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nationalräthlichen kommission über den Rekurs der Erben S a l o m e a L o u i s e Braun, betreffend doppelte Erbschaftssteuer.

(Vom 10. Januar 1863.)

Herr V r e s i d e n t .

Meine H e r r e n l Unterm 28. September 1860 starb in Lausanne Fräulein Salomea .Louise Braun, von Lhon, welche seit langen Jahren im Kanton Waadt niedergelassen war. Die Verstorbene hinterliess ein Testament, durch welches sie verschiedene Erben einsäte. Unter diesen erscheint, neben sechs Waadtlandern, auch ein Franzose, Herr Louis Braun alhé G u e r r h a r d t , wohnhast in Strassburg. Das Vermogen der Erblasserin bestand theils aus im Kanton Waadt gelegenen J.nmobilien nnd theils ans CapitalForderungen, industriellen Werthesfekten u. s. w. Zu den ledern gehoren unter Anderm eine Anzahl srauzosiseher Eisenbahnobligatiouen, verschiedene Sehuldsorderungen ans französische Schuldner und 25 Brükenaktien von Bordeaux, in einem Gesammtschatznngswerthe von eirea Fr. l42,023. 17.

Von diesen Veru.ogensobjekten kamen die Erben B r a u u in dentali, au den sranzosisehen Diskus eine Erbsehastsstener von Fr. 12,567. 80 zu bezahlen. Die Behorden des Kantons Waadt fordern aber eine gleiche Stener von der ganzen, na.h Abzng der an den französischen Fiskus bezahlten Gebühr, aus Fr. 256,904 2l) geschäzten Verlassenschast. Diese Steuer käme ans Fr. 14,669. 73 zu stehen.

Gegen diese doppelte Bestenrnng erhoben die Erben Braun eine Be- .

sehwerde an den Bundesrath, indem sie naehzu.veiseu suchten, dass dieselbe

nicht nur gegen die Grundsäze des Rechts und der Billigkeit verstoße,

sondern aueh den zwischen Frankreich und der Schweiz bestehenden Staatsvertragen zuwiderlause.

Durch Entscheid des Bundesrathes vom 6. August 1862 wurde

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463 jedoeh diese Beschwerde abgewiesen, aus die Erwägungen gegründet, durch den Entscheid der Bundesversammlung in .der Rekurssache des Herrn August Dür sei der Grnndsa., sanktionirt worden , es dürse der Riederlassungskanton zwar von dem gesammten bewegliehen Vermogen, nicht aber auch von dem zu der Verlassenschaft gehörenden Grundeigentum, welches in einem andern Kantone liege, die Erbsehaftssteuer beziehen, im Fragesalle gehore aber kein in Frankreich gelegenes Grundeigenthum ^um Erbsehaftsinventar, und da der angerufene ...^taatsvertrag mit Frankreich vom 30. Mai 1827 bloss bestimme, dass die Franzosen in Beziehung aus ihre Versonen und ihr Vermogen in der Schweiz gleich behandelt werden sollen, wie die ^chweizerbürger, so liege in der Forderung der Erbschaftssteuer von dem gesammteu Vermogen Seitens der Behorden von Waadt auch kein Verstoss gegen die Grundsäze des Staatsvertrages.

Durch Eingabe vom l. November 1862 ergrisfen die Erben Braun gegen diese Schlussnahme, gestüzt ans die schon in ihrer ersten Beschwerde ausgesührten Gründe, den Rekurs an die Bundesversammlung.

Jhre kommission theilt jedoch einmüthig die Anschauungsweise des Bundesrathes.

Rach ihrer Ansicht kommt es bei der Beurteilung der Frage, welcher StaatshoheitFordernngsrechte, industrielle Wertlosesten u. dgl., in Rüksicht aus die Besteurung unterworfen seien, nicht auf die Berson des Schuldners, beziehungsweise aus die Lage des betretenden industriellen Etablissements an , vielmehr entscheidet in dieser Beziehung der Wohnsi^ des Berechtigten , als der Vereinigungspnnkt aller derartigen unkorperliehen Reehtsobjekte. Der diessfalls von der Regierung von Waadt angerufene Grnndsaz mobilia ossibus .^erson^ mirent wird ^..ar von den Rekur^ reuten als eine ^ietion bezeichnet, welche wohl im Eivilrechte Geltung habe, bei der Entscheidung staatsrechtlicher Fragen aber nicht zur Anwendung kommen konne. Allein der Versuch des Rachweises , dass die im Streite liegenden Forderungsrechte, als in Frankreich gelegen und der dortigen Staatshoheit unterworfen betrachtet^ werden u.üss^.n, beruht gleichfalls aus reinen Diktionen , welchen ^udem jeder. Schein von juristischer Begrüudung abgeht. ^enn wenn bei beweglichen Sa.hen von einen.

^orum der gelegenen ^aehe die Rede sein soll , so entscheidet diesssalls

der Besi^, m.d es entspricht zuverlässig bei unkorperlich..u Rechts objekten

u.ehr der Ratnr der Sache, den Berechtigten analog als .^..si^er zu betrachten, als den Verpflichteten.

Die Kommission ist daher der Ansi.ht, der Kanton Waadt habe wenigstens mit eben so viel Recht die Steuerhoheit in Betreff der sr..gliehen Vermogenstheile beanspruchen konnen, als Frankreich. Eine Fatalität ist es allerdings. dass hierdurch die Erben Braun in den ^ail kommen, die Erbschaftssteuer doppelt zu befahlen, dergleichen Uebelstäude konnen aber, in Ermanglung von Staatsverträgen, im internationalen Rechtsleben stets vorkommen, und so wenig die Bundesbehorden der Schweiz

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ein Mittel besizen , Frankreich zu veranlassen , .von dem behaupteten Besteurungsrechte abzustehen, so wenig steht ihnen das Recht zu, den Danton Waadt, ans Grund der Ansprüche jenes Staates, in der Ausübung seiner Souveräuetätsreehte zu beschränken.

Ansehend die Berufung der Rekurrenten auf die zwischen Frankreich und der Schweiz bestehenden Staatsverträge, so ist es klar, dass die Bestimmungen dieser Verträge nicht nur nicht f ü r die^ Rekurrenten, sondern ini Gegentheil zn ihren Ungunsten sprechen. Wie schon in den. Beschlusse des Bundesrathes hervorgehoben worden , sehreiben d.e angerufenen Verträge einfach vor, dass die in der Schweiz niedergelassenen Franzosen in betreff ihrer Bersonen und chres Vermögens gleich behandelt werden sollen, wie die Schwei^erbürger. Diess ist nun bei der vorwürfigen SteuerEntlegenheit durchaus der Fall. Waadt fordert die beftrittene Erbschaftsstener in ^olge einer allgemeinen gesezliehen Vorsehrist, ^welche die Waadtländer und die im dortigen Staatsgebiete niedergelassenen Sehwei^erbürger ebensowohl trifft, wie die Franzosen, welehe sieh ^in der nämlichen ^age

befinden. Roch mehr. Die vollständige Gleichstellung ist gerade im Speeialfalle dadurch schlagend eonstatirt, dass dieselbe Steuer von fechs Waadtländ^.rn und einem Franzosen gefordert wird.

Die kommission stellt daher be. Jhuen den Autrag: Der Nationalrath wolle beschliessen, der von den Erben Braun erhobene Rekurs gegen die Sehlussnahme des Bundesrathes sei als nnbe.gründet abgewiesen.

B e r n , den 10. Januar .863.

Ramens der Kommisston, Der Berichterstatter .

.^i^eler.

^o^. .Der ^or^hende ...n^rag a u f A b w e i s u n g d e ^ ^ e k u r s e . ^ d e r ^.rb.^n ^ r a u n ist ^.^^ beiden ^s.^geben^n .^a^en^ namli.h ^om Nationalrath ^m I7. Januar ^.^.^ und ^.^^ S^...der..^ ^.u. ^... glichen .^ona^. zum Be^ Flusse erhoben werden.

Die Mitglieder d^r kommission waren ^ ^err ^. ^ ^ i g g e l e r ^ in ^ern.

,, ^. J a g e r , ln Brugg ..^argau).

., L. ..^randplerre, in .^hau^de^ond^.

,. Joh. ^ e ß m e r , in ^rauenfeld.

.. L. Wuiller..^ in ^reiburg.

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Bericht der nationalräthlichen Kommission über den Rekurs der Erben Salomea Louise Braun, betreffend doppelte Erbschaftssteuer. (Vom 10. Januar 1863.)

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12.03.1863

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