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Schweizerisches Bundesblatt

XV. Jahrgang. l.

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Nr. 9.

26. Februar 1863.

Bericht und Antrag der

nationalräthlichen Petitionskommission betreffend den Rekurs von Hr. langer von Wald und Mithafte, Kts. Zürich, wegen Aufhebung des Zeitungsstempels.

(Vom 21. Januar l 863.)

Tit. .

Mittelst Eingabe vom l 5. Dezember 1862 rekurriren die Herren Utzinger, Verleger des Schweiz. .Volksblattes vom Bachtel" in der züreherissen Gemeinde Wald , . nebst 3 andern zürcherisehen Druckern und Verlegern von Wochen-, J..telligenz- und ähnlichen Blättern, gegen den Beseheid des Bundesrathes vom 20. .Rovember 1861 , durch welchen ein früheres Uzingersches Gesuch (vom 3. Rov. l 861), dahin gehend, dass die Bestimmung des vom 2. Juni 1857 sieh dat.renden züreherisehen Gesezes, betresfend die Stempelabgabe von periodisch erscheinenden, Jnserate ausnehnienden Blattern im Betrag von 1/2 Rappen per einen Bogen zu 200 Quadratzoll aufgehoben werde, abgewiesen worden ist.

Bevor der bundesräthliche Bescheid , gegen welchen der heutige Rekurs gerichtet ist, erlassen .ourde, war die Regierung von Zürich zur Vernehmlassnng eingeladen. Dieselbe gab dann unterm 14. November 1861 die einfache Erklärung ab : dass sie sich nicht veranlagt sel...., in die Beschwerde näher einzutreten, indem sie von der Ansicht ausgehe, die Frage, ob Zeitungen einer Stempelgebühr unterliegen sollen oder nicht, sei Sache der Kantone und nicht des Bundes.

B u n d e s b l a t t .

J a h r g .

X V .

B d .

I .

2 8

400 Der von Utzinger und Mithaste beschwerdete Bescheid des Bnudes...aths gründet sieh auf folgende Erwägungen : 1) Dass unzweifell^ast die Steuergesetzgebung der Kantone dem Bereiche der Kantonalsonveränetät anheimfällt und solches auch von der Gesetzgebuug über die Stempelsteuer, welche einen Theil der allgemeinen Steuergesetzgebung bildet, gelten muss ; 2)

dass eine Ausnahme von dieser Regel, be^ehm.gsn..eise eine Berechtigung des Bundes zum Einschreiten in dieser Materie nnr dann sieh rechtfertigen konnte, wenn nachgewiesen würde, dass durch einen Akt der kantonalen Steuergesetzgebung gewisse Grundsätze einer Kantons- oder der Bundesverfassung verletzt würden ;

3) dass Beschwerdeführer nun wirklich die Behanptnng ausstellt, es .. seien einerseits die Art. 48 und 4, anderseits Art. 45 der Bundesversassung und der mit. letzteren übereinstimmende Art. 5 der zürcherissen Kantonsverfassung verletzt; 4)

dass, was die Art. 48 und 4 der Bundesverfassung betrifft, die Verletzung der Bundesverfassung darin liegen soll, dass der Kanton

Zürich die nicht kantonalen Blätter günstiger als die kantonalen

behandle. dass indess ein Verbot einer derartigen Handlungsweise in jenen Artikeln der Bundesverfassung nicht enthalten und ein Bedürfniss zum Erlass eines solchen Verbotes von Bundes wegen wohl auch nicht vorhanden ist, indem der Bund lediglich wünschen muss, .^ass der nicht kantonale Schweizerbürger nieht schlechtern Rechtes als der Kantonsbürger sei, während er es süglich in das Ermessen der Kantone legeu darf, ob sie die ^.chweizerbürger besser als die eigenen Kantonsbürger behandeln wollen.

5) dass anbelangend die Verletzung des mit Art. 45 der Bundesverfassung übereinstimmenden Art. 5 der zürcherisehen Kantousversassung, abgesehen von dem 30jährigen unbeanstandeten .Nebeneinanderbestehen jener kantonalen Verfassungsbestimmung und des Zeitungsstempels, diese Behauptung ebenfalls nicht als begründet angesehen werden kann , indem Bressfreiheit und Besteurung der Bresse ^vei ganz verschiedene Begriffe ^sind, welche einander gar nicht aussehliessen, sondern sehr wohl^ neben einander bestehen konnen, und dass nur dann mit Grund ge^en eine solche Besteurung der Bresse opponirt werden konnte, wenn der Raehweis geleistet würde, dass diese Besteurung eine so drückende wäre, dass sie das Wesen der Bressfreiheit selbst erheblich beeinträchtigen würde, ein Nachweis, ^er im vorliegenden Falle nicht staltgesunden hat.

Jhre Kommission hat nnn die Gründe, mit welchen die Rekurrenten die angeführte züreherische Gesetzesbestimmm.g als kantons- und bundes-

verfassnngsw^rig , d.^n einschlägigen Beseheid des Bundesraths von.

20. November

l 861 als unftichhaltig erklären,

und dem ^u ^olge die

.

401 Aufhebung der besehwerdeten zür^.herisehen Gesetzesbestimmung bei der Bundesversammlung nachsuchen, genau und sorgsältig geprüft. sie konnte aber ^u keinem andern, als zu dem einstimmigen A n t r a g e gelangen: ,,Es sei über den in F r a g e l i e g e n d e n Rekurs des Hrn.

U t z i n g e r u n d M i t h a s t e zur T a g e s o r d n u n g zu s c h r e i t e n . ^

Zur Begründung und Rechtfertigung ihres .Antrags glaubt die Kommission, um so mehr aus die Erörterung einiger wenigen sachbezüglichen Hauptmomente sieh beschränken zu dürfen, als die hier zur Sprache kommende B u n d e s k o m p e t e n z f r a g e v.or nicht gar langer Zeit von beiden gesetzgebenden Räthen entschieden wurde, hier demnach die force einer chose ^ée formell und materiell vorliegt.

Der hohen Versammlung wird nämlich noch in Erinnerung sein, dass die F r a g e des Z e i t u n g s s t e m p e l s in ihren Verhandlungen vom Jahre

1860 bei Anlass des Berichts, welchen der Bundesrath über eine Ein-

gab.. des Vereins, genannt ,,Helvetia^ erstattete, zur .Sprache gekommen ist.

Jm ^ationalrathe wurde damals der Antrag gestellt und wesentlich mit den gleichen, heute von den Reknrrenten reprodnzirten Gründen motivirt, dass der in einzelnen Kantonen noch bestehende Zeitungsstempel aufZugeben sei. Dieser .Antrag blieb jedoch mit 23 gegen 46 Stimmen in Minderheit, und der Ständerath stimmte ebensalls mit grosser Mehrheit diesem Beschlusse bei.

Es liegt somit ein förmlicher Besehluss der Bundesversammlung vom

17. Juli 1860 vor, welcher besagt, dass der Bezug einer Zeitungs-

Stempelgebühr im Ressort der Kantone liege, und dass somit eine derartige Gebühr aus periodische Blätter g r u n d s ä t z l i c h nicht im Widerspruch mit der Pressfreiheit stehe.

Rach dieser Reminisziru..g erlaubt sich die Kommission, die Hauptmomente in Kür^e zu prüfen und zu würdigen, welche von den Petenten ^nr Unterstützung ihres Rekurses angeführt werden. Die Rekurrenten behaupten : 1. Der Zeitungsstempel von ^ Rappen per Bogen beschränke die Pressfreiheit in dem Grade, dass der .^lrt. 5 der züreherisehen und der Art. 45 der Bundesverfassung, welche beide die Presssreiheit gewährleisten, damit unvereinbar seien.

Jhre Kommission kann, mit dem Bundesrath, diese Ansieht nieht theilen. Sie hält vielmehr dafür, dass die in Art. 45 der Bundesverfassung gewährleistete Pressfreiheit eine m ässi g e Besteurung der periodisehen Presse nicht ausschlösse. Unsere Verfassungen ^arantiren auch die G e w e r b s f r e i h e i t , und dennoch wird Riemand im Ernste behaupten, dass der Be^.g einer Erwerbs- und Einkommen ssteu..r mit der Gewerl.sfreist unvereinbar sei und eine Verfassungsverletzuug involvire. Grnndsätzlich genommen konnten die Verleger periodischer Blätter, die als solche eine Erwerbssteuer zn bezahlen haben , mit demselben Rechte behaupte..,

^ .die Entrichtung dieser ^rwerbssteiter ^beschränke die Vresssreiheit, u.,d^r Hausierer, welcher neben der Einkommensteuer eine ..^..tentgebühr bezahlt..

konnte ...ie Bezahlung dieser Vatentgebühr ebenfalls als eine Verletzung der gewährleisteten Erwerbssreiheit erklären.

......

Freilieh ist die .kommission mit dem Bundesräthe auch darin einverstanden, dass eine Jntereession^ des Bundes in .^em F.all gerechtfertigt wäre, in welchem ein Danton von den Verlegern von Zeitungen so hohe und lästige ^tempelgebül^.ren beziehen. würde, dass die Herausgabe derselben dadurch n..mogluh ^maeht oder^doeh in sehr erheblichem Masse erschwert .würde. .

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Dass Letzteres bisher im Danton Zürich, von woher der Rekurs ge.kommen, nicht der ^.all ist, geht ans der unbestreitbaren Thatsaebe her^..r, dass gerade hier ^n ...^tadt u..... Land für grossere und kleiner^ Lesekreise Zeitungen und periodische Blätter in einer Masse und Weise floriren, wie Dolches in wenigen andern Kantonen der ^all ist.

Die Rekurrenten behaupten : 2. Das züreherische Zeitnügsstempelgesetz verletze die Artikel 4 nnd 48 der Bundesverfassung. Während, sagen sie, der Art. 48 der BundesVerfassung vorsehreibe , dass in den Kautonalgesetzgebungen alle Schweizer christlicher Konfession den Bürgern des eigenen Landes gleichgehalten werden sollen , belaste das züreheris..he Gesetz nnr ^ie Einwohner l^es Kantons Zürich mit der Zei.tungsstempelgebühr, und stelle demnach die auswärtigen .Zeitungsverleger beffer ats die ^ürcherischen. ^Dadurch sei die versassnngsmassige Gleichheit verletzt.

Jhre Kommission ist der entschiedenen Ansieht, dass die hier a^eführten Artikel der Bundesverfassung anf den vorliegenden ^all gar k^ine Anwendung leiden. Der Bund hat weder Berns n ....eh Juteresse, den .Kantonen ^n verbieten oder sie ...n hindern, dass sie die Einwohner anderer Kantone noch günstiger behandeln, als die eigenen Bürger und KautonsBewohner. Versassungsmässige Bslicht der Bundesbehorden ist es nur, ^u wachen und vor^usorgen , dass die ^ehwei^erbürger aus andern Kantonen nicht schlechter behandelt werden, als die eigenen Kantons^ürger. Der Art. 48 kann daher allerdings nicht von Kantonsbürgern gegenüber der heimatliehen Regierung angerufen werden. Was aber den Art. 4 betrifft, der die Gleichheit der Schweizer vor dem Gesetze vorsehreibt , so haben ihn die Bundesbehorden stets in dem Sinne verstanden und angewendet,

dass bei gleichen faktischen Verhältnissen gleiches Reeht bestehen und ge-

halten werden müsse. Das Gleiche gilt anch in Be^.g anf das , , V o r reeht des . ^ r t s ^ , gegen welches von den Rekurreuten mit dem Art. 4 zu argumeutiren versucht w.rd^ Wenn die Rekurrenten d i e s e Auslegung und Anwendung der Art. 4 und 48 der Bundesverfassung durch -en Befche^d des Bundesraths vom

Jahre 1850,. betreffend ..^e Stimm- und Wahlfähigst schweizerischer

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40.^ ^

Niedergelassenen ^ei Richter^ahien im Kauton Graubünden, als^ unrichtig be^eichuen., so. sind dieselben in offenbarem Jrrthum. Jn Graubünden handelte es sieh um die Frage, ob für die Gerichtsstellen der sogenannten Hochgerichte blos die Bürger der letzter^ oder auch die Niedergelassenen stimm- und wahlsähig seien. Jn diesem ^alle musste natürlich der Bundesrath finden, dass, wenn g..mäss Art. 42 der Bundesverfassung diese Stimme und Wa.hlfähigkeit den Niedergelassenen aus andern Kantonen nicht streitig gemacht werden konne,^ fortiori die Niedergelassenen des eigenen Kantons nieht ungünstiger behandelt werden dürfen , also in den Wahlversammlungeu für Bestellung der. Gerichte ebenfalls stimm- und wahlfähig seien.

E..d.ich behaupten die Rekurrenten :

^

^

Das zürch..rische Zeitungsstempelgesetz sei im Widerspruch mit dem Art. l 8 der züreherischen Kantonsverfassung, welcher eine g l e i c h m a s s i g e Besteuerung von Vermogeu, Einkommen und Erwerb vorsehreibe.

Die Kommission hat diesen Bunkt bereits oben vorläufig berührt.

Sie ist keineswegs der Ansicht , dass die in der ^ürcherischen Versassnng vorgeschriebene g l e i c h m ä ß i g e B e st e u r u n g den ^üreherischen Gese^geber hindern konne, gewisse Gegenstände (z. B. Liegenschaften und ihre Haudänderuuge..) und Berussarten (z. B. Wirthsehastsbetreibungen, Hausi.^.n .e.) uo.^ besondern Abgaben und Gebühren zu unterwerfen, vorausgesetzt immerhin , dass auch diese wieder alle im Kanton wohnenden ...^chwe^erbtn.ger unter gleichen saktischen Vorausse^ungen in gleichen. Masse treffen. Versafsungsbestimmungen , wie die von den Re^rreuteu angerufene ^i.rcherische , bestehen in mehreren Kantonen. Wem ist es aber bisher eingefallen, Handäuderungs-, Erbsehasts-, Wirthschasts-, Hansierund Jag.^pateutgebühren u. dgl. mit solchen verfassungsmäßigen Bestimmungen als unvereinbar, demnach als versassnngsverle^.ud zu erklärend Die Ko^nmission dars diese .gedrängte Rechtfertigung ihres Antrags nicht schliessen, ohne die hohe .Versammlung auf die Stelle in der Rekurssehrist ausmerksau. zn machen, in welcher von den Rekurrenteu selbst die ..^hatsache berichtet u^ird, dass die Regierung des Kantons Zürich, in Folge^ Anre^ungen im dortigen Grossen Rathe, letzteren bereits im September ver.

f l o s s e n e n Jahres einen G e s e t z e n t w u r f b e t r e f f e n d A u f h e b u n g des Z e i t u n g s s t e m p e l s vorgelegt hat. Wenn in diesen Gesetzentwurf nicht sofort eingetreten und derselbe an eine Kommission ^ur Vorberathung gewiesen wurde, so geschah es, wie man aus zuverlässiger .Quelle vernimmt, keineswegs desswegen, ^eil die grosse Mehrheit der gesetzgebenden Behorde mit .der Abschaffung des Z e i t u ngs stempels nicht einverstanden war, sondern vielmehr ans dem Grnnde, u.eil die ko^umissiouelle Brüsung sich auch aus die ^rage ausdehnen sollte, ob nieht überhaupt der V a p i e r . ^ S t e m p e l im Kanton Zürich abgeschafft werden soll.

Unter solchen Umständen würde es Jhre Kommission, ganz abgesehen von der Bundeskompeten^srage, für hochst nnsehicklieh un^ unange-

404.

messen erachten, der Regierung des hohen Standes Zürich kassatorische Bundesbeschlüße zugehen zu lassen, wie solche von den Rekurrenten gegen die Oberbehorden ihres Heimatkantons reklamirt werden.

Hochachtungsvoll.

Bern, den 21. Januar 1863.

Für die Betitionskommission : Hungebühler.

Note. Die .Petitionskommission bestand aus den Herren.

J. M. .junger b ü h l e r , in St. Gallen Joh. Büzberger, in Langemh.a .(Bern).

L. de Miéville, in Yverdon (Waadl).

A. Allet in Sitten.

A. Heller. in Aarau.

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der

ständeräthlichen

kommission

über

den

Rekurs

de....

Herrn

H. Uzinger, Buchdruckereibesizer in Wald, Kantons Zürich betreffend den dortigen Zeitungsstempel.

(Vom 26. Januar 1863.)

Tit..

Das Gesez. des Kantons Zürich, betreffend die Stempelabgabe, vom 2. Juli l 857 schreibt vor, dass dem Zeitnngsstempel alle im Kanton Zürich periodisch erseheinenden und daselbst abgesehen osfentlichen Blätter, welche Jnserate gegen Bezahlung aufnehmen, unterliegen, und zwar soll sur jeden Bogen, zu 200 Quadratzoll berechnet, eine Stempel..

gebühr von 1/2 Rappen bezahlt werden.

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Bericht und Antrag der nationalräthlichen Petitionskommission betreffend den Rekurs von Hr. Utzinger von Wald und Mithafte, Kts. Zürich, wegen Aufhebung des Zeitungsstempels.

(Vom 21. Januar 1863.)

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1863

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26.02.1863

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399-404

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