im Vergleich zur EU sind die durchschnittlichen Transportdistanzen im schweizerischen Binnenverkehr deutlich geringer In der EU gilt der Schienengüterverkehr im Vergleich zur Strasse ab einer Distanz von
ca. 500 km als wettbewerbsfähiges Transportmittel. Für die Zukunft hat sich die EU-Kommission in ihrem Weissbuch «Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum ­ Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem»29 das Ziel gesetzt, Verkehre ab einer Transportdistanz von 300 km vermehrt auf die Schiene zu verlagern.

In der Schweiz sind die Distanzen auf Strasse und Schiene deutlich kleiner. Dank den geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen (insbesondere LSVA, Nacht- und Sonntagsfahrverbot), der hohen Dichte an Anschlussgleisen und dem höheren Preis29

KOM(2011) 144 endgültig. Die Europäische Kommission formuliert auf S. 10 des Weissbuches folgendes Ziel: «30 % des Strassengüterverkehrs über 300 km sollten bis 2030 auf andere Verkehrsträger wie Eisenbahn- oder Schiffsverkehr verlagert werden, mehr als 50 % bis 2050, was durch effiziente und umweltfreundliche Güterverkehrskorridore erleichtert wird. Um dieses Ziel zu erreichen, muss auch eine geeignete Infrastruktur geschaffen werden.»

3850

niveau im Strassengüterverkehr beträgt heute die durchschnittliche Transportdistanz im Binnengüterverkehr auf der Schiene rund 120 km. Je nach Branche reichen die Distanzen von 50­150 km. Abbildung 8 zeigt die innerhalb der Schweiz heute im Durchschnitt effektiv gefahrenen Transportdistanzen.

Abbildung 8 Durchschnittliche Transportdistanzen Strasse und Schiene innerhalb der Schweiz

Durchschnittliche Transportdistanzen im Inland Strasse und Schiene 2012

km

in km

300

282 263

250 200 Strasse

155 150 100 50

Schiene

123

108 82

88

35

0 Binnen

Import

Export

Transit

Quelle: BFS

Die Anforderungen der Kunden an Logistikleistungen (Transport, Umschlag, Lagerung) haben sich verändert Die Logistikunternehmen müssen neue Produkte und eine bessere Qualität bieten, um ihre Kundschaft halten zu können. Für viele Transporte werden die Güter zuerst gesammelt (Vorlauf), dann auf einem grossen Teil der Strecke zusammen transportiert (Bündelung) und am Schluss wieder zu verschiedenen Kunden verteilt (Nachlauf). Gleichzeitig ist eine Tendenz zu kleineren Grössen des einzelnen Transportloses feststellbar. Die verladende Wirtschaft fordert immer häufiger, dass die Transportunternehmen auch ergänzende Mehrwert-Leistungen (Zwischenlagerung, Umpaketierung, Umetikettierung, Warenaufbereitung etc.) erbringen können.

Die Nachfrage nach Leistungen des Schienengüterverkehrs schwankt stark und ist nur schwer planbar Erfahrungsgemäss schwankt die Nachfrage nach Leistungen des Schienengüterverkehrs bereits über kurze bis mittlere Zeitspannen stark. Hauptgründe sind die oft kurzfristige Planung der Kunden, die Kundenstruktur sowie die vor allem im internationalen Verkehr hohe Abhängigkeit von der Konjunktur. Besonders stark betroffen davon sind vor allem Güter wie Stahl, Chemiegrundstoffe, Automobile und Öl.

Dies erhöht die Unsicherheit für die Anbieter von Gütertransporten auf der Schiene.

Erfahrungsgemäss werden heute über 50 % des Volumens erst in den letzten Tagen vor dem eigentlichen Transport verbindlich nachgefragt. Wegen der hohen Fixkos3851

ten im Schienengüterverkehr lassen sich die Kosten bei einem Einbruch der Nachfrage nicht genügend schnell senken. Umgekehrt ist es nicht immer möglich, eine kurzfristig zunehmende Nachfrage vollständig auf der Schiene abzuwickeln. Ressourcen nur für kurzfristige Nachfragesteigerungen bereitzuhalten, wäre ineffizient.

1.1.2.5

Marktprognose für den Güterverkehr

Die Entwicklung von Bevölkerung und Wirtschaft lässt auf eine weiterhin steigende Nachfrage nach Gütertransportleistungen schliessen Da die Nachfrage nach Gütertransportleistungen sich immer aus den Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft ableitet, ist die Entwicklung dieser Faktoren für jede quantitative Prognose zum Güterverkehr zentral.

Für die Schweiz ist von einer weiter wachsenden Bevölkerung mit einem steigenden Anteil älterer Menschen auszugehen. Für den Güterverkehr relevant ist auch der zu erwartende Anstieg der Weltbevölkerung als Absatzpotenzial für Schweizer Produkte. Hintergrund der Zunahme der Bevölkerung in der Schweiz sind v.a. das Wachstum der Wirtschaft und die damit verbundene Zunahme der erwerbstätigen Bevölkerung.

Für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung ist auch die Frage zentral, wie sich die Globalisierung weiterentwickeln wird. Verschiedene Prognosen gehen davon aus, dass die globale Arbeitsteilung sich nicht im gleichen Ausmass wie in den vergangenen Jahren intensivieren wird. Vielmehr dürfte die Produktion teilweise nach Europa zurückverlagert werden, allerdings bei steigender Arbeitsteilung innerhalb Europas. Der Werkplatz Schweiz kann in diesen Perspektiven bestehen, wenn er auf hochspezialisierte, hochwertige und innovative Güter mit weltweiter Nachfrage baut.

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach Gütertransportleistungen weiterhin zunehmen wird. Begleitet wird diese Entwicklung durch den Trend zu logistikintensiven Beschaffungs-, Produktions- und Absatzprozessen innerhalb der verladenden Wirtschaft.

Die folgenden Aussagen zur Entwicklung des schweizerischen Güterverkehrs basieren auf verschiedenen Prognosen, die im Vorfeld dieser Vorlage vorgenommen wurden.30 Ausserdem sind die Resultate des fast abgeschlossenen SVI-Forschungspakets «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz» (vgl. Ziff. 1.1.7.1) eingeflossen.31

30

31

Bundesamt für Raumentwicklung (Hrsg.): Ergänzungen zu den schweizerischen Verkehrsperspektiven bis 2030, Bern 2012; Verband öffentlicher Verkehr (Hrsg.): Marktanalyse und Marktprognose Schienengüterverkehr 2030, Bern 2012.

SVI-Forschungspaket «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz (Leitung ASTRA)», Teilprojekt B1: Güterverkehrsintensive Branchen und Güterverkehrsströme in der Schweiz (Lehrstuhl für Logistik, Universität St. Gallen), Teilprojekt B2: Branchenspezifische Logistikkonzepte und Güterverkehrsaufkommen sowie deren Trends (ProgTrans, Basel).

3852

Für den gesamten Gütertransport in der Schweiz wird bis 2030 eine Zunahme um 20­40 % prognostiziert Aufgrund des Bevölkerungswachstums und wirtschaftlicher Effekte werden sowohl das Aufkommen wie auch die Leistung im Güterverkehr in der Schweiz bis 2030 weiter ansteigen. Dies gilt für alle drei Verkehrsarten (Binnen-, Import-, Exportverkehr) und für die Verkehrsträger Strasse und Schiene gleichermassen. Die Nachfrage konzentriert sich weiterhin auf den bereits heute dicht besiedelten Raum zwischen Basel, Bern, Genf und Zürich.

Verschiedene Branchen tragen ganz besonders zum zukünftigen Verkehrswachstum bei: die chemische Industrie (globale Nachfrage nach chemischen Spezialprodukten und pharmazeutischen Erzeugnissen), die Metallbearbeitung (hochspezialisierte Halberzeugnisse), die Nahrungsmittelindustrie (globale Nachfrage nach hochwertigen, speziellen Nahrungsmitteln und Zusatzstoffen) sowie land- und forstwirtschaftliche Rohprodukte. Im Baugewerbe und in der Baumittelindustrie ist ein zunehmender Wohnungs-, Renovations- und Sanierungsbedarf zu erwarten. Die Infrastrukturen sind auszubauen und teilweise neu zu bauen. Vor allem die Nachfrage nach Baustoffen dürfte deutlich zunehmen.

Die Transportnachfrage bei Vor- und Endprodukten weiterer Branchen unterstützt die Vergrösserung des Güterverkehrsmarkts. Die Transporte erfolgen vielfach in Form von Sammelgütern. Dabei werden Halb- und Fertigwaren gebündelt und produktübergreifend in verschiedenen Transportgefässen gesammelt.

Eine ähnliche Charakteristik wie die Sammelgüter haben auch die Abfalltransporte.

Dahinter stehen neben den klassischen Haushaltsabfällen vermehrt Sekundärrohstoffe aus gebrauchten oder rezyklierten Produkten oder aus Produktionsprozessen.

Eine gegenläufige Entwicklung ist hingegen bei den Energieträgern zu erwarten: Die Transportmengen an Rohöl und Treibstoffen werden deutlich zurückgehen. Dies betrifft insbesondere Heizöl und Benzin, für die der Bundesrat in seinen Energieperspektiven in Zukunft einen wesentlich geringeren Bedarf unterstellt.

Gesamthaft resultiert aus diesen Entwicklungen über alle Märkte hinweg eine Zunahme des schweizerischen Güterverkehrsaufkommens (in Tonnen) bis 2030 um ­ je nach Prognose ­ zwischen 20 % und 40 % im Vergleich zu heute. Die logistischen Abläufe und Optimierungsprozesse, aber auch die
Güterstrukturen führen auch künftig zu geringfügigen Ausdehnungen der mittleren Transportdistanzen, sodass die Verkehrsleistung (in Tonnenkilometern) stärker zunehmen wird als das Aufkommen.

Für den Schienengüterverkehr in der Schweiz wird bis 2030 eine Zunahme um 30 % prognostiziert Die Bahn hat gute Chancen, ihr Aufkommen in den nächsten zwanzig Jahren entsprechend der Wachstumsrate des gesamten Güterverkehrs gegenüber heute um fast 30 % steigern zu können. Haupttreiber dahinter ist die generell steigende Nachfrage nach Gütertransportleistungen. Gute Chancen besitzt die Bahn vor allem mit attraktiven Angeboten im Wachstumssegment der Sammelgüter. Hier können insbesondere kombinierte Transportleistungen Strasse-Schiene profitieren.

Im Binnenverkehr stehen hinter diesen Transporten vor allem länger laufende Relationen zwischen den einzelnen Landesteilen. Dies betrifft in erster Linie Transporte des Detailhandels mit Nahrungsmitteln und sonstigen Verbrauchsgütern. Auf den 3853

grenzüberschreitenden Relationen (Import-/Exportverkehr) kommen die bereits bei der gesamtmodalen Nachfrage relevanten Faktoren dazu: chemische Vorprodukte sowie Metalle und Halbfabrikate beim Import, Halbfabrikate und Nahrungsmittel beim Export.

Im restlichen konventionellen Ladungsverkehr (d.h. ohne die zum Teil auch konventionell transportierten Stückgüter) hingegen und speziell bei einigen Massenguttransporten sind die Aussichten für die Schiene weniger gut.

Erst an zweiter Stelle stehen beim wachsenden Verkehrsaufkommen der Bahn allfällige Verlagerungen von der Strasse auf die Schiene. Insgesamt wird das Potenzial für eine Steigerung der Produktivität bei der Bahn höher eingeschätzt als für den Strassengüterverkehr. Doch das Potenzial für höhere Modalsplit-Anteile der Schiene ist mit Ausnahme der Sammelgüter beschränkt. Zentraler Treiber für eine stärkere Nutzung des Schienengüterverkehrs ist die Fähigkeit der Bahn, auf die Nachfrage nach kombinierten, intermodalen Angeboten reagieren zu können. Relevant sind das Umschlagspotenzial und die Zusammenarbeit mit der Strasse; demgegenüber spielen die Wahl des Behältertyps (Container, Wechselbehälter, Sattelauflieger etc.) oder der Einsatz eines konventionellen Bahnwagens eine geringere Rolle.

Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der Bahn sind qualitativ hochwertige und somit attraktive Logistikprozesse und ausreichende Trassen- und Umschlagskapazitäten. Hinzu kommen nach wie vor die Verfügbarkeit und die Bedienung von Anschlussgleisen für Verlader mit grösseren (regelmässigen) Gütermengen, aber auch die Berücksichtigung einer Bahnerschliessung von Wirtschaftsstandorten in kantonalen Siedlungsplänen. Vermehrt in den Blickpunkt der Verkehrsmittelwahl werden auch politische Bestimmungen rücken, etwa in Form von Modalsplit-Vorgaben für spezifische Transporte (Baustoffe, Abfälle) oder Verkehrserzeuger (Logistikzentren, Umschlagsanlagen). Hier besteht ein enger Zusammenhang mit den zunehmenden Kapazitätsengpässen, die auf der Strasse, speziell in den Agglomerationen, immer zahlreicher werden.

1.1.3

Die Produktionsformen im schweizerischen Schienengüterverkehr und ihre Herausforderungen

Grundsätzlich lassen sich die folgenden Produktionsformen im Schienengüterverkehr unterscheiden: Unterscheidung nach Produktionsgefäss Wagenladungsverkehr (WLV): Die Güterwagen im Wagenladungsverkehr sind grundsätzlich an das Transportgut angepasst. Das Transportgut wird direkt in die Güterwagen verladen. Beispiele sind Kesselwagen für Flüssigkeiten wie Öl, Schüttgutwagen für Landwirtschaftsprodukte, offene Güterwagen, z.B. für die Entsorgung von Schrott, oder Güterwagen zum Transport neuer Strassenfahrzeuge. Ergänzend dazu verkehren auch sogenannte Schiebewandwagen, in die das Transportgut meist palettiert eingeladen wird.

Kombinierter Verkehr (KV): Den KV kennzeichnen normierte Transportbehälter für den multimodalen Transport. Güterwagen im KV sind für den Transport von Containern, Sattelaufliegern oder Wechselbrücken sowie ganzer schwerer Motorfahrzeuge (inkl. Transport der Fahrer in einem Begleitwagen; sogenannte Rollende 3854

Landstrasse) geeignet. Diese Transportgefässe sind für den Transport auf verschiedenen Verkehrsträgern (Wasser, Strasse, Schiene) konzipiert. Sie sind darum oft in ihrer Grösse normiert.

Unterscheidung nach Transportsystem System Einzelwagenladungsverkehr (EWLV): Einzelne Eisenbahnwagen oder Wagengruppen werden aus Anschlussgleisen oder ab Freiverladeanlagen gebündelt, zu Zügen formiert und in Rangierbahnhöfe geführt, wo neue Züge je nach Bestimmungsregion zusammengestellt werden. Am Bestimmungsbahnhof werden sie wieder als einzelne Wagen oder Wagengruppen auf Anschlussgleise, an Freiverlade oder KV-Umschlagsanlagen verteilt. Im System EWLV können sowohl Wagenladungen wie auch Wechselbehälter (z.B. im sogenannten Swiss Split) transportiert werden.

Abbildung 9 Schematische Darstellung des Systems EWLV Anschlussgleis

Anschlussgleis Rangierbahnhof

Freiverlad

Freiverlad Regionalbahnhof

KV-Terminal

KV-Terminal

Ganzzüge (Direktverkehr): Ganzzüge verkehren als Einheit vom Abgangs- zum Zielort (Anschlussgleis oder KV-Umschlagsanlage). Sind regelmässig grosse Mengen an Gütern vom Abgangsort zum Zielort zu transportieren, so werden die Verkehre bisweilen in sogenannten Shuttle-Zügen abgewickelt, d.h. die Zugskompositionen bleiben zwischen den Transporten unverändert. Dies ist eine kostengünstige Produktionsform.

Abbildung 10 Schematische Darstellung von Ganzzugsverkehren Anschlussgleis

Anschlussgleis

Freiverlad /

Freiverlad /

KV-Terminal

KV-Terminal

Bei kleineren Wagengruppen mit identischem Abgangs- und Zielort ist die effizienteste oder günstigste Transportart nicht immer offensichtlich. Das System EWLV ist auf eine gute Auslastung angewiesen. So wird SBB Cargo ihren Kunden oft einen 3855

Transport innerhalb des EWLV-Systemverkehrs anbieten. Für andere Bahnanbieter kann sich für dieselbe Wagengruppe unter Umständen bereits ein Ganzzug rechnen.

Die Volatilität solcher Transporte, für die sowohl der EWLV als auch Ganzzüge eine mögliche Transportlösung darstellen, ist ein Grund für die Schwierigkeit, das System EWLV dauerhaft auszulasten.

In der Fläche transportiert der Wagenladungsverkehr deutlich grössere Mengen als der kombinierte Verkehr Abbildung 11 zeigt das Verhältnis zwischen Wagenladungsverkehr und kombiniertem Verkehr, gemessen in Tonnen. Diese Abbildung verdeutlicht die Wichtigkeit der konventionellen Wagenladungen. Auch wenn die Wachstumschancen für den KV grösser sind, transportiert der WLV/EWLV im Schienengüterverkehr in der Fläche heute mit Abstand die grösseren Mengen. Hier unterscheidet sich die Bedeutung der verschiedenen Produktionsformen grundsätzlich vom internationalen Schienengüterverkehr auf den Nord-Süd-Achsen durch die Schweiz, wo der KV mittlerweile eine dominante Rolle spielt.

Abbildung 11 Transportaufkommen Güterverkehr in der Fläche nach Produktionsart 2011 1'000 Netto-t 30'000

Transportaufkommen Schiene 2011 Kombinierter Verkehr sowie (Einzel-)Wagenladungsverkehr/Ganzzugsverkehr

25'000 20'000 Kombinierter Verkehr

15'000

EWLV/WLV/ Ganzzüge

10'000 5'000 0 Binnen

Import

Export

Transit

Quelle: BFS

1.1.3.1

System Einzelwagenladungsverkehr

Über den Einzelwagenladungsverkehr werden Verkehre gebündelt Der EWLV ist im schweizerischen Schienengüterverkehr heute von zentraler Bedeutung. Das System EWLV verfügt über eine Vielzahl von Anschlussgleisen und die Möglichkeit, kleine Verkehrsmengen in Rangierbahnhöfen und dezentralen Teambahnhöfen zu bündeln. Aufgrund dieser Bündelung ist der Transport zu anderen

3856

Anschlussgleisen kostengünstig. Dieser Effekt kann sich jedoch nur entfalten, wenn die nötigen Mengen am Abgangs- wie auch Zielbahnhof vorhanden sind.

Auch in anderen europäischen Ländern sind konventionelle Wagenladungsverkehre weiterhin ein wesentlicher Bestandteil von Transport- und Logistikkonzepten von Industrie- und Handelsunternehmen. Im Import-/Exportverkehr sind diese Verkehre mit der Schweiz verknüpft. Einzelne Wagen oder kleine Wagengruppen werden in grenzüberschreitender Zustellung von und zu Anschlussgleisen oder Freiverladeanlagen in der Schweiz geführt. Dies bedingt einen hohen Grad an Interoperabilität der Bahnwagen im EWLV.

Für die Entwicklung des Schienengüterverkehrs ist die Verfügbarkeit der notwendigen Infrastruktur zentral Für den EWLV-Systemverkehr sind neben den Schienen- bzw. Trassenkapazitäten und den Anlagen zum Be- und Entladen verschiedene Infrastrukturen für die Produktion des Schienengüterverkehrs relevant. Grundsätzlich können folgende Anlagetypen unterschieden werden: ­

betriebsnotwendige Gleise (Gleise in Bahnhöfen, Gleisanbindung an Strecken),

­

Umschlag in Freiverladeanlagen,

­

Rangierbahnhöfe.

Mit dem Wachstum des Schienengüterverkehrs und den sich wandelnden logistischen Anforderungen ändert sich auch der Bedarf an Anlagen für die Produktion im Schienengüterverkehr. Zur Diskussion stehen die Zahl der Anlagen und die Anforderungen an deren Funktionalitäten.

Die Existenz solcher Anlagen und ihre Weiterentwicklung sind für den Schienengüterverkehr in der Fläche zwingend. Für das System EWLV sind leistungsfähige Rangierbahnhöfe nötig, um die verschiedenen regionalen Güterzüge entbündeln und neu formieren zu können. Ebenso müssen an den regionalen Produktionsstandorten (Teambahnhöfe) die notwendigen Anlagen vorhanden sein, damit die Rangierungen zum lokalen Formieren und Bündeln der regionalen Güterzüge vorgenommen werden können. Daneben braucht es auch Anlagen zum Abstellen von Zügen und Wagengruppen.

3857

Abbildung 12 Übersicht über die Rangieranlagen

Das System EWLV wie auch das Angebot konventioneller Ganzzüge basieren auf einer hohen Dichte an Anschlussgleisen in den Produktions- und Handelszentren der Schweiz. Nur so ist gewährleistet, dass die zur Ausschöpfung der Bündelungseffekte erforderlichen Mengen vorhanden sind. Obwohl Anschlussgleise in der Regel privates Eigentum sind und damit rechtlich nicht zur Bahninfrastruktur im Sinne des Eisenbahngesetzes32 gehören, sichern sie den Zugang zum Schienennetz. Dies ist vergleichbar mit der Strassenanbindung eines Industrieareals.

32

SR 742.101

3858

Die Dichte und Verteilung des aktuellen Anschlussgleissystems der Schweiz lässt sich wie folgt abbilden: Abbildung 13 Anschlussgleisdichte Schweiz33

Das Angebot im System EWLV ist komplex Beim Ganzzugsverkehr beschränkt sich die Rolle des Eisenbahnverkehrsunternehmens darauf, einen Zug vom Bestimmungs- zum Zielort zu führen. Im EWLV ist die Angebotserstellung hingegen weitaus komplexer. Daher stellt sich die Frage der Koordination des Angebots. Das Betreiben eines Systems EWLV bedingt die Definition zahlreicher Standards, welche über Prozesse und Systeme umgesetzt werden müssen. Die gesamte Verantwortung für die Auslastung des Netzwerkes liegt in der Regel beim Eisenbahnverkehrsunternehmen. Zum Angebot gehört auch das Management des Bahnwagens, den der Kunde für seinen Transport bestellen kann. Zur Handhabung der angebotenen Bedienpunkte ist eine umfassende Organisation in der Fläche notwendig. Können Gebiete nicht selber abgedeckt werden, so ist zu koordinieren, wie die dazu notwendigen Leistungen eingekauft werden können. Die Nahbedienung an Anschlussgleise und Freiverlade wird verbunden mit regelmässig verkehrenden Ferngüterzügen, welche zu und von den Rangierbahnhöfen der Infrastruktur geführt werden.

33

Quelle: Stölzle, W., Hofmann, E., Lampe, K. (2012): Logistikmarktstudie Schweiz 2012, GS1 Schweiz, Bern, S. 82.

3859

Die «Systemführerschaft» der SBB Cargo im EWLV ist nicht definiert Mit der Bahnreform und der damit verbundenen neuen Rollenverteilung im Schienengüterverkehr hat sich wegen des hohen Koordinationsbedarfs die Frage der Systemführerschaft im EWLV gestellt. Diese Rolle erfüllen üblicherweise die nationalen Staatsbahnen.

Bisher wurde SBB Cargo die Verantwortung über das EWLV-System im Rahmen der Leistungsvereinbarung Bund-SBB34 übertragen, indem ihr die Systemführerschaft zugeteilt wurde. Die in der Leistungsvereinbarung erwähnte Systemführerschaft wird aber inhaltlich nicht weiter definiert, was den Auftrag unklar und nicht sehr verbindlich macht. Es ist daher ungeklärt, welche Pflichten, Rechte oder Ziele mit der Systemführerschaft auf rechtlicher Basis verbunden sein sollen.

Für den EWLV in der Schweiz ist kennzeichnend, dass SBB Cargo annähernd sämtliche Leistungen der Prozesskette auf dem Normalspurnetz in Eigenleistung erbringt. Einzige Ausnahme sind die Rangierbewegungen in den Rangierbahnhöfen, welche durch die Infrastrukturbetreiberin (SBB Infrastruktur) erbracht werden.

Dieser hohe Eigenanteil an der Wertschöpfungskette bedeutet aber auch, dass das Auslastungsrisiko der Verkehrsangebote bei SBB Cargo liegt. Im Falle eines Nachfragerückgangs können die Kosten wegen des hohen Anteils an Fixkosten nicht sofort gesenkt werden.

Ökonomisch betrachtet ist das System EWLV heute ein natürliches Monopol. Angesichts der bestehenden Nachfrage erscheint es weder effizient noch möglich, zwei Netze nebeneinander mit einem weitgehend identischen Bedienungsraster aufrechtzuerhalten. Eine zu geringe Auslastung der im System verkehrenden Züge stellt schon heute das zentrale Verlustrisiko für SBB Cargo dar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere des Netzzugangs, würden ein konkurrierendes EWLVSystems heute zwar ermöglichen. Neben den erwähnten Schwierigkeiten bei der Auslastung der Systemzüge ist der Betrieb eines EWLV-Systems aber sehr fixkostenintensiv. Auslastungsrisiko, hohe Fixkosten und geringe Ertragsaussichten haben bisher Konkurrenten ferngehalten. Die Angebote von SBB Cargo stehen daher nicht in Konkurrenz zu einem andern Angebot im EWLV. Trotzdem sind die Verkehre im EWLV dem Wettbewerb ausgesetzt. Sie können beispielsweise von Angeboten der Konkurrenz im Ganzzugsverkehr, im KV oder auf
der Strasse abgeworben werden.

Herausforderungen im schweizerischen EWLV Die Nachfrageentwicklung ist zu berücksichtigen, das Auslastungsrisiko ist zu minimieren Die Produktion des EWLV-Systems hat sich seit der Bahnreform entscheidend verändert. SBB Cargo hat die Flächenbedienung mehrmals neu organisiert. Es wurden an den Regionalbahnhöfen regionale Cargo-Produktionsteams formiert, die für die Feinverteilung verantwortlich sind und die vertraglichen Beziehungen zu anderen Leistungserbringern im EWLV ­ beispielsweise den Transportunternehmen des Meterspurnetzes ­ pflegen. Im Rahmen der Neuausrichtung im Projekt «Fokus» wurde 2005 die Zahl der Bedienpunkte erheblich reduziert. Eine weitere Redimensionierung ist auf den Fahrplanwechsel 2012/13 erfolgt.

34

Vgl. z.B. Leistungsvereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Aktiengesellschaft Schweizerische Bundesbahnen (SBB) für die Jahre 2011­2012, BBl 2011 3523.

3860

In vielen europäischen Staaten ist der Trend zur Redimensionierung vergleichbar oder bereits weiter fortgeschritten. Nur noch wenige ehemalige Staatsbahnen (z.B. in Deutschland, Österreich, Belgien) bieten EWLV in Form eines Systemverkehrs an.

Auf internationaler Ebene haben verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen eine Allianz («XRail») gebildet, an der auch SBB Cargo beteiligt ist. So wollen sie das Angebot im internationalen EWLV besser koordinieren und eine Qualitätssteigerung erreichen.

Die Herausforderungen des EWLV sind für SBB Cargo und für die meisten Anbieter in Europa ähnlich. Für die industrielle Verarbeitung in der Schweiz stehen klassische Massen- und Volumengüter immer weniger im Vordergrund. In den logistischen Abläufen verlangt die verladende Wirtschaft kürzere Transportzeiten, die Sendungen werden kleiner und die Lagerhaltung wird zentralisiert. Dies führt in der Summe zu einer geringeren Attraktivität des heutigen Angebots im EWLV, da dieser seine Stärken insbesondere bei voluminösen und schweren Gütern nicht mehr im bisherigen Ausmass nutzen kann.

Aufgrund des Nachfragerückgangs nehmen die Erlöse im EWLV ab. Mit dem Rückgang des EWLV in anderen Ländern wird auch das EWLV-System in der Schweiz geschwächt. Die Finanzierung der notwendigen Investitionen für eine Weiterführung des EWLV ist damit langfristig nicht gesichert. Zudem ist das EWLV-System fixkostenlastig. Die Auslastungsrisiken sind daher hoch. Für die zukünftige Ausgestaltung der Angebote im EWLV müssen Auslastungs- und Bündelungsmöglichkeiten geprüft werden. Auch ist zu prüfen, ob und wie die Zusammenarbeit zwischen Strasse und Schiene verbessert werden kann.

Innovations- und Koordinationspotenziale im EWLV sind zu nutzen Das System EWLV hat noch Potenziale zur Effizienzsteigerung. Diese zu nutzen, ist eine wesentliche Herausforderung für die Betreiber des EWLV. Dabei stehen nicht nur technische Neuerungen im Vordergrund. Erfolgversprechende Innovationen sind meist mit einem sehr hohen Investitionsbedarf verbunden und müssen mit in- und ausländischen Akteuren koordiniert werden (z.B. der Einsatz der automatischen Mittelpufferkupplung oder von Intrazugs-Kommunikationstechnologien). Dies hat zur Folge, dass die Mittel für solche Umrüstungen in absehbarer Zeit nicht aufgebracht werden und die erforderlichen
Migrationsprozesse nicht stattfinden können.

Mehr Effizienz können auch organisatorische Neuausrichtungen bringen. Dafür müssen bestimmte Stufen der Wertschöpfungskette für Dritte geöffnet werden. Dies könnte (z.B. in der Nahbereichsbedienung) innovative Impulse im System setzen.

Darüber hinaus ist eine verstärkte und transparente Koordination zwischen den Anbietern des EWLV und den Infrastrukturbetreiberinnen anzustreben. Sind die für den EWLV nötigen Anlagen ­ Rangierbahnhöfe, Gleise in Bahnhöfen, Formierungsgleise, Freiverlade ­ nicht in ausreichender Kapazität und Qualität vorhanden, kann der EWLV nicht nachfragegerecht und attraktiv produzieren. Zugleich bestehen enge Beziehungen zwischen den verschiedenen Anlagen: Wie viele Rangierund Formierungsanlagen in einem Teambahnhof benötigt werden, hängt von der Zahl der Freiverlade und Anschlussgleise und den dort generierten Mengen ab. Die Dimensionierung der Rangierbahnhöfe hängt davon ab, wie viele regionale Güterzüge verarbeitet und neu gebündelt werden müssen. Die Dimensionierung hängt wiederum von der totalen Zahl der Rangierbahnhöfe und der verfügbaren Zahl von Trassen zu und von den Rangierbahnhöfen ab.

3861

1.1.3.2

Der kombinierte Verkehr

Der kombinierte Verkehr (KV) umfasst die Kooperation verschiedener Verkehrsträger im Verlauf der Transportkette. Das Transportgefäss wird zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern umgeschlagen. Als Transportgefässe können Container oder Wechselbehälter, Sattelanhänger oder auch ganze schwere Güterfahrzeuge auf der Schiene transportiert werden.

Im KV werden die Güter zum überwiegenden Teil mit Containern oder Wechselbehältern (WB) transportiert (vgl. Abbildung 14).

Abbildung 14 Transportaufkommen im kombinierten Verkehr 2011 1'000 Netto-t

Transportaufkommen im kombinierten Verkehr 2011 Rola und UKV mit Sattelanhängern sowie Containern/Wechselbehältern

20'000 18'000 16'000 14'000 12'000

Rola (SGF)

10'000

Sattelanhänger Container/WB

8'000 6'000 4'000 2'000 0 Quelle: BFS

Binnen

Import

Export

Transit

Der Binnen-KV hat im schweizerischen Schienengüterverkehr heute eine untergeordnete Rolle (vgl. Abbildung 11) Eisenbahnverkehrsunternehmen und Operateure des KV bieten nur vereinzelte Relationen mit Ganzzügen an. Im Jahr 2013 wurden rund 75 000 Sendungen in KV-Ganzzügen befördert.35 Das Angebot wird derzeit allerdings ausgebaut. Mit rund 130 000 Sendungen wurde der grössere Teil der KV-Sendungen im System EWLV von SBB Cargo transportiert. Heutige Angebote umfassen vor allem den Transport von Gütern des Detailhandels, von Paketen oder anderen zeitsensitiven Gütern. Zugleich können jene Verlader KV-Angebote nutzen, die keinen Gleisanschluss besitzen. In vielen Fällen handelt es sich um «Door-to-door»-Leistungen, indem der gesamte Transport vom Bestimmungs- zum Zielort mit verschiedenen Verkehrsmitteln durch einen einzigen Anbieter (Spedition oder KV-Operateur)

35

Quelle: Meldungen der Anbieter von KV-Leistungen im Rahmen der Bestellungen des BAV.

3862

organisiert wird, also mit dem KV-Zug im Hauptlauf und in der Regel dem Lastwagen im Vor- und Nachlauf.

Für die steigende Nachfrage nach KV-Produkten im Binnenverkehr und im nicht-maritimen Import-/Exportverkehr braucht es genügend Umschlagsanlagen Für die kommenden Jahre ist mit einer steigenden Nachfrage nach KV-Produkten im Binnen- und im nicht-maritimen Import-/Exportverkehr zu rechnen. Angesichts der veränderten Lager- und Transportlogistik (z.B. Zentralisierung von Lagerhaltung und Kommissionierung an wenigen Logistik- und Distributionszentren) sind die KV-Angebote besonders interessant, da sie dem Trend zu kleineren Sendungsgrössen und Sammelgütern oftmals entsprechen.

Für diese Verkehre müssen KV-Umschlagsanlagen in der Schweiz zur Verfügung stehen. Die Kapazitäten dafür müssen aufgrund des zu erwartenden geringeren Transportvolumens und der fehlenden Verknüpfung mit dem EWLV-System dezentral bereitstehen. Eine gute Infrastrukturanbindung ist für eine effiziente Abwicklung des Verkehrs notwendig.

Auch im maritimen Import-/Exportverkehr von und zu den Seehäfen ist mit einer steigenden Nachfrage nach KV-Produkten zu rechnen Heute bestehen mehrere KV-Relationen von den Nordseehäfen (Antwerpen, Rotterdam, Hamburg, Bremerhaven) in die Schweiz. Von Mittelmeerhäfen bestehen derzeit keine direkten Verbindungen in die Schweiz. Der Hauptlauf zwischen Hochseeterminal und der Schweiz erfolgt auf der Schiene, der Nachlauf erfolgt oft auf der Strasse. Für viele dieser Import-/Exportverkehre ab den Seehäfen besteht auch die Möglichkeit, als Hauptlauf bis Basel die Rheinschifffahrt zu nutzen.

Aktuell werden rund 100 000 Sendungen im Jahr im KV mit Hauptlauf Schiene zwischen den Nordseehäfen und der Schweiz transportiert. In der Regel werden Hochseecontainer mit Konsumgütern und halbfertigen Erzeugnissen aus oder nach Übersee befördert. Die Transporte führen zu den kleinen bis mittelgrossen KV-Umschlagsanlagen in der Schweiz. Von dort werden Sendungen teilweise im System EWLV (im sogenannten Swiss Split) bis zum Anschlussgleis weitertransportiert. Aufgrund der knappen Kapazitäten an den einzelnen KV-Umschlagsanlagen werden in der Regel täglich nur einzelne Zugspaare ab und zu diesen KV-Umschlagsanlagen geführt.

Mit der Rheinschifffahrt werden von und bis Basel jährlich ca. 60 000 Sendungen transportiert. Der
Weitertransport ab und nach Basel erfolgt auf der Schiene (v.a. im System EWLV) oder auf der Strasse.

Für die kommenden Jahre ist mit einer steigenden Nachfrage nach KV-Produkten im maritimen Import-/Exportverkehr zu rechnen.

Die Entwicklung der Terminallandschaft in der Schweiz verlief bis anhin unkoordiniert Seit den 1980er-Jahren entwickelt sich die Terminallandschaft in der Schweiz auf Initiative der Verlader, Spediteure und KV-Operateure. Der Bund hat dabei bisher nur ansatzweise eine koordinierende Funktion wahrgenommen und die Initiative bewusst den Betreibern der KV-Umschlagsanlagen überlassen. Als Folge davon

3863

wurden bis anhin keine Grossterminals gebaut, welche die Interessen vieler Benutzer bündeln könnten.

In der Schweiz stehen heute Umschlagskapazitäten in der Höhe von insgesamt 250 000 TEU36/Jahr für den Umschlag Schiene-Strasse und rund 100 000 TEU/Jahr für den Umschlag Schiff-Schiene zur Verfügung. Die KV-Umschlagsanlagen nehmen meist mehrere Aufgaben wahr: ­

Verteilung für die Region (Vor- und Nachlauf auf der Strasse),

­

Verteilung im Swiss Split (Containerverteilung aus Importzügen ins EWLVSystem bzw. aus dem EWLV-System auf Exportzüge),

­

Weiterleitung von Teilzügen,

­

Lagerung von Leerbehältern.

Diese Aktivitäten werden zwischen den verschiedenen Betreibern von KVUmschlagsanlagen kaum koordiniert, Sie basieren allein auf unternehmerischen Entscheidungen der einzelnen Akteure.

Eine Konzentration von Standorten mit KV-Umschlagsanlagen lässt sich im Raum Basel mit bi- und trimodalen Terminals und im Mittelland (Aarau, Birr, Rekingen) feststellen. Die folgende Karte zeigt die Terminallandschaft heute: Abbildung 15 Übersicht über die KV-Umschlagsanlagen in der Schweiz

36

TEU = Twenty-foot Equivalent Unit (international standardisierte Einheit für 20-Fuss-Container)

3864

Es erscheint aus heutiger Sicht zweifelhaft, ob die bestehende Terminallandschaft aufgrund der bisher unkoordinierten Entwicklung in Zukunft eine effiziente Abwicklung des UKV zulässt.37 Herausforderungen im KV in der Schweiz Im Binnen-KV und im kontinentalen Import-/Exportverkehr ist die Mindestauslastung kritisch Die Entwicklungen in der Transport- und Lagerlogistik begünstigen kombinierte Transportlösungen. Die Sendungsgrössen und die Notwendigkeit der Bündelung machen einen kombinierten Einsatz von Bahn und Lastwagen attraktiv.

In der Schweiz liegen die Herausforderungen für den Gütertransport auf der Schiene in der Kleinräumigkeit. Der Schienenhauptlauf ist im Binnenverkehr kaum länger als 200 km. Diese kurzen Distanzen auf der Schiene verschlechtern die Wirtschaftlichkeit der Angebote, da die Kosten für Ressourcen und Anlagen schwer zu amortisieren sind.

Neben dem System EWLV bleiben für den KV in der Regel nur komplementäre Angebote übrig. Nur eine Bündelung der Verkehre verspricht eine ausreichende Auslastung und damit einen eigenwirtschaftlichen Betrieb.

Im Import-/Exportverkehr von und zu den Seehäfen ist die Terminalstruktur nicht optimal Gemäss Prognosen wird die Schweiz an der Arbeitsteilung mit Übersee weiterhin teilhaben. Als Folge diverser Auflagen zum Modalsplit der grossen Seehäfen wird vor allem im Import-/Exportverkehr mit den Seehäfen ein hohes Wachstum bei den Container-Zügen erwartet.

Die Mengen und die Produktion in Form von KV-Shuttlezügen machen kostengünstige Angebote für den Hauptlauf auf der Schiene möglich. Parallel steht der Transport auf dem Rhein für maritime Import-/Exportverkehre ab und zu den Nordseehäfen Antwerpen und Rotterdam zur Verfügung. Für eine effiziente Produktion dieser Verkehre ist die dezentrale Terminalstruktur jedoch kein Vorteil, da für die letzten Schienenkilometer oft spezielle Herausforderungen bestehen, wie z.B. Restriktionen bei den Zugslängen oder aufwendige Rangiertätigkeiten.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die maritimen Verkehre ab und zu den KV-Umschlagsanlagen in der Schweiz auf der Strasse (bis zur Rampe des Empfängers) oder auf der Schiene (bis zum Anschlussgleis) weitergeführt werden sollen. Das heute bestehende Angebot im Swiss Split baut auf den zahlreichen Anschlussgleisen auf und sorgt für eine gewisse
Grundauslastung im System EWLV.

Um die Attraktivität des Swiss-Split-Angebots zu erhöhen, sind vor allem verbesserte Schnittstellen zwischen KV-Umschlagsanlagen und dem System EWLV erforderlich. Eine weiterhin dezentrale Entwicklung der KV-Umschlagsanlagen bietet kaum die notwendigen produktiven Voraussetzungen: Ab den kleineren KVUmschlagsanlagen müssten Züge bis zum nächsten Rangierbahnhof geführt und erst

37

Siehe u.a. SVI-Forschungspaket «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz» Teilprojekt C: Anforderung der Güterlogistik an die Netzinfrastruktur und die langfristige Netzentwicklung in der Schweiz (IVT, ETH Zürich)

3865

dort auf die Regionalzüge verteilt werden. Wie heute bestünden weiterhin viele Schnittstellen, die das System wenig effizient machen.

Die Terminallandschaft der Schweiz muss marktgerecht und koordiniert weiterentwickelt werden Gemäss einer Studie des BAV38 ist für den Zeithorizont 2020­2030 ein Umschlagsbedarf von 440 000 bis 570 000 TEU/Jahr für das System Schiene-Strasse und von 145 000 bis 155 000 TEU/Jahr für das System Schiff-Schiene nötig. Vor allem um das Wachstum bei den Verkehren von und zu den Seehäfen aufzufangen, braucht es zusätzliche Umschlagskapazitäten in der Schweiz.

Andernfalls besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Ladungen dieser Züge vermehrt vor oder unmittelbar an der Schweizer Grenze auf die Strasse umgeschlagen werden und die Feinverteilung in der Schweiz per LKW erfolgt. Damit würde eine Bedienung per Bahn bis zum Anschlussgleis oder Freiverlad im Rahmen des EWLV-Systems wegfallen. Eine Einspeisung in das EWLV-System funktioniert nur, wenn die Ganzzüge bis zu schweizerischen KV-Umschlagsanlagen geführt und dort auf einfache Weise ins System EWLV eingegliedert werden können.

SBB Cargo und verschiedene KV-Operateure haben den Bedarf an grossen KV-Umschlagsanlagen für die wachsenden Mengen im Import und Export beim Bund angemeldet. Zur Diskussion stand die Realisierung der Grossterminals Basel Nord, Gateway Limmattal oder andere Projekte, um die erwarteten Mengen im Import und Export auf der Schiene abwickeln zu können. Zudem sollten die Verkehre ab diesen Terminals möglichst auf der Schiene, mittels Ganzzügen oder im SwissSplit bis zu einer dezentralen KV-Umschlagsanlage oder zum Anschlussgleis weitergeführt werden können mit dem Ziel, den Strassenlauf möglichst gering zu halten.

Auch für den Binnen-KV sind Umschlagseinrichtungen erforderlich. Um einen möglichst langen Schienenlauf zu ermöglichen, sollten solche Anlagen für die ganze Schweiz an den wichtigsten Produktions- und Logistikstandorten bestehen. Ist das lokale Verkehrsvolumen gering, so genügt für die Ansprüche des Binnen-KV z.B.

die Positionierung mobiler Umschlagsgeräte (sog. Reachstacker) an Freiverladen.

Um die Entwicklung der schweizerischen Terminallandschaft in den kommenden Jahren nach den Bedürfnissen der Branchenakteure zu koordinieren, hat das BAV 2013 eine Terminalkonferenz einberufen,
begleitet von bilateralen Gesprächen, einer Mediation und Workshops. Ziel der Konferenz war es, die Branche auf eine gemeinsame Haltung zur Terminallandschaft im Allgemeinen und zu den beiden Grossterminalprojekten Basel-Nord und Gateway Limmattal im Besonderen zu einigen. Die Realisierung dieser Projekte hätte erhebliche Auswirkungen auf die zukünfige Abwicklung des Imports und Exports im KV und und dessen Feinverteilung innerhalb der Schweiz. Die Ergebnisse der Konferenz fliessen direkt in die Massnahmen dieser Vorlage zur Entwicklung der Anlagen des Schienengüterverkehrs ein (vgl.

Ziff. 1.2.3.4).

Wenige Tage vor Verabschiedung dieser Botschaft hat die SBB bekanntgegeben, dass sie das Projekt Gateway Limmattal zurückstellen will und dass die Pläne in der bestehenden Form nicht weiterverfolgt werden.

38

Infras IVT: Grossterminalstudie ­ Beurteilung der Terminalprojekte Gateway Limmattal und Basel Nord, 19.06.12.

3866

1.1.3.3

Die Meterspurbahnen

Der Gütertransport per Bahn kostet im Gebirge mehr Die Meterspurbahnen weisen verschiedene Produktionsformen im Güterkehr auf.

Sie sammeln und verteilen auf ihren Infrastrukturen Wagen analog dem System EWLV und sind für die Feinverteilung in ihrem angestammten Gebiet verantwortlich. Teilweise bestehen Umschlags- oder Verknüpfungspunkte zum System EWLV von SBB Cargo (Normalspurnetz). Hinzu kommen Angebote im KV und konventionelle Ganzzüge (z.B. Mineralöl- oder Holztransporte). Vereinzelt werden auch Gütertransporte gemischt mit Personenverkehrsangeboten durchgeführt.

Aufgrund der Topografie kann der Schienengüterverkehr im Gebirge meist nur zu höheren Kosten angeboten werden. Wichtige Anbieter sind die Rhätische Bahn (RhB), die Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) und Chemins de fer du Jura (CJ).

Trotz geringen Mengen und tiefer Auslastung hat der Güterverkehr per Bahn in den Bergen eine besondere Rolle Abbildung 16 zeigt die transportierten Mengen und Tonnenkilometer auf Meterspurbahnen. Auf den schweizerischen Meterspurbahnen werden rund 1 Million Tonnen Güter transportiert. Die Transportleistung liegt bei über 50 Millionen tkm. Die Transportdistanzen sind somit mit durchschnittlich 50 km vergleichsweise kurz. Im Vergleich zum Schienengüterverkehr auf dem Normalspurnetz ist der Anteil der Meterspurbahnen sehr gering. Die Bedeutung des Güterverkehrs auf Meterspurbahnen ist für die Versorgung vor allem der Gebirgsregionen der Schweiz gross. Denn nur die Bahn kann Güter in topografisch schwierigen Gebieten sicher und ganzjährig transportieren.

Abbildung 16 Transportmengen im Güterverkehr bei den Meterspurbahnen Güterverkehr Meterspurbahnen

Mio. Netto-tkm 70

in Mio. t

Transportleistung und Transportmengen 2007-2013 Netto-tkm (linke Skala) Tonnen (rechte Skala)

60

3.5 3

50

2.5

40

2

30

1.5

20

1

10

0.5

0

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Tonnen

tkm

Tonnen

tkm

Tonnen

tkm

Tonnen

tkm

Tonnen

tkm

Tonnen

tkm

Tonnen

tkm

0

2013

Quelle: BAV, Bemerkung: Transportmengen 2010 geschätzt: Mittelwert von 2009 und 2011

3867

Für eine effiziente Produktion wird aufgrund der dünnen Besiedelung und Industriedichte das erforderliche Transportaufkommen für eine hohe Auslastung auch in Zukunft kaum vorhanden sein.

1.1.4

Der Bedarf an Infrastrukturkapazitäten für den Schienengüterverkehr

Heute bestehen bei der Nutzung der Infrastruktur Konflikte zwischen Güter- und Personenverkehr Der Bund plant heute gemeinsam mit den Bahnen den Ausbau der schweizerischen Eisenbahninfrastruktur. Die Finanzierung der grossen Investitionen erfolgt heute über den FinöV-Fonds und voraussichtlich ab 2016 über den BIF.39 Die Eisenbahnstrecken und die Bahnhofsinfrastruktur werden in aller Regel vom Personen- und Güterverkehr gemeinsam genutzt. Wegen der hohen Auslastung bestehen auf vielen Streckenabschnitten Nutzungskonflikte zwischen Güter- und Personenverkehr.

Diese können zwar meist gelöst werden, haben aber Qualitätseinbussen bei den Verkehrsangeboten zur Folge. Insbesondere im Raum Basel-Zürich-Aargau ist die Konzentration des Güterverkehrs sehr hoch (vgl. die Belastungskarte des schweizerischen Schienengüterverkehrs, Abbildung 5).

Bei der Zuteilung von Trassen ist der Güterverkehr gegenüber dem Personenverkehr in einer schwächeren Position Bei der Planung und Zuteilung der Trassen für den Güter- und den Personenverkehr bestehen heute verschiedene Schwierigkeiten.

Die Trassenkapazitäten für den Schienengüterverkehr in der Fläche sind heute oft knapp. Neue Personenverkehrsangebote machen dem Schienengüterverkehr die Trassen ­ vor allem als Folge der geltenden Prioritätenregelung des EBG40 ­ oft streitig. Zudem ist die Ausbauplanung des Bundes heute vorwiegend auf Projekte zur Verbesserung des Angebots im Personenverkehr ausgerichtet.41 Die knappen oder fehlenden Trassen führen in vielen Fällen zu Abstrichen bei der Produktivität und Qualität im Gütertransport auf der Schiene.

Auch für den Schienengüterverkehr existiert heute jedoch ein Systemfahrplan.

Dieser reserviert Trassen für die grundlegenden Bedürfnisse des Güterverkehrs. Dies gilt für die Trassen auf den Transitachsen, aber ­ weniger bekannt ­ auch für den Güterverkehr in der Fläche. Allerdings sind diese Trassen für den Güterverkehr bei der Erstellung des Fahrplans aufgrund der geltenden Prioritätenregelung nicht verbindlich gesichert.

39 40 41

Vgl. Art. 196 Ziff. 3 BV, SR 101 Art. 9a EBG, SR 742.101 Vgl. auch die Ergebnisse des SVI-Forschungspakets «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz», Teilproject C: Anforderung der Güterlogistik an die Netzinfrastruktur und die langfristige Netzentwicklung in der Schweiz (IVT, ETH Zürich), Bern 2013 sowie Teilprojekt F: Einschätzungen der Infrastrukturnutzer zur Weiterentwicklung des Regulativs, (ProgTrans Basel), Schlussbericht, Bern 2012.

3868

Die kurzfristige Planung im Güterverkehr erschwert die längerfristige Bestellung von Trassen Die verladende Wirtschaft und die Logistikbranche werden bei der Trassenplanung und Trassenzuweisung nicht systematisch einbezogen. Dies wird nicht selten als Benachteiligung des Güterverkehrs empfunden. Die Kommunikation über die vorhandenen Trassen läuft zwischen den Eisenbahninfrastruktur- und den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Letztere können in der Tat nicht allen Bedürfnissen nach Verlade- und Abladezeiten ihrer Kunden nachkommen. Doch die teilweise fehlenden Trassen für den Güterverkehr stellen dabei nur eine von vielen Ursachen dar.

Die Nachfrageschwankungen beim Güterverkehr machen die Trassenplanung für den Güterverkehr schwieriger als für den Personenverkehr. Geht die Nachfrage zurück, so benötigt der Güterverkehr einen Teil der für ihn reservierten Trassen nicht. Nimmt die Nachfrage in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität zu, so sind die Trassen für den Güterverkehr in Spitzenzeiten immer knapp. Aufgrund dieses kurzfristigen Planungshorizonts sind die Vertreter des Güterverkehrs im Gegensatz zu denjenigen des Personenverkehrs nicht in der Lage, sich auf langfristige Trassenbestellungen zu verpflichten. Deshalb gibt es für die Infrastrukturbetreiberin auch keinen Ansprechpartner, der die generellen Bedürfnisse des Güterverkehrs bei der längerfristigen Planung der Trassen verbindlich vertreten kann.

In der Planung der Ausbauschritte des STEP werden die Anliegen des Güterverkehrs stärker einbezogen Aufgrund dieser Ausgangslage will das BAV die Interessen des Güterverkehrs bei der längerfristigen Trassenplanung und -zuteilung deutlicher vertreten und die notwendigen Kapazitäten sicherstellen. Dafür müssen sich die Vertreter des Güterverkehrs bei den Güterverkehrsprognosen und der Frage möglicher Produktionskonzepte jedoch verstärkt einbringen.

Die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur42 (FABI) skizziert die anstehenden Ausbauschritte der schweizerischen Eisenbahninfrastruktur. In der Planung für das STEP im Rahmen von FABI wurde mit einer deutlichen Zunahme des nationalen und internationalen Gütertransports auf der Schiene gerechnet. Es wurden auch Qualitätsbedürfnisse wie Vertaktung, Verknüpfungsmöglichkeiten von Trassen, Zugslänge, Fahrzeit zwischen Knoten, Profile, Geschwindigkeit
und Traktion berücksichtigt. Das Ergebnis ist ein Systemfahrplan für den Güterverkehr unter Berücksichtigung der Verkehrsmengen, die für 2030 erwartet werden.

Der Bund plant und finanziert auch die spezifischen Güterverkehrsanlagen, die Teil der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur sind. Dies betrifft die Rangierbahnhöfe, die Teambahnhöfe und die Freiverladeanlagen. Die Weiterentwicklung der bestehenden Anlagen innerhalb der Eisenbahninfrastruktur ist also grundsätzlich gesichert.

42

BBl 2012 1577

3869

1.1.5

Planungsprozess Güterverkehrsanlagen

Eine ganzheitliche, nationale Planung der Güterverkehrsanlagen fehlt heute Die Planung von Güterverkehrsanlagen fliesst in die Sachplanung des Bundes im Bereich Verkehr, also insbesondere in den Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene43, und in die Richtplanung der Kantone ein. Diese Festlegungen von Bund und Kantonen erfolgen jedoch allein auf Basis der autonomen Planungen der einzelnen Akteure. Sie sind nicht das Ergebnis eines zwischen Bund, Kantonen und Branchenakteuren abgestimmten Planungsprozesses. Das BAV beurteilt zwar einzelne Gesuche um finanzielle Beiträge des Bundes. Doch dabei bleibt bisweilen offen, ob die für die geplanten Verkehrsmengen erforderlichen Trassenkapazitäten dauerhaft gesichert werden können und ob die verschiedenen Projekte unter Umständen auf die gleichen Verkehre abzielen.

Diese Situation ist unbefriedigend. Anzustreben ist eine gesamtschweizerisch koordinierte Planung der Kapazitäten des Netzes und der Güterverkehrsanlagen unter Federführung des Bundes und unter Einbezug der Kantone und der Branchenvertreter des Güterverkehrs.

Die besondere Herausforderung in einem solchen Planungsprozess bilden die hohe Abhängigkeit von der allgemeinen volkswirtschaftlichen Entwicklung und die unsichere Entwicklung des Marktes über einen langen Planungshorizont. Die in den vergangenen Jahren erfolgte tiefgreifende Umstrukturierung der Logistikprozesse erschwert die Planung zusätzlich. Diese Unsicherheiten senken heute die Investitionsbereitschaft von Unternehmen im Schienengüterverkehr.

1.1.6

Die bestehenden Förderinstrumente der öffentlichen Hand

1.1.6.1

Übersicht über finanzielle Fördermassnahmen

Der Schienengüterverkehr wird heute durch den Bund auf vielfältige Weise finanziell gefördert. Diese Vielfalt ist historisch bedingt und mit den verschiedenen politischen Vorlagen schrittweise gewachsen. Das Instrumentarium entspricht weder einer ganzheitlichen Betrachtung noch einem konzeptionellen Ansatz.

Beim Trassenpreis sind keine Änderungen vorgesehen Der Trassenpreis stellt einen wesentlichen Faktor in der Kostenstruktur des Schienengüterverkehrs dar. Er basiert auf dem Grenzkostenprinzip. Die einzelnen Elemente des Trassenpreises wurden mehrmals überarbeitet. Die letzte Änderung trat am 1. Januar 2013 in Kraft, nachdem umfangreiche Abklärungen gemacht worden waren. Im Rahmen dieser Vorlage wird der Trassenpreis nicht erneut zur Diskussion gestellt (vgl. Ziff. 1.1.2.3).

43

Als Sachplan nach Artikel 13 des Raumplanungsgesetzes (RPG; SR 700) stimmt der Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene die Ziele der Raumentwicklung und der Entwicklung des Schienennetzes der Schweiz aufeinander ab. Er ist für die zuständigen Behörden verbindlich und bildet eine Grundlage für verkehrs- und infrastrukturrelevante Entscheide des Bundes.

3870

Eine Erhöhung der finanziellen Mittel für den Schienengüterverkehr ist nicht geplant Die verschiedenen Bereiche des Schienengüterverkehrs in der Fläche und die Ansatzpunkte der verschiedenen Fördermassnahmen können folgendermassen dargestellt werden: Abbildung 17 Übersicht über die Ansatzpunkte für die Fördermassnahmen des Bundes im Güterverkehr System Wagenladungsverkehr Anschlussgleis: Investitionsbeiträge gemäss MinVG, AnGV Freiverlad: Bestellung im Rahmen LV

Rangierbahnhof: Bestellung im Rahmen LV

KV-Terminal: Investitionsbeiträge gemäss MinVG, BGFV Betriebsbeiträge an EWLV gemäss GüTG, BGFV UKV-Ganzzüge

Betriebsbeiträge an UKV gemäss GüTG, BGFV

KV-Terminal: Investitionsbeiträge gemäss MinVG,

Für die Förderung des Schienengüterverkehrs setzt der Bund heute ein breites Instrumentarium ein, das an verschiedenen Punkten der Wertschöpfungskette im WLV und KV ansetzt. Gemäss Tabelle 1 beliefen sich die eingesetzten Mittel im Durchschnitt der letzten Jahre auf etwas über 200 Millionen Franken. Davon wird rund die Hälfte über die Leistungsvereinbarungen mit den Infrastrukturbetreiberinnen finanziert. Mit dieser Vorlage ist nicht vorgesehen, den finanziellen Rahmen zu erhöhen. Der Güterverkehr soll aber neu auf Basis einer expliziten Zielsetzung gefördert werden. Zudem soll das Instrumentarium vereinfacht und transparenter gestaltet werden.

3871

Tabelle 1 Übersicht über die finanzielle Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche (in Mio. Fr.)

Ist 2011

Ist 2012

33

33

33

35

15

LV SBB Infrastruktur Betriebsbeiträge nur Anteil ungedeckte Kosten Rangierbahnhöfe; A2310.0213

104

100

100

100

100

Terminalanlagen (in Klammer inkl. Terminals im Ausland) nur Anteil für Güterverkehr in der Fläche A4300.0141; finanziert aus Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV)

(7) 5

(5) 3

(1) 1

(25) 13

(46) 40

Anschlussgleise A4300.0121; finanziert aus SFSV

16

10

12

18

16

Abgeltung nicht alpenquerender Güterverkehr A2310.0450; Anteil KV finanziert aus SFSV

33

29

30

28

24

LSVA-Rückerstattung E1100.0109 (Mindererlös LSVA)

19

19

20

20

20

6

6

5

6

6

LV SBB Infrastruktur Investitionsbeitrag nur Anteil Investitionen Rangierbahnhöfe; A4300.0115

Abgeltungen Güterverkehr Schmalspurbahnen A2310.0451

Ist 2013 Voranschlag 2014

2015

Übersicht über die Förderinstrumente und die Entwicklung der Bundesbeiträge (nicht enthalten sind Betrieb und Substanzerhalt der Freiverladeanlagen der SBB sowie Finanzhilfen für Infrastrukturanlagen für den Güterverkehr bei den Privatbahnen; diese werden über Leistungsvereinbarungen finanziert).

3872

1.1.6.2

Investitionsbeiträge an Güterverkehrsanlagen

Für die Förderung gelten unterschiedliche Kriterien Für die Realisierung von Güterverkehrsanlagen (private Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen) gewährt der Bund heute Investitionsbeiträge. Je nach Anlage werden unterschiedliche Förderkriterien angewendet und unterschiedliche Fördermittel zur Verfügung gestellt (Darlehen und/oder A-fonds-perdu-Beiträge).

Auch die Höhe der möglichen Bundesbeteiligung hängt vom Typ der zu realisierenden Anlage ab.

Anschlussgleise Den Bau und die Erneuerung privater Anschlussgleise fördert der Bund seit 1986 mit zweckgebundenen Geldern aus der Mineralölsteuer (SFSV). Dabei beteiligt er sich mit 40­60 % an den Investitionskosten der verladenden Wirtschaft. Mit Auflagen stellt er sicher, dass die Mindesttransportmengen erreicht werden, die der Bundesrat in der Verordnung vom 26. Februar 199244 über die Anschlussgleise festgelegt hat. Andernfalls macht er eine Rückerstattung der Investitionshilfe geltend. Der Bund verlangt minimale Verkehrsmengen (Wagen, Tonnen), die eine wirtschaftliche Bedienung erlauben sollen.

Der Voranschlag 2014 sieht einen Betrag von 18 Millionen Franken für die Förderung von Anschlussgleisen vor.

KV-Umschlagsanlagen Gemäss der Verordnung vom 4. November 200945 über die Förderung des Bahngüterverkehrs (BGFV) beteiligt sich der Bund am Bau von KV-Umschlagsanlagen im In- und Ausland. So schafft er die Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum des KV und beseitigt Engpässe. Die Betreiber der KV-Umschlagsanlagen stellen Anträge für eine Mitfinanzierung. Aufgrund verschiedener Kriterien prüft der Bund Projekte auf Berechtigung und Ausmass der Förderung hin. Dazu zählen der Kapazitätsbedarf, der Standort (Bewertung des Standorts, Erschliessung Strasse/Schiene, Ausbaumöglichkeit), die Kosten, Wirtschaftlichkeit und Subventionseffizienz (erforderliche Investitionen und Fördermittel pro Umschlag, Kosten-Nutzen-Verhältnis), die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene und die vermiedenen Strassenkilometer auf schweizerischem Boden. Der Anteil an Eigenmitteln des Antragsstellers muss nach gängiger Praxis mindestens 20 % betragen. Höchstens 80 % werden durch den Bund gedeckt. Das Verhältnis von A-fonds-perdu-Mitteln zu Darlehen ergibt sich aus der Prüfung der verschiedenen Förderkriterien.

Der Kredit für KV-Terminals im Jahr 2014 beläuft sich auf
insgesamt 25 Millionen Franken. Er umfasst sowohl KV-Terminals für den (nicht alpenquerenden) Binnenbzw. Import- und Exportverkehr (vgl. die rund 13 Mio. Fr. für das Jahr 2014 in Tabelle 1) sowie KV-Terminals für den alpenquerenden Verkehr in der Schweiz und im angrenzenden Ausland. In den vergangenen Jahren konnten die Mittel verschiedentlich nicht ausgeschöpft werden, da sich Projekte verzögerten oder nicht realisiert wurden. Im Besonderen wurden die angekündigten Projekte Basel-Nord und Limmattal mehrfach aufgeschoben (vgl. Ziff. 1.1.3.2).

44 45

AnGV, SR 742.141.51 BGFV, SR 740.12

3873

Güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur Der Bund bestellt im Rahmen der Leistungsvereinbarung mit den SBB auch güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur (wie z.B.

Rangieranlagen, Freiverladeanlagen). Die Förderung erfolgt gemäss Bestimmungen des EBG, wonach öffentliche Verladeanlagen und Rangierbahnhöfe zur öffentlichen Eisenbahninfrastruktur zählen und zu dem vom Bund bestellten Leistungsangebot zählen.46 Jährlich sind ungefähr 130 Millionen Franken aus der Leistungsvereinbarung zwischen der Eidgenossenschaft und den SBB für güterverkehrsspezifische Anlagen vorgesehen. Diese Mittel dienen sowohl den Ersatzinvestitionen wie der Deckung der ungedeckten Betriebskosten dieser Anlagen, indem den Benutzern der Rangieranlagen nur ein Teil der effektiven Kosten in Rechnung gestellt wird.

1.1.6.3

Betriebsbeiträge an Verkehrsangebote

Im nicht alpenquerenden Verkehr werden sowohl das Angebot im EWLV als auch verschiedene Angebote im KV (Binnen-, Import- und Exportverkehre) durch den Bund bestellt und abgegolten. Massgebend ist die BGFV47.

Das Parlament hat dafür einen Zahlungsrahmen von 200 Millionen Franken für die Förderung des nicht alpenquerenden Schienengüterverkehrs für die Jahre 2010­2015 bewilligt.48 Mit dem Nachtrag I/2010 wurde dieser Zahlungsrahmen ­ begründet mit dem Wegfall des Deckungsbeitrags als Bestandteil des Trassenpreises für den Güterverkehr ­ um 20 auf neu 180 Millionen Franken gekürzt.

In der Praxis legt der Bund jährlich die Abgeltung pro Wagenladung und pro KV-Sendung fest. Im Jahr 2014 beläuft sich die Abgeltung pro zugestellten beladenen Wagen im EWLV auf 35 Franken. Der Abgeltungssatz pro KV-Sendung ist abhängig von der Transportdistanz innerhalb der Schweiz und beläuft sich aktuell auf maximal 68 Franken. Es werden nur die tatsächlich transportierten Sendungen oder Wagenladungen abgegolten. Insgesamt sind dafür im Jahr 2014 28 Millionen Franken budgetiert.

Seit dem Inkrafttreten der Güterverkehrsvorlage werden auch die Abgeltungen im Güterverkehr der Meterspurbahnen nicht mehr über die Bestellung im Regionalverkehr abgewickelt. Das Parlament hat für die Jahre 2011­2015 einen separaten Zahlungsrahmen in der Höhe von 30 Millionen Franken gesprochen.49 Für diese Abgeltungen stehen jährlich maximal 6 Millionen Franken zur Verfügung.

Im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs erfolgt zudem eine pauschale LSVA-Rückerstattung gemäss Artikel 4 des Schwerverkehrsabgabegesetzes vom 19. Dezember 199750 (SVAG). Die Höhe der Rückerstattung ist von der Grösse der Umschlagsbehälter abhängig. Sie beträgt heute 24 Franken für kleine und 37 Franken für grosse Behälter. Die Rückerstattungen schlagen sich in Mindereinnahmen bei der LSVA in Höhe von jährlich knapp 20 Millionen Franken nieder. Damit 46 47 48 49 50

Vgl. Art. 46, 51 und 62 EBG, SR 742.101 Vgl. Art. 12­17 BGFV, SR 740.12 BBl 2009 8287 BBl 2009 8289 SR 641.81.

3874

fliessen weniger zweckgebundene Mittel in den FinöV-Fonds oder voraussichtlich ab 2016 in den BIF bzw. an die Kantone.

1.1.6.4

Abhängigkeiten von der Verlagerungspolitik im alpenquerenden Verkehr

Zwischen dem alpenquerenden und dem nicht alpenquerenden Güterverkehr bestehen Abhängigkeiten Die Verlagerung des alpenquerenden Güterschwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene ist ein Hauptziel der schweizerischen Verkehrspolitik. Volk und Stände haben mit der Annahme des Alpenschutzartikels (Art. 84 BV51) den Willen geäussert, den alpenquerenden Schwerverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Das ausführende Güterverkehrsverlagerungsgesetz (GVVG)52 ist als Bestandteil der Güterverkehrsvorlage am 1. Januar 2010 in Kraft getreten. Das Gesetz legt die maximale Anzahl Fahrten im alpenquerenden Strassengütertransport fest.

Das Instrumentarium der Verlagerungspolitik weist einige Schnittstellen zum Güterverkehr in der Fläche auf. So wird die LSVA bekanntlich in der gesamten Schweiz für alle Verkehre erhoben. Auch auf die LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf haben alle KV-Verkehre Anspruch. KV-Investitionen mit Schwerpunkt im alpenquerenden Verkehr können auch Binnen- oder nicht alpenquerenden Importund Exportverkehren nützen. Daraus ergeben sich gewisse Abhängigkeiten zwischen der gewünschten Entwicklung im alpenquerenden und im nicht alpenquerenden Verkehr.

Eine der zentralen Massnahmen für den alpenquerenden Schienengüterverkehr ist die Bestellung von Relationen im kombinierten Verkehr.

1.1.7

Untersuchungen zu den Rahmenbedingungen für den schweizerischen Güterverkehr und zu Gesamtkonzeptionen in anderen Staaten

1.1.7.1

SVI-Forschungspaket «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz»

Erkenntnisse aus dem SVI-Forschungspaket sind in der Vorlage eingeflossen Das vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) geleitete Forschungspaket der Schweizerischen Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz» (SVI-Forschungspaket) wird 2014 mit der Synthese der durchgeführten Forschungsprojekte abgeschlossen. Ziel des Forschungspakets war es, den Beitrag des Logistikmarkts und des Güterverkehrs zur nachhaltigen Sicherung des Wirtschaftsstandorts Schweiz zu analysieren. Daraus galt es, Strategien für einen nachhaltigen Güterverkehr abzuleiten. Ausgangslage der Analysen waren die Bedürfnisse des Logistik- und Verkehrsmarkts und die gesellschaftlichen Bedürfnisse hinsichtlich 51 52

SR 101 SR 740.1

3875

der drei Nachhaltigkeitsdimensionen (ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit).

Die verschiedenen Forschungsprojekte (siehe Tabelle 2) sollen Antworten geben auf Fragen der Entwicklung des Logistik- und Güterverkehrsmarktes, der Güterverkehrsnachfrage, des Güterverkehrsangebotes, der Regulierung und der Belastung der Gesellschaft. Das Paket konzentrierte sich auf den schweizerischen Binnen-, Importund Exportverkehr von Gütern. Die Transitströme werden nur so weit berücksichtigt, als sie einen direkten Einfluss auf die Ergebnisse der Projekte haben.

Bei Redaktionsschluss dieser Vorlage war das SVI-Forschungspaket noch nicht abgeschlossen. Die wesentlichen Resultate waren jedoch bekannt und sind in die Arbeiten eingeflossen.

Insgesamt vier Teilprojekte (TP) beschäftigten sich mit quantitativen Grundlagen des Schweizer Güterverkehrs- und Logistikmarkts. Dabei ging es einerseits um eine verbesserte Erhebung statistisch relevanter Daten zum Güterverkehr (TP A), um eine detaillierte Analyse bisher nicht ausreichend erfasster Verkehrsträger (Lieferwagen, TP B3) sowie um Grundlagen zu güterverkehrsintensiven Branchen und deren Logistikkonzepte heute und in Zukunft (TP B1/B2). Resultate der Teilprojekte B1/B2 wurden insbesondere für die Marktanalyse und Prognose in dieser Vorlage berücksichtigt (Ziff. 1.1.2). Die Auswirkungen zukünftiger Anforderungen des Güterverkehrs an die Verkehrsinfrastruktur wurden in TP C analysiert. Ergebnisse dieses Teilprojekts fanden insbesondere für die Themen zur Terminallandschaft (Ziff. 1.1.3.2) Berücksichtigung.

Drei Teilprojekte (D, F und G) waren konzeptioneller Art und beschäftigten sich mit bestehenden Regulierungen im Güterverkehr und der Ableitung von Zieldimensionen. Anhand des formulierten Zielsystems wurden bestehende Massnahmen und Instrumente darauf hin untersucht, ob und welchen Beitrag sie zur Erreichung der Ziele leisten können. Während der Erarbeitung der Grundsätze der Gesamtkonzeption (Ziff. 1.2) fand ein intensiver Austausch mit den in diese Teilprojekte involvierten Forschungsstellen statt.

Heutige und künftige Auswirkungen des Güterverkehrs auf die Umwelt wurden in Teilprojekt H analysiert. Die Ergebnisse werden in Ziffer 1.2.1.4 berücksichtigt.

3876

Die nachfolgende Tabelle zeigt alle Forschungsprojekte in einer Übersicht: Tabelle 2 Teilprojekte des Forschungspakets «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz» TP

Titel

Verantwortliche Forschungsstelle

A

Konzept zur effizienten Erfassung und Analyse der Güterverkehrsdaten Güterverkehrsintensive Branchen und Güterverkehrsströme in der Schweiz Branchenspezifische Logistikkonzepte und Güterverkehrsaufkommen sowie deren Trends Güterverkehr mit Lieferwagen Anforderung der Güterlogistik an die Netzinfrastruktur und die langfristige Netzentwicklung in der Schweiz Regulierung des Güterverkehrs ­ Auswirkungen auf die Transportwirtschaft Informationstechnologien in der zukünftigen Transportwirtschaft

RappTrans, Zürich

B1 B2 B3 C D E F

Beeinflussung der Nutzer durch Regulierung und integrierte Bewirtschaftungskonzepte aus Sicht der Nutzer Effizienzsteigerungspotenziale in der Transportwirtschaft durch integrierte Bewirtschaftungsinstrumente aus Sicht der Infrastrukturbetreiberinnen; Zielsystem im Güterverkehr Ortsbezogene Massnahmen zur Reduktion der Auswirkungen des Güterverkehres

G

H

1.1.7.2

Lehrstuhl für Logistik Universität St. Gallen ProgTrans, Basel RappTrans, Zürich IVT, ETH Zürich Infras, Zürich Institut für Verkehrswesen Universität Stuttgart, IVT, ETH Zürich ProgTrans, Basel Ecoplan, Bern

Infras, Bern

Projekt «Infrastruktur Güterverkehr 2030» der Kantone und der verladenden Wirtschaft

Die Engpässe auf dem Strassen- und Schienennetz sind zu beseitigen Im Rahmen des Projekts «Infrastruktur Güterverkehr 2030»53 haben Kantone54 und verladende Wirtschaft55 im Rahmen verschiedener Studien die längerfristigen Herausforderungen für die Infrastruktur des Güterverkehrs in der Schweiz (Binnen-, Import- und Exportverkehr) analysiert. Gestützt darauf wurden 24 Folgerungen und Handlungsempfehlungen an die Behörden von Bund und Kantonen sowie an die Güterverkehrsbranche formuliert. Bei der Entwicklung der Infrastruktur des Güterverkehrs wird zunehmender Handlungsbedarf lokalisiert. Ohne Gegenmassnahmen werden sich die Engpässe im nationalen Strassen- und Schienennetz wie auch bei 53 54

55

www.koev.ch Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz BPUK, Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs KöV, Konferenz kantonaler Volkswirtschaftsdirektoren VDK.

VAP Verband der verladenden Wirtschaft, Cargo Forum Schweiz, Logistikcluster Region Basel.

3877

den Logistikstandorten in Zukunft weiter massiv verschärfen. Wesentliche Handlungsempfehlungen des Projekts fordern daher die Beseitigung von Engpässen auf dem nationalen Strassen- und Schienennetz und die Planung und Sicherung von Logistikstandorten in einem kohärenten und koordinierten Prozess.

1.1.7.3

Masterplan Güterverkehr und Logistik in Deutschland

Der deutsche Masterplan ist rechtlich nicht verbindlich Mit dem «Masterplan Güterverkehr und Logistik»56 hat die deutsche Bundesregierung 2008 ein strategisches Konzept mit konkreten Massnahmen für die künftige Ausrichtung des Güterverkehrs vorgelegt. Der Verabschiedung des Masterplans vorausgegangen war ein zweijähriger Diskussionsprozess zwischen dem deutschen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und Vertreterinnen und Vertretern von Unternehmen, Gewerkschaften, Politik, Wirtschafts- und Umweltverbänden sowie der Wissenschaft.

Die Ziele des Masterplans Güterverkehr und Logistik sind: 1.

Verkehrswege optimal nutzen / Verkehr effizient gestalten,

2.

Verkehr vermeiden ­ Mobilität sichern,

3.

mehr Verkehr auf Schiene und Binnenwasserstrasse,

4.

verstärkter Ausbau von Verkehrsachsen und -knoten,

5.

umwelt- und klimafreundlicher Verkehr,

6.

gute Arbeit und gute Ausbildung im Transportgewerbe.

Der Masterplan wurde vom BMVBS gemeinsam mit Wirtschaftsakteuren mit einem «Aktionsplan Güterverkehr und Logistik»57 2010 weiterentwickelt. Insgesamt enthält der Masterplan 35 Massnahmen, deren Umsetzung mit dem Aktionsplan skizziert wurde. Das ursprünglich im Masterplan verankerte Ziel, mehr Verkehr auf Schiene und Binnenwasserstrasse zu verlagern, wurde aus dem Aktionsplan gestrichen. Das Massnahmenpaket ist sehr breit gefächert. Beispielhaft sind zu nennen: Erarbeitung eines Konzeptes für die beschleunigte Einführung des europäischen Zugsicherungsstandards European Train Control System (ETCS) auf den Frachtkorridoren Deutschlands, verstärkte Investitionen der Unternehmen in innovative und kapazitätssteigernde Technologien und Prozessoptimierung der Logistikkette unter stärkerer Berücksichtigung der Umweltbelange.

Masterplan und Aktionsplan des BMVBS waren mit keiner Gesetzesvorlage und auch mit keiner eindeutigen Zuweisung der Verantwortlichkeiten verbunden. Sie besitzen letztlich den Status von Absichtserklärungen und haben in erster Linie neue Foren für den Austausch zwischen den Branchenakteuren, den Ländern und dem Bund in Deutschland geschaffen.

56 57

www.bmvbs.de> Verkehr und Mobilität > Verkehrspolitik > Güterverkehr und Logistik > Aktionsplan > Anlagen www.bmvbs.de > Verkehr und Mobilität > Verkehrspolitik > Güterverkehr und Logistik > Aktionsplan

3878

1.2

Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche

1.2.1

Grundsätze der Gesamtkonzeption

1.2.1.1

Ziele als Grundlage für die Förderung

Die zukünftige Förderung des Schienengüterverkehrs soll klaren Zielen folgen Der Bund fördert den Schienengüterverkehr in der Fläche schon heute auf vielfältige Weise. Die Förderung erfolgt aber nicht aufgrund von ausformulierten Zielen des Bundes. Sie ist historisch gewachsen und daher wenig fokussiert.58 Der Mangel an übergeordneten Zielen des Bundes war ein wesentlicher Auslöser für die parlamentarische Motion, welche zu dieser Vorlage geführt hat.

Die übergeordneten Ziele für den Güterverkehr in der Fläche sind daher klar festzulegen. An diesen Zielen muss sich das vorgeschlagene Förderinstrumentarium orientieren und messen lassen. Im Rahmen dieser Vorlage ist nicht vorgesehen, die finanziellen Mittel für den Güterverkehr in der Fläche zu erhöhen. Die Mittel des Bundes, die bereits heute eingesetzt werden, sollen aber zielgerichteter verwendet werden.

1.2.1.2

Schwerpunkte der Förderung und Beitrag der Wirtschaft

Auch die Wirtschaft muss zu mehr Effizienz im Güterverkehr beitragen Im Grundsatz strebt der Bund eine Eigenwirtschaftlichkeit der Schienenverkehrsangebote in der Fläche an. Die Nachfrager nach Transportleistungen, also die Wirtschaft, müssen einen entscheidenden Beitrag zur effizienteren Bereitstellung der EWLV- und KV-Angebote leisten.

Die heutige Situation eines in weiten Teilen defizitären Schienengüterverkehrs in der Fläche soll nicht durch staatliche Förderung «kosmetisch» verbessert werden.

Die an der Transportkette beteiligten Unternehmen müssen ihren Beitrag primär auf der Kostenseite leisten. Dies betrifft die Eisenbahnverkehrsunternehmen, aber auch die Infrastrukturbetreiberinnen, die Betreiberinnen von KV-Umschlagsanlagen, die Operateure, Spediteure und die verladende Wirtschaft. Alle Akteure müssen zur Verbesserung der Ergebnisse Massnahmen zur Steigerung der Effizienz in ihren eigenen Verantwortungsbereichen treffen, innovative Produkte entwickeln oder notwendige Preismassnahmen ergreifen.

Die Förderung des Bundes soll den Markt möglichst wenig beeinträchtigen Der Bund sorgt in erster Linie für günstige Rahmenbedingungen und die notwendigen Infrastrukturen für eine nachhaltige Entwicklung des Gütertransports, damit möglichst ein eigenwirtschaftliches Angebot erbracht werden kann. Die Förderinstrumente sollen nur punktuell ergänzt werden. Sie sollen es den Kantonen und dem Bund ermöglichen, die Entwicklung des Schienengüterverkehrs so zu lenken, wie 58

Vgl. auch die Ergebnisse des SVI-Forschungspakets «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz», Teilprojekt G: Zielsystem im Güterverkehr, Schlussbericht, Bern 2012.

3879

dies beispielsweise aus raumplanerischer Sicht erwünscht ist. Diese Unterstützung soll die Anreizmechanismen des Marktes möglichst wenig beeinträchtigen. Die Förderinstrumente sollen dort ansetzen, wo die Marktfunktionen nicht selbstverständlich vorausgesetzt werden können. Grössenvorteile und Netzeffekte können für neue Anbieter oftmals ein Hindernis für den Markteintritt bedeuten. Die beteiligten Unternehmen sollen innerhalb dieser Rahmenbedingungen jedoch selbst das grösste Interesse daran haben, das «richtige» Produkt anzubieten, um die Transportbedürfnisse der Volkswirtschaft zu befriedigen.

1.2.1.3

Zusammenwirken von Logistik- und Güterverkehrsbranche, Kantonen und Bund

Alle Beteiligten wirken an einer Güterverkehrskonzeption mit Die Abstimmung der politischen und raumplanerischen Bestrebungen mit den Bedürfnissen der Logistik- und Transportbranche ist eine Kernvoraussetzung für eine zukunftsfähige Entwicklung des Güterverkehrsmarktes allgemein und des Schienengüterverkehrs im Besonderen. Mit der Gesamtkonzeption werden daher eine enge Koordination und ein enger Austausch zwischen Logistik- und Güterverkehrsbranche, Kantonen und Bund angestrebt.

Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und der Branche soll institutionalisiert werden Diese Koordinationsaufgabe gilt es vor allem mit Blick auf die Weiterentwicklung der Güterverkehrsanlagen und des Trassenangebots für den Schienengüterverkehr wahrzunehmen. So sind gemeinsame Evaluationsprozesse mit der Branche und den Kantonen zur Beurteilung der aktuellen Marktentwicklung anzustreben. Dabei ist zu prüfen, ob eine Anpassung der Rahmenbedingungen angezeigt ist. Die Bedürfnisse für eine marktgerechte Weiterentwicklung von Güterverkehrsanlagen und Trassenangebot sollen in einer weitgehend institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Branche erarbeitet und diskutiert werden. Basis bilden die gemeinsame Analyse von Transportprognosen und die Ableitung der mittel- bis langfristig wahrscheinlichen Produktionskonzepte des Schienengüterverkehrs. Auch für die Identifikation und Bewertung von technischen Neuerungen, die dem Schienengüterverkehr den grössten Nutzen versprechen, soll der Austausch mit der Branche institutionalisiert werden.

1.2.1.4

Zusammenwirken der Verkehrsträger

Schiene und Strasse haben beide ihre Stärken Die verschiedenen Verkehrsträger ergänzen sich je nach ihren Stärken. Die Schiene hat Vorteile bei grossen, regelmässigen Lastaufkommen und bei der Überbrückung des Nachtfahrverbots auf der Strasse. Die Feinverteilung und Transporte in ländlichen Regionen erfolgen schwergewichtig auf der Strasse. Eine Duplizierung von Verkehrsinfrastrukturen ist nicht in jedem Fall sinnvoll, kann die Hauptverkehrsachsen aber gegenseitig entlasten. In diesem Sinn ist die Ko-Modalität eine zwingende Voraussetzung für eine Gesamtkonzeption für den Schienengüterverkehr in der Fläche: Die verschiedenen Verkehrsträger werden, entweder einzeln oder in Kombi3880

nation, so gewählt, dass eine optimale und nachhaltige Ressourcennutzung und Güterversorgung aller Landesteile erreicht werden.

Der Schienengüterverkehr in der Fläche spielt eine tragende Rolle Im Zusammenspiel der Verkehrsträger kommt dem Schienengüterverkehr in der Fläche unter verschiedenen Aspekten eine tragende Rolle zu59: Beitrag für die verladende Wirtschaft: Bahninfrastruktur und güterverkehrsspezifische Bahnanlagen und die darauf erbrachten Güterverkehrsangebote bilden ein wichtiges logistisches Rückgrat der schweizerischen Wirtschaft. Verschiedene Marktsegmente, u.a. die chemische und die metallverarbeitende Industrie sowie der Detailhandel, stützen ihre transportlogistischen Prozesse heute und gemäss den Marktprognosen auch in Zukunft auf die Angebote im Schienengüterverkehr ab. Vielfach ist der Bahntransport vollständig in die komplexen Produktions- und Logistikprozesse integriert. Dies schlägt sich auch in bedeutsamen Investitionen dieser Unternehmen in Transport- und Logistikinfrastrukturen der Bahn (Ladeeinrichtungen, Anschlussgleise) nieder.

Für die in diesen Branchen aktiven Unternehmen bieten Angebote im Schienenverkehr Vorteile in Bezug auf Berechenbarkeit und Pünktlichkeit auf Basis eines festen Fahrplans sowie aufgrund der Transportleistungsfähigkeit. Das Transportsystem Strasse hingegen ist stauanfällig, was sich negativ auf Berechenbarkeit und Pünktlichkeit auswirkt.

Beitrag zur Entlastung der Strasseninfrastrukturen: In den Ballungsgebieten sind die Infrastrukturkapazitäten auf der Strasse und der Schiene knapp. Es ist schon heute unerlässlich, dass beide Verkehrsträger für den Gütertransport zum Einsatz kommen und sich gegenseitig entlasten. Mit dem prognostizierten Wachstum der Gütermengen wird diese ergänzende Zusammenarbeit in Zukunft noch wichtiger.

Abbildung 18 zeigt illustrativ die Entwicklung der Staustunden auf den schweizerischen Nationalstrassen zwischen 2003 und 2012. Dabei wird das Wachstum der Staustunden deutlich.60 Die Angebote im Schienenverkehr werden durch die Staus auf den Strassen zu einem noch entscheidenderen Faktor bei der Versorgungssicherheit und der Standortattraktivität der Schweiz. Damit die Güter in den Ballungsgebieten effizient transportiert werden können, muss die Feinverteilung in die Regionen aber durch ein effizientes Zusammenwirken der Verkehrsträger bewerkstelligt werden.

59

60

Vgl. zu der Systematisierung der Aspekte auch: B. Adamek, M. Drewitz, S. Rommerskirchen: Bedeutung und Nutzen des Schweizer Bahngüterverkehrsnetzes für die Gesellschaft und Wirtschaft. In: Schweizerische Verkehrswirtschaft Jahrbuch 2011, St. Gallen 2011, S. 9­22.

Vgl. ASTRA Jahresbericht 2012, Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen.

3881

Abbildung 18 ASTRA Jahresbericht 2012 Verkehrsentwicklung und Verfügbarkeit der Nationalstrassen: Entwicklung der jährlichen Staustunden Stauentwicklung auf dem gesamten Nationalstrassennetz 2003-2012

Stunden 20'000 18'000 16'000

Anderes

14'000 Baustellen

12'000 10'000

Unfälle

8'000 6'000

Überlastung

4'000 2'000 0 2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Ein Schienengüterverkehrsangebot in der Fläche entlastet die Strasseninfrastrukturen und verbessert den Verkehrsfluss. Der im Schienengüterverkehr in der Fläche abgewickelte Verkehr entspricht mindestens 3 Millionen Lastwagenfahrten pro Jahr.

Ohne ihn würden sich Stauhäufigkeit und Staudauer auf der Strasse zusätzlich erhöhen. Der erwartete Zuwachs beim Güterverkehr würde die Problematik steigender Verkehrsbelastungen auf der Strasse weiter verschärfen.

Beitrag zur Versorgung von Berg- und anderen peripheren Regionen: In den Bergregionen gilt es die heutige Arbeitsteilung zwischen Strasse und Schiene zu erhalten. In diesem Lebens- und Wirtschaftsraum garantieren die vorhandene Bahninfrastruktur und das auf ihr erbrachte Güterverkehrsangebot die Versorgung mit und den Abtransport von Gütern.

Mit Blick auf die zukünftige volkswirtschaftliche Entwicklung kann die Existenz eines Angebots im Schienengüterverkehr auch in den Randregionen den Anreiz geben, dass Industriestandorte bestehen bleiben oder neue Gewerbebetriebe angelockt werden. Dies gilt speziell in den Marktsegmenten, für welche die Schiene die günstigsten transportlogistischen Leistungen anbietet.

Flankierung des Nachtfahrverbots: In der Schweiz existiert seit vielen Jahren das Nachtfahrverbot (vgl. Ziff. 1.1.2.3).

Es schützt die Bevölkerung vor nächtlichem Strassenverkehrslärm besonders dort, wo Zufahrten zu Produktionsstätten durch Wohngebiete führen oder in deren Nähe vorbeiführen. Dieses Nachtfahrverbot ist sowohl in der Bevölkerung als auch in der Wirtschaft anerkannt und akzeptiert. Die verladende Wirtschaft hat ihre Produktions- und Logistikprozesse an das Fahrverbot angepasst.

Eine Vielzahl von Unternehmen der produzierenden Wirtschaft (z.B. metallverarbeitende oder chemische Industrie) und des Detailhandels sind auf Versorgungs- und Entsorgungsprozesse auch in der Nacht angewiesen. Angebote des Schienengüter3882

verkehrs in der Fläche bieten so auch während der Nachtzeiten eine Alternative.

Ohne sie müssten die Unternehmen zusätzlich in die Lagerhaltung für Vor- und Fertigprodukte investieren, um eine reibungslose Produktion zu ermöglichen. Für den Detailhandel gewährleistet die Schiene die Versorgung mit Frischwaren. Schienengüterverkehrsangebote in der Fläche erhöhen in der Konsequenz die Akzeptanz des Nachtfahrverbots in der Schweiz durch die verladende Wirtschaft.

Beitrag zur Entlastung der Umwelt: Der Schienengüterverkehr in der Schweiz trägt wesentlich zur Entlastung der Umwelt im Bereich der Luftschadstoffe (NOX, NO2, PM10) aus Verbrennungsprozessen bei. Aufgrund des nahezu CO2-freien Strom-Mix der Schweizer Bahnen ermöglicht der Schienengüterverkehr zudem eine starke Reduktion der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Strassentransport. In einer Studie im Rahmen des vom Bundesamt für Strassen (ASTRA) koordinierten SVI-Forschungspakets «Strategien zum wesensgerechten Einsatz der Verkehrsmittel im Güterverkehr der Schweiz»61 wurden Zahlen zur Emission von Luftschadstoffen im Schweizer Güterverkehr zusammengestellt. Die nachfolgende Karte zeigt den Anteil der schweren Güterfahrzeuge an den gesamten Stickoxidemissionen (NOX) des Strassenverkehrs in der Schweiz für das Jahr 2010.

Abbildung 19 Stickoxidemissionen der schweren Nutzfahrzeuge in der Schweiz 2010.

Quelle: SVI Forschungspaket Güterverkehr, Teilprojekt H

Deutlich sichtbar wird dabei der hohe Anteil des Schwerverkehrs im Mittelland im Dreieck Basel-Zürich-Bern, auf der A2 in Richtung Luzern sowie auf der gesamten Gotthardachse. Dort ist der Schwerverkehr für 40­60 % (orange) oder 60­80 % (rot) der gesamten Stickoxidemissionen des Strassenverkehrs verantwortlich.

61

Teilprojekt H: Ortsbezogene Massnahmen zur Reduktion der Auswirkungen des Güterverkehrs, Teil I: Referenzzustände 2010 und 2020 «Umweltatlas», Schlussbericht, Bern 2012.

3883

In Bezug auf lungengängige Feinstaubemissionen aus Verbrennungsprozessen ist der Anteil des Schwerverkehrs an den Gesamtemissionen des Strassenverkehrs deutlich niedriger als bei den Stickoxiden; er liegt in einem Bereich von 15­20 %.

Insgesamt ergibt dies für den Binnen-, Import- und Exportverkehr im Jahr 2010 die folgenden Gesamtemissionen: Tabelle 3 Luftschadstoffbelastung des Güterverkehrs im Binnen-, Import- und Exportverkehr in der Schweiz auf Strasse und Schiene

Verkehrsleistung Binnen-, Import-, Exportverkehr Emissionen Stickoxide NOx Emissionen PM10 Auspuff

Einheit

Strasse

Schiene

Total bzw. Faktor Strasse : Schiene (Schiene = 1)

Mio. tkm

13 288

4 682

17 971

Tonnen Tonnen

9 335 176

486 8.1

9 821 184

0.70 0.0132

0.10 0.0017

6.8 : 1 7.8 : 1

Emissionsfaktoren in g pro Tkm

Stickoxide NOx PM10 Auspuff-Emissionen

g/tkm g/tkm

Quelle: SVI Forschungspaket Güterverkehr, Teilprojekt H, sowie eigene Berechnungen des BAV zur Abschätzung der Emissionen des Binnen-, Import- und Exportverkehrs auf Basis der Emissionen des Gesamtverkehrs der zugrunde liegenden Studie.

Die Tabelle 3 zeigt, dass die Luftschadstoffbelastung des Schienengüterverkehrs pro transportierte Tonne und Kilometer bei den Stickoxiden um einen Faktor 7 tiefer ist als beim Strassengüterverkehr. Bei den lungengängigen Feinstaubpartikeln aus Verbrennungsprozessen hat die Schiene 7- bis 8-fach tiefere Emissionen pro Tonnenkilometer. Die strengeren Vorgaben für neu zugelassene Strassenfahrzeuge dürften allerdings dazu führen, dass diese Unterschiede künftig geringer werden.

Neben einer im Vergleich zur Strasse signifikant tieferen Luftschadstoffbelastung trägt die Schiene aufgrund des eigenen CO2-freien Kraftwerkparks bzw. der langfristigen Bezugsrechte an CO2-freiem Strom wesentlich zu einer geringeren Emission von Treibhausgasen im Verkehr bei. Gemäss den Forschungsarbeiten im Rahmen des SVI-Forschungsprogramms zum Güterverkehr62 lassen sich für den Strassengüterverkehr in der Schweiz Gesamtemissionen von ca. 1,45 Millionen Tonnen CO2 abschätzen (ohne Transitverkehr). Dies entspricht knapp 4 % der jährlichen CO2-Emissionen in der Schweiz. Pro Tonnenkilometer werden auf der Strasse rund 110 g CO2 emittiert. Oder anders ausgedrückt: Wird eine Ladung von 10 t über 100 km statt auf der Strasse auf der Schiene transportiert, so können ca.

110 kg CO2 eingespart werden. Der Schienengüterverkehr leistet daher einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen des Verkehrs.

62

Teilprojekt H: Ortsbezogene Massnahmen zur Reduktion der Auswirkungen des Güterverkehrs, Teil I: Referenzzustände 2010 und 2020 «Umweltatlas», Schlussbericht, Bern 2012.

3884

1.2.2

Überblick über die Gesamtkonzeption

1.2.2.1

Grundsätze und Ziele

FABI regelt den Schienengüterverkehr auf Stufe der Verfassung Mit Annahme des FABI-Beschlusses ist der Schienengüterverkehr in Artikel 81a Absatz 1 BV mit folgendem Wortlaut verankert: «Bund und Kantone sorgen für ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr auf Schiene, Strasse, Wasser und mit Seilbahnen in allen Landesgegenden. Die Belange des Schienengüterverkehrs sind dabei angemessen zu berücksichtigen.»63 Die in dieser Vorlage enthaltenen Ziele können auf dieser Bestimmung aufbauen. Eine Anpassung der Bundesverfassung zum Schienengüterverkehr in der Fläche im Rahmen dieser Vorlage ist daher nicht notwendig.

Der Bund formuliert neue Grundsätze und Ziele für den Güterverkehr in der Fläche Im Rahmen dieser Vorlage definiert der Bund Grundsätze und Ziele für den Güterverkehr in der Fläche und die Aufgaben des Bundes auf Gesetzesstufe. Die Förderinstrumente sollen in Zukunft daran ausgerichtet werden: 1.

Der Bund setzt Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Gütertransports und ein effizientes Zusammenwirken der Verkehrsträger.

2.

Der Bund setzt Rahmenbedingungen für geeignete KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise und deren optimale Anbindung an die Eisenbahninfrastruktur.

3.

Der Bund setzt Rahmenbedingungen für den diskriminierungsfreien Zugang zu KV-Umschlagsanlagen und den Anschlussgleisen.

4.

Angebote des Gütertransports auf der Schiene müssen eigenwirtschaftlich sein. Nur in zwei Ausnahmefällen darf der Bund von diesem Grundsatz abweichen: wenn er sich an Bestellungen von Angeboten durch Kantone beteiligt oder wenn er neue Angebote fördert.

Ziel 1 Der Bund setzt im Güterverkehr in erster Linie die Rahmenbedingungen für die Verkehrsträger. Dabei stehen drei Elemente im Vordergrund: die Nachhaltigkeit der Angebote, die Versorgung des Landes mit Gütern und das Zusammenwirken der Verkehrsträger. Unter dem Zusammenwirken der Verkehrsträger versteht sich vor allem eine angemessene Ko-Modalität zwischen Strasse und Schiene.

Ziel 2 Der Bund plant die bedarfsgerechte Infrastruktur für den Eisenbahnverkehr und die bedeutenden Anlagen für den Schienengüterverkehr (KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise). Er beteiligt sich an deren Finanzierung. Er sichert mit geeigneten Massnahmen die Kapazitäten für den Gütertransport auf der Schiene in hochbelasteten Teilen des Schienennetzes.

63

BBl 2013 4725

3885

Ziel 3 Der Bund legt die Zugangsregeln für die von ihm finanziell unterstützten Anlagen fest und gewährleistet so allen Marktteilnehmern die diskriminierungsfreie Nutzung dieser Anlagen.

Ziel 4 Die Angebote im Schienengüterverkehr sollen grundsätzlich von den Eisenbahnverkehrsunternehmen und Speditionen in eigener Verantwortung und eigenwirtschaftlich erbracht werden. Der Bund unterstützt subsidiär zusammen mit den Kantonen und trägt den raumplanerischen Aspekten Rechnung. Die Kantone tragen so zusammen mit dem Bund einem angemessenen Angebot im Schienengüterverkehr Sorge.

1.2.2.2

Verworfene Ziele

Der Bundesrat hat für die Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs in der Fläche alternative Ziele geprüft und verworfen. Diese sind: Verlagerungsziel für den Güterverkehr in der Fläche Ein Verlagerungsziel für den Güterverkehr in der Fläche ­ analog der Zielsetzung für den alpenquerenden Schwerkehr in Höhe von 650 000 alpenquerenden Fahrten gemäss Artikel 3 GVVG64 ­ würde die Verlagerung von Strassengüterverkehr auf die Schiene zum Ziel haben. Diese Zielsetzung liesse sich auf zwei Arten präzisieren: Durch einen definierten ­ gegenüber heute höheren oder gleichen ­ prozentualen Marktanteil der Schiene, oder aber durch die Festlegung der absoluten Zahl der in der Schweiz erfolgenden Schwerverkehrsfahrten, der Transportleistung des Strassenschwerverkehrs (tkm) oder der Fahrzeugleistung des Strassenschwerverkehrs (Fahrzeug-km).

Staatliche Bestimmung eines Grundangebots im Schienengüterverkehr Auch die staatliche Bestimmung eines Grundangebots des Schienengüterverkehrs könnte eine Zielsetzung darstellen. Die Umsetzung dieses Ziels würde eine politische Festlegung der verschiedenen Angebote im Schienengüterverkehr umfassen, z.B. die Definition des Bediennetzes im EWLV und von KV-Angeboten, entweder in Form einer konkreten Benennung von Bedienpunkten und angebotenen Transportrelationen oder in Form einer Abhängigkeit vom lokal und regional vorhandenen Transportaufkommen (ab einer bestimmten Tonnage wird ein Bedienpunkt regelmässig angefahren).

Mehrere Gründe sprechen für den Verzicht auf diese beiden Zielsetzungen Beide Ziele wurden geprüft und insbesondere aufgrund der ordnungspolitischen Implikationen und ungenügenden umwelt- und energiepolitischen Begründbarkeit verworfen. Wichtigste Gründe dafür sind: ­

64

Die Forderung nach einer Zielsetzung, Güterverkehr in der Fläche von der Strasse auf die Schiene zu verlagern, wird oft umweltpolitisch begründet.

Grundsätzlich kann aber für den Güterverkehr in der Fläche kein pauschaler SR 740.1

3886

Umweltvorteil der Schiene gegenüber der Strasse mehr festgestellt werden.

Die strenger werdenden Vorgaben für Strassenfahrzeuge, der technologische Fortschritt sowie die Erneuerung des Fahrzeugparks haben zu einer erheblichen Reduktion der Emissionen des Strassenschwerverkehrs geführt.

Damit kann der Schienengüterverkehr seine Umweltvorteile nur dort geltend machen, wo auch Bündelungsvorteile beim Transport entstehen. Ein pauschaler Verlagerungsauftrag und das Ziel eines möglichst flächendeckenden Angebots führen nicht selbstredend zu einer Verbesserung der Umweltsituation.

­

Die Bedürfnisse der verladenden Wirtschaft wandeln sich ständig, ebenso die technischen Möglichkeiten und Logistikprozesse im Gütertransport. Ein im Voraus definiertes Verlagerungsziel oder ein staatlich definiertes Bediennetz werden dem nicht gerecht.

­

Im Binnen-, Export- und Importverkehr ist ein Zusammenspiel zwischen Strasse und Schiene von grosser Bedeutung. Aufgrund der knappen Infrastruktur beider Verkehrsträger ist eine Ko-Modalität in Zentren und Agglomerationen unverzichtbar und im Zusammenspiel von Hauptlauf und Feinverteilung vielfach geboten. Auch für die Güterversorgung in den Berg- und Randregionen ist die Zusammenarbeit von Strasse und Schiene wichtig.

­

Die Entwicklung der Warenflüsse, die Standortwahl der Unternehmen sowie Vorgaben zu den Logistikprozessen liessen sich vom Bund nur mit massiven Eingriffen in die Entscheidungs- und Produktionsprozesse der privaten Wirtschaft erreichen. Solche Eingriffe sind mit der Wirtschaftsordnung der Schweiz nicht vereinbar. Der schweizerische Transportmarkt ist heute weitgehend wettbewerblich organisiert. Die Umsetzung einer Verlagerung von der Strasse auf die Schiene in der Fläche oder im Speziellen die Bestimmung eines politisch gewünschten Grundangebots würde diesen Wettbewerb vielfach beeinträchtigen, was mit volkswirtschaftlichen Ineffizienzen verbunden wäre. Hingegen ist es wichtig, dass der Bund mit den Förderinstrumenten flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren kann.

Es bestehen unterschiedliche Erwartungen an eine verkehrsträgerübergreifende Konzeption für den Güterverkehr in der Schweiz Von verschiedenen Seiten wird anstelle einer alleine auf den Schienengüterverkehr fokussierenden Konzeption eine verkehrsträgerübergreifende Gesamtkonzeption für den Güterverkehr gefordert. Die Erwartungshaltungen gegenüber einer solchen Gesamtkonzeption sind jedoch sehr unterschiedlich.

Zum Teil sind damit eher planwirtschaftliche Vorstellungen verbunden, indem im Rahmen einer Gesamtkonzeption eine politische Entscheidung herbeigeführt werden soll, welche Gütertransporte besser durch welchen Verkehrsträger vorzunehmen sind. Den Grundsätzen der schweizerischen Wirtschaftsordnung entsprechend ist dies jedoch eine Entscheidung des Marktes, die im Zusammenspiel der Rahmenbedingungen und Marktbedürfnisse erfolgt. Zum Teil wird ­ in Anlehnung an die zwischen 1968 und 1977 erfolgten Arbeiten zu einer «Gesamtverkehrskonzeption Schweiz (GVK-CH)»65 ­ eine Gesamtgüterverkehrskonzeption in Erwägung gezo65

Vgl. Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement EVED (Hrsg.): Schlussbericht der Eidgenössischen Kommission für eine Schweizerische Gesamtverkehrskonzeption (GVK-CH), Bern 1977.

3887

gen, die technische, ökonomische, ökologische, rechtliche, soziale und politische Aspekte umfasst.

Es sind keine neuen Erkenntnisse, aber eine höhere Komplexität zu erwarten Abgesehen davon, dass der Auftrag des Parlaments im Rahmen der Motion 10.3881 allein eine Gesamtkonzeption für die Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche vorsieht, erachtet der Bundesrat eine solche verkehrsträgerübergreifende Konzeption für den Güterverkehr als nicht erforderlich. Denn die Ableitung der Grundsätze und Ziele sowie der zweckmässigen Rahmenbedingungen und Massnahmen für den Schienengüterverkehr berücksichtigt bereits explizit das Zusammenspiel des Güterverkehrs auf den verschiedenen Verkehrsträgern. Der Einbezug anderer spezifischer Massnahmen, insbesondere des Strassengüterverkehrs, würde für die Fragestellungen keinen Erkenntnisgewinn darstellen, hingegen die Komplexität massgeblich erhöhen.

Der Bundesrat anerkennt jedoch die Notwendigkeit einer verbesserten Abstimmung zwischen den Verkehrsträgern im Rahmen der Raumplanung und der Weiterentwicklung der Anlagen für den Güterverkehr. Die iterativen Planungsschritte in diesem Bereich sollen die Entwicklungen im Schienen- und Strassengüterverkehr in Betracht ziehen. In diesem Sinne kann der vorgesehene Planungsprozess (vgl. Ziff.

1.2.3.3) in einen verkehrsträgerübergreifenden Planungsprozess integriert oder als Teil dessen verstanden werden.

1.2.2.3

Instrumente zur Förderung des Schienengüterverkehrs

Die Förderinstrumente sind auf die neuen Ziele und Grundsätze ausgerichtet Die heute schon vorhandenen Instrumente und Mittel zur Förderung des Schienengüterverkehrs werden auf die in dieser Vorlage neu formulierten Grundsätze und Ziele ausgerichtet. Konkret wird das Engagement des Bundes bei der Planung, Bewirtschaftung und Finanzierung der Infrastrukturen für den Schienengüterverkehr intensiviert. Gleichzeitig werden die Angebote im Schienengütertransport zurückhaltender, aber zielgerichteter im Sinne der Entwicklung eines zukunftsfähigen Angebots unterstützt.

­

Die Rahmenbedingungen des Strassengüterverkehrs, insbesondere das Nacht- und Sonntagsfahrverbot, die 40-Tonnen-Limite (inkl. 44-TonnenLimite im Vor- und Nachlauf des KV), die Höhe der LSVA und das Kabotageverbot sollen weiterhin unverändert gelten. Diese Rahmenbedingungen sind in der Bevölkerung breit akzeptiert. Sie sind in erster Linie umweltpolitisch motiviert, indem sie allgemeine Rahmenbedingungen zum Schutz der Bevölkerung und zur Internalisierung externer Kosten darstellen. Die Schienenfreundlichkeit ist somit nicht Ziel, sondern Ergebnis dieser Regelungen.

Dennoch sind sie für die Konkurrenzfähigkeit des Schienengüterverkehrs und ein angemessenes Angebot mit Schienengüterverkehr unverzichtbar.

­

Der Bund sorgt mit neuen Instrumenten der Kapazitätssicherung, namentlich einem verbindlichen langfristigen Netznutzungskonzept und kurzfristigen Netznutzungsplänen, für eine sinnvolle Verteilung der verfügbaren Schieneninfrastrukturkapazitäten auf die Verkehrsarten in der Planung und bei der

3888

Trassenvergabe. Den Interessen des Personen- und des Güterverkehrs ist jeweils angemessen Rechnung zu tragen. System- oder Takttrassen für den Güterverkehr lassen sich damit über die Planung bis hin zur Trassenvergabe sichern.

­

Der Bund sorgt für die Bereitstellung von Rangierbahnhöfen und unterstützt die Verfügbarkeit von KV-Umschlagsanlagen und Gleisanlagen an den Bedienpunkten. Er führt dazu einen institutionalisierten Planungsprozess ein. Der Bund erarbeitet in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Branchenakteuren ein Konzept für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur. Die Inhalte des Konzepts werden soweit erforderlich im Sachplan Verkehr festgeschrieben und mit den Richtplänen der Kantone abgestimmt. Der Bund bezieht die betroffenen Akteure, also Vertreter der Güterverkehrsunternehmen und der verladenden Wirtschaft, bei der Erarbeitung mit ein. Sie wirken auch bei der Vorbereitung der Entscheide mit. Der Bund sieht für diesen Einbezug den Aufbau institutionalisierter Gremien und Abläufe vor.

­

Die finanzielle Förderung von KV-Umschlagsanlagen und von Anschlussgleisen erfolgt über A-fonds-perdu-Beiträge gestützt auf die Vorgaben des oben erwähnten Konzepts. Für kleinere KV-Umschlagsanlagen erfolgt die Förderung analog zur Förderung von Anschlussgleisen. Für die finanzielle Steuerung der Entwicklung wird neu ein Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Gütertransports auf der Schiene geschaffen. Für die Jahre 2016­2019 wird ein erster Rahmenkredit beantragt.

­

In definierten Bereichen (Trassenpreise, Rangierleistungen in Rangierbahnhöfen) werden die Kosten nach Vorgabe des Bundes wie bisher zu Grenzkostenpreisen verrechnet.

­

Die LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs wird beibehalten.

­

Die vom Bund geförderten Anlagen unterstehen alle dem diskriminierungsfreien Zugang. Der Bund kann dafür konkrete Auflagen verfügen. Die Einhaltung der Regeln soll in Zukunft durch die Schiedskommission im Eisenbahnverkehr (SKE) verstärkt überwacht werden. Zugleich kann der Bund auch den Zugang zu gewissen Dienstleistungen auf den Güterverkehrsanlagen regeln, um die Diskriminierungsfreiheit zu gewähren.

­

Der Bund kann gemeinsam mit den betroffenen Kantonen die Unterschiede des Naturraums (z.B. bei Topografie und Klima) mit Betriebsbeiträgen durch gezielte Bestellungen ausgleichen und für eine angemessene Bedienung in diesen Räumen sorgen. Diese Betriebsförderung soll gestützt auf kantonale Güterverkehrskonzepte erfolgen.

­

Der Bund gewährt zudem befristete Betriebsbeiträge für neue Angebote des Schienengüterverkehrs in der Fläche im Sinne einer Anschubfinanzierung.

Er übernimmt dabei einen Teil des Risikos beim Aufbau neuer Angebote im Schienengüterverkehr.

­

Der Bund kann technische Neuerungen finanziell unterstützen, indem er Beiträge an Investitionen für Pilotanwendungen und für die Beschleunigung von technischen Migrationsprozessen leistet.

3889

­

Die heute gewährten Betriebsbeiträge an den EWLV und den nicht alpenquerenden KV fallen nach einer Übergangsfrist weg. Die frei werdenden Fördermittel werden teilweise für die künftigen gemeinsamen Bestellungen mit den Kantonen und die befristeten Anschubfinanzierungen für neue Angebote eingesetzt.

­

Anstelle der heute im Bundesgesetz vom 20. März 199866 über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG) definierten Kernaufgabe Güterverkehr soll eine Kann-Vorschrift für das Angebot von Güterverkehrsleistungen definiert werden. Dienstleistungen im Güterverkehr zählen heute zu den Kernaufgaben der SBB. Gleichzeitig sind in der laufenden Leistungsvereinbarung mit den SBB auch strategische Ausrichtungen im Bereich des Güterverkehrs vereinbart. Dies sorgt einerseits für Unklarheiten bei den Zielsetzungen des Bundes im Bereich des Schienengüterverkehrs und beschränkt andererseits die unternehmerischen Freiheiten und die eigenwirtschaftliche Ausrichtung der SBB.

­

Die Bestimmungen zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Güterverkehrsanlagen werden erheblich vereinfacht. Auf diesem Weg soll für alle Beteiligten eine Senkung des administratives Aufwands bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines dichten Anschlussgleisnetzes ermöglicht werden.

1.2.3

Ausgestaltung der neuen Instrumente

1.2.3.1

Langfristiges Netznutzungskonzept

Die Infrastrukturplanung und die Kapazitätssicherung sind vernetzte Prozesse Das langfristige Netznutzungskonzept und die nachgelagerten Netznutzungspläne dienen der Sicherung von Infrastrukturkapazitäten für die Verkehrsarten im Eisenbahnverkehr: ­

Personenfernverkehr,

­

regionaler Personenverkehr,

­

Güterverkehr,

­

weitere Verkehrsarten.

Die Kategorie «weitere Verkehrsarten» umfasst insbesondere den Autoverlad, Dienstzüge, Leerfahrten und Züge der Infrastruktur.

Infrastrukturplanung und Kapazitätssicherung sind miteinander vernetzte Prozesse.

In jenem Teil der Kapazitätsplanung, der die Sicherung der Trassen für die Verkehrsarten auf mehrere Jahre hinaus anstrebt, kann die vorgesehene Nutzung der Kapazitäten nur im Rahmen eines definierten Prozesses geändert werden. Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne umfassen diesen Teil der Kapazitätsplanung.

Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne stehen also nicht am Anfang der Infrastrukturplanung, sondern sind ein Ausfluss derselben.

66

Vgl. Art. 3 SBBG, SR 742.31

3890

In der Infrastrukturplanung sind Personen- und Güterverkehr gleichgestellt Im Zuge des STEP wird die schweizerische Eisenbahninfrastruktur gleichberechtigt für die Personenbeförderung und den Gütertransport weiterentwickelt. Dabei werden die Ansprüche der Verkehrsarten an die Infrastruktur aufeinander abgestimmt und die verschiedenen Massnahmen für Personen- und Güterverkehr gesamthaft geplant, beurteilt und priorisiert. Diese Priorisierung betrifft grundsätzlich die verschiedenen Angebotskonzepte unter dem Gebot der Finanzierbarkeit. Es findet keine Priorisierung zwischen den Verkehrsarten statt.

Diese Entwicklung erfolgt im Rahmen einer rollenden Planung, d.h. eine bereits erfolgte Planung kann aktualisiert, konkretisiert und überarbeitet werden. Zur Sicherung der Kapazitäten im Personen- und Güterverkehr werden dem Planungsprozess, der mit dem FABI-Beschluss67 definiert worden ist, die Instrumente der Kapazitätssicherung hinzugefügt.

Die Sicherung der Infrastrukturkapazitäten erfolgt über das Netznutzungskonzept Nach einem Beschluss des Parlaments über einen STEP-Ausbauschritt oder über die Anpassung eines solchen unterbreitet das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) dem Bundesrat das sogenannte Netznutzungskonzept. Es gelten folgende Elemente:

67 68

a.

Der vom Parlament beschlossene Ausbauschritt basiert auf einer Kapazitätsplanung. Diese besteht aus Netzplänen mit Systemtrassen (Systemtrassen definieren auf den schweizerischen Streckenabschnitten die Anzahl Trassen pro Stunde für eine Modellstunde) und ist die Grundlage für das Netznutzungskonzept. Das Netznutzungskonzept enthält die Zuteilung der Trassen zwischen den Knoten auf die erwähnten vier Verkehrsarten. Es enthält weitere Angaben, die für das Funktionieren des Systemfahrplans notwendig sind (z.B. Knotennutzung).

b.

Das Netznutzungskonzept umfasst nicht zwingend alle auf einer Strecke planbaren Trassen. Wenn immer möglich bleiben auf allen Strecken freie Kapazitäten für zusätzliche Bedürfnisse bei der Trassenvergabe und während des Fahrplanjahres.

c.

Die Koordination mit den Kapazitätsplanungen der umliegenden Länder erfolgt in den langfristigen Planungshorizonten innerhalb von konkreten Projekten und Vereinbarungen. Die Hauptkoordination findet im Planungshorizont der Netznutzungspläne statt.

d.

In der Regel alle vier oder acht Jahre überprüft der Bundesrat das STEP und die identifizierten Massnahmen. Bei allfälligen Änderungen wird in der Regel auch das Netznutzungskonzept angepasst.

e.

Auch Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Eisenbahnverkehrsunternehmen, berechtigte Unternehmen68 und Kantone können Begehren zur Änderung der Netznutzungskonzepte einreichen. Über solche Anträge beschliesst der Bundesrat, wenn sie nicht konfliktfrei im Netznutzungskonzept ergänzt werden können.

BBl 2012 1577 Vgl. Art. 9a Abs. 4 EBG, SR 742.101

3891

f.

Die interessierten Kreise (Kantone, Branchenakteure, Verbände etc.) werden vor der ersten Verbindlichkeitserklärung eines Netznutzungskonzepts und vor wesentlichen Änderungen angehört.

g.

Das Netznutzungskonzept ist die zwingende Vorgabe für Netznutzungspläne (vgl. Ziff. 1.2.3.2). Die angestrebte Kapazitätssicherung ist damit von der ersten verbindlichen Planung bis zum Ausführungsjahr gesichert.

Der Bundesrat legt immer nur ein verbindliches Netznutzungskonzept fest. Dieses beinhaltet mehrere Planungshorizonte. Die Planungshorizonte ergeben sich aus den verschiedenen STEP.

1.2.3.2

Der Netznutzungsplan

Die Netznutzungspläne legen die Trassen für die Verkehrsarten verbindlich fest Die Netznutzungspläne beinhalten wie das Netznutzungskonzept vor allem die Verteilung der geplanten Trassen auf die Verkehrsarten. Die Netznutzungspläne unterscheiden sich vom Netznutzungskonzept durch einen höheren Detaillierungsgrad. Sie umfassen zusätzlich insbesondere: ­

die sich verändernden Verhältnisse innerhalb eines Planungshorizonts,

­

die Planung über den Wochen- und Tagesverlauf,

­

die für den Fahrplan dringendsten zusätzlichen Parameter (z.B. Angaben zu Lichtraumprofil oder Zugslänge).

Während das Netznutzungskonzept bis zur eigentlichen Durchführung des Verkehrs immer gilt und verbindlich ist, bestehen Netznutzungspläne für die sechs Planungsjahre vor dem jeweils aktuellen Fahrplanjahr.

Die Infrastrukturbetreiberinnen erarbeiten für die sechs Jahre vor dem Fahrplanjahr je einen Netznutzungsplan. Der Netznutzungsplan wird vom BAV unter Berücksichtigung des Netznutzungskonzepts genehmigt und somit verbindlich festgelegt. Er gilt ab Beschluss bis zum Zeitpunkt der Trassenvergabe rund vier Monate vor Fahrplanbeginn.

Der Netznutzungsplan ist bei der Vergabe der Trassen an die Eisenbahnverkehrsunternehmen einzuhalten Bei der Trassenvergabe ist die im Netznutzungsplan festgelegte Verteilung der Trassen zwingend einzuhalten. Im Gegensatz zum Netznutzungsplan, der die Verteilung der Trassen im Sinne von allgemeinen Bestimmungen zur Kapazitätsnutzung auf die Verkehrsarten festlegt, werden bei der eigentlichen Trassenvergabe die Trassen jenen Unternehmen zugeteilt, die eine Trasse wollen und für den Verkehr verantwortlich sind. Die Prozesse der Trassenvergabe, also der Vergabe der Trassen an die einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen, bleiben nach Inkrafttreten der Neuregelung unverändert. Davon ausgenommen ist, dass die im Netznutzungsplan festgelegte Trassenanzahl und -qualität pro Verkehrsart eingehalten werden müssen.

Sollten bei der Trassenvergabe nicht alle im Netznutzungsplan zugeteilten Trassen einer Verkehrsart nachgefragt werden, kann die Vergabe an einen Nutzer einer anderen Verkehrsart nur temporär für ein Fahrplanjahr erfolgen. Damit kann unter anderem verhindert werden, dass Güterverkehrskapazitäten in einer wirtschaftlichen 3892

Flaute für den (dauerhaften) Ausbau des Personenverkehrs genutzt werden. Zudem müssen auf allen wichtigen Strecken Kapazitäten für die unterjährige Trassenvergabe vorgehalten werden. Freigehalten werden auf jeden Fall die im Netznutzungsplan speziell für die unterjährige Vergabe geplanten Trassen (z.B. für den Abtransport der Zuckerrüben).

Die heute geltende Prioritätenordnung gemäss Artikel 9a EBG69 gilt nur noch subsidiär zu den Festlegungen des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne.

Der Netznutzungsplan entsteht sechs Jahre vor dem Fahrplanjahr Tabelle 4 zeigt beispielhaft die zeitliche Staffelung bei der Ein- und Weiterführung der Netznutzungspläne. Das übliche Verfahren mit Erstellung eines Netznutzungsplans (NNP) sechs Jahre vor dem Fahrplanjahr (FPJ) kommt voraussichtlich erstmals für das Jahr 2021 zur Anwendung.

Tabelle 4 Zeitliche Staffelung der Netznutzungspläne bei deren Einführung 2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

NNP FPJ 2017 NNP FPJ 2018 NNP FPJ 2019 NNP FPJ 2020 NNP FPJ 2021 NNP FPJ 2022 NNP FPJ 2023 Legende NNP wird erarbeitet und vom Bund genehmigt NNP ist gültig, allenfalls Änderungsverfahren Trassenvergabe: 4 Monate vor Beginn des Fahrplanjahres Im Planungshorizont der Netznutzungspläne wird die Verkehrsart «Güterverkehr» in die folgenden zwei Verkehrsarten unterteilt:

69 70

­

internationaler Güterverkehr auf den in der EU-Gesetzgebung verankerten Güterverkehrskorridoren70,

­

Binnengüterverkehr und internationaler Güterverkehr ausserhalb der Güterverkehrskorridore.

SR 742.101 Festlegung der Linienführung der Güterverkehrskorridore entsprechend der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr, ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 22.

3893

Dies ist notwendig, weil die Schweiz zusammen mit den anderen an den Güterverkehrskorridoren beteiligten Staaten 17 Monate vor Fahrplanbeginn Güterverkehrstrassen als sogenannte Korridortrassen bezeichnen. Diese werden nicht von der schweizerischen Infrastrukturbetreiberin, sondern im Auftrag von einer Trassenvergabestelle des Korridors vergeben.

Interessierte Kreise werden für neuen Netznutzungsplan oder Änderungen angehört Zusammenfassend fliessen bei der Erarbeitung des Netznutzungsplans folgende Elemente ein: ­

Das für das Planungsjahr gültige Netznutzungskonzept gilt als Vorgabe. Für die Einführungsjahre gilt der offizielle Stand der Planung des BAV für das anvisierte Fahrplanjahr (der erste Ausbauschritt im Rahmen von STEP ist 2025; vorher gilt die Planung BAHN 2000, zuzüglich der realisierten Änderungen, z.B. im Rahmen von Erweiterungsinvestitionen aus den Leistungsvereinbarungen mit den Bahnen. Hinzu kommen die mit Erweiterungsinvestitionen geplanten Änderungen, z.B. Massnahmen gemäss Bundesgesetz vom 20. März 200971 über die zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur, Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels und des Ceneri-Basistunnels);

­

die verschiedenen Stufen der Inbetriebnahme von Streckenerweiterungen;

­

die geplanten Baustellen und Streckensperrungen;

­

die zusätzlichen Trassenbegehren (eine Berücksichtigung ist nur möglich, wenn die bestehende Anzahl Trassen pro Verkehrsart nicht beeinträchtigt oder deren Qualität nicht verschlechtert wird).

Die interessierten Kreise (Kantone, Branchenakteure, Verbände etc.) werden vor der ersten Verbindlichkeitserklärung und vor wesentlichen Änderungen angehört. Weil die Schweiz heute noch keine von den Eisenbahnverkehrsunternehmen unabhängigen Infrastrukturbetreiberinnen kennt, leitet das BAV das Konsultationsverfahren.

Das Netznutzungskonzept und die Netznutzungspläne sind flexibel und sollen Verbesserungen nicht verhindern Mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen werden die im Zusammenhang mit Streckenerweiterungen geplanten Angebote im Personenverkehr und die Kapazitäten für den Güterverkehr in ihrer ursprünglichen Qualität soweit sinnvoll bis zum Ausführungsjahr gesichert. Nicht verhindern sollen die beiden Instrumente aber neue, verbesserte Fahrplankonzepte und zweckmässige Einzelmassnahmen. Eine Änderung eines Netznutzungskonzepts oder der Netznutzungspläne bleibt in jeder Phase bis zur Trassenzuteilung möglich. Grundsätzlich gelten folgende Regeln für die Änderung des Netznutzungskonzepts oder eines Netznutzungsplans:

71

SR 742.140.2

3894

­

Eisenbahninfrastrukturbetreiberinnen, Eisenbahnverkehrsunternehmen, berechtigte Unternehmen72 und Kantone können Begehren zur Änderung des Netznutzungskonzepts oder der Netznutzungspläne einreichen.

­

Änderungen, welche die bestehenden Trassen in ihrer Anzahl und Qualität nicht verschlechtern, können ohne formalen Änderungsprozess im Fahrplan der betroffenen Planungsjahre und im Netznutzungskonzept bzw. Netznutzungsplan aufgenommen werden. Das BAV muss darüber informiert werden. Es überprüft, ob die Fahrplananpassung die bisherige Trassenplanung für eine Verkehrsart verschlechtert.

­

Die Auswirkungen von Änderungsbegehren werden im Konfliktfall vor dem Entscheid durch die zuständige Stelle den betroffenen Unternehmen zur Vernehmlassung unterbreitet. Diese Vernehmlassung wird bei beiden Instrumenten durch das BAV geleitet.

­

Kann der Konflikt innerhalb eines Netznutzungskonzepts nicht bereinigt werden, so entscheidet der Bundesrat im Einzelfall. Dabei werden die Auswirkungen der Änderung und die geplante Verkehrsführung einander gegenübergestellt.

­

Kann der Konflikt innerhalb der Netznutzungspläne nicht bereinigt werden, so unterbreiten die Infrastrukturbetreiberinnen dem BAV ihren Vorschlag zur Bereinigung des Konflikts zur Genehmigung. Falls die Änderung der Netznutzungspläne zwingende Rückwirkungen auf das Netznutzungskonzept hat, wird diese Änderung nur dann gültig, wenn der Bundesrat die Änderung des Netznutzungskonzepts genehmigt.

­

Laut Artikel 48b EBG legt der Bundesrat der Bundesversammlung alle vier Jahr einen Bericht zum Stand des Ausbaus und zu den notwendigen Anpassungen des strategischen Entwicklungsprogramms (STEP) vor. Dabei werden unter anderem für den Güterverkehr vor allem die Prognosen überprüft.

Ziel einer solchen Überprüfung ist die Darstellung der Trassenbedürfnisse (quantitativ und qualitativ) in ihrer geografischen Verteilung. Auf dieser Basis wird das Netznutzungskonzept überprüft und wenn nötig nach Anhörung der interessierten Kreise angepasst.

Die neuen Instrumente führen zu mehr Verbindlichkeit und Transparenz Mit den neuen Instrumenten sollen die bestehende Trassenzuteilung, die einer Erweiterung des Netzes zugrunde liegende Trassenplanung (Investitionssicherung) und die effiziente Abwicklung des Verkehrs höher gewichtet werden als heute.

Änderungen der beschlossenen Netznutzung sind weiterhin möglich. Neu besteht ein transparenter Prozess. Der Nutzen einer Änderung wird demjenigen der bestehenden Planung gegenübergestellt und im Einzelfall beurteilt. Die Zuständigkeiten bei der Zuteilung der Kapazität auf die Verkehrsarten sind neu klar definiert.

72

Vgl. Art. 9a Abs. 4 EBG, SR 742.101

3895

1.2.3.3

Planungsprozess und Konzept für den Schienengüterverkehr

Das Konzept für den Schienengüterverkehr legt Ziele fest Mit der Einführung eines institutionalisierten Planungsprozesses für den Güterverkehr sollen die Grundlagen für die koordinierte Planung von Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur geschaffen werden. Dabei soll das Instrument des Konzepts, wie es mit Artikel 13 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197973 (RPG) vorgesehen ist, zur Anwendung kommen. Mit dem Instrument des Konzepts erarbeitet der Bund Grundlagen, um seine raumwirksamen Aufgaben erfüllen zu können.

Das Konzept dient zudem als Entscheidungsgrundlage für die verschiedenen Finanzierungsinstrumente und ist dementsprechend dem Sachplan Verkehr logisch vorgelagert.

Das Konzept für Güterverkehrsanlagen und für deren Abstimmung mit der Entwicklung der Bahninfrastruktur fasst die bestehenden Planungen der Güterverkehrsanlagen in einem Gesamtbild für den Schienengüterverkehr zusammen. Es orientiert sich insbesondere auch an den im Raumkonzept Schweiz enthaltenen Handlungsansätzen zum Güterverkehr: ­

Weiterentwicklung des Verkehrssystems mit der Raumentwicklung optimal abstimmen,

­

internationale Einbindung verbessern,

­

Verkehrsträger entsprechend ihren Stärken kombinieren,

­

Räume und Trassen für Infrastrukturen freihalten,

­

Infrastrukturen optimal nutzen und nachteilige Auswirkungen begrenzen,

­

Güterumschlagsplätze sinnvoll einordnen und bedürfnisgerecht weiterentwickeln.

Die Festlegungen im Konzept sollen in erster Linie die Form von Zielbildern haben.

Wichtige Elemente der Zielbilder des Bundes im Rahmen des Konzepts für Güterverkehrsanlagen sind:

73

­

Entwicklung der Rangierbahnhöfe;

­

Entwicklung der regionalen Produktionsstandorte, insbesondere der Teambahnhöfe für den EWLV;

­

Entwicklung bei den Freiverladeanlagen;

­

Entwicklung der KV-Umschlagsanlagen mit Angabe des Aufgabengebiets und der Kapazität der jeweiligen Anlage;

­

Aussagen zur Entwicklung der Anschlussgleise;

­

Aussagen zum Trassenbedarf des Güterverkehrs, übereinstimmend mit der Dimensionierung der vorhandenen und vorgesehenen Güterverkehrsanlagen.

SR 700

3896

Das Konzept stellt die geplante Entwicklung der verschiedenen Anlagen dar Das Konzept für den Güterverkehr muss nicht für alle Güterverkehrsanlagen dieselbe Aussagetiefe ausweisen. Bedeutende Anlagen wie Grossterminals von nationaler Bedeutung und Rangierbahnhöfe müssen klar positioniert und aufgeführt, ihre Entwicklungsperspektiven müssen dargelegt werden. Für kleinere Anlagen wie regionale KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise sollen Anpassungen an bestehenden Anlagen, Ergänzungen bei den Freiverladeanlagen sowie die Entwicklungsrichtung qualitativ aufgeführt sein. Für neu vorgesehene Anlagen (z.B. regionale KV-Umschlagsanlagen) soll nicht der konkrete Standort, sondern lediglich der bevorzugte Raum für die Errichtung einer solchen Anlage bezeichnet werden.

Das Konzept ist mit einem Zeithorizont für die Realisierung der Anlagen zu verknüpfen. Gleichzeitig ist die zeitliche Staffelung der finanziellen Förderung durch den Bund im Rahmen des neu vorgesehenen Rahmenkredits für Investitionsbeiträge an Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr und Anschlussgleise festzuhalten. Bei der Festlegung des Konzepts und bei dessen Änderungen ist die Koordination mit den weiteren raumplanerischen Instrumenten von Bund und Kantonen sicherzustellen. Je nach raumplanerischer Wirkung einer Anlage muss diese gleichzeitig auch in den Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene, und in die Richtpläne der betroffenen Kantone aufgenommen werden und auf die übrigen Planungsbereiche abgestimmt sein.

Das Konzept wird in einer rollenden Planung aktualisiert Grundsätzlich sollen der Planungsprozess für Güterverkehrsanlagen und die Aktualisierung des Konzepts in einer rollenden Planung mit STEP zeitlich und inhaltlich koordiniert werden. Das BAV bezieht somit gemeinsam mit den Infrastrukturbetreiberinnen und unter Mitwirkung der Branche und Kantone auch die Güterverkehrsanlagen laufend in die Mehrjahresplanung ein.

Die rollende Planung soll einem systematischen und für die planende Instanz verbindlichen Prozess folgen. Wie die STEP-Planung soll auch das Güterverkehrskonzept alle vier bis acht Jahre aktualisiert werden. Diese Aktualisierung stützt sich für die STEP-Planung und die Entwicklung der Anlagen im Güterverkehr auf Studien zur Entwicklung des schweizerischen Güterverkehrs. Ziel dieser Studien (bzw. deren
laufender Aktualisierung) ist insbesondere die Darstellung der Trassenbedürfnisse in ihrer geografischen Verteilung sowie des Bedarfs nach spezifischen Güterverkehrsanlagen, ebenfalls differenziert nach geografischen Räumen und den jeweils angestrebten Kapazitäten. Im Sinne der rollenden Planung wird rückblickend die Entwicklung der letzten Jahre analysiert (inwiefern Markterwartungen eingetreten sind) und darauf aufbauend der Bedarf für die folgenden zehn bis zwanzig Jahre abgeleitet. Als wesentliche Bestandteile des Planungsprozesses sind Prognosestudien sowie Aussagen zu den mittel- bis langfristig zu erwartenden Produktionskonzepten des Schienengüterverkehrs zu erstellen (z.B. Arbeitsteilung zwischen EWLV, Ganzzugsverkehren im konventionellen Güterverkehr und KV-Angeboten in Form von Ganzzugs- und Linienzugskonzepten). Infrastrukturbetreiberinnen, Eisenbahnverkehrsunternehmen, Verlader, Speditionen, Kantone und weitere interessierte Kreise sind aufgefordert, ihre Erfahrungen und Erwartungen in diese Studien einzubringen.

Das BAV aktualisiert anschliessend das Konzept für den Güterverkehr und legt es nach Diskussion der wesentlichen Inhalte und vorgesehenen Festlegungen mit den interessierten Kreisen und Kantonen für die nächsten vier bis acht Jahre, also bis zur nächsten Aktualisierung, dem Bundesrat zur Verabschiedung vor.

3897

Das BAV bezieht die Kantone und die Branche in den Planungsprozess ein Bei der Erarbeitung des Konzepts sollen die Branche und die Kantone systematisch und in institutionalisierter Form miteinbezogen werden. Dieser Grundsatz wird im Gesetz verankert. Das für die Erarbeitung dieser Vorlage eingesetzte und aus Branchenvertretern bestehende fachliche Begleitgremium des BAV soll durch eine Begleitgruppe zur Entwicklung des Schienengüterverkehrs ersetzt und mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft und Kantonen ergänzt werden. Der Schwerpunkt der Arbeiten dieses Gremiums soll zukünftig bei der Evaluation der Entwicklung des Schienengüterverkehrsmarktes sowie bei der Planung des Schienengüterverkehrs liegen. Um die Ergebnisse dieser Arbeiten allen Branchen- und Kantonsvertretern zugänglich zu machen, sind jährliche Konferenzen des UVEK bzw. des BAV vorgesehen, um die aktuelle Entwicklung des Schienengüterverkehrs und die vom Bundesrat vorgesehenen Stossrichtungen des Konzepts mit den Vertretern der Kantone und der Branche breit zu diskutieren.

Integration in einen verkehrsträgerübergreifenden Planungsprozess Grundsätzlich ist die Ausweitung der Planung für den Güterverkehr in einen verkehrsträgerübergreifenden Planungsprozess denkbar. Der vorgeschlagene institutionalisierte Planungsprozess basiert auf verkehrsträgerübergreifenden Güterverkehrsprognosen, zieht die erwarteten Entwicklungen im Schienen- und Strassengüterverkehr in Betracht und berücksichtigt in seinen iterativen Planungsschritten auch den Strassengüterverkehr. In diesem Sinne könnte in einem weiteren Schritt der Planungsprozess in einen verkehrsträgerübergreifenden Planungsprozess integriert oder als Teil dessen verstanden werden.

1.2.3.4

Finanzielle Förderung von KV-Umschlagsanlagen und privater Anschlussgleise

Der Bund gewährt den Infrastrukturbetreiberinnen über die Leistungsvereinbarungen wie bisher Investitions- und Betriebsbeiträge an güterverkehrsspezifische Anlagen der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur (Rangierbahnhöfe, Rangieranlagen und Freiverladeanlagen). Die dafür notwendigen Mittel sollen ab 2016 vollumfänglich aus dem BIF stammen.

Investitionsbeiträge an private KV-Umschlagsanlagen und private Anschlussgleise erfolgen wie bisher vollumfänglich zu Lasten der Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV) gemäss Bundesgesetz vom 22. März 198574 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe (MinVG).

Die Förderung soll mit dieser Vorlage den veränderten logistischen Bedürfnissen angepasst und harmonisiert werden. Folgende neue Elemente werden vorgeschlagen:

74

­

Der Beitrag des Bundes an die Kosten des Baus von KV-Umschlagsanlagen und von Anschlussgleisen soll einheitlich maximal 60 % der anrechenbaren Kosten betragen. Heute beläuft sich die Förderung für Anschlussgleise auf 40­60 % und für KV-Umschlagsanlagen auf maximal 80 %.

­

Für Grossterminals, die eine Gateway-Funktion für die Verteilung der Güter in die ganze Schweiz übernehmen, kann ein höherer Bundesanteil von SR 725.116.2

3898

maximal 80 % gesprochen werden. Voraussetzung für diesen höheren Bundesanteil ist, dass die Investition von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung ist und für eine Vielzahl von Marktteilnehmern eine wichtige Rolle spielt. Umgekehrt soll für kleine KV-Umschlagsanlagen, die ausschliesslich oder vorwiegend von einem einzigen Logistik- oder Transportunternehmen in Anspruch genommen werden, der Anteil der Förderung auf das heute bei Anschlussgleisen übliche Niveau von 40­60 % reduziert werden.

­

Für KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise kommen bei der Bewertung und Bestimmung der Höhe der Investitionsbeiträge analoge Kriterien zur Anwendung. Das Verfahren des Bundes zur Mitfinanzierung soll für die kleineren Anlagen vereinfacht werden.

­

Für die Bewertung und Bemessung des Bundesbeitrags können Kategorien mit unterschiedlichen Förderanteilen des Bundes gebildet werden. Diese orientieren sich insbesondere am Konzept für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen (vgl. Ziff. 1.2.3.3). Dabei sollen Kriterien wie Investitionsvolumen, verkehrliche und raumplanerische Wirkung, Beitrag an die Verlagerung, Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu anderen Anlagen usw. zur Anwendung kommen.

­

Das unmittelbare Interesse für die Realisierung einer Anlage liegt grundsätzlich beim Eigentümer oder Betreiber der Anlage. Es sind aber Situationen denkbar, wo die Erstellung einer Anlage auch stark im Interesse Dritter (z.B.

eines Kantons) liegt. Weiter gibt es Fälle, in denen Dritte durch die Erstellung solcher Anlagen indirekt profitieren. In beiden Fällen sollen die profitierenden Drittparteien in die Finanzierung eingebunden werden.

­

Neu werden die Mittel für Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen in der Schweiz ausschliesslich in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen ausgerichtet. Die rückzahlbaren, meist zinslosen Darlehen an Investitionen in KVUmschlagsanlagen haben sich nicht bewährt. Der Bund behält sich zukünftig aber die Möglichkeit vor, auch A-fonds-perdu-Mittel durch Grundpfand oder Bankgarantien sichern zu lassen. Dies soll garantieren, dass die angekündigten Verkehrsmengen auch tatsächlich transportiert werden.

­

Die Bundesbeiträge werden wenn immer möglich an überprüfbare Bedingungen des diskriminierungsfreien Zugangs geknüpft. Kleinere Projekte (insbesondere Anschlussgleise) können davon befreit werden, was aber auch eine niedrigere Förderung zur Folge hat. Für grössere Projekte (insbesondere grössere KV-Umschlagsanlagen) kann der Bund die Bedingungen des diskriminierungsfreien Zugangs mit Auflagen verbinden, indem er konkrete Betreibermodelle verfügt oder eine Veröffentlichungspflicht für Umschlagspreise festlegt. Die SKE erhält die Kompetenz, in Streitfällen über den diskriminierungsfreien Zugang zu den privaten Güterverkehrsanlagen zu entscheiden.

­

Grundsätzlich werden Beiträge nur noch an Neu- oder Erweiterungsinvestitionen ausgerichtet. Den Substanzerhalt tragen die Eigentümer der Anlage. Neu werden die Anschlussvorrichtungen der Anschlussgleise (z.B.

Anschlussweiche, Entgleisungsschutz) der Eisenbahninfrastruktur zugeschieden und im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit den Infrastrukturbetreiberinnen finanziert. In besonders gelagerten Fällen soll eine abweichende Kostentragung möglich bleiben, so etwa dann, wenn der 3899

Anschliesser aufgrund einer behördlichen Auflage für Transporte auf den Bahnanschluss angewiesen ist (z.B. bei Kraftwerken).

­

Beiträge an KV-Umschlagsanlagen können weiterhin auch in Form von rückzahlbaren Darlehen gewährt werden, wenn die Anlagen im Ausland erstellt werden und überwiegend der Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs dienen.

Der Einsatz der Mittel wird über Rahmenkredite gesteuert Die Angleichung der Finanzierung von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen führt zu einer Zusammenführung der heute separat bewirtschafteten Kredite A4300.0141 für Terminalanlagen und A4300.0121 für Anschlussgleise. Der neue gemeinsame Kredit für Güterverkehrsanlagen wird weiterhin auf Basis des MinVG75 finanziert.

Die Steuerung der Bundesmittel zur Förderung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen soll künftig mit Rahmenkrediten gemäss Artikel 10 Absatz 5 der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 200676 erfolgen. Die Höhe der Rahmenkredite und die für die Projekte einzuplanenden Bundesbeiträge ergeben sich aus einer Abschätzung der anstehenden oder gemäss Planungsprozess für den Güterverkehr vorgesehenen Vorhaben (vgl. Ziff. 1.2.3.3). Der Rahmenkredit umfasst auch Terminalprojekte im In- und Ausland für den alpenquerenden Verkehr.

Die Rahmenkredite sind befristet. Der erste Rahmenkredit wird mit der Botschaft zu dieser Vorlage beantragt. Weitere Rahmenkredite folgen alle vier oder acht Jahre.

Sie sollen zusammen mit den Verpflichtungskrediten zu den Ausbauschritten des strategischen Entwicklungsprograms STEP beantragt werden. Erstmals soll dies mit der Botschaft zum STEP-Ausbauschritt 2030 geschehen, welche bis 2018 dem Parlament unterbreitet wird.

Ein Bundesbeschluss legt den Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Güterverkehrs auf der Schiene für die Jahre 2016­2019 fest Für die Investitionsbeiträge an KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise wird ein Bundesbeschluss für den ersten Rahmenkredit vorgelegt. Über diesen Rahmenkredit werden alle Verpflichtungen abgedeckt, die der Bund in den Jahren 2016­2019 eingeht. Der Rahmenkredit umfasst somit keine Projekte, deren Finanzierung der Bund bereits vor 2016 zugesichert hat oder haben wird.

Es wird ein Rahmenkredit in Höhe von 210 Millionen Franken beantragt. Der Rahmenkredit enthält Mittel für verschiedene KV-Umschlagsanlagen, die im Rahmen der «Terminalkonferenz» des BAV (vgl. Ziff. 1.1.3.2) mit der Branche besprochen und abgestimmt wurden. Daneben sind Gelder für KV-Umschlagsanlagen zur Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs (auch im Ausland) und für Neubauten und Erweiterungen von Anschlussgleisen enthalten.

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Funktionalität der vorgesehenen Projekte, die voraussichtlichen Standorte und Räume sowie die zusätzlich geschaffenen Kapazitäten:

75 76

SR 725.116.2 SR 611.01

3900

Tabelle 5 Übersicht der für den Rahmenkredit 2016­2019 vorgesehenen KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise Funktionalität

voraussichtliche Standorte

vorgesehene zusätzliche Kapazität (pro Jahr)

KV-Grossterminals mit nationaler Bedeutung

Basel-Nord, Weil: Vollausbau (2. Etappe)

Schiff-Schiene: 170 000 TEU und Schiene-Schiene/Strasse: 50 000 TEU

KV-Umschlagsanlagen mit regionaler Verteilfunktion

Ostschweiz, Gäu, Limmattal

Schiene-Strasse: 300 000 TEU (Summe)

KV-Umschlagsanlagen (Ausland) zur Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs

Milano-Smistamento: 2. Etappe Lombardei/Emilia-Romagna

Schiene-Strasse: 140 000 TEU

Anschlussgleise mit und ohne kleine Umschlagseinrichtungen

diverse (Neubauten und Erweiterung)

mindestens 12 000 Tonnen, 720 Wagen oder 5000 TEU je Anlage

Schiene-Strasse: 140 000 TEU (Summe)

Da das zu erarbeitende Konzept für den Schienengüterverkehr erst zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbeschlusses vorliegen wird, sind Abweichungen zwischen der obigen Tabelle und dem Konzept nicht ausgeschlossen. Die Erkenntnisse der in der Terminalkonferenz vorgenommenen Branchenabstimmung werden in die Erarbeitung des Konzeptes aufgenommen und weiterentwickelt.

1.2.3.5

Förderung technischer Neuerungen

Der Bund schafft auch eine gesetzliche Grundlage für die finanzielle Förderung von technischen Neuerungen (Innovationen) im Schienengüterverkehr. Geeignete Innovationen sollen in Form von Investitionsbeiträgen gefördert werden. Der Bund strebt an, diejenigen technischen Neuerungen zu fördern, welche die grösste Wirkung hin zu einer effizienteren und ressourcenschonenderen Produktion erwarten lassen.

Neue Akzente werden bei Pilotanwendungen und der Beschleunigung von Migrationsprozessen gesetzt Der Innovationsprozess für neue Produkte durchläuft meist verschiedene Phasen von der Grundlagenforschung und Projektstudien über Test- und Pilotphasen bis hin zur Produkteinführung am Markt. Der Bundesrat hält eine spezielle Förderung im Rahmen dieser Vorlage in der Grundlagenforschung für nicht nötig, da in diesem Bereich bereits verschiedene Förderinstrumente des Bundes77 bestehen. Für die Phase der Produkteinführungen sind bereits Anschubfinanzierungen durch den Bund vorgesehen (vgl. Ziff. 1.2.3.7). Die Investitionsbeiträge für technische Neuerungen sollen deshalb gezielt bei Pilot- und Testanwendungen und zur Beschleunigung von technischen Migrationsprozessen Einsatz finden. Auf diese Weise unterstützt der 77

Siehe z.B. Internetportal der Kommission für Technologie und Innovation KTI, www.kti.admin.ch.

3901

Bund die Entwicklung von technischen Lösungen hin zur Produktreife und möglichst umfassenden Marktanwendung, wenn diese einen grossen Nutzen für den zukünftigen Schienengüterverkehr versprechen.

Im stark vernetzten Schienengüterverkehr können Innovationen oft nur dann ihren vollen Nutzen entfalten, wenn sie sehr breit und standardisiert für einen Grossteil des eingesetzten Rollmaterials und der Produktionsprozesse Anwendung finden. Der unkoordinierte Einsatz durch einzelne Akteure bringt nur selten einen hohen Nutzen, da das meiste Rollmaterial flexibel eingesetzt werden soll und die Produktionsprozesse möglichst standardisiert sein sollen. Die finanzielle Unterstützung des technischen Migrationsprozesses soll die Umstellung auf neue Standards beschleunigen, damit der volle Nutzen einer Innovation möglichst rasch anfällt.

Institutionalisierte Begleitung durch Branchenfachleute und Wissenschaft Innovationen, aus denen ein hoher Nutzen für den Schienengüterverkehrsmarkt resultieren soll, sind aufgrund der grossen Vernetzung bei den Angeboten im Schienengüterverkehr zwischen den verschiedenen Branchenakteuren zu koordinieren.

Zur Organisation dieser erforderlichen Koordination sieht der Bundesrat vor, die Förderung technischer Neuerung ebenfalls institutionalisiert durch eine Begleitgruppe zur Entwicklung des Schienengüterverkehrs, zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern der Güterverkehrsbranche und der Wissenschaft, begleiten zu lassen. Aufgabe dieser Begleitgruppe, ist die Analyse und Identifikation technischer Neuerungen, die für den Schienengüterverkehr Produktivitätsfortschritte durch technische Umstellungen versprechen. Erst wenn solche Innovationen identifiziert werden können, werden im Rahmen des Budgetprozesses Mittel für die Unterstützung von Pilot- und Testanwendungen sowie Migrationsprozessen durch den Bundesrat beantragt.

Der Bundesrat wird die Wirksamkeit der finanziellen Förderung technischer Neuerungen spätestens 10 Jahre nach Inkrafttreten des revidierten Gütertransportgesetzes evaluieren und der Bundesversammlung einen Bericht über die Wirksamkeit dieses Förderinstruments unterbreiten.

1.2.3.6

LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs

An der LSVA-Rückerstattung wird grundsätzlich festgehalten Der Bund hält am Instrument der LSVA-Rückerstattung im Vor- und Nachlauf des KV als Element der Gesamtkonzeption fest. Die Rückerstattung an die Strassentransportunternehmen vermindert die Belastung durch die LSVA im Vor- und Nachlauf des KV. Pro Umschlag wird ­ abhängig von der Grösse des Behälters (Container, Wechselbehälter, Sattelauflieger) ­ ein Maximalbetrag von der bezahlten LSVA zurückerstattet. Der Bundesrat will die konkrete Ausgestaltung des Instruments überprüfen und die Ausführungsbestimmungen anpassen, wenn Verbesserungspotenzial festgestellt werden kann (zusätzliche Differenzierung der Rückerstattungsbeträge nach Behältertypen, mehr Flexibilität bei Behältergrössen).

3902

1.2.3.7

Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote

Der Bund beteiligt sich an den Bestellungen der Kantone Wenn Kantone Leistungen im Schienengüterverkehr bestellen, kann sich der Bund daran beteiligen. Dabei darf die Finanzhilfe des Bundes die Höhe des Beitrags des Kantons nicht übersteigen.

Bei der Abwicklung der Bestellung hat der Kanton die Federführung. Nur der Kanton kann sachgerecht beurteilen, ob die Bestellung eines unrentablen Angebots oder die Aufrechterhaltung eines solchen Angebots aus regionaler Sicht sinnvoll und notwendig ist. Mit diesen gezielten Bestellungen können Bund und Kantone ein Angebot sicherstellen, das auf die aktuelle Marktlage und die regionalen Gegebenheiten zugeschnitten ist. Im Vordergrund steht für den Bund der Ausgleich der höheren Kosten für Transportleistungen in den Bergregionen sowie die Erschliessung von Industriezonen mit Schienengüterverkehr, die einen kantonalen Entwicklungsschwerpunkt darstellen. Dieses Vorgehen garantiert eine auch regional abgestimmte Arbeitsteilung zwischen den Verkehrsträgern im Güterverkehr.

Voraussetzung für den Beitrag des Bundes ist ein Parlamentsbeschluss des jeweiligen Kantons für eine Förderung des Schienengüterverkehrs. Die Förderung stützt sich idealerweise auf eine kantonale Güterverkehrsstrategie oder ein Güterverkehrskonzept im Rahmen der Richtplanung. Diese kantonalen Strategien sollen mit dem Konzept des Bundes für die Entwicklung der Güterverkehrsanlagen (vgl. Ziff.

1.2.3.3) abgestimmt sein. Die Kantone können darüber hinaus zusätzliche Bestellungen in eigener Verantwortung ohne finanzielle Beteiligung des Bundes vornehmen.

Für neue Angebote im Schienengüterverkehr in der Fläche sind befristete Anschubfinanzierungen möglich Der Bund richtet zeitlich begrenzte Beiträge an Angebote im Schienengüterverkehr in der Fläche aus, die im Aufbau begriffen sind. Der Fokus liegt bei Angeboten im (nicht alpenquerenden) Binnenverkehr. Diese Transporte sind entweder neu oder wurden bis anhin im Strassengüterverkehr abgewickelt. Sie erschliessen somit neue Marktsegmente für den Schienengüterverkehr. Nicht förderberechtigt sind Verkehre, die nur eine neue logistische Lösung für bestehende Angebote des Schienengüterverkehrs darstellen. Eine Überführung von EWLV-Angeboten in den KV ist demzufolge von der Förderung ausgeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen sind rein konjunkturell
verursachte Mengensteigerungen.

Die auf höchstens drei Jahre befristete Anschubfinanzierung ist nicht verlängerbar.

Voraussetzung für eine Anschubfinanzierung ist ein Businessplan, aus dem schlüssig hervorgeht, mit welchen Massnahmen das Angebot nach Ablauf der Frist von drei Jahren eigenwirtschaftlich aufrechterhalten werden kann.

Der Bundesbeitrag an ein neues Schienenangebot wird vorgängig festgelegt. Er orientiert sich am erwarteten Defizit im Beitragsjahr, welches aufgrund der höheren Kosten und des höheren Auslastungsrisikos während der Phase der Produkteinführung zu erwarten ist.

3903

Neustrukturierung der finanziellen Förderung durch Abbau der Betriebsbeiträge Die bisherigen Betriebsbeiträge an den EWLV und den Binnen-KV, die in erster Linie in Form einer Verbilligung der angebotenen Leistungen zum Tragen kamen, werden in einer Übergangsphase schrittweise abgebaut und fallen drei Jahre nach Inkrafttreten des revidierten GüTG definitiv weg.

Für 2014 sind Betriebsbeiträge von 28,3 Millionen Franken für den EWLV und KV auf Normalspur und weitere 6 Millionen Franken für den Güterverkehr auf Meterspur budgetiert. Mit den neuen Instrumenten werden diese Betriebsbeiträge schrittweise von insgesamt 34 Millionen um 22 Millionen Franken reduziert. Von den verbleibenden 12 Millionen Franken bleiben voraussichtlich weiterhin rund 6 Millionen Franken für den Güterverkehr auf Meterspurbahnen reserviert. Damit kann sich der Bund an den Bestellungen der Kantone beteiligen. Es ist davon auszugehen, dass die Kantone diese Angebote weiterhin bestellen, wenn der Bund sich ebenfalls daran beteiligt. Die restlichen rund 6 Millionen Franken pro Jahr sind für weitere Bestellungen mit den Kantonen und für Anschubfinanzierungen vorgesehen.

Die heutigen Abgeltungen für maritime Import-/Exportverkehre werden bereits auf Ende 2015 abgeschafft. Die langläufigen Verkehre im kombinierten Verkehr ab den Nordseehäfen müssen danach ohne Abgeltungen auskommen.

1.2.3.8

Weiterentwicklung der SBB Cargo als wichtigster Anbieterin im Schienengüterverkehr

Die SBB wird von der Pflicht entbunden, Güterverkehrsleistungen anzubieten Gemäss Artikel 3 SBBG78 zählen Dienstleistungen im Güterverkehr zu den Kernaufgaben der SBB. Gleichzeitig werden heute im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit den SBB auch strategische Ausrichtungen im Bereich des Güterverkehrs vereinbart. Mit dieser Vorlage werden diesbezüglich die folgenden Anpassungen vorgeschlagen:

78 79

1.

Anstelle der heute im SBBG festgelegten Kernaufgabe Güterverkehr soll eine Kann-Vorschrift für das Angebot von Güterverkehrsleistungen aufgenommen werden.

2.

Der Bund gewährleistet mit einer im SBBG verankerten Bestimmung, dass der Entscheid über die Aufgabe des Systems EWLV oder wesentlicher Teile dieses Angebots der Generalversammlung (also dem Bundesrat) vorgelegt werden muss. Dies soll eine politische Beurteilung dieses Schritts ermöglichen und zumindest sicherstellen, dass ein solcher Schritt nur innert einer angemessenen Frist erfolgen kann.79

SR 742.31 Vgl. Art. 10 Abs. 2 SBBG, SR 742.31

3904

1.2.3.9

Vereinfachung der Bestimmungen zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen

Das Gütertransportgesetz regelt neu Fragen betreffend Anschlussgleise Im Bereich der Anschlussgleise drängen sich rechtliche Vereinfachungen auf. Das bestehende Anschlussgleisgesetz vom 5. Oktober 199080 soll neu in das Gütertransportgesetz integriert werden. Verschiedene Bestimmungen über den Bau und Betrieb von Anschlussgleisen bedürfen einer Vereinfachung. Die umfangreichen Begriffsbestimmungen gemäss Artikel 2 des Anschlussgleisgesetzes sind nicht mehr erforderlich. Wo noch nötig, werden die Fachausdrücke neu in den entsprechenden Gesetzesbestimmungen umschrieben. Der Grundgedanke, Güterverkehrsanlagen auch raumplanerisch zu planen und zu sichern, wird beibehalten. Er wird aber nicht mehr als zwingendes Erfordernis definiert, zumal sich in der Praxis die Idee des Gesetzes von 1990 nicht durchgesetzt hat, neue Anschlussgleise vor allem mittels Nutzungsplänen zu genehmigen. Im Zentrum stand und steht vielmehr die Baubewilligung nach kantonalem Recht. Die neue Regelung ist einfacher und übersichtlicher.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Grundsätze und Ziele

Die Aufgaben des Bundes ergeben sich aus klaren Grundsätzen und Zielen Die Grundsätze und Ziele bilden die Grundpfeiler der Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche. Mit den vorgeschlagenen Instrumenten sollen in erster Linie die gesetzlich festgelegten Grundsätze umgesetzt und die Ziele erreicht werden können. Weiter geben die Ziele und Grundsätze den Rahmen für das Instrumentarium zur Förderung des Schienengüterverkehrs und für dessen Ausprägung vor. Sie tragen dem Spannungsfeld zwischen den grundsätzlichen Mechanismen des Marktes und den staatlichen Zielen Rechnung. Aus ihnen leiten sich klare Aufgabenstellungen für den Bund ab.

Begründung Ziel 1: Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Güterverkehrs und ein effizientes Zusammenwirken der Verkehrsträger Der Bund konzentriert sich mit Blick auf den Schienengüterverkehrsmarkt in erster Linie auf die Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen für den Güterverkehr. Dabei stehen die nachhaltige Entwicklung des Gütertransports, die Güterversorgung des Landes und das effiziente Zusammenwirken der Verkehrsträger im Vordergrund.

Die Verkehrsträger sollen in ihrem Zusammenspiel sich sinnvoll ergänzen, sich gegenseitig unterstützen und die knappen Infrastukturkapazitäten auf Strasse und Schiene optimal nutzen.

Es ist nicht vorgesehen, über die Formulierung der Ziele den heute bestehenden finanziellen Rahmen zur Förderung des Schienengüterverkehrs zu erweitern. Vielmehr sollen die Fördertatbestände fokussiert und konzeptionell abgestimmt werden.

80

SR 742.141.5

3905

Der Bund fördert heute den Schienengüterverkehr in der Fläche ­ je nach Bezugsjahr ­ mit 70­110 Millionen Franken pro Jahr. Dabei ist die Finanzierung von Rangier- und Freiverladeanlagen über die Leistungsvereinbarung mit der SBB AG nicht mitgerechnet. Die im Rahmen der Gesamtkonzeption beschlossenen Förderinstrumente sollen in ihrer Ausgestaltung und Bemessung (Schwerpunkte innerhalb der Instrumente) neu an den vorgeschlagenen Grundsätzen ausgerichtet und dementsprechend zielgerichtet eingesetzt werden. Eine solche konzeptionelle und in sich grundsätzlich geschlossene Ausrichtung gab es in der Vergangenheit nicht.

Begründung Ziel 2: Bedarfsgerechte Eisenbahninfrastruktur und geeignete Güterverkehrsanlagen Der Staat unterstützt die Verfügbarkeit allgemeiner Verkehrsinfrastrukturen, die ein funktions- und leistungsfähiges Güterverkehrsangebot benötigt. Der Bundesrat betrachtet es als wichtig für die Sicherstellung der Güterversorgung, die Finanzierung der notwendigen Infrastrukturen langfristig zu sichern. Das gilt für das Schienen- wie für das Strassennetz. Für den Schienenverkehr geschieht dies im Rahmen der vorhandenen Steuerungs- und Finanzierungsinstrumente des Eisenbahngesetzes und in Zukunft mit der im Rahmen von FABI beschlossenen STEP-Planung. Die Kapazitäten für den Personen- und den Güterverkehr werden innerhalb STEP gleichberechtigt geplant.

Wo die erforderlichen Bündelungsmöglichkeiten zur Auslastung der Angebote sowie eine geeignete Struktur für den Gütertransport auf der Schiene oder in Kombination Schiene/Strasse und Schiff/Schiene vorhanden sind, unterstützt der Bund die Güterverkehrsanlagen wie bisher finanziell. Damit können optimale infrastrukturelle Voraussetzungen für die Entwicklung des Gütertransports auf der Schiene geschaffen werden.

Der Staat muss nicht nur geeignete Infrastrukturen schaffen, sondern auch die geplanten Kapazitäten bis zur tatsächlichen Nutzung sicherstellen. Weil Güter- und Personenverkehr das Schienennetz der Schweiz grundsätzlich gemeinsam nutzen, kann diese Aufgabe nicht nur den Infrastrukturbetreiberinnen überlassen werden.

Denn die Interessenabwägung zwischen Güter- und Personenverkehr ist angesichts knapper Infrastrukturkapazitäten vermehrt eine politische Aufgabe. Die Umsetzung eines institutionalisierten Planungsprozesses für den Güterverkehr
und die Kapazitätssicherung für die verschiedenen Verkehrsarten wird deswegen mit dieser Vorlage neu zu einer Aufgabe des Bundes.

Begründung Ziel 3: Diskriminierungsfreier Zugang Die Schieneninfrastrukturen für den Güterverkehr und die Güterverkehrsanlagen können nur ihren vollen Nutzen entfalten, wenn sie allen Interessenten auch für eine Nutzung zu gleichen Bedingungen zugänglich sind. Schon heute überwacht die SKE den diskriminierungsfreien Zugang zur Eisenbahninfrastruktur. Dazu gehören auch Rangieranlagen, Teambahnhöfe und Freiverladeanlagen. Nicht zur öffentlichen Eisenbahninfrastruktur gehören private KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise.

Bisher verlangte der Bund den diskriminierungsfreien Zugang bei diesen Anlagen im Rahmen der Mitfinanzierungszusagen. Eine Überwachung der Einhaltung konnte nur ungenügend sichergestellt werden. In Zukunft soll die SKE auch bei privaten Anlagen tätig werden.

3906

Begründung Ziel 4: Eigenwirtschaftlichkeit der Verkehrsangebote und Ausnahmen Güterverkehrsdienstleistungen sollen auch im Schienengüterverkehr grundsätzlich eigenwirtschaftlich erbracht werden. Eine Abweichung vom Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit kann nur in Ausnahmefällen toleriert werden, wenn regionalpolitische Aspekte höher gewichtet oder spezifische Hindernisse für einen Markteintritt identifiziert werden. Eine finanzielle Förderung von Angeboten soll dort möglich sein, wo Kantone oder Regionen aus gewichtigen Gründen gewisse Angebote im Schienengüterverkehr sicherstellen wollen, z.B. zugunsten der ganzjährigen Versorgungssicherheit in Bergregionen oder an industriellen Entwicklungsschwerpunkten. In diesen Fällen soll der Bund sich an der Bestellung eines Angebots beteiligen und die Kantone bei der Sicherstellung von Dienstleistungen im Schienengüterverkehr unterstützen können.

Eine befristete Bundesunterstützung einzelner neuer Angebote während ihrer Einführungsphase soll ebenso möglich bleiben. Das gilt auch für die finanzielle Unterstützung von Investitionen in technische Neuerungen, wenn dadurch nachhaltige und selbsttragende Verkehrsangebote auf der Schiene geschaffen werden können.

Die verworfenen Ziele wurden schon unter Ziffer 1.2.2.2 dargelegt.

1.3.2

Die Auswahl der Instrumente zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche

Der Bund gibt die Rahmenbedingungen für den Güterverkehr auf Strasse und Schiene vor Den Schwerpunkt der Instrumente der Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche bilden die Rahmenbedingungen für den Güterverkehr: ­

Der Bund bestätigt mit dieser Vorlage die geltenden Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr.

­

Er sorgt mit den neuen Instrumenten Netznutzungskonzept und Netznutzungsplan für die Kapazitätssicherung des Güter- und Personenverkehrs auf der knappen Schieneninfrastruktur.

­

Er sorgt im Rahmen des Konzepts für den Schienengüterverkehr für eine abgestimmte Planung der Güterverkehrsanlagen und deren Einbindung in die Eisenbahninfrastruktur.

­

Er sorgt für den diskriminierungsfreien Zugang zu den Anlagen.

Mit konkreten Massnahmen unterstützt der Bund das Angebot des Schienengüterverkehrs in der Fläche Folgende Massnahmen sollen darüber hinaus die Entwicklung des Angebots im Schienengüterverkehr in der Fläche unterstützen: ­

Der Bund unterstützt den Bau und die Erweiterung der Anlagen des Güterverkehrs mit Beiträgen zwischen 40 % und 60 % der anrechenbaren Kosten.

Bei KV-Umschlagsanlagen von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung (Grossterminals) kann die Förderung auf bis zu 80 % erhöht werden. Bei Güterverkehrsanlagen, die zur öffentlichen Bahninfrastruktur zählen (z.B.

3907

Rangierbahnhöfe, Freiverlad), beträgt der Anteil des Bundes weiterhin 100 %.

­

Die Eisenbahninfrastruktur und die der Eisenbahninfrastruktur zugeordneten Anlagen wie Rangieranlagen können durch den Güterverkehr zu Grenzkosten benützt werden.

­

Die LSVA-Rückerstattungen werden beibehalten.

­

Der Bund kann technische Neuerungen fördern, wenn diese nachhaltig zu einer effizienteren und ressourcenschonenderen Produktion beitragen.

Ohne Engagement des Bundes würden viele Investitionen und Angebote nicht realisiert All diese Instrumente sind Voraussetzung für erfolgreiche Angebote im schweizerischen Güterverkehr auf der Schiene. Sie sind die Grundlage für wettbewerbsfähige Preise sowie hohe Qualität und sorgen mit der Sicherstellung des diskriminierungsfreien Zugangs für den notwendigen Wettbewerb zwischen den Anbietern, wo ein solcher möglich ist. Die meisten Anlagen des Schienengüterverkehrs würden aufgrund der Marktkräfte nicht realisiert, da das Risiko für diese umfangreichen Investitionen für eine reine Privatfinanzierung oftmals zu gross ist. Über die Volumen im Güterverkehr wird kurzfristig disponiert, während diese Anlagen über 10­50 Jahre abgeschrieben werden müssen. Jedes einzelne dieser Förderinstrumente ist notwendig, damit weiterhin ein sinnvolles Angebot im Schienengüterverkehr erbracht werden kann, eine Verlagerung des Schienengüterverkehrs auf die Strasse verhindert wird und das für die Zukunft erwartete Wachstum des Gütertransports nicht ausschliesslich auf der Strasse stattfindet. Der Schienengüterverkehr soll weiterhin zur Entlastung der Umwelt und der Strasseninfrastrukturen in der Schweiz beitragen.

Dies geschieht in einem Ausmass, das im internationalen Vergleich erheblich ist.

Zwei zusätzliche Instrumente sollen subsidiär dafür sorgen, dass der Bund und die Kantone gewisse Korrekturen bei den eigenwirtschaftlichen Angeboten der Unternehmen vornehmen können. Dies wird nötig, wenn die politisch erwünschte Versorgung in den Regionen und die Nachhaltigkeit beim Gütertransport nicht erreicht werden: ­

Beteiligung des Bundes an Bestellungen von Güterverkehrsangeboten durch Kantone,

­

befristete Betriebsbeiträge für den Aufbau von neuen Angeboten des Gütertransports auf der Schiene, die neue Marktsegmente erschliessen.

Die Umformulierung der heutigen Kernaufgabe Güterverkehr der SBB zu einer Kann-Vorschrift für das Angebot von Güterverkehrsleistungen ist flankierend zu verstehen, indem die eigenwirtschaftliche Ausrichtung der SBB im Güterverkehrsgeschäft gestützt wird. Darüber hinaus sollen das Bewilligungsverfahren für den Bau und Betrieb von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen vereinfacht und die Zuständigkeiten von Bund, Kantonen und Gemeinden klarer definiert werden.

3908

1.3.3

Verworfene Instrumente

Der Bund will keine Schliessung des Markts und keinen grösseren finanziellen Rahmen als heute Die Auswahl des Instrumentariums zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche hängt von den definierten Zielsetzungen ab. Die Verfolgung eines konkreten Verlagerungsziels oder die Festlegung eines Grundangebots im Schienengüterverkehr hätten ein Instrumentarium zur Folge, das weit umfassender und tiefer in die Marktverhältnisse und in die Arbeitsteilung zwischen Strasse und Schiene eingreifen würde.

Mit der Definition ­ also faktisch der Bestellung ­ einer Grundversorgung im Schienengüterverkehr (insbesondere im EWLV) müssten auch die Rechte und Pflichten der Anbieter festgelegt werden. Letztlich müsste der Bund auch die Rollen und Aufgaben der einzelnen Unternehmen über die Bestellung bestimmen. Dies hätte eine Schliessung des Marktes zur Folge: Der Bund müsste im Rahmen eines Vergabeverfahrens festlegen, bei wem die Leistung bestellt würde. Die Unternehmen des Schienengüterverkehrs hätten dem Bund Offerten vorzulegen, wie sie das angestrebte Grundangebot erbringen wollten. Eine so definierte Systemführerschaft würde einen Schutz des EWLV-Marktes vor Marktzutritt mit sich bringen.

Der Bund hätte die ungedeckten Kosten des von ihm bestellten Angebots abzugelten. Sofern eine solche Bestellung über das heute erbrachte Angebot hinausginge, würde dies auch den heutigen finanziellen Rahmen sprengen, der als Obergrenze einer zukünftigen Förderung zu betrachten ist. Zugleich würden aufgrund der Schliessung des Marktes die Anreize für attraktive Produkte und Preise sowie innovative Prozesse geschmälert. Daher ist diese Variante auch unter den Gesichtspunkten der Budgetneutralität und der Sicherstellung grundlegender Marktfunktionen keine Option.

Deswegen ist die Idee eines Angebots, das der Bund definiert, bestellt und bezahlt, aus ordnungs- und finanzpolitischen Gründen verworfen worden.

Die Motion verlangt eine Gesamtkonzeption für den Schienengüterverkehr; eine Konzeption über alle Verkehrsträger lässt wenig Mehrnutzen erwarten Auch unter der Zielsetzung einer alle Verkehrsträger umfassenden Gesamtkonzeption würden die bestehenden allgemeinen Rahmenbedingungen für den Strassengüterverkehr und die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Massnahmen für den Schienengüterverkehr resultieren. Das Massnahmenspektrum müsste um zusätzliche für den Strassengüterverkehr identifizierter Handlungsfelder ergänzt werden.

1.3.4

Begründung der neuen Instrumente

1.3.4.1

Netznutzungskonzept und Netznutzungsplan

Der Güterverkehr braucht mehr und attraktivere Trassen Die zeitliche und örtliche Verfügbarkeit der für einen attraktiven und qualitativ hochwertigen Schienengüterverkehr erforderlichen Infrastruktur ist ein Kernanliegen

3909

der Vorlage. Im Rahmen der FABI-Vorlage81 und der damit verbundenen STEPPlanung sind schon wichtige Schritte für die entsprechende Planung in die Wege geleitet worden. Bei der Sicherung der geplanten Kapazitäten für den Personen- und Güterverkehr bestehen aber noch Lücken. In den nächsten Jahren, in denen sich das STEP noch nicht auf die Fahrplanjahre auswirkt, gibt es bei den Kapazitäten für den Güterverkehr noch Defizite und Engpässe. Das Problem besteht nicht nur in der Anzahl der verfügbaren Trassen, sondern auch in deren Qualität und zeitlichen Verfügbarkeit. In allen Gesprächen, die mit Vertretern der Branche geführt wurden, war es eines der dringendsten Anliegen, dass die Verfügbarkeit der Infrastruktur sichergestellt und verbessert wird. Die folgenden Faktoren wirken heute unmittelbar auf die Verfügbarkeit von Trassen für den Güterverkehr ein: 1.

Auf vielen Strecken bestehen Engpässe. Während der Spitzenzeiten sind die Strecken durch Züge des Personen- und Güterverkehrs vollständig ausgelastet.

2.

Der vertaktete Personenverkehr hat beim Netzzugang Vorrang vor dem Güterverkehr (Art. 9a EBG82). Dazu ist anzumerken, dass das EBG dem Bundesrat das Recht gibt, unter Berücksichtigung volkswirtschaftlicher und raumplanerischer Anliegen Ausnahmen von der Prioritätenordnung zu gewähren.

3.

Die für den Güterverkehr erforderlichen Trassen, die im Zusammenhang mit Infrastrukturprojekten ursprünglich geplant waren, werden durch Projekte des Personenverkehrs oftmals verdrängt oder in die Randzeiten verschoben.

4.

Güterzüge fahren langsamer als Reisezüge des Fernverkehrs; die maximale Geschwindigkeit auf einzelnen Streckenabschnitten wird von Güterzügen oft nicht erreicht. Bei gleicher Geschwindigkeit beider Verkehre stünden wesentlich mehr Trassen zur Verfügung als heute.

Für eine kostengünstige Produktion müssen die Umläufe der Fahrzeuge und der Einsatz des Fahrpersonals optimiert werden. Wenn Trassen für den Güterverkehr nur konzentriert auf wenige Stunden in der Nacht und die wenigen Stunden ausserhalb der Hauptverkehrszeit verfügbar sind, können keine vernünftigen Umläufe bei den für Güterverkehrsangebote erforderlichen Fahrzeugen und Personal erreicht werden.

Die Produktion wird dadurch erheblich teurer.

Die neuen Planungsinstrumente sichern die Trassen für den Güterverkehr systematisch und verbindlich Auf der Grundlage des FABI-Beschlusses83 entscheidet das Parlament unter anderem über den Ausbau der Schieneninfrastruktur und die dafür notwendigen Mittel.

In den geplanten Ausbauschritten wird auch der Güterverkehr berücksichtigt. Die Planung in Form von Netz- oder Systemfahrplänen sieht auf allen wichtigen Strecken stündliche Trassen vor, die dem Güterverkehr eine effiziente Produktion ermöglichen. Sie basiert auf den aktuellsten Verkehrsprognosen und anderen verfügbaren Informationen, die dem BAV zur Verfügung stehen. Diese Netz- bzw.

Systemfahrpläne sind heute unverbindlich. Ziel dieser Vorlage ist es, die Planung der Trassen und damit die Verteilung auf die Verkehrsarten mit den Instrumenten 81 82 83

BBl 2012 1577 SR 742.101 BBl 2013 4725

3910

des langfristigen Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne verbindlich festzulegen. Dies sichert die notwendige Anzahl und Qualität der Trassen für den Güterverkehr und den Personenverkehr über die verschiedenen Planungsperioden bis hin zur Verkehrsdurchführung in der jeweils aktuellen Fahrplanperiode. Dies schafft Investitionssicherheit und kann langfristig verbesserte Produktionsmöglichkeiten für den Schienengüterverkehr ermöglichen.

1.3.4.2

Planungsprozess und Konzept für den Schienengüterverkehr

Die Anlagen des Güterverkehrs sind in einer Gesamtsicht und einem institutionalisierten Prozess zu planen Heute planen die im Güterverkehr tätigen Unternehmen und die Verlader ihre Güterverkehrsanlagen in der Regel autonom. Das BAV bearbeitet im Rahmen der finanziellen Förderung durch den Bund die Gesuche um Bundesbeiträge einzeln.

Dabei bleibt zum Beispiel offen, ob die für die Realisierung der Verkehrsmengen erforderlichen Trassen überhaupt vorhanden sind und ob nicht unterschiedliche Projekte auf die gleichen Verkehre abzielen und so zu viele oder falsch dimensionierte Projekte im Rahmen der Finanzierungsgesuche beim Bund eingereicht werden.

Die unternehmensübergreifende Planung und Koordination der Entwicklung dieser Anlagen in einem institutionalisierten Prozess kann entscheidende Verbesserungen bringen. Die verfügbaren Mittel können so auf Infrastrukturen konzentriert werden, die für alle Beteiligten zweckmässig sind. Jede Investition soll analogen Kosten- und Nutzenkriterien unterworfen sein. Wichtig bei der Festlegung der geeignetsten Projekte ist zudem die Gesamtsicht der Güterverkehrsentwicklung (Prognosen, Produktionskonzepte) über die kommenden Jahre.

Das Konzept für den Gütertransport auf der Schiene stellt in Zielbildern die angestrebte Entwicklung dar Ergebnis dieses institutionalisierten Prozesses ist die Erstellung und Aktualisierung eines Konzepts, wie es in Artikel 13 RPG84 vorgesehen ist. Mit ihm kann die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen gesteuert und mit der Schieneninfrastruktur abgestimmt werden. Wesentliches Element des Konzepts sind Zielbilder, die auf der Basis von Güterverkehrsprognosen und der Analyse möglicher Produktionskonzepte entworfen werden. Die Zielbilder stellen das angestrebte Trassenangebot im Güterverkehr, die Rangier- und KV-Umschlagsanlagen und andere spezifische Güterverkehrsanlagen dar. Die Zielbilder zeigen den grundsätzlichen Bedarf und fallweise auch die geografische Ansiedlung bzw. Verteilung ­ selbstverständlich aufbauend auf den bisherigen Anlagen ­ und deren Entwicklungspotenziale auf. Die Vergabe von Bundesbeiträgen lässt sich damit auf die vom Bund gesetzten Ziele ausrichten.

Zugleich wird mit einem institutionalisierten Planungsprozess und dessen Verankerung in einem Konzept die Möglichkeit geschaffen, dass die Anliegen des Schienengüterverkehrs in der Raumplanung berücksichtigt werden können. Denn Elemente 84

SR 700

3911

des Konzepts fliessen in den Sachplan Verkehr und in die Richtplanungen der Kantone ein. Dies ermöglicht die Vorhaltung von Flächen für grössere Anlagen, die für das schweizweite oder regionale Angebot im Gütertransport auf der Schiene von Bedeutung sind. Die Anlagen sind optimal an die Verkehrsinfrastrukturen anzubinden.

1.3.4.3

Finanzielle Förderung von KV-Umschlagsanlagen und von privaten Anschlussgleisen

Die Gleichbehandlung der Gesuchsteller ist besser sichergestellt Der Bund entrichtet bereits heute finanzielle Beiträge an die Errichtung und Erweiterung von KV-Umschlagsanlagen und von Anschlussgleisen. Die Bedingungen und Kriterien für die Vergabe werden neu angeglichen, die Voranschlagskredite zusammengefasst und innerhalb eines Rahmenkredits gemeinsam bewirtschaftet und gesteuert.85 Die finanzielle Förderung von KV-Umschlagsanlagen im Ausland zur Unterstützung der Verlagerung des alpenquerenden Verkehrs bleibt von den Änderungen unberührt.

Die Vorteile dieser Harmonisierung sind vielfältig:

85

­

Für die Förderung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen gelten dieselben übergeordneten Ziele. Damit die Investitionsbeiträge besser auf die Ziele ausgerichtet werden können, müssen die Bedingungen und Kriterien für die Vergabe angeglichen werden.

­

Jede Umschlagsanlage verfügt über ein oder mehrere Anschlussgleise. Eine Ungleichbehandlung innerhalb eines Gesuchs führt zu aufwendigen Abgrenzungsproblemen.

­

Die administrativen Abläufe werden einfacher, und die Prüfung von Gesuchen wird besser nachvollziehbar.

­

Die Gleichbehandlung (nicht Gleichsetzung) der Gesuchsteller ist besser sichergestellt. Die Bundesanteile können jedoch weiterhin variieren. Die Bedeutung für den Verkehr, das Risiko der Finanzierung, die Grösse der Anlage, die Vorteile Dritter sowie Offenheit und Zugangsmöglichkeiten für Dritte spielen bei der Bemessung des Bundesanteils eine Rolle. Bundesbeiträge für KV-Umschlagsanlagen von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung können maximal 80 % ­ anstelle der sonst vorgesehenen 60 % ­ betragen. Die sehr kapitalintensiven Grossterminals würden ohne diesen höheren Bundesbeitrag womöglich nicht realisiert.

­

Die Steuerung über einen mehrjährigen Rahmenkredit und die Bewirtschaftung der Bundesmittel in einem einzigen Kreditposten bringt Vorteile für KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise. Programmverschiebungen, begründete Mehr- oder Minderkosten einer Anlage und Verzögerungen beim Baufortschritt können innerhalb eines grösseren Budgetpostens besser ausgeglichen werden. Die Bemessung des Rahmenkredits orientiert sich an den

Betroffen sind die heutigen Voranschlagskredite A4300.0121 für Anschlussgleise und A4300.0141 für Terminalanlagen.

3912

im Konzept für den Schienengüterverkehr vorgesehenen KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen.

In Zukunft werden alle Investitionsbeiträge à-fonds-perdu gewährt Beiträge an KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise werden zukünftig nur noch in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen gewährt. Die Vergabe von Darlehen hat sich nicht bewährt. Die Betreiber von KV-Umschlagsanlagen sind aufgrund der Marktentwicklung selten in der Lage, Darlehen zurückzuzahlen. Dies hat unter anderem zu einem hohen administrativen Aufwand für die Bewirtschaftung dieser Darlehen geführt.

Mit der Harmonisierung der Kriterien und Bedingungen für die Vergabe von Investitionshilfen für KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise fallen die bisherigen Bundesbeiträge an die Erneuerung und die Sanierung bestehender Anschlussgleise weg. Im Gegenzug wird die Anschlussweiche neu finanziell der Eisenbahninfrastruktur zugeschieden und über die Leistungsvereinbarungen mit den Infrastrukturbetreiberinnen finanziert (in der Summe rund 5 Mio. Fr. pro Jahr). Bei der Erneuerung von Anschlussgleisanlagen stellen Anschlussweichen die weitaus grösste Investition dar. Damit dürfte die Umstellung für die Anschlussgleisbesitzer verkraftbar sein. Sie trägt zudem zur Vereinfachung und zu mehr Transparenz bei den Förderinstrumenten und der Aufgabenteilung zwischen Infrastrukturbetreiberin und Anschlussgleisbesitzer bei. Beim Rückbau von Anschlussgleisen sollen Anschliesser aber finanziell beteiligt werden können, da es in erster Linie ein Beschluss des Anschlussgleisbesitzers ist, ein Anschlussgleis definitiv zu entfernen.

1.3.4.4

Förderung technischer Neuerungen

Der Bund unterstützt technische Innovationen mit Investitionsbeiträgen Investitionen in technische Neuerungen sind Grundlage für eine zukunftsfähige Entwicklung des Gütertransports auf der Schiene. Der Bund kann neu Investitionsbeiträge leisten, um Test- oder Pilotanwendungen zu stärken und technische Migrationsprozesse auf neue Standards (z.B. automatische Mittelpufferkupplungen, Standards zur Intrazugskommunikation) zu unterstützen und zu beschleunigen. Voraussetzung dafür ist, dass ein grosser Nutzen für den Gütertransport auf der Schiene besteht und der Grossteil der Branche eine solche Migration unterstützt.

Technische Neuerungen sind innerhalb der Branche abzustimmen, um eine schweizoder gar europaweite Umrüstung der Systeme zu erreichen. Dies begründet die Notwendigkeit, die Frage geeigneter technischer Neuerungen innerhalb der Branchenakteure intensiv abzustimmen und die Meinung der Branche und der Wissenschaft als Empfehlung für geeignete Innovationen einzuholen, die für den Bund unterstützenswert sind. Dies soll im Rahmen der Begleitgruppe zur Entwicklung des Schienengüterverkehrs erfolgen.

Die Wirksamkeit dieses neuen Instruments wird nach spätestens 10 Jahren evaluiert.

Der Bundesrat wird der Bundesversammlung über die Ergebnisse dieser Evaluation Bericht erstatten.

3913

1.3.4.5

Rückerstattung der LSVA im Vor- und Nachlauf des kombinierten Verkehrs (LSVA-Rückerstattung)

Die LSVA-Rückerstattung wird beibehalten Für Fahrten im KV gewährt der Bund weiterhin eine LSVA-Rückerstattung für im Vor- und Nachlauf auf der Strasse durchgeführte Transporte. Diese Förderung ist laut den Branchenvertretern vor allem mit Blick auf KV-Angebote im Binnenverkehr höchst effektiv. Das Instrument schafft gezielte Anreize für eine Stärkung des KV und eine geeignete Verknüpfung von Schienen- und Strassengüterverkehr.

Eine vom BAV in Auftrag gegebene Studie86 hat gezeigt, dass die Aufhebung der LSVA-Rückerstattung tatsächlich eine gewisse Rückverlagerung von Transporten von der Schiene auf die Strasse zur Folge hätte. Dies widerspräche den Zielen des Bundes zur Stärkung des Schienengüterverkehrs, sodass an der LSVA-Rückerstattung als Element der Gesamtkonzeption grundsätzlich festgehalten wird. Die genannte Studie hat auch aufgezeigt, dass eine Überprüfung der Grössenkategorien der LSVA-Rückerstattung angezeigt ist, da die heutigen Differenzierungen zwischen den verschiedenen Behältertypen und -grössen teilweise wenig plausibel sind und zu Ungleichbehandlungen führen können. Entsprechende Optimierungsmöglichkeiten werden mit den Ausführungsbestimmungen umgesetzt.

1.3.4.6

Betriebsbeiträge an Güterverkehrsangebote

Der Bund beteiligt sich an Bestellungen der Kantone Die Anbieter von Gütertransportleistungen auf der Schiene sollen eigenverantwortlich handeln und ein nachhaltig eigenwirtschaftliches Netz anbieten. Sie sollen neue Transporte für den Schienengüterverkehr akquirieren und bestehende unwirtschaftliche Angebote optimieren. Wenn sinnvoll, sind sie in eine andere Produktionsform zu überführen oder mit einem anderen Verkehrsträger abzuwickeln. Die verschiedenen Angebote, vor allem das EWLV-Netz, sind laufend an die Bedürfnisse des Verkehrs anzupassen und können nicht vom Bund starr vorgegeben werden.

Lassen sich Angebote nicht eigenwirtschaftlich betreiben, so können die Kantone mit Hilfe des Bundes Angebote im WLV/EWLV und im KV erhalten oder aufbauen, wenn dies für die Entwicklung einer Region von zentraler Bedeutung ist. Für den Erhalt oder Aufbau dieser nicht eigenwirtschaftlichen Angebote entschädigen sie die Unternehmen. Diese Möglichkeit ist heute auf die Meterspurbahnen eingeschränkt, was eine willkürliche Abgrenzung darstellt. Eine Ausweitung auf andere Bahnen ist daher gerechtfertigt.

Gründe für ein Engagement von Bund und Kantonen können sein:

86

­

Grunderschliessung in geografisch sensiblen Regionen (insbesondere Bergregionen, z.B. während der Wintermonate);

­

industrielle Entwicklungsschwerpunkte der Kantone im Aufbau, für die eine Erschliessung mit Angeboten des Gütertransports auf der Schiene sinnvoll ist; Ecoplan: Evaluation der LSVA-Rückerstattung und der Betriebsabgeltung als Förderinstrumente im unbegleiteten kombinierten Verkehr. Schlussbericht zuhanden des Bundesamts für Verkehr. Bern 2012.

3914

­

Überbrückung bei vorübergehendem Rückgang der Verkehrsmengen auf der Schiene an wichtigen Standorten des Schienenverkehrs.

Die Federführung für die Bestellung liegt bei den Kantonen; sie bestimmen letztlich, unter welchen Voraussetzungen eine Bestellung notwendig erscheint. Der Bund beteiligt sich an der Bestellung, wenn er dies als sinnvoll erachtet und die Voraussetzungen für seine Beteiligung gegeben sind (Parlamentsbeschluss des Kantons, Angebotsvereinbarung des Kantons).

Im Ergebnis können Bund und Kantone gemeinsam mit gezielten Bestellungen die eigenwirtschaftlichen Angebote der Unternehmen ergänzen und ­ entsprechend der zu erwartenden Marktlage ­ ein politisch erwünschtes und auf die regionalen Besonderheiten zugeschnittenes Angebot sicherstellen.

Der Bund leistet für neue Angebote im Schienengüterverkehr in der Fläche befristete Anschubfinanzierungen Der Bund soll die Möglichkeit haben, den Aufbau neuer, vielversprechender Verkehrsangebote im Schienengüterverkehr in der Fläche zu fördern. Er kann helfen, die höheren Kosten des Geschäftsaufbaus und das Auslastungsrisiko in den ersten drei Jahren zu tragen. Diese Förderung stärkt den Gütertransport auf der Schiene und setzt Anreize zur Entwicklung von neuen Angeboten, die neue Nachfragesegmente erschliessen. Dies erhöht die Chance neuer, Schiene und Strasse einbeziehender Produktionsformen bzw. der Abwicklung von Neuverkehren auf der Schiene.

Die Anschubfinanzierung des Bundes ist auf höchstens drei Jahre befristet. Danach müssen die Angebote selbsttragend sein, um nachhaltig bestehen zu können. In diesem Zeitraum muss die preisliche Attraktivität und nötige Qualität eines Angebots nachgewiesen werden, um eine ausreichende Auslastung des Angebots zu erreichen.

Die bisherigen Betriebsbeiträge im EWLV und im nicht alpenquerenden KV werden schrittweise abgebaut Die verschiedenen Anbieter sollen eigenverantwortlich handeln und ein nachhaltig eigenwirtschaftliches Angebot erstellen. Dieser Grundsatz hat übergeordnete Bedeutung. Die Bestellung und Abgeltung der verschiedenen Verkehre des Schienengüterverkehrs in der Fläche wird deshalb in der heutigen Form nicht weitergeführt. Eine nachhaltige Sicherung des Angebots lässt sich damit nicht erreichen. Der Bund nimmt somit nicht mehr über eine umfassende Bestellung und Abgeltung von Leistungen Einfluss auf das Bediennetz des EWLV und die Angebote im KV.

Die schrittweise Reduktion der Betriebsbeiträge nach Inkrafttreten
der Neuregelung gibt den beteiligten Unternehmen Zeit, um die erforderlichen Massnahmen zur Anpassung der Preise und Konditionen der Angebote vorzunehmen.

Vom Bund in Auftrag gegebene Expertisen zeigen, dass mit dem Abbau der Abgeltungen Änderungen des Verkehrsvolumens zwischen 2 % und 5 % einhergehen könnten. Entscheidend ist, in welchem Ausmass sich der Ausfall der Förderbeiträge durch Produktivitätssteigerungen kompensieren oder auf die Transportpreise überwälzen lässt und wie die Verlader auf diese Preisänderungen reagieren. Der schrittweise Abbau verleiht dem Markt Planungssicherheit und die nötige Zeit, um sich sukzessive der neuen Situation anzupassen. Die Nachfrage nach Bahntransporten für maritime Container gilt als unelastisch, sodass in diesem Bereich ein schnellerer Abbau der Abgeltungen gerechtfertigt ist.

3915

1.3.4.7

Weiterentwicklung von SBB Cargo als wichtigster Anbieterin im Gütertransport auf der Schiene

Die SBB werden von ihrer Pflicht entbunden, Güterverkehr als Kernaufgabe zu betreiben Für den Bundesrat ist ein langfristiges gutes Angebot im Schienen- und Strassengüterverkehr von grosser Bedeutung. SBB Cargo soll in diesem Angebot weiterhin einen wichtigen Platz einnehmen. Um dies zu ermöglichen, soll SBB Cargo grundsätzlich die gleichen unternehmerischen Freiheiten und Optionen besitzen wie die anderen Unternehmen im Güterverkehrsmarkt.

Diese Gleichstellung betrifft in erster Linie die Befreiung der SBB von der Pflicht, den Güterverkehr als Kernaufgabe zu betreiben. Dabei geht der Bundesrat ­ auch in seiner Funktion als Eigner der SBB AG ­ davon aus, dass die SBB vorerst der grösste Anbieter von Güterverkehrsleistungen insbesondere des Systems EWLV bleiben und sich nicht unvermittelt aus dem Güterverkehrsgeschäft zurückziehen.

Für diese Einschätzung spricht auch die Tatsache, dass die SBB für den Güterverkehr in der Fläche umfangreiche Personal- und Fahrzeugressourcen einsetzen und mit den Rangierbahnhöfen bedeutende Anlagen zu diesem Zweck betreiben. Diese Ressourcen können unter den heutigen Rahmenbedingungen der SBB AG nicht innert kürzester Zeit freigestellt werden.

Mit der Befreiung der SBB von der Pflicht, Güterverkehr als Kernaufgabe zu betreiben, sind verschiedene Vorteile verbunden: ­

Der Bund kann sich auf die Aufgaben konzentrieren, die im GüTG definiert werden. Die Zielsetzungen für den Schienengüterverkehr sind allein dort festgehalten. Konkret kann der Bund bei den Zielsetzungen den Gegebenheiten des geöffneten Marktes besser Rechnung tragen. Unklarheiten zwischen den übergeordneten gesetzlichen Zielen und denjenigen in der Leistungsvereinbarung können vermieden werden. Als Eigner der SBB AG bleibt der Bund aber in dieses Thema involviert.

­

Die unternehmerische Freiheit der SBB AG wird gestärkt. Sie kann sich besser auf die Anforderungen des Marktes ausrichten und die Eigenwirtschaftlichkeit erreichen. Sie ist nicht mehr ­ wie oft bis anhin ­ einem Zielkonflikt zwischen einem (über die Leistungsvereinbarungen erfolgten) unklaren Service-public-Auftrag und dem Grundsatz eines eigenwirtschaftlichen Angebots unterworfen. Sie kann unter Berufung auf das Primat der Eigenwirtschaftlichkeit die Erbringung von Angeboten ablehnen.

Starke Einschnitte beim EWLV sind nicht von heute auf morgen möglich Angesichts der Tatsache, dass das System EWLV für die verladende Wirtschaft ausserordentlich wichtig ist, sollen die SBB diesen Verkehr nicht von heute auf morgen aufgeben können. Der Bund sorgt mit der zukünftig im SBBG verankerten Bestimmung und der Auflage eines Bundesratsentscheides (in seiner Rolle als Generalversammlung der SBB) für einen geordneten Transformationsprozess beim EWLV, falls weitere wesentliche Anpassungen beim Angebot im EWLV vorgesehen sind. Insbesondere können so private und öffentliche Investitionen in Güterverkehrsanlagen geschützt werden. Verlader und Transportunternehmen erhalten die Möglichkeit, Alternativangebote zu prüfen. Der Bundesrat wird in die Lage versetzt, 3916

von den SBB Massnahmen für einen geordneten Übergang zu verlangen und im Auftrag der Bundesversammlung allenfalls die Möglichkeit einer umfassenden Bestellung zu prüfen.

Die organisatorische und eigentumsrechtliche Weiterentwicklung von SBB Cargo ist nicht Gegenstand dieser Vorlage. Handlungsoptionen wie eine Teilprivatisierung oder die Ausgliederung des Cargo-Geschäfts aus den SBB wären ­ parallel zu den beschriebenen Massnahmen des geordneten Übergangs ­ vor allem dann zu ergreifen und im Rahmen einer separaten Gesetzesvorlage umzusetzen, wenn auch zukünftig organisatorische und strukturelle Probleme die Erbringung eines eigenwirtschaftlichen Angebots verunmöglichen würden.

1.3.4.8

Vereinfachung der Bestimmungen zu Bau, Betrieb und Aufsicht von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen

Die Zuständigkeiten bei den Anschlussgleisen sind klar geregelt Die Bewilligung von Anschlussgleisen soll weiterhin nach kantonalem Recht erfolgen. Das gilt sowohl für den Neubau als auch für Änderungen und den Rückbau. Die eisenbahntechnische Beurteilung erfolgt durch das BAV, dies unter Anhörung der betroffenen Infrastrukturbetreiberin, an deren Netz das Anschlussgleis anschliesst.

Die Infrastrukturbetreiberin äussert sich bei neuen Anschlüssen auch zur Frage, ob diese überhaupt gewährt werden können. In der Betriebsphase ergibt sich bei der Aufsicht eine geteilte Zuständigkeit: Jene des BAV beschränkt sich auf die eisenbahntechnischen Belange, jene der kommunalen und kantonalen Behörden umfasst alle übrigen Bereiche, insbesondere die Aufsicht über die Einhaltung der Umweltschutzgesetzgebung. Das Gleiche gilt für Anschlussgleise als Teil von KV-Umschlagsanlagen. Auch hier beschränkt sich die Aufsicht des BAV auf die eisenbahntechnischen Belange.

Weiter soll auf die Vorgabe verzichtet werden, dass Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen nur auf der Grundlage eines Nutzungsplans bewilligt werden können und nur der Nutzungsplan den allenfalls erforderlichen Enteignungstitel darstellt. In aller Regel wird es aber weiterhin so sein ­ und bleibt den betroffenen Kantonen und Gemeinden überlassen ­, dass die Erschliessung von Industrie- und Gewerbezonen und deren Anbindung an das übergeordnete Schienennetz mittels Anschlussgleisen mit den Instrumenten der Raumplanung erfolgt.

1.3.5

Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens

Zur Vernehmlassung eingeladen wurden 139 Adressaten, darunter die Kantone, die politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft und interessierte Kreise. Davon haben 80 geantwortet. Zusätzlich sind 10 Stellungnahmen von weiteren Organisationen und Einzelpersonen eingegangen. Total sind 90 Antworten eingetroffen.87 87

www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2013 > UVEK

3917

1.3.5.1

Haltung zum Gesamtkonzept

Die Vorlage als Ganzes findet bei einer klaren Mehrheit Unterstützung Die Vorlage wurde von einem grossen Teil der Antwortenden positiv aufgenommen und gutgeheissen. Die ablehnenden Stellungnahmen lassen sich zwei unterschiedlichen Kreisen zuordnen. Einem Kreis fehlt eine Gesamtkonzeption bzw. ein umfassender Masterplan zu Güterverkehr und Logistik, in den auch der Strassengüterverkehr einbezogen ist. Für den anderen Kreis ist der Auftrag aus der Motion 10.3881, die der Vorlage zugrunde liegt, nicht erfüllt. Die Variante mit einem quantifizierten Verlagerungsziel bzw. einem klaren Service-public-Auftrag ist für diesen Kreis zu wenig ausführlich dargestellt und zu Unrecht im Voraus verworfen worden.

1.3.5.2

Haltung zu Grundsätzen und Zielen

Die Grundsätze und Ziele stossen auf breite Akzeptanz Die überwiegende Mehrheit befürwortet die Grundsätze und Ziele der Vorlage. Der umstrittenste Grundsatz ist die Eigenwirtschaftlichkeit. Für die einen wird dieser zu wenig konsequent umgesetzt, da weiterhin ein breites Spektrum an finanziellen Förderinstrumenten vorgesehen sei, welches diesen Grundsatz untergräbt. Für die anderen soll nicht die Eigenwirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen, sondern ein konkretes Verlagerungsziel. Dabei sollen Varianten ausgearbeitet werden, um den Schienenanteil am Gesamtverkehr zu vergrössern oder mindestens zu halten.

1.3.5.3

Haltung zu den Massnahmen

Die meisten Stellungnahmen beurteilen den Planungsprozess positiv Die Massnahmen werden in den meisten Stellungnahmen begrüsst. Eine kleine Minderheit ist nicht einverstanden, weil die Instrumente entweder zu stark wirken und somit dem Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit entgegenlaufen oder in gegensätzlicher Einschätzung zu schwach wirken, um den Schienengüterverkehr in der Fläche erfolgreich zu fördern.

Die überwiegende Mehrheit ist damit einverstanden, die Prioritätenordnung in der heutigen Form durch ein Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne zu ersetzen.

Wenige Teilnehmer sind teilweise oder ganz dagegen. Einige weil sie eine andere Prioritätenordnung vorschlagen, andere weil sie befürchten, dass die geplanten Ausbauten im Personenverkehr durch eine Aufwertung des Güterverkehrs behindert werden könnten.

Einen institutionalisierten Planungsprozess für bedeutende Güterverkehrsanlagen erachten die meisten als erforderlich und zielführend. Dabei wird aber von einem Grossteil auch gefordert, dass alle beteiligten Akteure von Anfang an und verbindlich in den Prozess eingebunden werden sollen und dass die Eisenbahn- und die Strasseninfrastruktur und deren Ausbau mit der Planung der Güterverkehrsanlagen abgestimmt werden sollen.

3918

Die finanziellen Instrumente lösen ein kontroverses Echo aus Bei den finanziellen Instrumenten ergibt die Vernehmlassung ein gemischtes Bild.

Einzig das Instrument der LSVA-Rückerstattung wird von fast allen weiterhin befürwortet. Auch die vorgesehenen Investitionsbeiträge an Güterverkehrsanlagen sind bei einer grossen Mehrheit unbestritten. Der Abbau der Betriebsbeiträge und die Einführung einer Anschubfinanzierung, die Förderung von technischen Innovationen sowie die Beiträge an Bestellungen der Kantone werden jedoch sehr kontrovers beurteilt. Ein Teil der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer beurteilt die Zusammensetzung dieser Massnahmen negativ und befürchtet eine zunehmende Verlagerung von der Schiene auf die Strasse. Aus diesem Grund wird von dieser Seite z.B. auch verlangt, die Anschubfinanzierung auf fünf Jahre zu verlängern. Auf der anderen Seite werden Anschubfinanzierungen als solche wegen negativer Erfahrungen in der EU und der Befürchtung von Marktverzerrungen kritisch beurteilt. Eine auf maximal 50 % beschränkte Beteiligung des Bundes an Bestellungen der Kantone wird von verschiedenen Seiten mit der Befürchtung einer Mehrbelastung der Kantone abgelehnt.

Die Befreiung der SBB von der Pflicht, Güterverkehr als Kernaufgabe zu betreiben, wird sehr kontrovers beurteilt. Die Befürworterinnen und Befürworter sehen darin einen ersten Schritt Richtung Ausgliederung und Privatisierung von SBB Cargo und somit verbesserter Wettbewerbsfähigkeit. Die Gegnerinnen und Gegner befürchten, dass noch mehr Bedienpunkte geschlossen werden und sich die SBB ganz aus dem Geschäft des EWLV zurückziehen.

Als weitere Instrumente werden vor allem eine Überarbeitung des Trassenpreissystems, die Revision von Sicherheitsvorschriften, die Angleichung der Regelungen bei den Arbeitszeiten im Strassen- und Schienengüterverkehr, bei Umweltauflagen und bei der Kontrolltätigkeit sowie eine kontinuierliches Monitoring mit regelmässiger Berichterstattung und allfälligen Massnahmenvorschlägen gefordert.

1.3.5.4

Haltung zu den Auswirkungen

Für viele sind die Auswirkungen zu wenig detailliert beschrieben Mit den beschriebenen Auswirkungen ist eine Mehrheit ganz oder zumindest teilweise einverstanden. Es wird jedoch angemerkt, dass die Auswirkungen zu wenig konkret und umfassend dargestellt würden, um beurteilt werden zu können. Zudem vermissen einige genauere Beurteilungen in Bezug auf die Umwelt. Befürchtet wird, dass die Kürzung von Fördermitteln und die Anpassung der Rahmenbedingungen zeitlich auseinanderklaffen und die Auswirkungen somit kurzfristig negativer ausfallen könnten als beschrieben. Einige befürchten, dass die Reduktion von finanziellen Mitteln zwangsweise zu einer Reduktion des Schienenanteils in der Fläche führt.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Der Bund (BAV) übernimmt die Federführung für den Planungsprozess Mit der Vorlage der Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche erhält der Bund die Federführung für den Planungsprozess im Schienengüterverkehr. Innerhalb dieses Prozesses sind eine regelmässige Erarbeitung und 3919

Aktualisierung von Prognosen für den Güterverkehr sowie die Erstellung eines Konzepts für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur vorgesehen. Bisher wurde die Planung von Infrastruktur und Güterverkehrsanlagen nicht zwischen den Akteuren der Branche koordiniert. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe sind für das zuständige Bundesamt für Verkehr (BAV) zusätzliche Ressourcen im Umfang von 100 Stellenprozent erforderlich, welche über die mit FABI bewilligten Stellen finanziert werden.

Weitere zusätzliche 100 Stellenprozent sind für die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen notwendig.

1.5

Rechtsvergleich mit dem europäischen Recht

Die Förderung des Schienengüterverkehrs «in der Fläche» spielt im europäischen Umfeld eine untergeordnete Rolle. In verschiedenen Ländern werden Investitionen in KV-Umschlagsanlagen auf Ebene der Staaten oder der Regionen unterstützt, teilweise werden auch Anschlussgleise gefördert (z.B. in Deutschland). Die Formen der Förderung sind in dieser Vorlage einbezogen und bewertet. Auf europäischer Ebene werden mit dem Marco-Polo-Förderprogramm Mittel zur Förderung des Güterverkehrs gesprochen. Das Programm fokussiert auf die Verlagerung internationaler Strassengüterverkehre auf alternative Verkehrsträger sowie intermodale Transportketten und wird als Anschubfinanzierung ausgerichtet.

Ein weiterer Schwerpunkt der europäischen Schienengüterverkehrspolitik liegt in der Förderung europäischer Güterverkehrskorridore. Die Verordnung 913/2010/ EU88 verlangt eine Kapazitätssicherung für grenzüberschreitende Korridortrassen.

Diese Kapazitätssicherung wird mit dieser Vorlage durch das Instrument der Netznutzungspläne gewährleistet.

1.6

Umsetzung

Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche enthält Anpassungen auf Gesetzesstufe.

Insbesondere die Änderungen im Gütertransportgesetz und im Eisenbahngesetz machen gewisse Anpassungen auf Verordnungsstufe erforderlich. Dies betrifft insbesondere die Konkretisierung der verschiedenen Massnahmen der finanziellen Förderung.

88

Verordnung (EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr, ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 22.

3920

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die vorliegende Vorlage erfüllt die Forderungen der nachstehenden parlamentarischen Vorstösse: 2010

M 10.3881

Zukunft des Schienenverkehrs in der Fläche (S 30.11.10, Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen SR; N 11.4.11)

2011

M 11.3284

Terminalpolitik des Bundes (N 17.06.11, Hutter Markus; S 22.9.11)

2012

P

12.3311

Keine Gefährdung der Verlagerung des Güterverkehrs durch eine falsche Prioritätensetzung (N 28.09.12, Grossen Jürg)

2012

M 12.3419

Genügende und qualitativ gute Trassen für den Güterverkehr sichern (S 20.09.12, Janiak; N 14.12.12)

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

2.1

Einbettung der Vorlage

Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG) Im Zentrum der Vorlage steht eine Totalrevision des Gütertransportgesetzes (GüTG)89. Im Zuge dieser Totalrevision wird das Bundesgesetz über die Anschlussgleise aufgehoben und dessen Inhalt soweit erforderlich in das Gütertransportgesetz integriert. Dieser Schritt ist aus rechtssystematischer Sicht konsequent, weil die Finanzierungsmodalitäten von KV-Umschlagsanlagen und von Anschlussgleisen harmonisiert werden und die beiden Regelungsbereiche insoweit verschmelzen. An den Inhalten des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise soll grundsätzlich festgehalten werden, jedoch wird eine Vereinfachung angestrebt. Wesentlichste materielle Änderungen sind der Verzicht auf das Nutzungsplanerfordernis und die vollständige Zuweisung der «Schnittstelle» zwischen privatem Anschlussgleis und Schienennetz (Anschlussvorrichtung) in die finanzielle Verantwortung der Eisenbahninfrastruktur. Im Übrigen wurden die bestehenden Inhalte des Anschlussgleisgesetzes bereinigt, wo eine Regelung auf Verordnungsstufe genügt. Damit ist aber keine inhaltliche Neuausrichtung verbunden.

Teilrevision von vier weiteren Gesetzen Die Angleichung der Finanzierungsmodalitäten für Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen bedingt auch eine Anpassung des MinVG90, das die Eckpunkte der Finanzierung regelt.

Die neuen Instrumente Netznutzungskonzept und Netznutzungsplan werden im EBG91 eingeführt. Daneben werden im EBG die Rechtsvorschriften zur Regelung des Vorgehens bei ungeplanten Betriebsunterbrüchen konkretisiert, die Zuständigkeiten der SKE ergänzt und Verfahrensfragen der SKE geregelt. Die Unterscheidung 89 90 91

SR 742.41 SR 725.116.2 SR 742.101

3921

zwischen öffentlichen und privaten Infrastrukturen bei Güterverkehrsanlagen macht es zudem notwendig, den Umfang der Eisenbahninfrastruktur im EBG neu zu umschreiben. Die Einführung der gleichen gesetzlichen Grundlagen für die Einführung von Konformitätsbewertungen für den Transport gefährlicher Güter auf Schiene wie Strasse erfordert eine Anpassung des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 195892 (SVG).

Schliesslich erfordert die Entbindung der SBB von der bisherigen Kernaufgabe, Güterverkehrsdienstleistungen zu erbringen, eine Anpassung des SBBG93. Die folgende Konkordanztabelle gibt einen Überblick über sämtliche Gesetzesänderungen dieser Vorlage: Tabelle 6 Konkordanztabelle mit Überblick über sämtliche Gesetzesänderungen dieser Vorlage Gesetz

Bereich

Inhalt

Gütertransportgesetz

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich Art. 2 Grundsätze und Ziele

Anpassung des bisherigen Geltungsbereichs Neue Festlegung von Grundsätzen und Zielen für den Gütertransport Festlegung eines Konzepts für den Gütertransport auf der Schiene Grundsatz, dass für Umschlagsanlagen des kombinierten Verkehrs und für Anschlussgleise das Enteignungsrecht in Anspruch genommen werden kann Anpassung der Formulierung des bisherigen Art. 5 GüTG Bisheriger Art. 6 GüTG

Art. 3 Konzept für den Gütertransport auf der Schiene Art. 4 Enteignung

Art. 5 Transport gefährlicher Güter Art. 6 Transporte im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation Art. 7 Ausservertragliche Haftung 2. Abschnitt: Finanzielle Förderung (Art. 8­10)

Bisheriger Art. 7 GüTG Neues Förderregime unter Fusion der bestehenden Grundsätze in den Bereichen Anschlussgleise und Investitionshilfen des kombinierten Verkehrs 3. Abschnitt: Bau und Betrieb Vereinfachung der Inhalte des von Anschlussgleisen (Art. 11­18) bisherigen Bundesgesetzes über die Anschlussgleise 4. Abschnitt: Wagenverwendungs- Bisherige Art. 9 und 10 GüTG vertrag und Beförderungsvertrag (Art. 19­20) Aufsicht im Bereich Anschlussgleise, 5. Abschnitt: Aufsicht, Rechtspflege und Strafbestimmungen Rechtspflege und Strafbestimmungen (Art. 21­23) 6. Abschnitt: SchlussbestimVollzug, Aufhebung und Änderung mungen (Art. 24­27) anderer Erlasse sowie Übergangsbestimmungen für altrechtlich bestellte Angebote

92 93

SR 741.01 SR 742.31

3922

Gesetz

Bereich

Inhalt

Mineralölsteuerverwendungsgesetz

Art. 18

Harmonisierte Grundsätze zur Beteiligung des Bundes an Anschlussgleisen und Investitions- oder Betriebsbeiträgen des kombinierten Verkehrs aufgehoben

Art. 21 und 22 Strassenverkehrsgesetz

Art. 30 Abs. 4 und 5

Anpassungen der bisherigen Formulierungen zum Gefahrguttransport auf der Strasse

Eisenbahngesetz

Art. 9b

Einführung der Instrumente Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne Detaillierung der Regelungen bei Streckenunterbrüchen Anpassung der Aufgaben der SKE und Regelung von Verfahrensfragen der SKE Anpassung der Haftungsformulierung (Streichung eines Verweises) Präzisierung der Definition des Umfangs der Eisenbahninfrastruktur

Art. 38 Abs. 1bis Art. 40abis­40asexies Art. 40b Abs. 2 Art. 62 Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen

2.2

Art. 3 Abs. 1 Art. 8 Abs. 6

Entbindung der SBB von der Kernaufgabe Güterverkehr als zwingender Verpflichtung Zustimmungserfordernis der Generalversammlung (Bundesrat) zu einer Einstellung oder wesentlichen Reduktion des EWLV

Gütertransportgesetz

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Gegenstand und Geltungsbereich

Die Bestimmungen betreffend den Gefahrguttransport, die Transporte im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation, die ausservertragliche Haftung sowie den Beförderungsvertrag gelten auch für die Schifffahrt und die Seilbahnen. Die übrigen Bestimmungen gelten für den Transport von Gütern auf der Schiene und für den Bau und den Betrieb von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen (Güterverkehrsanlagen). Der Gütertransport auf der Schiene macht mengenmässig den mit Abstand grössten Anteil aus. Dass die Bestimmungen namentlich über die Anschlussgleise nur für die Schiene gelten, versteht sich von selbst.

Art. 2

Grundsätze und Ziele

Die Festlegung der wesentlichen Grundsätze und Ziele für den Güterverkehr ist neu.

Es soll im Gesetz klar zum Ausdruck gebracht werden, was der Bund im Güterver3923

kehr anstrebt und wofür er selbst in welchem Umfang die Verantwortung übernimmt. Die Anbieter von Gütertransportleistungen befinden sich zumeist in einem intra- und intermodalen Markt. Sämtliche Beteiligten im Schienengüterverkehr haben ein Interesse an stabilen und verlässlichen Eckpunkten, an denen der Staat sein Handeln ausrichtet.

Absatz 1 bringt zum Ausdruck, dass für den Bund das Setzen der Rahmenbedingungen für den Schienengüterverkehr im Vordergrund steht. Die verschiedenen Verkehrsträger sollen bei der Güterversorgung nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Stattdessen strebt der Bund ein sinnvolles und effizientes Miteinander der Verkehrsträger (Ko-Modalität) an. Dieses Zusammenwirken der Verkehrsträger soll ermöglichen, dass der Gütertransport in der Schweiz insgesamt nachhaltig erfolgen kann.

Hierbei sind die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung der notwendigen Eisenbahninfrastruktur für den Güterverkehr und die Unterstützung von geeigneten Güterverkehrsanlagen von zentraler Bedeutung. Die Planung der allgemeinen Eisenbahninfrastruktur ist nicht Gegenstand der Vorlage (vgl. dazu FABI). Die Erstellung von Güterverkehrsanlagen (Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen) und ihre Anbindung an die Eisenbahninfrastruktur liegen im unmittelbaren Regulationsbereich des Gütertransportgesetzes. Wo möglich, setzt sich der Bund zudem dafür ein, dass private Anlagen auch Dritten diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen. Dies kann er dort per Auflage durchsetzen, wo sich der Bund selbst finanziell an der Erstellung privater Anlagen beteiligt. Bei Investitionen, die vollständig privat finanziert sind, hat der Bund nur beschränkte Möglichkeiten. Immerhin wird der eigentliche Anschluss an die Eisenbahninfrastruktur (Anschlussweise) künftig nicht mehr von Privaten mitfinanziert. In diesem Zusammenhang erscheint es durchaus denkbar, dass auch (seltene) rein privat finanzierte Anlagen in zumutbarem Umfang Dritten geöffnet werden können. Voraussetzung dafür ist natürlich ein konkretes Interesse an einer derartigen Öffnung. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ausserhalb von KV-Umschlagsanlagen wenig Bedarf bzw. Nachfrage nach einem Zugang zu privaten Anlagen besteht.

Gestützt auf Absatz 2 sollen die Beteiligung des Bundes an Bestellungen von Angeboten des Schienengüterverkehrs durch die Kantone und
befristete Anschubfinanzierungen für neue Angebote möglich sein. Betriebsbeiträge für den nicht alpenquerenden Schienengüterverkehr können durch den Bund gewährt werden, bilden aber die Ausnahme. Grundsätzlich gilt das Primat der Eigenwirtschaftlichkeit. Künftig sollen Angebote unter finanzieller Mithilfe des Bundes nur dann weitergeführt und bestellt werden, wenn die Kantone unter Bezug auf kantonale Güterverkehrsstrategien (z.B.

die Versorgung von Berggebieten) solche Angebote bestellen. Der Bund allein soll Angebote im nicht alpenquerenden Schienengüterverkehr während ihrer Einführungsphase befristet als Anschubfinanzierung subventionieren können, sofern eine nachhaltige Eigenwirtschaftlichkeit nach der Einführungsphase erreicht werden kann. Permanente Betriebsbeiträge für nicht kostendeckende Angebote im nicht alpenquerenden Schienengüterverkehr durch den Bund wird es künftig ­ mit Ausnahme der gemeinsamen Bestellungen mit den Kantonen ­ nicht mehr geben. Die Möglichkeit des Bundes, auf Basis der Bestimmungen des GVVG94 Betriebsbeiträge für den alpenquerenden kombinierten Verkehr auszurichten, soll von diesen Bestimmungen unberührt bleiben.

94

SR 740.1

3924

Absatz 3 wird aus dem bisherigen Gesetz übernommen. Die Regelung soll sicherstellen, dass im Sinne einer Ultima Ratio der Bund in Abstimmung mit internationalen Regelungen Anforderungen an die Qualität des Gütertransports definieren kann.

Hingegen entfällt Artikel 2 Absatz 2 des bisherigen Gesetzes, da mit Blick auf die Zielsetzung der Eigenwirtschaftlichkeit tiefgreifende Eingriffe in die privatrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Akteuren des Schienengüterverkehrs unerwünscht sind.

Art. 3

Konzept für den Gütertransport auf der Schiene

Konzepte sind Instrumente der Raumplanung und in Artikel 13 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197995 geregelt. Neu soll für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur ein solches Konzept erarbeitet werden. Es ersetzt bei den Investitionen in KV-Umschlagsanlagen sowie in Anschlussgleise die bisherigen Mehrjahresprogramme. In den Erarbeitungs- und Anpassungsprozess werden neben den Kantonen neu auch die verschiedenen Akteure des Güterverkehrs frühzeitig mit einbezogen. Zudem sollen dem Konzept und den darin enthaltenen Zielbildern auch die künftigen Kapazitätsbedürfnisse des Schienengüterverkehrs zugrunde gelegt werden. Das Konzept wird sämtliche bedeutenden Güterverkehrsanlagen umfassen und soll prioritäre Räume für deren Entwicklung, die vorgesehenen Kapazitäten und Funktionalitäten bezeichnen. Dazu gehören nicht nur die KV-Umschlagsanlagen und die Anschlussgleise, sondern ­ im Sinne der Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur ­ auch die geplanten und finanzierten Anlagen wie Rangierbahnhöfe, Anlagen in Teambahnhöfen und Freiverladeanlagen. Das Gesetz zählt diese Anlagen in Absatz 2 explizit auf. Damit nimmt der Bund seine Verantwortung bei der nationalen Steuerung und Koordination von grösseren Investitionen wahr, die er finanziell unterstützt. Dieses Konzept ist eng mit den Sachplänen des Bundes, insbesondere dem Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene (SIS), und mit den kantonalen Richtplänen abzustimmen.

Art. 4

Enteignung

Aufgrund ihrer Bedeutung sollen KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise den anderen öffentlichen Werken bezüglich Enteignung gleichgestellt werden. Bereits das geltende Anschlussgleisgesetz96 kennt mit Artikel 16 das Enteignungsrecht.

Dieses soll auch künftig in Anspruch genommen werden. Die neue Regelung ist weniger detailliert als die bisherige und verweist nunmehr auf das Bundesgesetz vom 20. Juni 193097 über die Enteignung. Die nötigen Verfahrensbestimmungen finden sich dort.

Weiter wird die Voraussetzung fallengelassen, dass das Enteignungsrecht nur mit dem rechtskräftig genehmigten Nutzungsplan erteilt wird. Auch die Einschränkung auf das zuständige Gemeinwesen als möglichen Enteigner wird aufgehoben. Es soll sowohl diesem im Rahmen einer allfälligen Planung als auch Dritten, die eine KV-Umschlagsanlage oder ein Anschlussgleis erstellen und betreiben wollen, möglich sein, nötigenfalls das Enteignungsrecht in Anspruch zu nehmen. Dieses steht 95 96 97

SR 700 SR 742.141.5 SR 711

3925

erst dann zur Verfügung, wenn die Bemühungen für einen freihändigen Erwerb der erforderlichen Rechte gescheitert sind.

Art. 5

Transport gefährlicher Güter

Mit der Anpassung von Absatz 2 werden die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung der Konformitätsbewertung und für die Durchführung von Prüfungen durch private Unternehmen geschaffen. Dem Bundesrat kommt die Aufgabe zu, in diesen Bereichen die notwendigen Vorschriften zu erlassen. Die Formulierung erfolgt analog zu Artikel 26 des Seilbahngesetzes vom 23. Juni 200698 (SebG). Inhaltlich folgen die Bestimmungen dem «New Approach», wie er bereits in der Gefahrgutumschliessungsverordnung vom 31. Oktober 201299 (GGUV) festgehalten ist (Konformitätsbescheinigungen für Umschliessungen zur Beförderung gefährlicher Güter).

Art. 6

Transporte im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation

Artikel 6 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

Art. 7

Ausservertragliche Haftung

Haftungsbestimmungen für den Eisenbahnverkehr finden sich im Eisenbahngesetz (Art. 40b­40f EBG) sowie im Personenbeförderungsgesetz (Art. 21, 27 und 42­51 PBG). Das geltende Gütertransportgesetz verweist bisher für die ausservertragliche Haftung auf die Artikel 40b­40f EBG. Dieser Verweis machte keinen Sinn, weil umgekehrt Artikel 40b Absatz 2 Buchstabe b EBG bisher auf das Gütertransportgesetz verwies. Die neue Regelung zur ausservertraglichen Haftung ist einfacher und verweist nur noch auf die Bestimmungen des Eisenbahngesetzes. Der Rückverweis auf das Gütertransportgesetz in Artikel 40b EBG ist zu streichen.

2. Abschnitt: Finanzielle Förderung Art. 8

Investitionsbeiträge

Diese Bestimmung harmonisiert die Beteiligung des Bundes an sämtlichen Investitionen in Güterverkehrsanlagen, also KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen, auf schweizerischem Staatsgebiet. Während bisher die Förderung von Anschlussgleisen anderen Regeln folgte als die Beteiligung des Bundes an KV-Umschlagsanlagen, sollen künftig einheitliche Grundsätze angewendet werden. Die Bundeshilfen sollen künftig im Inland einheitlich mit nicht rückzahlbaren Geldleistungen (A-fonds-perdu-Beiträgen) gewährt werden (vgl. Art. 3 des Subventionsgesetzes100).

Für die Ungleichbehandlung von Anschlussgleisen und KV-Umschlagsanlagen bestehen keine sachlichen Gründe. Die Differenzierung hat in der Vergangenheit bisweilen dazu geführt, dass im selben Projektperimeter unterschiedliche Finanzierungsgrundsätze zur Anwendung gelangen konnten.

98 99 100

SR 743.01 SR 930.111.4 SR 616.1

3926

Neu soll ­ wie bisher für die Investitionen in Anschlussgleise ­ für alle Projekte eine maximale Obergrenze von 60 % der anrechenbaren Kosten gelten. Nur für Projekte von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung kann gemäss Absatz 2 ein maximaler Beitrag des Bundes von bis zu 80 % der anrechenbaren Kosten gesprochen werden.

Gefördert wird gemäss Absatz 3 nach differenzierten Kriterien, die nebst der Wirtschaftlichkeit der Anlagen auch raumplanerische-, verkehrs- und umweltpolitische Gründe widerspiegeln. Bei der Gewährung und Bemessung der Beiträge sind ausserdem die Vorteile Dritter angemessen zu berücksichtigen. Zu denken ist dabei etwa an die Verlegung von Güterverkehrsanlagen, wie sie z.B. in Basel geplant ist: Der Stadt und dem Kanton entstehen aus Gründen der Stadtentwicklung erhebliche Vorteile durch die Realisierung eines Grossterminals ausserhalb des Stadtgebiets. In solchen und ähnlich gelagerten Fällen wäre es stossend, profitierende Drittparteien nicht in die Finanzierung einzubinden. Um die Koordination und Planung der Kapazitäten, wie sie dem Zielbild zugrunde liegen, zu garantieren, sind bei der Gewährung und Bemessung der Beiträge die Projekte im Konzept gemäss Artikel 3 angemessen zu berücksichtigen. Zudem wird nur die Erstellung gefördert, die Beteiligung des Bundes an der Erneuerung von Anschlussgleisen entfällt; im Gegenzug wird die kostenintensive Anschlussweiche vollständig dem Schienennetz zugeschieden.

Mit der Bestimmung von Absatz 4 bleibt vorbehalten, dass KV-Umschlagsanlagen im Ausland, die zur Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs gefördert werden, auch in Form von rückzahlbaren Darlehen unterstützt werden können.

In Absatz 5 wird festgelegt, dass zukünftig die Investitionsbeiträge für KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleise über einen Rahmenkredit gesteuert werden.

Art. 9

Betriebsbeiträge

Absatz 1 stipuliert den Grundsatz, dass der Bund ­ im Gegensatz zu heute ­ nur gemeinsam mit den Kantonen Angebote im Schienengüterverkehr bestellen kann.

Zu denken ist in diesem Zusammenhang insbesondere an die Versorgung der Berggebiete, die häufig auf Meterspurbahnen erfolgt. Der Bund beteiligt sich somit an den Bestellungen der Kantone und sieht keine selbstständige oder autonome Förderung vor. Die Höhe der Förderung des Bundes darf dabei die Höhe des Beitrags der Kantone nicht übersteigen. Die Modalitäten des Angebots sind in den Angebotsoder Leistungsvereinbarungen detailliert festzulegen. Die mögliche Spanne reicht dabei von der Aufrechterhaltung eines Bedienpunktes im EWLV-Netz von SBB Cargo bis hin zu einzelnen Verbindungen eines regionalen Eisenbahnverkehrsunternehmens.

Absatz 2 regelt die sogenannte Anschubfinanzierung. Sofern ein neues Angebot dauerhaft und nachhaltig erbracht werden kann, dafür aber im Zusammenhang mit der Markteinführung und der Erschliessung neuer Nachfragesegmente etwas Zeit nötig ist, soll der Bund eine auf maximal drei Jahre befristete finanzielle Unterstützung beschliessen können.

Unberührt von den Bestimmungen dieses Artikels bleiben die Festlegungen zur Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs im Güterverkehrsverlagerungsgesetz101. Im alpenquerenden Bereich soll der Bund nach wie vor alleine als 101

SR 740.1

3927

Besteller auftreten, um die Erreichung der Ziele des Güterverkehrsverlagerungsgesetzes zu unterstützen.

Art. 10

Technische Neuerungen

Der Bund soll die Möglichkeit haben, technische Neuerungen zu fördern, sofern sich dadurch ein nachhaltiger Nutzen für den Schienengüterverkehr schaffen lässt und sich die Innovation ohne Bundeshilfe als nicht umsetzbar erweist. Die Unterstützung erfolgt in Form eines finanziellen Beitrags an die konkrete Investition in eine technische Neuerung.

3. Abschnitt: Bau und Betrieb von Anschlussgleisen In diesem Abschnitt sind die auf Gesetzesstufe zu regelnden Bestimmungen des bisherigen Bundesgesetzes über die Anschlussgleise enthalten. Auch die KV-Umschlagsanlagen umfassen in aller Regel Anschlussgleise oder werden durch solche erschlossen. Sie fallen damit grundsätzlich ebenfalls unter das kantonale Recht.

Wenn bei einzelnen Anlagen ausnahmsweise der Eisenbahn-Anteil überwiegen sollte, findet das Plangenehmigungsverfahren nach Eisenbahngesetz Anwendung (vgl. Art. 18­18l bzw. Art. 18m EBG).

Diejenigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise, die nicht zwingend auf Gesetzesstufe geregelt werden müssen, entfallen nun oder sind auf Verordnungsstufe zu regeln. Die neuen Regelungen sind einfacher und übersichtlicher. Die Begriffsbestimmungen (Art. 2 des bisherigen Anschlussgleisgesetzes) sind weitgehend entbehrlich. Wo noch nötig, werden Begriffe direkt in den entsprechenden Artikeln oder aber im Glossar dieser Botschaft erläutert.

Art. 11

Erschliessung

Die Bestimmungen werden gegenüber dem geltenden Recht (Art. 5, 18 Abs. 1 und 19 des Anschlussgleisgesetzes) gestrafft. Die direkte Bewilligung von Anschlussgleisen durch kantonale Nutzungs- bzw. Sondernutzungspläne hat in der Praxis nie die Bedeutung erlangt, die sich der Gesetzgeber erhofft hatte. Stattdessen wurden und werden die meisten Anschlussgleise (Neubau, Ausbau oder Anpassung) mittels Baubewilligungen gemäss kantonalem Recht realisiert. Weitergehende Regelungen im Bundesrecht erübrigen sich. Es ist und bleibt Sache der Kantone und der Gemeinden, ob und wieweit sie auch künftig Anschlussgleise mittels der Instrumente der Raumplanung (insbesondere Sondernutzungsplänen) realisieren wollen.

Art. 12

Baubewilligung, Betriebsbewilligung

Diese Bestimmung regelt das für die Genehmigung von Anschlussgleisen zur Anwendung gelangende Verfahren. Dabei wird an die bestehende Zuständigkeitsordnung angeknüpft. Auch weiterhin erteilt die nach kantonalem Recht zuständige Behörde die Baubewilligung für eine Güterverkehrsanlage. Sie hat im Rahmen des Bewilligungsverfahrens obligatorisch eine eisenbahnrechtliche Beurteilung des BAV einzuholen. Diese Beurteilung des BAV, welches sich seinerseits auf eine bei der Infrastrukturbetreiberin einzuholende Stellungnahme stützt, ist für die Baubewilligungsbehörde verbindlich. Die Infrastrukturbetreiberin kann sich in ihrer Stellung3928

nahme auch zur Frage der Anschlussgewährung (vgl. Art. 14) äussern. Damit soll gewährleistet werden, dass die sich bei einem Anschlussgleis stellenden Sicherheitsfragen von der dazu kompetenten Eisenbahnaufsichtsbehörde beurteilt werden und in die Baubewilligung einfliessen. Dies stellt eine Stärkung der Sicherheitsaufsicht gegenüber der Regelung von Artikel 18m EBG in Bezug auf sogenannte Nebenanlagen der Eisenbahn dar. Dort ist das BAV nur unter gewissen Bedingungen in das Verfahren einzubeziehen, womit zu wenig Gewähr besteht, dass die Sicherheitsaspekte fachlich ausreichend geprüft werden. Das BAV bestimmt aufgrund der Sicherheitsrelevanz des jeweiligen Anschlussgleises im Rahmen seiner Stellungnahme an die kantonale Behörde auch, ob vor der Inbetriebnahme eine Betriebsbewilligung des BAV einzuholen ist. In diesem Fall legt das BAV fest, welche Nachweise ihm zu unterbreiten sind.

Im Interesse einer Vereinfachung der Verfahrensabläufe soll dagegen für den Baubewilligungsprozess auf eine separate Zustimmungsverfügung des BAV, wie sie gemäss heutigem Recht vorgesehen ist, verzichtet werden. Der mit dem Bundesgesetz vom 18. Juni 1999102 über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren auf Bundesebene eingeführte Grundsatz «ein Projekt, ein Verfahren, ein Entscheid» wird damit auch für Anschlussgleise umgesetzt.

Mit der Eröffnung der Baubewilligung an das BAV besteht für dieses die Möglichkeit der Beschwerdeführung, sofern seine Auflagen zuhanden der Baubewilligungsbehörde nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Erhebung von Rechtsmitteln soll indessen die Ultima Ratio darstellen. Vielmehr sollen allfällige Differenzen, die sich aus der Stellungnahme des BAV einerseits und Eingaben Dritter (z.B. Einsprecher) andererseits ergeben, vor dem Entscheid mit den üblichen Bereinigungsinstrumenten geklärt werden. Die Leitbehörde nimmt hierfür mit dem BAV rechtzeitig Kontakt auf.

Art. 13

Eisenbahnrechtliche Bestimmungen, Betriebsvorschriften

Mit dieser Bestimmung wird die Gesetzgebung über die Eisenbahnen ­ namentlich der Eisenbahnverordnung vom 23. November 1983103 (EBV) und ihrer Ausführungsbestimmungen ­ für Güterverkehrsanlagen als verbindlich erklärt. Weitere Bestimmungen der Eisenbahngesetzgebung, so bezüglich des Netzzugangs, der Finanzierung etc., sind hingegen nicht anwendbar.

Die sicherheitsbezogenen und betrieblichen Anforderungen an ein Anschlussgleis können weniger streng sein als bei einer voll und ganz dem EBG unterstellten Eisenbahn. Gestützt auf Absatz 3 kann der Bundesrat konkrete Festlegungen auf Verordnungsstufe treffen.

Art. 14

Pflicht zur Anschlussgewährung

Die Bestimmungen werden ­ mit Ausnahme kleiner begrifflicher Anpassungen ­ unverändert von den Artikeln 3 und 15 Absatz 1 des Anschlussgleisgesetzes übernommen. Über Streitigkeiten im Zusammenhang mit dieser Bestimmung entscheidet das BAV (vgl. Art. 22 Abs. 1 Bst. b).

102 103

AS 1999 3071 SR 742.141.1

3929

Art. 15

Eigentumsverhältnisse

Aus Artikel 4 des bisherigen Anschlussgleisgesetzes werden die Absätze 1 und 2 unverändert übernommen. Die Errichtung einer Dienstbarkeit für Anschlussgleise ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich, und fand bisher auch selten Anwendung.

Es ist von einem Legalservitut (Dienstbarkeit von Gesetzes wegen) auszugehen.

Eine solche Dienstbarkeit kann, muss aber nicht zwingend ein Baurecht sein.

Die bisherigen Absätze 3 und 4 sollen hingegen entfallen, da sie in der Praxis keine Bedeutung erlangt haben. Der bisherige Absatz 3 schaffte zudem eine Vermutung, die selbstredend ist, und Absatz 4 nannte eine zivilrechtliche Selbstverständlichkeit.

Art. 16

Vertragliche Regelungen

Die Absätze 1 und 2 aus Artikel 6 des bisherigen Anschlussgleisgesetzes werden übernommen, allerdings nur mehr bezogen auf die direkten Anschliesser. Der neue Absatz 3 sieht jedoch auch vertragliche Regelungen der Anschliesser mit weiteren Beteiligten vor. Darunter können z.B. Nach- oder Voranschliesser, Mitbenützer, aber auch die Infrastrukturbetreiberin fallen. Somit kann es zu einem Vertrag zwischen der Infrastrukturbetreiberin und einem Nachanschliesser kommen, dies ist aber nicht mehr zwingend. Alle Verträge bedürfen der Schriftform.

Art. 17

Kosten

Dieser Artikel basiert auf Artikel 11 des bisherigen Anschlussgleisgesetzes. Absatz 1 regelt den Kostengrundsatz.

Wie jeder Werkeigentümer ist auch der Anschliesser dafür verantwortlich, dass seine Anlage in betriebsbereitem ­ und damit sicherem ­ Zustand ist. Da der Anschliesser aber verpflichet ist, Nachanschliessern den Anschluss an und die Fahrt über sein Anschlussgleis zu gestatten, sollen diese sich proportional zu ihren Interessen an den Kosten beteiligen (Abs. 2).

In Absatz 3 wird neu festgelegt, dass die Kosten der netzseitigen Anpassungen in der Regel von der Infrastrukturbetreiberin und nicht vom Anschliesser zu tragen sind.

Dies betrifft insbesondere Kosten im Zusammenhang mit der sogenannten Anschlussvorrichtung, den eigentlichen Schnittstellen zwischen privaten Anlagen und dem Schienennetz. Das ist zum einen die Anschlussweiche selber, zum anderen sind es die zu deren Funktionieren ebenfalls zwingend nötigen Anlagen und Anlagenteile. Darunter fallen z.B. Entgleisungsvorrichtungen, Schutzweichen oder Zwergsignale. Diese Anlagen befinden sich regelmässig im Netz der Infrastrukturbetreiberin. Es ist folgerichtig, dieser auch die Verantwortung für die Instandhaltung und deren Finanzierung zuzuweisen.

Die Gründe für diese Neuausrichtung liegen insbesondere im Umstand, dass die Infrastrukturbetreiberin solche netzseitigen Anpassungen meist in eigener Regie und mit eigenem Zeitplan auslöst. Zudem zieht der Besitzer des zugehörigen privaten Anschlussgleises daraus keinen direkten Vorteil. Die Finanzierung derartiger Schnittstellen über das allgemeine Schienennetz erscheint daher sowohl sachlich als auch administrativ als einfachere Variante. Die damit verbundene Entlastung privater Anschlussgleisbesitzer wird im Zuge der Harmonisierung mit den Förderbestimmungen zu den KV-Umschlagsanlagen durch das Wegfallen der Bundesbeteiligung an den Erneuerungskosten von Anschlussgleisen kompensiert.

3930

Absatz 4 legt fest, dass im Falle des Rückbaus des Anschlussgleises der Anschliesser weiterhin an den Kosten der Infrastrukturanpassung beteiligt werden kann. Dies soll dann der Fall sein, wenn nicht ein Entscheid der Infrastrukturbetreiberin dem Rückbau zugrunde liegt, sondern ein Beschluss des Anschliessers.

Der im bisherigen Artikel 11 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise enthaltene Verweis auf das MinVG104 wird gestrichen, da er nicht erforderlich ist.

Im Rahmen dieser Vorlage werden zudem die Bestimmungen des MinVG zu Beiträgen an Güterverkehrsanlagen neu geregelt.

Art. 18

Gegenseitige Pflichten unter Anschliessern

Die Bestimmungen aus Artikel 10 des bisherigen Anschlussgleisgesetzes werden inhaltlich unverändert übernommen. Zusätzlich soll in Absatz 4 die Pflicht, eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen, auf Gesetzesstufe vorgeschrieben werden.

4. Abschnitt: Wagenverwendungsvertrag und Beförderungsvertrag Art. 19

Wagenverwendungsvertrag

Artikel 9 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

Art. 20

Beförderungsvertrag

Artikel 10 des bisherigen GüTG wird unverändert übernommen.

5. Abschnitt: Aufsicht, Rechtspflege und Strafbestimmungen Art. 21

Aufsicht über die Anschlussgleise

Diese Bestimmung geht auf Artikel 11 des bisherigen GüTG und Artikel 17 des Anschlussgleisgesetzes zurück. Sie regelt, dass dem BAV in Abgrenzung zu den Befugnissen der kantonalen und kommunalen Behörden (Abs. 3) die technische Aufsicht über die Güterverkehrsanlagen obliegt. Sie legt zudem fest, welche Instrumente ihm dafür neben jenen, die sich aus der Eisenbahngesetzgebung ergeben, zur Verfügung stehen.

In Absatz 3 wird ausdrücklich festgehalten, dass die Güterverkehrsanlagen im Übrigen der Aufsicht durch die nach kantonalem Recht zuständige Behörde unterstehen.

Dies betrifft in der Regel insbesondere den Vollzug der Umweltschutzgesetzgebung.

Dabei stehen erfahrungsgemäss die Bereiche Lärm, Gewässerschutz und Störfallvorsorge im Vordergrund. Damit sowohl das BAV als auch die nach kantonalem Recht zuständige Behörde ihre jeweilige Aufsichtsfunktion wahrnehmen können, sind die Anschliesser gemäss Absatz 4 verpflichtet, den Behörden das notwendige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

104

SR 725.116.2

3931

Art. 22

Rechtsschutz

Die Rechtsschutzbestimmungen des bisherigen Rechts (Art. 12 GüTG und Art. 21 des Anschlussgleisgesetzes) werden weitgehend übernommen und vereinigt. Nach wie vor sind für vermögensrechtliche Streitigkeiten die Zivilgerichte zuständig. Neu ist die Zuständigkeit der SKE, wenn es um Diskriminierungen beim Zugang zu Güterverkehrsanlagen geht.

Art. 23

Strafbestimmungen

Die Strafbestimmungen nehmen Bezug auf die Artikel 5 (Transport gefährlicher Güter) und 6 (Transporte im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation). In beiden Bereichen kann der Bundesrat auf dem Verordnungsweg Vorschriften erlassen und Einzelheiten regeln. Insoweit er dabei die Zuwiderhandlung gegen solche Vorschriften mit Strafe bedroht, greift die vorliegende Norm.

Die vorsätzliche Begehung ist mit Busse bis 100 000 Franken bedroht (Abs. 1). Die Strafandrohung verschärft sich auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe, wenn durch die Zuwiderhandlung Leib und Leben von Menschen gefährdet werden (Abs. 2). Die fahrlässige Begehung ist mit Busse bis 50 000 Franken bedroht (Abs. 3). Die Verfolgung und Beurteilung der Straftaten bleibt Sache der Kantone (Abs. 4).

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 24

Vollzug

Der Bundesrat wird ermächtigt, die Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

Gemäss Absatz 2 darf er auch Vorschriften erlassen, um Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Gütertransport zu verhindern. Durch diese Bestimmung wird gewährleistet, dass Dritten der Zugang zu bestimmten Dienstleistungen innerhalb des Gütertransports diskriminierungsfrei gewährt wird.

Art. 25

Aufhebung und Änderung anderer Erlasse

Die Aufhebung und Änderung anderer Erlasse sind im Anhang festgehalten. Unter die anderen Erlasse fällt auch das Gütertransportgesetz vom 19. Dezember 2008, das wie das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über die Anschlussgleise aufgehoben wird.

Art. 26

Übergangsbestimmungen

Altrechtlich bestellte Angebote folgen anderen Kriterien und Gesetzmässigkeiten als die neu nach Artikel 9 gesprochenen Betriebsbeiträge. Absatz 1 räumt den betroffenen Unternehmen genügend Zeit ein, um sich auf die neuen Bedingungen einzustellen. Eine Übergangsfrist von drei Jahren erscheint angemessen.

Die Absätze 2 und 3 regeln den Umgang mit den Anschlussvorrichtungen. Das ist in der Regel eine Anschlussweiche mit weiteren technischen Einrichtungen. Sie bildet die Schnittstelle zwischen Eisenbahninfrastruktur und Anschlussgleis oder zwischen den Gleisen verschiedener Anschliesser. Es liegt im Wesen der Weiche, dass sie 3932

eine doppelte Funktion hat. Zur Frage, ob sie dem Anschliesser oder aber zum Netz gehören soll, wurde bislang mehrheitlich die Ansicht vertreten, dass die Anschlussvorrichtung dem Anschliesser zu gehören habe, denn dieser bzw. dessen Anschlussgleis sei auch der Auslöser, dass am fraglichen Ort überhaupt eine Weiche bestehe.

Der Anschliesser solle somit auch die Kosten für die Weiche tragen. Dieser Lösung ist entgegenzuhalten, dass die Weiche in der Regel durch den Betrieb der Infrastruktur viel stärker beansprucht wird als durch den Verkehr des Anschliessers. Pro Wagenzustellung auf das Anschlussgleis verkehren meist Hunderte von Zügen auf dem Netz, die die gleiche Weiche befahren und abnutzen. Auch ist es die Infrastrukturbetreiberin, welche die technischen Standards für die Anschlussvorrichtung setzt.

Diese muss den hohen Sicherheitsanforderungen im Netz genügen, während eine einfache Handweiche irgendwo in einem Rangierfeld oft wesentlich tiefere Standards aufweist. Der Anschliesser musste demnach die hohen Kosten einer Weiche im Netz tragen, die er zwar durch seinen Anschluss verursacht hat, deren Lebensdauer aber im Wesentlichen durch den Betrieb der Infrastruktur bestimmt wird.

Funktional ist die Anschlussweiche somit ein Teil der Eisenbahninfrastruktur. Die Dimensionierung und der Unterhalt dieser Anlage gehören zu den Kernkompetenzen der Infrastrukturbetreiberinnen. Die Anschlussvorrichtung ist wie die Eisenbahninfrastruktur nicht kostendeckend zu betreiben.

Deshalb soll im Rahmen dieser Vorlage neu die Infrastrukturbetreiberin Eigentümerin und damit für die Finanzierung dieser Vorrichtungen verantwortlich sein. Der Bund, der bisher einen Beitrag an Unterhalt und Erneuerung der Anschlussweiche an die Besitzer des Anschlussgleises geleistet hat, berücksichtigt diese Kosten neu im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit den Infrastrukturbetreiberinnen. Zu diesem Zweck sollen die Anschliesser ihre Weichen an die Infrastrukturbetreiberinnen übertragen, an deren Netz sie anschliessen. Anschliesser, welche die Weiche nicht an die Infrastrukturbetreiberin übergeben, müssen für die Kosten auch in Zukunft selber aufkommen. Weil diese Anlagen in der Regel keine kommerziellen Wert (Buch- oder Verkehrswert) haben, sondern vor allem Kosten verursachen, rechtfertigt es sich, die Anschliesser für die
Übertragung des Eigentums auf die Infrastrukturbetreiberin nicht zu entschädigen. Sie werden im Gegenteil dadurch finanziell entlastet, dass sie für den Unterhalt und die Erneuerung dieser Anschlussvorrichtungen künftig nicht mehr aufzukommen haben. Die Kostentragung der übrigen Anschlussweichen, die nicht an das Netz einer Infrastrukturbetreiberin anschliessen, wird jeweils im Anschlussgleisvertrag zwischen Vor- und Nachanschliesser geregelt.

Art. 27

Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer

Die in Absatz 3 festgelegte Befristung bis Ende 2027 entspricht drei Legislaturperioden. Die Befristung ist angemessen und soll verhindern, dass sich die Betriebsbeiträge verstetigen und unbesehen allfälliger Veränderungen des Bedarfs weitergeführt werden.

2.3

Bundesgesetz über die Anschlussgleise

Das Bundesgesetz über die Anschlussgleise wird aufgehoben. Diejenigen Inhalte, die auch künftig auf Gesetzesstufe zu regeln sind, werden zwecks Harmonisierung mit den Bestimmungen über die Förderung von KV-Umschlagsanlagen neu in das 3933

Gütertransportgesetz integriert. Auf diese Weise können sämtliche Bestimmungen, aber auch die Subventionstatbestände im Zusammenhang mit dem Schienengüterverkehr, in einem einzigen Gesetz, dem Gütertransportgesetz, zusammengefasst werden.

2.4

Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe

5. Kapitel: Übrige werkgebundene Beiträge 1. Abschnitt: Beiträge an Anschlussgleise sowie zur Förderung des kombinierten Verkehrs und des Transports begleiteter Motorfahrzeuge Art. 18 Die Bestimmung fasst die bisherigen Artikel 18, 21 und 22 MinVG zusammen. Die Harmonisierung der Förderung von Anschlussgleisen durch Investitionsbeiträge für den konventionellen Verkehr macht eine Neufassung der Artikel 18, 21 und 22 notwendig. Der Grundsatz der Ausrichtung von Beiträgen aus verkehrs- und umweltpolitischen Gründen gilt für jede Bundesbeteiligung in diesem Zusammenhang. Gründe für eine sachliche Differenzierung bestehen keine. Zwar können die konkreten Beiträge je nach zu beurteilendem Projekt unter Umständen stark variieren (z.B. zwischen einem kleineren privaten Anschlussgleis und einer international bedeutenden KV-Umschlagsanlage). Daher wird mit Absatz 4 die Anwendbarkeit der entsprechenden Artikel des totalrevidierten Gütertransportgesetzes bestimmt.

Die Details sind wie bisher auf Verordnungsstufe zu regeln.

2.5

Strassenverkehrsgesetz

Art. 30 Abs. 4 und 5 Mit der Anpassung von Absatz 4 und Absatz 5 werden analog zur Anpassung von Artikel 5 Absatz 2 GüTG die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung der Konformitätsbewertung und für die Überprüfung von Gefahrgutumschliessungen für den Strassenverkehr durch private Unternehmen geschaffen. Gleichzeitig wird die Kompetenz des Bundesrates verdeutlicht, Verkehrsbeschränkungen auf bestimmten Strassenstrecken auch aus verkehrspolitischen Gründen zwecks Verkehrslenkung anordnen zu können.

2.6

Eisenbahngesetz

Art. 9a Abs. 2 und 3 In den Absätzen 2 und 3 wurden die Prioritäten bei der Gewährung des Netzzugangs geregelt. Mit dem neuen Artikel 9b wird die bisherige Prioritätenordnung abgelöst.

3934

An ihre Stelle treten das Netznutzungskonzept und die Netznutzungspläne. Die bisherige Prioritätenordnung gilt nur noch subsidiär. Das Verhältnis zwischen den neuen Instrumenten und der bisherigen Prioritätenordnung wird abschliessend in Artikel 9b geregelt. Die Absätze 2 und 3 werden daher aufgehoben.

Art. 9b

Netznutzung und Trassenzuteilung

Dieser Artikel ersetzt die Absätze 2 und 3 des bisherigen Artikels 9a zur Prioritätenordnung. Mit der Neuregelung werden die Instrumente des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne eingeführt. Die Prioritätenordnung, wie sie heute definiert ist, gilt nur noch für jene Trassen, die mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen noch nicht zugeteilt sind (sog. Restkapazitäten). In den Bereichen, in welchen der Bundesrat die Netznutzung mit einem Netznutzungskonzept oder Netznutzungsplänen festlegt, gilt die Prioritätenordnung nur noch subsidiär.

Das Netznutzungskonzept ist ein Instrument der langfristigen Kapazitätssicherung.

Es wird vom Bundesrat beschlossen und stützt sich auf die Angebotskonzepte, die innerhalb von STEP festgelegt und angepasst werden. Die Bundesversammlung beschliesst gestützt auf die Angebotskonzepte die Infrastrukturausbauten. Bei der Erarbeitung der Angebotskonzepte gilt grundsätzlich die Gleichwertigkeit des Personen- und des Güterverkehrs. Bei der Zuteilung der Trassen berücksichtigt der Bund insbesondere den ursprünglichen Zweck einer Investition. Er legt zudem besonderen Wert auf die Bedürfnisse nach abgestimmten Transportketten im Personenverkehr und Gütertransport, auf die aus der Nachfrage abgeleitete Transportkapazität und auf die effiziente Produktion des Schienenverkehrs. Die Netznutzungspläne dienen der kurzfristigen Kapazitätssicherung.

Mit dem Netznutzungskonzept und den Netznutzungsplänen werden Trassenkapazitäten verbindlich auf die Verkehrsarten oder Nutzergruppen wie den Personenfernverkehr, den regionalen Personenverkehr, den Güterverkehr und den weiteren Verkehr wie den Autoverlad zugeteilt. Mit diesen Instrumenten erfolgt keine Zuteilung auf einzelne Unternehmen. Dies geschieht erst mit der Trassenvergabe. In der Regel bestehen sechs Netznutzungspläne für die kommenden Fahrplanjahre gleichzeitig.

Sie werden von den Infrastrukturbetreiberinnen erarbeitet und dem BAV zur Genehmigung vorgelegt. Dies bedingt, dass das BAV über die wesentlichen Konflikte und die Lösungsvarianten bei der Trassenzuordnung auf die Verkehrsarten durch die Infrastrukturbetreiberinnen informiert ist. Für die Erarbeitung der Netznutzungspläne ist das Netznutzungskonzept verbindlich. Für die Trassenvergabe sind die Netznutzungspläne verbindlich. Änderungen des
Netznutzungskonzepts beschliesst der Bundesrat. Netznutzungspläne und -konzepte können auf Antrag geändert werden. Falls eine durch das BAV genehmigte Änderung der Netznutzungspläne zwingende Rückwirkungen auf das Netznutzungskonzept hat, wird diese Änderung nur mit einem Bundesratsbeschluss über die Änderung des Netznutzungskonzepts definitiv gültig. Die Details zum Netznutzungskonzept regelt der Bundesrat, diejenigen zu den Netznutzungsplänen das BAV.

Art. 9c

Recht auf Entgelt

Der bisherige Artikel 9b wird aufgrund der Neustrukturierung des bisherigen Artikels 9a zu 9c.

3935

Art. 38 Abs. 1bis Bei länger dauernden Streckensperrungen ­ wie z.B. der Sperrung der Gotthardstrecke im Juni 2012 ­ ist die Infrastrukturbetreiberin bestrebt, auf den Ersatzstrecken so viele Trassen wie möglich anzubieten. Dazu muss sie aber auch die Möglichkeit haben, bereits zugeteilte Trassen zu entziehen, wenn dies der bestmöglichen Auslastung der vorhandenen Kapazität dient. Dadurch kann sie unter anderem erreichen, dass höher priorisierter Verkehr nicht durch untergeordnete Angebote verunmöglicht wird. Mit der vorgeschlagenen Regelung wird klargestellt, dass in diesem Fall keine Ansprüche auf Schadenersatz geltend gemacht werden können.

Art. 40abis Abs. 1 und 5 Die SKE wacht neu auch über einen diskriminierungsfreien Zugang bei den vom Bund mitfinanzierten KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen. Absatz 1 der bestehenden Bestimmung wird entsprechend um den Buchstaben d ergänzt. Mit Absatz 5 wird eine bisher Verordnungsbestimmung (Art. 25 Abs. 3 der EisenbahnNetzzugangsverordnung vom 25. November 1998105) neu auf Gesetzesstufe geregelt.

Art. 40ater

Grundzüge des Klageverfahrens

Mit dem zweiten Schritt der Bahnreform 2, der am 1. Juli 2013 in Kraft getreten ist, sind die Befugnisse der SKE erweitert worden. Auf das gleiche Datum hin hat die SKE ein neues Geschäftsreglement106 erlassen, das vom Bundesrat am 14. Juni 2013 genehmigt worden ist. Dieses Reglement umschreibt im 3. Abschnitt (Art. 15­20) auch das Klageverfahren vor der SKE. Aus rechtsstaatlicher Sicht sollen solche Grundsätze vorzugsweise auf Gesetzesstufe geregelt werden. Weil mit dieser Vorlage die Kompetenzen der SKE erneut ergänzt werden, bietet sich die Gelegenheit, das EBG mit den entsprechenden Bestimmungen zu ergänzen. Inhaltlich entsprechen diese weitgehend denjenigen des Geschäftsreglements der SKE. Diese wiederum stützen sich auf die für die anderen Schiedskommissionen des Bundes geltenden Bestimmungen.

Der Artikel über die Grundzüge verweist im Wesentlichen auf das anwendbare Recht.

Art. 40aquater

Einleitung des Klageverfahrens

Weil auch der erweiterte Aufgabenbereich der SKE relativ eng ist, kann es sein, dass sich eine Partei in einer Sache an sie wendet, für welche die SKE gar nicht zuständig ist. Das Gesetz sieht das Vorgehen auch in diesen Fällen vor.

Art. 40aquinquies

Besetzung für den Entscheid

Es ist bei Gerichten und Schiedskommissionen üblich, dass über Rechtsfragen von untergeordneter Bedeutung in kleinerer als der vollen Besetzung entschieden werden kann. Dies soll auch für die SKE gelten. Der Entscheid darüber soll dem Präsidium obliegen.

105 106

SR 742.122 SR 742.101.4

3936

Art. 40asexies

Datenbearbeitung

Seit dem 1. Juli 2013 kann die SKE im Rahmen ihrer erweiterten Kompetenzen auch von Amtes wegen tätig werden. Zu diesem Zweck ist sie befugt und verpflichtet, den Eisenbahnmarkt zu überwachen. Sie soll daher eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage erhalten, um die für die Marktüberwachung notwendigen Daten bei den Eisenbahnunternehmen erheben zu können. Die Formulierung «auf andere Weise zu bearbeiten» trägt dem Umstand Rechnung, dass im rechtlichen Sinn auch die Erhebung als Form der Bearbeitung gilt. Die Bestimmung wird es auch ermöglichen, dass Daten, die die Eisenbahnunternehmen anderen Bundesstellen einreichen, an die SKE weitergegeben werden können, wenn sie dem Zweck der Marktüberwachung dienen. Damit kann vermieden werden, dass die Unternehmen die gleichen Daten mehrfach einreichen müssen.

Art. 40b Abs. 2 Bst. b und Abs. 3 Das Gütertransportgesetz enthält schon in der geltenden Fassung keine eigenständigen Haftungsbestimmungen, sondern lediglich einen Verweis auf diejenigen des Eisenbahngesetzes. Der dort enthaltene Verweis auf das Gütertransportgesetz wird somit zum Zirkelschluss. Die vorliegende Revision bietet Gelegenheit, diesen zu beheben und, was sachgerechter ist, im Eisenbahngesetz für beförderte Sachen neu auf das Obligationenrecht107 und die massgeblichen internationalen Vorschriften zu verweisen. In der Vernehmlassung wurde verschiedentlich Kritik an den geltenden Haftungsbestimmungen laut. Deren Revision ist aber nicht Gegenstand dieser Vorlage.

In Absatz 3 ist neu auf das revidierte Gütertransportgesetz zu verweisen.

Art. 62

Umfang der Infrastruktur

Diese zentrale Bestimmung betrifft die Trennung von Infrastruktur und Verkehr bei der Eisenbahn. Sie regelt in Absatz 1, was immer Teil der (abgeltungsberechtigten und für den Netzzugang geöffneten) Infrastruktur ist, und in Absatz 2, was Teil der Infrastruktur sein kann, jedoch ohne Pflicht zur Gewährung des Netzzugangs. Im neuen Absatz 3 sind diejenigen Anlagen geregelt, die von ihrer technischen Beschaffenheit her ebenfalls zu den Eisenbahnen gehören, aber nicht in den Anwendungsbereich der ersten beiden Absätze fallen. Damit können all jene Sonderfälle erfasst werden, die in der Praxis häufig sind und für die man sich bislang behelfsmässig der Gesetzgebung über die Anschlussgleise bedienen musste. Die Bestimmung stellt klar, dass die technischen und die Sicherheitsbestimmungen für Eisenbahnen Anwendung finden, jedoch nicht diejenigen über den Netzzugang und die Finanzierung.

Materiell wird die Bestimmung insofern geändert, als gewisse Anlagen für den Güterverkehr ­ wie Formationsgleise ­ nun ausdrücklich als Teil der Infrastruktur genannt sind. Neu ist auch die Definition des in der Güterverkehrsbranche weitherum verwendeten Begriffs Freiverlad in Absatz 1 Buchstabe f.

107

SR 220

3937

2.7

Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen

Art. 3 Abs. 1 Die SBB werden von der Kernaufgabe, Dienstleistungen im Güterverkehr zu erbringen, entbunden. Das bedeutet keineswegs, dass die SBB fortan keine oder weniger Güterverkehrsdienstleistungen anbieten werden; aber die Erbringung dieser Dienstleistungen gehört nicht mehr zu ihren gesetzlich zwingenden Aufgaben. Mit Ausnahme des Einzelwagenladungsverkehrs (vgl. dazu Artikel 8 Absatz 6) darf das Unternehmen selbst darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang es Gütertransportleistungen auf dem Markt anbietet.

Art. 8 Abs. 6 Die Aufgabe oder die wesentliche Reduktion des Angebots im Einzelwagenladungsverkehr stellen Entscheide von grosser, auch politischer Tragweite dar. Aus Sicht der SBB als spezialgesetzlicher Aktiengesellschaft sollen solche Entscheide durch die Generalversammlung getragen werden. Denn gemäss Artikel 698 Absatz 2 Ziffer 6 des Obligationenrechts entscheidet die Generalversammlung über Gegenstände, die ihr durch das Gesetz oder die Statuten vorbehalten sind. Dieser Vorbehalt wird vorliegend als neuer Absatz 6 in Artikel 8 aufgenommen.

2.8

Bundesbeschluss über den Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Gütertransports auf der Schiene für die Jahre 2016­2019

Art. 1 Der Rahmenkredit dient der Fortführung der bisherigen Förderung des Gütertransports und der Güterverkehrsverlagerung. Er hat also zwei unterschiedliche materiellrechtliche Grundlagen. Neben Anlagen in der Schweiz können auch solche im Ausland gefördert werden, wenn sie der Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs dienen.

Art. 2 Kreditbeschlüsse sind einfache Bundesbeschlüsse und unterstehen als solche nicht dem Referendum.

3938

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Unter dem Regime der vorgeschlagenen Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche werden Investitionsbeiträge an Güterverkehrsanlagen weiterhin aus dem zweckgebundenen Fonds Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV) finanziert. Die Betriebsbeiträge für den nicht alpenquerenden KV, die aktuell ebenfalls über SFSV-Mittel finanziert sind (im Jahr 2013 rund 15 Mio.

Fr.), werden abgebaut und fallen nach der Übergangsfrist von drei Jahren ganz weg.

Weitere Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen finden sich auch unter den Ziffern 1.2.3.4 und 1.2.3.7.

Aus heutiger Sicht ist mit der in Tabelle 7 präsentierten Belastung des Bundesbudgets zu rechnen. Während die (à-fonds-perdu-finanzierten) Investitionsausgaben tendenziell höher liegen als im Status Quo, ist bei den Betriebsbeiträgen in der Summe mit einem Rückgang zu rechnen. Insgesamt dürfte der Bundeshaushalt nach Ablauf der Übergangsfrist um jährlich rund 10­20 Millionen entlastet werden.

Tabelle 7 Auswirkungen der Vorlage auf das Bundesbudget 2016­2021 in Mio. Fr.

Finanzielle Auswirkungen der Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche (in Mio. Fr.)

Kredit

2016

2017

2018

2019

2020

2021

Investitionsbeiträge an Anschlussgleise und KV-Umschlagsanlagen108 (inkl. KV-Umschlagsanlagen für den alpenquerenden Verkehr im Ausland), finanziert aus SFSV

60

60

65

60

55

50

Betriebsbeiträge109 Teil KV, finanziert aus SFSV110

24

20

17

12

12

12

LSVA-Rückerstattung (Mindereinnahmen)

20

20

20

20

20

20

104

100

102

92

87

82

Total Auswirkungen auf das Bundesbudget

108

Der neue Kredit entspricht einer Zusammenlegung der beiden heutigen Kredite Terminalanlagen A4300.0141 und Anschlussgleise A4300.0121.

109 Der Kredit Betriebsbeiträge umfasst (a) die heutigen Betriebsbeiträge A2310.0450, die nach einer Übergangsfrist von 3 Jahren nach Inkrafttreten des GüTG auslaufen, (b) die Finanzhilfen des Bundes an Bestellungen der Kantone (u.a. Beiträge an Meterspurbahnen A2310.0451) und (c) die neu vorgesehenen Anschubfinanzierungen für neue Angebote.

110 Der Abbau der vorgesehenen Fördermittel betrifft v.a. den KV. Damit dürfte die Belastung der SFSV von rund 12 Mio. im 2016 auf weniger als 6 Mio. Fr. abnehmen.

3939

3.1.2

Personelle Auswirkungen

Der Mehraufwand für Aufbau und Umsetzung des institutionalisierten Planungsprozesses und die Erstellung eines Konzepts für den Gütertransport auf der Schiene erfolgt über eine für FABI bewilligte Stelle.

Der bisherige Einsatz personeller Ressourcen für Betriebsbeiträge im EWLV, für den nicht alpenquerenden KV und den Güterverkehr der Schmalspurbahnen (wegfallend) hält sich in etwa die Waage mit dem Ressourcenbedarf, der für die neuen Anschubfinanzierungen und die zusammen mit den Kantonen vorgesehenen Bestellungen geplant ist (40 Stellenprozente).

Hingegen verursachen die zusätzlichen Aufgaben und der steigende Koordinationsbedarf im BAV einen personellen Mehraufwand. Dieser entsteht durch die Einführung und Umsetzung der Instrumente Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne.

Die im Rahmen der Vorlage geplanten Neuregelungen führen damit netto zu einem personellen Mehrbedarf für den Bund im Umfang von 100 Stellenprozent: Erhöhungen Departement

Kurzbeschrieb

Anzahl Stellen

UVEK

Netznutzungskonzept/Netznutzungspläne

100 Stellenprozente

Die Vorlage überträgt auch der SKE neue Aufgaben und dürfte dort zu einem Mehraufwand sowohl beim Klageverfahren als auch bei der Überwachung von Amtes wegen führen.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Auch die Kantone sind an einem leistungsfähigen Schienengüterverkehr in der Fläche interessiert. Mit der Vorlage werden verschiedene Berührungspunkte zwischen Bund und Kantonen angesprochen und geregelt.

Die vorgesehene Zielsetzung geht von einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen aus, wenn es darum geht, die Versorgung der Regionen zu gewährleisten.

Konkret kann der Bund gemeinsam mit den betroffenen Kantonen mit gezielten Bestellungen und Betriebsbeiträgen Unterschiede des Naturraums (Topografie, Erschliessungsqualität etc.) ausgleichen und so für eine angemessene Bedienung in diesen Räumen sorgen. Diese Förderung erfolgt gestützt auf kantonale Güterverkehrsstrategien oder Güterverkehrskonzepte. Insbesondere soll die Beteiligung des Bundes an Bestellungen von Güterverkehrsangeboten der Meterspurbahnen dank diesem Instrument erhalten bleiben. Indem der Bund eine finanzielle Beteiligung vorsieht, die nicht höher ist als jene der Kantone, ist dies im Durchschnitt mit einer gewissen finanziellen Mehrbelastung der Kantone verbunden.

Von den Kantonen wird erwartet, dass sie sich mit Güterverkehrskonzepten und den Instrumenten der Raumplanung aktiv an einer abgestimmten Güterverkehrspolitik

3940

beteiligen. Dies kann auch im Rahmen der beschriebenen Bestellungen durch die Kantone erfolgen, an denen sich der Bund finanziell beteiligt.

Mit den neuen Instrumenten Netznutzungskonzept und Netznutzungspläne wird die Verteilung der Kapazitäten für den Personenfernverkehr, den regionalen Personenverkehr, den Güterverkehr und weitere wichtige Verkehrsarten (z.B. Autoverlad) verbindlich festgelegt. Zudem wird ein institutionalisierter Änderungsprozess für das Netznutzungskonzept und die Netznutzungspläne definiert. Die Kantone sind einerseits davon betroffen, weil sie federführend den regionalen Personenverkehr planen.

Sie müssen Planungen, welche zu Änderungen des Netznutzungskonzepts oder der Netznutzungspläne führen, neu beantragen. In strittigen oder unklaren Fällen entscheidet der Bundesrat. Andererseits werden sie bei der Erarbeitung des Netznutzungskonzepts und der Netznutzungspläne sowie bei deren Änderungen angehört.

Damit die Infrastrukturkapazitäten und die Güterverkehrsanlagen gesamtschweizerisch aufeinander abgestimmt werden können, führt der Bund ein neues Planungsinstrument ein. Für die Entwicklung der bedeutenden Güterverkehrsanlagen und deren Abstimmung mit der Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur wird ein Konzept nach Artikel 13 RPG erarbeitet. Es legt die regionalen Schwerpunkte bei der Entwicklung von Güterverkehrsanlagen fest. Die Kantone werden bei den zugrunde liegenden Prognosen einbezogen und zur Planung angehört. Das Konzept konkretisiert die Planung grosser Anlagen, welche ebenfalls in den Sachplan Verkehr und in die Richtplanungen der Kantone einfliessen soll.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Gesamtkonzeption zur Förderung des Güterverkehrs in der Fläche unterstützt die Entwicklung der Volkswirtschaft. Der Bund sorgt für eine leistungsfähige Infrastruktur für den Güterverkehr. Dies dient zu einem erheblichen Masse der verladenden Wirtschaft der Schweiz und erhöht die Attraktivität des Industrie- und Dienstleistungsstandorts Schweiz im internationalen Vergleich. Der Güteraustausch innerhalb der Schweiz sowie zwischen der Schweiz und dem Ausland erhält stabile Rahmenbedingungen, sodass langfristig die erforderlichen Kapazitäten auch bei den Güterverkehrsanlagen erstellt werden und marktgerechte Angebote im Schienengüterverkehr bestehen können. Angesichts der wachsenden Staustunden auf der Strasse kann die vorgelegte Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche mit ihrer neuen Ausrichtung einen nachhaltigen Beitrag zur Entlastung der Strassen leisten. Die beiden Verkehrsträger Strasse und Schiene ergänzen sich, um die Versorgung der Volkswirtschaft mit Gütern zu gewährleisten.

3.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Vorlage stärkt mit den neu festgelegten Zielen den sozialen Zusammenhalt der Schweiz. Ein leistungsfähiges und nachhaltiges Angebot im Schienengüterverkehr unterstützt dies mittelbar: Eine nachhaltige Entwicklung des Güterverkehrs und das effiziente Zusammenwirken der Verkehrsträger bei der Güterversorgung sind die Kernelemente dafür.

3941

3.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Mit den definierten Förderinstrumenten für den Güterverkehr in der Fläche und dem damit angestrebten leistungsfähigen Angebot an Gütertransportleistungen auf der Schiene wird ein ressourcenschonender und emissionsarmer Gütertransport in der Schweiz gestärkt. Mit dem Zeithorizont 2020 vermag zwar auch der Strassengüterverkehr seine Luftschadstoffbelastung aufgrund verbesserter Fahrzeugtechnologien (Euro VI) deutlich zu reduzieren. Doch auch im Schienengüterverkehr können durch den zunehmenden Einsatz von Hybrid-Lokomotiven mit Partikelfilter namhafte Reduktionen im Rangierbetrieb realisiert werden. Insgesamt reduziert sich ­ unter Einbezug dieser technischen Entwicklungen ­ die Belastung durch den Strassengüterverkehr bei den Stickoxidemissionen um über 55 %, bei den Partikelemissionen um knapp 70 % (jeweils bezogen auf die Transportleistung). Da auch die Schiene bis dahin Verbesserungen bei den Luftschadstoffemissionen realisiert haben wird, reduziert sich bei den Stickoxidemissionen das Verhältnis zwischen Strasse und Schiene (Schiene mit um den Faktor 5­6 tieferen NOX-Emissionen). Bei den Partikelemissionen aus Verbrennungsprozessen reduziert sich dieser Faktor auf ca. 2.

Nahezu unverändert bleiben die Vorteile des Schienengüterverkehrs in Bezug auf die Treibhausgasemissionen (insbesondere CO2). Kann der Anteil des Schienengüterverkehrs durch die definierten Förderinstrumente gehalten oder gesteigert werden, entlastet dies die Schweizer Treibhausgasbilanz um über 0,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 2012111 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Die Steigerung der Attraktivität des Güterverkehrs auf der Schiene ist eine der laufenden Massnahmen des Bundes zur Gewährleistung einer nachhaltigen Raumentwicklung im Rahmen der Strategie des Bundesrats «Nachhaltige Entwicklung 2012­2015».112

111 112

BBl 2012 481, hier 618 Vgl. Schweizerischer Bundesrat, Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012­2015, hier S. 30.

3942

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Kernstück der Vorlage ist die Überarbeitung des Gütertransportgesetzes und die Eingliederung des Bundesgesetzes über die Anschlussgleise in dieses Gesetz. Das GüTG kann sich auf die Bestimmung zur angemessenen Berücksichtigung des Güterverkehrs beziehen, die mit dem FABI-Beschluss per 1. Januar 2016 mit dem neuen Artikel 81a in die Bundesverfassung aufgenommen wird.

Die geplanten Änderungen des MinVG, des SVG, des EBG und des SBBG stützen sich auf die im Ingress des jeweiligen Gesetzes genannten Verfassungsbestimmungen.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Massnahmen stehen im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, namentlich mit dem Landverkehrsabkommen113. Gemäss Artikel 35 des Landverkehrsabkommens ist es der Schweiz erlaubt, finanzielle Unterstützungsmassnahmen zur Förderung des Schienengüterverkehrs zu ergreifen. Die in dieser Vorlage beschriebenen finanziellen Förderinstrumente sind nicht diskriminierend ausgestaltet und verursachen keine unverhältnismässigen Wettbewerbsverzerrungen.

Auch die vorgesehenen Instrumente bezüglich der Verteilung der verfügbaren Schieneninfrastrukturkapazitäten sind mit dem Landverkehrsabkommen vereinbar.

Die Verordnung (EU) Nr. 913/2010114 enthält Bestimmungen für eine Kapazitätssicherung für grenzüberschreitende Korridortrassen. Diese Kapazitätssicherung wird mit dieser Vorlage durch das Instrument der Netznutzungspläne vorgenommen.

Damit schafft die Schweizer Seite die Voraussetzungen zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 913/2010.

5.3

Erlassform

Die vorliegende Gesamtkonzeption zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche kann nur ihre Wirkung entfalten, wenn ihre Grundsätze und Ziele sowie die Massnahmen als rechtssetzende Bestimmungen erlassen werden. Wichtige rechtsetzende Bestimmungen sind gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV115 in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Mit der Gesamtkonzeption wird somit eine Änderung des Gütertransportgesetzes (Totalrevision) inklusive verschiedener Änderungen des bisherigen Rechts vorgenommen. In das neue Gesetz integriert werden überdies die bisher in einem separaten Gesetz enthaltenen Bestimmungen über die Anschluss-

113 114

SR 0.740.72 Verordnung (EU) Nr. 913/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr, ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 22.

115 SR 101

3943

gleise. Damit wird auf Gesetzesstufe zusammengefügt, was sachlich zusammengehört. Das Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

Der Bundesbeschluss über den Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Gütertransports auf der Schiene für die Jahre 2016­2019 ist nicht rechtsetzender Natur und untersteht nicht dem Referendum.

5.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Ausgabenbremse dient der Disziplinierung des Bundes in seiner Ausgabenpolitik. Die Bundesversammlung muss Ausgaben ab einer gewissen Höhe mit qualifiziertem Mehr beschliessen. Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV116 ist die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte erforderlich für Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen.

Von den im 2. Abschnitt des totalrevidierten Gütertransportgesetzes enthaltenen Subventionsbestimmungen führen einige die bisherige Förderung fort und haben damit keine neuen Ausgaben zur Folge. Dies trifft namentlich zu auf Artikel 9 Absatz 1 (Bestellungen mit Kantonen). Neu sind dagegen die Förderbestimmungen gemäss Artikel 9 Absatz 2 (Anschubfinanzierung für neue Angebote) und Artikel 10 (Förderung technischer Neuerungen). Die Möglichkeit einer Ausweitung der Förderung wird auch mit Artikel 8 Absatz 2 geschaffen, wonach bei Projekten von nationaler verkehrspolitischer Bedeutung ein A-fonds-perdu-Beitrag von 80 % der anrechenbaren Kosten möglich ist. Da gemäss geltender Regelung höchstens ein A fonds-perdu-Beitrag von 60 % möglich ist und die Gesamtkosten entsprechender Grossprojekte über 100 Millionen Franken liegen können, fällt auch diese Bestimmung unter die Ausgabenbremse. Artikel 8 Absatz 2, Artikel 9 Absatz 2 und Artikel 10 des totalrevidierten Gütertransportgesetzes unterstehen deshalb der Ausgabenbremse.

Beim für die Jahre 2016­2019 beantragten Rahmenkredit handelt es sich um eine spezielle Form eines Verpflichtungskredits. Dieser führt in den betreffenden Jahren zu neuen Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken. Artikel 1 Absatz 1 des Bundesbeschlusses über den Rahmenkredit für Investitionsbeiträge zugunsten des Gütertransports auf der Schiene für die Jahre 2016­2019 untersteht daher ebenfalls der Ausgabenbremse.

5.5

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

Die finanziellen Mittel zur Förderung des Schienengüterverkehrs in der Fläche stellen Subventionen dar. Aus diesem Grund sind die Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990117 anwendbar.

116 117

SR 101 SR 616.1

3944

Bedeutung der Subvention für die Erreichung der angestrebten Ziele Die heute vorgenommene, historisch gewachsene Förderung des Güterverkehrs in der Fläche soll mit der Vorlage klarer an Zielen ausgerichtet werden. Der Bund sorgt primär für geeignete Rahmenbedingungen und unterstützt die Errichtung geeigneter Infrastrukturen. Er erwartet jedoch, dass der Gütertransport auf der Schiene grundsätzlich eigenwirtschaftlich erfolgt. Mit einer darüber hinausgehenden punktuellen Förderung durch den Bund sollen die Funktionen des Gütertransports auf der Schiene (vgl. Ziff. 1.2.1.4) unterstützt werden. Dabei wird der Schwerpunkt der Förderung, bei gleichzeitiger Reduktion der Betriebsabgeltungen, stärker auf geeignete Infrastrukturen gelegt.

Materielle und finanzielle Steuerung Die Förderung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen erfolgt anhand objektiver Kriterien, namentlich aufgrund eines vom Bundesrat erarbeiteten Konzepts. Das Parlament steuert die für die Förderung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen zur Verfügung stehenden Mittel mit einem Rahmenkredit und beschliesst die jährlichen Kredite mit dem Voranschlag. Sämtliche Subventionsbestimmungen sind als Kann-Bestimmungen ausgestaltet und lassen dem Bund damit finanzpolitischen Spielraum.

Verfahren der Beitragsgewährung Die Harmonisierung der Förderung von KV-Umschlagsanlagen und Anschlussgleisen vereinfacht die administrativen Verfahren und erhöht die Transparenz der Beitragsgewährung. Ebenfalls zu einer administrativen Entlastung trägt der Verzicht auf die Ausrichtung rückzahlbarer Darlehen bei.

Befristung Artikel 9 (Betriebsbeiträge) ist bis Ende 2027 befristet. Damit soll verhindert werden, dass sich die Ausrichtung unabhängig der Entwicklung des Bedarfs verstetigt.

Die Förderung einzelner neuer Angebote gemäss Artikel 9 Absatz 2 ist im Sinne einer Anschubfinanzierung auf drei Jahre befristet, um eine dauerhafte Unterstützung solcher Angebote zu verhindern.

3945

Verzeichnis der Abkürzungen ASTRA AnGV BAV BGFV BIF BIFG BMVBS EBG EWLV FABI FinöV-Fonds GVVG GüTG KV LSVA MinVG RPG SBBG SFSV SKE STEP SVAG SVG SVI TEU tkm UKV UVEK VA WB WLV

3946

Bundesamt für Strassen Verordnung über die Anschlussgleise Bundesamt für Verkehr Verordnung über die Förderung des Bahngüterverkehrs Bahninfrastrukturfonds Bahninfrastrukturfondsgesetz Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Deutschland) Eisenbahngesetz Einzelwagenladungsverkehr Bundesbeschluss über die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur Fonds für Eisenbahngrossprojekte Güterverkehrsverlagerungsgesetz Gütertransportgesetz kombinierter Verkehr Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe Bundesgesetz über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und der Nationalstrassenabgabe Raumplanungsgesetz Bundesgesetz über die Schweizerischen Bundesbahnen Spezialfinanzierung Strassenverkehr Schiedskommission im Eisenbahnverkehr Strategisches Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur Schwerverkehrsabgabegesetz Strassenverkehrsgesetz Schweizerische Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten Twenty-foot Equivalent Unit ­ international standardisierte Einheit für 20-Fuss-Container Tonnen-Kilometer (Transportleistung) unbegleiteter kombinierter Verkehr Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Voranschlag Wechselbehälter Wagenladungsverkehr

Glossar A-fonds-perdu-Beitrag

Investitionsbeiträge der öffentlichen Hand, auf deren Rückzahlung von vornherein verzichtet wird

Alpenquerender Güterverkehr

Güterverkehr, der den Alpenhauptkamm überquert

Anschlussgleis

Erschliessung eines Geländes oder Gebäudes, das selbst nicht zur Eisenbahninfrastruktur gehört, durch Bahngleise zum Gütertransport; in der Regel in Privatbesitz

bimodal

dient zwei Verkehrsträgern

Binnengüterverkehr

Verkehr innerhalb eines Landes; nicht grenzüberschreitend

Cargo Domizil

Produktname für Angebot im Stückgutverkehr; wurde 1981 als Betriebsteil der SBB gegründet, heute eigenständige AG für den Stückguttransport auf Strasse und Schiene

Container

meist genormter und stapelbarer Grossraumbehälter zur Lagerung und zum Transport von Gütern

Eckhöhe

im Zusammenhang mit dem Lichtraumprofil eines Eisenbahntunnels die maximal zulässige Höhe für einen durch den Tunnel transportierten KV-Behälter

EinzelwagenladungsVerkehr (EWLV)

Produktionsform, mit der einzelne Wagen oder Wagengruppen in verschiedenen Anschlussgleisen und Freiverladeanlagen regional gesammelt, zu ganzen Zügen zusammengestellt und in Rangierbahnhöfe geführt werden, wo neue Züge je nach Bestimmungsregion zusammengestellt werden

Freiverlad

Verlademöglichkeit für Güter auf die Bahn ohne spezielle Verladevorrichtung wie einen Kran oder eine Horizontalumschlagseinrichtung; im Gegensatz zu Anschlussgleisen oder KV-Umschlagsanlagen Teil der öffentlich zugänglichen Eisenbahninfrastruktur

Güterverkehrsspezifische Rangierbahnhöfe, Rangieranlagen, Freiverladeanlagen, Anlagen der allgemeinen Einfahrgruppen Eisenbahninfrastruktur Horizontalumschlag

Umschlag von Gütern (im KV) zwischen Schiene und Strasse ohne Kran

Just-in-time-Produktion

Produktionsstrategie, welche die Schaffung durchgängiger Material- und Informationsflüsse entlang der Lieferkette anstrebt und zu schnelleren Auftragsbearbeitung und -flüssen führen soll; basiert auf einer interorganisatorischen Prozessbetrachtung; auch als bedarfssynchrone Produktion bezeichnet

3947

Kabotage

Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes (im Binnenverkehr) durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen

Knoten

Bahnhof mit mindestens zwei, meist mehreren aufeinander abgestimmten Linien des Personenverkehrs

Kombinierter Verkehr (KV)

Bahntransport von Containern, begleiteten oder unbegleiteten Lastwagen, Anhängerzügen, Sattelmotorfahrzeugen, Anhängern, Sattelaufliegern und abnehmbaren Aufbauten (Wechselaufbauten), wobei der Umschlag zwischen Strassen- oder Rheintransport und Eisenbahn oder von Eisenbahn zu Eisenbahn ohne Wechsel des Transportgefässes erfolgt und durch besondere Bauten, Anlagen und Einrichtungen erleichtert wird

Ko-Modalität

optimierte Benutzung der verschiedenen Verkehrsträger entweder allein oder in Kombination

Meterspur

Bahninfrastruktur mit einer Spurweite von einem Meter (auch Schmalspur genannt); grösstes zusammenhängendes Meterspurstreckennetz in der Schweiz ist dasjenige der Rhätischen Bahn und der Matterhorn Gotthard Bahn

Modalsplit

Verteilung des Verkehrsaufkommens (Tonnen) bzw. der Verkehrsleistung (Tonnen-Kilometer) auf die verschiedenen Verkehrsträger

Naturraum

den geografischen Raum betreffende Einheit, die durch Parameter der Geofaktoren Klima, Relief, Wasserhaushalt, Boden, geologischer Bau und Bios charakterisiert wird; der sehr ähnliche geografische Begriff der Landschaft wird teils in identischer Bedeutung verwendet, teils auch differenziert, indem «Naturraum» allein die naturgesetzlich determinierte Komponente des jeweiligen Raumausschnittes beschreibt, während «Landschaft» weitere Komponenten wie die aktuelle Landnutzung einschliesst

Netzgrafik

schematische Darstellung eines vertakteten Fahrplans anhand einer Modellstunde; jedes im Takt verkehrende Zugpaar erscheint als Strich, der die bedienten Knotenbahnhöfe unter Angabe der Ankunfts- und Abfahrtszeiten miteinander verbindet

Netzplan

schematische Abbildung eines Linien- und Knotensystem innerhalb eines definierten Gebietes; im Gegensatz zur Netzgrafik muss der Fahrplan bei einem Netzplan nicht sichtbar sein

Netzzugang

Benützung der Infrastruktur eines anderen Eisenbahnunternehmens durch ein Eisenbahnverkehrsunternehmen; Netzzugang (auch Open Access genannt) sichert auch den diskriminierungsfreien Zugang zu Infrastruktureinrichtungen, die ein sogenanntes natürliches Monopol

3948

darstellen ­ hier das Schienennetz ­ mit geeigneten staatlichen Rahmenbedingungen Normalspur

Bahninfrastruktur mit einer Spurweite von 1435 Millimetern als übliche Spurweite in der Schweiz und den umliegenden Ländern

Rangierbahnhof

Rangierbahnhöfe sind die Zugbildungsbahnhöfe des Einzelwagenverkehrs; im Einzelwagenverkehr beförderte Güterwagen müssen für den Transport zu Zügen zusammengestellt, die Züge später wieder zerlegt werden; ein aufgegebener Wagen wird in der Regel mehrere Male rangiert, und zwar in Abgangs- und Zielbahnhof sowie während des Laufweges in Rangierbahnhöfen

Reachstacker

Mobile Lastkrane, die zum Stapeln und Umschlagen von Containern, Wechselbehältern und Sattelaufliegern im KV dienen

Sattelauflieger

Anhänger, der im Strassenverkehr einen Teil seines Gewichts auf die Achsen eines Zugfahrzeugs verlagert, mit bestimmten Vorrichtungen für die Kranbarkeit im KV einsetzbar

Supply Chain

Lieferkette, logistischer Ablauf

Swiss Split

Produktname für Angebot der schweizerischen Güterbahnen zur Feinverteilung der internationalen Behälter des KV innerhalb des EWLV

Systemfahrplan

vertakteter Fahrplan, auch gültig für den Güterverkehr

Systemgüterverkehr

Güterverkehr, der in Systemtrassen verkehrt

Systemtrassen

Trassen, die innerhalb eines Taktfahrplan stündlich oder zweistündlich immer gleich vorhanden sind und somit nicht individuell für einen bestimmten Zug reserviert werden

Taktfahrplan

Fahrplan, bei dem Trassen in regelmässigen, sich periodisch wiederholenden Abständen geplant werden; die Zahl der Abfahrten in einem bestimmten Zeitraum wird als Taktfrequenz bezeichnet

Teambahnhof

Regionalbahnhof im Bahngütertransport bzw. regionaler Produktionsstandort im EWLV, von dem in der Regel eine Zustellung an die Anschlussgleise erfolgt

Terminal

siehe Umschlagsanlage für den kombinierten Verkehr

Traktion

ziehende Kraft, hier bei Zügen, im Bahnverkehr durch Lokomotive erbracht

Transitgüterverkehr

Güterverkehr durch die Schweiz; Abgangs- und Bestimmungsort liegen im Ausland

Transportaufkommen

beförderte Verkehrsmenge (im Güterverkehr beförderte Tonnen)

3949

Transportleistung

Produkt aus Verkehrsmenge und seiner zurückgelegten Strecke (im Güterverkehr: Produkt aus beförderten Tonnen und zurückgelegter Distanz)

Trasse

Berechtigung, eine bestimmte Strecke des Bahnnetzes zu fix definierten Zeiten mit einem spezifischen Zug (Länge, Gewicht, Profil, Geschwindigkeit) zu befahren (ähnlich einem «Slot» in der Luftfahrt)

Trassenpreis

Entgelt für die Benützung einer Schieneninfrastruktur

Trimodal

dient drei Verkehrsträgern (Strasse, Schiene, Schiff)

Umschlagsanlage für den kombinierten Verkehr (KV-Terminal, KV-Umschlagsanlage)

ortsfeste Einrichtung, die dem Umschlag von Transportbehältnissen (Container, Sattelauflieger, Wechselbrücken oder ganze LKW) von einem Verkehrsträger auf einen anderen dient

Verkehrsträger

Transportmittel oder -system (Schiene, Strasse, Wasser, Luft etc.)

Vertikalumschlag

Umlad eines Transportgefässes (im KV) mit Kranung des Gefässes

Wechselbehälter; Wechselbrücken

Container-ähnlicher, nicht stapelbarer Transportbehälter im KV

3950