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Bundesblatt

i Bern, den 21. April 1975

127. Jahrgang Band I

Nr. 15 Erscheintwöchentlich. Preis: Inland Fr. 75.-imJahr.Fr 42.50imHalbjahr;AuslandFr. 91.imjahr, zuzüglichNachnahme-und Postzustellungsgebühr. Inseratenverwaltung : Permedia.

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75.024 Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die politischen Rechte der Auslandschweizer (Vom 3. März 1975)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, Wir legen Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer vor.

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Übersicht

Das Gesetz bezweckt, den Auslandschweizern unter gewissen Voraussetzungen zu ermöglichen, an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen sowie Volksinitiativen und Referendumsbegehren zu unterzeichnen. In der Botschaft zeigen wir die Gründe im einzelnen auf, die uns dazu geführt haben, dem Auslandschweizer ein umfassendes Stimm- und Wahlrecht in der1 Schweiz zu gewährleisten (Aufenthalterstimmrecht) sowie die freie Wahl der Gemeinde, in der er seine politischen Rechte ausüben will (Stimmrechtsdomizil), zu gestatten. Im weitern begründen wir die abweichende Regelung für im Ausland eingesetzte Beamte und Angestellte des Bundes.

Die Gesetzesvorlage stützt sich auf den von Volk und Ständen am 16. Oktober 1966 angenommenen Auslandschweizer-Verfassungsartikel 45bis (AS 1966 1672). Der erste Erlass war das Bundesgesetz vom 21. März 1973 (AS 1973 1976) über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer, der zweite das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1973 (AS 1974 795) über den Militärpflichtersatz der Auslandschweizer: beide Gesetze sind am I.Januar 1974 in Kraft getreten; der dritte ist 1975-105

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1286 das Gesetz vom 4. Oktober 1974 (BB1 1974 II 808) über die Unterstützung von Schweizerschulen im Ausland, das am 1. Januar 1976 wirksam werden soll.

Weitere Massnahmen wurden - ebenfalls im Sinne von Artikel 45bis BV - auf der Verwaltungsstufe getroffen. Dazu zählt das am 24. November 1967 erlassene neue Reglement des schweizerischen diplomatischen und konsularischen Dienstes (AS 7967 1994), das zu einem Teil auch Bestimmungen enthält, welche die Beziehungen zu den Auslandschweizern sowie ihre Rechte und Pflichten im Rahmen des Auslandschweizer-Verfassungsartikels umschreiben. Zu wesentlichen Vereinfachungen und einer sinnvolleren Handhabung des militärischen Urlaubswesens führte die neue Verordnung vom 23. Dezember 1969 (AS 7970 355) über das militärische Kontrollwesen, welche seit dem I.Juli 1970 angewendet wird. In Ergänzung dazu ermöglicht es der Bundesratsbeschluss vom 17. November 1971 über den Militärdienst der Auslandschweizer und der Doppelbürger (AS 7977 1645) allen jungen Auslandschweizern, unter bestimmten Voraussetzungen die Rekrutenschule in der Schweiz zu absolvieren.

Der Auslandschweizer-Verfassungsartikel hat es ermöglicht, eine ausgewogene Auslandschweizerpolitik einzuschlagen und die Rechte und Pflichten unserer Mitbürger im Ausland unter Berücksichtigung ihrer besonderen Lage zu regeln.

Früher etwa vorkommende Doppelspurigkeiten, Widersprüche, Leerläufe usw.

konnten vermehrt ausgemerzt und nicht unbeachtliche Einsparungen an Zeit und Arbeit erzielt werden. Wir beabsichtigen, auf diesem Weg fortzufahren, obwohl mit der Vorlage über die politischen Rechte unserer Landsleute in der Fremde die Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 45bls BV praktisch abgeschlossen sein dürfte.

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Allgemeiner Teil 21

Ausgangslage

Die Ausübung der politischen Rechte hat die Auslandschweizer schon unter der Bundesverfassung von 1848 beschäftigt. In unserer Botschaft vom 2. Juli 1965 über die Ergänzung der Bundesverfassung durch einen Artikel 45bis betreffend die Schweizer im Ausland (BB1 7965 II417) schilderten wir die früheren Bestrebungen unserer Mitbürger im Ausland wie folgt: Zahlreich sind die Vorstösse um Teilnahme an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen. So richteten im Jahre 1874 einige Schweizer in Mailand und Mülhausen an die eidgenössischen Behörden das Gesuch, an der Abstimmung vom 19. April 1874 über die Revision der Bundesverfassung teilnehmen zu können. Der Bundesrat lehnte dieses Begehren unter Hinweis auf das (heute noch geltende) Bundesgesetz betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872 ab, wonach das Stimmrecht nur von solchen Schweizern ausgeübt werden könne, die in der Schweiz wohnen. In den folgenden Jahrzehnten waren es vor allem im nahen Ausland (Grenzbahnhöfe) stationierte Zollbeamte, die an Wahlen und Abstimmungen mitzuwirken wünschten. Die Stellungnahme der Behörden war nicht immer einheitlich. Dagegen konnten die Auslandschweizer-Wehrmänner sowohl im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg dank den auf Grund der ausserordentlichen Vollmachten erlassenen Vorschriften an den während ihrer Dienstzeit stattfindenden Nationalratswahlen teilnehmen.

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Anlasshch der Abstimmung über die Kriseninitiativ e vom 2 Tuni 1935 kamen aus Deutschland, Frankreich und Italien über unsere Aussenposten dringende An fragen, ob die Auslandschweizer an dem für das Land bedeutenden Urnengang nicht teilnehmen durften Die Bundeskanzlei gelangte auf Grund eines schon am 13 November 1925 an die Kantone gerichteten Kreisschreibens des Bundesrates zu einer positiven Stellungnahme Dieser hatte die Auffassung bekundet, dass ein stimmfähiger Schweizer Burger der sich in einer schweizerischen Gemeinde unter Hinterlegung richtiger Aus\v eispapiere als Aufenthalter polizeilich anmelde, und gegen den ein Ausschliessungsgrund nicht vorliege m dieser Gemeinde das Stimmrecht m eidgenossischen Angelegenheiten besitze vorausgesetzt dass er im Stimmre gister seines früheren Wohnortes gestrichen worden sei Obwohl im Kreisschreiben von den Ausland schweizern nicht die Rede war folgerte die Bundeskanzlei in ihrer Mitteilung vom 23 April 19"*3 an die Kantone das» auch die Auslandschweizer ihre politischen Rechte m einer schweizerischen Gemeinde ausüben konnten wenn sie dort ihre Ausvveispapiere hinterlegt hatten Aul Grund dieses Erlasses nahmen etwa 600 Auslandschweizer an der Abstimmung über die Kriseninitiative teil Allein im Oktober des gleichen Jahres v erw eigerte die Regierung des Kantons Schwyz bei den Nationalratsvvahlen den beim Etzel Werk beschäftigten 250 Zürcher Arbeitern die Zulassung zur Urne Betraf diese Stellungnahme auch nicht direkt die Ausland schweizer, so wurde durch sie doch die Frage des Erfordernisses einessceizeri-!

sehen Wohnsitzes anstelle eines blossen \Vahldomizils wieder aufgeworfen und ein Zustand der Unsicherheit geschaffen Der Bundesrat sah sich deshalb am 4 Oktober 1937 veranlasst aut das Kreisschreiben vom 13 November 1925 zurückzukommen das, wie er selbst bemerkte ganz allgemein den politischen dem zivilrechtlichen Wohnsitz gleichstelle und daher augenfällig von Doktrin und Pia\is abweiche, er sehe keine andere Losung als den \erzicht auf die durch das Kreisschreiben vom 13 November 1925 den Aufenthaltern gewährten Erleichterungen insbesondere konnten die im Ausland wohnhaften Schweizer Burger nicht mehr an einer eidgenossischen Abstimmung oder Wahl teilnehmen Neben zahlreichen einzelnen Mitbürgern im Ausland haben sich auch die Auslandschweizer-Orgamsationen
der Frage der politischen Rechte immer wieder angenommen Sie gab auch an den A.uslandschweizertagen zu Diskussionen Anlass Am vierten Auslandschweizertag im Jahre 1921 wurde z B ein Bundesgesetz für die Auslandschweizer postuliert und dann das Stimmrecht vorgesehen Weitere Vorstosse erfolgten 1926, 1933 1935 1947 1949 und 1950 So unterbreitete 1947 die Schvveizerkolome London besonders differenzierte Antrage Seit 1958 verschwindet dieses Anliegen nicht mehr von der Traktandenliste der Auslandschwerzertage Die Konferenzen der Auslandschweizer befassen sich in den verschiedensten Landern Jahr für Jahr und oft sehr eingehend mit dem Problem Nach der Volksabstimmung über Artikel 45 b " der Bundesverfassung hat die Auslandschweizerkommission der Neuen Helvetischen Gesellschaft m einer Eingabe vom 31 Juli 1968 an den Vorsteher des Politischen Departements zur Frage der Ausübung der politischen Rechte durch die Auslandschweizer u a wie folgt Stellung genommen Der Bund soll den Auslandschw erzern ermöglichen, bei ihren Aufenthalten m ihrem Heimatlande und seien diese Aufenthalte auch nur v ou ganz kurzer Dauer, vielleicht nur von wenigen Stunden an eidgenossischen Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen Die praktische Erfüllung dieses grundsätzlichen Postulates sehen wir wie folgt Der Bund soll die Kantone anweisen Auslandschw eizer gegen Vorlegung ihrer Ausweispapiere m das Stimmregister ihrer Heimatgemeinde oder des Hauptortes ihres Heimatkantons einzutragen Gleichzeitig ist für die Ausland schweizer ein eidgenössischer Stimmrechtsausweis zu schaffen, der nach Eintragung m das Stimmregister dem Gesuchsteller auszuhandigen und von diesem bei der

1288 Ausübung seines Stimmrechtes vorzulegen ist. Die Aufnahme ins Stimmregister und die Aushändigung des Auslandschweizer-Stimmrechtsausweises müsste vor jedem eidgenössischen Urnengang erneuert werden. Mit diesem Aufenthalter-Stimm- und Wahlrecht wäre den Wünschen des Grossteils unserer Auslandschweizer entsprochen, geht es ihnen doch primär um den Grundsatz und erst m zweiter Linie um die tatsachliche Ausübung der politischen Rechte. Diese Möglichkeit würde sich psychologisch sehr gut auf die Moral der Landsleute im Ausland auswirken und ihre Verbundenheit zu ihrer Heimat fordern.

In neuerer Zeit befasste sich namentlich der 50. Auslandschweizertag, der 1972 in Bern in besonders feierlichem Rahmen stattgefunden hat, mit der Frage der Ausübung der politischen Rechte der Auslandschweizer.

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Rechtslage

Die politischen Rechte in eidgenössischen Angelegenheiten umfassen bekanntlich das Stimmrecht, das aktive und passive Wahlrecht, die Beteiligung an der Verfassungsinitiative und am fakultativen Referendum. Nach der heute bestehenden verfassungsrechtlichen Ordnung ist ihre Ausübung nicht nur an das Schweizer Bürgerrecht, sondern auch an den Wohnsitz in der Schweiz geknüpft.

Das in Artikel 43 BV niedergelegte Wohnsitzprinzip schliesst somit die Auslandschweizer von der Mitwirkung an der politischen Willensbildung im Bund aus.

Davon sind zahlreiche Mitbürger betroffen, so z. B. sogar Auslandschweizer, die Dienst in der schweizerischen Armee leisten, von schweizerischen Firmen ins Ausland entsandte Angestellte (wie Techniker, Ingenieure), Swissair-Angestellte, Mitarbeiter der schweizerischen diplomatischen und konsularischen Vertretungen.

Professoren u. a. m.

Erst im Jahre 1966 ist mit der Einfügung von Artikel 45bis in die Bundesverfassung eine grundsätzlich neue Rechtslage geschaffen worden. Diese gibt dem Gesetzgeber die Befugnis, für Auslandschweizer vom Wohnsitzprinzip abzuweichen und ihnen die Ausübung politischer Rechte zu ermöglichen.

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Einsetzung der Studienkommission

Auf Grund dieser Sach- und Rechtslage sowie eines Berichts des Eidgenössischen Politischen Departements vom 26. August 1971 hat der Bundesrat mit Beschluss vom 15. September 1971 der Bestellung einer Studienkommission zugestimmt, um die sich im Zusammenhang mit der Ausübung der politischen Rechte durch die Auslandschweizer ergebenden Probleme zu prüfen. Sie setzte sich aus Vertretern von Kantons- und Gemeindeverwaltungen, der Bundesverwaltung (Bundeskanzlei, Politisches Departement, Justiz- und Polizeidepartement) sowie des Auslandschweizersekretariates der Neuen Helvetischen Gesellschaft zusammen.

Das Ergebnis ihrer Beratungen hat die Kommission in einem Bericht vom 2I.Mai 1973 zusammengefasst, dem Vorentwürfe zu einem Bundesgesetz und einer Verordnung beigelegt waren.

1289 24 Argumente für und gegen die Ausübung der politischen Rechte durch die Auslandschweizer Über die praktische Tragweite eines Gesetzes, das den Auslandschweizern die Ausübung der politischen Rechte in der Schweiz ermöglicht, kann man verschiedener Meinung sein. Entscheidend sind unseres Erachtens die mehr grundsätzlichen Überlegungen, die für eine solche Mitwirkung der Auslandschweizer sprechen.

In erster Linie sind es psychologische Gesichtspunkte, denen eine grosse Bedeutung zukommt. Die Möglichkeit zu stimmen, könnte - unabhängig davon, ob und wie oft der Auslandschweizer davon Gebrauch macht - dazu beitragen, dass er sich vermehrt mit dem politischen Geschehen in der Schweiz auseinandersetzt und dadurch stärker mit der Heimat verbunden bleibt. So wird der Auslandschweizer nicht mehr das Gefühl empfinden, er sei Bürger zweiter Klasse, der an eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen nichts zu sagen habe. Solche Überlegungen gelten um so mehr, als sich die Auswanderungsstruktur in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert hat. Eine immer wachsende Zahl von Auswanderern begibt sich heute als Wissenschafter, Studenten, Techniker, Firmenangestellte, Entwicklungshelfer usw. - man spricht von sogenannten «KontraktSchweizern» - nur für eine verhältnismässig kurze Zeit ins Ausland und ist im Hinblick auf ihre nicht allzu ferne Rückkehr je nach ihrer Einstellung vermehrt daran interessiert, ihre Beziehungen zur Schweiz aufrechtzuerhalten und mitzustimmen.

Ein weiteres Argument für die Mitwirkung der Auslandschweizer ergibt sich aus dem Gegenstand zahlreicher eidgenössischer Abstimmungen. Wenn man die in den letzten Jahren dem Volk und den Ständen unterbreiteten Vorlagen betrachtet, stellt man fest, dass ein erheblicher Teil in mehr oder weniger direkter Weise auch die Interessen der Auslandschweizer berührt. Allen voran sei die Abstimmung über den Auslandschweizerartikel vom 16. Oktober 1966 selbst genannt, an welcher die unmittelbar Betroffenen - ein Vergleich mit der Frauenstimmrechts\orlage liegt hier nahe - nicht teilnehmen konnten ; ferner die Abstimmungen über die Bodenspekulation (2. Juli 1967). die Steueramnestie (18. Febr. 1968), die Überfremdung (7. Juni 1970), die Fmanzordnung des Bundes (15. Nov. 1970 und 6. Juni 1971), den Umweltschutz (6. Juni 1971), den Baumarkt (4. Juni 1972),
den Schutz der Währung (4. Juni 1972), das Abkommen mit der EWG (3. Dez. 1972), Bildung und Forschung (4. März 1973), den Jesuiten- und den Klosterartikel (20. Mai 1973), die Abstimmung über das Volksbegehren gegen die Überfremdung und Übervölkerung der Schweiz (die sog. 3. Überfremdungsinitiative vom 20. Okt.

1974). die Volksabstimmung vom 8. Dezember 1974 über die Bundesbeschlüsse zur Verbesserung des Bundeshaushaltes, über die Erschwerung von Ausgabenbeschlüssen und über die soziale Krankenversicherung.

Schliesslich haben wir bereits in unserer Botschaft zum Auslandschweizerartikel auf den von vielen Seiten kritisierten Missstand hingewiesen, dass «die Auslandschweizer, die in der Heimat Dienst leisten, sogar während dieses Dienstes

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von der Teilnahme an einer eidgenössischen Abstimmung ausgeschlossen sind» (BB1 1965 II 439). Eine Reform auf diesem Gebiet erscheint als ein Gebot der Selbstverständlichkeit.

Sicher gibt es auch Gründe, die gegen die Ausübung der politischen Rechte durch die Auslandschweizer sprechen. Diese lassen sich im wesentlichen auf das Wohnprinzip zurückführen. Da der Auslandschweizer im Ausland wohnt und mit seinem ausländischen Wohnsitz verbunden ist, fällt es ihm nicht leicht, die politischen Verhältnisse in der Schweiz zu erfassen und in sachkundiger Weise an einem Urnengang teilzunehmen. Diese Schwierigkeit ist um so grösser, als der Bürger in der direkten Demokratie häufig zur Urne gerufen wird und sich mit zahllosen, oft komplizierten Sachfragen befassen muss ; bei den Wahlen sollte der Wähler insbesondere die Wahlkandidaten kennen.

Die letzteren Argumente treffen nun allerdings teilweise auch auf die Inlandschweizer zu. Den mit dem ausländischen Wohnsitz verbundenen Nachteilen kann bis zu einem gewissen Grad Rechnung getragen werden, worauf wir später zurückkommen werden. Im übrigen ist der Auslandschweizer nicht gezwungen, die politischen Rechte auszuüben ; fühlt er sich überfordert, kann und wird er von der Teilnahme absehen. Es geht lediglich darum, ihm die Ausübung zu ermöglichen.

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Rechtsvergleichende Darstellung

Wie haben andere Staaten die Frage der politischen Rechte ihrer im Ausland niedergelassenen Bürger geregelt? Ein Belgier, der sein Land verlässt, wird vom Einwohner- und Wählerregister gestrichen. Bis zur Überprüfung und Bereinigung des Registers, die periodisch alle ein bis zwei Jahre stattfinden, besitzt indessen der Auslândbelgier noch das Wahlrecht, ebenso jener, der in Belgien einen Wohnsitz beibehält. Ähnlich ist die Regelung in Dänemark: Auslanddänen besitzen kein Stimm- und Wahlrecht, es sei denn, sie befinden sich im Auftrag des Staates ausser Landes und behalten ihren Wohnsitz in Dänemark bei. Die Stimmabgabe kann bei den dänischen diplomatischen und konsularischen Vertretungen erfolgen. Auch die Bundesrepublik Deutschland kennt kein Wahlrecht der Auslanddeutschen. Sie räumt nur den auf Anordnung ihres Dienstherrn im Ausland tätigen Beamten und Angestellten der öffentlichen Dienste wie auch ihren Familienangehörigen und den im Ausland lebenden Deutschen, die den Wohnsitz in der Bundesrepublik beibehalten haben, die Möglichkeit ein, das sogenannte Briefwahlrecht auszuüben. Frankreich gestattet den Auslandfranzosen die Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen durch persönliche Ausübung im Wahlbüro oder durch Stellvertretung, sofern sie im Wahlregister einer französischen Gemeinde eingetragen sind. Die Stimmabgabe auf dem Korrespondenzweg ist für die Auslandfranzosen nicht vorgesehen. Für die Briten ist die Niederlassung in Grossbritannien und die Eintragung im Wahlregister Voraussetzung. Gewisse Personenkategorien, wie die Angehörigen der im Ausland stationierten Streitkräfte und dort eingesetzten Staatsbeamten, weitere Funktionäre sowie unter gewissen Voraussetzungen Geschäftsleute können durch Vertretung wählen. Italien kennt bekannt-

1291 lieh das Stimm- und Wahlrecht der Auslanditaliener, doch hängt die Ausübung dieses Rechtes von einem Aufenthalt in der Heimat ab. Bestrebungen, für Auslanditaliener die Stimmabgabe im Ausland zuzulassen, werden geprüft. Die Niederlande kennen kein Stimmrecht ihrer Bürger im Ausland. Norwegen hat das Wahlrecht auf Auslandnorweger ausgedehnt, die im diplomatischen oder konsularischen Dienst tätig sind, sowie auf Personen, die derem Haushalt angehören. Die übrigen im Ausland wohnhaften Norweger sind stimmberechtigt, wenn sie in den letzten zehn Jahren vor dem Wahltag bei einer norwegischen Einwohnerkontrolle eingetragen waren und auf Gesuch hin für die Wahl im Stimmregister aufgeführt sind. Die Stimmabgabe soll in den Räumen der norwegischen Vertretungen im Ausland erfolgen. Die Auslandösterreicher haben kein Wahlrecht. Dagegen können Österreicher, die ihren Wohnsitz in der Heimat beibehalten haben und dort den Hauptteil ihres Lebensunterhaltes verdienen, sich aber aus irgendeinem Grund im Ausland aufhalten, stimmen, wenn sie nach Österreich zurückkehren und in der Wählerliste eingetragen sind. Schweden räumt seinen Staatsangehörigen im Ausland das Wahlrecht ein. Dies gilt sowohl für Reichstagswahlen wie auch für Wahlen von Provinz- und Gemeindeabgeordneten. Die zentrale Wahlbehörde setzt im Einvernehmen mit dem Aussenministerium fest, bei welchen Auslandsbehörden (schwedische Vertretungen im Ausland) die Stimmabgabe stattfinden wird. Gemäss Änderung des Federai Voting Assistance Act 1968 wird den Einzelstaaten der USA empfohlen, neben den bisher zugelassenen Kategorien von Stimmberechtigten im Ausland (wie z. B. den Angehörigen der bewaffneten Streitkräfte, der Handelsmarine) allen Amerikanern im Ausland die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen auf den verschiedenen Ebenen (Bund, Staaten usw.)

zu ermöglichen, sofern sie den Stimmwohnsitz in ihrem Einzelstaat beibehalten haben.

Die erwähnten Staaten lassen es zu. dass Ausländer die von ihren Heimatstaaten zugestandenen politischen Rechte auf ihrem Gebiet (meistens am Sitz der diplomatischen oder konsularischen Vertretung) ausüben.

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Hauptprobleme und Lösungsvorschläge

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Gründe für das Aufenthalterstimmrecht

Hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung der politischen Rechte haben die Auslaiidschweizer verschiedene Lösungen vorgeschlagen : am weitesten geht die Forderung nach einer Stimmabgabe im Ausland, sei es auf dem Korrespondenzweg oder bei den schweizerischen Vertretungen; eine mittlere Lösung stellt die Stimmabgabe durch Stellvertretung dar, wobei ebenfalls die diplomatischen und konsularischen Vertretungen eingeschaltet werden müssten ; schliesslich wird die Stimmabgabe während eines Aufenthaltes in der Schweiz in Betracht gezogen.

Während sich die Auslandschweizerkommission der Neuen Helvetischen GeL Seilschaft - wie schon erwähnt - die Forderung nach einem1 «Aufenthalterstimmrecht» zu eigen machte, sind von gewissen Auslandschweizerkreisen Einwände

1292 gegen den Grundsatz des Aufenthalterstimmrechts erhoben worden. Es wurde argumentiert, dadurch würden jene benachteiligt, die weit von der Schweiz entfernt lebten und sich eine Reise in die Heimat aus finanziellen oder anderen Gründen nicht leisten könnten.

Theoretisch wäre die Ausübung politischer Rechte durch die Auslandschweizer in vier verschiedenen Formen denkbar : - durch Stimmabgabe am Sitz der schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretungen im Ausland, - durch Stellvertretung, - durch briefliche Stimmabgabe vom Ausland her, - durch Stimmabgabe bei einer Anwesenheit in der Schweiz.

Die drei ersten Arten, welche u. a. den Versand von Stimmaterial, Unterschriftenlisten usw. ins Ausland voraussetzen, stellen zum Teil politische Handlungen auf ausländischem Boden dar.

Die Schweiz erachtet es mit ihren Souveränitätsrechten als nicht vereinbar, von ihrem Territorium aus Ausländer am politischen Leben des Heimatstaates teilnehmen zu lassen. Weil aus dem Völkerrecht, und zwar aus dem Gewohnheitswie aus dem Vertragsrecht, zu dieser Frage keine Vorschriften und Verpflichtungen abzuleiten sind, ist es dem Ermessen jedes Staates überlassen, auf Grund seiner internen Rechtsordnung die Grenzen seines Souveränitätsanspruchs zu bestimmen. Es steht ihm insbesondere frei, auf seinem Gebiet die Beteiligung von Ausländern an ausländischen Wahlen und Abstimmungen zuzulassen oder nur unter einschränkenden Bestimmungen zu gestatten oder gänzlich zu untersagen. Die von der Schweiz ebenfalls ratifizierten Wiener Übereinkommen über diplomatische bzw. konsularische Beziehungen vom 18. April 1961 (AS 1964 435 ff.) bzw.

vom 24. April 1963 (AS 1968 887 ff.) enthalten keine Bestimmungen, welche die Kompetenzen der diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Zusammenhang mit der Ausübung politischer Rechte auf fremdem Boden regeln würden.

Die Schweiz hat bis heute die Begehren verschiedener Staaten - u. a. Dänemarks, Frankreichs, Italiens, Norwegens, Schwedens -, welche die Teilnahme ihrer Auslandbürger an gewissen Wahlen oder Abstimmungen auf Schweizer Boden zum Ziel hatten, grundsätzlich abgelehnt. Würde sie diese Forderung für die Ausland schweizer erheben, müsste sie Gegenrecht gewähren.

Beurteilt man die Auswirkungen, welche sich bei der Gewährung des Gegenrechts ergeben würden, so
ist davon auszugehen, dass Ende 1973 in unserem Land rund eine Million Ausländer wohnten. Dieser Bestand, in dem die Saisonarbeiter und Grenzgänger sowie die internationalen Funktionäre und deren Familien nicht Inbegriffen sind, entspricht einem Ausländeranteil von 16,7 Prozent. Abgesehen vom Fürstentum Liechtenstein, von Luxemburg und anderen Kleinstaaten weist unser Land in Europa den höchsten Prozentsatz an Ausländern auf. Dazu kommt, dass Angehörige einzelner Staaten viel stärker vertreten sind als die Auslandschweizer im entsprechenden Staat. So wohnten Ende 1973 rund 552 000 Italiener, 119000 Spanier, 111000 Deutsche, 43000 Österreicher, 32000 Jugoslawen und

1293 23 000 Türken in der Schweiz. Demgegenüber betrug der Bestand der Auslandschweizer (Doppelbürger Inbegriffen) Ende 1973 in Italien 19000, in Spanien 5000, in der Bundesrepublik Deutschland 37 000, in Österreich 6000, in Jugoslawien 150 und in der Türkei 400. Lediglich mit Bezug auf Frankreich liegen die Verhältnisse umgekehrt: 92000 Mitbürger wohnen in Frankreich, während der Bestand der Franzosen in der Schweiz nur 53 000 beträgt.

Wie diese Zahlen zeigen, sind die im Ausland herrschenden, für die Würdigung des vorliegenden Problems massgebenden Verhältnisse mit denjenigen in der Schweiz nicht vergleichbar. Würde unser Land den auf seinem Gebiet wohnenden Ausländern die Möglichkeit gewähren, ihre politischen Rechte in Angelegenheiten des Heimatstaates von der Schweiz aus auszuüben, so hätte dies ungleich schwerwiegendere Folgen, als wenn ein ausländischer Staat gegenüber den auf seinem Gebiet niedergelassenen Ausländern in ähnlicher Weise vorgeht.

Der Rahmen der politischen Tätigkeit von Ausländern müsste aus Gegenrechtserwägungen entsprechend erweitert werden. Die Ausländer erhielten Gelegenheit, die Schweiz als Plattform für politische Auseinandersetzungen zu benützen. Wegen 'seiner geografischen Lage sowie als Sitz zahlreicher internationaler Organisationen und Konferenzen übt unser Land ohnehin eine grosse Anziehungskraft auf Ausländer aus. Zudem können gewisse Strömungen und Gruppierungen extremistischer Richtung nicht übersehen werden, deren Beeinflussung durch das Ausland offenkundig ist. Schliesslich fällt in Betracht, dass das Mass der politischen Tätigkeit der Ausländer nicht ein für allemal festgelegt werden kann, sondern sich nach den jeweils herrschenden politischen Verhältnissen zu richten hat. Ändern sich diese Verhältnisse nach der Gewährung des Gegenrechts, so ist die Gefahr nicht auszuschliessen, dass die im Zusammenhang mit Wahlen.

Abstimmungen oder Unterschriftensammlungen ausgeübte Propagandatätigkeit zu einer Störung der öffentlichen Ordnung führen könnte.

Neben diesen Gründen sprechen aber auch solche sachlicher, geografischer sowie psychologischer Natur gegen die Stimmabgabe in irgendwelcher Form vorn Ausland her und für die Lösung über das Aufenthalterstimmrecht.

Wohl kein Land wie die Schweiz kennt so zahlreiche Sachabstimmungen.

Um diese besser beurteilen zu
können, ist eine persönliche Anwesenheit auf Schweizer Boden erwünscht. Der stimmberechtigte Auslandschweizer kann so nicht nur seine Beziehungen zu Volk und Heimat, sondern auch seine Kenntnisse über unser Land und die zur Diskussion stehenden Probleme erweitern und vertiefen.

Mit der Bedingung, dass der Mitbürger im Ausland zur Ausübung der politischen Rechte in der Schweiz weilen muss, wird man auch dem bei uns geltenden Wohnsitzprinzip nach Artikel > 43 BV am ehesten gerecht. Die Ausübung der politischen Rechte wird jenem vorbehalten, der durch sein Verweilen in einer bestimmten Gegend eine gewisse Verbundenheit mit ihr bezeugt. Wegen des Aufenthaltserfordernisses wird vermutlich nur jener Auslandschweizer stimmen und wählen, der unser Land und seine Probleme einigermassen kennt; nur jener wird die noch zu schildernden Verfahrensumtriebe auf sich nehmen, der an unserem

1294 politischen Leben wirklich interessiert ist. Der Aufenthalt in der Schweiz gilt mit ändern Worten als Ersatz für den fehlenden, aber vom Inlandbürger geforderten schweizerischen Wohnsitz.

Auch ist die geografische Verteilung der Auslandschweizer nicht ausser acht zu lassen. Schon früher und besonders deutlich wieder am 50. Ausland schweizertag vom 26. August 1972 in Bern hat sich gezeigt, dass sich vor allem jene Mitbürger für die Ausübung der politischen Rechte interessieren, die in unsern Nachbarländern niedergelassen sind. In diesen Staaten leben 49 Prozent aller Auslandschweizer. Von einem anfälligen Aufenthalterstimmrecht würden somit in erster Linie diejenigen Gebrauch machen, die man als Grenzgänger im weitesten Sinn bezeichnen könnte. Auch sind die Auslandschweizer nicht zu vergessen, die die Rekrutenschule bestehen und während dieser Zeit an eidgenössischen Wahlen oder Abstimmungen teilzunehmen wünschen. Ferner ist die grosse Zahl von Auslandschweizern zu erwähnen, die im Auftrag schweizerischer Unternehmen und Institutionen im Ausland tätig sind und häufig in die Schweiz kommen (Swissair, Verkehrszentrale, Mitarbeiter des Radios und Fernsehens, Journalisten, Vertreter schweizerischer Firmen usw.). Andere Mitbürger sehen sich ebenfalls veranlasst, unser Land zu besuchen. Das gilt z. B. für Wissenschafter, die in europäischen Ländern, aber auch in Übersee wirken und von denen eine erhebliche Zahl den Kontakt mit der Heimat - nicht zuletzt durch häufige Besuche - pflegen. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass etwa 150 Schweizer als Dozenten an Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland tätig sind ; in den USA und in Kanada leben etwa 3500 schweizerische Wissenschafter.

Der Einwand, mit dem Aufenthalterstimmrecht würden zwei Kategorien von Auslandschweizern geschaffen (jene, die es sich leisten können, in die Schweiz zu kommen, und alle ändern), berücksichtigt zu wenig, dass die von uns - namentlich wegen der grossen Zahl von Sachabstimmungen - vorzuschlagende Lösung sich weitgehend dem in der Schweiz seit jeher geltenden Wohnsitzprinzip anzugleichen hat. Auch handelt es sich um tatsächliche Unterschiede, um solche der räumlichen Distanz und nicht um eine rechtliche Benachteiligung. Alle Auslandschweizer können unter den gleichen Bedingungen stimmen. Auch die Inlandschweizer
haben, je nach Wohnsitz und Verbindungsmöglichkeiten, tatsächliche Ungleichheiten zu tragen. Übrigens würde die Lösung, die von Bundes wegen den Auslandschweizern die Ausübung der politischen Rechte im Ausland (z. B. bei den diplomatischen und konsularischen Vertretungen) gestattete, ebenfalls zwei, wenn nicht sogar drei Kategorien von Mitbürgern schaffen. Kein Staat ist nämlich verpflichtet, die Ausübung des Stimm- und Wahlrechts durch Ausländer auf seinem Gebiet zu dulden. Zwar gibt es Länder, die eine derartige Tätigkeit auf ihrem Territorium zulassen. Es ist aber zu erwarten, dass andere Länder dies verweigern oder nur unter erschwerenden Bedingungen gewähren würden. Damit wären die Auslandschweizer bei der Ausübung der politischen Rechte in eidgenössischen Angelegenheiten von der mehr oder weniger grosszügigen Haltung ihrer Gastländer abhängig - ein Zustand, der schon aus grundsätzlichen Überlegungen unerwünscht wäre.

1295 Beim Abwägen aller Umstände für und wider das Aufenthalterstimmrecht scheinen uns die befürwortenden Argumente zu überwiegen und unseren politischen Gegebenheiten mit den zahlreichen Sachabstimmungen am besten zu entsprechen.

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Persönliche Voraussetzungen

262.1

Immatrikulation

Wer ist Auslandschweizer und soll in dieser Eigenschaft stimmen können?

Unseres Erachtens hat der Auslandschweizer gleichzeitig drei Bedingungen zu erfüllen: er muss das Schweizer Bürgerrecht besitzen, darf keinen Wohnsitz in der Schweiz haben und muss bei der zuständigen schweizerischen Vertretung immatrikuliert sein. Es ist notwendig, am Erfordernis der Immatrikulation festzuhalten, weil es sonst schwer wäre, das Verfahren in den Griff zu bekommen. Im übrigen gelten die Voraussetzungen des Artikels 74 BV: stimmberechtigt ist, wer das 20. Altersjahr zurückgelegt hat und vom Aktivbürgerrecht nicht ausgeschlossen ist.

262.2

Doppelbürger

Soll im Gesetz zwischen Nur-Schweizern und Doppelbürgern unterschieden werden?

Vorab ist festzustellen, dass in der Schweiz wie in vielen ändern Ländern die Zahl der Doppelbürger zunimmt.

Während 1950 erst 30 Prozent der bei unseren Vertretungen im Ausland Immatrikulierten Doppelbürger waren, erreichte ihr Anteil 1973 49 Prozent; es ist vorauszusehen, dass er weiter anwachsen wird. Zu dieser Entwicklung hat u. a. die schweizerische Gesetzgebung beigetragen, die in gewissen Fällen den Erwerb und insbesondere die Beibehaltung des Schweizer Bürgerrechts grosszügig regelt. So verlieren die Schweizer Bürger, die sich im Ausland einbürgern, unser Bürgerrecht nur, wenn sie ausdrücklich darauf verzichten, und die Schweizerin, die einen Ausländer heiratet, kann ihr Bürgerrecht durch Abgabe einer Erklärung beibehalten.

Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage wären folgende Lösungen möglich: - gänzlicher Ausschluss der Doppelbürger.

- Ausschluss bestimmter Kategorien von Doppelbürgern.

- vorbehaltloser Einbezug der Doppelbürger.

Ein Ausschluss aller Doppelbürger führte zu einer unterschiedlichen Behandlung der Auslandschweizer untereinander, die sich mit Sinn und Zweck unseres Bürgerrechtsgesetzes kaum in Einklang bringen liesse. Er könnte auch dahin ausgelegt werden, jeder Doppelbürger werde von vorneherein als Schweizer minderen Wertes angesehen. Eine derartige Behandlung würde der Wirklichkeit nicht gerecht. Die Erfahrung zeigt, dass ein Doppelbùrgerrecht über die Verbundenheit

1296 zur Schweiz nichts aussagt. Zahlreich sind die Doppelbürger, die mit unserem Land innerlich stark verbunden bleiben. Dies gilt besonders für Schweizerinnen, die Ausländer geheiratet und ihr Schweizer Bürgerrecht beibehalten haben. Im übrigen wäre ein Ausschluss der Doppelbürger praktisch schon deshalb nicht möglich, weil eine lückenlose Kontrolle über eine zusätzliche Staatsangehörigkeit der Schweizer im Ausland nicht durchführbar ist.

Ein teilweiser Ausschluss der Doppelbürger hätte ebenfalls eine unterschiedliche Behandlung zur Folge, da gewissermassen Doppelbürger erster und zweiter Klasse geschaffen würden. Als Kriterium für den Ausschluss könnte z. B. die Tatsache gelten, dass ein Doppelbürger im Wohnsitzstaat Militärdienst leistet. Es könnte auch auf das Kriterium des «vorherrschenden Bürgerrechts» abgestellt werden, das beispielsweise bei der freiwilligen AHV, bei der Gewährung des diplomatischen Schutzes sowie im Gesetz über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer angewandt wird. Wenn der Begriff des vorherrschenden Bürgerrechts auch nützlich sein mag, kann darauf auf dem Gebiet der politischen Rechte doch verzichtet werden. Wenn nämlich der Doppelbürger in die Schweiz kommt und verschiedene Umtriebe auf sich nimmt, um sein Stimmrecht auszuüben, stellt er seine Verbundenheit mit unserem Land genügend unter Beweis, ohne dass noch mit einem erheblichen Aufwand untersucht werden muss, welche Staatszugehörigkeit vorherrscht.

Im Inland sind im übrigen die Doppelbürger in bezug auf die Ausübung ihrer politischen Rechte den Nur-Schweizern gleichgestellt. Kehrt ein Doppelbürger in die Schweiz zurück, kann er hier seine politischen Rechte ohne Einschränkungen ausüben und z. B. auch hohe eidgenössische Ämter bekleiden. Es gibt keine Vorschrift, die es einem schweizerischen Doppelbürger verbieten würde, Mitglied der eidgenössischen Räte, Bundesrat, Bundeskanzler oder Bundesrichter zu werden.

Wegen der zu erwartenden Zunahme der Doppelbürger könnte deren Ausschluss in einigen Jahrzehnten sogar dazu führen, dass das vorgeschlagene Gesetz nur noch eine Minderheit der Auslandschweizer erfassen würde. Wohl besteht die etwas störend wirkende Möglichkeit, dass ein Doppelbürger sein Stimmrecht sowohl in der Schweiz als auch in einem anderen Staat ausüben könnte. Diesem Einwand kommt jedoch schon insofern
keine grosse Bedeutung zu, als derartige Fälle zahlenmässig wohl kaum ins Gewicht fallen dürften. Normalerweise wird ein Doppelbürger je nach seiner Verbundenheit mit dem einen oder ändern Staat von sich aus den Entscheid treffen, wo er stimmen will. Diese kann ferner auch durch die Rechtsverhältnisse im jeweiligen Wohnsitzstaat bedingt sein. So wurde am schon erwähnten 50. Auslandschweizertag in Bern darauf hingewiesen, dass ein schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger Gefahr läuft, das Bürgerrecht der USA zu verlieren, wenn er seine politischen Rechte in der Schweiz ausübt. Es ist Sache des Doppelbürgers, die diesbezüglichen Risiken abzuschätzen. Ein Zwang, zu wählen oder zu stimmen, wird ihm nicht auferlegt.

Da die Überlegungen, die für den Verzicht auf eine Unterscheidung zwischen Nur-Schweizern und Doppelbürgern sprechen, wesentlich schwerer wiegen, befürworten wir den vorbehaltlosen Einbezug der Doppelbürger.

1297 262.3 Mit Auslandschweizern verheiratete Ausländerinnen Auf Grund des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 (AS 1952 1087) über das Schweizer Bürgerrecht erhalten gebürtige Ausländerinnen durch Heirat mit einem Schweizer unser Bürgerrecht. Nach schweizerischer Gesetzgebung können die angeheirateten Schweizerinnen ihre politischen Rechte in eidgenössischen Angelegenheiten vom ersten Tag ihrer Anwesenheit in unserem Land an, also ohne Wartefrist, ausüben. Es sei in diesem Zusammenhang auf unsere Ausführungen in der Botschaft vom 23. Dezember 1969 (BB1 1970 I 94) über die Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechtes in eidgenössischen Angelegenheiten verwiesen.

Die im Ausland angeheirateten Schweizerinnen sollten deshalb den mit Inlandschweizern verheirateten Ausländerinnen gleichgestellt werden. Dies hätte zur Folge, dass die im Ausland angeheiratete Schweizerin, die trotz der Heirat mit einem Schweizer ihr angestammtes Bürgerrecht beibehält und somit - dies trifft mehrheitlich zu - zur Doppelbürgerin geworden ist, gegenüber den übrigen Doppelbürgern nicht benachteiligt würde. Die Einführung einer Wartefrist hätte nur dann einen Sinn, wenn diese mit einem Aufenthalt in der Schweiz verbunden wäre und dieser längere Zeit dauern würde. Das kann aber nicht als Forderung oder als Bedingung aufgestellt werden, abgesehen davon, dass eine Kontrolle hierüber schwierig wäre.

262.4

Ausschlussgründe

Welche Ausschlussgründe sollen in das Gesetz aufgenommen werden?

Nach Artikel 74 Absatz 2 BV ist der Ausschluss vom Aktivbürgerrecht in eidgenössischen Angelegenheiten sowohl bundesrechtlich als auch kantonalrechtlich zulässig. In kantonalen und kommunalen Angelegenheiten sind für den Ausschluss die Kantone zuständig (Art. 74 Abs. 4 BV). Der Bund ist aber befugt, einheitliche Schranken für den Entzug des Aktivbürgerrechts aufzustellen (Art. 66 BV).

Das geltende Bundesrecht kennt keinen Ausschlussgrund mehr, nachdem die Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit als Nebenstrafe zu militärischen Zuchthaus- und Gefängnisstrafen mit der Revision des Militärstrafrechts vom 4. Oktober 1974 - in Anlehnung an die neue Ordnung des Strafgesetzbuches aufgehoben worden ist.

Die Kantone haben weitere Ausschlussgründe aufgestellt: Am häufigsten ist die Entmündigung (Art. 369 ff. ZGB) anzutreffen; daneben finden sich etwa die Armengenössigkeit und das Wirtshausverbot. Allerdings entfalten die kantonalen Ausschlussgründe keine interkantonale Wirkung in dem Sinn, dass der in seinem bisherigen Wohnsitzkanton vom Aktivbürgerrecht Ausgeschlossene bei der Übersiedlung in einen ändern Kanton ohne weiteres auch hier vom Aktivbürgerrecht ausgeschlossen wäre.

Auf Grund der Vielfalt und Verschiedenheit der kantonalen Rechtsordnungen drängt sich eine Vereinheitlichung geradezu auf. Wir sehen deshalb von Bundes wegen als einzigen Ausschlussgrund die Entmündigung im Sinne von Artikel 369

1298 ZGB (Geisteskrankheit oder Geistesschwäche) vor, da in diesem Fall die für die Ausübung des Stimmrechts erforderliche politische Urteilsfähigkeit nicht mehr gegeben sein dürfte. Allerdings soll eine vom Wohnsitzstaat wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche verfügte Entmündigung ebenfalls als Ausschlussgrund gelten, sofern sie auch nach schweizerischem Recht hätte ausgesprochen werden können. Dadurch wird ein Ausschluss verhindert, der im Ausland auf Grund von Tatbeständen angeordnet werden könnte, die nach schweizerischem Recht nicht zu einer solchen Massnahme geführt hätten.

263 Umfang der politischen Rechte Denkbar wäre, die Ausübung der politischen Rechte durch die Auslandschweizer voll oder nur zu einem Teil zuzulassen. Die Frage stellt sich für das Stimmrecht, die Volksinitiative und das Referendum.

263.1

Umfassendes Stimmrecht

Bei den Abstimmungen auf eidgenössischer Ebene wären zwei Lösungen möglich: entweder könnten die Auslandschweizer uneingeschränkt an allen Urnengängen teilnehmen, oder aber nur in besonderen Fällen.

Eingehende Untersuchungen haben ergeben, dass es schwierig wäre, haltbare Kriterien für die besonderen Fälle aufzustellen. Die Abstimmungsgegenstände, die auch die Auslandschweizer berühren, sind zahlreich. Die Liste der «besonderen Fälle» müsste somit ziemlich umfangreich sein ; dabei bestünde die Gefahr, dass sie sich als unvollständig erweisen könnte. Auch das Kriterium der wichtigen oder weniger wichtigen Vorlage vermag nicht ohne weiteres zu überzeugen. Ginge es darum zu entscheiden, welche Abstimmungen für die Auslandschweizer oder vielmehr für das ganze Land wichtig sind? Wer hätte diesen Entscheid zu treffen?

Auch wäre nicht einzusehen, warum Auslandschweizer von einer Abstimmung, die sie m dieser Eigenschaft nicht unmittelbar berührt, ausgeschlossen sein sollten.

An einer Abstimmung über die Bodenspekulation z. B. sollten sich nicht nur die Liegenschaftsbesitzer, sondern alle Stimmberechtigten schlechthin beteiligen können. Den Auslandschweizern sollte deshalb ein umfassendes Stimmrecht eingeräumt werden.

263.2 Aktives Wahlrecht Die eidgenössischen Wahlen umfassen die Wahl des Nationalrates und der eidgenössischen Geschworenen. Nach Artikel 73 BV finden die Nationalratswahlen nach dem Grundsatz der Proportionalität statt, wobei jeder Kanton und Halbkanton einen Wahlkreis bildet. Die 200 Sitze werden unter die 25 Kantone im Verhältnis zu ihrer Wohnbevölkerung verteilt; jeder Kanton hat Anspruch auf mindestens einen Sitz. Für den Verteilungsschlüssel ist die durch die jeweils letzte Volkszählung ermittelte Bevölkerungszahl massgebend; dabei wird die ausländische Wohnbevölkerung mitgezählt, zu der die im Ausland wohnenden Schweizer

1299 Bürger nicht gehören. Diese Ordnung der Dinge hinderte indessen nicht daran, dass sich die Auslandschwizer an den Wahlen in den Nationalrat beteiligen könnten.

Gewisse Mitbürger haben auch angeregt, es sei für die Nationalratswahlen ein 26. Wahlkreis für die Fünfte Schweiz zu bilden, damit diese zur besseren Wahrung ihrer Interessen Vertreter ins Parlament entsenden könnte. Die Schaffung eines zusätzlichen Wahlkreises erforderte indessen eine Revision der die Zusammensetzung des Nationalrates regelnden Artikel 72 und 73 der Bundesverfassung; diese Revision steht aber nicht zur Diskussion.

Es war ferner abzuklären, ob auch den Auslandschweizern die Möglichkeit eingeräumt werden soll, Wahlvorschläge zu unterzeichnen (Art. 5 des Bundesgesetzes vom 14. Febr. 1919 betreffend die Wahl des Nationalrates [SR 163.2]). Es besteht kein Grund, davon abzusehen. Dabei versteht es sich von selbst, dass solche Wahlvorschläge in der Schweiz, und nicht im Ausland, unterzeichnet werden müssten.

Die Wahl der eidgenössischen Geschworenen, die in besonderen Wahlkreisen erfolgt, ist für die Ausland schweizer wohl von geringer Bedeutung, zumal es sich in den meisten Fällen um stille Wahlen handelt. Zurzeit ist übrigens ein Postulat hängig (Postulat Breitenmoser vom 16. Dez. 1971), m welchem beantragt wird, die Volkswahl der eidgenössischen Geschworenen entweder überhaupt aufzuheben oder die kantonalen Parlamente für die Wahlen als zuständig zu erklären. Dieses wurde vom Nationalrat am 27. September 1972 behandelt und angenommen. Wir werden in der Botschaft zum neuen Bundesgesetz über die politischen Rechte der Inlandschweizer darauf zurückkommen.

263.3 Passives Wahlrecht Beim passiven Wahlrecht stellt sich in erster Linie die Frage der Wählbarkeit der Auslandschweizer in den Nationalrat. Artikel 75 BV erklärt jeden stimmberechtigten Schweizer Bürger weltlichen Standes für wahlfähig. Die Stimmberechtigung ihrerseits hat einen Wohnsitz in der Schweiz zur Voraussetzung (Art. 43 BV).

Nach geltendem Recht ist der Auslandschweizer somit von der Übernahme eines Mandats ausgeschlossen, wenn er nicht seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt.

Mit Inkrafttreten des von uns vorgeschlagenen Gesetzes, welches für die Stimmberechtigung der Auslandschweizer aufgrund von Artikel 45 bis BV eine besondere Regelung vorsieht, wäre
der Auslandschweizer nach Artikel 75 BV in den Nationalrat wählbar. Dass sich in der Praxis infolge seines Wohnsitzes im Ausland gewisse Probleme ergäben, liegt auf der Hand. Die Erfüllung der parlamentarischen Pflichten, die schon vom einheimischen Volksvertreter einen stets wachsenden Zeitaufwand verlangt, wird an den im Ausland wohnenden Parlamentarier zusätzliche Anforderungen stellen.

Die Wahl des Ständerates fällt in die Zuständigkeit der Kantone. Im Rahmen des neuen Bundesgesetzes sind deshalb für die Wählbarkeit der Auslandschweizer in die Kleine Kammer keine Grundsätze aufzustellen.

1300 Bei der Wahl eines Auslandschweizers in den Bundesrat, in das Bundesgericht oder als Bundeskanzler spielte in der Praxis die Frage des Wohnsitzes im Ausland bisher keine Rolle. So wurden 1875 Bernhard Hammer, 1917 Robert Haab als schweizerischer Minister in Berlin und 1958 Prof. F. T. Wahlen als Direktor der FAO in Rom in den Bundesrat gewählt. Es handelt sich um vollamtliche Tätigkeiten, die notwendigerweise mit einer Wohnsitznahme in der Schweiz verbunden sind.

263.4

Volksinitiative und Referendumsbegehren

Das Recht zur Unterzeichnung einer Volksinitiative auf Partial- oder Totalrevision der Bundesverfassung oder eines Referendumsbegehrens ist in den Artikeln 120 und 121 sowie in den Artikeln 89 und 89 bis der Bundesverfassung verankert. Die Ausübung ist durch die Bundesgesetzgebung geregelt.

Diese für unsere demokratischen Institutionen besonders charakteristischen Rechte sollten den Auslandschweizern ebenfalls zugestanden werden.

264

Verfahrensfragen

Nach unserer Auffassung sollte das neue Bundesgesetz nur grundlegende Regeln enthalten, während die Verfahrensfragen - sie haben vor allem technischen Charakter - auf dem Verordnungweg im einzelnen zu regeln sind. Dieses Vorgehen rechtfertigt sich um so mehr, als die Materie neu ist und man sich bei der praktischen Durchführung kaum auf Erfahrungen stützen kann. Es ist damit zu rechnen, dass die administrativen Bestimmungen früher oder später überprüft werden müssen. Eine Änderung der Verordnung ist aber leichter durchzuführen als die Revision des Gesetzes.

264. l

Politisches Domizil der Auslandschweizer

Wie wir schon dargelegt haben, sollen die Auslandschweizer die politischen Rechte nur in der Schweiz ausüben können. Da sie in unserem Land kein Domizil besitzen, hatte sie die Studienkommission für die Ausübung der politischen Rechte ihrer Heimatgemeinde zugeordnet. Diese ist bei den Mitbürgern im Ausland auch auf den Gebieten des Zivilstandes und des Militärpflichtersatzes zuständig.

264.2 Anmeldung Damit er an Abstimmungen und Wahlen teilnehmen kann, wird der stimmberechtigte Inlandschweizer im Stimmregister eingetragen. Dieses wird - je nach Kanton - für jede einzelne Abstimmung oder Wahl neu oder für eine gewisse Zeitspanne als permanentes Stimmregister eingerichtet. Aus praktischen Gründen ist darauf zu verzichten, für die Auslandschweizer ein ständiges Stimmregister vorzusehen. Die Kontrolle und dauernde Nachführung dieser Register brächten

1301 sowohl den Gemeinden als auch den schweizerischen Vertretungen im Ausland einen Arbeitsaufwand, der in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Beteiligung der Auslandschweizer an eidgenössischen Urnengängen wäre.

Anstelle der Führung eines permanenten Stimmregisters ist daher eine andere Kontrolle vorzusehen. Diese bestände darin, dass sich der Auslandschweizer vor jeder Abstimmung oder Wahl ,über seine Vertretung bei der Heimatgemeinde anzumelden hätte. Dieser bliebe es dann überlassen zu entscheiden, ob sie die sich meldenden Auslandschweizer in ein für die betreffende Abstimmung oder Wahl zu errichtendes Stimmregister eintragen will, das nach dem Urnengang wiederum vernichtet wird.

Dieses Verfahren setzt die Immatrikulation der Auslandschweizer voraus, wie dies in Artikel 12 des vom Bundesrat erlassenen Réglementes vom 24. November 1967 (AS 1967 1994 ff.) des schweizerischen diplomatischen und konsularischen Dienstes vorgeschrieben wird. Allerdings gibt es Länder, in denen die Schweiz wegen der besondern Verhältnisse keine Vertretungen unterhält. Die dort niedergelassenen Mitbürger werden entweder von einer in einem ändern Staat befindlichen Vertretung aus konsularisch betreut (z. B. in Taiwan, das in den Zuständigkeitsbereich des Generalkonsulates in Hongkong fällt) oder sind nur inoffiziell registriert (wie die Südrhodesien-Schweizer beim Generalkonsulat in Johannesburg) oder sind überhaupt nicht immatrikuliert (wie die Schweizer m Liechtenstein). Für solche Fälle muss administrativ eine Sonderregelung getroffen werden.

264.3 Heimatgemeinde und Anwesenheitsgemeinde Die bisher entwickelten Grundsätze verlangen, dass der Auslandschweizer zur Ausübung seiner politischen Rechte in die Heimat kommt und dass als politisches Domizil seine Heimatgemeinde gilt. Diese Lösung zieht indessen viele Schwierigkeiten und Komplikationen nach sich, welche die Ausübung der politischen Rechte durch die Auslandschweizer weitgehend illusorisch machen könnten.

Man hat sich deshalb die Frage gestellt, ob der Kontakt mit der Heimatgemeinde nicht von einem beliebigen Ort im Inland aus auf dem Korrespondenzweg hergestellt werden könnte. Um die Ausübung der politischen Rechte soweit als möglich zu erleichtern, sah die Kommission vor, beim Abstimmungsverfahren neben der Heimatgemeinde eine weitere Gemeinde, die
sogenannte Anwesenheitsgemeinde, einzuschalten, bei welcher der Auslandschweizer das Stimmaterial abholen könnte. Die Anwesenheitsgemeinde könnte er vor jeder Wahl oder Abstimmung neu bezeichnen. Durch die Einschaltung einer zweiten Behörde wäre auch die Kontrolle über die persönliche Anwesenheit gewährleistet.

Mit dieser Lösung liesse sich vermeiden, dass der Ausland schweizer einen zusätzlichen Aufwand an Zeit und Kosten zu tragen hätte, wenn er von der Schweizer Grenze oder von seinem üblichen schweizerischen Aufenthaltsort aus eine Reise zu seiner möglicherweise abgelegenen Heimatgemeinde unternehmen müsste.

'

1302

264.4

Volksinitiative und Referendumsbegehren

Die Unterzeichnung von Referendumsbegehren und Volksinitiativen durch Auslandschweizer hätte ebenfalls in der Schweiz zu erfolgen. Die Unterschriftensammlung wird nicht von Amtsstellen, sondern von privaten Komitees durchgeführt. Die Kommission war der Meinung, die Auslandschweizer seien in bezug auf die Unterzeichnung von Initiativ- und Referendumsbegehren gleich zu behandeln wie die Inlandschweizer.

264.5

Gründe für einen besonderen Gesetzeserlass

Bekanntlich wird gleichzeitig die eidgenössische Gesetzgebung über die Ausübung der politischen Rechte revidiert. Wir verweisen auf unsere Botschaft zum Bundesgesetz über die politischen Rechte, die demnächst erscheinen wird. Wir haben uns gefragt, ob die für die Auslandschweizer vorgesehenen Bestimmungen Gegenstand eines besonderen Gesetzes bilden oder im allgemeinen Bundesgesetz über die politischen Rechte eingebaut werden sollen.

Beide Lösungen wären möglich. Wenn wir uns für ein Spezialgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer entschieden haben, so aus folgenden Erwägungen: Wenn auch versucht werden soll, die Ausübung der politischen Rechte durch die Auslandschweizer derjenigen durch die Inlandschweizer anzugleichen, so ergeben sich zwischen den beiden Personengruppen doch wesentliche, in der Natur der Sache liegende Unterschiede, die - wie wir gesehen haben - in Verfahrensfragen besonders stark hervortreten. Es geht darum, der besonderen Lage der Auslandschweizer Rechnung zu tragen, wie dies auch Artikel 45bls BV ausdrücklich verlangt. Die Erfahrung zeigt auf den verschiedensten Gebieten eindrücklich, dass sich eine Gesetzgebung, die die wesentlichen Unterschiede zwischen Inland^ und Auslandschweizern zu wenig berücksichtigt, schliesslich als undurchführbar erweist. Diese Gefahr wird dadurch am besten vermieden, dass für die Auslandschweizer dort, wo dies infolge der Besonderheiten angezeigt ist, ein eigenes Gesetz erlassen wird, wie das bereits auf dem Gebiet der Fürsorge (Bundesgesetz vom 21. März 1973 über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer [AS 1973 II 1976]) und des Militärpflichtersatzes (Bundesgesetz vom U.Dez.

1973 über den Militärpflichtersatz der Auslandschweizer [AS 1974 795]) der Fall ist.

Mit der Studienkommission kommen wir deshalb zum Schluss, dass für die politischen Rechte der Mitbürger im Ausland ein besonderes Gesetz geschaffen werden sollte.

27

Ergebnis des Konsultationsverfahrens

Am 25. Juni 1973 haben wir vorn Bericht des Eidgenössischen Politischen Departements vom 5. Juni 1973 sowie der Studienkommission vom 21. Mai 1973 Kenntnis genommen und das Politische Departement ermächtigt, bei den Kantonen, den in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, der Aus-

1303

landschweizerkommission der Neuen Helvetischen Gesellschaft sowie anderen interessierten Kreisen das Vernehmlassungsverfahren über die Vorentwürfe zu einem Bundesgesetz und einer Verordnung über die politischen Rechte der Auslandschweizer durchzuführen.

Sämtliche Kantonsregierungen und mit zwei Ausnahmen alle in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien sowie die Auslandschweizerkommission der Neuen Helvetischen Gesellschaft haben geantwortet.

Die überwiegende Mehrheit der Kantone wie auch alle politischen Parteien, die sich geäussert haben, sprachen sich für die Ausübung des Stimmrechts durch die Auslandschweizer aus ; dasselbe gilt von der Auslandschweizerkommission der Neuen Helvetischen Gesellschaft.

Von den sieben Kantonen (Glarus, Solothurn, Basel-Stadt, Baselland, Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen und Aargau), die eine differenzierte Stellungnahme eingenommen haben, sprachen sich fünf, nämlich Glarus, Basel-Stadt.

Baselland, Appenzell Ausserrhoden und Aargau, wenigstens für die politischen Rechte bestimmter Gruppen von Auslandschweizern aus. Solothurn und St. Gallen wie auch der sonst positiv eingestellte Kanton Waadt hingegen hegten Bedenken wegen der aus dem Aufenthalterprinzip sich ergebenden faktischen Ungleichheit und des mit der Einführung des Heimatprinzips verbundenen unerwünschten Einbruchs in das sonst bei Abstimmungen allgemein geltende Wohnsitzprinzip.

Der Grundsatz der Ausübung des Stimmrechts nur auf Schweizer Boden (Aufenthalterstimmrecht) fand die weitaus meisten Befürworter; immerhin wären die Kantone Freiburg, St. Gallen, Graubünden, Waadt und Genf sowie die Republikanische Bewegung auch für eine Ausübung des Stimmrechts auf dem Korrespondenzweg oder über die schweizerischen Vertretungen im Ausland.

Mit dem Einschluss der Doppelbürger, der Wahlfahigkeit der Auslandschweizer und dem Erlass eines besonderen Gesetzes hat sich ebenfalls die Mehrheit entweder ausdrücklich oder stillschweigend einverstanden erklärt.

Einen interessanten Vorschlag haben die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Schwyz, Glarus und Baselland wie auch die Schweizerische Volkspartei und die Auslandschweizerkommission der Neuen Helvetischen Gesellschaft gemacht.

Ihnen erscheint das Einschalten der Heimatgemeinde als zu kompliziert ; die Bestimmung des Aufenthaltsortes als Stimmrechtsdomizil
käme dem Wohnortsprinzip, das in der Regel in unserem Lande gilt, näher als die Bezeichnung des Heimatorts. Sie regten deshalb an, den Auslandschweizer das politische Domizil frei wählen zu lassen und seine Stimme am Aufenthaltsort mitzuzählen.

Im Konsultationsverfahren kam verschiedentlich auch zum Ausdruck, dass dem Personal der diplomatischen und konsularischen Vertretungen die politischen Rechte in vollem Umfang zugebilligt werden sollten, «... da auch hier eine notwendige Verbundenheit mit der Heimat als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann» (Kanton Baselland).

Zusammengefasst kann das Ergebnis des Konsultationsverfahrens als positiv qualifiziert werden, und die skizzierte Lösung ist von der Mehrheit der angefrag-

1304

ten Stellen befürwortet worden. Immerhin sind wir der Meinung, dass insbesondere der von sechs Kantonen, der Schweizerischen Volkspartei und der Auslandschweizerkommission der Neuen Helvetischen Gesellschaft gemachte Änderungsvorschlag auf freie Wahl des politischen Domizils durch die Auslandschweizer berücksichtigt werden sollte, weil er dem in der Schweiz geltenden Wohnortsprinzip und auch dem Gedanken des Aufenthalterstimmrechts in der Tat besser gerecht wird als das von der Kommission angenommene Heimatprinzip. Nach allgemeinen Erfahrungen kehrt ein Auslandschweizer meistens an jenen Ort zurück, wo er im Verlauf seines Lebens dank seines Domizils die engsten Beziehungen geknüpft hat. Dieser Ort fällt in den wenigsten Fällen - genau gleich wie bei den Inlandschweizern - mit der Heimatgemeinde zusammen. Eine gezielte Summierung von Stimmen der Auslandschweizer in einem bestimmten Kanton und ein Missbrauch der freien Wahl der Gemeinde sind dadurch kaum zu befürchten.

In bezug auf die im Ausland eingesetzten Beamten und Angestellten des Bundes ist festzuhalten, dass diese zum Verlassen des Aufenthaltsstaates eine Bewilligung des Arbeitgebers benötigen. Aus dienstlichen Gründen wäre es indessen nicht möglich, allen Bundesbeamten und Angestellten im Ausland gleichzeitig die erforderliche Bewilligung zur Teilnahme an einer eidgenössischen Wahl oder Abstimmung in der Schweiz zu geben. Eine bloss selektive Bewilligung würde dem Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung zuwiderlaufen. Die Gleichbehandlung der im Ausland eingesetzten Bundesbeamten und Angestellten mit den Auslandschweizern, d. h. das Festhalten ani Erfordernis des Aufenthaltes in der Schweiz, liefe darauf hinaus, dass die Ausübung der politischen Rechte durch die Bundesbeamten in den meisten Fällen gar nicht möglich wäre und überdies vom Willen ihres Arbeitgebers abhängen würde. Eine derartige Gleichbehandlung hätte gegenteilige Folgen und wäre um so stossender, als diese Gruppe von Stimmbürgern die Voraussetzungen der Verbundenheit und Vertrautheit mit der Heimat in besonderem Mass erfüllt. Bei den im Ausland eingesetzten Bundesbeamten und Angestellten sollte somit auf das Aufenthaltserfordernis verzichtet und die briefliche Stimmabgabe zugelassen werden. Dies entspricht auch der von ändern westeuropäischen Staaten getroffenen Regelung.

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Anträge

Auf Grund des Berichts der Studienkommission und der im Konsultationsverfahren gemachten Anregungen schlagen wir Ihnen folgende Regelung vor: - Der Auslandschweizer kann die politischen Rechte nur in der Schweiz ausüben (Aufenthalterstimmrecht).

- Der Auslandschweizer (unabhängig, ob Nur-Schweizer oder Doppelbürger) besitzt ein umfassendes Stimm- und Wahlrecht in eidgenössischen Angelegenheiten, einschliesslich des Rechts zur Unterzeichnung von Initiativ- und Referendumsbegehren.

- Der Auslandschweizer kann die Gemeinde, in der er seine politischen Rechte ausüben will (Stimmrechtsdomizil), frei wählen.

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Der Auslandschweizer kann - genau gleich wie der Mitbürger im Inland - in der von ihm bezeichneten Gemeinde entweder vorzeitig oder an den ordentlichen Öffnungszeiten im Stimm- und Wahllokal stimmen oder wählen; eine briefliche Stimmabgabe von irgendeinem Ort der Schweiz aus ist ebenfalls in den vom Gesetz über die politischen Rechte der Iniandschweizer aufgezählten Fällen möglich; vorbehalten bleibt eine abweichende Regelung für im Ausland eingesetzte Beamte und Angestellte des Bundes.

Die Stimme des Auslandschweizers wird in der von ihm gewählten Gemeinde mitgezählt.

3 31

Besonderer Teil

Grundziige des Gesetzesentwurfs

Das Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer beschränkt sich auf Bestimmungen, die wegen der besonderen Verhältnisse der Auslandschweizer einer eigenen Regelung bedürfen. Dies trifft zu auf den Grundsatz, die Umschreibung des Begriffes «Auslandschweizer», den Umfang und die Ausübung der politischen Rechte; im übrigen gilt für die Auslandschweizer die Gesetzgebung über die politischen Rechte der Schweizer im Inland.

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Die einzelnen Bestimmungen

Titel Mit dem Titel dieses Erlasses als «Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer» ist sein Charakter als besonderes Gesetz gegenüber dem allgemeinen «Bundesgesetz über die politischen Rechte» hervorgehoben.

1. Abschnitt: Grundsatz (Art. 1) Der wichtigste Grundsatz des Gesetzes ist im ersten Artikel festgehalten.

Dieser sagt aus. dass der stimmberechtigte Auslandschweizer die politischen Rechte nur in der Schweiz ausüben kann. Vom Ausland her abgegebene Stimmen wären nach Artikel 6 des Entwurfs zu einem Bundesgesetz über die politischen Rechte (die Botschaft wird Ihnen demnächst unterbreitet werden) ungültig.

2. Abschnitt : Persönlicher Geltungsbereich (Art. 2) Dieser Artikel umschreibt, wer als Auslandschweizer im Sinne des Gesetzes zu gelten hat. Es sind dies alle Schweizer und Schweizerinnen, die nicht in der Schweiz wohnen und bei einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung im Ausland immatrikuliert sind. Es handelt sich um eine Formvorschrift, die notwendig ist. soll eine Kontrolle überhaupt möglich sein.

1306 3. Abschnitt: Umfang der politischen Rechte (Art. 3-5) In den Artikeln 3 und 4 werden die politischen Rechte umschrieben. Der Katalog ist der gleiche wie für die Inlandschweizer, d.h. das Stimmrecht sowie die Unterzeichnung eines eidgenössischen Initiativ- und Referendumsbegehrens. Artikel 3 macht zudem noch deutlich, dass es nur um eidgenössische Wahlen oder Abstimmungen geht.

Ausgeschlossen vom Stimmrecht ist nach Artikel 5 des Entwurfs nur, wer infolge Geisteskrankheit oder Geistesschwäche nach Artikel 369 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches entmündigt ist ; ebenso eine aus den gleichen Gründen im Ausland ausgesprochene Entmündigung, sofern sie auch nach schweizerischem Recht hätte ausgesprochen werden können.

4. Abschnitt: Ausübung der politischen Rechte (Art. 6-7) Artikel 6 enthält den zweitwichtigsten Grundsatz des Gesetzes, nämlich, dass der Auslandschweizer die schweizerische Gemeinde, in der er seine politischen Rechte ausüben will, von Urnengang zu Urnengang frei wählen kann, während diese bei den Inlandschweizern bekanntlich der Wohnort ist. In dieser Gemeinde wird auch seine Stimme mitgezählt.

Artikel 7 regelt die Grundzüge des Verfahrens. Danach muss sich der Auslandschweizer vor jeder Abstimmung oder Wahl über seine zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung bei der von ihm bezeichneten Gemeinde anmelden; diese jeweilige Anmeldung ist aus Kontrollgründen sowie zur Vorbereitung des Abstimmungs- oder Wahlmaterials notwendig.

5. Abschnitt: Rechtspflege (Art. 8) Diese Bestimmung wurde zur Information der Auslandschweizer in das Gesetz aufgenommen. In bezug auf die Beschwerde sind die allgemeinen Bestimmungen über die Verwaltungsrechtspflege des Bundes anwendbar.

6. Abschnitt : Schlussbestimmungen (Art. 9-12) Artikel 9 behält in bezug auf die Einführung des Stimm- und Wahlrechts in kantonalen oder kommunalen Angelegenheiten und die Ständeratswahl aus Gründen der Klarheit das kantonale Recht vor, während Artikel 10 auf die Bestimmungen des allgemeinen Gesetzes über die politischen Rechte der Inlandschweizer verweist.

Artikel 11 ermächtigt den Bundesrat, die notwendigen Ausführungsbestimmungen zu erlassen und auch die Länder zu bestimmen, in denen keine diplomatische oder konsularische Vertretung besteht und eine Immatrikulation nicht möglich ist (Abs. 2).

1307 Aus den in Ziffer 27 «Ergebnis des Konsultationsverfahrens» angeführten Gründen sehen wir in Absatz 3 für die im Ausland eingesetzten Beamten und Angestellten des Bundes die briefliche Stimmabgabe vor. Da die Ehegattinnen der Beamten und Angestellten keine Bewilligung des Bundes für das Verlassen des Gastlandes benötigen, können sie in diese Regelung nicht einbezogen werden. Das gleiche gilt für mündige Kinder und andere Verwandte sowie auch für das Hauspersonal. Alle diese Personen sind der allgemeinen Regelung für die Auslandschweizer unterstellt.

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Grundzüge der Ausführungsverordnung

Der Erlass der Ausführungsverordnung ist dem Bundesrat vorbehalten. Sie sei hier aber zum besseren Verständnis des Abstimmungsvorgangs und damit der praktischen Durchführbarkeit des Gesetzes unter allen Vorbehalten für spätere Änderungen wiedergegeben : a. Der Auslandschweizer, der an den Nationalratswahlen oder an einer eidgenössischen Abstimmung teilnehmen will, muss dies der'diplomatischen oder konsularischen Vertretung, bei der er immatrikuliert ist, mitteilen. Dabei hat er die Gemeinde, in der er sein politisches Recht ausüben will, zu bezeichnen.

Die Mitteilung soll spätestens einen Monat vor dem Abstimmungstag im Besitz der Vertretung sein.

b. Die Vertretung leitet die Mitteilung an die bezeichnete Gemeinde weiter.

c. Der Auslandschweizer hat frühestens in den letzten drei Wochen vor dem Wahl- oder Abstimmungstag bei der Gemeinde zur Entgegennahme des Stimmaterials persönlich vorzusprechen und sich auszuweisen.

Die gewählte Gemeinde prüft die Wahl- und Stimmberechtigung des Auslandschweizers, eventuell nach Rücksprache bei der Heimatgemeinde, und erstellt allenfalls den Stimmausweis; auch wird der angemeldete Auslandschweizer für die betreffende Wahl oder Abstimmung wenn nötig in das Stimmregister der Gemeinde eingetragen. Mit dieser fakultativen Regelung wird der grossen Vielfalt in den Kantonen und Gemeinden Rechnung getragen. Kein Kanton oder keine Gemeinde soll verpflichtet sein, wegen der Auslandschweizer eine besondere Organisation aufzuziehen.

d. Nach Empfang des Stimmaterials kann der Auslandschweizer gleich wie sein Mitbürger in der Heimat seine Stimme innerhalb der Fristen, welche die von ihm bezeichnete Gemeinde festgesetzt hat, vorzeitig abgeben oder im Wahlund Stimmlokal an den ordentlichen Öffnungszeiten an der Wahl oder Abstimmung teilnehmen. Er kann seine Stimme aber auch gleich wie der Inlandschweizer unter den im Gesetz erwähnten Bedingungen brieflich abgeben.

e. Der Auslandschweizer, der während eines Aufenthaltes in der Heimat ein Initiativ- oder Referendumsbegehren unterzeichnen will, hat dies auf der Gemeindekanzlei seines Aufenthaltsortes zu tun, nachdem er sich über seine

1308

Identität ausgewiesen hat; die Beglaubigung der Stimmberechtigung auf dem Unterschriftenbogen kann durch diese Gemeindekanzlei erfolgen, wenn die Bestätigung der zuständigen schweizerischen Vertretung über die Immatrikulation als Schweizer Bürger eingetroffen ist.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die praktischen Auswirkungen des vorgeschlagenen Gesetzes beschränkt sein werden. Voraussichtlich wird nur ein kleiner Teil der Auslandschweizer von dem ihm zugestandenen Recht Gebrauch machen. Dies ist zum Teil eine Folge des mehrfach dargelegten Grundsatzes, dass der Auslandschweizer seine politischen Rechte nur auf Schweizer Boden ausüben kann.

Aus diesen Überlegungen sind die Auswirkungen beim Vollzug des Gesetzes für die einzelnen Kantone und Gemeinden gering. Auch die finanziellen Aufwendungen werden sich in recht bescheidenem Rahmen bewegen und nur administrative Kosten (vor allem Druckkosten) erfordern. Die sich meldenden Auslandschweizer verteilen sich zudem auf viele Gemeinden in der Schweiz, so dass die einzelnen Gemeinden wohl kaum mit zusätzlichem Personal zu rechnen haben.

5

Frage der Verfassungsmässigkeit

Das Gesetz stützt sich auf Artikel 45bis BV, der den Bund ermächtigt, unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Auslandschweizer die zur Regelung ihrer Rechte und Pflichten erforderlichen Bestimmungen zu erlassen, namentlich über die Ausübung politischer Rechte.

6

Schlussbetrachtungen

Dieses Gesetz hat vor allem psychologische Bedeutung. Zahlreiche Schweizer im Ausland, von denen in der Botschaft die Rede ist, werden bei einer Annahme dieses Gesetzes das Bewusstsein erhalten, an der politischen Willensbildung in der Heimat teilnehmen zu können, wenn sie dies wollen und sich während einer Abstimmung oder Wahl in der Schweiz aufhalten. Es dürfen auch jene Mitbürger nicht vergessen werden, und es sind recht zahlreiche, die nur für eine beschränkte Zeit im Ausland tätig sind. Es sollte in der Tat selbstverständlich sein, dass diese bei einem Aufenthalt in der Schweiz an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen dürfen. Endlich könnten auch die Auslandschweizer, die in der Heimat Militärdienst leisten, während dieser Zeit stimmen oder wählen.

1309 Die Gesetzesvorlage hat Grundsätze aufgestellt und Verfahrensregeln vorgeschlagen, die möglichst am Bestehenden anknüpfen, anderseits aber auch den besonderen Verhältnissen der Auslandschweizer Rechnung tragen und die praktisch durchführbar sind, ohne Bund, Kantone und Gemeinden mit unzumutbaren Umtrieben zu belasten.

7

Antrag

Wir empfehlen Ihnen deshalb den beiliegenden Entwurf zu einem Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschw eizer zur Annahme.

Wir versichern Sie. sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

Bern, den 3. März 1975 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Graber 4108

Der Bundeskanzler : Huber

1310 (Entwurf)

Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 45bls der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 3. März 1975 D, beschliesst :

1. Abschnitt: Grundsatz

Art. l Der Auslandschweizer kann die politischen Rechte nur in der Schweiz ausüben.

2. Abschnitt : Persönlicher Geltungsbereich

Art. 2 « Auslandschweizer im Sinne dieses Gesetzes sind alle Schweizer und alle Schweizerinnen, die in der Schweiz keinen Wohnsitz haben und bei einer schweizerischen Vertretung im Ausland immatrikuliert sind.

3. Abschnitt: Umfang der politischen Rechte

Art. 3 Der Auslandschweizer, der das 20. Altersjahr zurückgelegt hat und vom Aktivbürgerrecht nicht ausgeschlossen ist, kann an den eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen teilnehmen sowie eidgenössische Initiativ- und Referendumsbegehren unterzeichnen.

» BB1 1975 I 1285

1311 Art. 4 Die Wahl Fähigkeit richtet sich nach Artikel 75 der Bundesverfassung.

Art. 5 1

Vom Stimmrecht in eidgenössischen Angelegenheiten ist unter Vorbehalt von Absatz 2 nur ausgeschlossen, wer nach schweizerischem Recht wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche (Art. 369 ZGB) entmündigt ist.

- Als Ausschlussgrund gilt ferner eine im Ausland aus den gleichen Gründen ausgesprochene Entmündigung, sofern sie auch nach schweizerischem Recht hätte ausgesprochen werden können.

4. Abschnitt: Ausübung der politischen Rechte Art. 6 Der Auslandschweizer bezeichnet die schweizerische Gemeinde, in der er das Stimmrecht ausüben will.

Art. 7 Zur Ausübung des Stimmrechts muss sich der Auslandschweizer vor jeder Wahl oder Abstimmung durch Vermittlung der schweizerischen Vertretung bei der von ihm bezeichneten Gemeinde anmelden.

5. Abschnitt: Rechtspflege Art. 8 Auf Beschwerden gegen Verfügungen der letzten kantonalen Instanz oder der Bundeskanzlei sind die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege anwendbar.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen Art. 9 Für die politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten, insbesondere für die Teilnahme an der Wahl des Standerates, bleibt das kantonale Recht vorbehalten.

1312 Art. 10 Soweit dieses Gesetz oder die gestützt darauf erlassenen Ausführungsvorschriften nichts anderes bestimmen, gilt für die Auslandschweizer die Gesetzgebung über die politischen Rechte der Schweizer im Inland.

Art. 11 1

Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.

2

Der Bundesrat bestimmt die Fälle, in welchen vom Erfordernis der Immatrikulation abgesehen und der Nachweis des Wohnsitzes im Ausland auf andere Weise erbracht werden kann.

3 Für die im Ausland eingesetzten Beamten und Angestellten des Bundes kann der Bundesrat die Ausübung der politischen Rechte abweichend von Artikel l regeln.

Art. 12 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die politischen Rechte der Auslandschweizer (Vom 3. März 1975)

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Bundesblatt

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Feuille fédérale

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Foglio federale

Jahr

1975

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

15

Cahier Numero Geschäftsnummer

75.024

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

21.04.1975

Date Data Seite

1285-1312

Page Pagina Ref. No

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