14.038 Botschaft zur Volksinitiative «Pro Service public» vom 14. Mai 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Pro Service public» Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. Mai 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-2739

3805

Übersicht Die eidgenössische Volksinitiative «Pro Service public» wurde am 30. Mai 2013 mit 104 197 gültigen Unterschriften eingereicht. Sie will sich für einen guten und bezahlbaren Service public in der Schweiz einsetzen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Schweiz über einen flächendeckenden Service public von hoher Qualität verfügt und sich Massnahmen zur Verbesserung nicht aufdrängen. Er lehnt die Initiative daher ab.

Inhalt der Initiative Die Initiative fordert, dass der Bund im Bereich der Grundversorgung nicht nach Gewinn strebt, auf die Quersubventionierung anderer Verwaltungsbereiche verzichtet und keine fiskalischen Interessen verfolgt. Diese Grundsätze sollen sinngemäss auch für Unternehmen gelten, die im Bereich der Grundversorgung des Bundes einen gesetzlichen Auftrag haben oder vom Bund durch Mehrheitsbeteiligung direkt oder indirekt kontrolliert werden. Im Weiteren soll der Bund dafür sorgen, dass die Löhne und Honorare der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Unternehmen nicht über denjenigen der Bundesverwaltung liegen.

Konkret wollen die Initiantinnen und Initianten nach eigenen Aussagen den Service public in der Schweiz verbessern beziehungsweise den ihrer Ansicht nach bestehenden Serviceabbau stoppen. Bundesbetriebe wie SBB, Post und Swisscom sollen nicht auf dem Buckel der Konsumentinnen und Konsumenten möglichst hohe Gewinne erwirtschaften, sondern in erster Linie der Bevölkerung einen guten und bezahlbaren Service bieten. Dem Bund soll es daher auch untersagt werden, mit zu hohen Post-, SBB- und Swisscom-Tarifen indirekt ­ in Form von Gewinnablieferungen ­ Steuern zu erheben. Im Weiteren erachtet das Initiativkomitee die Manager-Löhne in diesen Betrieben als überrissen und fordert, dass Manager künftig nicht mehr verdienen als Bundesrätinnen und Bundesräte.

Vorzüge und Mängel der Initiative Der Bundesrat stimmt mit den Anliegen der Initiantinnen und Initianten überein, dass die Schweizer Bevölkerung über einen guten und bezahlbaren Service public verfügen soll. Seiner Ansicht nach würden die Forderungen der Initiative jedoch die Ende der Neunzigerjahre umgesetzten Reformprozesse, mit denen die Basis für einen flächendeckenden Service public von hoher Qualität gelegt wurde, in Frage stellen.

Die bundesnahen Unternehmen sind heute gut positioniert, erbringen
Dienstleistungen von hoher Qualität und sind bedeutende und attraktive Arbeitgeber. Die Initiative würde hingegen zu einer deutlichen Einschränkung der heutigen unternehmerischen Freiheit der betroffenen Unternehmen führen. Die Vorgaben der Initiative würden die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit wie auch die Innovationskraft und Investitionstätigkeit der bundesnahen Unternehmen tangieren. Als Folge würde der Service public in der Schweiz geschwächt anstatt ­ wie das die Initiative verlangt ­ gestärkt. Auch die lohnpolitische Flexibilität der bundesnahen Unternehmen würde

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mit der Initiative eingeschränkt, und die Anstellungsbedingungen könnten sich teilweise verschlechtern.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Schweiz über einen guten Service public verfügt. Die mit der Initiative vorgesehenen Instrumente erachtet er nicht als tauglich, um den Anliegen der Initiative nachzukommen, zumal die Initiative in mehreren Punkten unklar und widersprüchlich formuliert ist.

Antrag des Bundesrates Der Bundesrat beantragt deshalb den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «Pro Service public» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen.

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Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Pro Service public» hat den folgenden Wortlaut: Die Bundesverfassung1 (BV) wird wie folgt geändert: Art. 43b

Grundsätze für die Leistungen der Grundversorgung durch den Bund

Im Bereich der Grundversorgung strebt der Bund nicht nach Gewinn, verzichtet auf die Quersubventionierung anderer Verwaltungsbereiche und verfolgt keine fiskalischen Interessen.

1

Die Grundsätze nach Absatz 1 gelten sinngemäss auch für Unternehmen, die im Bereich der Grundversorgung des Bundes einen gesetzlichen Auftrag haben oder vom Bund durch Mehrheitsbeteiligung direkt oder indirekt kontrolliert werden. Der Bund sorgt dafür, dass die Löhne und Honorare der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Unternehmen nicht über denjenigen der Bundesverwaltung liegen.

2

Das Gesetz regelt die Einzelheiten; insbesondere grenzt es die Grundversorgungsleistungen von den übrigen Leistungen ab und stellt sicher, dass Transparenz über die Kosten der Grundversorgung und die Verwendung der entsprechenden Einnahmen besteht.

3

1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Pro Service public» wurde am 14. Februar 2012 von der Bundeskanzlei vorgeprüft2 und am 30. Mai 2013 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.

Mit Verfügung vom 20. Juni 2013 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 104 197 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist.3 Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag.

Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20024 (ParlG) hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 30. Mai 2014 einen Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 30. November 2015 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.

1 2 3 4

SR 101 BBl 2012 1547 BBl 2013 4841 SR 171.10

3808

1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV: a)

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.

b)

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

c)

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

2.1

Motive des Initiativkomitees

Die Initiantinnen und Initianten greifen nach eigenen Aussagen5 die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Schweizerischen Post, der SBB und der Swisscom auf. Hierzu verweisen sie auf eine im Januar 2012 vom Marktforschungsinstitut GfK Switzerland im Auftrag der Zeitschrift K-Tipp durchgeführte repräsentative Umfrage zu den Preisen und Dienstleistungen von SBB und Post sowie auf die Beschwerden, die verschiedene Konsumentenzeitschriften erhalten hatten. Im Rahmen der Umfrage hätten rund ein Drittel der Befragten die Sauberkeit der Toiletten in den Zügen und rund die Hälfte aller Befragten die SBB-Preise im Allgemeinen als schlecht bis ungenügend bezeichnet. Bei der Post würden rund 20 Prozent die Briefpreise und fast die Hälfte aller Befragten die Preise der Pakete als zu hoch erachten. «SBB, Post, Swisscom & Co.» würden auf Kosten der Bevölkerung immer höhere Gewinne machen, gleichzeitig werde der Service rasch abgebaut. Die Folge davon seien überfüllte, schmutzige Züge, ein verwirrendes Tarifsystem, Bussen statt Beratung, lange Wartezeiten an den verbleibenden Schaltern sowie der Abbau von Briefkästen und Poststellen. Demgegenüber würden die Preise fast jedes Jahr ansteigen. Das Volk habe die Nase voll vom Serviceabbau. Die Initiative fordere daher «Service vor Profit».

2.2

Entwicklung der Grundversorgung auf Bundesebene

Die vorliegende Volksinitiative nennt sich «Pro Service public». Im Titel des geforderten neuen Verfassungsartikels wird demgegenüber von «Grundsätzen für Leistungen der Grundversorgung durch den Bund» gesprochen. Der Bundesrat hat sich bereits verschiedentlich zu den Begriffen Service public und Grundversorgung geäussert. In seinem Bericht vom 23. Juni 20046 zur «Grundversorgung in der Infrastruktur (Service public)» hat der Bundesrat den Service public als «politisch definierte Grundversorgung mit Infrastrukturgütern und Infrastrukturdienstleistun5 6

www.proservicepublic.ch BBl 2004 4569

3809

gen, welche für alle Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes nach gleichen Grundsätzen in guter Qualität und zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen sollen»7, definiert. In seiner Botschaft vom 8. Mai 20138 zu einer allgemeinen Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung verwendet er eine etwas weitere Definition, um der zugrundeliegenden Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats (Mo KVF-S 05.3232, «Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung») Rechnung zu tragen und nicht nur den Infrastruktursektor abzudecken: «Die Grundversorgung ist das politisch näher zu definierende Ziel, dass die Bevölkerung zu den Gütern und Dienstleistungen des üblichen Bedarfs Zugang hat. Für den Staat hat sie die Bedeutung eines Handlungsauftrags, sich für dieses Ziel einzusetzen.» Unter Berücksichtigung der Dokumentation auf der Homepage zur Initiative9 sowie von Äusserungen der Initiantinnen und Initianten muss angenommen werden, dass sich die Initiative insbesondere auf die Tätigkeitsfelder der bundesnahen Unternehmen SBB, Post und Swisscom beziehen soll. Der Verfassungstext bringt dies jedoch nicht zum Ausdruck. Ob und wie weit sich die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung auch auf andere Bereiche auswirken würde, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar.

In diesen drei betroffenen Sektoren verfolgt der Bund das Ziel einer hochwertigen Grundversorgung, die aber effizient erbracht werden soll. Dazu macht der Gesetzgeber differenzierte Vorgaben bezüglich des Dienstleistungsangebots. Gleichzeitig gewährt er den betroffenen Unternehmen unternehmerische Freiheiten, damit sie im Wettbewerb bestehen können und den anderen Wettbewerbsteilnehmern möglichst gleichstellt werden. Die Erbringung der Grundversorgung profitiert in allen drei Sektoren von Grössen- und Verbundvorteilen, sei es in Form von gemeinsam genutzten Infrastrukturen durch Leistungen inner- und ausserhalb der Grundversorgung oder durch gebündelte Angebote gegenüber den Kundinnen und Kunden. Die Finanzierung der Grundversorgung ist sektorspezifisch mit unterschiedlicher Gewichtung der Beiträge von Nutzern der Dienstleistungen und der öffentlichen Hand geregelt. Dieses in der PTT- und Bahnreform in den Jahren 1998 und 1999 angelegte System hat sich sehr gut bewährt.

SBB, Post und Swisscom sind in der Rechtsform der
spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft ausgestaltet und unterliegen einer gesetzlich vorgesehenen Mehrheitsbeteiligung des Bundes (aktuell: SBB und Post 100 %, Swisscom 51,22 %). Alle drei Unternehmen bewegen sich mehr oder weniger stark im Wettbewerb. Die Post verfügt noch über ein gesetzliches Monopol für Briefe bis 50 Gramm und die SBB besitzen ­ gestützt auf die noch bis 2017 dauernde Konzession ­ das exklusive Recht, Personen-Fernverkehr auf dem Schweizer Schienennetz anzubieten. Der Inhalt der Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs wird im Postgesetz vom 17. Dezember 201010 (PG) festgelegt. Im Bereich der Fernmeldedienste werden die Dienste der Grundversorgung in der Fernmeldedienstverordnung vom 9. März 200711 (FDV) bezeichnet. Beim regionalen Personenverkehr definiert die Mindestnachfrage den Umfang der Grundversorgung (vgl.

7 8 9 10 11

BBl 2004 4570 BBl 2013 3407 www.proservicepublic.ch SR 783.0 SR 784.101.1

3810

Verordnung vom 11. November 200912 über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs, ARPV). In Abhängigkeit der Nachfrage wird ein minimales Angebot an täglichen Verbindungen festgelegt.

Veränderte Kundenbedürfnisse haben die bundesnahen Unternehmen in den letzten Jahren gezwungen, ihre Leistungen anzupassen. So hat die Post aufgrund von deutlichen Mengenabnahmen in den Poststellen (seit 2000 ­65 % Briefe, ­47 % Pakete, ­31 % Einzahlungen) ihr Poststellennetz umgebaut und neue Formen der Versorgung wie die Agenturen (Post im Dorfladen) und den Hausservice (Post an der Haustüre) eingeführt. Die Schweiz verfügt jedoch nach wie vor über eines der dichtesten Netze weltweit. Preisvergleiche mit dem Ausland zeigen, dass die Post bei den Briefen und den Paketen zu den günstigeren Anbieterinnen gehört.

Beim öffentlichen Verkehr nahm der Pendelverkehr stark zu, und es kam zu einem massiven Ausbau des Angebots. Zwischen 2000 und 2013 hat die SBB ihr Angebot an Zugkilometern um fast 50 Prozent erhöht. Mit der Eröffnung der Neubaustrecke zwischen Olten und Bern Ende 2004 verkürzte sich die Fahrzeit zwischen Zürich und Bern um 13 Minuten, und mit der Eröffnung des Lötschberg-Basistunnels 2007 verkürzte sich die Fahrzeit von Visp nach Bern um mehr als eine Stunde. Parallel dazu hat die SBB ihr Rollmaterial umfassend modernisiert (Intercity-Neigezug, Doppelstock-Züge im Fernverkehr, klimatisiertes Rollmaterial im Regionalverkehr).

Zur Finanzierung dieser und weiterer Investitionen hat der Branchenverband die Preise im öffentlichen Personenverkehr seit dem Jahr 2000 in mehreren Schritten angepasst. Der Preisanstieg von 2000 bis 2013 beträgt gemäss Bundesamt für Statistik im Durchschnitt pro Jahr 1,9 Prozent.

Der Telekombereich wurde im Jahr 1998 aufgrund der erwarteten schnellen technologischen Entwicklungen für den Wettbewerb geöffnet und im Jahr 2007 wurde das Monopol auf der letzten Meile aufgehoben. Der Umfang der Grundversorgung wird vom Bundesrat periodisch den geänderten Umständen und den technologischen Entwicklungen angepasst (Art. 16. Abs. 3 des Fernmeldegesetzes vom 30. April 199713; FMG). Dank dem bestehenden Wettbewerb unter den Telekommunikationsanbietern sind die Preise seit 1998 im Festnetz um mehr als 50 Prozent, im Breitbandmarkt um 46 Prozent, im Mobilfunk um bis zu 80 Prozent und im
Roaming seit 2006 um 90 Prozent gesunken. Das Roaming, dessen Preise von den Initiantinnen und Initianten bemängelt werden, ist jedoch nicht Teil der Grundversorgung.

Der Bundesrat führt die bundesnahen Unternehmen mit der Vorgabe von strategischen Zielen für die Dauer von jeweils vier Jahren. Er prüft jedes Jahr die Erreichung der Zielvorgaben und verabschiedet den dazu gehörigen Bericht zuhanden der parlamentarischen Aufsichtskommissionen.

2.3

Wettbewerbsbehörden

Gestützt auf das Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 198514 (PüG) beobachtet der Preisüberwacher die Tarife marktmächtiger Unternehmen und schreitet bei deren Missbräuchlichkeit ein. So ist es dem Preisüberwacher im Kabelfernsehbereich gelungen, übermässige Monopolrenten und teilweise auch konsumente12 13 14

SR 745.16 SR 784.10 SR 942.20

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nunfreundliche Praktiken zu verhindern, ohne dass der Gesetzgeber in diesen weitgehend privat erbrachten Service-public-Bereich mit schwerfälligen und tendenziell innovationsschädlichen Gesetzen eingreifen musste. Zudem kann auch die im Januar 2014 getroffene einvernehmliche Regelung der Post mit dem Preisüberwacher als Beispiel einer schlanken und pragmatischen Regelung des Service public genannt werden. Eine besondere Bedeutung zur Sicherstellung eines preiswerten Service public haben die Wettbewerbskommission und Preisüberwachung als nationale Wettbewerbsbehörden in Sektoren, die aufgrund der Technologie oder einer angestrebten schrittweisen Marktöffnung im Umbruch stehen. So hat die Wettbewerbskommission beispielsweise in Bezug auf den Bau von Glasfasernetzen im Rahmen eines Verfahrens sichergestellt, dass trotz der Kooperation beim Bau der Infrastrukturen der Wettbewerb beim Betrieb der Infrastrukturen bestehen bleibt.

Behördliche Eingriffe sind nur dann zu erwarten, wenn die Grundregeln des Kartellgesetzes oder des Preisüberwachungsgesetzes nicht eingehalten werden.

2.4

Verfassungsrecht

Gemäss Artikel 43a Absatz 4 BV müssen Leistungen der Grundversorgung allen Personen in vergleichbarer Weise offen stehen. Eine Definition dessen, was genau die Grundversorgung ist, findet sich hingegen nicht in der Bundesverfassung. Diese Tatsache führte bereits mehrfach zu politischen Vorstössen15.

In Bezug auf die Post- und Fernmeldedienste sowie den öffentlichen Verkehr kann auf folgende Verfassungsbestimmungen verwiesen werden: Der geltende Artikel 92 Absatz 2 BV verpflichtet den Bund, für eine ausreichende und preiswerte Grundversorgung mit Post- und Fernmeldediensten in allen Landesgegenden zu sorgen. Zum Postwesen gehören die allgemeinen Postleistungen einschliesslich des Postzahlungsverkehrs und des Transportwesens, soweit dieses nicht von anderen Regelungen erfasst wird. Das Fernmeldewesen bezeichnet die fernmeldetechnische Übertragung von Informationen, die nicht an die Allgemeinheit gerichtet sind16.

Beim öffentlichen Verkehr kennt die geltende Verfassung kein Grundrecht auf Mobilität, weder im Sinne eines Freiheitsrechts noch als Sozialrecht. Wer am Verkehr teilnimmt, verfügt nicht über einen verfassungsrechtlich festgeschriebenen Rechtsanspruch, Verkehrsmittel zu benutzen, auch nicht über einen besonderen Anspruch gegenüber dem Staat, durch Einrichtungen des Verkehrs erschlossen zu werden und über ein breites Angebot des öffentlichen Verkehrs zu verfügen17. Die Schweizer Stimmberechtigten haben am 9. Februar 2014 die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur FABI angenommen. Mit dem neuen Artikel 81a BV wird festgelegt, dass Bund und Kantone für ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr auf Schiene, Strasse, Wasser und mit Seilbahnen in allen 15 16

17

03.465 Pa.Iv Maissen, Service public. Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung; 05.3232 Mo KVF-S, Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung Herbert Burkert (2008), Kommentar zu Art. 92 BV, in: Ehrenzeller Bernhard/ Mastronardi, Philippe/Schweizer, Rainer J./Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen, Rz. 2.

Martin Lendi (2008), Kommentar zu Art. 87 BV, in: Ehrenzeller Bernhard/Mastronardi, Philippe/Schweizer, Rainer J./Vallender, Klaus A. (Hrsg.), Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen, Rz. 11

3812

Landesgegenden sorgen. Die Belange des Schienengüterverkehrs sind dabei angemessen zu berücksichtigen.

3

Ziele und Inhalt der Initiative

3.1

Ziele der Initiative und Inhalt der vorgeschlagenen Regelung

Die Initiative will den Service public in der Schweiz verbessern beziehungsweise den nach Ansicht des Initiativkomitees bestehenden Serviceabbau stoppen. Bundesbetriebe wie SBB, Post und Swisscom sollen nicht auf dem Buckel der Konsumentinnen und Konsumenten möglichst hohe Gewinne erwirtschaften, sondern in erster Linie der Bevölkerung einen guten und bezahlbaren Service bieten. Zudem soll es dem Bund untersagt werden, mit zu hohen Post-, SBB- und Swisscom-Tarifen indirekt ­ in Form von Gewinnablieferungen ­ Steuern zu erheben. Im Weiteren sollen die nach Ansicht der Initiantinnen und Initianten überrissenen ManagerLöhne in diesen Betrieben sinken. Konkret fordere die Initiative, dass Manager künftig nicht mehr verdienen als Bundesrätinnen und Bundesräte.

3.2

Erläuterung und Auslegung des Initiativtextes

3.2.1

Kein Streben nach Gewinn im Bereich der Grundversorgung

Die Initiative verlangt, dass der Bund im Bereich der Grundversorgung nicht nach Gewinn strebt und dieser Grundsatz sinngemäss auch für Unternehmen gilt, die im Bereich der Grundversorgung des Bundes einen gesetzlichen Auftrag haben oder vom Bund durch Mehrheitsbeteiligung direkt oder indirekt kontrolliert werden.

Dabei stellt sich die Frage, was genau mit der Formulierung «nicht nach Gewinn streben» gemeint ist. Es ist unklar, ob Gewinne beziehungsweise die Gewinnstrebigkeit vollständig ausgeschlossen werden sollen oder ob die entsprechende Formulierung darauf abzielt, dass Gewinne nicht das hauptsächliche Ziel im Bereich der Grundversorgung sein sollen. In Bezug auf die gemäss Absatz 2 des Initiativtextes betroffenen Unternehmen ist zudem offen, ob sich der Ausschluss der Gewinnstrebigkeit auf die gesamte Unternehmenstätigkeit bezieht oder nur auf Gewinne, die mit Dienstleistungen in der Grundversorgung erzielt werden.

Entsprechend dem Wortlaut der Initiative lässt sich der Schluss ziehen, dass die Initiative kein absolutes Gewinnverbot im Bereich der Grundversorgung fordert, und zwar weder beim Bund noch bei den bundesnahen Unternehmen. Denn diese Unternehmen sind ­ wie jedes andere Unternehmen auch ­ zur Sicherung ihrer Leistungsund Konkurrenzfähigkeit zwingend auf Innovationen und Investitionen (insbesondere in neue Technologien) angewiesen. Hierzu benötigen sie jedoch eine hohe Ertragskraft. Gewinne sind notwendig, um Eigenkapital aufzubauen und Reserven zu generieren, damit auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld das Überleben gesichert werden kann und Verluste aufgefangen werden können. Der vorgeschlagene Verfassungstext kann damit so verstanden werden, dass im Bereich der Grundversorgung ein effektives Gewinnstreben, d.h. ein Streben nach möglichst hohen Gewinnen, ausgeschlossen werden soll. Gewinne dürften jedoch weiterhin 3813

zulässig sein, sofern sie beispielsweise der Bildung von Reserven oder dem Ausgleich von Verlusten dienen und somit das Überleben des Unternehmens sicherstellen.

Diese Auslegung wird von Ausführungen der Initiantinnen und Initianten insofern bestätigt, als diese festhalten, die Initiative fordere, dass allfällige Gewinne bei den Bundesbetrieben verbleiben und dort für sinnvolle Investitionen oder zur Senkung der Preise eingesetzt werden, und nicht als indirekte Steuern in die Bundeskasse abfliessen18.

3.2.2

Keine Quersubventionierung und keine fiskalischen Interessen im Bereich der Grundversorgung

Laut dem Initiativtext soll der Bund im Bereich der Grundversorgung auf die Quersubventionierung anderer Verwaltungsbereiche verzichten und keine fiskalischen Interessen verfolgen. Auch dieser Grundsatz soll sinngemäss für Unternehmen gelten, die im Bereich der Grundversorgung des Bundes einen gesetzlichen Auftrag haben oder vom Bund durch Mehrheitsbeteiligung direkt oder indirekt kontrolliert werden.

Aus dem Initiativtext lässt sich jedoch nicht klar erkennen, ob mit dem geforderten Verzicht auf Quersubventionierungen Finanzströme im Bund, in den bundesnahen Unternehmen oder von den Unternehmen zum Bund gemeint sind.

Nach Auskunft eines Mitglieds des Initiativkomitees soll die Quersubventionierung innerhalb eines Betriebs kein Problem sein. Verboten werden soll mit der Initiative insbesondere die Überweisung von Post- und Swisscom-Einnahmen an die Bundeskasse19. Dies lässt sich aus dem Initiativtext jedoch nicht eindeutig erkennen.

Das Verhältnis zwischen den Forderungen nach einem Ausschluss der Gewinnstrebigkeit und von Quersubventionierungen sowie dem Verzicht auf fiskalische Interessen nach Absatz 1 des Initiativtextes ist ebenfalls unklar. Plausibel erscheint die Interpretation ­ die auch von den Aussagen des Initiativkomitees gestützt wird ­, dass sich alle drei Forderungen dagegen richten, dass Gewinne aus dem Bereich der Grundversorgung für andere Aufgaben des Bundes verwendet werden. Zu diesem Zweck sollen die Unternehmen, die im Bereich der Grundversorgung tätig sind oder vom Bund durch Mehrheitsbeteiligung kontrolliert werden, dem Bund keine Dividenden ausrichten, die mit Gewinnen aus dem Bereich der Grundversorgung finanziert werden. Dies betrifft namentlich die Post und Swisscom. Nach Ansicht des Komitees sind Dividendenausschüttungen an die Kapitalgeber als versteckte Steuern anzusehen. Die zur Verfügung stehenden Gewinne sollen vielmehr zur Verbilligung der Grundversorgungsdienste eingesetzt werden.

18 19

vgl. K-Tipp 01/2014 vom 15.1.2014 vgl. Der Bund/Tagesanzeiger vom 23.8.2013: Linke Hilfe für profitorientierte Manager

3814

3.2.3

Die Löhne der Mitarbeitenden der öffentlichen Unternehmen dürfen nicht höher sein als in der Bundesverwaltung

Die Initiative fordert, dass der Bund dafür sorgt, dass die Löhne und Honorare der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen, die im Bereich der Grundversorgung des Bundes einen gesetzlichen Auftrag haben oder vom Bund durch Mehrheitsbeteiligung direkt oder indirekt kontrolliert werden, nicht über denjenigen der Bundesverwaltung liegen.

Gemäss Ausführungen auf der Homepage zur Initiative stören sich die Initiantinnen und Initianten insbesondere an den ihrer Ansicht nach ungerechtfertigt hohen Löhnen der Konzernleiter von SBB, Post, Swisscom und Ruag. Zudem würden bei diesen Unternehmen auch die anderen Geschäftsleitungsmitglieder sowie ­ aufgerechnet auf ein 100-Prozent-Pensum ­ auch die Verwaltungsratspräsidenten von Swisscom, Post und Skyguide mehr als ein Bundesrat verdienen. Die nach Ansicht der Initiantinnen und Initianten überrissenen Löhne der Manager der bundesnahen Unternehmen sollen daher gekürzt werden. Konkret fordere die Initiative ­ so die Ausführungen auf der Homepage ­ dass Manager dieser Unternehmen künftig nicht mehr verdienen als Bundesrätinnen und Bundesräte. Diese Vorgabe lässt sich aus dem Initiativtext ebenfalls nicht erkennen.

4

Würdigung der Initiative

4.1

Würdigung der Anliegen der Initiative

4.1.1

Kein Streben nach Gewinn im Bereich der Grundversorgung

Nach einer plausiblen Interpretation kann davon ausgegangen werden, dass die Initiative kein absolutes Gewinnverbot verlangt, sondern den Verbleib allfälliger Gewinne aus dem Bereich der Grundversorgung bei den bundesnahen Unternehmen.

Die Unternehmen selbst sollen zudem nicht das Ziel möglichst hoher Gewinne verfolgen. Die Unternehmen würden damit einer Einschränkung ihrer Geschäftstätigkeit unterliegen, indem sie im Bereich der Grundversorgung höchstens noch Gewinne erwirtschaften dürften, die beispielsweise der Bildung von Reserven oder dem Ausgleich von Verlusten dienen und somit ihr Überleben sichern helfen. Diese einschränkenden Vorgaben können Auswirkungen auf die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit der bundesnahen Unternehmen haben.

Da Bund und Kantone im regionalen Personenverkehr die ungedeckten Kosten des bestellten Verkehrsangebotes abgelten, ist die Gewinnerzielung im regionalen Personenverkehr nicht erlaubt (vgl. Verordnung vom 11. November 200920 über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs, ARPV). Auch bei der vom Bund bestellten und finanzierten Bahninfrastruktur der SBB und den anderen konzessionierten Transportunternehmen sind Gewinne regulatorisch nicht zugelassen.

Die Grundversorgung in der Telekommunikation wird im Rahmen einer Ausschreibung vergeben. Die aktuelle Konzession der Swisscom läuft bis Ende 2017. Mit der Formulierung der Initiative wäre nicht nur die Swisscom, die einer Mehrheitsbeteili20

SR 745.16

3815

gung des Bundes unterliegt, sondern auch ein anderes Unternehmen, das über die Konzession verfügen würde, von der Initiative betroffen. Kein Unternehmen wird sich jedoch freiwillig einer Gewinnbeschränkung unterwerfen wollen. Entsprechende Vorgaben könnten deshalb bewirken, dass sich gar kein Unternehmen für die Konzession bewirbt und in der Folge ein Unternehmen als Grundversorgungskonzessionärin bestimmt werden müsste (Art. 14 Abs. 4 FMG). Zudem bestünde das Risiko, dass ein solches Unternehmen Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung zur Finanzierung der ungedeckten Kosten der Grundversorgung durch den Bund erhebt (Art. 19 FMG).

Die Initiantinnen und Initianten verfolgen nach eigenen Aussagen das Ziel, dass die bundesnahen Unternehmen statt nach Gewinn zu streben ihre Preise senken oder allfällige Gewinne bei den Bundesbetrieben verbleiben und dort für sinnvolle Investitionen oder zur Senkung der Preise eingesetzt werden. Investitionen werden jedoch aus einbehaltenem Gewinn und durch Kapitalaufnahme finanziert. Dürfen die Unternehmen nun nicht mehr nach Gewinn streben und realisierte Gewinne nach unternehmerischen Gesichtspunkten verwenden, so stärkt dies die Investitionskraft nicht, sondern gefährdet sie. Im Weiteren gilt es festzuhalten, dass tiefe Preise auch tiefe Kosten der Leistungserstellung erfordern. Diese wiederum können nur durch weitgehende unternehmerische Freiheiten und eine entsprechende Unternehmensführung sichergestellt werden. Bereits heute befinden sich die Bundesbetriebe in einem äusserst anspruchsvollen Spannungsfeld zwischen politischen, regulatorischen und ökonomischen Ansprüchen. Generelle Preissenkungen im öffentlichen Verkehr würden beispielsweise den heute bereits niedrigen Kostendeckungsgrad weiter senken, was zu einer Erhöhung der Ausgaben der öffentlichen Hand führen könnte. Die Gewinnvorgaben der Initiative würden die Komplexität der Rahmenbedingungen für die betroffenen Unternehmen also weiter erhöhen und die Unternehmensführung zusätzlich erschweren. Die effiziente Erbringung der Grundversorgung würde damit gefährdet.

Schliesslich stellt sich die Frage, ob mit der Initiative die Rechtsform der Aktiengesellschaft für die bundesnahen Unternehmen überhaupt noch als geeignet angesehen werden kann. Diese Rechtsform wurde vom Gesetzgeber bewusst gewählt, um den
Unternehmen möglichst grosse unternehmerische Freiheiten zu gewähren, einen geeigneten Rahmen für deren vermehrt im Wettbewerb erbrachte Leistungen zu schaffen und so auch die Gleichstellung mit anderen Wettbewerbsteilnehmern zu erreichen. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft ist in ihrem Grundtypus jedoch auf Gewinnstrebigkeit ausgelegt.

4.1.2

Keine Quersubventionierung und keine fiskalischen Interessen im Bereich der Grundversorgung

Weiter fordert die Initiative, dass im Bereich der Grundversorgung auf die Quersubventionierung anderer Verwaltungsbereiche verzichtet und keine fiskalischen Interessen verfolgt werden.

Der Begriff Quersubventionierung umfasst jegliche Verschiebung von Kosten und Erträgen, so auch zwischen Geschäftsbereichen eines Unternehmens oder zwischen unterschiedlichen Kategorien von Kundinnen und Kunden, die dieselbe Leistung in Anspruch nehmen. Nach diesem Begriffsverständnis finden sich im Bereich der Grundversorgung verschiedene gewollte Formen von unternehmensinternen Quer3816

subventionierungen. Schliesslich sollen die Unternehmen die Grundversorgung grundsätzlich eigenwirtschaftlich erbringen, und es ist ein typisches Kennzeichen von Grundversorgungsregelungen, dass gleiche Leistungen zum gleichen Preis für alle angeboten werden. So muss die Post beim Brief- und Paketverkehr der Grundversorgung für Privatkundinnen und -kunden landesweit gleiche Tarife verrechnen.

Zudem muss sie landesweit ein flächendeckendes Netz an Zugangspunkten sicherstellen. Die Fernverkehrskonzession der SBB beinhaltet demgegenüber die Pflicht, das Fernverkehrsnetz gesamthaft wirtschaftlich zu betreiben, und schreibt vor, dass die Regionen ausserhalb der grossen Zentren ebenfalls zu bedienen sind. Dies führt systembedingt zu einer Querfinanzierung von profitablen zu defizitären Linien innerhalb des Fernverkehrsnetzes, denn die gemäss Konzession zu betreibenden nicht rentablen Linien erfüllen im System des öffentlichen Verkehrs der Schweiz eine wichtige Zubringer- und Anschlussfunktion.

Quersubventionierungen sind somit durch ihren wirtschaftlichen Ausgleich zwischen Kundengruppen und Regionen das wohl wichtigste Mittel zur Sicherstellung der Grundversorgung.

Im regionalen Personenverkehr sind durch das bereits dargelegte linienweise Bestellprinzip Quersubventionierungen hingegen weitgehend ausgeschlossen. Und im Postsektor gibt es klare Vorgaben zum Ausschluss unerlaubter Quersubventionierungen. So wird in Artikel 19 des Postgesetzes festgelegt, dass die Post die Erträge aus dem reservierten Dienst (Monopol auf der Beförderung von Briefen bis 50 g, Art. 18 PG) nur zur Deckung der Kosten aus der Grundversorgung (Postdienste und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs) verwenden darf, nicht aber zur Verbilligung von Dienstleistungen ausserhalb der beiden Grundversorgungsaufträge.

Die Forderung der Initiative, wonach der Bund im Bereich der Grundversorgung keine fiskalischen Interessen verfolgen soll, richtet sich gegen die Ausschüttung von Dividenden durch Unternehmen, die im Bereich der Grundversorgung einen gesetzlichen Auftrag haben oder vom Bund durch Mehrheitsbeteiligung direkt oder indirekt kontrolliert werden. Damit betrifft diese Forderung namentlich die Post und Swisscom. Die SBB schüttet dem Bund keine Dividenden aus, sondern finanziert mit allfälligen freien Mitteln insbesondere
Investitionen in neue Züge, die zur Bewältigung der steigenden Verkehrsnachfrage erforderlich sind. Gewinne der SBB fliessen damit direkt ins Bahnsystem zurück.

Die Initiantinnen und Initianten erachten die Gewinn- oder Dividendenausschüttungen von Swisscom und Post an den Bund als versteckte Steuern, die es zu eliminieren gilt, da sie mit überhöhten Tarifen finanziert seien.

Gewinnausschüttungen an Aktionäre stellen die Rendite des Kapitaleinsatzes dar und gelten das unternehmerische Risiko ab. Damit bilden sie die Voraussetzung für eine angemessene Kapitalisierung. Ohne Aussichten auf einen Gewinn des Unternehmens oder einer Dividendenausschüttung würde es insbesondere für die Swisscom schwieriger werden, private Kapitalgeber zu finden.

Wie bei Aktiengesellschaften in vollständigem Privatbesitz ist auch dem Bund als Aktionär eine angemessene Rendite auf dem nicht zuletzt aus Steuermitteln investierten Kapital zuzugestehen. Über die Verwendung der entsprechenden Gewinne soll der Bund wie bei privaten Unternehmen in seiner Rolle als Eigentümer entscheiden. Er kann sich die Gewinne auszahlen lassen und dem allgemeinen Staatshaushalt zuführen, und so indirekt den Steuerzahler entlasten, oder sie aber beispielsweise zur Aufstockung des Eigenkapitals im Unternehmen belassen. In diesem 3817

Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Unternehmen Post und Swisscom ihre Leistungen zunehmend im Wettbewerb erbringen und die Gewinne zu einem grossen Teil aus diesem Bereich und nicht aus dem Bereich der Grundversorgung stammen. Würden diese Gewinnausschüttungen reduziert, so müsste der Bund die fehlenden Einnahmen durch entsprechende Steuererhöhungen oder einen Leistungsabbau ausgleichen.

4.1.3

Die Löhne der Mitarbeitenden der öffentlichen Unternehmen dürfen nicht höher sein als in der Bundesverwaltung

Das Initiativkomitee zielt mit seiner Forderung, dass die Löhne der Mitarbeitenden der öffentlichen Unternehmen nicht höher sein dürfen als in der Bundesverwaltung, auf die seiner Ansicht nach überhöhten Löhne der Manager der bundesnahen Unternehmen. Mit der gewählten Formulierung der Initiative wären jedoch nicht nur die Führungsspitzen, sondern sämtliche Angestellten der bundesnahen Unternehmen betroffen. Entsprechend dem Initiativtext müssten die Unternehmen ihr Lohngefüge an jenes der Bundesverwaltung anpassen. Dies wäre nur mit sehr grossem Aufwand umzusetzen, weil genau festgestellt werden müsste, ob und wo eine Gleichwertigkeit der Anforderungen, der Funktion und der Entlöhnung im Unternehmen im Vergleich mit der Bundesverwaltung gegeben ist.

SBB, Post und Swisscom gehören zu den grössten Arbeitgeberinnen der Schweiz und stehen nicht nur mit ihren Produkten und Dienstleistungen, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt im Wettbewerb mit Privaten. Sie müssen deshalb auch in diesem Wettbewerb bestehen können, um konkurrenzfähig zu bleiben. Da in manchen Branchen andere Bedingungen herrschen als für die Bundesverwaltung, könnte eine erzwungene Angleichung an das Lohngefüge des Bundes die Unternehmen schwächen. Die Unternehmen würden einer Einschränkung unterliegen, welche die direkte Konkurrenz nicht hat. Dies würde die Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen weiter beeinträchtigen. Auch das Verhältnis zwischen den Sozialpartnern würde tangiert. Sie hätten weniger Spielraum für unternehmensspezifische Lösungen im Rahmen der Verhandlungen zu den Gesamtarbeitsverträgen.

Die in der Initiative verlangte Angleichung an das Lohngefüge des Bundes würde also die unternehmerische Freiheit der bundesnahen Unternehmen, die ihnen insbesondere im Rahmen der bereits erwähnten PTT- und Bahnreform in den Jahren 1998 beziehungsweise 1999 gewährt wurde, wieder einschränken. Dieser Schritt «zurück in die Verwaltung» würde sämtlichen Auslagerungs- und Privatisierungsbestrebungen der letzten Jahrzehnte, die den Service public in der Schweiz insgesamt gestärkt haben, diametral entgegenstehen.

Die Swisscom untersteht als börsenkotiertes Unternehmen der am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Verordnung vom 20. November 201321 gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV). Die Generalversammlung muss daher künftig jährlich über sämtliche Vergütungen der Mitglieder des Verwaltungsrates und der Konzernleitung abstimmen.

21

SR 221.331

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SBB und Post unterstehen den Bestimmungen der Kaderlohnverordnung vom 19. Dezember 200322 und müssen dem Bundesrat jährlich im Rahmen der Kaderlohnberichterstattung über die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben Rechenschaft ablegen. Der Bundesrat hat im Jahr 2007 Eckwerte für die Entschädigung der Verwaltungsratspräsidenten von SBB (225 000 Fr.), Post (225 000 Fr.), Skyguide (135 000 Fr.), Ruag (140 000 Fr.) und SRG (135 000 Fr.) festgelegt. Dabei wurden insbesondere das unternehmerische Risiko, die Grösse und die Art der Finanzierung sowie der Beschäftigungsgrad berücksichtigt.

4.1.4

Umsetzung im Gesetz

Die Initiative fordert in Absatz 3, dass das Gesetz die Einzelheiten regelt und dabei die Grundversorgungsleistungen von den übrigen Leistungen abgrenzt und sicherstellt, dass Transparenz über die Kosten der Grundversorgung und die Verwendung der entsprechenden Einnahmen besteht.

Wie bereits weiter oben erwähnt, sieht das Postgesetz bereits heute vor, dass Erträge aus dem reservierten Dienst nur zur Deckung der Grundversorgungskosten und nicht zur Verbilligung von Dienstleistungen ausserhalb der Grundversorgung verwendet werden dürfen. Dieses Quersubventionierungsverbot stützt sich auf den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit nach Artikel 94 BV und soll verhindern, dass mit gesetzlich gewährten Monopolrenten der Wettbewerb verzerrt wird (vgl. Botschaft vom 20. Mai 200923 zum Postgesetz). Das Rechnungswesen muss so ausgestaltet sein, dass Kosten und Erlöse der einzelnen Dienstleistungen ausgewiesen werden können.

Im Übrigen ist die Post verpflichtet, die Nettokosten der Verpflichtung zur Grundversorgung zu bestimmen (Art. 49 und 50 der Postverordnung vom 29. August 201224; VPG). Diese Kosten ergeben sich aus dem Vergleich zwischen dem Ergebnis, das die Post und ihre Konzerngesellschaften mit der Grundversorgungsverpflichtung erzielen und dem hypothetischen Ergebnis ohne entsprechende Verpflichtung.

Im Eisenbahnrecht gibt es keine Definition der Grundversorgung auf Gesetzesstufe.

Das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 195725 (EBG) und das Personenbeförderungsgesetz vom 20. März 200926 (PBG) machen jedoch weitgehende Vorgaben in Bezug auf die Rechnungslegung von Eisenbahnunternehmen und von Unternehmen, die über eine Personenbeförderungskonzession verfügen.

Die Swisscom erbringt heute Grundversorgungsleistungen teilweise im Bündel mit anderen Diensten (Mobilfunk, TV). Damit liesse sich eine Aufschlüsselung der Kosten und Erträge aufgrund der Verbundvorteile nicht genau beziehungsweise nur mit umfassenden Annahmen vornehmen, zumal es bis heute keine allgemein anerkannte Regel gibt, die eine solche Kostenzuordnung eindeutig festlegen würde.

Einerseits gibt es damit in der fraglichen Gesetzgebung bereits Vorgaben, wonach die Kosten und Erlöse einzelner Dienstleistungen ausgewiesen werden müssen.

Anderseits muss darauf hingewiesen werden, dass der Gesetzgeber zwar eine 22 23 24 25 26

SR 172.220.12 BBl 2009 5181 5225 SR 783.01 SR 742.101 SR 745.1

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Umsetzung der Forderung nach einer klaren Abgrenzung von Grundversorgungsleistungen von den übrigen Leistungen in Form einer rechnungsmässigen Trennung vorsehen kann; der Aufwand für die betroffenen Unternehmen wäre jedoch sehr gross und würde ihre Flexibilität einschränken. Die sauberste Trennungsmethode, nämlich die Abspaltung der Grundversorgungsbereiche in eigene Unternehmen, würde positive Skaleneffekte vernichten, zu ineffizienten Strukturen führen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigen.

4.1.5

Frage eines Gegenentwurfs; Koordination mit anderen Verfassungsbestimmungen

Der Bundesrat hat am 13. Dezember 2013 beschlossen, die Initiative «Pro Service public» abzulehnen und ihr weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Unter Berücksichtigung der hohen Qualität des Service public und der guten Versorgung in der Schweiz sieht der Bundesrat keine Veranlassung für eine Verfassungs- oder Gesetzesänderung, weder mit der vorliegenden Initiative noch in der Form eines direkten Gegenentwurfs oder mittels eines indirekten Gegenvorschlags auf Gesetzesstufe.

Dabei hat er auch in Betracht gezogen, dass er gestützt auf die Motion KVF-S 05.3232 («Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung») am 8. Mai 2013 die Botschaft zu einer allgemeinen Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung27 verabschiedet hat. Darin stellt er drei Varianten (A, B, C) für eine Änderung der Bundesverfassung zur Diskussion. Der Bundesrat hält in der Botschaft jedoch fest, dass er nach wie vor der Meinung ist, dass es sinnvoller ist, auf eine solche Bestimmung zu verzichten, weshalb er keine der Varianten zur Annahme beantragt.

Sollte die Bundesversammlung dennoch eine solche Bestimmung schaffen wollen, würde der Bundesrat Variante A («Bund und Kantone setzen sich für eine ausreichende, allen zugängliche Grundversorgung ein») vorziehen.

Die vorliegend zur Diskussion stehende Volksinitiative wie auch die Motion 05.3232 befassen sich zwar beide mit dem Begriff der Grundversorgung, sie haben jedoch einen anderen Ansatz. Während die Motion eine abstrakte Verfassungsbestimmung beziehungsweise einen Grundkonsens über die Grundversorgung im Allgemeinen zum Ziel hat, geht es bei der Volksinitiative «Pro Service public» um konkrete finanzielle Aspekte wie Gewinne, Quersubventionierungen, fiskalische Interessen und Löhne. Die Initiative verfolgt damit einen direkten Eingriff in die unternehmerischen Freiheiten der betroffenen Unternehmen. Im Weiteren wird mit der Initiative nur der Bereich des Bundes erfasst, nicht jedoch Bestrebungen der Kantone zugunsten der Grundversorgung. Private Unternehmen fallen zudem nur dann unter die Bestimmung, wenn sie vom Bund einen Grundversorgungsauftrag erhalten.

Deshalb ist der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass der Entwurf zu einem Bundesbeschluss über eine allgemeine Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung (Varianten
A­C) keine Alternative zur vorliegenden Initiative darzustellen vermag, zumal der Bundesrat ja sowieso den Verzicht auf eine allgemeine Verfassungsbestimmung vorschlägt.

27

BBl 2013 3407

3820

4.2

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

4.2.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Unternehmen Post, SBB und Swisscom werden auf den im Geschäftsjahr 2013 (Zahlenbasis SBB: 2012) erzielten Gewinnen voraussichtlich insgesamt rund 390 Millionen Franken Gewinnsteuern bezahlen, wovon rund 110 Millionen Franken dem Bund sowie rund 280 Millionen Franken den Kantone und Gemeinden zufliessen. Der Bund hat im Jahr 2013 Gewinnausschüttungen von Post und Swisscom aus dem Geschäftsjahr 2012 in Höhe von rund 830 Millionen Franken vereinnahmt.

Drittaktionäre der Swisscom erhielten Gewinnausschüttungen in der Höhe von rund 500 Millionen Franken. Die SBB ist weitgehend steuerbefreit und nimmt keine Gewinnausschüttungen vor. An Bund, Kantone und Gemeinden fliessen somit im Jahr 2013 aus Gewinnsteuereinnahmen und Gewinnausschüttungen insgesamt rund 1220 Millionen Franken, davon rund 940 Millionen Franken an den Bund sowie rund 280 Millionen Franken an die Kantone und Gemeinden. Eine verlässliche Aufteilung der steuerpflichtigen Gewinne und Gewinnausschüttungen auf den Grundversorgungsbereich beziehungsweise den Bereich der im Wettbewerb angebotenen Güter und Leistungen ist aufgrund der seitens Post und Swisscom zum jetzigen Zeitpunkt vorhandenen Daten nicht möglich.

Je nachdem, wie die Initiative auf Gesetzesstufe umgesetzt würde, könnten sich die hiervor erwähnten Einnahmen mehr oder weniger stark reduzieren. Es ist jedenfalls nicht auszuschliessen, dass beim Bund, gegebenenfalls auch bei den Kantonen und Gemeinden, ausgabenseitige Kompensationen erforderlich würden, die zu einem Leistungsabbau auch im Bereich des Service public führen könnten. Alternativ müssten diese Einnahmeausfälle über Steuererhöhungen ausgeglichen werden.

Die von den Unternehmen Post und Swisscom ausgeschütteten Gewinne stellen für den Bund als Aktionär einen Gegenwert für das nicht zuletzt aus Steuermitteln investierte Kapital dar. Neben dem Bund als Hauptaktionär haben auch die mehr als 68 000 Drittaktionäre der Swisscom (Kleinaktionäre, institutionelle Anleger wie Pensionskassen usw.) Interesse an einem stabilen Unternehmenswert und einer angemessenen Rendite auf dem investierten Kapital. Je nach konkreter Umsetzung der Initiative könnten der Unternehmenswert und die Dividendenhöhe negativ beeinflusst werden.

Wie bereits erwähnt wurde, besteht bei der Grundversorgung in der Telekommunikation ein Risiko, dass sich
aufgrund der einschränkenden Vorgaben der Initiative insbesondere bezüglich Gewinnstrebigkeit kein Unternehmen für die Grundversorgungskonzession bewirbt und in der Folge ein Unternehmen als Grundversorgungskonzessionärin bestimmt werden müsste. Dies könnte zur Folge haben, dass ein solches Unternehmen Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung zur Finanzierung der ungedeckten Kosten der Grundversorgung durch den Bund erhebt.

4.2.2

Personelle Auswirkungen

Eine Umsetzung der Initiative hat auf Bundesebene keine personellen Auswirkungen. In den bundesnahen Unternehmen könnten jedoch negative Auswirkungen auf das Personal nicht ausgeschlossen werden. Die Unternehmen müssten ihr Lohngefüge an jenes der Bundesverwaltung anpassen und würden damit Einschränkun3821

gen bei der Rekrutierung von qualifizierten und spezialisierten Mitarbeitenden unterliegen, was ein Nachteil gegenüber den direkten Konkurrenten sein könnte. Bei einer Annahme der Initiative würde damit die Leistungs- und Innovationskraft der betroffenen Unternehmen geschwächt. Um dem entgegenzutreten, müssten die Unternehmen Reorganisationen und Restrukturierungen vornehmen, die unter Umständen auch Personalmassnahmen in Form von Personalabbau oder Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen enthielten.

4.3

Vorzüge und Mängel der Initiative

Die Initiative möchte sich für einen guten und bezahlbaren Service public in der Schweiz einsetzen. Der Bundesrat kann dieses Grundanliegen der Initiative nachvollziehen. Er ist jedoch einerseits der Ansicht, dass die Schweiz bereits heute über einen guten Service public verfügt. Andererseits erachtet er die mit der Initiative vorgesehenen Instrumente als nicht tauglich, um den Anliegen der Initiative nachzukommen, zumal die Initiative in mehreren Punkten unklar formuliert ist. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Initiative den Service public in der Schweiz schwächen würde, anstatt ihn zu stärken.

4.4

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Initiative enthält keine Bestimmungen, die bestehende internationale Verpflichtungen der Schweiz beeinträchtigen könnten.

5

Schlussfolgerungen

Nach Auffassung des Bundesrates verfügt die Schweiz über einen flächendeckenden, sicheren und leistungsfähigen Service public. Die Dienstleistungen werden zuverlässig, in hoher Qualität und mit steigender Effizienz erbracht. Die Versorgung aller Landesteile ist sichergestellt.

Die Initiative will sich für einen guten und bezahlbaren Service public einsetzen.

Wie bereits dargelegt, ist sie jedoch in verschiedenen Punkten unklar formuliert und würde die Erwartungen nach einem besseren und günstigeren Service public nicht erfüllen. Vielmehr muss die Initiative als widersprüchlich und kontraproduktiv bezeichnet werden.

Die Forderungen der Initiative stellen die Ende der Neunzigerjahre umgesetzten Reformprozesse in Frage, mit denen die Basis für einen flächendeckenden Service public von hoher Qualität gelegt wurde. Diese Reformen haben sich bewährt, die bundesnahen Unternehmen sind gut positioniert, erbringen Dienstleistungen von hoher Qualität und sind bedeutende und attraktive Arbeitgeber. Die notwendigen Rahmenbedingungen liegen vor, damit sich die Unternehmen im Markt behaupten und mit der in ihrem Sektor bestehenden Markt- und Technologiedynamik Schritt halten können. Die Initiative würde zu einer deutlichen Beschneidung der unternehmerischen Freiheit der betroffenen Unternehmen führen, die diesen bei ihrer Auslagerung im Rahmen der PTT- und der Bahnreform gewährt wurde. Die Vorgaben der 3822

Initiative würden die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit wie auch die Innovationskraft und Investitionstätigkeit der bundesnahen Unternehmen tangieren. Die Initiative will sich zwar für die Anliegen der Kundinnen und Kunden einsetzen, effektiv würde sie diese aber kaum mit Tarifsenkungen entlasten, sondern allenfalls sogar zu Steuererhöhungen führen. Die eingeschränkte lohnpolitische Freiheit der Unternehmen könnte sich nachteilig auf die Anstellungsbedingungen der Mitarbeitenden der bundesnahen Unternehmen auswirken und die Sozialpartnerschaft würde geschwächt.

Sollte sich abzeichnen, dass die schlanken und von politischem Pragmatismus geprägten Regelungen im Bereich des Service public in einzelnen Bereichen effektiv verbessert werden müssten, so kann dies im Rahmen der bestehenden Gesetze und Verordnungen vorgenommen werden. Eine allgemeine Verfassungsnorm bietet hierzu keinen Mehrwert.

Aufgrund dieser Überlegungen beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «Pro Service public» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen.

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