14.074 Botschaft zum Krebsregistrierungsgesetz vom 29. Oktober 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesgesetzes über die Registrierung von Krebserkrankungen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Oktober 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2012-1655

8727

Übersicht Eine schweizweit flächendeckende, vollzählige und vollständige Krebsregistrierung stellt wichtige Datengrundlagen zur Verfügung, um weitere Fortschritte bei der Prävention, der Früherkennung und der Behandlung von Krebserkrankungen zu ermöglichen. Dafür will der Bundesrat eine gesetzliche Grundlage schaffen.

Für andere stark verbreitete oder bösartige nicht übertragbare Krankheiten sieht der Entwurf die finanzielle Unterstützung entsprechender Register vor.

Ausgangslage Jährlich erkranken in der Schweiz etwa 37 000 Personen an Krebs und über 16 000 Personen sterben infolge einer Krebserkrankung. Die Krebserkrankungen zählen damit zu den wichtigsten nicht übertragbaren Krankheiten. Krebserkrankungen verursachen nicht nur viel Leid und schränken die Lebensqualität der betroffenen Personen ein, sondern stellen auch das Gesundheitswesen vor grosse Herausforderungen ­ auf finanzieller, struktureller und personeller Ebene. Mit dem Gesetzesentwurf werden die Erhebung, die Registrierung und die Auswertung aussagekräftiger und verlässlicher Daten zu den Krebsneuerkrankungen in der Schweiz geregelt und wird die Erfassung von gesundheitspolitisch relevanten Daten zu anderen stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten gefördert. Die vorgeschlagene Regelung zählt als langfristige Reformmassnahme zu den gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates («Gesundheit2020») und ist eine wichtige Grundlage für die angestrebte Steigerung der Qualität, der Transparenz und der Effizienz des schweizerischen Gesundheitswesens.

Inhalt der Vorlage Der Gesetzesentwurf regelt im Bereich der Krebsregistrierung die Erhebung, die Registrierung und die Weiterleitung von Daten zwecks Auswertung und Veröffentlichung auf nationaler Ebene. Damit werden folgende Ziele verfolgt: ­

flächendeckende, vollzählige und vollständige Erfassung aller Krebsneuerkrankungen sowie Beobachtung des Krankheitsverlaufs bis zum Tod der betroffenen Personen;

­

Standardisierung des zu registrierenden Datensatzes zur Vereinfachung der gesamtschweizerischen Auswertung;

­

Datenbearbeitung in den Kantonen unter einheitlichen rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen;

­

Verbesserung der statistischen Datengrundlagen und der Gesundheitsberichterstattung zu Krebs;

­

Bereitstellung von Daten für die Qualitätsüberprüfung von Früherkennungsprogrammen, für die Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität sowie für die Forschung;

­

Schutz der Persönlichkeitsrechte von Patientinnen und Patienten.

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Es sind zwei Datenkategorien ­ Basisdaten und Zusatzdaten ­ vorgesehen. Die Auswertung der Basisdaten dient der bevölkerungsbezogenen Beobachtung von Krebserkrankungen. Zur Beantwortung spezifischer Fragestellungen von übergeordneter gesundheitspolitischer Bedeutung kann der Bundesrat zudem für bestimmte Krebserkrankungen die Erhebung von Zusatzdaten anordnen, wobei er diese auf bestimmte Personengruppen (z. B. Kinder und Jugendliche) beschränken oder zeitlich befristen kann.

Damit die im Rahmen der Krebsregistrierung erhobenen Daten einen Beitrag zur Weiterentwicklung, zur Optimierung und zur Steuerung des Gesundheitswesens leisten können sind die Vollzähligkeit und die Vollständigkeit der Daten zentral. Der Gesetzesentwurf sieht deshalb die Einführung einer Meldepflicht von diagnostizierten Krebserkrankungen durch Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und andere private oder öffentliche Institutionen des Gesundheitswesens vor. Patientinnen und Patienten verfügen über das Recht, der Registrierung ihrer Daten jederzeit zu widersprechen.

In Ergänzung zu den Basis- und den Zusatzdaten können die kantonalen Krebsregister, das Kinderkrebsregister wie auch die nationale Krebsregistrierungsstelle weitere Daten im Rahmen von Forschungsprojekten erheben und diese mit den Basis- und den Zusatzdaten zusammenführen. Die Erhebung dieser Daten erfolgt nach Massgabe des Humanforschungsgesetzes und ist deshalb im Entwurf nicht geregelt.

Die neue Regelung baut auf den bestehenden Strukturen der Krebsregistrierung auf: Die Daten werden in den von den Kantonen betriebenen kantonalen Krebsregistern registriert und anschliessend auf nationaler Ebene durch die nationale Krebsregistrierungsstelle, die vom Bund geführt wird, zusammengeführt und aufbereitet. Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen werden im Kinderkrebsregister registriert, das ebenfalls vom Bund geführt wird. Die nationale Krebsregistrierungsstelle und das Kinderkrebsregister unterstützen das Bundesamt für Statistik bei den statistischen Auswertungen auf Bundesebene im Rahmen des Krebsmonitorings sowie bei der Erstellung des regelmässig erscheinenden «Nationalen Krebsberichts». Zudem sorgen sie für die Auswertung der Daten im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung über Krebs.

Für andere stark verbreitete oder bösartige nicht übertragbare Krankheiten,
wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes, sieht der Entwurf die finanzielle Unterstützung entsprechender Register vor unter der Voraussetzung, dass sie die im Gesetz aufgeführten Bedingungen erfüllen.

Verglichen mit den heutigen Ausgaben des Bundes für die Krebsregistrierung von 1,4 Millionen Franken dürfte die Umsetzung des Gesetzesentwurfs ­ je nach Umfang der Zusatzdaten zu bestimmten Krebserkrankungen ­ zu jährlichen Mehrausgaben in der Höhe von 1,13 bis 1,62 Millionen Franken führen.

Für die Förderung der Registrierung anderer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten sind zusätzlich weitere Ausgaben von jährlich maximal einer Million Franken vorgesehen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

8728

Botschaft

8732

1

8732 8732 8732 8733 8735

Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Gesundheitspolitische Verankerung 1.1.2 Geschichte der Registrierung von Krebserkrankungen 1.1.3 Verwendungsmöglichkeiten von Krebsregisterdaten 1.1.4 Heutige Situation der Registrierung von Krebs und anderen Krankheiten in der Schweiz 1.1.5 Schwächen des heutigen Systems und Handlungsbedarf 1.1.6 Rechtslage in der Schweiz 1.1.7 Vorarbeiten 1.2 Die beantragte Neuregelung 1.2.1 Zentrale Punkte der Datenbearbeitung 1.2.2 Rechte der Patientinnen und Patienten 1.2.3 Förderung der Registrierung anderer Krankheiten 1.3 Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung 1.3.1 Untersuchte Lösungsmöglichkeiten 1.3.2 Vernehmlassungsverfahren 1.3.3 Überarbeitung des Vorentwurfs 1.4 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen 1.5 Rechtsvergleich 1.5.1 Internationale Organisationen 1.5.2 Krebsregistrierung in anderen Staaten 1.5.3 Rechtsvergleich mit dem europäischen Recht 1.6 Umsetzung 1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

8736 8738 8740 8745 8746 8747 8755 8757 8757 8757 8759 8762 8764 8764 8765 8766 8770 8773 8774

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

8775

3

Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf den Bund 3.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 3.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

8802 8803 8805 8806

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates 4.1 Verhältnis zur Legislaturplanung 4.2 Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

8808 8808 8808

Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Vereinbarkeit mit den Grundrechten 5.3 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 5.4 Erlassform

8809 8809 8809 8811 8812

5

8730

5.5 5.6

5.7 5.8

Unterstellung unter die Ausgabenbremse Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung 5.6.1 Abgeltung der Übertragung von Aufgaben 5.6.2 Finanzhilfen für die Registrierung anderer Krankheiten Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen Datenschutz

8812 8812 8812 8814 8815 8815

Verzeichnis der Abkürzungen

8816

Glossar

8817

Bundesgesetz über die Registrierung von Krebserkrankungen (Krebsregistrierungsgesetz, KRG) (Entwurf)

8821

8731

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Gesundheitspolitische Verankerung

Der Bundesrat setzt in den gesundheitspolitischen Prioritäten («Gesundheit2020»1) auf die Sicherung der Lebensqualität, die Stärkung der Chancengleichheit und der Selbstverantwortung, die Sicherung und die Erhöhung der Versorgungsqualität sowie die Verbesserung von Transparenz, Steuerung und Koordination. Das Potenzial des Krebsregistrierungsgesetzes (KRG) liegt einerseits in der Verbesserung der Datengrundlage für die Beobachtung der Entwicklung von Krebserkrankungen*2 und anderen stark verbreiteten* oder bösartigen* nicht übertragbaren Krankheiten.

Andererseits dienen diese Daten der Erarbeitung, der Umsetzung und der Überprüfung von Präventions- und Früherkennungsprogrammen*, der Evaluation der Versorgungs-, Diagnose- und Behandlungsqualität sowie der Unterstützung der Versorgungsplanung und der Forschung.

Die Lebenserwartung der Schweizer Bevölkerung hat sich in den letzten 100 Jahren beinahe verdoppelt. Diese Erhöhung der Lebenserwartung ist einerseits auf den medizinischen Fortschritt und andererseits auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen wie die Verbesserung von Hygiene und Bildung und den Ausbau der Sozialversicherungen zurückzuführen. Die Verbesserung der Lebensqualität brachte allerdings auch eine Veränderung des Lebensstils und der Arbeitsbedingungen mit sich. Dies hat dazu geführt, dass stark verbreitete oder bösartige nicht übertragbare Krankheiten wie Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen haben und aufgrund der demografischen Entwicklung weiter zunehmen werden. Nicht übertragbare Krankheiten machen heute über 50 Prozent der verlorenen potenziellen Lebensjahre aus, d. h.

jener Lebensjahre, die durch Todesfälle vor dem vollendeten 70. Altersjahr verloren gehen. Diese Krankheiten zeichnen sich oft durch eine lange Krankheitsphase aus und verursachen dadurch nicht nur viel Leid und eingeschränkte Lebensqualität, sondern stellen auch das Gesundheitswesen auf finanzieller, struktureller und personeller Ebene vor grosse Herausforderungen.

Krebserkrankungen zählen zu den wichtigsten nicht übertragbaren Krankheiten.

Jährlich erkranken in der Schweiz rund 37 000 Menschen an Krebs und rund 16 000 Betroffene sterben an dieser Krankheit. Somit ist zum aktuellen Zeitpunkt jeder vierte Todesfall auf eine
Krebserkrankung zurückzuführen. Bei den unter 75-jährigen Personen ist Krebs gar die häufigste Todesursache. Durchschnittlich entwickelt jede dritte Person im Laufe ihres Lebens eine Krebserkrankung, wobei rund 45 Prozent der Diagnosen bei Personen im Alter von 70 Jahren oder mehr gestellt werden. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist daher in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit einer Zunahme von Neuerkrankungen zu rechnen.

Heute werden mehr als 200 verschiedene Krebsarten unterschieden. Bei beiden Geschlechtern sind jedoch mehr als 60 Prozent der Krebserkrankungen auf die fünf 1 2

Bericht «Gesundheit2020», abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Themen > Gesundheit2020.

Die mit einem Sternchen versehenen Begriffe werden im Glossar erklärt.

8732

häufigsten Krebsarten zurückzuführen und die jeweils häufigste Krebsart ist für rund 30 Prozent der Krebserkrankungen verantwortlich. Bei Männern handelt es sich um Prostatakrebs und bei Frauen um Brustkrebs. Krebs bei Kindern und Jugendlichen tritt mit etwa 250 Fällen pro Jahr in der Schweiz zwar selten auf, in diesen Fällen gehen aber besonders viele Lebensjahre verloren. Durch verbesserte Diagnostik und Therapie entwickeln sich zahlreiche Krebserkrankungen zu chronischen Krankheiten. Das heisst, Menschen leben mit oder ohne Behandlungen* über Jahre und Jahrzehnte weiter und werden oft mit mehreren Krankheiten gleichzeitig belastet.

Fortwährende Nachkontrollen können die Lebensqualität zusätzlich einschränken.

2010 lebten in der Schweiz etwa 300 000 Personen, bei denen jemals eine Krebsdiagnose gestellt wurde.3 Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) nennt die Beobachtung des Krankheitsgeschehens als eines der sechs Ziele des Massnahmenplans zur Prävention und Bekämpfung von nicht übertragbaren Krankheiten.4 Als mögliche Massnahme werden Aufbau, Unterstützung und Stärkung von Krankheitsregistern* explizit genannt, und die Anzahl jährlicher Neuerkrankungen (Inzidenz) der einzelnen Krebsarten dient als einer der 25 Indikatoren des umfassenden globalen Monitoring-Rahmenkonzepts. Auch im zweiten Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development, OECD) und der WHO zum schweizerischen Gesundheitswesen aus dem Jahre 2011 wird die Bedeutung einer guten Datenqualität für die anzustrebenden Verbesserungen in der gesundheitspolitischen Entscheidfindung unterstrichen.5 Mit dem Gesetzesentwurf wird die Erfassung aussagekräftiger und verlässlicher Daten zu den Krebsneuerkrankungen in der Schweiz geregelt und die Registrierung* von gesundheitspolitisch relevanten Daten zu anderen stark verbreiteten oder bösartigen Krankheiten gefördert. Die vorgeschlagene Regelung zählt als langfristige Reformmassnahme zu den gesundheitspolitischen Prioritäten des Bundesrates und ist von grundlegender Bedeutung für die angestrebte Steigerung der Qualität, der Transparenz und der Effizienz des schweizerischen Gesundheitswesens.

1.1.2

Geschichte der Registrierung von Krebserkrankungen

Die Versuche, das Ausmass von Krebserkrankungen mit Hilfe statistischer Quellen zu erfassen, gehen bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts zurück. Den ersten epidemiologischen Initiativen lagen ähnliche Fragestellungen zugrunde wie heute: Ziel war es, die Häufigkeit und Verbreitung einer Krankheit zu erfassen, an welcher immer mehr Menschen starben. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gelang es der Medizin, durch sozialhygienische Massnahmen sowie den Aufbau des Impfwesens Infektionskrankheiten als eine der Haupttodesursachen deutlich 3 4

5

«Nationale Strategie gegen Krebs 2014­2017», abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Themen > Gesundheitspolitik > Strategie Krebs.

Global action plan for the prevention and control of noncommunicable diseases 2013­ 2020. Genf: WHO. Abrufbar unter: www.who.int > Programmes > Noncommunicable diseases and mental health.

Weitere Informationen unter: www.bag.admin.ch >Themen > Internationales > Aktuell > Archiv.

8733

zurückzudrängen. Im Zuge dieser Entwicklungen rückten Krebserkrankungen in der Todesursachenstatistik auf einen der vorderen Plätze. Über die Mortalitätsstatistik versprach man sich, einen Überblick über das tatsächliche Ausmass der Krebserkrankungen in der Bevölkerung zu gewinnen, um sich anschliessend den Fragen nach den Ursachen und nach wirkungsvollen Behandlungsmethoden zu widmen.

Doch aus der Analyse der meist anonymen Sterbedaten liessen sich keine Rückschlüsse auf die Krankheitsdauer oder die Behandlung ziehen und es ergaben sich auch keine Hinweise auf mögliche Faktoren der Krankheitsentstehung. So wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste Befragungen von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt, um die Krebspatientinnen und Krebspatienten zu erfassen, die sich in medizinische Behandlung begaben.

Das erste bevölkerungsbezogene Krebsregister, das eine komplette Erfassung aller Krebsneuerkrankungen in der Bevölkerung zum Ziel hatte, nahm 1926 in Hamburg (Deutschland) seine Tätigkeit auf. Ab 1940 verbreitete sich die Krebsregistrierung rasch (1940 in New York, 1941 in Connecticut, USA), und 1942 entstand in Dänemark das erste nationale Krebsregister. 1965 wurde die «International Agency for Research on Cancer» (Iarc)6 gegründet, das Krebsforschungszentrum der WHO. Mit dieser Entwicklung entstand auch das Bedürfnis nach einer internationalen Standardisierung der Datenerfassung, um Vergleiche zwischen Ländern und über die Zeit zu ermöglichen. Im Jahr 1966 wurde die «International Association of Cancer Registries» (IACR)7 gegründet mit dem Ziel, Standardprozesse in der Krebsregistrierung zu schaffen und internationale Daten zu publizieren. Im gleichen Jahr erschien der erste Band «Cancer Incidence in Five Continents» (CI5), eine Sammlung von Inzidenzdaten aus 29 Ländern und 32 Krebsregistern, herausgegeben von der «International Union Against Cancer». Dieses Standardwerk ist zur Referenzquelle für internationale Daten über die Häufigkeit von Krebsneuerkrankungen (Krebsinzidenz) geworden und wird alle fünf Jahre von Iarc und IACR publiziert. Die neunte Ausgabe von CI5 (Vol IX)8 enthält Daten der Jahre 1998 bis 2002 aus 255 Krebsregistern in 60 Ländern, die 11 Prozent der Weltbevölkerung abdecken. Insgesamt zählt man heute weltweit 450 bevölkerungsbezogene Krebsregister, die rund 21 Prozent
der Weltbevölkerung umfassen. Dabei sind wirtschaftlich entwickelte Länder und städtische Gebiete besser vertreten. Die für 2014 vorgesehene Publikation von CI5 (Vol X) wird die Krebsdiagnosen der Jahre 2003 bis 2007 aus 290 Krebsregistern in 68 Ländern enthalten.

In der Schweiz entstand das erste Krebsregister 1970 im Kanton Genf, 1974 folgten das Krebsregister Waadt und das Krebsregister Neuenburg. Bereits damals wurde die zentrale Erfassung der Krebserkrankungen diskutiert, wie aus dem 1966 in der «Schweizerischen Ärztezeitung» erschienenen Beitrag «Zur Frage der Einführung einer Krebsmortalitätsstatistik» hervorgeht.9 Es gab jedoch keine national koordinierte Entwicklung, sondern es setzten sich regionale Lösungen durch (vgl.

Ziff. 1.1.4). 1977 wurde die Vereinigung Schweizerischer Krebsregister (VSKR) geschaffen, aus welcher 2007 die Stiftung «National Institute for Cancer Epidemio6 7 8

9

Weitere Informationen unter: www.iarc.fr.

Weitere Informationen unter: www.iacr.com.fr.

Curado, M. P./Edwards, B./Shin, H. R./Storm, H./Ferlay, J./Heanue, M./Boyle, P. (2007): Cancer Incidence in Five Continents. Vol. IX. Lyon: IARC Scientific Publication No. 160, IARC. Abrufbar unter: www.iarc.fr > Publications > PDFs online > Cancer Epidemiology.

Kauz, Daniel (2010): Vom Tabu zum Thema? 100 Jahre Krebsbekämpfung in der Schweiz 1910­2010. Krebsliga Schweiz; EMH Schweiz. Ärzteverlag; Schwabe Verlag.

8734

logy and Registration» (Stiftung NICER) hervorging (vgl. Ziff. 1.1.4 zur «Krebsregistrierung»). Heute registrieren 15 kantonale und kantonsübergreifende Krebsregister die Krebserkrankungen von rund 94 Prozent der Schweizer Bevölkerung.

Vor Beginn der Arbeiten zum Gesetzesentwurf im Jahre 2010 wurden die Krebserkrankungen von erst 61 Prozent der Schweizer Bevölkerung erfasst. Die starke Zunahme ist der Vorbereitung der Kantone auf dieses Bundesgesetz zu verdanken.

Nach wie vor bestehen zwischen den verschiedenen kantonalen Krebsregistern aber grosse Unterschiede bezüglich Vollständigkeit und Vollzähligkeit der Daten. Ausserdem ist in der aktuellen Situation die Erfassung eines schweizweit einheitlichen Datensatzes nicht gewährleistet (vgl. Ziff. 1.1.5).

1.1.3

Verwendungsmöglichkeiten von Krebsregisterdaten

Bei der Krebsregistrierung wird zwischen klinischen und epidemiologischen Registern unterschieden. Klinische Krebsregister sammeln detaillierte Daten zur Erkrankung und zur Therapie der in einem bestimmten Spital, einem Spitalverbund oder einem Versorgungsnetz behandelten Patientinnen und Patienten mit dem Ziel, unterschiedliche Therapieansätze oder Versorgungsstrukturen vergleichen und bewerten zu können. Mit epidemiologischen Krebsregistern wird hingegen das Krankheitsgeschehen in einer definierten Bevölkerungsgruppe beobachtet (bevölkerungsbezogene Register). Durch die Registrierung aller neu auftretenden Krebserkrankungen über eine lange Zeitspanne kann festgestellt werden, ob zeitliche Veränderungen oder räumliche Häufungen bestimmter Krebsarten auftreten (Monitoring). Dies bedingt eine möglichst vollzählige Erfassung der Krankheitsfälle. Durch die Erfassung verschiedener Angaben zur erkrankten Person wie Alter, Geschlecht, Wohnort und Nationalität (Personendaten) kann das Auftreten der einzelnen Krebserkrankungen in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen dargestellt werden (Inzidenzstatistik) und es können wichtige Erkenntnisse zur Entwicklung der verschiedenen Krebsarten gewonnen werden.

Weitere unerlässliche Angaben für ein bevölkerungsbezogenes Krebsregister sind das Todesdatum und die Todesursachen der erkrankten Personen. Diese Angaben erlauben die Berechnung der Überlebenszeit. Die Feststellung, ob die Krebserkrankung ursächlich am Tod beteiligt war (Mortalitätsstatistik), ermöglicht Aussagen zur Tödlichkeit der Krankheit.

Werden ausserdem Angaben zur Behandlung der Krebserkrankung erfasst, können einerseits Aussagen über die Effektivität und die Qualität von Behandlungen unter Alltagsbedingungen gemacht werden (im Gegensatz zu den bei klinischen Studien standardisierten Bedingungen), und andererseits Grundlagen für die kantonale Versorgungsplanung, für die Beurteilung der Chancengleichheit im Zugang zu Behandlungs- und Betreuungsangeboten sowie für das Monitoring der Versorgungsqualität (z. B. im Rahmen von Qualitätszirkeln) bereitgestellt werden. Da bei Krebserkrankungen verschiedene Gesundheitsfachpersonen und Institutionen des Gesundheitswesens in die Behandlung und Betreuung involviert sind, lässt sich die Qualität der ganzen Behandlungskette nur mit Hilfe von Krebsregisterdaten
abbilden. Auch die Wirksamkeit von Präventions- und Früherkennungsmassnahmen kann mittels bevölkerungsbezogener Register einfacher überprüft werden.

Damit epidemiologische Krebsregister für ein vollständiges und zuverlässiges Krebsmonitoring in einer definierten Grundbevölkerung, d. h. in der gesamten 8735

Wohnbevölkerung eines bestimmten geografischen Einzugsbereichs (Kanton, Land), genutzt werden können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:


Vollzähligkeit: Alle diagnostizierten Krebserkrankungen im Einzugsgebiet des Krebsregisters (Grundbevölkerung) werden dem Krebsregister übermittelt.



Zuständigkeit: Das Krebsregister kann überprüfen, ob diejenige Person, bei der eine Krebserkrankung diagnostiziert wurde, zur Grundbevölkerung, sprich zur Wohnbevölkerung des örtlichen Zuständigkeitsbereichs des Krebsregisters, gehört.



Vollständigkeit: Von den registrierten Krebserkrankungen liegen alle zu erfassenden Daten vor.



Datenergänzung: Das Krebsregister muss die Krebserkrankungen mit Todesdatum und Todesursachen ergänzen können.



Zuordnung: Das Krebsregister muss Angaben aus unterschiedlichen Datenquellen demselben Krebsfall korrekt zuordnen können.

Ein auf schweizweit vollzählig und vollständig erfassten Daten basierendes Krebsmonitoring spielt in der Krebsbekämpfung eine zentrale Rolle. Nur mit vollzähligen und vollständigen Daten lässt sich mit ausreichender Zuverlässigkeit abklären, ob beispielsweise Atomkraftwerke, Industrieanlagen oder verkehrsreiche Wohnlagen einen Einfluss auf das Krebsrisiko bei Kindern und Erwachsenen haben, ob das Rauchverbot im öffentlichen Raum zu einem Rückgang der Krebsneuerkrankungen führt oder ob eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs die Anzahl Neuerkrankungen senkt. Ebenso kann überprüft werden, ob der Zugang zur Behandlung bei allen Patientinnen und Patienten unabhängig von Alter, Geschlecht, Wohnort oder sozialer Lage gleich ist.

1.1.4

Heutige Situation der Registrierung von Krebs und anderen Krankheiten in der Schweiz

Krebsregistrierung An der Registrierung, der Aufbereitung und der Auswertung von Daten zu Krebserkrankungen sind heute verschiedene Akteure beteiligt: Kantonale Krebsregister: Aktuell (Sommer 2014) erfassen 15 kantonale Krebsregister die Krebserkrankungen von 94 Prozent der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung. Sie umfassen die folgenden 23 Kantone und Halbkantone: AG, BE, BL/BS, FR, GE, GR/GL, JU, LU/OW/NW/UR, NE, SG/AI/AR, TG, TI, VD, VS, ZH/ZG.

Die durch einen Schrägstrich getrennten Kantone betreiben zusammen ein kantonsübergreifendes Krebsregister. In den verbleibenden drei Kantonen (SH, SO und SZ) sind Bestrebungen oder zumindest Überlegungen zum Aufbau eines eigenen Krebsregisters oder zum Anschluss an bestehende Krebsregister im Gange.10

10

Alle drei Kantone machen das weitere Vorgehen von der Ausgestaltung der bundesgesetzlichen Regelung abhängig. Im Kanton Solothurn besteht seit der Revision des kantonalen Gesundheitsgesetzes vom 27. Januar 1999 (Stand 1.1.2013) die gesetzliche Grundlage, ein Register zu betreiben und die diesbezüglichen Daten einzufordern.

8736

Die kantonalen Krebsregister werden vor allem durch Kantonsbeiträge und private Mittel (z. B. der kantonalen Krebsligen) finanziert. Zusätzlich werden sie in bescheidenem Umfang durch Bundesbeiträge unterstützt: einerseits durch einen jährlichen Festbetrag, der für alle Krebsregister gleich hoch ist, und andererseits durch einen Betrag, der sowohl von der im Krebsregister erfassten Bevölkerungsgrösse als auch von der auf nationale Ebene gelieferten Datenqualität abhängt.

Schweizer Kinderkrebsregister (SKKR): Das SKKR sammelt auf nationaler Ebene Daten zu Prävention, Diagnose, Behandlung und Langzeitprognose aller Krebserkrankungen im Kindesalter und seit einigen Jahren auch von Jugendlichen.11 Es trägt zur Erforschung von umweltbedingten und genetischen Risikofaktoren für Krebs bei Kindern und Jugendlichen und der Entwicklung von präventiven Konzepten bei. Es wird in erster Linie durch private Mittel finanziert. Seit 2010 wird das SKKR zudem von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) mit einem jährlichen Beitrag unterstützt (2010: 150 000 Franken / 2011: 50 000 Franken / 2012: 150 000 Franken / 2013: 150 000 Franken).

Stiftung «National Institute for Cancer Epidemiology and Registration» (Stiftung NICER): Auf nationaler Ebene übernimmt die Stiftung NICER im Auftrag des Bundes die Harmonisierung, die Aufbereitung, die Qualitätssicherung und die Nutzung der durch die kantonalen Krebsregister erhobenen Daten. Die Stiftung NICER wurde im Mai 2007 von der Vereinigung Schweizerischer Krebsregister (VSKR) und Oncosuisse als unabhängige Stiftung gegründet. Der Stiftungsrat setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der kantonalen Krebsregister, der Institute für Sozialund Präventivmedizin sowie von Oncosuisse zusammen.12 Basierend auf einer Leistungsvereinbarung mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) wird die Stiftung NICER grösstenteils über Mittel aus dem Bundeshaushalt finanziert. Für die Jahre 2007 bis 2013 erhielt die Stiftung NICER Bundesbeiträge in der Höhe von insgesamt 7,1 Millionen Franken. Für die Jahre 2014 bis 2017 sind Beiträge in der Höhe von insgesamt 5,4 Millionen Franken vorgesehen, dies entspricht einem jährlichen Beitrag von durchschnittlich 1,35 Millionen Franken. Ein wesentlicher Anteil dieser Beiträge an die Stiftung NICER wird
an die kantonalen Krebsregister weitergegeben. Im Jahr 2013 waren es 820 000 Franken.

Bundesamt für Statistik (BFS): Gestützt auf eine Vereinbarung mit dem BAG erstellt das BFS heute die Krebsstatistik aus den epidemiologischen Daten der Stiftung NICER. Die aktuelle Vereinbarung läuft bis Ende 2017 und beinhaltet eine jährliche Abgeltung von 170 000 Franken. Im Rahmen der Routinestatistik werden die wichtigsten ­ teilweise auf Schätzungen beruhenden ­ epidemiologischen Kennzahlen publiziert. Die Zuständigkeit des BFS umfasst auch das Erstellen eines «Nationalen Krebsberichtes» in Zusammenarbeit mit der Stiftung NICER und dem SKKR. Die Krebsstatistik ist zudem seit Anfang 2014 im Anhang zur Statistikerhebungsverordnung vom 30. Juni 199313 aufgeführt.

11 12 13

Weitere Informationen unter: www.kinderkrebsregister.ch.

Weitere Informationen unter: www.nicer.org.

SR 431.012.1

8737

Registrierung anderer nicht übertragbarer Krankheiten Nicht nur Krebserkrankungen, sondern auch viele weitere stark verbreitete oder bösartige nicht übertragbare Krankheiten,z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes sowie rheumatische oder psychische Erkrankungen, führen zu einer hohen Krankheitslast und sind deshalb aus gesundheitspolitischer Sicht von grosser Bedeutung. Auch bei diesen Krankheiten ist eine zuverlässige Datengrundlage für die Beurteilung der Versorgungssituation, für die Ausgestaltung zukünftiger Rahmenbedingungen, für Präventionsmassnahmen sowie für die Versorgungsplanung von grosser Bedeutung.

Heute bestehen in der Schweiz ­ neben den Krebsregistern ­ für einige der genannten Krankheiten bereits entsprechende Registerdatenbanken. Bei den meisten dieser Register stehen die Verbesserung der Behandlungsqualität und die Forschung im Zentrum der Bemühungen.

Das «National Registry of Acute Myocardial Infarction» (AMIS Plus), ein Herzinfarktregister, erfasst diagnostische und therapeutische Massnahmen bei HerzinfarktPatientinnen und -Patienten der teilnehmenden Spitäler.14 Mit den erhobenen Daten kann aufgezeigt werden, wie sich Risikoprofile für Herzinfarkte über die Zeit verändern, wie neue Therapie-Konzepte in den klinischen Alltag Einzug finden und welche Bedeutung diese für Prognosen und Kosten haben. Erkrankungen des HerzKreislauf-Systems gehören zusammen mit Krebs zu den wichtigsten Todesursachen und sind für einen entsprechenden Anteil an vorzeitig (d. h. durch Tod vor dem Erreichen des 70. Lebensjahres) verlorenen Lebensjahren verantwortlich.

Weitere Beispiele für krankheitsbezogene klinische Register in der Schweiz sind das Register für rheumatische Krankheiten der Swiss Clinical Quality Management in Rheumatic Diseases Foundation, das nationale Register für die autosomal dominante polyzystische Nierenerkrankung, das Register für interstitielle seltene Lungenkrankheiten und das Schweizerische Hämophilieregister. Diese Register werden nicht durch den Bund oder die Kantone getragen, sondern durch Fachverbände bzw.

Fachorganisationen, Gesundheitseinrichtungen und die Industrie finanziert. Einen guten Überblick über die verschiedenen Register in der Schweiz sowie deren Datenarten und Finanzierung bietet das Forum medizinische Register Schweiz15 der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH).

1.1.5

Schwächen des heutigen Systems und Handlungsbedarf

In der Schweiz gibt es heute keine gesetzlichen Grundlagen, welche die Registrierung von Krebs und anderen stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten einheitlich regeln. Die daraus resultierende Situation im Bereich der Registrierung von Krebserkrankungen, aber auch der übrigen Krankheiten, ist in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend.

14 15

Weitere Informationen unter: www.amis-plus.ch.

Weitere Informationen unter: www.fmh.ch.

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Krebsregister Die Krebsregistrierung erfolgt mit dem Ziel, in einer definierten Grundbevölkerung, d. h. der ständigen Wohnbevölkerung eines geografisch definierten Zuständigkeitsbereichs (Kanton, Land), ein vollständiges und zuverlässiges Krebsmonitoring zu ermöglichen. Auf die Schweiz bezogen wird dieses wichtige Kriterium heute nicht erfüllt (vgl. Ziff. 1.1.4). Die Krebsregistrierung ist kantonal bzw. kantonsübergreifend organisiert und wegen der heterogenen rechtlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Krebsregister (vgl. Ziff. 1.1.6 zur «kantonalen Gesetzgebung») nicht einheitlich geregelt. Dies ist in mehrfacher Hinsicht problematisch: ­

Unvollständige Erfassung aller Neuerkrankungen: Seit dem Beginn der Gesetzgebungsarbeiten im Jahre 2010 sind neue kantonale Krebsregister zu den bestehenden hinzugekommen. Zum jetzigen Zeitpunkt (Sommer 2014) werden Krebserkrankungen nur in den Kantonen Schaffhausen, Schwyz und Solothurn noch nicht registriert. Aber auch in den Kantonen, die über ein Krebsregister verfügen, bestehen bezüglich Vollzähligkeit und Vollständigkeit noch Defizite, dies insbesondere aufgrund der Tatsache, dass einzelne Spitäler und Pathologieinstitute ­ unter Berufung auf eine fehlende gesetzliche Grundlage für die Übermittlung der Daten ­ eine Mitarbeit bei der Registrierung verweigern (vgl. Ziff. 1.1.6 zur «Bundesgesetzgebung»).

­

Kein schweizweit einheitlicher Datensatz: Die heute von den kantonalen Krebsregistern erfassten Datensätze sind nicht hinreichend harmonisiert und erlauben somit keine effiziente Durchführung von schweizweiten Auswertungen und Vergleichen. So sind beispielsweise heute nicht alle kantonalen Krebsregister in der Lage, Daten zur Behandlung sowie zum Verlauf der Krebserkrankung zu erfassen.



Erschwerter Zugang zu den Daten der kommunalen und kantonalen Einwohnerregister: Die kantonalen Krebsregister wie auch das Kinderkrebsregister müssen über die Möglichkeit verfügen, rasch und datenschutzkonform den Wohnort der zu registrierenden Personen zu überprüfen und dadurch sicherzustellen, dass die betroffene Person Teil der Grundbevölkerung, d. h.

der Wohnbevölkerung des örtlichen Zuständigkeitsbereichs des Krebsregisters, ist. Gleichzeitig muss ein Krebsregister einmal jährlich überprüfen können, ob die Patientin bzw. der Patient noch lebt. Diese Überprüfung ist zum Teil sehr aufwändig, da die dazu notwendigen Zugriffe auf die Daten der kantonalen oder kommunalen Einwohnerregister nicht in allen Kantonen gewährleistet sind.

­

Erschwerter Zugang zu Daten der Todesursachenstatistik: Der Zugang der Krebsregister zu den Daten der Todesursachenstatistik nach Ziffer 10 des Anhangs zur Statistikerhebungsverordnung (Todesursachenstatistik) ist erschwert, da dazu die Erarbeitung von aufwändigen Datenschutzverträgen notwendig ist. Für die Berechnung der Überlebenszeit ist es von Bedeutung, ob die Krebserkrankung selbst oder eine andere Ursache zum Tod geführt hat.

­

Ungenügende Identifikation auf nationaler Ebene: Auch auf nationaler Ebene müssen Daten aus verschiedenen Kantonen derselben Person bzw.

demselben Krebsfall zugeordnet werden können. Da die Daten zum heutigen Zeitpunkt ohne einen eindeutigen Fallidentifikator von den kantonalen Krebsregistern an die Stiftung NICER gemeldet werden, ist ein Ausschluss 8739

von Doppelmeldungen auf nationaler Ebene nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand möglich.

­

Einsichtnahme in die Krankengeschichte betroffener Patientinnen und Patienten: Um über vollständige Datensätze zu verfügen, nehmen Mitarbeitende von Krebsregistern heute Einsicht in die Krankengeschichte der an Krebs erkrankten Personen. Dabei erhalten sie gezwungenermassen auch Einsicht in Daten der betroffenen Patientinnen und Patienten, die für die Registrierung von Krebs irrelevant sind. Die von der Expertenkommission erteilten Registerbewilligungen decken diese Praxis aber nicht ab: Unterlagen dürfen nur in dem Umfang offengelegt bzw. weitergeleitet werden, der für die Zwecke der Krebsregistrierung notwendig ist.

­

Uneinheitliche Handhabung der Patienteninformation: Die Information der Patientinnen und Patienten ist eine zwingende Voraussetzung für die Weitergabe von Daten. Allerdings werden die Patientinnen und Patienten heute oft nicht oder nur unzureichend über die Weiterleitung ihrer Daten an ein kantonales Krebsregister und das ihnen dabei zustehende Widerspruchsrecht informiert.

Registrierung anderer nicht übertragbarer Krankheiten Für die Registrierung anderer nicht übertragbarer Krankheiten sind das Humanforschungsgesetz vom 30. September 201116 (HFG) sowie die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen von Bund oder Kantonen anwendbar. Nicht nur für die Krebsregistrierung ist das heutige Fehlen einer gesetzlichen Grundlage unbefriedigend. Auch für die Registrierung weiterer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten bestehen heute weder auf Bundes- noch auf Kantonsebene spezifische Regelungen. Die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen stellt für diese vorwiegend privat organisierten Register eine grosse Herausforderung dar.

1.1.6

Rechtslage in der Schweiz

Übersicht Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b der Bundesverfassung17 (BV) gewährt dem Bund eine umfassende Rechtsetzungskompetenz zur Bekämpfung namentlich von stark verbreiteten oder bösartigen Krankheiten, worunter auch Krebserkrankungen fallen (vgl. Ziff. 5.1). Bislang bestehen zur Bekämpfung und insbesondere zur Registrierung von Krebserkrankungen oder zur finanziellen Unterstützung der Registrierung anderer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten keine spezifischen gesetzlichen Regelungen auf Bundesebene.18 Die Krebsregistrierung tangiert aber andere Regelungen des Bundes, die nachfolgend dargestellt werden.

16 17 18

SR 810.30 SR 101 Zu erwähnen sind im Zusammenhang mit der Bekämpfung nicht übertragbarer, aber stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten das Bundesgesetz vom 22. Juni 1962 über Bundesbeiträge an die Bekämpfung der rheumatischen Krankheiten (SR 818.21) und das Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 zum Schutz vor Passivrauchen (SR 818.31). Beide sehen aber keine Register vor und haben keine Schnittstelle zum vorliegenden Gesetzesentwurf.

8740

Bundesgesetzgebung Humanforschungsgesetz Das HFG regelt die Weiterverwendung von gesundheitsbezogenen Personendaten zu Forschungszwecken. Darunter fällt die unverschlüsselte (d. h. namentliche) Registrierung von Patientendaten in einem Krebsregister. Artikel 33 Absatz 1 HFG verlangt, dass die betroffene Person bzw. die gesetzliche Vertretung oder die Angehörigen nach hinreichender Aufklärung in die Weiterverwendung zu Forschungszwecken eingewilligt hat. Die Einwilligung ist schriftlich zu erteilen, die Aufklärung kann auch mündlich erfolgen (Art. 33 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 HFG sowie Art. 31 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 20. September 201319 über die Humanforschung mit Ausnahme der klinischen Versuche [Humanforschungsverordnung, HFV]). Für die Weiterverwendung der registrierten Daten im Rahmen eines Forschungsprojektes durch ein Krebsregister, d. h. für die Beantwortung einer konkreten wissenschaftlichen Fragestellung, ist zudem die Bewilligung der zuständigen Ethikkommission erforderlich (Art. 45 Abs. 1 Bst. a HFG und Art. 33 HFV).

Das HFG bzw. dessen Ausführungsrecht legen überdies Aufbewahrungsvorschriften für Personendaten fest (Art. 43 HFG und Art. 5 Abs. 1 HFV). Namentlich müssen die Krebsregister sicherstellen, dass nur diejenigen Personen Zugang zu den Patientendaten haben, die diese Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Zudem müssen zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit alle massgeblichen Bearbeitungsvorgänge dokumentiert werden.

Schutz des Berufsgeheimnisses (Art. 321 StGB) Ärztinnen und Ärzte und ihre Hilfspersonen20 sind gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen nach Artikel 321 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs21 (StGB) Geheimnisse, die sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erfahren, nicht offenbaren. Unter den Begriff der Geheimnisse fallen insbesondere die Daten zu Krankheiten ihrer Patientinnen und Patienten. Grundsätzlich dürfen Patientendaten nur mit Einwilligung der Patientinnen und Patienten zu anderen als zu Behandlungszwecken an Dritte (z. B. an die Krebsregister) weitergeleitet werden.

Ausnahmebewilligung für die Offenbarung des Berufsgeheimnisses in der Forschung am Menschen (Art. 321bis StGB, Art. 34 HFG) Berufsgeheimnisse dürfen für die Forschung zu Krankheiten des Menschen sowie zu Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers nach
Artikel 321bis Absatz 2 StGB ausnahmsweise offenbart werden, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 34 HFG erfüllt sind und die zuständige Ethikkommission die Offenbarung gestützt auf Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe b HFG bewilligt hat. Die Bewilligung, die nicht mit der Projektbewilligung nach Artikel 45 Absatz 1 Buchstabe a HFG verwechselt werden darf, ermächtigt die Ärztinnen bzw. Ärzte und Laboratorien, den Krebsregistern die Daten ihrer Patientinnen und Patienten weiterzuleiten, ohne dass die Einwilligung für die Offenbarung vorliegen muss.

Für die Erteilung einer Bewilligung durch die zuständige Ethikkommission sind die Voraussetzungen nach Artikel 34 HFG zu erfüllen.

19 20 21

SR 810.301 Zu den Hilfspersonen gehören beispielsweise auch Mitarbeitende in Laboratorien, die von Ärztinnen oder Ärzten mit der Durchführung einer Analyse beauftragt werden.

SR 311.0

8741

Die Bewilligung der zuständigen Ethikkommission kann mit Auflagen zur Gewährleistung des Datenschutzes und der Datensicherheit verbunden werden, beispielsweise mit Blick auf den Kreis der Zugriffsberechtigten und Massnahmen für die Anonymisierung*.

Bis zum Inkrafttreten des HFG per 1. Januar 2014 war die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung (Expertenkommission) für die Bewilligung der Offenbarung des Berufsgeheimnisses zuständig. Alle bestehenden Krebsregister verfügen über eine sog. «Registerbewilligung» der Expertenkommission. Die Krebsregister sind im Rahmen der Übergangsbestimmungen des HFG verpflichtet, bis Ende 2014 ein Gesuch um die Erteilung einer Bewilligung nach Artikel 45 Absatz 1 HFG bei der zuständigen Ethikkommission einzureichen (Art. 67 Abs. 3 HFG).

Datenschutzgesetz Das Bundesgesetz vom 19. Juni 199222 über den Datenschutz (DSG) ist auf die Datenbearbeitung durch Bundesorgane und Private anwendbar; für die Datenbearbeitung durch kantonale Organe und öffentlich-rechtliche kantonale Institutionen gelten hingegen die kantonalen Datenschutzgesetze.23 Soweit indessen keine kantonalen Datenschutzvorschriften bestehen, die einen angemessenen Schutz gewährleisten, gelten für das Bearbeiten von Personendaten durch kantonale Organe beim Vollzug von Bundesrecht gewisse Bestimmungen des DSG, so namentlich die Grundsätze der Rechtmässigkeit und der Verhältnismässigkeit der Datenbearbeitung sowie das Auskunftsrecht (vgl. Art. 37 Abs. 1 DSG). Von den Grundsätzen des Datenschutzes (Datensicherheit, Auskunftsrecht der Betroffenen über die bearbeiteten Daten, Informationspflicht beim Beschaffen besonders schützenswerter Daten, Rechtsansprüche der Betroffenen) sollen zwei besonders hervorgehoben werden:

22 23



Daten über die Gesundheit gehören nach Artikel 3 Buchstabe c DSG zu den besonders schützenswerten Personendaten. Bundesstellen dürfen diese nur dann bearbeiten, wenn ein Gesetz im formellen Sinn dies ausdrücklich vorsieht (Art. 17 Abs. 2 DSG).



Die Bearbeitung von Personendaten durch Bundesorgane zu nicht personenbezogenen Zwecken ist in Artikel 22 DSG speziell geregelt. Ziel ist es, einzelne Forschungs-, Planungs- und Statistikprojekte von verschiedenen allgemeinen datenschutzrechtlichen Anforderungen zu entbinden und dafür spezifische Erfordernisse zu schaffen. Eine Bearbeitung darf erfolgen, wenn:
die Daten anonymisiert werden, sobald es der Zweck des Bearbeitens
erlaubt;
die Empfängerin oder der Empfänger die Daten nur mit Zustimmung
des Bundesorgans weitergibt; und
die Ergebnisse so veröffentlicht werden, dass die betroffenen Personen
nicht bestimmbar sind.

SR 235.1 Zur Regelungskompetenz des Bundes betr. Datenschutzaspekte im Rahmen der Bekämpfung stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten, vgl. Ziff. 5.1 am Ende.

8742

Bundesstatistikgesetz Das Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 199224 (BStatG) ist ein Rahmengesetz und regelt die gesamte Statistikaktivität des Bundes. Es stützt sich auf Artikel 65 BV, wonach der Bund die notwendigen statistischen Daten über den Zustand und die Entwicklung von Bevölkerung, Wirtschaft, Gesellschaft, Bildung, Forschung und Umwelt in der Schweiz erhebt. Statistik über Krebs hat eine besondere gesellschaftliche Bedeutung und bildet einen Teil der Zustandsbeschreibung der Bevölkerung.

Die Krebsstatistik ist im Anhang der Statistikerhebungsverordnung aufgeführt.

Die für die Statistik erhobenen Daten dürfen nicht für administrative oder andere personenbezogene Zwecke verwendet werden. Dieses Zweckentfremdungsverbot gilt ohne zeitliche Einschränkung für alle Phasen der statistischen Arbeit, d. h. für die Vorbereitung und Durchführung von Erhebungen und für die Bearbeitung der Daten bei den mitwirkenden Stellen und bei den Statistik- und Forschungsstellen, denen das Erhebungsorgan Daten aus der Bundesstatistik für eigene statistische Zwecke weitergeben darf. Ausnahmen dazu bedürfen nach Artikel 14 Absatz 1 BStatG einer spezialgesetzlichen Grundlage.

Kantonale Gesetzgebung Der nachfolgende Überblick zeigt die bestehenden gesetzlichen Grundlagen einzelner Kantone. Diese Kantone haben im Bereich der Krebsregistrierung relativ eingehende Regelungen erlassen.

Zu den Krebsregistern anderer Kantone wie auch zu Registern über andere Krankheiten bestehen ­ soweit ersichtlich ­ bislang keine spezifischen kantonalen Rechtsgrundlagen; sie sind aber teilweise in Erarbeitung (so z. B. im Kanton Zürich).

Freiburg Der Kanton Freiburg hat am 8. Oktober 2007 eine Verordnung über die Bekanntgabe von Personendaten an das Freiburger Krebsregister25 erlassen. Diese Verordnung regelt die Mitteilung von Personendaten durch die Einwohnerkontrolle zum Zweck der Überprüfung und Ergänzung der Informationen über die Identität der im Freiburger Krebsregister erfassten Personen. Die Verordnung dient somit der Überprüfung und wenn nötig der Bereinigung der Personalien der im Krebsregister erfassten Personen mit Hilfe der Einwohnerkontrolle, um die Zuverlässigkeit der registrierten Daten zu gewährleisten und den nationalen und internationalen Kriterien in der Krebsforschung zu entsprechen.

Luzern Der Kanton Luzern
regelt die Errichtung des kantonalen Krebsregisters in den Paragraphen 53a­g seines Gesundheitsgesetzes vom 13. September 200526. Im Krebsregister werden alle erforderlichen Daten über Krebserkrankungen (maligne und semi-maligne Tumoren) im Kanton Luzern systematisch erfasst, insbesondere alle Neuerkrankungen, die Stadien und die Verläufe der Erkrankungen sowie Informationen über durchgeführte Therapien und die Lebensqualität. Die betroffenen Patientinnen und Patienten müssen vor der Datenweitergabe durch die Ärztinnen und 24 25 26

SR 431.01 Verordnung über die Bekanntgabe von Personendaten an das Freiburger Krebsregister vom 8. Oktober 2007, ASF 2007_105 SRL Nr. 800

8743

Ärzte bzw. ihre Hilfspersonen über ihr Recht, die Weitergabe an das kantonale Krebsregister zu untersagen, informiert werden. Das Gesetz statuiert keine Pflicht der Gesundheitsfachpersonen oder Institutionen des Gesundheitswesens zur Weitergabe der Daten. Hingegen zählt es die im Krebsregister zu führenden Daten von Personen mit Wohnsitz in dessen Einzugsgebiet einzeln auf und regelt auch deren Abgleich mit nicht anonymisierten Daten aus der kantonalen Einwohnerplattform zum Zweck der Qualitätssicherung. Mit Beschluss vom 25. Mai 2010 hat der Regierungsrat als Betreiber des kantonalen Krebsregisters das Luzerner Kantonsspital bezeichnet.

Solothurn27 Auf den 1. April 2012 ist im Kanton Solothurn eine Revision des Gesundheitsgesetzes vom 27. Januar 199928 in Kraft getreten. Der ergänzte § 7 sieht in den Absätzen 2­5 die Einführung eines Krebsregisters vor und bestimmt u. a. die zu erfassenden Daten. Das Gesetz überlässt es der Kantonsregierung, ob sie die Registerführung einer im Kanton Solothurn tätigen öffentlichen oder privaten Institution übertragen oder den Anschluss an ein ausserkantonales Krebsregister beschliessen will. Gesundheitsfachpersonen, die der kantonalen Bewilligungspflicht unterstehen, müssen relevante Daten an das Krebsregister liefern, sofern die betroffene Person der Weiterleitung der Daten ausdrücklich zugestimmt hat.

Tessin Der Kanton Tessin hat am 21. Juni 1994 das Gesetz über das Krebsregister29 und am 9. Juni 1998 das Reglement30 dazu erlassen. Mit dem Gesetz wurde das kantonale Krebsregister errichtet. Es bezweckt in erster Linie die systematische Erhebung und Verarbeitung der Daten über Fälle von Krebserkrankungen (maligne und semimaligne), die von praktizierenden Ärztinnen und Ärzten, öffentlichen und privaten Spitälern, Kliniken, Altersheimen oder anderen Gesundheitseinrichtungen des Kantons gemeldet werden und die der Verbesserung des Kenntnisstandes über die Inzidenz und Verbreitung der Krebserkrankungen in der Kantonsbevölkerung dienen.

Die Daten sind dem Krebsregister unter Wahrung des ärztlichen Berufsgeheimnisses nach Artikel 321 StGB zu übermitteln. Die Datenübermittlung ohne vorgängige Anonymisierung darf nur erfolgen, wenn das Krebsregister von der Expertenkommission eine generelle Bewilligung zur Entgegennahme von noch nicht anonymisierten Daten erhalten
hat. Im Tessin besteht keine Pflicht zur Übermittlung der Daten. Die zu registrierenden Daten und der Abgleich mit anderen Datenbanken (insbesondere der Einwohnerkontrolle) werden auf Verordnungsstufe geregelt.

Zug Gestützt auf einen allgemeinen Artikel des Gesundheitsgesetzes vom 30. Oktober 200831 zur Gesundheitsförderung und Prävention (§ 45) hat der Kanton Zug die Verordnung über das Krebsregister vom 14. Dezember 201032 erlassen. Dieses soll die in der Bevölkerung auftretenden Krebserkrankungen kontinuierlich und systematisch erfassen und auswerten. Die zur Weitergabe der Daten ermächtigten Ärztinnen, 27 28 29 30 31 32

Der Kanton Solothurn verfügt zurzeit über kein Krebsregister.

BGS 811.11 Legge sul registro dei tumori, RL 6.1.1.3 Regolamento della Legge cantonale sul registro dei tumori del 21 giugno1994, RL 6.1.1.4 BGS 821.1 BGS 821.13

8744

Ärzte und Institutionen des Gesundheitswesens müssen die Patientinnen und Patienten zum Voraus über ihr Recht, die Datenweitergabe an das Krebsregister zu untersagen, informieren. Ein Widerruf beim Krebsregister ist jederzeit möglich. Bezieht sich der Widerruf auf bereits gesammelte Daten, sind diese zu anonymisieren. Die Verordnung definiert die zu bearbeitenden Daten und erteilt dem Krebsregister das Recht, sich diese Daten bei den genannten Ärztinnen, Ärzten und Institutionen des Gesundheitswesens zu beschaffen, wobei aber für niemanden die Pflicht zur Datenbekanntgabe besteht. Die Verordnung regelt auch den Abgleich mit den Daten aus dem kantonalen Einwohnerregister.

1.1.7

Vorarbeiten

Im Rahmen des Richtungsentscheids zum weiteren Vorgehen beim Präventionsgesetz33 beauftragte der Bundesrat am 25. Februar 2009 das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zu prüfen, ob bundesgesetzliche Grundlagen für die Führung von Diagnoseregistern durch den Bund geschaffen werden sollen und ob diese ins damals in Erarbeitung befindliche Präventionsgesetz zu integrieren seien.

Zur Erfüllung des bundesrätlichen Auftrags setzte das BAG im Frühjahr 2009 eine Arbeitsgruppe aus Verantwortlichen der kantonalen Krebsregister und anderer krankheitsbezogener Register sowie Vertreterinnen und Vertretern des BFS und des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein. Die Arbeitsgruppe hatte den Auftrag zu klären, zu welchen Zwecken zukünftig Krebs und andere Krankheiten in Registern erfasst werden sollen und wie die Registrierung dieser Daten organisatorisch auszugestalten ist.

Am 30. September 2009 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zum Präventionsgesetz34 und entschied, dass die bereits erfolgten Vorabklärungen bezüglich der Schaffung bundesgesetzlicher Grundlagen für die Registrierung von Krebs und anderen Krankheiten insbesondere unter Beizug der Kantone weiter zu vertiefen seien. Der Bundesrat kam zum Schluss, dass eine umfassende Regelung der Registrierung von Krebs und anderen Krankheiten den Geltungsbereich des Präventionsgesetzes überschreite und forderte vertiefte Abklärungen.

Das BAG erweiterte die oben erwähnte Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertreter der Kantone, der Patientenorganisationen, der Nationalen Ethikkommission, des Staatssekretariats für Bildung und Forschung, der Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung, des SKKR und der kantonalen Datenschutzbeauftragten sowie mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Onkologie und Pathologie. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe bildeten die Grundlage für den Auftrag des Bundesrates.

Auftrag des Bundesrates Am 3. Dezember 2010 erteilte der Bundesrat dem EDI den Auftrag, einen Vorentwurf für bundesgesetzliche Bestimmungen zur Registrierung von Krebs und anderen Krankheiten zu erarbeiten. Die übergeordneten Ziele dieser neuen gesetzlichen Regelung sind die vollständige Erfassung aller Neuerkrankungen im Rahmen der als registrierungswürdig eingestuften Diagnosen, die Erhebung der Daten in Form 33 34

BBl 2009 7189 BBl 2009 7071

8745

standardisierter und schweizweit einheitlicher Datensätze unter einheitlichen organisatorischen Rahmenbedingungen, der Schutz der Persönlichkeitsrechte von Patientinnen und Patienten sowie der sichere Umgang mit den Daten und deren angemessene Veröffentlichung. Aus organisatorischer Sicht soll die zukünftige Regelung auf den bestehenden kantonalen Krebsregistern und dem Schweizer Kinderkrebsregister aufbauen und die Zusammenführung und Auswertung der Daten auf nationaler Ebene ermöglichen.

Die gesetzlichen Grundlagen sollen insbesondere die Registrierung von Krebserkrankungen regeln, daneben aber auch die Erfassung anderer Diagnosen ermöglichen.

Vorgehen bei der Erarbeitung des Vorentwurfs Die verwaltungsinternen Vorarbeiten zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über die Registrierung von Krebserkrankungen erfolgten unter Einbezug der betroffenen und interessierten Kreise sowie verschiedener Expertinnen und Experten. Darüber hinaus wurden im Oktober 2011 im Rahmen einer informellen Anhörung Vertreterinnen und Vertretern der Kantone und der kantonalen Krebsregister sowie ausgewählten staatlichen und privaten Organisationen und Institutionen einzelne Arbeitsdokumente zur Stellungnahme unterbreitet. Im Rahmen der Vorbereitung der Vernehmlassung (vgl. Ziff. 1.3.2) erfolgte im Mai 2012 eine Informationsveranstaltung, an der die wichtigsten Elemente des Gesetzesvorentwurfs vorgestellt wurden. Nach dem Richtungsentscheid des Bundesrates am 30. Oktober 2013 fand eine weitere Informationsveranstaltung statt, an der die Vernehmlassungsteilnehmenden über die Anpassungen des Gesetzesvorentwurfs informiert wurden und die Gelegenheit erhielten, diese mit Vertreterinnen und Vertretern des BAG zu diskutieren.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Mit der vorgeschlagenen Regelung sollen auf Bundesebene die Rahmenbedingungen für die schweizweite Krebsregistrierung sowie für die Förderung der Registrierung anderer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten festgelegt werden. Bei der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs wurden folgende Prinzipien beachtet:


Sicherstellung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte der Patientinnen und Patienten (Information, Widerspruchsrecht, Pseudonymisierung* und Anonymisierung, Datenbearbeitung ausschliesslich für nicht patientenbezogene Zwecke);



Beschränkung des Erhebungs- und des Übermittlungsaufwandes für die meldepflichtigen Personen und Institutionen (kompakter Basisdatensatz, Zusatzdaten nur für bestimmte Krebserkrankungen, Bereitstellen von Hilfsmitteln);



Aufbau auf bestehenden Strukturen zur Nutzung bestehender Synergien, Abläufe und Fachkenntnisse.

Der Gesetzesentwurf regelt im Bereich der Krebsregistrierung die Erhebung, Registrierung und Weiterleitung der Daten für deren Auswertung und Veröffentlichung auf nationaler Ebene mit folgenden Zielen:

8746



Flächendeckende, vollzählige und vollständige Erfassung aller Krebsneuerkrankungen sowie Beobachtung des Krankheitsverlaufs bis zum Tod der betroffenen Personen;



Standardisierung des zu registrierenden Datensatzes zur Vereinfachung der gesamtschweizerischen Auswertung;



Datenbearbeitung in den Kantonen unter einheitlichen rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen;



Verbesserung der statistischen Datengrundlagen und der Gesundheitsberichterstattung* zu Krebs;



Bereitstellung von Daten für die Qualitätsüberprüfung von Früherkennungsprogrammen, für die Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität sowie für die Forschung;



Schutz der Persönlichkeitsrechte von Patientinnen und Patienten.

Das gesundheitspolitische Ziel des Krebsregistrierungsgesetzes besteht darin, einen Beitrag zur Verbesserung der Datengrundlagen für die Weiterentwicklung, die Optimierung und die Steuerung des Gesundheitswesens zu leisten (vgl. Ziff. 1.1.1 und 1.1.3).

1.2.1

Zentrale Punkte der Datenbearbeitung

Datenerhebung Der Entwurf sieht zwei Datenkategorien ­ die Basisdaten und die Zusatzdaten (Art. 3 und 4) ­ vor.

Mit den Basisdaten nach Artikel 3 soll sichergestellt werden, dass die für eine bevölkerungsbezogene Beobachtung von Krebserkrankungen notwendigen Daten flächendeckend, vollzählig und vollständig erhoben werden. Dies ist nur über die gesetzlich vorgesehene Einführung einer Meldepflicht von diagnostizierten Krebserkrankungen für Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und andere private oder öffentliche Institutionen des Gesundheitswesens zu erreichen.

Die Basisdaten umfassen Angaben zur Person, zur Diagnose und zur Erstbehandlung*, zum Auftreten von Metastasen und Rezidiven sowie zur meldenden Stelle.

Als eindeutiger Personenidentifikator wird die Versichertennummer verwendet (vgl.

Ziff. 1.3.1 zum «Personenidentifikator»). Dies erlaubt den kantonalen Krebsregistern effiziente Abgleiche mit den Daten der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister zur Ergänzung und Aktualisierung der personenidentifizierenden Daten (Art. 9 Abs. 2) sowie mit der zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) nach Artikel 71 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 194635 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) zur Ergänzung des Todesdatums wie auch mit den Daten der Todesursachenstatistik des BFS zur Ergänzung der Todesursachen (Art. 9 Abs. 3).

Zudem können dadurch allfällige Doppelregistrierungen derselben Krebserkrankung in verschiedenen kantonalen Krebsregistern auf nationaler Ebene einfach zusammengeführt werden.

35

SR 831.10

8747

Eine flächendeckende, vollzählige und vollständige Erhebung von Daten zur Diagnose erlaubt zuverlässige Aussagen zur Häufigkeit (Inzidenz) und Verbreitung (Prävalenz) von Krebserkrankungen. Das Auftreten von Metastasen und Rezidiven wird erfasst, um Hinweise auf den Krankheitsverlauf zu erhalten. Durch die Ergänzung dieser Datensätze mit den Todesdaten und Todesursachen lassen sich Mortalität und Überlebensrate bei verschiedenen Krebserkrankungen berechnen. Angaben zur Erstbehandlung können Aufschluss geben über allfällige Unterschiede bezüglich des Zugangs zum Gesundheitssystem. Als wichtiger Indikator hierfür gilt beispielsweise der Zeitraum zwischen Diagnosestellung und Beginn der Erstbehandlung.

Zur Beantwortung spezifischer Fragestellungen von übergeordneter gesundheitspolitischer Bedeutung kann der Bundesrat zudem für bestimmte Krebserkrankungen (z. B. häufige Krebserkrankungen wie Darm-, Lungen- oder Brustkrebs) die Erhebung von Zusatzdaten nach Artikel 4 anordnen, wobei diese auf bestimmte Personengruppen (z. B. Kinder und Jugendliche) beschränkt oder zeitlich befristet werden kann (vgl. Tabelle 1). Diese Zusatzdaten werden beispielsweise erhoben als Grundlage für die Erarbeitung, die Überprüfung und die Umsetzung von Präventions- und Früherkennungsprogrammen, für die Evaluation der Diagnose- und der Behandlungsqualität sowie für die Gesundheitsberichterstattung. Im Gegensatz zu den Basisdaten werden für die Zusatzdaten auf Gesetzesstufe lediglich die Themenbereiche (Krankheitsverlauf, Behandlung und Früherkennungsmassnahmen) festgelegt.

Die Konkretisierung der zu erhebenden Daten erfolgt im Rahmen des Ausführungsrechts. Dazu wird der Bundesrat Expertinnen und Experten beiziehen und die von der Erhebung von Zusatzdaten betroffenen Personen und Institutionen des Gesundheitswesens sowie Patienten- und Konsumentenorganisationen anhören. Den Kantonen wird hinsichtlich der Festlegung der Zusatzdaten ein Mitspracherecht eingeräumt (Art. 32 Abs. 3). Es ist vorgesehen, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes auch die Verordnung für die Erhebung von Zusatzdaten bei den häufigsten Krebsarten sowie bei Krebserkrankungen von Kindern und Jugendlichen in Kraft gesetzt wird.

Die Basisdaten und die Zusatzdaten dürfen nur registriert werden, wenn die Patientin oder der Patient beziehungsweise die zur
Vertretung berechtigte Person hinreichend informiert wurde (Art. 5) und nicht widersprochen hat (Art. 6).

Mit der Unterscheidung dieser beiden Datenkategorien kann einerseits ein Krebsmonitoring mit international vergleichbaren Daten sichergestellt werden (Basisdaten), andererseits können mit der ausreichenden Flexibilität Daten zu spezifischen gesundheitspolitischen Fragestellungen erhoben werden (Zusatzdaten).

In Ergänzung zu den Basis- und den Zusatzdaten (Art. 3 und 4) können die kantonalen Krebsregister wie auch das Kinderkrebsregister im Rahmen von Forschungsprojekten weitere Daten erheben und diese mit den Basis- und Zusatzdaten zusammenführen (Art. 24 Abs. 3). Die Erhebung dieser Daten erfolgt nach Massgabe des HFG und ist deshalb im Entwurf nicht geregelt (Art. 24 Abs. 4). Insbesondere ist die informierte Einwilligung der Patientinnen und Patienten erforderlich. Auch sind die Ärztinnen und Ärzte nicht zur Erhebung und Meldung von Daten für Forschungsprojekte verpflichtet. Im Rahmen von Forschungsprojekten sollen insbesondere diejenigen Fragen geklärt werden, bei denen eine gesamtschweizerisch einheitliche Datenerhebung nicht notwendig ist, wie z. B. die Klärung der Wirksamkeit, der Zweckmässigkeit oder der Wirtschaftlichkeit neuer diagnostischer oder therapeutischer Verfahren. Weitere Fragen, die sich im Rahmen von Forschungsprojekten abklären lassen, sind beispielsweise der Einfluss sozioökonomischer Faktoren auf 8748

die Überlebensrate bei Krebserkrankungen oder welche Rolle genetische Faktoren oder gesundheitsrelevantes Verhalten (z. B. Tabak- und Alkoholkonsum, Ernährungs- und Bewegungsverhalten, Sonnenexposition) sowie Lebensumstände oder Umwelteinflüsse (z. B. berufliche Strahlenexposition oder Feinstaub) für die Entstehung und den Verlauf von Krebserkrankungen spielen. Auch Fragestellungen, wie z. B. die Auswirkungen verschiedener Behandlungsarten auf die Lebensqualität von an Krebs erkrankten Personen oder deren Angehörigen soll im Rahmen von Forschungsprojekten untersucht werden.

Tabelle 1 Übersicht über die Datenkategorien Basisdaten (unterliegen KRG)

Zusatzdaten (unterliegen KRG)

Forschungsdaten (unterliegen HFG)

Zweck der Daten- Krebsmonitoring erhebung (Inzidenz, Prävalenz, Mortalität, Überlebensrate)

Beantwortung spezifischer Fragestellungen (z. B. Erarbeitung, Überprüfung und Umsetzung von Früherkennungsprogrammen, Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität, Gesundheitsberichterstattung)

Beantwortung von Forschungsfragen (z. B. zu Lebensqualität, Risikofaktoren oder Lebensumständen)

Erhobene Daten

personenidentifizierende Angaben, detaillierte Angaben zur Diagnose (inkl. Metastasen und Rezidiven), Erstbehandlung, Todesdatum, Todesursachen

ergänzende Daten zum Krankheitsverlauf, zur Behandlung oder zu Früherkennungsmassnahmen

je nach Forschungsfrage

Festlegung des Datenumfangs

auf Gesetzesstufe, Präzisierung auf Verordnungsstufe

auf Verordnungsstufe

im eingereichten Studienprotokoll

Betroffene Patien- alle Patientinnen und tengruppen Patienten mit einer diagnostizierten Krebserkrankung

Patientinnen und Pati- je nach Forschungsenten mit einer befrage stimmten Krebserkrankung, und/ oder beschränkt auf Patientinnen und Patienten einer ausgewählten Patientengruppe (z. B.

Kinder)

Umfang

Vollerhebung

Vollerhebung in der jeweiligen Zielgruppe

Stichprobe

Dauer

unbefristet

je nach Fragestellung befristet oder unbefristet

befristet

Mitsprache von Patientinnen und Patienten

Widerspruchsrecht und Karenzfrist

Widerspruchsrecht und Karenzfrist

informierte Einwilligung

Meldepflichtig

ja

ja

nein

8749

Schliesslich können die Kantone spezialgesetzlich die Erhebung und Auswertung weiterer Daten zu Krebserkrankungen vorsehen. Beispielsweise können damit Personen oder Institutionen verpflichten werden, ergänzende diagnostische Angaben zu erheben und zu melden, um lokalspezifische epidemiologische Fragestellungen zu beantworten (vgl. Erläuterungen zu Art. 32 Abs. 4).

Meldung Es ist vorgesehen, dass die meldepflichtigen Stellen die für die Registrierung notwendigen Angaben zur Diagnose und Behandlung künftig in möglichst strukturierter Form und vorzugsweise elektronisch an das zuständige kantonale Krebsregister bzw.

an das Kinderkrebsregister übermitteln (vgl. Abbildung 1). Zu den meldepflichtigen Stellen gehören insbesondere Pathologieinstitute, radiologische Institute, Laboratorien und Spitäler, aber auch niedergelassene Onkologinnen und Onkologen sowie Hausärztinnen und Hausärzte, die eine Krebserkrankung diagnostizieren oder behandeln. Durch die Einführung einer Meldepflicht wird der Aufwand für die Datenerhebung seitens der kantonalen Krebsregister wie auch des Kinderkrebsregisters gegenüber der heutigen Vorgehensweise (vgl. Ziff. 1.1.5) deutlich reduziert. Da davon auszugehen ist, dass bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen bundesgesetzlichen Regelung die meldepflichtigen Stellen mehrheitlich über Praxis- oder Klinikinformationssysteme zur elektronischen Führung der Krankengeschichte verfügen, in denen die zu meldenden Angaben bereits elektronisch und meist auch strukturiert erfasst sind, entsteht aus dieser Vorgabe für die zur Meldung verpflichteten Stellen kaum Zusatzaufwand. Die Daten sind deshalb kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Abbildung 1 Prozess der Datenerhebung

Pseu donymisieru ng

Daten von Erwachsenen

Meldepflichtige

Kantonale Krebsregister

Tod esdatum

Todesursachen

Identifikationsdatenbank

Todesursachenstatistik

(Zentrale Ausgleichsstelle)

Todesdatum

Daten von Kindern

8750

Nationale Krebsregistrierungsstelle

(Bundesamt für Statistik)

Tod esursachen

Kinderkrebsregister

Daten zur Ergänzun g/ Aktu alisierung

Einwohnerregister (Kantone/Geme inde n)

Für die Registrierung der Daten ist bei erwachsenen Patientinnen und Patienten das kantonale Krebsregister zuständig, in dessen Einzugsbereich die Patientin oder der Patient zum Zeitpunkt der Diagnosestellung wohnhaft ist (vgl. Erläuterungen zu Art. 8). Krebserkrankungen von Kindern und Jugendlichen sind dem Kinderkrebsregister zu melden.

Registrierung Die neue gesetzliche Regelung der Krebsregistrierung baut auf den heute bestehenden Strukturen, d. h. auf den bereits bestehenden kantonalen Krebsregistern und dem Schweizer Kinderkrebsregister auf. So sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Registrierung der Daten von erwachsenen Patientinnen und Patienten dezentral in den Kantonen erfolgt, um die Kontakte zwischen den Krebsregistern und den für die Datenerhebung und -übermittlung zuständigen Behandlungseinrichtungen zu erleichtern. Dadurch kann die Zusammenarbeit über die Entstehung bzw. die Beibehaltung persönlicher Kontakte für eventuell erforderliche Rückfragen gefördert werden. Mit Inkrafttreten des Gesetzesentwurfs werden die Kantone dazu verpflichtet, ein Krebsregister einzurichten oder sich einem bereits bestehenden Krebsregister anzuschliessen. Die Führung der kantonalen Krebsregister und damit auch ihre Finanzierung fallen in den Zuständigkeitsbereich der Kantone (vgl. Erläuterungen zu Art. 32). Die meisten Kantone registrieren Krebserkrankungen bereits heute in einem kantonalen Krebsregister (vgl. Ziff. 1.1.4) Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind 100-mal seltener als bei Erwachsenen. Pro Kanton treten zurzeit jährlich maximal 30 Erkrankungsfälle auf, die sich darüber hinaus auf verschiedene Krebsarten verteilen. Zudem treten bei Kindern und Jugendlichen andere Krebsarten (z. B. Leukämien, Lymphome, Blastome, Sarkome) als bei Erwachsenen (hauptsächlich Karzinome) auf. Die diagnostischen Angaben sowie die Detailangaben zu Behandlung und Prognose unterscheiden sich von denjenigen von Erwachsenen. Da die Bearbeitung und Auswertung solcher Daten von Kindern und Jugendlichen spezielles Fachwissen voraussetzt, erfolgt die Registrierung dieser Krebserkrankungen nicht in den kantonalen Krebsregistern, sondern im Kinderkrebsregister (Art. 22). Damit die kantonalen Krebsregister ebenfalls über die Daten der in ihrem Kanton an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen verfügen, leitet
das Kinderkrebsregister die registrierten Basisdaten regelmässig an die örtlich zuständigen kantonalen Krebsregister weiter (Art. 22 Abs. 3). Der Bundesrat wird festlegen, bis zu welchem Altersjahr das Kinderkrebsregister für die Registrierung der Daten der Patientinnen und Patienten zuständig ist, wobei er sich an internationalen Entwicklungen orientieren wird.

Heute registriert das Schweizer Kinderkrebsregister die Krebserkrankungen all jener Patientinnen und Patienten, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung das 20. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Das zuständige Krebsregister erfasst und kodiert die Angaben gemäss den auf internationalen Empfehlungen basierenden Vorgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle. Namen und Vornamen, Wohnadresse und Versichertennummer der an Krebs erkrankten Personen werden dabei aus Datenschutzgründen in einer von den krankheitsbezogenen Daten getrennten Datenbank bearbeitet (Art. 10 Abs. 3). Über Abgleiche mit den kommunalen und kantonalen Einwohnerregistern ihres Zuständigkeitsgebietes überprüfen die kantonalen Krebsregister den von der Patientin oder dem Patienten angegebenen Wohnort und aktualisieren diesen falls erforderlich (Art. 9 Abs. 2). Zudem ergänzen sie durch Abgleiche mit den Daten der kantonalen 8751

und kommunalen Einwohnerregister den Geburtsort, den Zivilstand und die Staatsangehörigkeit der Patientinnen und Patienten und fügen die dem Wohnort entsprechende Gemeindenummer des BFS ein. Auch der Vitalstatus der Patientinnen und Patienten wird von den Krebsregistern regelmässig überprüft. Ist die Patientin oder der Patient verstorben, so fügt das Krebsregister auch das Todesdatum zum registrierten Datensatz hinzu. Die Ergänzung des Todesdatums kann ebenfalls über einen Abgleich mit den Daten der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister (Art. 9 Abs. 2) oder im Rahmen der regelmässigen Überprüfung des Vitalstatus über einen Abgleich mit den Daten der ZAS (Art. 9 Abs. 3) erfolgen. Der Abgleich auf nationaler Ebene ermöglicht die Ergänzung der Daten auch bei einem Wohnkantonswechsel der Patientinnen und Patienten nach der Registrierung ihrer Basisdaten.

Der Abgleich mit der Todesursachenstatistik des BFS ermöglicht die Ergänzung der Todesursachen (Art. 9 Abs. 3).

Patientinnen und Patienten können der Registrierung ihrer Daten zu jedem Zeitpunkt widersprechen. Im Falle eines Widerspruchs werden keine Daten registriert und gegebenenfalls bereits registrierte Daten anonymisiert vgl. Ziff. 1.2.2).

Weiterleitung und Pseudonymisierung Die kantonalen Krebsregister leiten die für die nationalen Auswertungen erforderlichen Daten an die nationale Krebsregistrierungsstelle weiter (Art. 12 Abs. 1).

Anstelle der Wohnadresse wird der nationalen Krebsregistrierungsstelle die Gemeindenummer des BFS übermittelt (vgl. Art. 9 Abs. 2 i. V. m. Art. 12 Abs. 1). Die nationale Krebsregistrierungsstelle benötigt zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zwar die im Rahmen des Basisdatensatzes erfasste Versichertennummer nicht, ist aber dennoch auf einen eindeutigen Personenidentifikator angewiesen, damit allfällige Doppelregistrierungen derselben Krebserkrankung in verschiedenen kantonalen Krebsregistern oder auch Zweittumore auf nationaler Ebene einfach zusammengeführt werden können. Deshalb wird die Versichertennummer zur Wahrung des Datenschutzes und in Anwendung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes (vgl.

Art. 4 Abs. 2 DSG) vor der Übermittlung an die nationale Krebsregistrierungsstelle pseudonymisiert (vgl. Abbildung 2). Dazu leiten die kantonalen Krebsregister die Versichertennummer sowie die vom Krebsregister
vergebene Fallnummer an den Pseudonymisierungsdienst weiter. Dieser unabhängige, vom Bund bereitgestellte Dienst (Web-Service) pseudonymisiert die Versichertennummer und leitet diese zusammen mit der Fallnummer an die nationale Krebsregistrierungsstelle weiter (Art. 12 Abs. 2 und 3). Somit werden auf nationaler Ebene alle Daten zu Krebserkrankungen ohne die Angabe von Namen, Vornamen oder Wohnadresse bearbeitet.

Die vorgesehenen Prozesse ermöglichen eine einfache und effiziente Datenzusammenführung bei gleichzeitiger Wahrung des Persönlichkeitsschutzes der Patientinnen und Patienten. Damit das BFS die für spezifische statistische Auswertungen notwendigen Verknüpfungen der Krebsregisterdaten mit Daten aus anderen Erhebungen durchführen kann, leitet der Pseudonymisierungsdienst dem BFS die Versichertennummer wie auch die Fallnummer weiter. Anwendungsfälle sowie die Anforderungen und die Bedingungen für Datenverknüpfungen finden sich in den Erläuterungen zu Artikel 23 Absatz 4.

8752

Abbildung 2 Pseudonymisierung der Versichertennummer

Fallnummer

Nationale Krebsregistrierungsstelle aufbereitete Daten

Fallnummer

Fallnummer registrierte Daten*

pseudonymisierte Versichertennummer

Bundesamt für Statistik

Pseudonymisierungsdienst

Fallnummer Versichertennummer

Fallnummer Versichertennummer

Kantonale Krebsregister *ohne personenidentifizierende Daten

Datenauswertung und Veröffentlichung Die Datenauswertung und -veröffentlichung erfolgt auf nationaler Ebene durch die nationale Krebsregistrierungsstelle, das Kinderkrebsregister und das BFS (vgl.

Abbildung 3). Die nationale Krebsregistrierungsstelle und das Kinderkrebsregister sorgen einerseits für die Aufbereitung der Daten für die statistischen Auswertungen des BFS und andererseits für weitere Auswertungen im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung. Die mit Unterstützung der nationalen Krebsregistrierungsstelle und des Kinderkrebsregisters erstellten nationalen Statistiken und Berichte des BFS geben einen Überblick über den Stand und die Entwicklung des Krebsgeschehens in der Schweiz (Krebsmonitoring). Im Zentrum der statistischen Auswertungen steht der «Nationale Krebsbericht», der künftig alle vier bis fünf Jahre vom BFS gemeinsam mit der nationalen Krebsregistrierungsstelle und dem Kinderkrebsregister erarbeitet und veröffentlicht wird. Dieser umfasst, basierend auf den Basisdaten nach Artikel 3, die Darstellung aktueller Angaben zu Inzidenz, Prävalenz, Krankheitsverlauf, Erstbehandlung, Mortalität und Überlebensdauer bei Krebserkrankungen und stellt die entsprechenden Daten im Zeitverlauf dar.

Die nationale Krebsregistrierungsstelle sorgt nach Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe b zudem für die Aufbereitung und Auswertung der Zusatzdaten nach Artikel 4, welche auf bestimmte Fragestellungen ausgerichtet erhoben werden und in die Gesundheitsberichterstattung eingehen. Die im Bereich der Krebserkrankungen von Kindern und Jugendlichen erhobenen Zusatzdaten werden durch das Kinderkrebsregister aufbereitet und ausgewertet (Art. 22 Abs. 1 Bst e und f).

8753

Abbildung 3 Weiterleitung und Veröffentlichung der Daten

Nationale Krebsstatistik / Nationaler Krebsbericht

Gesundheitsberichterstattung

Bundesamt für Statistik

Nationale Krebsregistrierungsstelle / Kinderkrebsregister

Statistische Ergebnisse und Grundlagen

Regelmäss ig e Weiterleitun g Verö ffentlichu ng Weiterleitun g auf A nfrage

Internationale Organisationen

Organisationen zur Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität

Forschende

Weiter bereitet die nationale Krebsregistrierungsstelle die Daten zur Evaluation der Diagnose- und der Behandlungsqualität auf und gibt diese auf Anfrage den zuständigen Organisationen wie beispielsweise der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Onkologie (SGMO) oder dem nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) bekannt. Haben die Meldepflichtigen nach Artikel 3 und 4 in die Weiterleitung der zu ihrer Identifikation erforderlichen Daten eingewilligt, sind auch Auswertungen nach den an der Diagnose und Behandlung beteiligten Gesundheitsfachpersonen und Institutionen des Gesundheitswesens möglich, beispielsweise zur Nutzung der Daten im Rahmen von Qualitätszirkeln und für Leistungs- und Qualitätsvergleiche auf nationaler Ebene.

Darüber hinaus sollen die im Rahmen der Krebsregistrierung erhobenen und aufbereiteten Daten auch Forschenden zugänglich gemacht werden (Art. 24). Die nationale Krebsregistrierungsstelle und das Kinderkrebsregister sind zudem verpflichtet, die wichtigsten statistischen Ergebnisse und Grundlagen in Ergänzung zu den Publikationen des BFS in benutzergerechter Form zu veröffentlichen. Diese Daten stehen in anonymisierter und aggregierter Form Interessierten zur Einsicht oder weiteren Verwendung zur Verfügung (vgl. Erläuterungen zu Art. 17 Abs. 2 und 3).

8754

1.2.2

Rechte der Patientinnen und Patienten

Bei der gesetzlichen Regelung der Registrierung von Krebs und anderen Krankheiten sind die Bedürfnisse der Gesundheitspolitik und der Forschung und diejenigen des Persönlichkeitsschutzes gegeneinander abzuwägen. Maximaler Datenschutz bedeutet, dass die Patientendaten von Beginn weg anonym erhoben und übermittelt werden. Damit die Daten, die von den verschiedenen in die Diagnose und Behandlung einer Krebserkrankung involvierten Stellen zu ein und derselben Person gemeldet werden, zusammengeführt werden können, ist auf kantonaler Ebene die namentliche, nicht-anonymisierte Meldung der Daten notwendig. Zudem können so Mehrfachregistrierungen vermieden und allfällige Metastasen, Rezidive oder Zweittumoren bereits registrierten Personen zugeordnet werden. Die Erfassung dieser Personendaten ist internationaler Standard.36 Denn im Gegensatz zu den sonst üblichen statistischen Erhebungen werden in Krebsregistern Verlaufsdaten erfasst, wobei vom Zeitpunkt der Diagnose bis zum Tod des Patienten oder der Patientin mehrere Jahre bis Jahrzehnte vergehen können. Weiter ermöglicht die namentliche Meldung der Daten das Nachfragen bei den meldepflichtigen Personen und Institutionen, sollten die eingegangenen Daten unvollständig oder nicht plausibel sein (Art. 9 Abs. 1). Auch die vorgesehenen Abgleiche mit den Daten der kantonalen oder kommunalen Einwohnerregister bzw. der ZAS, durch die eine Aktualisierung des Wohnorts, eine regelmässige Überprüfung des Vitalstatus oder auch die Zuordnung des Todesdatums erfolgt, sind nur mit nicht anonymisierten Daten möglich.

Dasselbe gilt auch für die Zuordnung der Todesursachen über einen Abgleich mit der Todesursachenstatistik des BFS.

Aus diesen Gründen scheidet eine anonyme Datenerhebung bzw. -übermittlung aus.

Um den Anliegen des Persönlichkeitsschutzes Rechnung zu tragen, sind weitreichende Schutzvorkehrungen vorgesehen:

36

­

Informationsrecht: Patientinnen und Patienten beziehungsweise die zur Vertretung berechtigten Personen sind hinreichend über die Art, den Zweck und den Umfang der Datenbearbeitung zu informieren (Art. 5). Ebenso sind die zum Schutz der erhobenen Personendaten ergriffenen Massnahmen zu erläutern. Ziel der Information ist es zudem, die Betroffenen über ihre Rechte aufzuklären. Dazu gehört namentlich das Widerspruchsrecht gegen die Registrierung der Daten (Art. 6). Gleichzeitig dient die Patienteninformation dazu, den Nutzen der Krebsregistrierung verständlich zu machen (vgl.

Ziff. 1.1.3).

­

Anspruch auf Unterstützung: Jede Patientin und jeder Patient hat Anspruch auf Unterstützung bei der Ausübung ihrer oder seiner Rechte hinsichtlich des Datenschutzes und des Widerspruchs (Art. 7 Abs. 1).

­

Auskunftsrecht: Jeder Person steht ein Auskunftsrecht über alle in den Datensammlungen der kantonalen Krebsregister oder des Kinderkrebsregisters vorhandenen und sie betreffenden Daten zu (Art. 7 Abs. 2). Eine Einschränkung dieses Auskunftsrechts ist nicht zulässig.

MacLennan, R., Cancer registration: principles and methods. Items of patient information which may be collected by registries. Iarc Sci Publ. 1991;(95):43­63.

Empfehlungen des European Network for Cancer Registries (ENCR), abrufbar unter: www.encr.eu > Acitvities > Working Groups and Recommendations

8755

­

Widerspruchsrecht und Anonymisierung: Ist eine Patientin oder ein Patient mit der Registrierung der Daten durch das zuständige Krebsregister nicht einverstanden, so kann sie oder er jederzeit Widerspruch erheben (Art. 6).

Der Bundesrat legt eine Karenzfrist fest, bis zu deren Ablauf die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregister mit der Registrierung von bereits übermittelten Daten zuwarten müssen (Art. 10 Abs. 4). Auf diese Weise erhalten die Patientinnen und Patienten eine angemessene Bedenkzeit, um sich für oder gegen die Wahrnehmung ihres Widerspruchsrechts zu entscheiden. Nur wenn nach Ablauf der Karenzfrist seitens der Patientinnen oder Patienten kein Widerspruch gegen die Registrierung der Daten im Krebsregister eingegangen ist, werden die entsprechenden Daten registriert (Art. 6 Abs. 1). Wird ein Widerspruch erhoben, gilt es sicherzustellen, dass er umgehend umgesetzt wird und die Daten unverzüglich anonymisiert oder vernichtet werden (Art. 26 Abs. 3).

­

Getrennte Datenbearbeitung: Die kantonalen Krebsregister sowie das Kinderkrebsregister müssen die personenidentifizierenden Daten getrennt von den übrigen Daten bearbeiten (Art. 10 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 Bst. c).

­

Vernichtung der Originaldaten: Die Originaldaten, die den Krebsregistern durch die meldepflichtigen Personen und Institutionen übermittelt werden, sind zu vernichten. Dies erfolgt, sobald die Daten registriert worden sind und die Überprüfung durch die nationale Krebsregistrierungsstelle nach Artikel 19 Absatz 2 erfolgt ist, spätestens aber fünf Jahre nach dem Eintreffen im Krebsregister (Art. 26 Abs. 1).

­

Anonymisierung der registrierten Daten: Die registrierten Daten werden sowohl in den Datenbanken der Krebsregister als auch in jener der nationalen Krebsregistrierungsstelle und des BFS anonymisiert, sobald es der Zweck des Bearbeitens erlaubt, spätestens aber 30 Jahre nach dem Tod der Patientin oder des Patienten (Art. 26 Abs. 2).

­

Pseudonymisierte Datenweiterleitung: Die Weiterleitung der Basis- und der Zusatzdaten an die nationale Krebsregistrierungsstelle erfolgt ohne Namen, Vornamen, Wohnadresse und Versichertennummer der Patientinnen und Patienten (Art. 12 Abs. 1). Die Versichertennummer wird von den kantonalen Registern zusammen mit der Fallnummer an den Pseudonymisierungsdienst (Web-Service) weitergeleitet, der die Versichertennummer pseudonymisiert und diese wiederum zusammen mit der Fallnummer an die nationale Krebsregistrierungsstelle weiterleitet (Art. 12 Abs. 2 und 3).

­

Enge Zweckbindung der Datenbearbeitung: Die registrierten Personendaten dürfen nur für die vom Gesetz vorgesehenen Zwecke verwendet werden. Die Bearbeitung zu personenbezogenen Zwecken, namentlich im Rahmen von administrativen Massnahmen gegen Einzelpersonen, ist ausgeschlossen.

Einzig für die Evaluation der Diagnose- und der Behandlungsqualität ist eine Auswertung mit Bezug auf die an der Diagnose und Behandlung beteiligten Gesundheitsfachpersonen und Institutionen möglich. Diese Auswertung setzt aber voraus, dass die meldepflichtigen Personen und Institutionen in die Weiterleitung der zu ihrer Identifikation erforderlichen Daten eingewilligt haben (Art. 16 Bst. a).

8756

­

1.2.3

Strafrechtlich gesicherter Geheimnisschutz: Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen unterstehen der Schweigepflicht (Art. 29), bei deren Verletzung die Artikel 320 StGB (Verletzung des Amtsgeheimnisses) oder 321bis StGB (Berufsgeheimnis in der Forschung am Menschen) zur Anwendung kommen.

Förderung der Registrierung anderer Krankheiten

Künftig wird der Bund die Registrierung anderer nicht übertragbarer stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten durch Finanzhilfen von maximal 1 Million Franken pro Jahr fördern. Finanzhilfen des Bundes können nur Registern gewährt werden, welche die vom Bund vorgegebenen Kriterien für krankheitsbezogene Register erfüllen und Daten bereitstellen, die für die Gesundheitsberichterstattung von Bedeutung sind (Art. 25). Hierzu gehören auch Register zu seltenen, bösartigen Krankheiten, sofern die internationale Vergleichbarkeit der Daten gewährleistet ist (Art. 25 Abs. 3). Mit der neuen gesetzlichen Regelung kann nicht nur die Ressourcensituation der bestehenden Register verbessert, sondern kann auch das Vertrauen der Bevölkerung in diese Register gesteigert und die Bereitschaft der Gesundheitsfachpersonen und der Institutionen des Gesundheitswesens, die entsprechenden Daten zu liefern, erhöht werden. Die neue Regelung ermöglicht eine verbesserte Qualität der Registerdaten und erhöht so ihren Nutzen für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens. Die Tätigkeit dieser Register unterliegt weiterhin dem HFG.

1.3

Begründung und Bewertung der vorgeschlagenen Lösung

1.3.1

Untersuchte Lösungsmöglichkeiten

Im Rahmen der Vorarbeiten wurde insbesondere geprüft, ob auch für die Registrierung anderer Krankheiten eine umfassende gesetzliche Regelung anzustreben ist und welche Rechte Patientinnen und Patienten in Bezug auf die Registrierung ihrer Daten gewährt werden.

Registrierung anderer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten Um künftig nicht nur alle Krebsneuerkrankungen schweizweit zu erfassen, sondern auch eine möglichst flächendeckende, vollzählige und vollständige Registrierung weiterer Krankheiten zu ermöglichen und zu unterstützen, sind grundsätzlich zwei verschiedene Varianten denkbar: ­

der Aufbau weiterer nationaler Register zu stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten, unter den gleichen rechtlichen Vorgaben wie bei der Krebsregistrierung;

­

die Förderung von Registern zu stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten durch Bundesbeiträge.

Aktuell besteht unter den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen kein Konsens darüber, für welche nicht übertragbaren Krankheiten neue staatliche Register mit flächendeckender und vollzähliger Erfassung aller Erkrankungen und damit mit 8757

Meldepflicht für einen Basisdatensatz aufgebaut werden sollen. Als problematisch wird insbesondere die Tatsache eingestuft, dass bei der Erfassung der wichtigsten stark verbreiteten oder bösartigen Krankheiten ein Grossteil der älteren Bevölkerung in einem oder mehreren Registern registriert wäre. Auch datenschutzrechtliche und finanzielle Gründe sprechen gegen eine abschliessende Regelung der Registrierung weiterer Diagnosen. Deshalb wird eine gesetzliche Regelung vorgeschlagen, die zwar die Förderung von (privaten) Registern für andere Krankheiten als Krebs ermöglicht, die aber von einer Meldepflicht für diese Erkrankungen absieht und somit auf eine umfassende Regelung der Registrierung anderer Krankheiten verzichtet.

Rechte betroffener Patientinnen und Patienten Im Rahmen der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs wurde geprüft, ob die Daten für die Krebsregistrierung ohne Widerspruchsrecht, mit Widerspruchsrecht oder mit informierter Einwilligung der Patientinnen und Patienten zu erheben seien. Es wurde eine Lösung gesucht, die eine möglichst vollzählige Krebsregistrierung bei gleichzeitig ausreichendem Schutz der Rechte von Patientinnen und Patienten erlaubt: ­

Eine vollzählige Krebsregistrierung lässt sich am besten gewährleisten, wenn die Registrierung der Daten ohne Widerspruchsrecht der betroffenen Patientinnen und Patienten erfolgt. Dies steht in einem Spannungsverhältnis zur informationellen Selbstbestimmung.

­

Der Schutz der Patientenrechte ist am höchsten, wenn Patientinnen und Patienten nach vorhergehender Information explizit in die Erhebung ihrer Daten einwilligen. Mit dieser Lösung ist eine vollzählige Krebsregistrierung nicht zu gewährleisten.

­

Durch das Einräumen eines Widerspruchsrechts gegen die Registrierung der Daten wird das Recht der Patientinnen und Patienten auf informationelle Selbstbestimmung respektiert. Zudem misst der Gesetzesentwurf der Information der Patientinnen und Patienten sowie der Information der Bevölkerung über Ziele und Zwecke der Krebsregistrierung grosse Bedeutung zu. Es wird davon ausgegangen, dass dies die Akzeptanz der Krebsregistrierung auf Patientinnen- und Patientenseite fördert und gleichzeitig die Vollzähligkeit der Krebsregistrierung durch die Anzahl eingehender Widersprüche nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

Personenidentifikator Zur Bereitstellung von qualitativ einwandfreien statistischen Grundlagen ist im Rahmen der Krebsregistrierung eine eindeutige Identifikation der erkrankten Personen notwendig. Diese Identifikation wird jedoch nicht zu administrativen Zwecken, sondern ausschliesslich für die Sicherstellung einer korrekten statistischen Verarbeitung der Daten benötigt. Beispiele für diese Notwendigkeit sind: ­

das korrekte Zuordnen der von verschiedenen meldepflichtigen Personen und Institutionen übermittelten Daten zum jeweiligen Krebsfall;

­

das Vermeiden der mehrfachen Registrierung desselben Krebsfalls in den Krebsregistern und das Zuordnen von Erst- und Zweittumoren;

8758

­

der automatisierte Datenabgleich mit den kantonalen und kommunalen Einwohnerregistern zur Verifizierung, Ergänzung und Aktualisierung eines möglichst grossen Anteils weiterer Daten (z. B. Geschlecht, Geburtsdatum und -ort, Nationalität, Zivilstand usw.) mit dem geringstmöglichen Aufwand für die meldepflichtigen Personen und Institutionen sowie der Krebsregister;

­

der automatisierte Datenabgleich mit der ZAS bzw. dem BFS zur Ergänzung des Todesdatums bzw. der Todesursachen.

Eine Alternative zur Verwendung eines eindeutigen Personenidentifikators besteht darin, die Datenabgleiche mit einem probabilistischen Zuordnungsverfahren durchzuführen, bei dem die Daten aufgrund von Übereinstimmungen bei Geschlecht, Geburtsdatum, Wohnort usw. zugeordnet werden. Allerdings ist dieses Verfahren aufwändig und mit grossen Unsicherheiten behaftet. Können die verschiedenen Daten nicht eindeutig demselben Krebsfall zugeordnet werden, vermindert sich die Qualität der Daten deutlich. Mit einem eindeutigen Personenidentifikator können die oben erwähnten Abgleiche automatisiert durchgeführt werden. Dies verbessert die Effizienz der Krebsregistrierung und erhöht den Datenschutz.

Als Personenidentifikator kann entweder die Versichertennummer nach Artikel 50c AHVG oder ein eigens für die Krebsregistrierung zu schaffender Personenidentifikator verwendet werden. Letzerer hat einerseits zwar das Potenzial, das Risiko der missbräuchlichen Verknüpfung von Krebsregisterdaten mit Daten aus anderen Datenquellen zu reduzieren, andererseits verunmöglicht er jedoch die zur Ergänzung und Aktualisierung der Daten nach Artikel 9 notwendigen Abgleiche mit den Daten der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister (u. a. Geburtsort, Zivilstand und Staatsangehörigkeit), der ZAS (Todesdatum) sowie des BFS (Todesursachen).

Die Risiken im Bereich des Datenschutzes werden soweit wie möglich eingegrenzt.

So sollen nur jene Stellen die Versichertennummer erhalten, die sie für ihre Aufgaben auch benötigen. So wird die Versichertennummer beispielsweise für die Datenaufbereitung auf nationaler Ebene (Art. 14 Abs. 2) nicht benötigt, weshalb die nationale Krebsregistrierungsstelle lediglich mit einem Pseudonym der Versichertennummer als Identifikator arbeitet. Ausserdem haben die Krebsregister sicherzustellen, dass die personenidentifizierenden Daten einschliesslich der Versichertennummer von den übrigen Daten getrennt bearbeitet werden. Somit werden alle Vorkehrungen getroffen, um einer missbräuchlichen Verwendung des Personenidentifikators vorzubeugen.

1.3.2

Vernehmlassungsverfahren

Am 7. Dezember 2012 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Vorentwurf dieses Gesetzes. Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens wurden die Kantone, die Konferenz der Kantonsregierungen, die GDK, 12 politische Parteien, 11 gesamtschweizerische Dachverbände sowie 92 weitere Organisationen begrüsst.

Die Vernehmlassung dauerte bis am 22. März 2013.

Von den angeschriebenen Vernehmlassungsadressaten reichten alle 26 Kantone, 6 in der Bundesversammlung vertretene politische Parteien, 2 Dachverbände und 54 weitere Organisationen eine Stellungnahme ein. Zudem liessen sich 34 weitere Organisationen und Institutionen materiell vernehmen.

8759

Der Bundesrat hat am 30. Oktober 2013 vom Ergebnisbericht37 Kenntnis genommen. Die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens können wie folgt zusammengefasst werden.

Grundsätzliche Zustimmung zur Vorlage und zahlreiche Änderungsvorschläge Mit Ausnahme der Christlichdemokratischen Volkspartei CVP, die sich gegen die zentrale Erfassung von Krebserkrankungen ausspricht, unterstützen alle Vernehmlassungsteilnehmenden die Schaffung eines neuen Bundesgesetzes. Allerdings wünschen sie sich grossmehrheitlich, dass die vorgeschlagene Regelung angepasst und teilweise grundlegend überarbeitet wird, wobei die vorgebrachten Änderungsvorschläge teilweise in gegensätzliche Richtungen zielen. Die kontrovers diskutierten Punkte beziehen sich insbesondere auf den Umfang der zu erhebenden Daten, die Organisation der Krebsregistrierung und deren Finanzierung, den Persönlichkeits- und den Datenschutz sowie auf den Umgang mit den Registern für andere Krankheiten.

Geltungsbereich Einige Vernehmlassungsteilnehmende (FDP.Die Liberalen, Sozialdemokratische Partei der Schweiz SPS, Krebsregister Thurgau, SGMO, Swiss Federation of Specialities in Medicine (SFSM), santésuisse, Schweizerischer Versicherungsverband) wünschen, dass das Gesetz auch das Führen von Qualitätsregistern zu Krebserkrankungen umfasst. Im Gegensatz zu den epidemiologischen und den klinischen Krebsregistern, die Aussagen über die Häufigkeit von Krankheiten, die Überlebenszeiten und die Behandlungsmuster bei verschiedenen Krebserkrankungen ermöglichen, dienen Qualitätsregister der Sicherung und der Entwicklung der Diagnose- und der Behandlungsqualität. Das heisst, dass die Auswertung der Daten nicht nach epidemiologischen Gesichtspunkten wie Alter, Geschlecht oder Erkrankung erfolgt, sondern nach Gesundheitsfachpersonen oder Institutionen des Gesundheitswesens, so dass Unterschiede zwischen diesen dargestellt und gegebenenfalls für weitergehende Massnahmen (institutionsintern oder seitens der Tarifpartner, der Kantone oder des Bundes) verwendet werden können.

Fünf Kantone (AG, BE, BL, GE, GL) und weitere Vernehmlassungsteilnehmende (GDK, Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften u. a.) begrüssen die vorgesehene Förderung der Registrierung weiterer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten, zu denen gemäss der IG
Seltene Krankheiten auch seltene Krankheiten gehören sollten. Demgegenüber fordern andere Stellungnehmende (Public Health Schweiz, Schweizerische Union für Labormedizin, Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie), dass das Gesetz explizite Grundsätze der Registerführung vorsehen solle, die für alle Register gälten. Diese Grundsätze sollten insbesondere den Datenschutz, die Datenweitergabe und die Regelungen betreffend die Widerspruchs- und Einwilligungslösung umfassen.

37

Abrufbar unter: www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > Verfahren eröffnet im Jahr 2012 > Eidgenössisches Departement des Innern > Bundesgesetz über die Registrierung von Krebserkrankungen (Krebsregistrierungsgesetz, KRG) sowie unter: www.bag.admin.ch > Themen > Gesundheitspolitik > Krebsregistrierungsgesetz > Vernehmlassung zum Krebsregistrierungsgesetz

8760

Organisation der Krebsregistrierung Eine deutliche Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden ist mit der vorgesehenen Organisation der Krebsregistrierung (kantonale Krebsregister, nationale Krebsregistrierungsstelle) einverstanden. Ausdrücklich begrüsst wird die vorgeschlagene Regelung u. a. von 10 Kantonen (AI, BL, BS, FR, LU, NW, SG, UR, VD, VS), den kantonalen Krebsregistern, der Stiftung NICER, dem Schweizer Kinderkrebsregister, der FMH und weiteren.

In 11 Stellungnahmen (Kantone BE, GL, GR, SH, SO, ZG und ZH, Krebsregister Bern, Schweizerischer Versicherungsverband, santésuisse, Dachverband der Schweizerischen Handels- und Industrievereinigungen der Medizinaltechnik) werden die bestehenden Strukturen hingegen in Frage gestellt und es wird gefordert, der Bund solle ein nationales Krebsregister mit zentraler oder dezentraler Datenerfassung betreiben. In diesem Zusammenhang sprechen sich 6 Kantone (BE, GL, ZG, SH, SO, GR) für eine zentrale Datenerhebung unter Verzicht auf die bisherigen kantonalen Krebsregister aus.

Einige Vernehmlassungsteilnehmende fordern, auf die Führung eines eigenständigen Kinderkrebsregisters zu verzichten und das Kinderkrebsregister organisatorisch an die nationale Krebsregistrierungsstelle anzugliedern. In anderen Rückmeldungen wird wiederum vorgeschlagen, die Daten zu Krebserkrankungen von Kindern und Jugendlichen gleich wie diejenigen von Erwachsenen in den kantonalen Krebsregistern zu erheben.

Zudem wird die Notwendigkeit der vorgeschlagenen Vertrauensstelle zur Verschlüsselung der Versichertennummer von mehreren Stellungnehmenden kritisch hinterfragt.

Finanzierung Die meisten Kantone (22) verlangen, dass der Bund einen Teil der Koordinationsaktivitäten zwischen den kantonalen Krebsregistern und der nationalen Krebsregistrierungsstelle finanzieren soll. Nach ihren Berechnungen handelt es sich dabei um 10 Prozent der Kosten, die mit der Führung eines kantonalen Krebsregisters verbunden sind. Der Kanton AR erachtet eine Kostenbeteiligung von mindestens 60 Prozent durch den Bund als zwingend, und für den Kanton SH hat der Bund auch den Aufbau eines neuen kantonalen Krebsregisters mit zu finanzieren.

Unterscheidung zwischen Mindest38- und Zusatzdaten Viele Stellungnehmende (Kanton TG, Sozialdemokratische Partei der Schweiz SPS, Schweizerische Akademie der medizinischen
Wissenschaften, Schweizerischer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, Public Health Schweiz, SGMO, Pädiatrische Onkologiepflege Schweiz, Kinderkrebshilfe Schweiz, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für klinische Krebsforschung u. a.) sind der Ansicht, dass die vorgeschlagene Unterscheidung in Mindest- und Zusatzdaten nicht praktikabel sei, da für ein wirkungsvolles Krebsmonitoring Daten aus beiden Kategorien benötigt würden. Zudem wird der Umfang des Mindestdatensatzes in der Regel als zu klein erachtet, da Daten zum Krankheits- und Behandlungsverlauf fehlten und er zudem nicht den internationalen Standards entspreche.

38

Im überarbeiteten Gesetzesentwurf wurde «Mindestdaten» in «Basisdaten» umbenannt.

8761

Ausgestaltung der Patientenrechte Hier sind die Rückmeldungen vielfältig und zum Teil gegensätzlich: Sie gehen von der Forderung «kein Widerspruchsrecht bei den Mindestdaten» (Kantone AG, AI, AR, BE, BL, FR, SH, SO, Schweizerische Datenschutzbeauftragte, SAMW, Schweizerisches Tropen- und Public-Health-Institut, Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie, Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie, Universitätsspital Basel u. a.) über «Widerspruchsrecht für alle Daten» (Kantone BS, GE, JU, LU, NE, NW, OW, TG, TI, UR, VD, ZG, GDK, FDP.Die Liberalen, Sozialdemokratische Partei der Schweiz SPS, alle Krebsregister ausser SG/AI/AR u. a.) bis hin zur Unterstützung der vorgeschlagenen «informierten Einwilligung für Zusatzdaten» (Stiftung Patientenschutz) . Das Einholen einer informierten Einwilligung für alle Daten wurde nur vereinzelt gefordert. Zudem wird die Frage der Zuständigkeit für die Information der Patientinnen und Patienten kontrovers diskutiert.

Verwendung der Versichertennummer Vereinzelt wird die Verwendung der Versichertennummer als Identifikator kritisiert (Kantone GR, GL, ZH, SO, FMH, Schweizerische Datenschutzbeauftragte, Union schweizerischer komplementärmedizinischer Ärzteorganisationen, IG eHealth), da die mehrfache Verwendung der Versichertennummer und die dadurch entstehenden Verknüpfungsmöglichkeiten von Daten aus den Bereichen Bildung, Steuern, Sozialversicherungen und neu auch Gesundheit für die Persönlichkeitsrechte der Bürger ein wachsendes Risiko darstellten.

Datenweitergabe an das BFS Das Weiterleiten von Einzeldaten mit unverschlüsselter Versichertennummer an das BFS wird von einem Drittel der Kantone (AG, BS, FR, GL, GR, TG, NW, OW, ZH) allen kantonalen Krebsregistern sowie weiteren Vernehmlassungsteilnehmenden (Public Health Schweiz, Schweizerische Akademie der medizinischen Wissenschaften, FMH, Schweizerische Datenschutzbeauftragte, Stiftung NICER u. a.) als datenschutzrechtlich heikel beurteilt.

1.3.3

Überarbeitung des Vorentwurfs

Der Vorentwurf dieses Gesetzes wurde von den meisten Vernehmlassungsteilnehmenden positiv aufgenommen. Die Grundstruktur des Erlasses sowie die Kernelemente wurden daher im Entwurf weitgehend beibehalten.

Der Bundesrat entschied am 30. Oktober 2013, bei der Überarbeitung des Vorentwurfs an folgenden Eckwerten festzuhalten: ­

Aufbau auf den bestehenden Strukturen, d. h. Registrierung der Daten in kantonalen Krebsregistern und dem Schweizer Kinderkrebsregister und Zusammenführung der Daten in einer nationalen Krebsregistrierungsstelle;

­

Verzicht auf eine finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten der kantonalen Krebsregister;

­

Verwendung der Versichertennummer als Identifikator;

­

Förderbestimmung zur Unterstützung von Registern zu anderen stark verbreiteten oder bösartigen Krankheiten.

8762

Der Vorentwurf wurde jedoch aufgrund der Rückmeldungen aus der Vernehmlassung in folgenden Punkten überarbeitet: ­

Die Basisdaten (ehemals «Mindestdaten») wurden um Angaben zum Krankheitsverlauf (Metastasen und Rezidive), nicht aber um Angaben zum gesamten Behandlungsverlauf erweitert. Zudem fallen Angaben zur Lebensqualität, zu den Risikofaktoren und zu den Lebensumständen nicht mehr unter die Zusatzdaten, sondern können allenfalls im Rahmen von Forschungsprojekten erhoben werden (vgl. Ziff. 1.2.1 zur «Datenerhebung»). Dadurch ist der Umfang der zu erhebenden und zu registrierenden Daten insgesamt kleiner geworden.

­

Die Patientinnen und Patienten müssen hinreichend über die Registrierung der Basis- und Zusatzdaten informiert werden (Art. 5 Abs. 1) und können dieser jederzeit widersprechen (Art. 6 Abs. 2). Auf die im Vorentwurf vorgesehene informierte Einwilligung für die Erhebung der Zusatzdaten wurde verzichtet. Im Gegensatz zum Vorentwurf enthalten die Zusatzdaten einzig weiterführende medizinische Angaben zur Krebserkrankung (z. B. Angaben zum Therapieschema oder zur Medikamentendosierung), nicht aber Angaben zur Lebensqualität, zu den Risikofaktoren und zu den Lebensumständen.

Somit bestehen die Zusatzdaten nur aus Angaben, die ohnehin im klinischen Dokumentationsprozess anfallen. Diese unterscheiden sich qualitativ nicht wesentlich von den medizinischen Angaben, die im Basisdatensatz enthalten sind (z. B. Art der Erstbehandlung, diagnostische Daten zur Krebserkrankung). Unter diesen geänderten Voraussetzungen erscheint in beiden Fällen das Widerspruchsrecht sachgerecht. Demgegenüber sollen Angaben zur Lebensqualität, zu den Risikofaktoren und zu den Lebensumständen in Forschungsprojekten untersucht werden, bei denen stets eine aufgeklärte Einwilligung der teilnehmenden Personen nach HFG sowie die Bewilligung der zuständigen Ethikkommission vorausgesetzt ist. Zur Stärkung der Patientenrechte in der Vollzugspraxis ist vorgesehen, dass die betroffenen Personen einen bedingungslosen Auskunftsanspruch gegenüber allen beteiligten Stellen haben (Art. 7 Abs. 2).

­

Der Entwurf ermöglicht neu die Weitergabe der Krebsregisterdaten an Organisationen zur Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität (z. B.

an die SGMO oder den ANQ). Diese werten die Daten z. B. nach Gesundheitsorganisation (Spitäler) gruppiert aus, sofern diese damit einverstanden sind (Art. 16). Auf die Schaffung von staatlichen Qualitätsregistern kann damit verzichtet werden.

­

Die kantonalen Krebsregister leiten die Versichertennummer aus Datenschutzgründen weiterhin nur pseudonymisiert an die nationale Krebsregistrierungsstelle weiter (Art. 12 Abs. 2 und 3). Die Pseudonymisierung erfolgt neu durch einen Pseudonymisierungsdienst (Web-Service), der vom Bund bereitgestellt wird (Art. 31 Abs. 1 Bst. c). Dieser bearbeitet ­ im Unterschied zur im Vorentwurf vorgesehenen Vertrauensstelle ­ keine Daten zur Krebserkrankung und ist von den übrigen Stellen administrativ und organisatorisch unabhängig (Art. 31 Abs. 2). Daraus resultiert eine Vereinfachung der organisatorischen Strukturen und damit eine bedeutende Kostenreduktion gegenüber dem Vorentwurf.

8763

­

Die Weitergabe von nicht aggregierten Einzeldaten an das BFS mitsamt der Versichertennummer ist weiterhin möglich, namentlich zur Vermeidung von zusätzlichen Datenerhebungen. Die Verknüpfung dieser Daten mit Daten aus anderen Erhebungen (Art. 14a BStatG) wird jedoch auf statistische Auswertungen im Bereich der Gesundheit beschränkt (Art. 23 Abs. 4).

Zudem wurden folgende weitere Anpassungen am Vorentwurf vorgenommen: ­

Die Patientenrechte wurden gestärkt, indem der Bundesrat eine Karenzfrist festlegt, bis zu deren Ablauf die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregister mit der Registrierung von bereits übermittelten Daten zuwarten müssen (Art. 10 Abs. 4). Auf diese Weise erhalten die Patientinnen und Patienten eine angemessene Bedenkzeit um sich für oder gegen die Wahrnehmung ihres Widerspruchsrechts zu entscheiden. Nur wenn nach Ablauf der Karenzfrist seitens der Patientinnen oder Patienten kein Widerspruch gegen die Registrierung der Daten im Krebsregister eingegangen ist, werden die entsprechenden Daten registriert (Art. 6 Abs. 1).

­

Die Bestimmungen zur Datenvernichtung und Anonymisierung wurden präzisiert (Art. 26).

­

Die Nutzung der erhobenen Daten zur Qualitätssicherung von Früherkennungsprogrammen wird explizit ermöglicht (Art. 13).

­

Die im Vorentwurf vorgesehenen Strafbestimmungen für Verstösse gegen die Ausführungsvorschriften nach diesem Gesetz werden im Entwurf nicht mehr berücksichtigt. Die Einhaltung der Bestimmungen soll in erster Linie über eine einvernehmliche Kooperation der beteiligten Organisationen und Personen erreicht werden. Wo diese nicht gegeben ist, soll die Einhaltung nicht über das Strafrecht, sondern nötigenfalls über die administrative Aufsicht der Kantone und des Bundes erwirkt werden.

1.4

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Der Gesetzesentwurf umschreibt die Aufgaben, die dem Bund durch Erlass dieses Gesetzes entstehen. Neben dem Betrieb der nationalen Krebsregistrierungsstelle, des Kinderkrebsregisters und des Pseudonymisierungsdienstes (Web-Service) (Art. 31) ist der Bund auch für die Auswertung der Daten und die Publikation der statistischen Auswertungen zuständig (Art. 17 und 23).

Die finanziellen Auswirkungen dieser Aufgaben auf den Bundeshaushalt werden unter Ziffer 3.1 im Detail dargestellt.

1.5

Rechtsvergleich

Die bevölkerungsbasierte Krebsregistrierung ist international weit verbreitet und stützt in etlichen Ländern die Überwachung und Bekämpfung von Krebserkrankungen. Zunehmend wird sie auch zur Evaluation und zur Verbesserung der Behandlungsqualität herangezogen.

In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben sich in der Krebsregistrierung folgende globalen Standards etabliert: 8764

­

Um eine ausreichende Datenqualität zu gewährleisten, stammen die Daten üblicherweise aus unterschiedlichen und oftmals redundanten Quellen.

Damit die Daten zusammengeführt werden können, wird mit personenidentifizierenden Angaben gearbeitet. In vielen Ländern wird dazu ein Personenidentifikator wie die Sozialversicherungsnummer verwendet.

­

Die Datenmeldestellen (d. h. die entsprechenden Gesundheitsorganisationen) unterstehen zunehmend einer Meldepflicht. Als wichtigste Datenquelle gelten die Pathologieinstitute. Für die Überprüfung des Wohnorts und des Vitalstatus werden zudem in der Regel amtliche Informationssysteme herangezogen.

­

Hinsichtlich des Datenschutzes haben sich ebenfalls Mindeststandards etabliert. So sind die Daten vertraulich zu behandeln und publizierte Auswertungen dürfen keine Rückschlüsse auf einzelne Individuen zulassen. Weiter werden die Personendaten vielerorts von den Krankheitsdaten getrennt bearbeitet.

­

Patientinnen und Patienten müssen in aller Regel über die Registrierung ihrer Daten informiert werden. Während die Registrierung beispielsweise in den skandinavischen Staaten obligatorisch ist, kennen die meisten übrigen Länder ein Widerspruchsrecht.

Bezüglich Flächendeckung und Datenqualität der epidemiologischen Krebsregistrierung bestehen auch in den entwickelten Ländern zum Teil grosse Unterschiede.

Diese hängen meist eng mit der Entstehungsgeschichte der Krebsregister zusammen: Am vollständigsten werden die Daten in Ländern mit zentralisierter Krebsregistrierung erfasst. In den beiden vergangenen Jahrzehnten hat sich allerdings die Datenqualität in Ländern, deren Krebsregistrierungssystem ­ wie in der Schweiz ­ auf dezentralen Krebsregistern aufbaut, verbessert.

Ausserdem sind zwei weitere wichtige Entwicklungsfelder zu erwähnen: ­

Die fortschreitende Digitalisierung der Informationsverarbeitung im Gesundheitswesen kommt zunehmend der Krebsregistrierung zugute. Dadurch steigen auch der Strukturierungsgrad und die Aktualität der gemeldeten Daten.

­

In den letzten Jahren hat man begonnen, das Synergiepotenzial von epidemiologischen und klinischen Krebsregisterdaten zu nutzen. Dazu werden die Daten in der Regel zusammengeführt und gemeinsam ausgewertet.

1.5.1

Internationale Organisationen

European Network of Cancer Registries (ENCR) Das ENCR wurde 1990 im Rahmen des Krebsbekämpfungsprogramms der Europäischen Kommission gegründet.39 Aufgaben des ENCR sind die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Krebsregistern und die Definition von Standards für die Datenerhebung. Zudem bietet es Schulungen für das Personal von Krebsregistern an und stellt europaweit Informationen zur Inzidenz und zur Sterberate in Bezug auf Krebs zur Verfügung.

39

Weitere Informationen unter: www.encr.eu.

8765

International Agency for Research on Cancer (Iarc)40 Die Iarc ist eine Einrichtung der WHO mit Sitz in Lyon. Die Hauptaufgabe der Iarc ist die Leitung und Koordination der Erforschung der Ursachen von Krebserkrankungen. Des Weiteren werden Präventionsstrategien entwickelt und Monografien über Krebsrisiken herausgegeben. Die Iarc beteiligt sich an der Festlegung von Krankheitsbezeichnungen und Klassifikationen im Bereich der Tumorerkrankungen und gibt mit der WHO die Buchserie «WHO Classification of Tumours» heraus.

Die Schweiz beteiligt sich an der Finanzierung der Iarc mit jährlich etwa einer Million Franken.

The International Association of Cancer Registries (IACR) Die IACR41 wurde 1966 mit dem Ziel gegründet, die Anliegen und die Aktivitäten der bevölkerungsbezogenen Krebsregister weltweit zu unterstützen. Dazu werden die Krebsregister bei der Verbesserung der Registerführung mit Standards, Praxisbeispielen und Schulungen unterstützt.

1.5.2

Krebsregistrierung in anderen Staaten

Deutschland Das erste Krebsregister Deutschlands wurde 1929 in Hamburg gegründet. In den nachfolgenden Jahrzehnten sind weitere bevölkerungsbezogene Register hinzugekommen. Als erstes bundesweites Krebsregister fungierte ab 1980 das Deutsche Kinderkrebsregister42, das flächendeckend für alle Bundesländer die Tumorerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen erfasst. Mit dem «Bundeskrebsregistergesetz» von 1995 sind die Länder zum Führen einer epidemiologischen Krebsregistrierung verpflichtet worden. Seit dem Jahr 2009 besteht in allen Bundesländern eine flächendeckende vollzählige Erfassung von Krebserkrankungen. Die klinische Krebsregistrierung zur Qualitätssicherung bei Therapien hatte zwar bereits seit längerem einen ebenfalls wichtigen Status, wurde jedoch bis anhin nicht staatlich reglementiert. Mit dem 2013 auf Bundesebene in Kraft getretenen «Krebsfrüherkennungsund -registrierungsgesetz» werden die Länder nun auch zur Führung von klinischen Registern verpflichtet. Der im Februar 2014 revidierte «einheitliche onkologische Basisdatensatz»43 gibt die verbindlichen Standards vor.

Die zu erhebenden Daten werden von den Meldepflichtigen (Kliniken, Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte) an die Vertrauensstelle des jeweiligen Landesregisters gemeldet. Dort erfolgt die Trennung der personenidentifizierenden Daten von den krankheitsbezogenen Daten sowie die Weitergabe der krankheitsbezogenen Daten an die jeweilige Registerstelle. Dabei wird sichergestellt, dass die Vertrauensstelle keine Einsicht in die medizinischen Daten und die Registerstelle des Krebsregisters keinen Zugang zu den personenidentifizierenden Daten erhält.

Die Krebsregister der Bundesländer übergeben die anonymisierten Daten dem

40 41 42 43

Weitere Informationen unter: www.iarc.fr Weitere Informationen unter: www.iacr.com.fr Weitere Informationen unter: www.kinderkrebsregister.de.

Abrufbar unter: www.tumorzentren.de.

8766

«Zentrum für Krebsregisterdaten» am Robert-Koch-Institut44, das daraus die Bundesstatistik erstellt.45 Österreich Österreich schuf 1969 mit dem Bundesgesetz vom 6. März 1969 über die statistische Erfassung von Geschwulstkrankheiten (Krebsstatistikgesetz) die Rechtsgrundlage für das Österreichische Krebsregister, das seither durch «Statistik Austria»46 geführt wird. Die damalige gesetzliche Regelung beinhaltete bereits eine Meldepflicht.

Allerdings ist diese bis heute auf Krankenhäuser beschränkt, was bei gewissen Krebserkrankungen eine Untererfassung zur Folge hat.

Bei der Krebsregistrierung in Österreich wird auf die Verwendung eines vollständigen Personenidentifikators wie z. B. der Sozialversicherungsnummer verzichtet.

Stattdessen werden die persönlichen Angaben der Patientinnen und Patienten verwendet. Die Datenerhebung erfolgt anhand eines strukturierten Formulars47 und beinhaltet neben personenidentifizierenden und diagnostischen Angaben auch solche zur Behandlung, zur Anamnese und zum Verdacht auf berufsbedingte Krebserkrankungen.

Derzeit wird auch in Österreich eine Revision der Gesetzesgrundlage in die Wege geleitet. Ziel ist die Anpassung an neue digitale Technologien sowie an die gestiegenen Anforderungen im Bereich des Datenschutzes und der Forschung.

Frankreich Ab 1975 sind in Frankreich die ersten departementalen Krebsregister entstanden.

Mit der Gründung des «Comité national des registres (CNR)»48 im Jahr 1986 wurde die Krebsregistrierung zum Bestandteil der nationalen Forschungs- und der Gesundheitspolitik. Das CNR ist seit 1995 unter anderem für die Zertifizierung der mittlerweile 25 Krebsregister zuständig. Zwölf dieser Register sind auf bestimmte Krebsarten oder Bevölkerungsgruppen spezialisiert.

Die Krebsregistrierung deckt allerdings nur eine Minderheit der gesamten Bevölkerung Frankreichs ab. Das eigentliche Krebsmonitoring wird im Rahmen einer Kooperation mehrerer Institutionen der öffentlichen Gesundheit betrieben. Die nationalen Statistiken beruhen auf Hochrechnungen. Die an Krebs erkrankten Personen müssen laut Gesetz über die Registrierung informiert werden und verfügen über ein Widerspruchsrecht.

Italien In Italien entstanden die ersten Krebsregister in den 1960er-Jahren. Inzwischen ist die Zahl auf 38 angewachsen. Nebst epidemiologischen Registern, die
unterschiedliche staatliche Gliederungsebenen ­ in gewissen Fällen einzelne Städte ­ abdecken, existieren auch Krebsregister für spezifische Tumorarten oder Bevölkerungsgruppen. Knapp die Hälfte der italienischen Gesamtbevölkerung ist durch die Krebsregistrierung abgedeckt.

44 45 46 47 48

Weitere Informationen unter: www.rki.de.

Weitere Informationen zur Krebsregistrierung Deutschlands unter: www.krebsinformationsdienst.de.

Weitere Informationen unter: www.statistik.at.

Abrufbar unter: www.statistik.at.

Weitere Informationen unter: www.inserm.fr.

8767

Aufgrund der unvollständigen Registrierung erstellt die «Associazione italiana dei registri tumori (AIRTUM)»49 lediglich selektive epidemiologische Kennzahlen.

Registrierte Personen haben das Recht, jederzeit Auskunft über Inhalt und Herkunft ihrer Daten zu erhalten sowie die Daten berichtigen oder löschen zu lassen.

Belgien In Belgien ist die Krebsregistrierung gesetzlich vorgeschrieben und die Gesundheitsfachpersonen und Institutionen sind zur Mitwirkung verpflichtet. Die Datenübermittlung an das zentrale «Belgian Cancer Registry»50 kann in Papierform, telefonisch, mittels CD-ROM, über einen verschlüsselten Internetzugang oder über ein webbasiertes Registrierungsmodul erfolgen. Letzteres erlaubt eine Patientenidentifizierung unter anderem anhand der Identifikationsnummer der elektronischen Identitätskarte, die auch im belgischen eHealth-System Anwendung findet. Neben der kontinuierlichen Basiserhebung werden auch zeitlich befristet zusätzliche Daten für spezifische Projekte erhoben. Die Registrierung projektspezifischer Daten ist nicht obligatorisch.

Niederlande Die Krebsregistrierung der Niederlande stützt sich auf acht «Comprehensive Cancer Centres» und deckt 95 Prozent der Bevölkerung ab. Im Gegensatz zu den meisten anderen Krebsregistern sind die niederländischen Krebsregister tumorbezogen.

Konkret bedeutet dies, dass eine an mehreren Tumoren erkrankte Person mehrmals registriert wird. Das «Netherlands Cancer Institute»51 vergütet die regelmässigen Datenlieferungen der Register mit einem jährlichen Fixbeitrag und wertet sie auf nationaler Ebene aus.

Nordische Staaten und die «Association of the Nordic Cancer Registries» Vor rund hundert Jahren wurden in Dänemark und Island erstmals Zählungen von Krebserkrankungen vorgenommen. Bei der Einführung und Weiterentwicklung der Krebsregistrierung standen die nordischen Staaten Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden jeweils in einem engen länderübergreifenden Austausch mit den bereits etablierten Einrichtungen. 1984 schlossen sich die fünf Länder zur «Association of the Nordic Cancer Registries (ANCR)»52 zusammen. Diese bildet einen Rahmen für den wissenschaftlichen und technischen Austausch sowie für einheitliche Definitionen. Dadurch wird unter anderem die vergleichende Forschung auf der Ebene dieser Ländergruppe erleichtert.
Aufgrund der eng verwobenen Entstehungsgeschichte liegt es auf der Hand, dass die Krebsregistrierung in den fünf Ländern grosse Gemeinsamkeiten aufweist. Die epidemiologische Registrierung ist stark zentralisiert und damit landesweit einheitlich. Sie deckt in allen Ländern nahezu 100 Prozent der Bevölkerung ab. Dabei ist Schweden die einzige der genannten Nationen, welche neben dem nationalen noch regionale Krebsregister führt.

49 50 51 52

Weitere Informationen unter: www.registri-tumori.it.

Weitere Informationen unter: www.kankerregister.org.

Weitere Informationen unter: www.nki.nl.

Weitere Informationen unter: www.ancr.nu.

8768

Vereinigtes Königreich Das vereinigte Königreich verfügt über eine gut ausgebaute Krebsregistrierung. Sie deckt die gesamte Bevölkerung ab. Die Krebsregister erheben einen einheitlichen Minimaldatensatz.53 Dieser ist wiederum Teil des seit 2002 bestehenden, umfassenderen «National Cancer Dataset», der durch das «Health & Social Care Information Centre»54 mit anderen Datensätzen verknüpft und Dritten zur Verfügung gestellt werden kann.

Die britischen Krebsregister können ihre Daten mitsamt patientenidentifizierenden Angaben namentlich für die Evaluation der Wirksamkeit von Screening-Programmen, für die Zuordnung genetischer Risikofaktoren innerhalb der Verwandtschaft, für die Erforschung von Ursachen und Folgen bestimmter Krebsarten sowie für geobasierte Studien verwenden oder weitergeben. Für die Weiterverwendung der personenidentifizierenden Angaben muss eine informierte Einwilligung vorliegen.

Vereinigte Staaten In den Vereinigten Staaten sind zwei Institute des Gesundheitsministeriums parallel mit der Krebsregistrierung betraut. Das präventionsorientierte «Center for Disease Control und Prevention (CDC)» betreibt das aus epidemiologischer Sicht bedeutsamere «National Programme of Cancer Registries (NPCR)»55. Dieses 1992 aufgrund des «Cancer Registries Amendment Act» gestartete Programm deckt heute 96 Prozent der US-Bevölkerung ab. Bereits seit 1971 existiert ausserdem das «Surveillance, Epidemiology and End Results Program (SEER)»56, das den forschungsorientierten «National Institutes of Health (NIH)» unterstellt ist. Das SEER erhält und verwertet auch Daten von ausländischen Krebsregistern.

Zur Erforschung der Wirksamkeit von Behandlungen finden in einzelnen USBundesstaaten zentral finanzierte, erweiterte Datenerhebungen statt. Für bestimmte Krebsarten wurden dazu beispielsweise detaillierte Daten zur Behandlung sowie zu Biomarkern registriert. Ausserdem wurden Prozesse festgelegt, die für alle Krebsarten die Erhebung von Komorbiditäten, Körpergrösse und Gewicht, Raucherstatus und Krankheitsstadium dauerhaft ermöglichen sollen. Für die projektspezifisch erhobenen Daten besteht die Möglichkeit, diese bei Bedarf mit aggregierten sozioökonomischen Daten in Verbindung zu bringen.

Mit dem NPCR-Projekt im Bereich eHealth («Advancing E-cancer Reporting and Registry Operations [AERRO]») werden in
allen Abläufen von der Erhebung bis zur Registrierung informatikbasierte Prozesse angestrebt. Ein Beispiel dafür ist etwa die Entwicklung einer Infrastruktur, welche die relevanten Informationen aus den Pathologieberichten automatisch herausfiltern und in strukturierter Form übermitteln soll.

Ausserdem wurden und werden mehrere Pilotprojekte betrieben, welche die international ­ und auch in der Schweiz ­ verbreiteten elektronischen DatenstrukturStandards von «Health Level 7 Clinical Document Architecture (HL7 CDA)» für die Krebsregistrierung nutzbar machen sollen. In diesem Zusammenhang hat das NPCR im März 2014 einen an die Erbringer von ambulanten Gesundheitsdienstleistungen gerichteten Leitfaden für die Implementierung der HL7-basierten Übermittlung herausgebracht.

53 54 55 56

Weitere Informationen unter: www.ukacr.org.

Weitere Informationen unter: www.hscic.gov.uk.

Weitere Informationen unter: www.cdc.gov > Diseases & Conditions > Cancer.

Weitere Informationen unter: www.seer.cancer.gov.

8769

Kanada Kanada hat 1969 das «National Cancer Incidence Reporting System» eingeführt.

Dieses tumorbezogene Register wurde 1992 durch das personenbezogene «Canadian Cancer Registry (CCR)» abgelöst, das von «Statistics Canada» betrieben wird.57 Dieselbe Stelle erlässt umfassende Vorgaben für die 13 regionalen Krebsregister, die ihre Daten zur Registrierung, Aktualisierung und Publikation wiederum regelmässig an das CCR senden. Die Krebsregistrierung deckt die gesamte Bevölkerung des Landes ab.

Die Vereinigten Staaten und Kanada gehören der 1987 gegründeten «North American Association of Central Cancer Registries (NAACCR)»58 an. Diese stellt unter anderem Zertifikate für Krebsregister aus und bewertet die Daten hinsichtlich ihrer Qualität. Ausserdem ermöglicht die NAACCR, dass die Krebsdaten auch über Staatsgrenzen hinweg in einheitlicher und sicherer Form zwischen den Krebsregistern ausgetauscht werden können.

1.5.3

Rechtsvergleich mit dem europäischen Recht

Europarat Die Registrierung von Krebs oder anderen stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten wurde bislang vom Europarat nicht im Rahmen eines Übereinkommens oder eines anderen Rechtstextes geregelt. Hingegen hat er im Bereich des Datenschutzes Bestimmungen erlassen, die auch für die Datenbearbeitung im Rahmen von Krebsregistern gelten:

57 58 59 60



Das Übereinkommen vom 28. Januar 198159 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten ist für die Schweiz am 1. Februar 1998 in Kraft getreten. Zweck des Übereinkommens ist es, im privaten und im öffentlichen Sektor den Rechtsschutz der oder des Einzelnen gegenüber der automatischen Verarbeitung der sie oder ihn betreffenden personenbezogenen Daten zu verstärken. In allen Mitgliedstaaten soll ein Minimum an Persönlichkeitsschutz bei der Verarbeitung von Personendaten und eine gewisse Harmonisierung des Schutzsystems sichergestellt werden.



Am 1. April 2008 ist in der Schweiz auch das Zusatzprotokoll vom 8. November 200160 zum Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten bezüglich Aufsichtsbehörden und grenzüberschreitende Datenübermittlung in Kraft getreten. Das Zusatzprotokoll sieht insbesondere die Einsetzung von Kontrollbehörden vor, denen es obliegt, über die Einhaltung der Massnahmen zu wachen, die im jeweiligen Landesrecht die im Übereinkommen und im Protokoll stipulierten Grundsätze durchsetzen sollen. Diese Behörden sollten über Untersuchungsbefugnisse verfügen sowie Klagen führen und der

Weitere Informationen unter: www.statcan.gc.ca.

Weitere Informationen unter: www.naaccr.org.

SR 0.235.1 SR 0.235.11

8770

zuständigen Gerichtsbehörde Verletzungen der einschlägigen Bestimmungen des Landesrechts zur Kenntnis bringen können.


Das Ministerkomitee hat gestützt auf das Übereinkommen mehrere Empfehlungen im Datenschutzbereich angenommen, namentlich die Empfehlung über den Schutz medizinischer Daten61. Die Empfehlungen sehen generell vor, dass die- oder derjenige, die oder der Personendaten erhebt, die Betroffenen angemessen zu informieren hat. Zu informieren ist namentlich darüber, ob es sich um eine freiwillige oder eine obligatorische Erhebung handelt, sowie über die Möglichkeit, die Angabe der Daten zu verweigern, und über die Folgen einer Verweigerung.

Das Bundesrecht genügt bereits heute den Anforderungen des Übereinkommens, des Zusatzprotokolls und der relevanten Empfehlungen. Der Gesetzesentwurf entspricht diesen Bestimmungen ebenfalls.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch das Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin vom 4. April 199762. Dieses beinhaltet unter anderem Vorgaben zur medizinischen Forschung, namentlich betreffend die Einwilligung der betroffenen Personen. Die Forschungsbestimmungen der Biomedizinkonvention finden aber (gleich wie die Bestimmungen des HFG) auf die Haupttätigkeit der Krebsregister gemäss den Artikeln 8­22 keine Anwendung, weil es sich dabei nicht um eine Forschungstätigkeit im Sinne der Biomedizinkonvention und des HFG handelt (vgl. Erläuterungen zu Art. 28). Im Übrigen entsprechen die Regeln des HFG den Vorgaben der Biomedizinkonvention und sind auf Forschungsaktivitäten der Krebsregister ausserhalb der Artikel 8­22 anwendbar.

Europäische Union Es bestehen momentan keine rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union (EU) im Bereich der Registrierung von Krebs und anderer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten. Die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich ist hauptsächlich auf Ebene der Mitgliedstaaten angesiedelt.

Betreffend die Früherkennung von Krebs hat der Rat der Europäischen Union eine entsprechende Empfehlung verabschiedet.63 Am 10. Juni 2008 nahm der Rat zudem Schlussfolgerungen zur Verringerung der Krebsbelastungen64 und am 13. September 2010 Schlussfolgerungen über Massnahmen zur Krebsbekämpfung65 an. Darin fordert der Rat die Mitgliedstaaten auf, die bevölkerungsbezogene Krebsregistrierung sicherzustellen. Die Europäische Kommission verabschiedete des Weiteren am 24. Juni 2009 eine «Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über Massnahmen zur Krebsbekämpfung: Europäische Partnerschaft». Darin bezeichnet

61 62 63 64 65

Empfehlung Nr. R (97) 5 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten über den Schutz medizinischer Daten, vom 13. Februar 1997.

SR 0.810.2 Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2003 zur Krebsfrüherkennung (2003/878/EG), ABl L 327 vom 16.12.2003, S. 34.

Abrufbar unter: www.consilium.europa.eu/uedocs/NewsWord/de/lsa/101752.doc.

Abrufbar unter: http://register.consilium.europa.eu/doc/srv?l=DE&f=ST%2012667%202010%20INIT.

8771

sie die Krebsregistrierung als eine für die politischen Strategien und Massnahmen notwendige Zielmassnahme.66 Ferner hat die Europäische Kommission eine Expertengruppe zur Krebsbekämpfung eingesetzt67, welche die Kommission bei der Ausarbeitung und Durchführung der Unionsmassnahmen im Bereich Krebs unterstützen und den Austausch von Erfahrungen, Strategien und Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten und den verschiedenen beteiligten Parteien fördern soll. Die Schweiz ist nicht Mitglied dieser Expertengruppe.

Im Bereich des Datenschutzes sind folgende Richtlinien zu erwähnen:


Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Rates vom 24. Oktober 199568 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.



Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 200269 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation).

Die Europäische Kommission hat am 25. Januar 2012 eine umfassende Reform der EU-Datenschutzregeln vorgeschlagen mit dem Ziel, ein umfassenderes und kohärenteres Konzept für das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten zu implementieren. Sie hat einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-GrundVerordnung, KOM (2012) 11 endg.) vorgelegt, welche die Richtlinie 95/46/EG ersetzen wird. Gegenwärtig wird der Verordnungsvorschlag im EU-Parlament und im Rat diskutiert.

Für die Schweiz bestehen auch in Bezug auf den Datenschutz im Rahmen der Krebsregistrierung keine rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der EU. Es muss jedoch aus praktischen Gründen darauf geachtet werden, dass das schweizerische System mit den europäischen Systemen insoweit kompatibel ist, als die Auswertung der Daten auch auf internationaler Ebene sinnvoll ist.

Der Gesetzesentwurf entspricht sowohl den Richtlinien im Bereich des Datenschutzes als auch den genannten Empfehlungen, Schlussfolgerungen und Mitteilungen.

Leitlinien und Empfehlungen Mehrere internationale Organisationen, die im Bereich der Registrierung von Krebserkrankungen aktiv sind, haben Leitlinien oder Empfehlungen publiziert, um die verschiedenen Formen und Inhalte der Registrierung in den einzelnen Staaten zu harmonisieren. Zu erwähnen sind namentlich die Standards der IACR70 und die

66 67 68 69 70

Abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/?qid=1407349459969&uri=CELEX:52009DC0291.

Abrufbar unter: www.eur-lex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014D0604(01)&rid=1.

ABl L 281 vom 23.11.1995, S. 31; geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1882/2003, ABl L 284 vom 31.10.2003, S. 1.

ABl L 201 vom 31.7.2002, S. 37; zuletzt geändert durch Richtlinie 2009/136/EG, ABl L 337 vom 18.12.2009, S. 11 Abrufbar unter: www.iacr.com.fr > Support for registries > Standards.

8772

Empfehlungen des ENCR71. Das ENCR hat beispielsweise mehrere Empfehlungen zur Kodierung von Krebserkrankungen veröffentlicht, aber auch zum Datenschutz (mit Bezugnahme auch auf die Richtlinie 95/46/EG). Diese Leitlinien und Empfehlungen sind nicht bindend; hingegen ist es für die wissenschaftliche Anerkennung der ausgewerteten Daten wichtig, dass sich die nationalen und regionalen Krebsregister möglichst an diese Leitlinien halten.

1.6

Umsetzung

Im Verordnungsrecht werden verschiedene Regelungen des Gesetzesentwurfs konkretisiert werden müssen. Zu präzisieren sein wird u. a. die Erhebungs- und Meldepflicht: Dies gilt für die zu erhebenden Basis- und Zusatzdaten, die zur Erhebung und Meldung verpflichteten Personen und Institutionen, die Fristen sowie die Form der Datenübermittlung. Näher auszuführen sind zudem die Modalitäten und der Inhalt der Information der Patientinnen und Patienten sowie das Verfahren bei einem Widerspruch.

Weil die im Rahmen der Krebsregistrierung verwendeten Daten nach einem Widerspruch der Patientin oder des Patienten zu anonymisieren sind, wird der Bundesrat auch die Anforderungen an die korrekte und sichere Anonymisierung zu regeln haben.

Ebenfalls sind die Aufgaben der kantonalen Krebsregister, des Kinderkrebsregisters, der nationalen Krebsregistrierungsstelle sowie des BFS bezüglich der Modalitäten, des Umfangs, des Zeitpunkts und der Periodizität der Weiterleitung von Daten zu bestimmen. Zudem wird der Bundesrat die Zuständigkeit des Kinderkrebsregisters (Altersgrenze) festlegen.

Schliesslich sind auch der Umfang und die Modalitäten der Bundessubventionen nach den Artikeln 25 und 33 des Gesetzes näher zu regeln.

Damit der Vollzug des Gesetzes funktionieren kann, sind zudem auch Massnahmen der Kantone notwendig. Es liegt an ihnen, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen und falls nötig auch gesetzgeberisch aktiv zu werden, damit die kantonalen Krebsregister ihre Daten mit denjenigen der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister ihres Zuständigkeitsgebietes abgleichen können. Das Gleiche gilt für registereigene Auswertungen der registrierten Daten nach Artikel 32 Absatz 5. Diese werden nur dann dem Registerprivileg unterstellt, wenn dies für die Erfüllung einer kantonalen gesetzlichen Aufgabe erforderlich ist (vgl. Erläuterungen zu Art. 28).

Die neuen gesetzlichen Grundlagen sollen zudem einer Evaluation unterzogen werden (Art. 35).

71

Abrufbar unter: www.encr.com.fr > Activities > Working Groups and Recommendations.

8773

1.7

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

In den vergangen sieben Jahren wurden die nachfolgend aufgeführten parlamentarischen Vorstösse zur Krebsregistrierung eingereicht: Mit der Motion Müller 07.3638 «Flächendeckendes Schweizer Krebsregister» vom 4. Oktober 2007 wurde der Bundesrat aufgefordert, ein gesamtschweizerisches, flächendeckendes Krebsregister zu erstellen und die dazu erforderlichen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er sprach sich vielmehr dafür aus, die Qualität und die Harmonisierung der von den Kantonen erhobenen wissenschaftlich relevanten Krebsdaten zu sichern, sie zu verknüpfen und zu analysieren und so die Grundlagen für gesundheitspolitische Entscheidungen zu schaffen. Während der Nationalrat die Motion am 16. September 2009 mit 90 zu 67 Stimmen annahm, beantragte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) deren Ablehnung. Die Motion wurde in der Folge am 20. September 2010 vom Ständerat mit Verweis auf die parlamentarische Initiative Heim (vgl. nächster Absatz) einstimmig abgelehnt.

Die parlamentarische Initiative Heim 07.501 «Nationales Krebsregister» vom 21. Dezember 2007 will gesetzliche Grundlagen schaffen, damit Krebsdaten nach einheitlichen Methoden in allen Kantonen erhoben und in einem nationalen Krebsregister zusammengeführt und veröffentlicht werden. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) gab der Initiative am 17. Oktober 2008 mit 21 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge. Die SGK-S stimmte diesem Beschluss am 15. Februar 2010 mit 7 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu. In Anbetracht des Entscheids des Bundesrates, selbst eine Vorlage für eine gesetzliche Regelung der Krebsregistrierung zu erarbeiten, entschied die SGK-N am 13. Januar 2012 einstimmig, die Behandlungsfrist der Initiative um zwei Jahre (bis Frühjahr 2014) zu verlängern.

Die Motion Altherr 11.3584 «Nationale Strategie der Krebsbekämpfung. Für mehr Chancengleichheit und Effizienz» vom 16. Juni 2011 beauftragt den Bundesrat, eine nationale Strategie für eine verbesserte Krebsvermeidung und -bekämpfung zu erarbeiten. Dabei ist eine qualitativ hochstehende Versorgung nach anerkannten Kriterien sicherzustellen sowie die Effizienz und die Chancengleichheit für die gesamte Bevölkerung zu erhöhen. Dazu werden nach Ansicht des
Motionärs eine Harmonisierung der Krebsfrüherkennung, ein national harmonisiertes Krebsregister, der rechtsgleiche Zugang zu wirksamen Therapien sowie eine optimierte Zusammenarbeit der Fachinstanzen nötig. Die Motion wurde am 29. September 2011 vom Ständerat und am 12. Dezember 2011 vom Nationalrat ohne Gegenstimme an den Bundesrat überwiesen. In der Folge hat der Bundesrat die «Nationale Strategie gegen Krebs 2014­2017» erarbeiten lassen. Mit dem Krebsregistrierungsgesetz wird ein Teilprojekt dieser Strategie umgesetzt (vgl. Ziff. 4.2). Dies betrifft lediglich einen Teil der Motion Altherr. Mit der Überweisung der Botschaft sind deshalb die Voraussetzungen für eine Abschreibung nicht gegeben.

8774

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 1

Gegenstand

Der Gesetzesentwurf regelt in Übereinstimmung mit dem Auftrag des Bundesrates vom 3. Dezember 2010 (vgl. Ziff. 1.1.7) und gestützt auf Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV die Erhebung, die Registrierung und die Auswertung von Daten zu Krebserkrankungen (Bst. a) sowie die Förderung der Erhebung, der Registrierung und der Auswertung von Daten zu anderen stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten (Bst. b).

Das Hauptaugenmerk des Entwurfs liegt auf der Erhebung, der Registrierung und der Auswertung von Daten zu Krebserkrankungen, deren Bearbeitung für die Zwecke nach diesem Gesetz abschliessend geregelt wird. Aufgrund ihrer Häufigkeit im Auftreten und ihres meist schweren Verlaufs zählen Krebserkrankungen zu den stark verbreiteten oder bösartigen Krankheiten. Als Krebserkrankungen im Sinne dieses Gesetzes gelten anomale Neubildungen von Körpergeweben oder Blut sowie deren Vorstufen und Frühstadien gemäss der von der WHO erlassenen internationalen Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie «International Classification of Diseases for Oncology» (ICD-O)72.

Aus den in Ziffer 1.3.1 aufgeführten Gründen wird auf eine abschliessende Regelung der Erhebung, der Registrierung und der Auswertung anderer stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten verzichtet. Hier beschränkt sich der Gesetzesentwurf auf Massnahmen, welche die Erhebung, die Registrierung und die Auswertung dieser Krankheiten finanziell fördern sollen (Art. 25). Als stark verbreitet gelten Krankheiten, die in ihrem Auftreten nicht örtlich oder regional beschränkt sind, sondern über das gesamte Land verteilt auftreten. Typische Beispiele für stark verbreitete Krankheiten sind Stoffwechselstörungen wie Diabetes, Herz-KreislaufErkrankungen, aber auch psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Suchterkrankungen. Unter die bösartigen Krankheiten fallen Krankheiten, die das Leben bedrohen oder erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheit nach sich ziehen.

Dazu zählen insbesondere Krankheiten, deren Verlauf zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der individuellen Lebensqualität sowie der Arbeitsfähigkeit führt, wie z. B. rheumatische Erkrankungen, Depressionen oder Schizophrenien. Die Registrierung von seltenen Krankheiten kann der Bund dann fördern, wenn diese «bösartig» sind. Bisher sind weltweit schätzungsweise
6000 bis 8000 seltene Krankheiten beschrieben worden, wie z. B. Chorea Huntington, Morbus Pompe oder die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta). Eine Krankheit gilt dann als selten, wenn sie höchstens eine von 2000 Personen betrifft.

Von der neuen gesetzlichen Regelung nicht erfasst werden die Registrierung und die Auswertung von Daten zu übertragbaren Krankheiten, da deren Bearbeitung bereits durch das Epidemiengesetz vom 18. Dezember 197073 geregelt wird.

72 73

www.who.int > programmes > classifications > Classification of Diseases (ICD) > International classification of diseases for oncology (SCD-O-3) SR 818.101

8775

Art. 2

Zweck

Das Krebsregistrierungsgesetz soll der Bereitstellung von Datengrundlagen zur Bekämpfung von Krebserkrankungen und anderen stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten dienen. In einer abschliessenden Aufzählung bezeichnet die Bestimmung die Zwecke der Datenbearbeitung. Dabei handelt es sich durchwegs um nicht patientenbezogene Bearbeitungszwecke.

Nach Buchstabe a soll die gesetzliche Regelung sicherstellen, dass diejenigen Daten, die für eine flächendeckende Beobachtung (Monitoring) der zeitlichen Entwicklung der Krebserkrankungen und weiterer stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten in der Schweizer Bevölkerung notwendig sind, möglichst vollzählig und vollständig erhoben werden können (vgl. Ziff. 1.2.1). Der Gesetzesentwurf soll aber auch die Bereitstellung der Datengrundlagen ermöglichen, die für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung von an Krebs erkrankten Personen notwendig sind. Dazu zählt die Erhebung von Daten, die für die Erarbeitung, die Umsetzung und die Wirksamkeitsüberprüfung von Präventions- und Früherkennungsmassnahmen (Bst. b), für die Evaluation der Versorgungs-, der Diagnose- und der Behandlungsqualität (Bst. c) sowie für die Unterstützung der kantonalen Versorgungsplanung wie auch der Forschung (Bst. d) genutzt werden können (vgl. Ziff. 1.1.3).

Art. 3

Erhebung und Meldung der Basisdaten

Zur Erreichung der angestrebten Vollzähligkeit und Vollständigkeit der Basisdaten, die für die bevölkerungsbezogene Beobachtung von Krebserkrankungen notwendig sind (vgl. auch Ziff. 1.2.1), sieht der Gesetzesentwurf eine Meldepflicht für Personen und Institutionen des Gesundheitswesens vor. Demnach müssen dem zuständigen Krebsregister bei allen Krebsneuerkrankungen sowie bei allfälligen Metastasen, Rezidiven und Zweiterkrankungen Daten zur Person, zur Diagnose und zur Behandlung sowie zur meldenden Stelle übermittelt werden. Zur Erhebung und Meldung verpflichtet sind Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und andere private oder öffentliche Institutionen des Gesundheitswesens wie Laboratorien, Radiologie- und Pathologieinstitute (Abs. 1).

Die zur erkrankten Person zu meldenden personenidentifizierenden Angaben werden in den Buchstaben a­e einzeln und abschliessend aufgeführt. Diese Personendaten umfassen Namen und Vornamen (Bst. a), Versichertennummer nach Artikel 50c AHVG (Bst. b), Wohnadresse (Bst. c), das Geburtsdatum (Bst. d) und das Geschlecht (Bst. e). Die namentliche, nicht-anonymisierte Meldung der Krebsdiagnosen ist auf kantonaler Ebene notwendig, um die von den verschiedenen in die Diagnose und Behandlung einer Krebserkrankung involvierten Stellen gemeldeten Daten zu ein und derselben Person in einem Krebsfall zusammenführen zu können (vgl.

Ziff. 1.2.1).

Die diagnostischen Daten zur Krebserkrankung (Bst. f) stammen vorwiegend aus Pathologieinstituten und Laboratorien. Diese melden sowohl Daten zur Erstdiagnose als auch Daten zu jeder weiteren Diagnose wie der Diagnose von Metastasen, Rezidiven oder Zweittumoren. Im Gegensatz zu den Personendaten werden hier die zu meldenden medizinischen Daten auf Gesetzesstufe nicht im Detail aufgeführt.

Gestützt auf Absatz 3 Buchstabe c legt der Bundesrat diese im Ausführungsrecht unter Beizug von Expertinnen und Experten und nach Anhörung der betroffenen Kreise fest. Dies erleichtert die flexible Anpassung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse oder geänderte internationale Standards. Zu den zu meldenden diag8776

nostischen Daten zur Krebserkrankung (Bst. f) gehören beispielsweise das Datum und die Grundlage der diagnostischen Untersuchung. Die Grundlage der diagnostischen Untersuchung enthält Angaben darüber, ob die Diagnose mittels mikroskopischer Untersuchung (zytologischer oder histologischer Befund), aufgrund eines spezifischen Tumormarkers oder mittels klinischer oder apparativer Untersuchung (z. B. Röntgenbefund, Autopsie) gestellt wurde und ob die Diagnosestellung durch die Teilnahme an einem Früherkennungsprogramm ausgelöst wurde. Zu den diagnostischen Daten zählen auch Angaben zur Charakterisierung des Tumors, also Angaben zur Lage des Tumors im Körper (Topographie und Seitigkeit), zum Aussehen des Tumors (Morphologie und Tumorgrösse), zum Verhalten des Tumors (Bösartigkeit) sowie zum Stadium des Tumors (so genannte TNM-Klassifikation).

Bei den Daten zur Erstbehandlung (Bst. g) sind beispielsweise das Datum des Behandlungsbeginns, die Art der Behandlung (z. B. Hormonbehandlung, radiologische, chirurgische, chemotherapeutische, palliative Behandlungen oder Kombinationen davon) sowie die Institutionen (Klinik, Spital), in denen die Behandlungen durchgeführt werden, zu melden. Die Erstbehandlung umfasst alle nach der Diagnosestellung geplanten Behandlungsschritte. Sie kann mehrere Wochen bis über ein Jahr dauern. Die zur Erstbehandlung zu übermittelnden Angaben werden auf Gesetzesstufe nicht näher umschrieben, sondern in den Ausführungsbestimmungen präzisiert.

Dabei wird auch festzulegen sein, in welchem Detaillierungsgrad die Daten gemeldet werden müssen.

Absatz 2 sieht vor, dass die meldepflichtigen Personen und Institutionen dem zuständigen Krebsregister zusammen mit den erhobenen Daten auch die zu ihrer Identifikation erforderlichen Angaben melden, so dass sich die Krebsregister bei Rückfragen an die meldepflichtigen Personen und Institutionen wenden können. Die Meldung der Daten wird nicht entschädigt. Es handelt sich dabei um Daten, die im Rahmen der medizinischen Dokumentation der Diagnose und Behandlung einer Krebserkrankung in der Krankengeschichte der Patientin oder des Patienten routinemässig erhoben werden. Die nationale Krebsregistrierungsstelle wird den meldepflichtigen Personen und Institutionen zudem Hilfsmittel für die einheitliche und standardisierte Erhebung und Übermittlung
der Daten zur Verfügung stellen (Art. 18 Bst. a). Dadurch soll der Aufwand für die meldepflichtigen Personen und Institutionen weiter reduziert werden (vgl. auch nächster Abschnitt).

Nach Absatz 3 Buchstabe a legt der Bundesrat fest, welche Personen oder Institutionen dem Krebsregister Daten zu melden haben. In diesen Kreis fallen grundsätzlich all jene Personen und Institutionen, die an der Diagnose oder an der Behandlung von Krebserkrankungen beteiligt sind, also Ärztinnen und Ärzte, Spitäler und andere private oder öffentliche Institutionen des Gesundheitswesens wie Laboratorien, Radiologie- und Pathologieinstitute. Die Meldepflicht umfasst nicht sämtliche Daten nach Absatz 1 sondern nur jene, die in das jeweilige fachliche Zuständigkeitsgebiet fallen. Gemäss Absatz 3 Buchstabe b kann der Bundesrat festlegen, dass für bestimmte Krebserkrankungen keine Angaben erhoben und gemeldet werden müssen.

So werden heute in der Schweiz z. B. keine Angaben zum weissen Hautkrebs erfasst, da dieser zwar häufig, aber meist einfach behandelbar ist (operative Entfernung) und nur in den allerseltensten Fällen Metastasen bildet. Nach Absatz 3 Buchstabe c legt der Bundesrat unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips den Umfang der zu erhebenden und der nach Absatz 2 erforderlichen Daten sowie die Art und Weise fest, nach welcher die Übermittlung der Basisdaten an die zuständigen Krebsregister zu erfolgen hat. Die für den Datentransport zu treffenden Vorkeh8777

rungen unterliegen den Grundsätzen der sicheren Datenübermittlung. Die Umsetzung wird entsprechend den Vorgaben und Standards des Informatiksteuerungsorgans des Bundes erfolgen. Es ist vorgesehen, dass mit Inkrafttreten dieses Gesetzes die Daten in möglichst strukturierter Form erfasst werden und ihre Übermittlung vorzugsweise elektronisch erfolgt. Der Bundesrat kann auch vorsehen, dass erhebungspflichtige Personen oder Institutionen Berichte an das zuständige Krebsregister übermitteln, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit ohnehin erstellen, solange diese keine weiteren medizinischen Daten als diejenigen der erhebungspflichtigen Basisdaten enthalten, z. B. Berichte mit diagnostischen Befunden aus der Pathologie, der Radiologie oder Laboratorien sowie gegebenenfalls Berichte über durchgeführte Behandlungsmassnahmen.

Art. 4

Erhebung und Meldung der Zusatzdaten

Artikel 4 legt die Rahmenbedingungen für die Erhebung und Meldung der Zusatzdaten fest. Die Bestimmung orientiert sich dabei an Artikel 3. Zusatzdaten dienen der Beantwortung spezifischer Fragestellungen, die beispielsweise für die Erarbeitung, die Umsetzung und die Überprüfung von Früherkennungsprogrammen, für die Evaluation der Diagnose- und der Behandlungsqualität sowie für die Gesundheitsberichterstattung erforderlich sind. Zusatzdaten werden nur auf ausdrückliche Anordnung des Bundesrates erhoben. Eine rückwirkende Erhebung ist ausgeschlossen. Die Kantone verfügen bezüglich der Festlegung der Zusatzdaten über ein Mitspracherecht (Art. 32 Abs. 3).

Nach Absatz 1 Buchstabe a kann der Bundesrat die Meldung von ergänzenden Angaben zum Krankheitsverlauf vorsehen, wie etwa von Ereignissen des Tumorgeschehens (z. B. komplette oder teilweise Remission, Stagnation oder Fortschreiten) und von Begleit- und Folgekrankheiten. Mit Hilfe dieser Daten können Fortschritte in der Behandlung von Krebserkrankungen nachgewiesen werden. Weiter sind dadurch Hinweise auf Faktoren, die den Krankheitsverlauf beeinflussen (z. B. Diagnosezeitpunkt, Alter der Betroffenen bei Diagnosestellung oder Zeitpunkt des Auftretens von Metastasen), möglich.

In Buchstabe b wird die Möglichkeit für die Erhebung von ergänzenden Angaben zur Behandlung gesetzlich verankert. Dabei handelt es sich beispielsweise um Angaben zu Behandlungsschemen, zu Folgetherapien, zu Komplikationen bei der Behandlung oder zu Therapieabbrüchen. Diese Behandlungsdaten, die im Rahmen der Behandlung oder während der Nachsorge anfallen, werden für die Messung der Behandlungs- und der Versorgungsqualität wie auch zur Darstellung allfälliger regionaler Unterschiede in den Behandlungsergebnissen benötigt. Die Daten ermöglichen auch Aussagen darüber, welche Behandlungen für welche Patientengruppen und Diagnosen durchgeführt werden und wie erfolgreich diese sind. Die Auswertungen dürfen aber keine Rückschlüsse auf einzelne an der Diagnose und der Behandlung beteiligten Gesundheitsfachpersonen oder Institutionen zulassen, es sei denn, diese haben der Weitergabe ihrer identifizierenden Daten an Organisationen, welche die Diagnose- und Behandlungsqualität evaluieren, ausdrücklich zugestimmt (vgl.

Erläuterungen zu Art. 16 Bst. a). Der Kreis der hierfür meldepflichtigen
Personen und Institutionen ist derselbe wie nach Artikel 3 Absatz 1.

Nach Buchstabe c können als Zusatzdaten auch Angaben zu Früherkennungsmassnahmen wie beispielsweise Mammographien oder Darmspiegelungen erhoben werden.

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Absatz 2 hält fest, dass Personen und Institutionen, die Zusatzdaten an das zuständige Krebsregister melden, für eventuell erforderliche Rückfragen gleichzeitig auch Angaben zu ihrer Identifikation übermitteln. Die vom Bundesrat angeordneten Zusatzdaten sind den Krebsregistern kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Gemäss Absatz 3 Buchstabe a legt der Bundesrat fest, für welche Krebserkrankungen Zusatzdaten erhoben werden müssen. Die Präzisierung der zu erhebenden Zusatzdaten erfolgt im Rahmen des Ausführungsrechts unter Beizug von Expertinnen und Experten und nach Anhörung der betroffenen Kreise. Hierbei ist das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten. Wie bei den Basisdaten nach Artikel 3 obliegt es auch hier dem Bundesrat, den Umfang der zu erhebenden und der nach Absatz 2 erforderlichen Daten sowie die Anforderungen an die Datenübermittlung festzulegen (Bst. b).

In Absatz 4 wird festgehalten, dass der Bundesrat je nach Fragestellung die Erfassung von Zusatzdaten zeitlich oder auf bestimmte Personengruppen, wie z. B. Kinder und Jugendliche, beschränken kann. Eine solche Beschränkung hat gegenüber einer kontinuierlichen uneingeschränkten Erhebung den Vorteil eines geringeren Erhebungs- und Meldeaufwands und reduziert zudem die Kosten für die Registrierung durch die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregister.

Art. 5

Information

Die Patientin oder der Patient, bei der oder bei dem eine Krebserkrankung diagnostiziert wird, beziehungsweisedie zur Vertretung berechtigte Person ist nach Absatz 1 hinreichend darüber zu informieren, dass Angaben, welche die Person sowie ihre Krebserkrankung betreffen, an das zuständige Krebsregister gemeldet und dort registriert werden. Wie in Buchstabe a festgelegt, ist die Patientin oder der Patient darüber aufzuklären, auf welche Art, zu welchem Zweck und in welchem Umfang ihre oder seine Daten durch die Krebsregister, die nationale Krebsregistrierungsstelle und das BFS bearbeitet werden. Gleichzeitig dient die Information dazu, der erkrankten Person den Nutzen der Krebsregistrierung verständlich zu machen (vgl. auch Ziff. 1.1.3). Mit Buchstabe b wird sichergestellt, dass auch über die Massnahmen informiert wird, die zum Schutz und zur Sicherheit der erhobenen Personendaten auf kantonaler und nationaler Ebene ergriffenen werden. Nach Buchstabe c ist die Patientin oder der Patient über ihr oder sein Recht zu informieren, jederzeit der Registrierung der Daten zu widersprechen (Art. 6). Dazu zählt auch die Information über das uneingeschränkte Recht, Auskunft darüber zu erhalten, ob und welche sie betreffenden Daten von welcher Stelle bearbeitet werden (Art. 7 Abs. 2). Gemäss Absatz 2 präzisiert der Bundesrat die Modalitäten und den Inhalt der abzugebenden Information. Ebenso legt er fest, zu welchem Zeitpunkt und durch wen die Information zu erfolgen hat.

Art. 6

Widerspruch

Nach Absatz 1 werden die Daten vom zuständigen Krebsregister erst dann registriert, wenn die Patientin oder der Patient beziehungsweisedie zur Vertretung berechtigte Person nach hinreichender Information nicht widersprochen hat. Betroffen sind die Basis- und die Zusatzdaten sowie die ergänzenden Daten nach Artikel 9 Absatz 2 und 3. Damit die Patientinnen und Patienten für die Ausübung ihres Widerspruchsrechts über eine angemessene Bedenkzeit verfügen, wird der Bundesrat eine Karenzfrist festlegen, bis zu deren Ablauf die kantonalen Krebsregister und das 8779

Kinderkrebsregister mit der Registrierung von bereits übermittelten Daten zuwarten müssen (Art. 10 Abs. 4). Das Widerspruchsrecht wie auch die Gewährung einer angemessenen Bedenkzeit ergeben sich aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 13 Absatz 2 BV, das jeder Person das Recht zusichert, über die Bearbeitung ihrer Personendaten grundsätzlich selber zu bestimmen.

Der Entwurf sieht davon ab, bereits die Übermittlung der Daten an das zuständige Krebsregister vom Ausbleiben eines Widerspruchs abhängig zu machen, weil aufgrund des vorliegenden Datenerhebungskonzepts einige der meldepflichtigen Stellen ­ insbesondere die Pathologieinstitute ­ keinen direkten Patientenkontakt haben.

Anzufügen ist, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Institutionen des Gesundheitswesens, die Kenntnis von einem Widerspruch haben, von der Meldepflicht nach Artikel 3 bzw. 4 befreit sind.

Absatz 2 hält fest, dass jederzeit und ohne Begründung Widerspruch erhoben werden kann. Es ist denkbar, dass im Moment der Diagnose die Frage, ob man mit der Bearbeitung von Daten im Rahmen der Krebsregistrierung einverstanden ist, nicht im Vordergrund steht. Deshalb soll die Patientin oder der Patient der Registrierung der Daten auch zu einem späteren Zeitpunkt widersprechen können. Ein Widerspruch schliesst jegliche Weiterbearbeitung der erhobenen Personendaten aus.

Bereits registrierte Daten sind unverzüglich zu anonymisieren, noch nicht registrierte Daten zu vernichten (vgl. Art. 26 Abs. 3).

Der Bundesrat regelt gestützt auf Absatz 3 das Verfahren im Fall eines Widerspruchs. Dabei muss insbesondere festgelegt werden, bei wem ein Widerspruch erhoben werden kann (Bst. a). Zu vermeiden gilt es, dass ein Widerspruch an eine Stelle gerichtet wird, die nicht unmittelbar in die Behandlung der Patientin oder des Patienten oder in die Registrierung der Daten einbezogen ist (z. B. Pathologieinstitute). In der Regel wird ein allfälliger Widerspruch bei der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt erhoben.

Festzulegen gilt es weiter, welche Daten im Fall eines Widerspruchs zu erfassen sind (Bst. b). Damit allenfalls vorhandene Registereinträge richtig zugeordnet werden können, müssen bestimmte personenidentifizierende Daten der widersprechenden Patientin oder des widersprechenden Patienten erfasst werden. Hierzu
gehören insbesondere der Name, der Wohnort und das Geburtsdatum sowie die Versichertennummer. Nicht erfasst werden demgegenüber jegliche Angaben zur Krebserkrankung.

Schliesslich gilt es sicherzustellen, dass ein Widerspruch umgehend umgesetzt wird, d. h. die bearbeiteten Daten unverzüglich anonymisiert oder vernichtet werden (Art. 26 Abs. 3). Dies bedingt, dass alle Stellen, die Daten der widersprechenden Person bearbeiten, von einem Widerspruch in Kenntnis gesetzt werden (Bst. c).

Diese Aufgabe soll der nationalen Krebsregistrierungsstelle übertragen werden, weil nur sie in der Lage ist festzustellen, welche Krebserkrankungen von einem Widerspruch betroffen sind und welche Stellen Daten der widersprechenden Person bearbeiten. Damit die nationale Krebsregistrierungsstelle diese Aufgabe wahrnehmen kann, ist sie darauf angewiesen, dass ihr ein Widerspruch gemeldet wird. Im Einzelnen werden die Abläufe deshalb wie folgt zu regeln sein: ­

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Das zuständige Krebsregister anonymisiert nach einem Widerspruch unverzüglich die bei ihm registrierten Daten der betreffenden Person und teilt den Widerspruch zusammen mit der pseudonymisierten Versichertennummer der nationalen Krebsregistrierungsstelle mit. Sind die Daten noch nicht regis-

triert, so müssen sie unverzüglich vernichtet werden (Art. 26 Abs. 3). Für die Pseudonymisierung der Versichertennummer und deren Weiterleitung an die nationale Krebsregistrierungsstelle kommt das Verfahren nach Artikel 12 Absätze 2 und 3 zur Anwendung.

­

Die nationale Krebsregistrierungsstelle stellt auf der Basis der pseudonymisierten Versichertennummer fest, welche Fälle von einem Widerspruch betroffen sind. Sie kann dies einfach und problemlos, weil alle Fälle der betroffenen Person die gleiche pseudonymisierte Versichertennummer aufweisen. Anschliessend informiert sie alle betroffenen Krebsregister sowie das BFS anhand der Fallnummer über den Widerspruch. Mehrere Fälle sind möglich, wenn eine Person zu einem späteren Zeitpunkt erneut an Krebs erkrankt und zwischen ihrer Erst- und Zweiterkrankung den Wohnkanton gewechselt hat.

­

Die betroffenen Krebsregister und das BFS vollziehen den Widerspruch unverzüglich (Art. 26).

­

Es ist zudem vorzusehen, dass die beteiligten Stellen die Daten der widersprechenden Personen getrennt von den übrigen Daten bearbeiten.

Art. 7

Anspruch auf Unterstützung und Auskunft

Damit die erkrankte Person ihre Rechte ­ beispielsweise das Widerspruchsrecht oder das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht ­ ausüben kann, ist sie darauf angewiesen, die datenbearbeitenden Stellen zu kennen. Aufgrund der föderalen Organisation der Krebsregistrierung und der Mobilität der Patientinnen und Patienten kann es im Einzelfall für die betroffene Person schwierig sein, die involvierten Krebsregister zu identifizieren. Aus diesem Grund sieht Absatz 1 vor, dass die nationale Krebsregistrierungsstelle die Patientin oder den Patienten bei der Ausübung ihrer oder seiner Rechte unterstützt, indem sie Auskunft gibt über die im konkreten Fall zu kontaktierenden Krebsregister und über die weiteren datenbearbeitenden Stellen, wie die nationale Krebsregistrierungsstelle selbst oder das BFS. Die Unterstützung soll es der nachfragenden Person ermöglichen, ihr Begehren zielgerichtet an die zuständigen Stellen richten zu können. Eine inhaltliche Auskunft über die bearbeiteten Daten kann die nationale Krebsregistrierungsstelle dagegen nicht erteilen, da sie selber nur pseudonymisierte Daten bearbeitet. Hingegen ergibt sich aus diesem Umstand eine gewisse Neutralität der nationalen Krebsregistrierungsstelle, weshalb sie besonders geeignet ist für die Unterstützung einer ratsuchenden Patientin oder eines ratsuchenden Patienten.

Absatz 2 hält fest, dass die Patientin oder der Patient Auskunft über die sie oder ihn betreffenden Daten verlangen kann. Dies befähigt sie oder ihn insbesondere zu prüfen, ob ein allfälliger Widerspruch gegen die Registrierung berücksichtigt worden ist. Auch kann sie oder er sich über den Inhalt der registrierten Daten vergewissern. Eine Einschränkung des Auskunftsrechts, wie sie das DSG oder die kantonalen Datenschutzgesetze in gewissen Fällen vorsehen, soll nicht zulässig sein. Es sind keine Gründe ersichtlich, die eine solche Einschränkung im Bereich der Krebsregistrierung rechtfertigen würden.

Der Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 steht auch der zur Vertretung berechtigten Person zu (Abs. 3).

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Art. 8

Zuständigkeit

Für eine korrekte epidemiologische Auswertung der registrierten Daten ist es wichtig sicherzustellen, dass die an Krebs erkrankte Person der Grundbevölkerung, d. h.

der ständigen Wohnbevölkerung, des geografischen Zuständigkeitsgebiets des jeweiligen kantonalen Krebsregisters angehört. Die kantonalen Krebsregister prüfen deshalb bei Eintreffen von Basis- oder Zusatzdaten nach den Artikeln 3 und 4 zunächst, ob sie für die Registrierung zuständig sind. Zuständig ist dasjenige kantonale Krebsregister, in dessen Einzugsgebiet die erwachsene Patientin oder der erwachsene Patient zum Zeitpunkt der Diagnosestellung wohnhaft ist (Abs. 1). Der für die Registrierung massgebende Wohnort ist der zivilrechtliche Wohnsitz, der vom Aufenthaltsort abweichen kann (z. B. bei Wochenaufenthalt). Diese Zuständigkeit bleibt auch dann bestehen, wenn zu einem späteren Zeitpunkt, also nach der Registrierung der Basisdaten, noch weitere Daten übermittelt werden und die betreffende Patientin oder der betreffende Patient seit der Diagnosestellung den Wohnkanton gewechselt hat. Von der Eröffnung bis zum Abschluss eines Falls, der mit der Registrierung des Todesdatums und der Todesursachen der erkrankten Person erfolgt, bleibt somit das gleiche kantonale Krebsregister zuständig. In Übereinstimmung mit internationalen Standards wird dadurch sichergestellt, dass ein Fall an dem Ort gezählt wird, an dem er aufgetreten ist, und Wohnortswechsel von Patientinnen und Patienten nicht zu einer Veränderung der Inzidenzraten führen. Erkrankt eine Person zu einem späteren Zeitpunkt erneut an Krebs und hat sie zwischen ihrer Erst- und ihrer Zweiterkrankung den Wohnkanton gewechselt, so eröffnet das kantonale Krebsregister, in dessen Einzugsgebiet die betreffende Person zum Zeitpunkt der Diagnosestellung der Zweiterkrankung wohnhaft ist, einen neuen Fall und ist für die Registrierung allfälliger Daten zu diesem Fall bis zu dessen Abschluss zuständig.

Eine Zusammenführung der Daten mehrerer voneinander unabhängiger Krebserkrankungen im Verlauf des Lebens ein und derselben Person erfolgt erst auf nationaler Ebene.

Absatz 2 hält fest, dass ein kantonales Krebsregister, das Daten zu einer Krebserkrankung einer Patientin oder eines Patienten erhält, für deren Registrierung es nicht zuständig ist, die eingegangenen Originaldaten an das zuständige kantonale Krebsregister oder an das Kinderkrebsregister weiterleitet.

Art. 9

Ergänzung und Aktualisierung der Daten

Gemäss Absatz 1 überprüft das für die Registrierung zuständige kantonale Krebsregister, ob die übermittelten Daten plausibel und vollständig sind, und ergänzt fehlende oder fragliche Daten durch Nachfragen bei den Personen und Institutionen, die diese Daten gemeldet haben.

Absatz 2 hält fest, dass die kantonalen Krebsregister über einen Abgleich mit den Daten der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister ihres Zuständigkeitsgebiets Namen, Vornamen, Versichertennummer, Wohnadresse, Geburtsdatum und Geschlecht überprüfen und ggf. aktualisieren. Überdies lassen sich auf diese Weise Eingabefehler bereinigen und fehlende Angaben ergänzen. Eine korrekte Erfassung der personenidentifizierenden Angaben ist eine zentrale Voraussetzung für eine effiziente und automatisierte Ergänzung und Aktualisierung der Daten. Die Wohnadresse wird als personenidentifizierende Angabe im kantonalen Krebsregister von den übrigen Daten getrennt bearbeitet (Art. 10 Abs. 3) und nicht an die nationale Krebsregistrierungsstelle weitergeleitet (Art. 12 Abs. 1). Stattdessen wird die BFS8782

Gemeindenummer zu den registrierten Daten hinzugefügt. Dies erlaubt die Auswertung der Daten nach Wohnregion ohne genaue Angabe der Wohnadresse. Zudem werden die Datensätze ­ in Übereinstimmung mit den entsprechenden internationalen Empfehlungen ­ durch diesen Abgleich mit den in den kantonalen und kommunalen Einwohnerregistern enthaltenen Angaben zu Geburtsort, Zivilstand und Staatsangehörigkeit ergänzt. Zusammen mit der Erfassung des Geburtsorts ermöglicht die Erhebung der Staatsangehörigkeit bei der Auswertung der Daten eine Unterscheidung nach Migrationshintergrund. Diese Variablen gehören zum minimalen Inhalt der Einwohnerregister (Art. 6 Registerharmonisierungsgesetz vom 23. Juni 200674) und müssen somit nicht von den meldepflichtigen Personen und Institutionen des Gesundheitswesens erhoben und übermittelt werden. Der Abgleich ermöglicht zudem die Ergänzung des Todesdatums, sofern die Patientin oder der Patient zum Zeitpunkt der Registrierung der Krebserkrankung bereits verstorben ist.

Das Todesdatum der erkrankten Personen ist eine essenzielle Variable zur Berechnung der Überlebensdauer. Absatz 3 ermöglicht den kantonalen Krebsregistern über einen Abgleich mit den Daten der ZAS regelmässig den Vitalstatus zu überprüfen und das ggf. vorliegende Todesdatum zu den übrigen registrierten Daten hinzuzufügen. Auch wenn Patientinnen und Patienten nach der Diagnosestellung ihren Wohnsitz wechseln, lassen sich deren Daten über den erwähnten Abgleich mit dem Todesdatum ergänzen. Das Todesdatum ist ausserdem erforderlich, um einem registrierten Datensatz die Todesursachen korrekt zuordnen zu können. Die kantonalen Krebsregister ergänzen die registrierten Daten mit den Todesursachen durch einen Abgleich mit den Daten der Todesursachenstatistik des BFS. Dabei ist es insbesondere von Bedeutung, ob die Krebserkrankung selbst oder ob eine andere Ursache zum Tod geführt hat. Mit der Vervollständigung des registrierten Datensatzes durch Daten aus der Todesursachenstatistik kommt die Registrierung des entsprechenden Krebsfalls zum Abschluss.

Absatz 4 regelt die Ergänzung und Aktualisierung der Daten nach Absatz 2 von Patientinnen und Patienten, die in jungen Jahren an Krebs erkrankt sind und gestützt auf Artikel 22 Absatz 1 vom Kinderkrebsregister bearbeitet werden. Da das Kinderkrebsregister als nationales
Krebsregister keinen Zugriff auf die Daten der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister hat, wird dieser Abgleich von den örtlich zuständigen kantonalen Krebsregistern durchgeführt. Diese leiten die ergänzten und aktualisierten Daten an das Kinderkrebsregister weiter.

Art. 10

Registrierung

Nach Absatz 1 registrieren die kantonalen Krebsregister für jede Krebserkrankung erwachsener Personen die Basisdaten nach Artikel 3 Absätze 1 und 2 und ­ wenn vorhanden ­ auch die Zusatzdaten nach Artikel 4 Absätze 1 und 2. Das örtlich zuständige kantonale Krebsregister registriert zudem die Basisdaten der Krebserkrankungen von Kindern und Jugendlichen, die das Kinderkrebsregister ihm weitergeleitet hat (Art. 22 Abs. 3). Damit wird sichergestellt, dass das zuständige kantonale Krebsregister sämtliche Krebserkrankungen erfasst, die in der Wohnbevölkerung seines Zuständigkeitsgebiets auftreten.

Ebenfalls registriert werden die nach Artikel 9 ergänzten und aktualisierten Daten, sobald dem kantonalen Krebsregister die entsprechenden Informationen vorliegen.

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SR 431.02

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Um die mit dem Gesetz angestrebte Harmonisierung der erfassten Daten zu erreichen, haben sich die kantonalen Krebsregister bei der Kodierung ihrer Daten an die Vorgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle zu halten. Unter dem Begriff der Tumorkodierung wird die systematische Beschreibung des Tumors verstanden: die Lage des Tumors im Körper (Lokalisation), das Aussehen der Tumorzellen in der histologischen oder zytologischen Untersuchung (Morphologie), das Verhalten des Tumors (z. B. gut- oder bösartig) sowie das Stadium des Tumors (so genannte TNM-Klassifikation). Die Tumorkodierung erfolgt gemäss ICD-O oder gemäss «International Classification of Childhood Cancer» (ICCC).

Nach Absatz 2 weisen die kantonalen Krebsregister jeder registrierten Krebserkrankung eine Fallnummer zu. Diese Fallnummer ist erforderlich, um im kantonalen Krebsregister die personenidentifizierenden Daten von den übrigen Falldaten getrennt bearbeiten zu können (vgl. Abs. 3). Zudem wird sie benötigt, um der nationalen Krebsregistrierungsstelle, die nicht über Namen und Vornamen der registrierten Patientinnen und Patienten verfügt, die Möglichkeit zu geben, den kantonalen Krebsregistern, wie auch dem Kinderkrebsregister, im Rahmen der Qualitätsüberprüfung der Datenregistrierung nach Artikel 19 Absatz 2 Rückfragen zu stellen. Sie ist zudem für die korrekte Umsetzung des Widerspruchsrechts von Bedeutung (vgl.

Erläuterungen zu Art. 26 Abs. 3).

Absatz 3 stellt sicher, dass die kantonalen Krebsregister die personenidentifizierenden Daten (Namen und Vornamen, Versichertennummer und Wohnadresse) zur Wahrung eines höchstmöglichen Datenschutzes von den übrigen Daten getrennt bearbeiten (vgl. Ziff. 1.2.2). Das bedeutet, dass die Krebsregister über je eine Datenbank mit personenidentifizierenden und eine mit krankheitsbezogenen Daten verfügen, die getrennt von einander bearbeitet werden.

Absatz 4 präzisiert, dass der Bundesrat festlegt, ab welchem Zeitpunkt die Daten registriert werden dürfen. Indem die Daten nicht unmittelbar nach ihrem Eingang im kantonalen Krebsregister registriert werden dürfen, steht der Patientin oder dem Patienten nach Eröffnung der Diagnose eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung, um zu entscheiden, ob sie oder er die Registrierung der eigenen Daten wünscht oder selbiger widersprechen möchte (Art. 6).

Art. 11

Nicht gemeldete Krebserkrankungen

Um die angestrebte Vollzähligkeit zu erreichen, überprüfen die kantonalen Krebsregister gemäss Absatz 1 regelmässig, ob ihnen alle Krebserkrankungen ihres Zuständigkeitsgebiets übermittelt wurden. Um nicht übermittelte Krebserkrankungen aufzufinden, werden Daten verwendet, die unabhängig von der Krebsregistrierung auf der Grundlage der entsprechenden spezialgesetzlichen Bestimmungen von Bund und Kantonen für die medizinische Statistik der Krankenhäuser, für die Früherkennungsprogramme und für die Todesursachenstatistik erhoben werden. Erfahrungsgemäss wird ­ trotz Meldepflicht ­ ein bestimmter Anteil der Krebserkrankungen erst über die Angaben aus der Todesursachenstatistik bekannt (in der wissenschaftlichen Literatur als sogenannte «Death Certificate Only [DCO]»-Fälle bezeichnet).

DCO-Fälle können beispielsweise aufgrund von Diagnosen entstehen, die noch vor der Einführung einer Meldepflicht gestellt wurden, oder auch dann, wenn die Krebserkrankung erst nach dem Tod festgestellt wird. Der DCO-Anteil stellt ein Qualitätskriterium für die Krebsregistrierung dar und sollte möglichst gering sein (unter fünf Prozent).

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Absatz 2 verpflichtet deshalb nicht nur das BFS, sondern auch die Spitäler sowie die Früherkennungsprogramme zur Meldung der erforderlichen Daten an die kantonalen Krebsregister. So haben die Spitäler die im Rahmen der Datenerhebung für die medizinische Statistik der Krankenhäuser erfassten Daten aller Patientinnen und Patienten, bei denen als Haupt- oder Nebendiagnose eine Krebserkrankung aufgeführt wird, an das jeweils zuständige kantonale Krebsregister zu melden. Damit können nicht gemeldete Krebserkrankungen erkannt und die betreffende Institution auf ihre Meldepflicht hingewiesen werden. Auch über den Abgleich mit den Daten der Krebsfrüherkennungsprogramme, die alle im Rahmen des Früherkennungsprogramms diagnostizierten Krebserkrankungen erfassen, können nicht gemeldete Krebserkrankungen erkannt und die fehlenden Angaben durch Nachfragen bei der meldepflichtigen Person oder Institution ergänzt werden. Hat die Patientin oder der Patient der Registrierung ihrer oder seiner Daten gemäss Artikel 6 widersprochen, ist das Nachfragen nicht zulässig. Die zum Auffinden nicht gemeldeter Krebserkrankungen erforderlichen Daten sind den kantonalen Krebsregistern kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Den Umfang der zu meldenden Daten sowie das entsprechende Vorgehen regelt gemäss Absatz 3 der Bundesrat.

Art. 12

Weiterleitung der Daten an die nationale Krebsregistrierungsstelle und Pseudonymisierung

Nach Absatz 1 sind die kantonalen Krebsregister verpflichtet, die nach Artikel 10 registrierten Daten ­ ohne Namen und Vornamen, Wohnadresse und Versichertennummer ­ zusammen mit der Fallnummer direkt an die nationale Krebsregistrierungsstelle weiterzuleiten. Im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzips werden das Geburts- und das Todesdatum für die Weiterleitung auf die für die statistischen Auswertungen ausreichenden Angaben zu Monat und Jahr reduziert, die Wohnadresse wird durch die amtliche Gemeindenummer des BFS ersetzt. Auf nationaler Ebene ist die Kenntnis von Namen und Vornamen, Wohnadresse sowie vollständigem Geburts- und Todesdatum der registrierten Fälle für die weitere Datenbearbeitung nicht mehr erforderlich und wäre somit unverhältnismässig (vgl. Art. 4 Abs. 2 DSG). Damit die Datensätze auf nationaler Ebene identifizierbar bleiben, was für die Zusammenführung von Datensätzen aus mehreren kantonalen Krebsregistern zu ein und derselben Person unabdingbar ist, wird die pseudonymisierte Versichertennummer als Identifikationsmerkmal verwendet. Die Pseudonymisierung erfolgt über einen vom Bund bereit gestellten, unabhängigen Pseudonymisierungsdienst (WebService).

Nach den Absätzen 2 und 3 übermitteln die kantonalen Krebsregister die Versichertennummer zusammen mit der nach Artikel 10 Absatz 2 vergebenen Fallnummer ­ nicht aber weitere Angaben zur Person oder krankheitsbezogene Daten ­ an den Pseudonymisierungsdienst, der die Versichertennummer pseudonymisiert. Anschliessend wird die pseudonymisierte Versichertennummer zusammen mit der Fallnummer an die nationale Krebsregistrierungsstelle weitergeleitet. Die nationale Krebsregistrierungsstelle ordnet mittels der Fallnummer die pseudonymisierte Versichertennummer den entsprechenden Datensätzen zu. Sie verfügt somit nicht über die Versichertennummer, kann aber dennoch den kantonalen Registern über die jeweilige Fallnummer allfällige Rückfragen zu einzelnen Krebserkrankungen stellen.

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Gleichzeitig leitet der Pseudonymisierungsdienst die Versichertennummer zusammen mit der Fallnummer an das BFS weiter. Anschliessend fügt das BFS über die entsprechende Fallnummer und die Versichertennummer mit den aufbereiteten Krebsdaten zusammen, die es von der nationalen Krebsregistrierungsstelle erhält.

Damit ist das BFS in der Lage, über die Versichertennummer die für spezifische statistische Auswertungen notwendigen Verknüpfungen der krebsbezogenen Datensätze mit weiteren, dem BFS vorliegenden Datensätzen durchzuführen (vgl.

Erläuterungen zu Art. 23 Abs. 4).

Art. 13

Bekanntgabe von Daten an Früherkennungsprogramme

Die Früherkennungsprogramme (z. B. Brustkrebs-Screening-Programme) sind für die Qualitätssicherung darauf angewiesen, dass ihnen alle Krebserkrankungen von Patientinnen und Patienten gemeldet werden, die am Früherkennungsprogramm teilgenommen haben. Artikel 13 ermöglicht den Rückfluss der dazu erforderlichen Daten. Die Kantone bestimmen den Umfang und den genauen Inhalt der Daten selber; esdürften aber insbesondere die diagnostischen Daten zur Krebserkrankung (Art. 3 Abs. 1 Bst. f) sowie allenfalls Angaben zur Erstbehandlung (Art. 3 Abs. 1 Bst. g) dazu gehören. Für die Qualitätssicherung von Früherkennungsprogrammen sind insbesondere jene Krebserkrankungen von Bedeutung, bei denen das Screening kein Verdachtsmoment ergeben hat, die jedoch in der Zeitspanne zwischen zwei Screening-Zeitpunkten diagnostiziert wurden (so genannte Intervallkrebse). Für die korrekte Personenzuordnung können die kantonalen Krebsregister den Früherkennungsprogrammen die Versichertennummer bekanntgeben.

Bedingung für diese Datenbekanntgabe ist nach Buchstabe a eine kantonale Gesetzesgrundlage. Buchstabe b verlangt zudem, dass die Daten der Patientin oder des Patienten nur dann an das betreffende Früherkennungsprogramm gelangen dürfen, wenn die Person daran teilgenommen hat.

Art. 14

Überprüfung, Erfassung und Aufbereitung der Daten

In einem ersten Schritt überprüft die nationale Krebsregistrierungsstelle nach Absatz 1 die eingehenden Daten beispielsweise auf Korrektheit der Datenabfolge (Geburtsdatum, Datum der Diagnosestellung, Datum der Erstbehandlung und Todesdatum) oder das Vorhandensein nicht möglicher Merkmalskombinationen (z. B. Gebärmutterkrebs bei einem Mann, Hodenkrebs bei einer Frau). Stellt die nationale Krebsregistrierungsstelle solche Unstimmigkeiten fest, ist eine unmittelbare Nachfrage beim zuständigen kantonalen Krebsregister erforderlich, das zu diesem Zweck die Originaldaten konsultiert. Letztere dürfen im kantonalen Krebsregister nach Artikel 26 Absatz 1 bis zu fünf Jahre nach Eingang aufbewahrt werden. Des Weiteren gewährleistet die nationale Krebsregistrierungsstelle im Zuge der Qualitätssicherung den Ausschluss von Mehrfachregistrierungen ein und desselben Falls in mehreren kantonalen Krebsregistern. Die nationale Krebsregistrierungsstelle kann anhand der pseudonymisierten Versichertennummer auf nationaler Ebene Mehrfachregistrierungen desselben Krebsfalls feststellen und bereinigt die Daten in Zusammenarbeit mit den betroffenen kantonalen Krebsregistern (vgl. Erläuterungen zu Art. 8). Zudem führt die nationale Krebsregistrierungsstelle Daten zusammen, welche dieselbe Person, aber zwei verschiedene Erkrankungen (Zweittumore) betreffen, und setzt die jeweiligen kantonalen Krebsregister oder das Kinderkrebsregister darüber in Kenntnis.

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Wie in Absatz 2 festgelegt, erfasst die nationale Krebsregistrierungsstelle die Daten, die sie von den kantonalen Krebsregistern (Art. 12 Abs. 1) und über den Pseudonymisierungsdienst (Art. 12 Abs. 3) erhalten hat, nach der Überprüfung gemäss Absatz 1 in ihrer eigenen Datenbank. Weiter obliegt ihr die Aufbereitung der bereinigten Daten, wie z. B. das Erstellen von Datenbankauszügen, die ausschliesslich die für die betreffenden Auswertungen benötigten Daten enthalten.

Nach Buchstabe a werden die Daten für statistische Auswertungen aufbereitet. Im Zentrum stehen die für das nationale Krebsmonitoring und den «Nationalen Krebsbericht» notwendigen statistischen Auswertungen. Der «Nationale Krebsbericht» wird alle vier bis fünf Jahre vom BFS gemeinsam mit der nationalen Krebsregistrierungsstelle und dem Kinderkrebsregister erarbeitet und veröffentlicht (vgl.

Ziff. 1.2.1 zur «Datenauswertung und Veröffentlichung»). Nach Buchstabe b bereitet sie weiter die Daten für die Auswertungen im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung über Krebs auf (vgl. Art. 17 Abs. 1). Die nationale Krebsregistrierungsstelle ist zudem für die Datenaufbereitung im Hinblick auf Auswertungen zur Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität zuständig (Bst. c); die Auswertung der Daten erfolgt durch die hierfür zuständigen Organisationen nach Artikel 16.

Schliesslich bereitet die nationale Krebsregistrierungsstelle die erfassten Daten für die Weiterverwendung zu Forschungszwecken auf (Bst. d).

Art. 15

Weiterleitung von Daten an das BFS

Nach Absatz 1 leitet die nationale Krebsregistrierungsstelle die Daten, die für statistische Auswertungen aufbereitet wurden (vgl. Art. 14 Abs. 2 Bst. a), zusammen mit den Fallnummern regelmässig an das BFS weiter. Nicht weitergeleitet werden die pseudonymisierten Versichertennummern. Wie in Artikel 12 Absatz 3 festgelegt ist, erhält das BFS vom Pseudonymisierungsdienst die Versichertennummern zusammen mit den Fallnummern. Das BFS ist berechtigt, die Versichertennummern zu erhalten, um mit Hilfe dieses Personenidentifikators verschiedene Datensätze nach Massgabe von Artikel 14a BStatG verknüpfen zu können (vgl. Erläuterungen zu Art. 23 Abs. 4).

Der Bundesrat bestimmt nach Absatz 2 den Umfang der Daten sowie den Zeitpunkt und die Periodizität der Datenweiterleitung. Er legt den Umfang der Daten so fest, dass das BFS seinen Grundauftrag erfüllen kann (vgl. Erläuterungen zu Art. 23 Abs. 1). Beim heutigen Stand der Wissenschaft genügen dafür die Basisdaten nach Artikel 12 Absatz 1.

Art. 16

Bekanntgabe von Daten zur Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität

Krebsregisterdaten können dank ihrer Bevölkerungsbezogenheit einen wichtigen Beitrag zur Beurteilung der Diagnose- und der Behandlungsqualität leisten (vgl.

Ziff. 1.1.3). Wie Artikel 16 festlegt, kann die nationale Krebsregistrierungsstelle die für die Evaluation der Diagnose- und Behandlungsqualität aufbereiteten Daten (vgl.

Art. 14 Abs. 2 Bst. c) auf Anfrage den zuständigen Organisationen bekanntgeben.

Solche Organisationen können beispielsweise die SGMO oder der ANQ sein.

Dadurch werden sowohl die Nutzung der Daten im Rahmen von Qualitätszirkeln als auch Leistungsvergleiche auf regionaler oder nationaler Ebene ermöglicht (vgl.

Ziff. 1.1.3). Die nationale Krebsregistrierungsstelle nimmt selber keine nichtanonymisierten Auswertungen nach Personen oder Institutionen des Gesundheitswesens 8787

vor, die an der Diagnose und Behandlung von Krebs beteiligt sind . Bedingung für die Bekanntgabe der Daten ist, dass die nach den Artikeln 3 und 4 meldepflichtigen Personen und Institutionen in die Weiterleitung der zu ihrer Identifikation erforderlichen Daten eingewilligt haben (Bst. a). Dies dient dem Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Gesundheitsfachpersonen und Institutionen. Für das Einholen der Einwilligung ist jene Organisation zuständig, welche die Daten auswerten möchte. Die Einwilligung umfasst die Berechtigung, die in der Einwilligungserklärung näher zu bezeichnenden Daten zu erhalten und auszuwerten. Im Gegensatz zur Einholung einer generellen Einwilligung im Rahmen der Datenübermittlung durch die meldepflichtigen Personen und Institutionen an die Krebsregister ermöglicht eine projektspezifische Einwilligung mehr Flexibilität bei der Wahrung der Interessen der an der Diagnose und der Behandlung beteiligten Personen und Institutionen. Buchstabe b verlangt, dass die Daten der Patientinnen und Patienten vor der Bekanntgabe an die Organisationen anonymisiert werden.

Art. 17

Gesundheitsberichterstattung und Veröffentlichung von Ergebnissen

Nach Absatz 1 ist die nationale Krebsregistrierungsstelle für die Datenauswertung und die Veröffentlichung der ausgewerteten Daten im Rahmen der Gesundheitsberichtserstattung über Krebs zuständig. Während sich die statistischen Auswertungen auf Bundesebene (Art. 23 Abs. 1) auf der Grundlage der Basisdaten (Art. 3) auf eine summarische Beschreibung der Krebsvorkommens und der grundsätzlichen Behandlungsformen in der Schweiz beschränken, dient die Gesundheitsberichterstattung der differenzierten Analyse und Beschreibung der gesundheitlichen Situation und Versorgung bestimmter Bevölkerungs- und Patientengruppen. Im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung werden die Befunde vor dem Hintergrund der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion kommentiert und Zusammenhänge zwischen der Vielzahl von Faktoren, die das Krebsgeschehen beeinflussen, sichtbar gemacht.

Dazu werden insbesondere die zur Beantwortung spezifischer gesundheitspolitischer Fragestellungen erhobenen Zusatzdaten nach Artikel 4 ausgewertet. Die Fragestellungen im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung können die Wirksamkeit von Präventions- und Früherkennungsprogrammen, regionale Unterschiede in der Diagnose-, der Behandlungs- und der Versorgungsqualität oder die Diagnose- und die Behandlungsqualität von Krebserkrankungen bei ausgewählten Bevölkerungsgruppen (z. B. bei Kindern und Jugendlichen) zum Gegenstand haben.

Gemäss Absatz 2 veröffentlicht die nationale Krebsregistrierungsstelle die wichtigsten statistischen Ergebnisse und Grundlagen in einer dem jeweiligen Zielpublikum angepassten Weise. Denkbar ist z. B. der Betrieb einer Online-Datenbank, auf der anonymisierte, aggregierte Daten einsehbar sind oder heruntergeladen werden können und so einem breiten Publikum zur Verfügung stehen.

Absatz 3 verdeutlicht, dass in den publizierten statistischen Ergebnissen und Grundlagen der Rückschluss auf Patientinnen und Patienten oder auf die meldepflichtigen Personen und Institutionen ausgeschlossen sein muss.

Art. 18

Unterstützungsmassnahmen

Die Krebsregistrierung hat hohen Datenschutzanforderungen zu genügen. Wie aus den Ausführungen zu Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe c hervorgeht, sollen von den meldepflichtigen Personen und Institutionen keine Daten an die Krebsregister gemeldet werden, die für die Krebsregistrierung nicht explizit notwendig sind.

8788

Gleichzeitig soll der Aufwand für die meldepflichtigen Personen und Institutionen möglichst gering gehalten werden. Aus diesen Gründen ist es für den Erfolg der Krebsregistrierung wichtig, auf eine höhere Strukturierung und Automatisierung des Erhebungs- und Übermittlungsprozesses hinzuwirken.

Buchstabe a verpflichtet deshalb die nationale Krebsregistrierungsstelle zur Bereitstellung von Hilfsmitteln zur Unterstützung einer einheitlichen und standardisierten Erhebung und Übermittlung der Daten durch die meldepflichtigen Personen und Institutionen. Im Falle von Übermittlungen in Papierform sind dies beispielsweise einheitliche Erhebungs- und Meldebogen. Für die langfristig priorisierte elektronische Datenübermittlung trifft die nationale Krebsregistrierungsstelle Vorkehrungen, um die einheitlich strukturierte und automatisierte Erhebung und Meldung zu begünstigen. Dies kann beispielsweise die öffentlich einsehbare Dokumentation von technischen Standards zum elektronischen Datenaustausch umfassen. Bei der Erarbeitung und Definition solcher Standards konsultiert die nationale Krebsregistrierungsstelle Vertretungen der relevanten Kreise, insbesondere der meldepflichtigen Personen und Institutionen. Demgegenüber bleibt die konkrete Umsetzung von Informatiklösungen zur Erhebung und Meldung von Daten zu Krebserkrankungen den meldepflichtigen Personen und Institutionen überlassen. Ausserdem stellt die nationale Krebsregistrierungsstelle den kantonalen Krebsregistern und dem Kinderkrebsregister bei Bedarf für die Datenregistrierung geeignete Hilfsmittel, insbesondere Software, zur Verfügung.

Buchstabe b legt fest, dass die für die Information der Patientinnen und Patienten (Art. 5) erforderlichen Unterlagen wie z. B. Informationsbroschüren oder internetbasierte Informationen ebenfalls durch die nationale Krebsregistrierungsstelle zur Verfügung gestellt werden. Zudem erstellt sie die Unterlagen, welche für das Ausüben des Widerspruchsrechts nach Artikel 6 erforderlich sind.

Art. 19

Sicherstellung der Datenqualität

Die einheitliche und korrekte Kodierung der Daten ist für die Harmonisierung der Krebsregistrierung und die Vergleichbarkeit der registrierten Daten in der Schweiz unabdingbar. Aus diesem Grund legt die nationale Krebsregistrierungsstelle die Datenstruktur fest und gibt die auf internationalen Empfehlungen basierenden Kodierungsstandards vor (vgl. Erläuterungen zu Art. 10 Abs. 1). Zu diesem Zweck sorgt die nationale Krebsregistrierungsstelle für die Erstellung von Tumorhandbüchern, die Vorgaben für die Erfassung und die Codierung sowie Richtlinien für die Krebsregistrierung in der Schweiz enthalten (Abs. 1).

Die Qualität der Datenregistrierung durch die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregister spielt für die Aussagekraft der erfassten Daten eine entscheidende Rolle. Absatz 2 überträgt die Aufgabe der Qualitätsüberprüfung der nationalen Krebsregistrierungsstelle. Dazu gehören beispielsweise regelmässig erfolgende Ringversuche, in deren Rahmen alle Krebsregister dieselben Originaldaten (Fallbeispiele) zur Kodierung erhalten. Dabei wird überprüft, inwiefern Zuordnung und Kodierung identisch ausgeführt werden. Beim Überprüfen der Datenqualität in der alltäglichen Praxis berücksichtigt die nationale Krebsregistrierungsstelle die international etablierten Qualitätsindikatoren der Krebsregistrierung. Dazu zählen Richtigkeit, Vollzähligkeit, Vollständigkeit und Aktualität der registrierten Daten (vgl. auch Ziff. 1.2.1). Die nationale Krebsregistrierungsstelle ist berechtigt, dazu die Daten der kantonalen Krebsregister oder des Kinderkrebsregisters stichprobenweise einzuse8789

hen. Dies betrifft sowohl die Register- als auch die Originaldaten. Zur Gewährleistung des Datenschutzes sind dabei einerseits Nach- und Vorname, Wohnadresse und Versichertennummer der Patientin oder des Patienten und andererseits die Angaben zu den meldepflichtigen Personen und Institutionen vom Einsichtsrecht ausgenommen. Zum Prozess des Überprüfens gehören auch das Rückmelden der Ergebnisse und ein fachlicher Austausch darüber.

Nach Absatz 3 kann die nationale Krebsregistrierungsstelle die Aus- und die Weiterbildung des Personals der kantonalen Krebsregister durch Beratungs- und Schulungsleistungen unterstützen. Darunter fällt beispielsweise das Angebot von geeigneten Schulungen im Bereich der Klassierung und Kodierung von Krebserkrankungen.

Die Aufsicht über die kantonalen Krebsregister ist nach Artikel 32 Absatz 1 Sache der Kantone. Die nationale Krebsregistrierungsstelle kann die Kantone in fachlichen Fragen der Aufsicht unterstützen (Abs. 4). Sollte sie im Rahmen ihrer Überprüfung nach Absatz 2 auf Qualitätsmängel stossen, welche die kantonalen Krebsregister nicht korrekt beheben, kann sie die kantonale Aufsichtsbehörde darauf aufmerksam machen.

Art. 20

Information der Bevölkerung

In Ergänzung zu Artikel 5, der die Information von Betroffenen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung regelt, stellt dieser Artikel sicher, dass die gesamte Bevölkerung regelmässig mit geeigneten Kommunikationsmassnahmen über die Ziele und Zwecke der Krebsregistrierung in der Schweiz (vgl. Ziff. 1.1.1 und 1.1.3) sowie über die Arbeitsweise der Krebsregister informiert wird. Damit soll erreicht werden, dass die Krebsregistrierung der breiten Öffentlichkeit allgemein bekannt ist. Nach Absatz 1 obliegt diese Informationstätigkeit der nationalen Krebsregistrierungsstelle. Die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregister werden ihrerseits gesetzlich nicht dazu verpflichtet, die Bevölkerung über ihre Tätigkeit zu informieren; sie koordinieren etwaige eigene Tätigkeiten jedoch sinnvollerweise mit denjenigen der nationalen Krebsregistrierungsstelle.

In Absatz 2 werden die Inhalte der Information näher umschrieben. Nach Buchstabe a müssen die abgegebenen Informationen Angaben darüber enthalten, aus welchen Gründen Krebserkrankungen registriert werden, welche Daten für die Krebsregistrierung zu erheben sind und auf welche Weise sie durch die Krebsregister bearbeitet werden. Zudem sollen sie darüber Aufschluss geben, welche Bedingungen die kantonalen Krebsregister, das Kinderkrebsregister und die nationale Krebsregistrierungsstelle bei der Datenbearbeitung einhalten müssen. Dies betrifft beispielsweise die Einhaltung der kantonalen Datenschutzbestimmungen und die Wahrung des Berufsgeheimnisses, zu der alle Mitarbeitenden der Krebsregister verpflichtet sind (vgl. Ziff. 1.2.2. sowie Erläuterungen zu Art. 29). Zudem ist die Bevölkerung über den Ablauf der Krebsregistrierung zu informieren. Nach Buchstabe b hat die Information ausdrücklich auch die Rechte der Patientinnen und Patienten zu thematisieren. Darunter fällt z. B. das Recht, der Registrierung von Daten zu widersprechen (Art. 6). Zudem informiert die nationale Krebsregistrierungsstelle über ihre Unterstützung von Patientinnen und Patienten nach Artikel 7 Absatz 1 zur Wahrnehmung ihrer Rechte. Des Weiteren wird die Bevölkerung über das Recht auf Einsichtnahme in die Daten informiert, die im Krebsregister zur eigenen Person und Erkrankung registriert sind(vgl. Art. 7 Abs. 2).

8790

Um den besonderen Anforderungen an die Sensibilität im Bereich der Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen Rechnung tragen zu können, zieht die nationale Krebsregistrierungsstelle gemäss Absatz 3 das Kinderkrebsregister bei der Erarbeitung der Information bei.

Art. 21

Internationale Zusammenarbeit

Die nationale Krebsregistrierungsstelle kann gemäss Absatz 1 mit ausländischen Institutionen und mit internationalen Organisationen im Bereich der Krebsepidemiologie und -registrierung zusammenarbeiten. Dies sind beispielsweise die Iarc, die IACR und das ENCR oder auch überstaatliche Netzwerke wie die «Group for Epidemiology and Cancer Registry in Latin Language Countries» (GRELL). Die Zusammenarbeit kann auch die Mitwirkung an internationalen Forschungsprojekten oder den fachlichen Austausch im Rahmen von Expertenkonferenzen umfassen.

Die nationale Krebsregistrierungsstelle kann an internationalen Studien wie beispielsweise «Eurocare»75, «Concord»76 und «Cancer Incidence in 5 Continents»77 teilnehmen und die Schweizer Daten an die verantwortlichen Stellen übermitteln.

Absatz 2 ermächtigt sie dazu und schreibt gleichzeitig vor, dass die aufbereiteten Daten anonymisiert sein müssen.

Art. 22

Kinderkrebsregister

Das Kinderkrebsregister ist für die Registrierung und die Auswertung der Daten von Patientinnen und Patienten zuständig, die in jungen Jahren an Krebs erkranken (vgl.

Erläuterungen zu Abs. 2). Die meldepflichtigen Personen und Institutionen (Art. 3 und 4) melden die Daten von Kindern und Jugendlichen direkt an das Kinderkrebsregister. Dieses ist nach Absatz 1 Buchstabe a für die Zuständigkeitsprüfung und nach Absatz 1 Buchstabe b für die Ergänzung oder die Berichtigung der Daten verantwortlich. Das Kinderkrebsregister kann zu diesem Zweck Nachfragen direkt an die meldepflichtigen Personen richten (Art. 9 Abs. 1). Es ist zudem für die Ergänzung und die Aktualisierung des Todesdatums durch einen Abgleich mit den Daten der ZAS und der Todesursachen durch einen Abgleich mit den Daten der Todesursachenstatistik des BFS zuständig (Art. 9 Abs. 3). Die Ergänzung und Aktualisierung der Daten mit denjenigen der kantonalen und der kommunalen Einwohnerregister erfolgt via das örtlich zuständige kantonale Krebsregister (vgl. Erläuterungen zu Art. 9 Abs. 4).

Das Kinderkrebsregister ist gemäss Absatz 1 Buchstabe c für die Registrierung der Daten nach Artikel 10 zuständig, wobei sich die Kodierung nach den besonderen Standards im Bereich der pädiatrischen Onkologie (ICCC-Standard) richtet. Dabei 75

76

77

Europäische registerbasierte Studie zum Überleben von Krebspatienten «European cancer registry-based study on survival and care of cancer patients» (Eurocare), welche 1989 erstmals durchgeführt wurde. In der laufenden fünften Auflage (Eurocare-5) werden die Daten von über 22 Millionen Krebsdiagnosen aus 112 Krebsregistern in 29 europäischen Ländern ausgewertet. Weitere Informationen unter: www.eurocare.it.

Die Concord-Studie begann 1999 als Ausweitung von Eurocare. In der laufenden zweiten Ausgabe (Concord-2) werden Daten zu ausgewählten Krebserkrankungen aus über 160 Krebsregistern in 50 Ländern aller fünf Kontinente ausgewertet. Weitere Informationen unter: www.lshtm.ac.uk.

Internationale Studie zur Häufigkeit von Krebsneuerkrankungen (Krebsinzidenz). Die jüngste Ausgabe von «Cancer Incidence in Five Continents» (CI5 Vol IX) enthält Daten aus 255 Krebsregistern in 60 Ländern. Weitere Informationen unter: htpp://ci5.iarc.fr.

8791

gelten dieselben Anforderungen bezüglich der Datenbearbeitung wie für die kantonalen Krebsregister (vgl. insbesondere Art. 10 Abs. 3).

Gemäss Absatz 1 Buchstabe d überprüft das Kinderkrebsregister regelmässig, ob es Krebserkrankungen von jungen Patientinnen und Patienten gibt, die ihm nicht gemeldet worden sind (Art. 11 Abs. 1), wobei die Spitäler und das BFS verpflichtet sind, dem Kinderkrebsregister die nach Artikel 11 Absatz 2 erforderlichen Daten zu liefern (Abs. 4). Für die Früherkennungsprogramme besteht gegenüber dem Kinderkrebsregister keine Pflicht zur Übermittlung von Daten, weil für junge Patientinnen und Patienten keine derartigen Programme bestehen.

Nach Absatz 1 Buchstabe e ist das Kinderkrebsregister für die Aufbereitung der Daten im Sinn von Artikel 14 Absatz 2 zuständig. Gleiches gilt für die Auswertung und die Veröffentlichung der aufbereiteten Daten im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung über Krebserkrankungen von Kindern und Jugendlichen und die Veröffentlichung der statistischen Ergebnisse und Grundlagen nach Artikel 17 (Abs. 1 Bst. f). Es ist sinnvoll, dass das Kinderkrebsregister die Auswertungen der Zusatzdaten für die Gesundheitsberichterstattung selber vornimmt, da hierfür spezifische Fachkenntnisse erforderlich sind (vgl. Ziff. 1.2.1 zur «Registrierung»). Die Auswertung und die Veröffentlichung der Basisdaten in Form des «Nationalen Krebsberichts» erfolgt gemeinsam mit dem BFS und der nationalen Krebsregistrierungsstelle (Art. 23 Abs. 1).

Das Kinderkrebsregister stellt gemäss Absatz 1 Buchstabe g den meldepflichtigen Personen und Institutionen die erforderlichen Hilfsmittel sowie die Patienteninformationen zur Verfügung (Art. 18). Da die pädiatrische Onkologie ein international vernetztes, hochspezialisiertes Wissens- und Forschungsfeld darstellt, ist das Kinderkrebsregister gemäss Absatz 1 Buchstabe h für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Kinderkrebsregistrierung zuständig (Art. 21).

Nach Absatz 2 legt der Bundesrat die Altersgrenze unter Berücksichtigung internationaler Standards genauer fest (vgl. Ziff. 1.2.1). Eine einmal begründete Zuständigkeit des Kinderkrebsregisters bleibt bis zum Tod der Patientin oder des Patienten bestehen. Demzufolge aktualisiert und ergänzt das Kinderkrebsregister auch Daten von Personen, die mittlerweile das
Erwachsenenalter erreicht haben. Im Erwachsenenalter neu auftretende Krebserkrankungen werden demgegenüber vom zuständigen kantonalen Krebsregister registriert.

Das Kinderkrebsregister leitet die registrierten Basisdaten in periodischen Abständen an das örtlich zuständige kantonale Krebsregister weiter (Abs. 3). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz der Patientin oder des Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung. Damit ist gewährleistet, dass die kantonalen Krebsregister über die Daten aller erfassten Krebsneuerkrankungen ihres Einzugsgebiets verfügen, unabhängig vom Alter der Betroffenen bei der Diagnosestellung, und dass sie diese gesamthaft auswerten können.

Art. 23

Aufgaben des Bundesamts für Statistik

Das BFS wird als Fachamt des Bundes für Statistik entsprechend seinem Kernauftrag mit den statistischen Auswertungen zu den Krebserkrankungen in der Schweiz beauftragt (Krebsmonitoring), darunter fällt auch die Erarbeitung des «Nationalen Krebsberichts» (Abs. 1). Die nationale Krebsregistrierungsstelle und das Kinderkrebsregister unterstützen das BFS in dieser Aufgabe. Die Analyse der Daten und 8792

das Verfassen von Berichten stützen sich auf das BStatG und auf die Regeln guter statistischer Praxis (Code of Practice)78.

Absatz 2 verpflichtet das BFS dazu, den Krebsregistern die Daten zur Verfügung zu stellen, die für den Abgleich mit den Daten der Todesursachenstatistik zur Ergänzung der Datensätze mit den Todesursachen (Art. 9 Abs. 3) erforderlich sind.

Absatz 3 bestimmt, dass das BFS die Daten aller Personen, die nach den Angaben der Todesursachenstatistik an Krebs verstorben sind, für die Erfassung nicht gemeldeter Krebserkrankungen und die Berechnung des Anteils der DCO-Fälle (vgl.

Erläuterungen zu Art. 11) an die Krebsregister weiterleitet. Die Daten der Todesursachenstatistik werden vom BFS selbst erhoben. Nach BStatG sind statistische Daten nur in anonymisierter Form an Dritte abzugeben, die Absätze 2 und 3 definieren also eine Ausnahme zu den Regeln des BStatG.

Laut Artikel 14a BStatG kann das BFS zur Erfüllung seiner statistischen Aufgaben Daten miteinander verknüpfen, wenn diese anonymisiert werden. Gemäss Artikel 13i der Statistikerhebungsverordnung dienen Datenverknüpfungen der Beschaffung statistischer Informationen unter Vermeidung von ­ zusätzlichen ­ Erhebungen. Gleichzeitig dürfen Datenverknüpfungen nur insoweit durchgeführt werden, als sie für statistische Arbeiten geeignet und notwendig sind. Um Missbräuche zu verhindern, schreibt Artikel 6 der Datenverknüpfungsverordnung vom 17. Dezember 201379 dem BFS vor, verschiedene technische, prozedurale und organisatorische Vorkehrungen für die Datenverknüpfungen detailliert zu regeln. Das BFS setzt diese Vorgabe im Laufe der Jahre 2014 und 2015 um. Da es sich bei den im Rahmen der Krebsregistrierung erfassten Daten um besonders schützenswerte Personendaten handelt, sind die verknüpften Daten nach Abschluss der statistischen Auswertungen zu löschen.

Absatz 4 schränkt dieses generelle Recht des BFS, dieDaten aus der Krebsregistrierung mit andern statistischen Daten zu verknüpfen, zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen auf statistische Auswertungen im Bereich der Gesundheit ein. Konkret sind Datenverknüpfungen vor allem für die Bereitstellung von statistischen Informationen zu den auslösenden Faktoren bestimmter Krebserkrankungen von Interesse. Dabei ist an verhaltensgebundene Risikofaktoren (Tabak, Alkohol,
Bewegungsmangel und Übergewicht), an Risikofaktoren aus der Umwelt (Strahlenbelastung, Luftschadstoffe usw.) und an die Bedeutung von sozio-ökonomischen Gesundheitsdeterminanten zu denken. Diese Daten können verschiedensten Quellen und Erhebungen entnommen werden, zum Beispiel der Schweizerischen Gesundheitsbefragung, aber auch den Umweltmessungen des Radonkatasters des BAG. Wichtige Gesundheitsdeterminanten auf Ebene der Personenmerkmale ­ z. B.

Alter und Geschlecht ­ werden bereits mit den Basisdaten erhoben. Weitere Determinanten, wie zum Beispiel die Bildung oder der Beruf und der sozio-ökonomische Status, die ebenfalls durch Verknüpfung mit Daten aus anderen Erhebungen des BFS ergänzt werden können, sind wichtig, um Präventions- und Früherkennungsmassnahmen zielgruppenspezifisch ausrichten zu können.

Ausgangspunkt für Verknüpfungen dürfen nur gesundheitsbezogene Fragen zu Krebserkrankungen darstellen. Die Daten aus der Krebsregistrierung dürfen folglich nicht in anderen Statistikbereichen, etwa der Einkommensstatistik, der Armutsstatis78 79

Abrufbar unter: www.bfs.admin.ch > Institutionen > Öffentliche Statistik > EUVerhaltenscodex SR 431.012.13

8793

tik oder der Migrationsstatistik verwendet werden. Ebenfalls unzulässig sind Verknüpfungen, die administrativen Zwecken dienen.

Absatz 4 enthält zudem eine prozedurale Bestimmung, nach der Datenverknüpfungen mit Krebsregisterdaten erst nach Anhörung der betroffenen Bundesstellen, z. B.

BAG oder EDÖB, durchgeführt werden dürfen.

Art. 24

Forschung

Die Erhebung, die Registrierung und die statistische Auswertung der Basis- und der Zusatzdaten erfolgt im Auftrag des Gemeinwesens und wird durch öffentliche Mittel finanziert. Die Öffentlichkeit, namentlich die Forschung, soll daher grundsätzlich Zugang zu den erhobenen Daten erhalten. Absatz 1 stellt klar, dass Forscherinnen und Forscher im Bereich Krebs sowohl von den kantonalen Krebsregistern oder vom Kinderkrebsregister als auch von der nationalen Krebsregistrierungsstelle und dem BFS unterstützt werden.

In erster Linie erfolgt die Unterstützung, indem die vorgenannten Stellen die Basisund die Zusatzdaten in anonymisierter Form auf Anfrage zur Verfügung stellen (Abs. 2). Voraussetzung hierfür ist, dass die Daten zu Forschungszwecken verwendet werden. Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die Gesuchseinreichung sowie an die korrekte und sichere Anonymisierung (vgl. Erläuterungen zu Art. 26).

Die kantonalen Krebsregister, das Kinderkrebsregister und die nationale Krebsregistrierungsstelle können eigene Forschungsprojekte durchführen und zu diesem Zweck ihre Daten bearbeiten (Abs. 3). Zudem können sie zusätzliche Daten erheben und diese mit den bereits registrierten Daten zusammenführen und übergreifend auswerten. So kann beispielsweise ein Krebsregister aus freiwilligen Zusatzbefragungen Angaben zum Risikoverhalten von Patientinnen und Patienten (zu Themen wie Tabak, Alkohol, Bewegungsmangel, Ernährungsgewohnheiten, Exposition z. B.

Feinstaub, Sonnenstrahlung) oder zu den Spätfolgen von Krebstherapien erhalten und sie mit den bereits registrierten Daten zusammenführen. Oder die nationale Krebsregistrierungsstelle kann ergänzende Sachdaten (z. B. zu Radon, zur Feinstaubbelastung) mit Hilfe der Gemeindenummer mit den vorhandenen Daten zusammenführen und auswerten. Der Zweck dieser Bestimmung ist einzig die Erfüllung einer Anforderung aus der Datenschutzgesetzgebung: Sie dient als gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung der registrierten Daten sowie der allenfalls zusätzlich erhobenen Daten. Zusätzlich zu beachten sind weitere gesetzliche Anforderungen an die Erhebung oder die Weiterverwendung von Personendaten zu Forschungszwecken (vgl. Abs. 4). Die Finanzierung dieser Forschungsaktivitäten erfolgt über Beiträge der Institutionen der Forschungsförderung (z. B. des Schweizerischen
Nationalfonds oder von Stiftungen zur Förderung der Krebsforschungen) oder durch die Auftraggeber (z. B. Aufträge von Verwaltungseinheiten des Bundes im Rahmen der Ressortforschung).

Absatz 4 stellt klar, dass für die Erhebung von zusätzlichen gesundheitsbezogenen Personendaten sowie für deren Weiterverwendung oder deren anderweitige Bearbeitung zu Forschungszwecken die Bestimmungen des HFG gelten. Gleiches gilt auch für die Forschung mit registrierten Daten. Insbesondere sind die Bestimmungen über die Aufklärung und die Einwilligung der betroffenen Personen (Art. 7, 16 bzw. 33 HFG) sowie über die Bewilligung des Forschungsprojekts durch die zuständigen Ethikkommission (Art. 45 Abs. 1 Bst. a HFG) zu beachten. Hiervon ausgenommen sind indessen die Forschung mit anonymisierten Daten (Art. 2 Abs. 2 Bst. c HFG) 8794

sowie Auswertungen der registrierten Basis- und Zusatzdaten durch die kantonalen Krebsregister im Rahmen von Artikel 32 Absatz 5.

Die Vorgaben des HFG sind ebenfalls zu beachten, wenn die Basis- oder die Zusatzdaten in nicht anonymisierter Form zur Weiterverwendung zu Forschungszwecken an Dritte (Forschende) bekanntgegeben werden. Die Bekanntgabe von unverschlüsselten Basis- oder Zusatzdaten ohne Einwilligung der betroffenen Personen im Sinn von Artikel 33 Absatz 1 HFG ist nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von Artikel 34 HFG möglich; erforderlich ist hierfür die Bewilligung der zuständigen Ethikkommission für die damit verbundene Offenbarung des Berufsgeheimnisses (Art. 45 Abs. 1 Bst. b HFG).

Art. 25

Förderung der Registrierung anderer Krankheiten

Mit der neuen gesetzlichen Grundlage wird auch die Registrierung von Daten zu anderen stark verbreiteten oder bösartigen Krankheiten als Krebs gefördert (Art. 1 Bst. b sowie Ziff. 1.3.1). Dazu kann der Bund für die Erhebung und die Weitergabe gesundheitspolitisch relevanter Daten Finanzhilfen gewähren.

Um eine finanzielle Unterstützung vom Bund zu erhalten, müssen verschiedene Bedingungen kumulativ erfüllt sein. Die von den Registern erfassten Daten müssen einem oder mehreren der in Artikel 2 genannten Zwecke dienen (Abs. 2 Bst. a).

Zudem müssen die Register über ein geeignetes Qualitätssicherungssystem verfügen (Abs. 2 Bst. b). Nicht berücksichtigt werden Register, die nur Fälle von einzelnen Gesundheitsfachpersonen oder Institutionen enthalten, da diese keine gesamtschweizerischen Auswertungen oder Hochrechnungen erlauben (Abs. 2 Bst. c Ziff. 1). Die erfassten Daten müssen zudem für die Gesundheitsberichterstattung von Bedeutung sein (Abs. 2 Bst. c Ziff. 2). Die finanzielle Unterstützung von Registern zu seltenen Krankheiten ist zudem nur dann möglich, wenn die erfassten Krankheiten bösartig sind und die internationale Vergleichbarkeit der erhobenen Daten gewährleistet ist (Abs. 3). Nach Absatz 4 leiten die Register ihre Daten an die für die Gesundheitsberichterstattung zuständigen Stellen weiter. Art und Weise sowie die Fristen der Weitergabe werden in den entsprechenden Leistungsverträgen geregelt. Um die Persönlichkeitsrechte zu schützen, wird zudem festgehalten, dass die Daten nur in anonymisierter Form übermittelt werden, so dass weder auf die im Register erfassten Personen, noch auf Behandelnde oder auf Personen und Institutionen, die dem Register Daten übermittelt haben, Rückschlüsse gezogen werden können.

Die Konkretisierung der Voraussetzungen für die Gewährung der Finanzhilfen und das administrative Verfahren werden vom Bundesrat auf Verordnungsstufe geregelt (Abs. 5).

Art. 26

Datenvernichtung und Anonymisierung

Sobald die kantonalen Krebsregister oder das Kinderkrebsregister die von den meldepflichtigen Personen und Institutionen übermittelten Daten registriert haben und die Überprüfung der Registrierungsqualität durch die nationale Krebsregistrierungsstelle nach Artikel 19 Absatz 2 erfolgt ist, besteht keine Notwendigkeit mehr zur weiteren Aufbewahrung der «Originalmeldungen». Diese liegen beispielsweise als Papierformulare, in eingescannter Form oder in anderen digitalen Formaten vor und enthalten in der Regel personenidentifizierende Angaben wie Namen oder Versichertennummer. Absatz 1 sieht deshalb vor, dass die übermittelten Daten nach 8795

Abschluss der Qualitätsprüfung, spätestens aber fünf Jahre nach deren Eingang bei den Krebsregistern, zu vernichten sind.

Sobald es der Zweck der Datenbearbeitung erlaubt, sind die datenbearbeitenden Stellen nach Absatz 2 verpflichtet, die bei ihnen vorhandenen Daten zu anonymisieren. Um retrospektive Untersuchungen mit Daten von bereits verstorbenen Patientinnen und Patienten zu ermöglichen, ist eine absolute Frist von 30 Jahren nach dem Tod der Patientin oder des Patienten für die Anonymisierung der Daten vorgeschrieben. Wenn beispielsweise Umweltverschmutzungen mit krebserregenden Substanzen erst Jahrzehnte nach dem entsprechenden Ereignis aufgedeckt werden, können zur Einleitung von möglicherweise notwendigen Gesundheitsschutzmassnahmen retrospektive Untersuchungen erforderlich sein, um festzustellen, ob Zusammenhänge bestehen zwischen dem entsprechenden Ereignis und der Krebshäufigkeit in der betroffenen Region sowie der Sterblichkeit der betroffenen Bevölkerung. Für derartige Untersuchungen, ist es entscheidend, nachvollziehen zu können, an welchem Ort die an Krebs erkrankten Personen zum Zeitpunkt des Ereignisses wohnhaft waren. Den Wohnort erkrankter Personen in einem Zeitraum von bis zu 30 Jahren nach ihrem Tod nachvollziehen zu können, ist auch dann erforderlich, wenn beispielsweise eine vermutete Häufung von Krebserkrankungen im Umkreis einer industriellen Anlage überprüft werden soll. Mit Studien dieser Art lässt sich die Exposition von Personen gegenüber einer gefährlichen Substanz oder einem anderen gefährlichen Faktor abschätzen. Es kann sich um Substanzen handeln, die heute noch unbekannt sind, und die auch aus der natürlichen Umgebung stammen können.

Schadstoffeinflüsse lassen sich ausschliesslich mit retrospektive Studien untersuchen, da die Bevölkerung nicht wissentlich prospektiv schädlichen Substanzen ausgesetzt werden darf. Ein Vorteil retrospektiver Studien ist, dass generell grössere Fallzahlen zur Verfügung stehen und die Aussagen somit von höherer statistischer Aussagekraft sind.

Widerspricht eine Patientin oder ein Patient der Registrierung ihrer oder seiner Daten, so müssen die kantonalen Krebsregister, das Kinderkrebsregister, die nationale Krebsregistrierungsstelle sowie das BFS alle bereits registrierten Daten der betreffenden Person unverzüglich, d. h. ohne
zeitliche Verzögerung, anonymisieren (Abs. 3 Bst. a). Eine Löschung bereits registrierter Daten ist im Fall eines nachträglichen Widerspruchs nicht möglich, da dadurch bereits durchgeführte Auswertungen verfälscht werden. Wird der Widerspruch geltend gemacht, bevor die Daten registriert worden sind, müssen die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregister die «Originalmeldungen» hingegen unverzüglich vernichten und auf eine Registrierung verzichten (Abs. 3 Bst. b).

Die Anforderungen an eine korrekte und sichere Anonymisierung regelt der Bundesrat (Abs. 4). Daten gelten als anonymisiert, wenn der Personenbezug irreversibel aufgehoben ist, d. h. wenn die Daten nicht oder nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft der betreffenden Person zugeordnet werden können. Grundsätzlich zu löschen sind sämtliche personenidentifizierenden Daten wie Namen, das genaue Geburtsdatum, das Todesdatum, eindeutig identifizierende Nummern (Versichertennummer, Fallnummer) und die genaue Wohnadresse.

8796

Art. 27

Versichertennummer

Der Gesetzgeber hat bei der Einführung der Versichertennummer nach Artikel 50c AHVG in Artikel 50e AHVG eine Schnittstelle für eine weitere Verwendungsmöglichkeit dieser Nummer ausserhalb der Sozialversicherungen geschaffen, sofern die jeweiligen Spezialgesetze auf Stufe Bund oder Kantone eine solche Verwendung vorsehen. Nach dieser Bestimmung kann die Versichertennummer ausserhalb der Sozialversicherung des Bundes nur dann systematisch verwendet werden, wenn ein Bundesgesetz dies vorsieht und der Verwendungszweck sowie die Nutzungsberechtigten bestimmt sind. Mit Artikel 27 wird die erforderliche Grundlage für die systematische Verwendung der Versichertennummer im Bereich der Krebsregistrierung geschaffen. Die Bestimmung legt die Nutzungsberechtigten fest und beschreibt den Verwendungszweck. Sie entspricht damit den Vorgaben des AHVG.

Art. 28

Verhältnis zum Humanforschungsgesetz

Die Datenbearbeitung der meldepflichtigen Personen (Art. 3 bzw. 4), der kantonalen Krebsregister, des Kinderkrebsregisters, der nationalen Krebsregistrierungsstelle, der Früherkennungsprogramme (Art. 11 Abs. 2) und des BFS, die sich auf die Artikel 3­23 sowie 32 Absatz 5 stützen, unterliegen nicht den Bestimmungen des HFG.

Der Entwurf des KRG gilt in diesem Sinn als Lex specialis im Verhältnis zum HFG.

Zu den insofern privilegierten Tätigkeiten gehören namentlich die Erhebung, die Meldung, die Registrierung, die Weiterleitung und die Auswertung von Daten zu Krebserkrankungen. Hierfür ist keine Bewilligung einer kantonalen Ethikkommission erforderlich. An Stelle der aufgeklärten Einwilligung der Patientinnen und Patienten tritt die Gewährung des Widerspruchsrechts gegen die Registrierung nach hinreichender Information.

Tätigkeiten im Bereich der Forschung, die über die in den Artikeln 3­23 sowie 32 Absatz 5 festgelegten Aufgaben hinausgehen, unterliegen demgegenüber den einschlägigen Bestimmungen des HFG (vgl. Erläuterungen zu Art. 24). Dies gilt namentlich für weitergehende Datenbearbeitungsvorgänge im Rahmen von Forschungsprojekten durch die kantonalen Krebsregister oder das Kinderkrebsregister.

Art. 29

Schweigepflicht

Diese Bestimmung unterstellt sämtliche Personen, die mit dem Vollzug des Gesetzes beauftragt sind, der Schweigepflicht. Diese erstreckt sich sowohl auf die im öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis stehenden Mitarbeitenden und die Milizmitglieder der Vollzugsorgane wie auch auf allenfalls für die Erfüllung spezieller Aufgaben (z. B. die Evaluation) beigezogene Private. Die Schweigepflicht gilt auf Bundesebene und für kantonale Vollzugsorgane (in erster Linie die Krebsregister).

Bei einer Verletzung der Schweigepflicht können die Artikel 320 StGB (Verletzung des Amtsgeheimnisses) oder allenfalls auch 321bis StGB (Berufsgeheimnis in der Forschung am Menschen) zur Anwendung kommen.

Art. 30

Datenbekanntgabe

Damit der Vollzug des Krebsregistrierungsgesetzes koordiniert erfolgen kann, ist die gegenseitige Bekanntgabe von Daten zwischen den Vollzugsbehörden in der Schweiz unerlässlich. Diese Datenbekanntgabe soll deshalb mit Artikel 30 ermöglicht werden, allerdings nur dann, wenn dies für die Erfüllung der nach diesem 8797

Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Der Bundesrat kann dazu im Ausführungsrecht nähere Regelungen erlassen. Zu den am Vollzug beteiligten Stellen zählen in erster Linie die kantonalen Krebsregister, das Kinderkrebsregister, die nationale Krebsregistrierungsstelle und das BFS.

Art. 31

Bund

Es ist nach Absatz 1 Sache des Bundes, diejenigen Stellen zu führen, die auf nationaler Ebene Aufgaben wahrnehmen. Es handelt sich dabei um die nationale Krebsregistrierungsstelle (Bst. a), um das Kinderkrebsregister (Bst. b) sowie um den Pseudonymisierungsdienst (Bst. c) (vgl. Erläuterungen zu Art. 12).

Der als Web-Service ausgestaltete Pseudonymisierungsdienst muss aus naheliegenden Gründen administrativ und organisatorisch von an der Krebsregistrierung beteiligten Stellen unabhängig sein (Abs. 2). Die Abläufe müssen so ausgestaltet werden, dass der Pseudonymisierungsdienst keine krankheitsbezogenen Daten bearbeitet.

Da die nationale Krebsregistrierungsstelle und das Kinderkrebsregister in ihren Zuständigkeitsbereichen sowohl die erforderlichen Hilfsmittel für die Erhebung und die Meldung der Daten als auch die Unterlagen, die der Information der Patientinnen und Patienten sowie der Erhebung eines Widerspruchs dienen, zur Verfügung stellen (Art. 18 und 22 Abs. 1 Bst. g), sieht Absatz 3 eine entsprechende Koordination vor: Die nationale Krebsregistrierungsstelle und das Kinderkrebsregister informieren sich gegenseitig und stimmen die Hilfsmittel und die Unterlagen aufeinander ab. Die Anforderungen an die inhaltliche Koordination werden im Ausführungsrecht präzisiert.

Das Todesdatum wird auf nationaler Ebene durch einen Abgleich mit den Daten der ZAS ergänzt (Art. 9 Abs. 3 und Art. 36). Dieser Abgleich erfolgt am einfachsten über ein elektronisches Abrufverfahren (Abs. 4).

Art. 32

Kantone

Der Gesetzesentwurf baut auf der seit Jahren bestehenden Organisation der Krebsregistrierung in der Schweiz auf. Die Registrierung von Daten über Krebserkrankungen soll deshalb weiterhin in kantonalen Krebsregistern erfolgen. Weil das Gesetz sicherstellen soll, dass Daten für die bevölkerungsbezogene Beobachtung von Krebserkrankungen flächendeckend, vollzählig und vollständig erhoben und im zeitlichen Verlauf verfolgt werden, bedingt dieser Entscheid zugunsten einer dezentralen Registrierung auf Ebene der Kantone, dass alle Kantone ein Krebsregister führen, wobei mehrere Kantone auch gemeinsam ein kantonsübergreifendes Krebsregister führen können (Abs. 1). Die Kantone führen diese Aufgabe gestützt auf Artikel 46 Absatz 1 BV entschädigungslos aus. Mit der Führung eines Krebsregisters ist auch eine Aufsicht verbunden. Die Kantone haben somit dafür zu sorgen, dass die Krebsregister ihre Aufgaben korrekt erfüllen und dabei den Datenschutz gewährleisten, gelten doch für die Datenbearbeitung durch kantonale Organe die kantonalen Datenschutzgesetze. Mit dem letzten Satz von Absatz 1 wird diese Aufsichtsfunktion klargestellt. Weil die nationale Krebsregistrierungsstelle nach Artikel 19 Absatz 2 regelmässig die Qualität der Datenregistrierung der kantonalen Krebsregister überprüft, können die Kantone in fachlichen Fragen der Aufsicht die Unterstützung der nationalen Krebsregistrierungsstelle in Anspruch nehmen (vgl.

Art. 19 Abs. 4).

8798

Die Kantone haben nach Absatz 2 dafür zu sorgen, dass die kantonalen Krebsregister ihre Daten mit denjenigen der kantonalen und kommunalen Einwohnerregister ihres Zuständigkeitsgebietes abgleichen können. Dieser Bedarf ergibt sich aus Artikel 9.

Es liegt in der Autonomie der Kantone zu entscheiden, wie sie diesen Datenabgleich ermöglichen wollen.

Im Zuge der zunehmenden elektronischen Bearbeitung der Einwohnerdaten können die Kantone vorsehen, dass die Gemeinden den kantonalen Krebsregistern einen direkten Online-Zugriff auf die Einwohnerregister einräumen. Die dabei zu treffenden Datenschutzmassnahmen (Bezeichnung der Zugriffsberechtigten, Beschränkung des Zugriffs auf Personen mit einer Krebserkrankung, Schutz und Protokollierung des Zugriffs usw.) liegen wiederum in der Autonomie der Kantone.

Es liegt in der Kompetenz des Bundesrates, die Erhebung und Meldung von Zusatzdaten anzuordnen (Art. 4). Solche Anordnungen werden zwar nur für bestimmte Krebserkrankungen vorzusehen sein und können zudem auf bestimmte Personengruppen beschränkt oder zeitlich befristet werden. Jede Erhebung von Zusatzdaten führt aber zu einer Ausweitung des Aufwands der kantonalen Krebsregister, für deren Kosten die Kantone aufzukommen haben. Den Kantonen soll deshalb bezüglich der Festlegung der Zusatzdaten ein Mitspracherecht eingeräumt werden (Abs. 3). Dieses kann z. B. einen Anspruch auf frühzeitige und umfassende Anhörung sowie das Recht beinhalten, Vorschläge zu unterbreiten, bevor der Bundesrat einen Entscheid trifft.

Nach dem Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) können die Kantone in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, keine Rechtsetzung mehr betreiben. In Sachgebieten, in denen eine nachträglich derogatorische Bundeskompetenz besteht, bleiben die Kantone für die Gesetzgebung zuständig, soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht abschliessend Gebrauch gemacht hat. Das Krebsregistrierungsgesetz regelt die Bearbeitung von Daten über Krebserkrankungen nur insoweit abschliessend, als es dabei um gesamtschweizerische Erhebungen und Auswertungen geht. Die Kantone bleiben somit weiterhin für die Gesetzgebung zuständig, soweit es um die Erhebung und die Auswertung von Daten über Krebserkrankungen auf kantonaler Ebene geht. Mit Absatz
4 soll dies klargestellt werden.

Die Kantone können somit für eigene Auswertungen weitere Daten erheben. Beispielsweise kann ein Kanton vorsehen, dass Ärztinnen und Ärzte oder Institutionen des Gesundheitswesens ergänzende diagnostische Angaben erheben müssen, um lokalspezifische epidemiologische Fragestellungen zu beantworten (z. B. die Auswirkungen der Schadstoffbelastung von Gewässern und Böden auf Personen, die in der Umgebung industrieller Anlagen wohnen). Sollte für solche Erhebungen die Versichertennummer systematisch verwendet werden, bedürfte dies einer Grundlage im kantonalen Recht (vgl. Art. 50e Abs. 3 AHVG).

Gemäss Absatz 5 dürfen die kantonalen Krebsregister die registrierten Daten für kantonsspezifische statistische, d. h. nicht personenbezogene, Auswertungen verwenden. Für solche Auswertungen muss eine kantonale Rechtsgrundlage vorliegen (Bst. a). Kantonsspezifische Auswertungen sind insbesondere im Bereich der Versorgungsplanung von Bedeutung. Beispiele dafür sind die Untersuchung der Zugänglichkeit, der Qualität, der Bedarfsgerechtigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung sowie der Bedarfsprognose im Bereich Krebs. Weiter sind kantonsspezifische Auswertungen auch denkbar, wenn es in einem Kanton bei8799

spielsweise zu einem Umweltereignis kommt, bei dem Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung befürchtet werden, oder wenn das Vorhandensein gesundheitsschädigender Stoffe im Grundwasser oder in der Luft bekannt ist. Vor der Bekanntgabe der Ergebnisse an Dritte (Verwaltungsstellen, Öffentlichkeit) muss jegliche Identifizierung von Patientinnen und Patienten sowie von Personen oder Institutionen, die zur Erhebung und zur Meldung der Daten verpflichtet sind, ausgeschlossen werden (Bst. b). Die Evaluation der Diagnose- und der Behandlungsqualität einzelner Gesundheitsfachpersonen oder Institutionen des Gesundheitswesens erfolgt ausschliesslich im Rahmen von Artikel 16. Auswertungen, die sich auf die vorliegende Bestimmung stützen, unterliegen nicht den Bestimmungen des HFG (Art. 28).

Zu beachten ist, dass Absatz 5 auf Auswertungen der Kantone nach Absatz 4 nicht anwendbar ist, weil Absatz 5 nur für Daten gilt, die nach dem Gesetzesentwurf registriert wurden. Von den Kantonen nach Absatz 4 vorgesehene Datenbearbeitungen unterstehen somit nicht dem Registerprivileg nach Artikel 28. Für die Erhebung und die Auswertung von Daten auf kantonaler Ebene sind, soweit diese in den Geltungsbereich des HFG fallen, insbesondere die Vorgaben des HFG zu den Patientenrechten und zur Bewilligung bei der zuständigen Ethikkommission zu beachten. Ist hingegen die Datenerhebung und die Auswertung zur Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe, insbesondere im Bereich der Gesundheitspolizei, vorgeschrieben, handelt es sich in der Regel nicht um Forschung im Sinne des HFG. Ist das HFG nicht einschlägig, kann der Kanton die Rechte der Patientinnen und Patienten bezüglich derartiger Datenbearbeitungen (Information, Einwilligung, Widerspruch oder obligatorische Erhebung) unbeachtet der diesbezüglichen Bestimmungen des HFG ausgestalten.

Art. 33

Übertragung von Aufgaben

Aufgabenübertragungen bedürfen als Ausnahme zur ordentlichen Behördenorganisation einer speziellen Ermächtigung durch den Gesetzgeber. Nach Absatz 1, der als formell-gesetzliche Grundlage dient, kann der Bundesrat die Aufgaben nach den Artikeln 12 Absatz 3, 14­22 sowie 24 Absätze 1 und 2 Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts übertragen. Es handelt sich somit um die Aufgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle, des Kinderkrebsregisters und des Pseudonymisierungsdienstes (Web­Service) . Die Vollzugsaufgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle und des Kinderkrebsregisters erfordern vertieftes Fachwissen in den Bereichen Krebsepidemiologie und Informationstechnologie sowie eine gute internationale Vernetzung. Gleichzeitig sind prozedurale Kompetenzen und für das Kinderkrebsregister eine Vernetzung mit den für die Datenerhebung zuständigen Gesundheitsfachpersonen und Institutionen von grösstem Nutzen. Die Vereinigung dieses Fachwissens und der Vernetzung in der Bundesverwaltung würde einen langwierigen und kostspieligen Aufbauprozess erfordern. Für den Betrieb des Pseudonymisierungsdienstes ist profundes Fachwissen in den Bereichen Informatik und Verschlüsselungstechnik notwendig. Aus diesen Gründen erachtet es der Bundesrat als zielführend, die Aufgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle, des Kinderkrebsregisters und des Pseudonymisierungsdienstes an geeignete Dritte zu übertragen. Artikel 33 schafft ­ in Übereinstimmung mit Artikel 178 Absatz 3 BV ­ die gesetzliche Grundlage für die Auslagerung der erwähnten Vollzugsaufgaben.

Mit der Aufgabenübertragung wird der Bund zur staatlichen Aufsicht verpflichtet.

Der Bund hat eine Gewährleistungsverantwortung hinsichtlich der korrekten Aufga8800

benerfüllung durch die oder den Beauftragten. Diese Verantwortung hat er über geeignete Aufsichtsinstrumente wahrzunehmen.

Absatz 2 regelt die finanzielle Abgeltung der übertragenen Aufgaben. Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die derartige Vollzugsaufgaben wahrnehmen, haben Anspruch auf Entschädigung in Form einer Abgeltung.

In Übereinstimmung mit Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 200980 kann diese pauschal geleistet werden.

Art. 34

Vollzug

Sowohl den Kantonen wie auch dem Bund kommen im Bereich der Krebsregistrierung wichtige Vollzugsaufgaben zu. Dem soll so Rechnung getragen werden, dass im Gesetz keine Generalklausel zugunsten der Zuständigkeit des Bundes oder der Kantone statuiert wird. Artikel 34 verankert den Grundsatz, dass der Bund und die Kantone das Gesetz je in ihrem Zuständigkeitsbereich vollziehen.

Dementsprechend enthalten die Artikel 31, 33 und 35 Bestimmungen zur Umsetzung des Gesetzesentwurfs, die aufgrund des konkreten Sachgebiets in den Kompetenzbereich des Bundes fallen oder generell der Zuständigkeit des Bundes entsprechen. Artikel 32 legt fest, in welchen Bereichen der Vollzug ausschliesslich Sache der Kantone ist.

Bund und Kantone tragen je in ihrem Zuständigkeitsbereich die Kosten für die ihnen übertragenen Vollzugsaufgaben. Heute wird ein wesentlicher Anteil der Bundesbeiträge via die Stiftung NICER an die kantonalen Krebsregister weitergegeben. Mit dem Inkrafttreten des Krebsregistrierungsgesetzes und der bundesgesetzlichen Verpflichtung der Kantone zur Führung eines Krebsregisters werden die heute vom Bund via die Stiftung NICER an die kantonalen Krebsregister ausbezahlten Unterstützungsbeiträge von 800 000 Franken pro Jahr neu von den Kantonen zu übernehmen sein. Mit dem zweiten Satz von Artikel 34 soll dies klargestellt werden.

Art. 35

Evaluation

Absatz 1 verpflichtet das BAG in Anlehnung an Artikel 170 BV, periodisch, erstmals aber spätestens fünf Jahre nach dessen Inkrafttreten, die Wirksamkeit des Gesetzes zu überprüfen. Die Evaluation dient als Grundlage zur Weiterentwicklung der rechtlichen Regelung. Mit der Wirksamkeitsprüfung und der Evaluation soll wissenschaftlich ermittelt werden, ob und wie weit bestimmte Massnahmen die Erwartungen erfüllen und inwiefern die mit dem Gesetz angestrebten Ziele erreicht werden. Es geht darum, Stärken und Schwächen dieses Gesetzes zu benennen, die Wirkungen zu beurteilen und Empfehlungen für eine Optimierung abzugeben.

Die Berichterstattungspflicht des EDI an den Bundesrat nach Absatz 2 ergibt sich daraus, dass die Koordination auf Ebene Bundesrat sichergestellt werden muss. Auf diese Weise kann der Bundesrat seinen Pflichten hinsichtlich Wirksamkeitsprüfung gegenüber der Legislative nachkommen.

80

SR 616.1

8801

Art. 36

Änderung eines anderen Erlasses

Die Ergänzung und Aktualisierung des Todesdatums über einen Abgleich mit den Daten der ZAS bedingt eine Änderung des AHVG. Personen, die an der Durchführung sowie der Kontrolle oder der Beaufsichtigung der Durchführung der Sozialversicherungsgesetze beteiligt sind, haben nach Artikel 33 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 200081 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu bewahren. Diese Schweigepflicht gilt deshalb auch für die Mitarbeitenden der ZAS. Von der Schweigepflicht in der Sozialversicherung kann aber nach Artikel 50a AHVG bereichsweise abgewichen werden. Die vorgeschlagene Formulierung orientiert sich an derjenigen für die Bundesstatistik gemäss Artikel 50a Absatz 1 Buchstabe c AHVG. Hierfür spricht, dass die Krebsregister ­ gleich wie das BFS ­ die Daten ausschliesslich zu nicht personenbezogenen Zwecken gestützt auf ein Bundesgesetz bearbeiten. Das Krebsregistrierungsgesetz sieht vor, dass die Daten der kantonalen Krebsregister über die nationale Krebsregistrierungsstelle an das BFS weitergeleitet werden, das seinerseits statistische Auswertungen im Bereich Krebs vornimmt. Die kantonalen Krebsregister sind funktional als intermediäre Erhebungsstellen des Bundes zu bezeichnen.

Somit besteht eine unmittelbare inhaltliche Verwandtschaft der Tätigkeiten der kantonalen Krebsregister und des BFS.

Art. 37

Referendum und Inkrafttreten

Als Bundesgesetz ist der Gesetzesentwurf nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe a BV dem fakultativen Referendum unterstellt (Abs. 1). Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens (Abs. 2). Er kann so das Inkrafttreten des Gesetzes und dasjenige des bundesrätlichen Ausführungsrechts aufeinander abstimmen.

3

Auswirkungen

Mit dem Gesetzesentwurf sollen die gesetzlichen Grundlagen für die Registrierung und die Auswertung von Daten zu Krebserkrankungen sowie die Förderung der Registrierung und Auswertung von Daten zu anderen stark verbreiteten oder bösartigen nicht übertragbaren Krankheiten geschaffen werden. Daraus resultieren sowohl für den Bund als auch für die Kantone neue Aufgaben. Die aktuell für die Krebsregistrierung anfallenden Kosten sind in Tabelle 2 zusammengefasst.

81

SR 830.1

8802

Tabelle 2 Schätzung der aktuell für die Krebsregistrierung anfallenden Kosten (Aufwendungen im Jahre 2013 in Franken)82 Kosten

Finanzierung Bund

Kant. Krebsregister Stiftung NICER5 SKKR6 BFS Total 1

2 3 4 5 6 7

3.1

9 940 0001 825 000 695 000 170 000 11 630 000

800 0002 410 000 20 000 170 000 1 400 000

Kantone

Dritte4

7 455 0003

1 685 000 415 000 525 000

150 0007 7 605 000

2 625 000

Hochrechnung für aktuelle Abdeckung von 94 Prozent der Bevölkerung auf der Basis einer Datenerhebung der Stiftung NICER bei den kantonalen Krebsregistern (November 2011­Januar 2012) Anteil des Bundesbeitrags an die Stiftung NICER, der an die kantonalen Krebsregister weitergegeben wird Im Durchschnitt trägt der Kanton heute etwa 75 Prozent der gesamten Aufwendungen des jeweiligen kantonalen Krebsregisters.

Drittmittel finanziert durch die kantonalen Krebsligen, die Einrichtungen der Forschungsförderung, private Stiftungen und Eigenmittel Angabe der Kosten gemäss Jahresrechnung 2013, Kosten inkl. Forschung, exkl. Beiträge an kantonale Krebsregister/Schweizer Kinderkrebsregister Angabe der Kosten gemäss Jahresrechnung 2013, Kosten inkl. Forschung Beitrag der GDK

Auswirkungen auf den Bund

Der Gesetzesentwurf verpflichtet den Bund in Artikel 31 Absatz 1 Buchstaben a und b, die nationale Krebsregistrierungsstelle und das Kinderkrebsregister zu führen und zu finanzieren. Zudem soll er einen Pseudonymisierungsdienst für die Pseudonymisierung der Versichertennummer (Web-Service) bereitstellen und finanzieren (Art. 31 Abs. 1 Bst. c). Zusätzlich sind Mittel für die Auswertung und die Publikation der Daten durch das BFS sowie den Vollzug des Gesetzes durch das BAG vorzusehen. Die daraus resultierenden finanziellen Aufwendungen des Bundes betragen insgesamt 2,5 bis 3,0 Millionen Franken. Siesind in Tabelle 3 zusammengefasst.

Dem BFS wird für die aus dem vorliegenden Entwurf resultierenden Aufgaben (vgl.

Ziff. 1.2.1) ein Aufwand von maximal zwei Vollzeitstellen mit einem Finanzbedarf von max. 360 000 Franken erwachsen. Beim BAG müssen neu für das Führen der Leistungsverträge mit der nationalen Krebsregistrierungsstelle und dem Kinderkrebsregister, für die Evaluation des Gesetzes und seine Weiterentwicklung für die Erteilung der Finanzhilfen und Abgeltungen nach Artikel 25 bzw. 31 gewisse personelle Ressourcen eingesetzt werden. Der Aufwand für diese Aufgaben wird drei Vollzeitstellen nicht übersteigen. Für die Finanzierung sind Mittel in der Höhe von 82

Ecoplan (2014). Entwurf des Bundesgesetzes über die Registrierung von Krebserkrankungen. Finanzielle Auswirkungen für den Bund und weitere Akteure. Bern: Bundesamt für Gesundheit BAG. Abrufbar auf der Website des Bundesamtes für Gesundheit unter: www.bag.admin.ch.

8803

max. 540 000 Franken notwendig. Wie in Ziffer 1.2.1 im Detail dargestellt, ist die nationale Krebsregistrierungsstelle einerseits für die schweizweite Zusammenführung, Aufbereitung und Auswertung der in den kantonalen Krebsregistern erfassten Daten (Art. 14 und 17) zuständig. Andererseits übernimmt sie die Funktionen eines nationalen Koordinationszentrums im Bereich der Krebsregistrierung und -epidemiologie (Art. 18­21).

Tabelle 3 Schätzung der finanziellen Auswirkungen auf den Bund (jährliche Aufwendungen in Franken)83 Aufgabe

Aufwand für die Krebsregistrierung: ­ Aufgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle ­ Aufgaben des Kinderkrebsregisters ­ Pseudonymisierungsdienst (Web-Service) ­ Aufgaben des BFS ­

Aufbau

Betrieb

Sachaufwand einmalig

Sachaufwand pro Jahr

Personalaufwand Gesamttotal pro Jahr und Voll- pro Jahr zeitstellen (VZ)

0,25­0,60 Mio.

0,29­0,48 Mio.

0,61­0,91 Mio.

(4,3­6,5 VZ) 0,58 Mio.

(4,3 VZ)

0,90­1,39 Mio.

0,36 Mio.

(2,0 VZ) 0,54 Mio.

(3,0 VZ)

0,36 Mio.

0,11 Mio.

0,06 Mio.

0,04 Mio.

Aufgaben des BAG84

Finanzhilfen zur Förderung der Registrierung anderer Krankheiten

Total einmalig

max. 1,00 Mio.

0,69 Mio.

0,04 Mio.

0,54 Mio.

max. 1,00 Mio.

0,31­0,66 Mio.

Total pro Jahr (inkl. Finanzhilfen) Total pro Jahr (exkl. Finanzhilfen)

1,44­1,63 Mio.

2,09­2,39 Mio.

3,53­4,02 Mio.

0,44­0,63 Mio.

2,09­2,39 Mio.

2,53­3,02 Mio.

Aktueller Beitrag des Bundes

­

1,40 Mio.

Zusätzliche Aufwendungen (exkl. Finanzhilfen)

0,31­0,66 Mio.

1,13­1,62 Mio.

Zusätzliche Aufwendungen (inkl. Finanzhilfen)

0,31­0,66 Mio.

2,13­2,62 Mio.

83

84

Die Berechnungen basieren auf den aktuellen Kosten der Stiftung NICER und des Schweizer Kinderkrebsregisters; Tabelle angepasst gemäss: Ecoplan (2014). Entwurf des Bundesgesetzes über die Registrierung von Krebserkrankungen. Finanzielle Auswirkungen für den Bund und weitere Akteure. Bern: Bundesamt für Gesundheit BAG. Abrufbar auf der Website des Bundesamtes für Gesundheit unter: www.bag.admin.ch.

Bei den Stellen und Kosten des BFS und des BAG handelt es sich um Maximalwerte.

8804

Die Finanzierung dieser Aufgaben erfolgt durch den Bund. Ausgehend von den heutigen Aufwendungen der Stiftung NICER können die jährlichen Betriebskosten der zukünftigen nationalen Krebsregistrierungsstelle ­ in Abhängigkeit des Umfangs der zu bearbeitenden Zusatzdaten, die vom Bundesrat im Rahmen der Verabschiedung des Ausführungsrechts festgelegt werden ­ auf 0,9 bis 1,39 Millionen Franken geschätzt werden (vgl. Tabelle 3). Die Investitionskosten für die nationale Krebsregistrierungsstelle betreffen Informatikanlagen (Server- und Sicherheitsinfrastruktur), Softwarelösungen (Datenbanken, Schnittstellen, Sicherheitsarchitektur), Qualitätssicherungsprozesse sowie einmalige zielgruppengerichtete Informationsmassnahmen in elektronischen Medien und Printmedien und dürften zu einmaligen Ausgaben von 250 000 bis 600 000 Franken führen.

Die Kosten für das Kinderkrebsregister sind nach Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 33 Absatz 2 ebenfalls vom Bund zu tragen. Basierend auf den heutigen Aufwendungen des SKKR dürften sich die bezüglich des Kinderkrebsregisters für den Bund anfallenden Betriebskosten auf etwa 700 000 Franken pro Jahr belaufen.

Nach Artikel 33 Absatz 1 kann der Bundesrat die Aufgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle, des Kinderkrebsregisters und des Pseudonymisierungsdienstes an geeignete Organisationen oder Personen des öffentlichen oder privaten Rechts zu übertragen. Dies erscheint angesichts der Komplexität der Aufgaben, deren Bewältigung spezialisierte Kompetenzen erfordert, die sinnvollste und kostengünstigste Lösung zu sein (vgl. Erläuterungen zu Art. 33 Abs. 1). Unter diesen Voraussetzungen würden Abgeltungen des Bundes in der Höhe von 1,63 bis 2,12 Millionen Franken pro Jahr anfallen. Die Aufsicht über die mit der Aufgabenerfüllung betrauten Organisationen und Personen soll anhand von Leistungsvereinbarungen und den darin festzuschreibenden Leistungszielen sichergestellt werden.

Für die Förderung der Registrierung anderer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten ist mit neuen Subventionsausgaben von jährlich maximal 1 Million Franken zu rechnen. Einen guten Überblick über die bestehenden und geplanten medizinischen Register in der Schweiz sowie deren Datenarten und Finanzierung bietet das Forum medizinische Register Schweiz.85 Von den
heute in der Datenbank des Forums medizinische Register Schweiz erfassten klinischen Registern dürften wohl nur wenige die in Artikel 25 aufgeführten Anforderungen an Finanzhilfen des Bundes erfüllen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der für die Förderung dieser Register vom Bundesrat vorgesehene Maximalbetrag von 1 Million Franken pro Jahr ausreichen wird.

3.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Der Gesetzesentwurf verpflichtet alle Kantone, ein kantonales Krebsregister zu betreiben oder sich dem Register eines anderen Kantons anzuschliessen. Wie in Ziffer 1.1.4 dargestellt, umfassen die heute bestehenden 15 kantonalen Krebsregister die Bevölkerung von 23 Kantonen und Halbkantonen und decken somit die Registrierung der Krebserkrankungen von 94 Prozent der in der Schweiz wohnhaften Bevölkerung ab. Die gesamten Aufwendungen der heute bestehenden kantonalen Krebsregister werden auf etwa 9,94 Millionen Franken pro Jahr geschätzt (vgl.

Tabelle 2). Bei einer schweizweit flächendeckenden Krebsregistrierung würden nach 85

Weitere Informationen zum Forum medizinische Register Schweiz unter: www.fmh.ch.

8805

den aktuellen Modalitäten Kosten von etwa 11,63 Millionen Franken pro Jahr anfallen, was 1,30 Franken pro Einwohnerin oder Einwohner und Jahr entspricht.

Ob die Änderung der Arbeitsabläufe in den kantonalen Krebsregistern (Klassierung und Kodierung von strukturiert übermittelten Daten anstelle der teilweise sehr aufwändigen Suche nach Krebserkrankungen in den medizinischen Dokumentationssystemen von Pathologieinstituten oder Spitälern) zu Mehr- oder Minderkosten führen wird, kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden. Dasselbe gilt für den Zusatzaufwand, der aus der Registrierung der Zusatzdaten nach Artikel 4 resultiert. Da hier der Aufwand stark vom Umfang der zu registrierenden Daten, der Anzahl der zu erwartenden Meldungen wie auch von der Dauer der entsprechenden Zusatzdatenerhebung abhängt (vgl. Erläuterungen zu Art. 4), sind auch hier noch keine Aussagen zu den zu erwartenden Kosten möglich.

Die Kosten für die Anpassung der kantonalgesetzlichen Grundlagen, die gemäss den Bestimmungen der neuen bundesgesetzlichen Regelung notwendig werden, können nicht beziffert werden. Sie werden aber als eher gering eingeschätzt.

Bund und Kantone tragen in ihrem Zuständigkeitsbereich die Kosten für die ihnen übertragenen Vollzugsaufgaben. Der Vollzug von Artikel 118 BV soll wie bisher nach Artikel 46 Absatz 1 BV erfolgen, der den Grundsatz des entschädigungslosen Vollzugs von Bundesrecht durch die Kantone festhält. Mit Inkrafttreten des Krebsregistrierungsgesetzes und der bundesgesetzlichen Verpflichtung der Kantone zur Führung eines Krebsregisters werden deshalb die heute vom Bund via die Stiftung NICER an die kantonalen Krebsregister ausbezahlten Unterstützungsbeiträge von 800 000 Franken pro Jahr neu von den Kantonen zu übernehmen sein.

Es ist den Kantonen freigestellt, ob sie die kantonalen Krebsregister vollumfänglich aus dem Kantonshaushalt finanzieren oder dazu Partnerschaften mit den kantonalen Krebsligen oder weiteren privaten Akteuren eingehen, wie dies heute in vielen Kantonen der Fall ist.

Auf die Gemeinden hat der Gesetzesentwurf keine Auswirkungen (abgesehen von den Regelungen betreffend den Datenabgleich mit kommunalen Einwohnerregistern; vgl. Art. 9 und 32 Abs. 2) und damit auch keine Kostenfolgen.

3.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Auswirkungen auf einzelne gesellschaftliche Gruppen Neben Bund und Kantonen (vgl. Ziff. 3.1 und 3.2) sind vom Gesetzesentwurf im Wesentlichen die in die Diagnose und die Behandlung von Krebserkrankungen involvierten Ärztinnen und Ärzte sowie die öffentlichen und privaten Institutionen des Gesundheitswesens (Spitäler, Pathologie- und Radiologieinstitute, Laboratorien) betroffen. Diese sind nach den Artikeln 3 und 4 verpflichtet, im Falle einer Krebserkrankung eines Patienten oder einer Patientin die Basis- und die Zusatzdaten zu erheben und an das zuständige kantonale Krebsregister oder das Kinderkrebsregister zu melden. Nach Schätzungen ist von max. 500 Einrichtungen auszugehen, die zukünftig Daten an die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregisters melden müssen. Dabei dürfte es sich in den allermeisten Fällen um grössere Einrichtungen wie Spitäler, Pathologieinstitute und Laboratorien handeln. Im Normalfall sollten den meldepflichtigen Stellen keine wesentlichen Mehrkosten entstehen, da zumindest bei den Basisdaten nach Artikel 3 die zu meldenden Angaben ausschliess8806

lich Angaben und Informationen umfassen, die unabhängig von der Krebsregistrierung bereits im Rahmen der klinischen Routineprozesse erhoben und dokumentiert werden.

Damit eine elektronische Datenübermittlung möglich wird, werden Anpassungen der Praxis- und der Klinikinformationssysteme notwendig werden. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Kosten einen vernachlässigbar kleinen Teil der ohnehin notwendigen Investitions- und Wartungsaufwendungen für die entsprechenden Systeme darstellen. Ausserdem soll die nationale Krebsregistrierungsstelle hier unterstützend wirken (vgl. Erläuterungen zu Art. 18 Bst. a).

Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft Wie in Ziffer 1.1.5 ausgeführt, besteht eine der zentralen Schwächen des heutigen Systems der Krebsregistrierung in der Schweiz darin, dass die Krebserkrankungen nicht flächendeckend, vollzählig und vollständig erfasst werden. Zudem sind aufgrund der unterschiedlichen kantonalen Grundlagen Umfang und Qualität der von den kantonalen Krebsregistern erfassten Daten nicht einheitlich. Weiter erfassen nur die wenigsten kantonalen Krebsregister systematisch Daten zum Krankheitsverlauf und zur Behandlung.

Mit dem Gesetzesentwurf soll deshalb sichergestellt werden, dass die für eine bevölkerungsbezogene Beobachtung von Krebserkrankungen notwendigen Daten (Basisdaten nach Art. 3) flächendeckend, vollzählig und vollständig erhoben werden. Zur Beantwortung spezifischer Fragestellungen von übergeordneter gesundheitspolitischer Bedeutung kann der Bundesrat zudem für bestimmte Krebserkrankungen oder Bevölkerungsgruppen (z. B. Kinder und Jugendliche) die allenfalls zeitlich befristete Erhebung von Zusatzdaten nach Artikel 4 anordnen. Der Gesetzesentwurf schafft eine schweizweit einheitliche Rechtsgrundlage und harmonisiert dadurch die Erhebung und Bearbeitung der Daten. Dadurch wird nicht nur die Registrierung der Krebserkrankungen selbst, sondern auch die Auswertung, die Vergleichbarkeit und die Weiterverwendung der Daten (u. a. in der Forschung) vereinfacht. Zudem gelten für alle Patientinnen und Patienten unabhängig von Wohn- und Behandlungsort dieselben Widerspruchs-, Einsichts- und Auskunftsrechte.

Wie in den Erläuterungen zu Artikel 2 aufgeführt, besteht der Zweck der Krebsregistrierung darin, dass mit den registrierten Daten die Grundlagen für die Beobachtung der
Krankheitsentwicklung, für die Erarbeitung von Präventions- und Früherkennungsmassnahmen und deren Wirksamkeitsüberprüfung, für die Evaluation der Versorgungs-, der Diagnose- und der Behandlungsqualität sowie für die Unterstützung der Versorgungsplanung und der Forschung geschaffen werden. Die auf der Basis dieser Datengrundlage erarbeiteten und umgesetzten Massnahmen können dazu beitragen, den Gesundheitszustand der Schweizer Bevölkerung zu verbessern (Prävention), Krebserkrankungen früher zu erkennen und gezielter zu behandeln sowie die Qualität in den Bereichen Diagnose und Behandlung weiterzuentwickeln. Daraus können dämpfende Effekte auf die Gesundheitskosten, eine effizientere Versorgung der Betroffenen oder Behandlungen von besserer Qualität resultieren. All dies kommt nicht nur Patientinnen und Patienten, sondern auch Ärztinnen und Ärzten, Institutionen des Gesundheitswesens, Fachgesellschaften, Gesundheitsbehörden, Prämienzahlenden und Forschenden zu Gute. Auf eine Quantifizierung des zu erwartenden Nutzens einer flächendeckenden, vollzähligen und vollständigen Erfassung aller Krebsneuerkrankungen wurde aufgrund zahlreicher

8807

monetär nicht bezifferbarer Einflussfaktoren und mangels zuverlässiger Schätzungsmethoden verzichtet.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201286 über die Legislaturplanung 2011­2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201287 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt.

4.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Im Herbst 2011 hat das Schweizer Parlament die Motion «Nationale Strategie der Krebsbekämpfung. Für mehr Chancengleichheit und Effizienz» einstimmig angenommen. Darin wird der Bundesrat beauftragt «unter Einbezug betroffener Organisationen, Fachpersonen, Fachschaften und der Kantone eine nationale Strategie für eine verbesserte Krebsvermeidung und -bekämpfung zu erarbeiten. In der Folge gab der «Dialog Nationale Gesundheitspolitik»88, die gemeinsame Plattform von Bund und Kantonen, an Oncosuisse den Auftrag, einen Strategieentwurf zu erarbeiten.

Dieser wurde am 23. Mai 2013 vom «Dialog Nationale Gesundheitspolitik» gutgeheissen und am 3. Juli 2013 vom Bundesrat zur Kenntnis genommen. Innerhalb der «Nationalen Strategie gegen Krebs 2014­2017»89 bezweckt das Projekt 7.1 im Handlungsfeld 7 «Epidemiologie und Monitoring» die Schaffung der notwendigen gesetzlichen Grundlagen für eine schweizweite, einheitliche Registrierung von Krebserkrankungen.90 Dies wird durch die Erarbeitung des Entwurfs des KRG umgesetzt. Das Projekt 7.2 bezweckt die Erarbeitung von fachlichen Grundlagen, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Erhebung von Daten zur Behandlungsqualität, zur Wirksamkeitsüberprüfung und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsprogramme erlauben. Dieses Gesetz schafft die dafür notwendigen Voraussetzungen. Im Rahmen des Projekts 7.3 schliesslich soll darauf hingearbeitet werden, dass politische Entscheidprozesse zur Krebsprävention und -bekämpfung zunehmend evidenzbasiert sind. Der Gesetzesentwurf stellt dafür notwendige Grundlagen bereit.

Der Gesetzesentwurf leistet zudem einen Beitrag zur Umsetzung der am 28. Oktober 2009 vom Bundesrat verabschiedeten Qualitätsstrategie des Bundes im Schweizerischen Gesundheitswesen. Konkret soll durch das Gesetz eine Nutzung aggregierter Krebsregisterdaten durch Fachgesellschaften oder Gesundheitsorganisationen, die für die Tarifpartner einen Auftrag gemäss Artikel 77 der Verordnung vom 27. Juni 199591 über die Krankenversicherung ausführen, ermöglicht werden. Dabei kann es 86 87 88 89 90 91

BBl 2012 481, hier 568 und 616 BBl 2012 7155, hier 7162 Weitere Informationen unter: www.nationalegesundheit.ch.

Abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Themen > Gesundheitspolitik > Strategie Krebs Weitere Informationen unter: www.oncosuisse.ch > Nationale Strategie gegen Krebs 2014­2017 > Handlungsfelder und Projekte.

SR 832.102

8808

sich beispielsweise um die SGMO oder den ANQ handeln. Diese können basierend auf Artikel 16 dieses Gesetzesentwurfs Auswertungen der Krebsregisterdaten zur Evaluation der Diagnose- und der Behandlungsqualität erhalten.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Gestützt auf Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV erlässt der Bund Vorschriften über die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten.

Es handelt sich hierbei um eine umfassende, nachträglich derogatorische Gesetzgebungskompetenz des Bundes92, die nicht auf die Regelung der Grundsätze beschränkt ist.

Im Bereich der stark verbreiteten oder bösartigen Krankheiten hat der Bund seine Kompetenz bislang nur sehr beschränkt ausgeübt.93 Unter stark verbreitete Krankheiten fallen solche, die häufig sind und überregional auftreten. Dazu gehören namentlich nicht übertragbare Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, suchtbedingte Störungen,psychische Krankheiten und auch Krebskrankheiten (vgl. Erläuterungen zu Art. 1 Bst. b). Das Merkmal der Bösartigkeit bezieht sich auf Krankheiten, die das Leben bedrohen oder erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheit nach sich ziehen, worunter Krebserkrankungen, aber auch rheumatische Krankheiten oder Schizophrenie fallen. Zur Bekämpfung derartiger Krankheiten kann der Bund ­ neben gesundheitspolizeilichen Instrumenten wie Verbote, Gebote oder Bewilligungspflichten ­ auch Bestimmungen vorsehen, welche dann die Grundlage bilden für Massnahmen zur Verbesserung der Versorgungsqualität. Die vorgesehenen Massnahmen (Einrichtung von kantonalen Krebsregistern und der Betrieb der nationalen Krebsregistrierungsstelle sowie des Kinderkrebsregisters) schaffen die Planungs- und Steuerungsgrundlagen für die zielgerichtete, effiziente und effektive Krankheitsbekämpfung. Der Aufbau von Krebsregistern trägt zudem dazu bei, die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der ergriffenen Krankheitsbekämpfungsmassnahmen zu überprüfen und so die Gesundheitsversorgung langfristig zu lenken. Der Bund kann sich folglich beim Erlass des Gesetzesentwurfs auf Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV abstützen.

5.2

Vereinbarkeit mit den Grundrechten

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Ärztinnen und Ärzte, Laboratorien, Spitäler und andere private oder öffentliche Institutionen des Gesundheitswesens gesundheitsbezogene und damit besonders schützenswerte Daten von Patientinnen und Patienten an die kantonalen Krebsregister oder an das Kinderkrebsregister übermitteln müssen. Die Krebsregister bearbeiten die Daten und leiten sie an die nationale Krebsregistrierungsstelle weiter, welche die Daten ihrerseits an das BFS übermittelt. Dies stellt einerseits einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und die Privatsphäre (Art. 13 BV, insbesondere Abs. 2) der 92 93

BGE 139 I 242 E. 3.1 S. 247 m.w.H.

Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang das Bundesgesetz vom 22. Juni 1962 über Bundesbeiträge an die Bekämpfung rheumatischer Krankheiten, SR 818.21.

8809

Patientinnen und Patienten dar. Andererseits bedeutet die Erhebungs- und Übermittlungspflicht eine Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) für die betroffenen Laboratorien und selbständig praktizierenden Ärztinnen und Ärzte. Derartige Einschränkungen von Grundrechten sind nach Artikel 36 BV nur zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen, durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig sind. Zudem darf der Kerngehalt der Grundrechte dabei nicht angetastet werden.

Die gesetzliche Grundlage wird mit dem Gesetzesentwurf geschaffen. Die Regelungskompetenz des Bundes kann sich dabei auf die erwähnte Verfassungsgrundlage abstützen (vgl. Ziff. 5.1).

Das öffentliche Interesse an der Registrierung der Krebserkrankungen ist der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und ergibt sich aus dem verfassungsmässigen Auftrag zur Bekämpfung stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten.

Näher zu beleuchten ist die Verhältnismässigkeit der nicht-anonymisierten Registrierung von Daten der Krebspatientinnen und Krebspatienten. Die Übermittlung des Namens und der Wohnadresse sowie der Versichertennummer der betroffenen Personen an die kantonalen Krebsregister und das Kinderkrebsregister ist geeignet und erforderlich, um die bereits registrierten Daten mit den später eintreffenden Angaben wie dem Todesdatum und den Todesursachen im Krebsregister ergänzen zu können und so den zeitlichen Verlauf der Erkrankung zu verfolgen und die Überlebenszeit zu berechnen. Aus diesem Grund scheidet die anonymisierte Datenbearbeitung aus. Eine Pseudonymisierung der personenidentifizierenden Daten vor der Datenübermittlung durch diePersonen und die Institutionen, die zur Meldung verpflichtet sind (Ärztinnen und Ärzte, Spitäler, Laboratorien, Pathologie- und Radiologieinstitute), wäre mit grossem technischem und organisatorischem Aufwand verbunden, weshalb auf diese Lösung verzichtet wird.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Patientinnen und Patienten der Registrierung der Daten widersprechen können. Aufgrund der bisherigen Erfahrung der kantonalen Krebsregister, die zur Mehrheit ein Widerspruchsrecht kennen, ist davon auszugehen, dass die Patientinnen und Patienten der Registrierung der Basisdaten nur sehr vereinzelt widersprechen werden. Würde die Registrierung demgegenüber von der ausdrücklichen
Einwilligung der Patientinnen und Patienten abhängen, wären erhebliche Lücken in der Krebsregistrierung zu befürchten, wodurch der Gesetzeszweck insgesamt in Frage gestellt wäre: Erfahrungsgemäss versterben etwa 20 Prozent der Krebspatientinnen und Krebspatienten bereits vor der Datenregistrierung, oder ihr Tod steht kurz bevor. Rund zehn Prozent der Betroffenen verdrängen zudem die Krebsdiagnose. Dies betrifft namentlich betagte Patientinnen und Patienten oder solche mit psychischen Erkrankungen. Eine mildere, aber ebenso zweckmässige Alternative zur Widerspruchslösung besteht somit nicht. Über das Ziel hinausschiessen würde schliesslich die obligatorische Registrierung der Daten ohne Mitspracherecht der Patientinnen und Patienten.

Um die Zumutbarkeit des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, sieht der Gesetzesentwurf u. a. vor, dass: ­

die betroffenen Personen über die Registrierung der Daten hinreichend informiert werden (Art. 5) und dieser jederzeit widersprechen können (Art. 6);

­

die bereits registrierten Daten im Falle eines nachträglichen Widerspruchs unverzüglich anonymisiert werden (Art. 26 Abs. 3 Bst. a);

8810

­

der Umfang der Basisdaten nicht grösser ist als es für die internationale Vergleichbarkeit notwendig ist (Art. 3);

­

den betroffenen Personen jederzeit Auskunft über die erfassten eigenen Daten gewährt wird (Art. 7 Abs. 2);

­

die personenidentifizierenden Daten von den übrigen Daten getrennt bearbeitet werden müssen (Art. 10 Abs. 3);

­

die Identität der betroffenen Personen nur soweit und solange aus den Daten hervorgehen darf, als dies für die Erreichung des Zwecks der Datenbeschaffung unbedingt notwendig ist (Art. 26 Abs. 2).

Gesamthaft betrachtet erweist sich der Eingriff in das verfassungsmässige Persönlichkeitsrecht somit als zumutbar und damit als verhältnismässig. Auch wird der Kerngehalt der betroffenen Persönlichkeitsrechte durch die vorgeschlagene Regelung nicht verletzt.

Schliesslich ist festzuhalten, dass die Meldepflicht zulasten der ärztlichen Fachpersonen und der Einrichtungen des Gesundheitswesens geeignet und erforderlich ist, um die flächendeckende, vollzählige und vollständige Erfassung aller Krebserkrankungen zu gewährleisten und damit den Gesetzeszweck zu erreichen (vgl. Erläuterungen zu Art. 3). Ohne Meldepflicht wäre davon auszugehen, dass die Erfassung der relevanten Daten nicht vollzählig wäre. Würden die Erhebung und die Übermittlung auf freiwilliger Basis stattfinden, gäbe es unweigerlich Ärztinnen und Ärzte, welche die notwendigen Angaben nicht oder nicht immer übermitteln würden. Es ist keine weniger einschneidende Massnahme denkbar, um die Vollzähligkeit zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich der Umfang der zu übermittelnden Basisdaten auf wenige Angaben beschränkt (vgl. Art. 3 Abs. 1). Die Daten fallen überdies mehrheitlich bereits im Rahmen der klinischen Behandlung an, so dass kaum zusätzlicher Erhebungsaufwand entsteht. Die Zusatzdaten umfassen zwar mehr Angaben, doch werden sie in zeitlich und sachlich begrenztem Umfang erhoben (vgl. Art. 4 Abs. 3 und 4). Die Erreichung der mit diesem Gesetz verfolgten Ziele liegt nicht zuletzt auch im beruflichen Interesse der zur Meldung verpflichteten Ärztinnen und Ärzte. Gesamthaft betrachtet erweist sich der Eingriff als zumutbar. Aus diesen Überlegungen ist auch zu schliessen, dass der Kerngehalt der Wirtschaftsfreiheit durch die Erhebungs- und Übermittlungspflicht nicht berührt wird.

5.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Im Bereich der Krebsregistrierung als solcher bestehen keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz. Ein wichtiger Punkt im Rahmen der Registrierung betrifft den Datenschutz, der Gegenstand eines Übereinkommens des Europarats ist. Das Übereinkommen vom 28. Januar 198194 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und sein Zusatzprotokoll vom 8. November 200195 zum Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten bezüglich Aufsichtsbehörden und 94 95

SR 0.235.1 SR 0.235.11

8811

grenzüberschreitende Datenübermittlung werden durch den Gesetzesentwurf nicht verletzt (vgl. Ziff. 1.5.3).

5.4

Erlassform

Die Vorlage beinhaltet wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 163 Absatz 1 BV.

5.5

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedürfen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Aufgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte.

Mit der in Artikel 33 vorgesehenen Abgeltung der ausgelagerten Vollzugsaufgaben dürfte die massgebliche Grenze für neue wiederkehrende Ausgaben von 2 Millionen Franken pro Jahr überschritten werden (vgl. Ziff. 3.1). Aus diesem Grunde ist der betreffende Artikel der Ausgabenbremse zu unterstellen. Demgegenüber werden die Finanzhilfen für Register, die Daten bearbeiten über andere nicht übertragbare Krankheiten als Krebs, die stark verbreitet oder bösartig sind (Art. 25), die Schwelle von 2 Millionen Franken pro Jahr nicht überschreiten, weshalb diese Bestimmung nicht der Ausgabenbremse unterliegt.

5.6

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

5.6.1

Abgeltung der Übertragung von Aufgaben

Bedeutung der Subvention für die vom Bund angestrebten Ziele Nach Artikel 31 führt der Bund eine nationale Krebsregistrierungsstelle, ein Kinderkrebsregister und einen Pseudonymisierungsdienst (Web-Service), der für die Pseudonymisierung der Versichertennummer zuständig ist. Der Bundesrat kann die Aufgaben dieser Stellen Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts übertragen und sie dafür entschädigen (Art. 33). Die Entschädigung erfolgt im Einklang mit Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b des Subventionsgesetzes in Form einer Abgeltung. Ziel der Auslagerung der genannten Bundesaufgaben ist es sicherzustellen, dass die spezialisierten Organisationen ihre zentralen Dienstleistungen im Bereich der Krebsregistrierung im Sinne des Gesetzes und auf eine möglichst effiziente Art und Weise wahrnehmen. Zur Erfüllung der schweizweit geltenden Vorgaben für die Krebsregistrierung ist eine bundesrechtlich geregelte Aufgabenerfüllung notwendig. Die bisherigen kantonalen Lösungen genügen den Anforderungen an eine zeitgemässe epidemiologische Beobachtung des Krebsgeschehens aufgrund ihrer Schwächen (vgl. Ziff. 1.1.5) nicht mehr.

8812

Materielle und finanzielle Steuerung der Subvention Zum jetzigen Zeitpunkt steht ein Entscheid über eine allfällige Übertragung der Bundesaufgaben gemäss Artikel 33 Absatz 1 noch aus. Es ist allerdings die Absicht des Bundesrates, die Aufgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle, des Kinderkrebsregisters und des Pseudonymsierungsdienstes an geeignete Organisationen oder Personen des öffentlichen oder privaten Rechts zu übertragen. Dies scheint angesichts der Komplexität der Aufgaben, deren Bewältigung spezialisierte Kompetenzen erfordert, die sinnvollste und kostengünstigste Lösung zu sein (vgl. Erläuterungen zu Art. 33 Abs. 1). Die Aufsicht über die mit der Aufgabenerfüllung betrauten Organisationen und Personen soll anhand von Leistungsvereinbarungen und den darin im Detail festzuschreibenden Leistungszielen sichergestellt werden. Der Bund wird die Zielerreichung auch über die materielle und finanzielle Steuerung der anfallenden Abgeltungen beeinflussen können. Die Bundesmittel sollen nur bei einer entsprechenden Erbringung der vereinbarten Leistungen vollumfänglich ausbezahlt werden können. Die wichtigsten Leistungsziele werden insbesondere betreffen: ­

für die nationale Krebsregistrierungsstelle die termingerechte Erfassung und Bereinigung der von den kantonalen Krebsregistern übermittelten Daten und deren Aufbereitung für statistische Auswertungen, für die Gesundheitsberichterstattung, für Auswertungen zur Evaluation der Diagnose- und der Behandlungsqualität sowie zu Forschungszwecken gemäss den Qualitätsvorgaben des Bundes sowie die termingerechte Erarbeitung und Umsetzung von adäquaten Massnahmen zur Information der Patientinnen und Patienten und der allgemeinen Bevölkerung;

­

für das Kinderkrebsregister die termingerechte Registrierung der Daten von Patientinnen und Patienten, die in jungen Jahren an Krebs erkrankt sind, gemäss den Qualitätsvorgaben des Bundes sowie die sachgerechte Erfüllung der oben erwähnten Aufgaben der nationalen Krebsregistrierungsstelle in Bezug auf Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen;

­

für den Pseudonymisierungsdienst die zuverlässige Pseudonymisierung der Versichertennummer unter höchsten Datensicherheitsvorkehrungen.

Verfahren der Beitragsgewährung Gemäss Artikel 33 haben Organisationen und Personen, die mit Bundesaufgaben im Bereich der Krebsregistrierung betraut sind, Anspruch auf eine Entschädigung in Form einer Abgeltung. Diese hat dem bei einer effizienten Aufgabenerfüllung anfallenden Aufwand für die übertragenen Aufgaben zu entsprechen. Bei der Abgeltung von einzelnen Leistungen sind deshalb soweit möglich betriebswirtschaftlich begründete Pauschalbeiträge anzuwenden, damit eine möglichst transparente und effiziente Beitragsgewährung erreicht werden kann (Art. 33 Abs. 2). Ein solcher Pauschalbetrag kann beispielsweise für die Bearbeitung und die Aufbereitung einer bestimmten Datenmenge oder für das Etablieren bestimmter Strukturen (z. B. Tumorhandbücher oder Informationsmaterial) zur Anwendung kommen. Die Abgeltung wird in Form von periodisch zu erneuernden Leistungsvereinbarungen festgelegt.

Befristung und degressive Ausgestaltung der Subvention Eine Befristung oder eine degressive Ausgestaltung der Subvention ist nicht vorgesehen. Bei den Aufgaben, die der Bund im Rahmen der Krebsregistrierung wahr8813

nimmt (Art. 31), handelt es sich um Daueraufgaben. Dies schliesst periodische Anpassungen der Abgeltungssummen ­ auch Senkungen ­ nicht aus.

5.6.2

Finanzhilfen für die Registrierung anderer Krankheiten

Bedeutung der Subvention für die vom Bund angestrebten Ziele Im Bereich der Registrierung anderer Krankheiten will der Bund mit Finanzhilfen dazu beitragen, dass die betreffenden Register qualitativ verlässliche Daten erheben und damit gesamtschweizerische Auswertungen oder Hochrechnungen und eine aussagekräftige Gesundheitsberichterstattung ermöglichen (Art. 25). Es ist damit zu rechnen, dass die angestrebte hohe Qualität der Registerdaten ohne Finanzhilfen des Bundes nicht erreicht werden kann. Mit dem Betrag von maximal 1 Million Franken pro Jahr sollen die heute bestehenden klinischen Register, welche die vom neuen Gesetz verlangten strengen Bedingungen überhaupt erfüllen, gezielt so gefördert werden, dass gesundheitspolitisch wertvolle Daten zu weiteren nicht übertragbaren bösartigen Krankheiten vorliegen werden (vgl. Ziff. 1.1.4 zur «Registrierung anderer nicht übertragbarer Krankheiten»).

Materielle und finanzielle Steuerung der Subvention Die Bundessubventionen in Artikel 25 sind als Finanzhilfen ausgestaltet, so dass der Bund insbesondere bezüglich der Höhe der Subventionen über einen verhältnismässig grossen Handlungsspielraum verfügt. Für die Register zu anderen Krankheiten besteht kein Rechtsanspruch auf Finanzhilfen. Durch den Kreditvorbehalt wird zudem den Erfordernissen der Finanzpolitik Rechnung getragen.

In Artikel 25 Absatz 2 sind mehrere kumulativ zu erfüllende Bedingungen für die Gewährung der Finanzhilfen an die Register genannt (v. a. Zweckerfüllung, Qualitätssicherungssystem, gesamtschweizerische Bedeutung). Mit diesen strengen Vorgaben ist eine starke materielle und finanzielle Steuerung durch den Bund möglich.

Die mit den Finanzhilfen insgesamt erzielten Wirkungen werden im Rahmen der Evaluation des Gesetzes nach Artikel 35 regelmässig überprüft, was den Mitteleinsatz zusätzlich noch optimieren dürfte.

Verfahren der Beitragsgewährung Die Register nach Artikel 25 reichen der zuständigen Bundesstelle ein Gesuch um Finanzhilfen ein. Dem Gesuch wird nur entsprochen, wenn die in dieser Bestimmung enthaltenen Anforderungen an die Register und an die bearbeiteten Daten erfüllt sind. Diese sollen insbesondere sicherstellen, dass die Daten von gesamtschweizerischer Bedeutung sind und auch internationalen Standards entsprechen.

Weil nur wenige Register überhaupt förderungswürdig
sein werden, besteht auch eine geringe Gefahr von Streusubventionen. Damit wird sichergestellt, dass das Beitragsverfahren effizient und transparent ausgestaltet wird.

Befristung und degressive Ausgestaltung der Subvention Eine Befristung oder eine degressive Ausgestaltung der Subvention ist nicht vorgesehen. Bei der Förderung der Registrierung anderer Krankheiten (Art. 25) handelt es sich um eine Daueraufgabe.

8814

Der Bundesrat hat diesbezüglich am 30. Oktober 2013 beschlossen, dass die Finanzhilfen für die Förderung der Registrierung anderer Krankheiten auf jährlich 1 Million Franken begrenzt werden sollen.

5.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf sieht in mehreren Bestimmungen Rechtsetzungskompetenzen des Bundesrates vor und regelt die entsprechenden Grundsätze. So wird der Regelung durch den Bundesrat ein klarer Rahmen gesetzt. Es ist überall dort sinnvoll, Kompetenzen des Bundesrates zum Erlass von Ausführungsbestimmungen vorzusehen, wo künftig eine rasche Anpassung an neue technische und medizinische Entwicklungen und eine internationale Harmonisierung zu erfolgen haben. Regelungen, die einen hohen Konkretisierungsaufwand mit sich bringen, sollen auf Verordnungsstufe angesiedelt werden.

Für die Darstellung der einzelnen Delegationsnormen wird auf die Erläuterungen zu einzelnen Artikeln verwiesen.

5.8

Datenschutz

Der Bund verfügt nicht über eine umfassende Rechtsetzungskompetenz im Bereich des Datenschutzes. Er kann jedoch gestützt auf seine Organisationsautonomie die Bearbeitung von Personendaten durch Bundesorgane und gestützt auf seine Zivilrechtskompetenz die Bearbeitung von Personendaten durch Private regeln. Für die Regelung der Bearbeitung von Personendaten durch kantonale Organe sind aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung die Kantone zuständig.

In jenen Bereichen, in denen die Bundesverfassung dem Bund eine Sachkompetenz zuweist, kann er auch konkrete bereichsspezifische Datenschutzregelungen in der entsprechenden Spezialgesetzgebung erlassen. Diese Regelungen gelten dann für alle gesetzesvollziehenden Organe, unabhängig davon, ob es sich um Organe des Bundes oder der Kantone handelt.

Für den Bereich der Bekämpfung von Krankheiten im Sinne von Artikel 118 Absatz 2 Buchstabe b BV, zu dem auch die Bekämpfung von Krebs beziehungsweise anderer stark verbreiteter oder bösartiger nicht übertragbarer Krankheiten mit Hilfe von Registern gehört, kann der Bund somit spezialgesetzliche Datenschutzregelungen erlassen, die einerseits die ausführenden kantonalen Organe und andererseits die Privaten verpflichten. Im Gesetzesentwurf finden sich zahlreiche Bestimmungen, welche die Datenbearbeitung durch die kantonalen Krebsregister sowie die involvierten Bundesstellen betreffen. Für die Darstellung der einzelnen Bestimmungen wird auf die Erläuterungen zu einzelnen Artikeln verwiesen.

8815

Verzeichnis der Abkürzungen AHVG

Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, SR 831.10 Nationaler Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und ANQ Kliniken BAG Bundesamt für Gesundheit BBl Bundesblatt BFS Bundesamt für Statistik BGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts BStatG Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 1992, SR 431.01 BV Bundesverfassung, SR 101 DCO Death Certificate Only DSG Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz, SR 235.1 EDI Eidgenössisches Departement des Innern EDÖB Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter ENCR European Network of Cancer Registries FMH Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte GDK Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren HFG Humanforschungsgesetz vom 30. September 2011, SR 810.30 IACR International Association of Cancer Registries Iarc International Agency for Research on Cancer ICCC International Classification of Childhood Cancer ICD-O International Statistical Classification of Diseases for Oncology KRG Krebsregistrierungsgesetz Stiftung NICER National Institute for Cancer Epidemiology and Registration SGMO Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie SKKR Schweizer Kinderkrebsregister SR Systematische Sammlung des Bundesrechts StGB Schweizerisches Strafgesetzbuch, SR 311.0 Versichertennummer Versichertennummer nach Artikel 50c AHVG WHO Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization) ZAS Zentrale Ausgleichsstelle nach Artikel 71 AHVG

8816

Glossar Anonymisierung Daten gelten als anonymisiert, wenn der Personenbezug irreversibel aufgehoben ist, d. h. wenn die Daten nicht oder nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft der betreffenden Person zugeordnet werden können.

Grundsätzlich zu löschen sind sämtliche personenidentifizierenden Daten wie Namen, das genaue Geburtsdatum, das genaue Todesdatum, eindeutig identifizierende Nummern (Versichertennummer, Fallnummer) und die genaue Wohnadresse.

Behandlung Eine Behandlung beinhaltet alle Schritte einer medizinischen Intervention: Aufklärung und Beratung, Einleitung und Durchführung therapeutischer Massnahmen, aber auch Pflege und palliative Massnahmen, also nicht nur therapeutische Massnahmen, wie Eingriffe, Medikamentengabe und weitere technologische Aktionen zur direkten Beeinflussung des Krankheitsverlaufs.

Bösartige Krankheiten Unter die bösartigen Krankheiten fallen nicht nur die meisten Krebserkrankungen, sondern alle Krankheiten, die das Leben bedrohen oder erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheit nach sich ziehen. Dazu zählen insbesondere Krankheiten, deren Verlauf zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der individuellen Lebensqualität sowie der Arbeitsfähigkeit führt, wie z. B. rheumatische Erkrankungen, Depressionen oder Schizophrenien.

Erstbehandlung Die Erstbehandlung umfasst alle nach der Diagnosestellung geplanten Behandlungsschritte. Sie kann chirurgische Massnahmen, Chemotherapie, Bestrahlung und andere Behandlungsarten umfassen. Auch eine Palliativbehandlung kann Erstbehandlung sein. Der initiale Behandlungsplan kann auch Varianten enthalten, die je nach Verlauf durchgeführt werden. In der Regel dauert eine Erstbehandlung nach der Diagnose einer Krebserkrankung mehrere Monate.

Früherkennung Das Ziel der Früherkennung ist es, eine Krankheit so früh zu entdecken, dass sie durch schnell ergriffene therapeutische Massnahmen gestoppt oder geheilt werden kann, bevor sie sich weiter im Körper ausgebreitet hat und bevor sie angrenzende Organe geschädigt hat. Früherkennungsmassnahmen erfolgen bei gesunden Personen, die noch keine Beschwerden oder Krankheitsanzeichen spüren. Sie beschränken sich auf Personengruppen, bei denen die Krankheit nicht extrem selten ist, sondern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftreten kann. Die Folgeuntersuchungen
bei verdächtigen Ergebnissen solcher Tests werden nicht mehr innerhalb eines Früherkennungsprogramms durchgeführt. Etablierte Früherkennungsmassnahmen können z. B. Mammographie für Brustkrebsdetektion, den Hämocult-Test oder die Darmspiegelung für Darmkrebs umfassen. Früherkennung sollte allen Personen einer definierten Zielgruppe angeboten werden. So wurden für einzelne Krankheiten, insbesondere für Brustkrebs, Früherkennungsprogramme eingerichtet.

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Gesundheitsberichterstattung Die Gesundheitsberichterstattung dient der differenzierten Analyse und Beschreibung der gesundheitlichen Situation und Versorgung bestimmter Bevölkerungs- und Patientengruppen. So werden beispielsweise statistische Befunde vor dem Hintergrund der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion kommentiert und Zusammenhänge zwischen der Vielzahl von Faktoren, die das Krebsgeschehen beeinflussen, sichtbar gemacht. Durch die Gesundheitsberichterstattung über Krebs zu beantwortende Fragestellungen können die Wirksamkeit von Präventions- und Früherkennungsprogrammen, regionale Unterschiede in der Diagnose-, der Behandlungs- und der Versorgungsqualität oder die Diagnose- und die Behandlungsqualität von Krebserkrankungen bei ausgewählten Bevölkerungsgruppen (z. B. bei Kindern und Jugendlichen) zum Gegenstand haben. Dazu wird etwa der Status Quo anhand von Messindikatoren mit festgelegten Normen oder Zielen verglichen. In der Folge können auch Empfehlungen Bestandteil der Gesundheitsberichterstattung sein.

Krebserkrankungen Als Krebserkrankungen im Sinne dieses Gesetzes gelten Neubildungen einschliesslich ihrer Vorstufen und Frühstadien. Entgegen dem umgangssprachlichen Verständnis von «Krebserkrankungen» als meist bösartige Neubildung liegt der hier verwendeten Definition ein breiteres Verständnis zugrunde. Dieses orientiert sich am Sinn und Zweck der Krebsregistrierung, wonach diejenigen anomalen Neubildungen von Körpergeweben oder Blut sowie deren Vorstufen und Frühstadien registriert werden sollen, die für Präventions- und Früherkennungsmassnahmen, für die Evaluation der Versorgungs-, der Diagnose- und der Behandlungsqualität oder für die Versorgungsplanung von Bedeutung sind. Diese Definition des Begriffs «Krebserkrankungen» umfasst demzufolge nebst bösartigen Neubildungen und deren Vorstufen auch gutartige Neubildungen, die beispielsweise durch lokales Wachstum oder durch abnorme Stoffwechselproduktion Komplikationen verursachen können. Dementsprechend werden bereits heute in kantonalen Krebsregistern zumindest teilweise auch gutartige Neubildungen beispielsweise des Gehirns oder des Rückenmarks registriert. Als «Krebsfall» wird eine spezifische Krebserkrankung einer einzelnen Person bezeichnet.

Die verwendete Definition des Begriffs «Krebserkrankungen» orientiert sich an der
internationalen Klassifikation der Krankheiten (International Statistical Classification of Diseases ICD), die von der WHO erstellt wird und aktuell in der Version 10 (ICD-10) vorliegt. In der Schweiz wird die vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) erstellte deutsche Version (German Modification ICD-10-GM) verwendet. Die Krebsregister verwenden die internationale Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie (ICD-O) in der 3. Version.

Diese Erweiterung der ICD-10 erlaubt eine genauere Einteilung nach histologischem Typ einer Erkrankung.

Pseudonymisierung Bei der Pseudonymisierung werden personenidentifizierende Angaben unter Verwendung eines so genannten «Schlüssels» (engl. «Code») so umgewandelt, dass der Bezug zur Person nur noch für den Inhaber des Schlüssels möglich ist. Demgegenüber können Dritte, die keinen Zugang zum Schlüssel haben, den Personenbezug nicht oder nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand wiederherstellen. Im Gegensatz zur Anonymisierung von Daten, bei welcher der Bezug zur Person für 8818

jedermann irreversibel aufgehoben wird, können verschlüsselte Daten wieder entschlüsselt und kann der Personenbezug somit wieder hergestellt werden.

Register Register im Sinne dieses Gesetzes sind auf unbestimmte Dauer angelegte und regelmässig aktualisierte Sammlungen von Daten über Personen, die ein gemeinsames Merkmal aufweisen, das ihre Registrierung auslöst. In Abgrenzung dazu werden in einer «Forschungsdatenbank» Daten im Rahmen eines zeitlich befristeten Forschungsprojektes gesammelt und bearbeitet. Die in Registern erfassten Datensätze werden regelmässig aktualisiert. In Krebsregistern werden somit nicht nur Daten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, sondern auch später auftretende Metastasen und Rezidive sowie das Todesdatum und allenfalls zusätzliche Angaben im zeitlichen Verlauf erfasst. Somit verfügt man über Verlaufsdaten und die Möglichkeit, Überlebenszeiten zu berechnen. Bei einer statistischen Erhebung beschränkt sich im Gegensatz dazu die Datensammlung auf einen bestimmten Zeitpunkt. So gibt z. B.

die Schweizerische Gesundheitsbefragung des BFS, die alle fünf Jahre mit einer neuen repräsentativen Stichprobe durchgeführt wird, zwar einen Einblick in das körperliche und psychische Befinden der Schweizer Bevölkerung zum Zeitpunkt der Datenerhebung, sie lässt aber keine Aussagen über die Entwicklung des Gesundheitszustandes einzelner Personen über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte zu.

Registrierung Die Registrierung umfasst den Vorgang der Speicherung von Daten in ein Register mit der Absicht, diese dauerhaft aufzubewahren. Vorgelagerte Arbeiten wie Entgegennahme, Plausibilisierung, Zuständigkeitsprüfung u. a. gehören in diesem Sinne nicht zur Registrierung. Hingegen werden später hinzukommende Daten zum selben Krebserkrankungsfall wiederum registriert.

Stark verbreitete Krankheiten Stark verbreitet sind Krankheiten, die häufig sind und überregional auftreten. Weder die Medizin noch die Epidemiologie kennen eine klare Grenze, ab welcher Häufigkeit eine Krankheit als stark verbreitet bezeichnet wird. Krankheiten, die in ihrem Auftreten nicht örtlich oder regional beschränkt sind gelten als stark verbreitet.

Typische Beispiele sind neben den Krebserkrankungen Stoffwechselstörungen wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, aber auch psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Suchterkrankungen.

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