10.2.1

Botschaft zur Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Bosnien und Herzegowina sowie des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina vom 15. Januar 2014

1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage

Für die Schweiz als stark exportabhängiges Land mit diversifizierten Absatzmärkten, das überdies keiner grösseren Einheit wie der Europäischen Union (EU) angehört, stellt der Abschluss von Freihandelsabkommen (FHA) neben der Mitgliedschaft in der WTO und den vertraglichen Beziehungen zur EU einen der drei Hauptpfeiler ihrer Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel dar. Der spezifische Beitrag der FHA zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz ist die kurzfristige Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, die unsere Handelspartner mit Konkurrenten der Schweiz abschliessen. Das ist indessen nur möglich, indem die Schweiz mit diesen Partnern ebenfalls Präferenzabkommen abschliesst. Mit diesen FHA (in der Regel im EFTA-Rahmen) zielt die Schweiz darauf ab, ihren Unternehmen einen Zugang zu ausländischen Märkten zu verschaffen, der mindestens gleichwertig ist wie derjenige, über den ihre Hauptkonkurrenten (wie die EU, die USA und Japan) verfügen.

Im vorliegenden Fall ist dieses Ziel umso bedeutender, als die EU und Bosnien und Herzegowina im Juni 2008 ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) unterzeichnet haben, dessen handelsrelevanter Teil und insbesondere die Bestimmungen über die Errichtung von Freihandelsbeziehungen seit dem 1. Juli 2008 mittels eines interimistischen Handelsabkommens angewendet werden. Als Bosnien und Herzegowina im Jahr 2010 der EFTA die Errichtung von Freihandelsbeziehungen vorschlug, nahmen die EFTA-Staaten, unter ihnen die Schweiz, das ihnen unterbreitete Angebot an, insbesondere um die weitere Benachteiligung ihrer Wirtschaftsakteure im Vergleich zu jenen der EU auf dem bosnisch-herzegowinischen Markt wegen des SAA EU­Bosnien und Herzegowina zu verhindern.

Zudem setzt die Schweiz mit dem Abschluss des FHA EFTA­Bosnien und Herzegowina ihre Politik zur Unterstützung von Wirtschaftsreformen und zur Integration der Staaten des Westbalkans in die Strukturen der Wirtschaftszusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene fort. Diese Politik hat bereits zum Abschluss der FHA EFTA­Mazedonien (2000), EFTA­Serbien (2009), EFTA­Albanien (2009) und EFTA­Montenegro (2011) geführt.

2013-2540

1309

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Im April 2010 schlug das Ministerium für Aussenhandel und Wirtschaftsbeziehungen von Bosnien und Herzegowina den EFTA-Staaten vor, Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufzunehmen. Anlässlich ihres Treffens im Juni 2010 fassten die Minister der EFTA-Länder den Beschluss, das bosnisch-herzegowinische Ersuchen positiv zu beantworten. Am Treffen im November 2010 bekräftigten sie ihren Willen, solche Verhandlungen im Verlauf des Jahres 2011 aufzunehmen. Die Verhandlungen wurden im März 2011 eröffnet.

Das FHA EFTA­Bosnien und Herzegowina sowie die bilateralen Landwirtschaftsabkommen der einzelnen EFTA-Staaten mit Bosnien und Herzegowina wurden zwischen März 2011 und September 2012 im Rahmen von drei Verhandlungsrunden in Sarajewo (28. und 29. März 2011; 23.-25. Mai 2011; 20.-22. September 2011), zwei Expertentreffen für den Warenverkehr und den Handel mit Landwirtschaftsprodukten (27. und 28. Juni 2011; 31. Januar und 1. Februar 2012) sowie einem Treffen der Chefunterhändler der EFTA und von Bosnien und Herzegowina in Sarajewo (13. September 2012) ausgehandelt. Die wenigen bei diesem Treffen noch offenen Fragen wurden schriftlich beantwortet und die Verhandlungen am 3. April 2013 abgeschlossen. Die Abkommenstexte wurden Anfang Mai 2013 auf diplomatischem Weg paraphiert (7. und 8. Mai 2013 durch die EFTA-Staaten; 15. Mai 2013 durch Bosnien und Herzegowina). Ihre Unterzeichnung durch die zuständigen Minister der EFTA-Staaten und von Bosnien und Herzegowina erfolgte am 24. Juni 2013 in Trondheim (Norwegen) anlässlich der EFTA-Ministerkonferenz.

1.3

Verhandlungsergebnis

Das mit Bosnien und Herzegowina abgeschlossene FHA entspricht weitgehend den Abkommen, welche die EFTA-Staaten mit anderen zentral- und osteuropäischen Partnern (Albanien, Mazedonien, Serbien) und im Mittelmeerraum (Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Palästinensische Behörde, Tunesien und Türkei) abgeschlossen haben, insbesondere dem kürzlich mit Montenegro abgeschlossenen Abkommen.

Bosnien und Herzegowina bewies grosse Flexibilität, indem es einen Grossteil der von der EFTA vorgeschlagenen Texte direkt angenommen oder nur leicht verändert hat. Die Verhandlungen in den Bereichen der handelspolitischen Schutzmassnahmen und der Landwirtschaftsprodukte erwiesen sich aber als ausnehmend schwierig, besonders zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina. In Bezug auf die handelspolitischen Schutzmassnahmen zeigte sich Bosnien und Herzegowina in der Antidumping-Frage sehr defensiv, indem es auf keinen Fall auf die Möglichkeit zur Ergreifung solcher Massnahmen verzichten wollte. Nach mehrmaligem Meinungsaustausch, mehreren Treffen auf allen Ebenen und nach Erhalt eines abgeänderten Verhandlungsmandats schloss sich Bosnien und Herzegowina der EFTA-Position letztlich doch an und akzeptierte, dass die Vertragsparteien untereinander auf die Anwendung von Antidumpingmassnahmen, welche die Welthandelsorganisation (WTO) als solche betrachtet, verzichten. Die Verhandlungen über die Landwirtschaftsprodukte waren ebenfalls zäh. Es mussten Lösungen gefunden werden, um die offensiven Interessen von Bosnien und Herzegowina in diesem Bereich mit den aufgrund ihrer jeweiligen nationalen Landwirtschaftspolitik beschränkten Möglich-

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keiten der EFTA-Staaten, insbesondere der Schweiz, in Einklang zu bringen. Die Schwierigkeiten wurden darüber hinaus durch den Umstand akzentuiert, dass die bosnisch-herzegowinische Delegation die von der Verhandlungsgruppe in diesen beiden Fragen gefundenen Lösungen jeweils noch dem bosnisch-herzegowinischen Ministerrat zur Genehmigung vorzulegen hatte. So war mit einigen zusätzlichen Unsicherheiten zu rechnen, bevor der Prozess als abgeschlossen betrachtet werden konnte. Trotz dieses schwierigen Umfelds haben es die EFTA-Staaten und Bosnien und Herzegowina geschafft, ihre jeweiligen Interessen aufeinander abzustimmen.

1.4

Überblick über den Inhalt des Abkommens

Das FHA umfasst eine Präambel und neun Kapitel (1. Allgemeine Bestimmungen; 2. Warenverkehr; 3. Schutz des geistigen Eigentums; 4. Investitionen, Dienstleistungen und öffentliches Beschaffungswesen; 5. Zahlungen und Kapitalverkehr; 6. Handel und nachhaltige Entwicklung; 7. Institutionelle Bestimmungen; 8. Streitbeilegung; 9. Schlussbestimmungen) und neun Anhänge. Die Landwirtschaftsabkommen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten und Bosnien und Herzegowina sind auch Bestandteile der Instrumente zur Errichtung der Freihandelszone (Art. 1 Abs. 1 FHA und Art. 1 Abs. 1 des bilateralen Landwirtschaftsabkommens) zwischen den betreffenden Vertragsparteien.

1.5

Würdigung

Das Freihandelsabkommen EFTA­Bosnien und Herzegowina erweitert das Netz von FHA, das die EFTA-Staaten seit den frühen 1990er-Jahren aufbauen,1 und ergänzt insbesondere das im Westbalkan bereits bestehende Netz. In Südosteuropa ist Bosnien und Herzegowina nach Mazedonien und Serbien bezüglich der Ein- und Ausfuhren für die Schweiz der drittbedeutendste Markt ausserhalb der EU. Angesichts ihrer starken Exportabhängigkeit und ihres vergleichsweise kleinen Binnenmarktes hat die Schweiz ein ausgeprägtes Bedürfnis nach ungehindertem Zugang zu ausländischen Märkten. Umgekehrt sind für die Schweiz die wachsenden (bestehenden oder potenziellen) Diskriminierungen, die sich aus der markanten Zunahme von bilateralen oder regionalen FHA ergeben, besonders gravierend. Dank dem Abschluss des FHA mit Bosnien und Herzegowina können die Nachteile, die sich für die Schweizer Wirtschaftsakteure derzeit im Vergleich zu ihren europäischen Konkurrenten aufgrund des SAA EU­Bosnien und Herzegowina auf dem bosnisch1

Derzeit haben die EFTA-Staaten 24 FHA mit Partnern ausserhalb der EU abgeschlossen: Ägypten (SR 0.632.313.211), Albanien (SR 0.632.311.231), Chile (SR 0.632.312.141), Golfkooperationsrat (GCC: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate; SR 0.632.312.741), Hongkong (SR 0.632.314.161), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (SR 0.632.312.631), Libanon (SR 0.632.314.891), Marokko (SR 0.632.315.491), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), Montenegro (SR 0.632.315.731), Peru (SR 0.632.316.411), PLO/Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Serbien (SR 0.632.316.821), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion (SACU: Botsuana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swasiland; SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.613), Ukraine (SR 0.632.317.671), Zentralamerika (Costa Rica und Panama; BBl 2013 8057).

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herzegowinischen Markt ergeben, so weit wie möglich beseitigt werden. Zugleich erlaubt das FHA die Verbesserung der Rahmenbedingungen, der Rechtssicherheit und der Stabilität unserer Wirtschaftsbeziehungen mit diesem Land.

Für Bosnien und Herzegowina stellt das FHA ebenfalls einen positiven Beitrag dar, da das Land zu Präferenzbedingungen Zugang zu den Märkten der EFTA-Staaten erhält, die mit denen anderer Freihandelspartner des Westbalkans auf den Märkten der EFTA-Staaten vergleichbar sind. Das ist seit dem EU-Beitritt des benachbarten Kroatien am 1. Juli 2013, das bis zu diesem Zeitpunkt der Haupthandelspartner von Bosnien und Herzegowina in der Region war, umso bedeutender. Zudem berücksichtigt das FHA den Unterschied in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen Bosnien und Herzegowina und den EFTA-Staaten, was sich in der teilweise asymmetrischen Ausgestaltung des Abkommens widerspiegelt.

Das FHA stellt ein ausgewogenes Ergebnis dar, das zur Stärkung und Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen der Vertragsparteien beitragen wird.

1.6

Vernehmlassung

Aus Artikel 3 Absätze 1 und 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 20052 (VlG) ergibt sich, dass bei einem internationalen Abkommen, das nicht dem Referendum unterstellt ist und keine wesentlichen Interessen der Kantone betrifft, grundsätzlich kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird, ausser es handelt sich um ein Vorhaben von grosser politischer, finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer oder kultureller Tragweite oder wenn dieses in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen wird. Die vorliegenden Abkommen entsprechen bezüglich Inhalt sowie finanzieller, politischer und wirtschaftlicher Bedeutung im Wesentlichen früher abgeschlossenen Freihandels- und Landwirtschaftsabkommen der Schweiz. Es handelt sich somit nicht um ein Vorhaben von besonderer Tragweite im Sinne des VlG. Die Kantone wurden gemäss den Artikeln 3 und 4 des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 19993 über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes (BGMK) sowohl bei der Vorbereitung der Verhandlungsmandate als auch, soweit erforderlich, während der Verhandlungen beigezogen. Da die Abkommen zudem nicht in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden, wurde auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichtet.

2

Ausgangslage der Beziehungen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina

2.1

Soziale und wirtschaftliche Lage sowie Aussenwirtschaftspolitik von Bosnien und Herzegowina

Als frühere Republik von Ex-Jugoslawien hatte Bosnien und Herzegowina im Februar 1992 seine Unabhängigkeit erklärt, was zu einem Bürgerkrieg zwischen der kroatischen, serbischen und muslimischen (der sogenannten «bosniakischen») 2 3

SR 172.061 SR 138.1

1312

Bevölkerung führte. Beendet wurde der Konflikt im Dezember 1995 durch die Unterzeichnung des Friedensabkommens von Dayton, das auch die derzeitigen politischen Institutionen von Bosnien und Herzegowina schuf. Bosnien und Herzegowina ist ein föderalistisch aufgebauter Staat, der aus zwei Einheiten besteht: der Föderation Bosnien und Herzegowina, die in zehn Kantone unterteilt ist, und der Republik Srpska (Serbische Republik), die einheitlich und zentralisiert ist. Hinzu kommt das Gebiet von Brcko, das ein Bezirk mit Sonderstatus unter der Gerichtsbarkeit des Zentralstaates ist. Seit dem Ende des Bürgerkrieges, der die Wirtschaft und die Infrastruktur des Landes zu einem grossen Teil zerstört hat, hat Bosnien und Herzegowina beim Wiederaufbau und bei der wirtschaftlichen Stabilität bedeutende Fortschritte gemacht. Neben dem beträchtlichen Beitrag der internationalen Unterstützung in diesem Prozess führte Bosnien und Herzegowina einige Wirtschaftsreformen durch, insbesondere im Bankensektor und im Tourismus. Die Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuer im gesamten Hoheitsgebiet im Jahr 2006 ermöglichte der Regierung regelmässige Einkünfte. Die Kopplung und feste Anbindung der seit 1998 bestehenden Landeswährung (die konvertible Mark) an den Euro sorgten für tiefe Teuerungsraten. 2012 betrug die Inflation 2 Prozent und dürfte 2013 um die 1,8 Prozent liegen. Trotz dieses Erfolgs bleibt die Wirtschaft von Bosnien und Herzegowina noch hinter ihrem Vorkriegsstand zurück. Mit einer zwischen 26 und 28 Prozent pendelnden Arbeitslosenquote, einem mit 3470 Euro pro Kopf noch tieferen nominalen BIP als im regionalen Durchschnitt (3800 Euro) und einer bedeutenden Anzahl Personen, die unter der nationalen Armutsgrenze leben (etwa 14 Prozent der Bevölkerung), bleibt Bosnien und Herzegowina eines der ärmsten Länder Europas.

Obwohl die Wirtschaft von Bosnien und Herzegowina noch schlecht in die Weltwirtschaft integriert ist, spürte sie die Folgen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008. Nach einem kräftigen Wachstum von 6,8 Prozent in den Jahren 2006 und 2007 und von 5,4 Prozent im Jahr 2008 ging das BIP von Bosnien und Herzegowina 2009 um 2,9 Prozent zurück. Neben den EU-Hilfen im Mai 2009 und im September 2012 erhielt das Land Darlehen des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Gesamthöhe
von etwa 1,6 Milliarden Dollar; diese sind an die Sanierung der Staatsausgaben geknüpft, von denen ein grosser Teil zur Finanzierung des aufgeblähten Verwaltungsapparats dient. Dieser ist das Ergebnis eines nicht vollständig vereinheitlichten und homogenen Territoriums sowie des Unterhalts eines unverhältnismässigen Rentensystems für Kriegsveteranen, das derzeit jährlich 4 Prozent des BIP beansprucht. Im Jahr 2012 fiel das Land mit einem BIPWachstum von -0,7 Prozent in eine Rezession zurück. Weil aufgrund der Austeritätsmassnahmen die Binnennachfrage und die von der Eurozone der EU bestimmte Aussennachfrage anhaltend schwach sind, dürfte sich das Wirtschaftswachstum von Bosnien und Herzegowina 2013 weiter verringern.

Die Struktur der Vorkriegsproduktion mit ihren Schwerpunkten in der Schwer- und der chemischen Industrie hat der Entwicklung anderer Sektoren zunehmend Platz gemacht. Heute sind die Hauptwirtschaftszweige von Bosnien und Herzegowina die Branchen Nahrungsmittel, Basismetalle, Textilien, Schuhe und die Leichtindustrie, insbesondere die Holzindustrie. Der tertiäre Sektor trägt 65 Prozent zum BIP bei und der sekundäre 26 Prozent, während die restlichen 9 Prozent auf den Primärsektor zurückgehen. Im Jahr 2012 waren die Hauptwirtschaftspartner von Bosnien und Herzegowina Deutschland, Kroatien, Italien, Serbien und Slowenien, die zusammen über die Hälfte der bosnisch-herzegowinischen Ausfuhren aufnahmen.

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Bosnien und Herzegowina hat die Annäherung an die EU und den Beitritt zur NATO zu den Hauptzielen seiner Aussenpolitik erklärt. Was die Annäherung an die Europäische Union anbelangt, ist Bosnien und Herzegowina eines der letzten Länder in Südosteuropa, das mit der EU vertragliche Beziehungen eingegangen ist: Die Unterzeichnung des SAA zwischen der EU und Bosnien und Herzegowina, die sich aus verschiedenen Gründen immer wieder verzögerte, fand schliesslich im Juni 2008 statt4. Der Abschluss dieses Abkommens stellt im Hinblick auf die Integration des Landes in die EU zwar einen wichtigen Schritt dar, doch müssen auf struktureller und staatlicher Ebene noch zahlreiche Fortschritte erreicht und Reformen durchgeführt werden, bevor Bosnien und Herzegowina einen EU-Beitritt ins Auge fassen kann. Gegenwärtig kommt Bosnien und Herzegowina der Status als potenzieller Beitrittskandidat zur EU zu.

Bosnien und Herzegowina wurde im November 2006 in die Partnerschaft für den Frieden der NATO aufgenommen. Seit April 2008 befindet sich das Land in intensivem Dialog über seinen Beitritt zu dieser Organisation und die diesbezüglich erforderlichen Reformen. Es ist auch Mitglied internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen (UNO), des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und ist bei den Beitrittsverhandlungen zur Welthandelsorganisation (WTO) weit fortgeschritten.

Bosnien und Herzegowina ist auch in den regionalen Kooperationsgremien aktiv. Es ist Mitglied und Sitzland des Regionalen Kooperationsrates (Regional Cooperation Council, RCC), Nachfolger des von der Schweiz mitfinanzierten Stabilitätspaktes, sowie des CEFTA5 (Central European Free Trade Agreement). Der RCC wurde im Februar 2008 anlässlich des Treffens der Aussenminister des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses (SEKP) errichtet. Ziel des RCC ist die Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit sowie der europäischen und euro-atlantischen Integration. Er handelt im Einklang mit den politischen Empfehlungen des SEKP.

Menschenrechtslage in Bosnien und Herzegowina Als UNO-Mitglied ratifizierte Bosnien und Herzegowina unter anderem den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie
den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Ausserdem nahm Bosnien und Herzegowina 2010-2011 als nichtständiges Mitglied Einsitz im UN-Sicherheitsrat, dessen Monatsvorsitz es im Januar 2011 innehatte. Zudem ist es seit 2002 Mitglied des Europarates. Es ratifizierte unter anderem die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die revidierte Europäische Sozialcharta sowie die acht Kernübereinkommen zum Schutz fundamentaler Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO).

Generell kann die Menschenrechtslage in Bosnien und Herzegowina als insgesamt zufriedenstellend bezeichnet werden. Dennoch verbleiben Schwierigkeiten, die insbesondere eine Folge der mit der politischen Struktur des Landes zusammenhän4

5

Immer noch nicht ratifiziert, namentlich weil die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Sejdic und Finci gegen Bosnien und Herzegowina noch nicht umgesetzt wurde.

Neben Bosnien und Herzegowina sind die weiteren CEFTA-Mitglieder Albanien, Kroatien, Mazedonien, Moldawien, Montenegro, Serbien und der Kosovo (gemäss Resolution 1244/99 des UN-Sicherheitsrates).

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genden ethnischen Gräben sind. Entsprechend uneinheitlich erfolgt auf nationaler Ebene die Umsetzung der Menschenrechtskonventionen. Die am häufigsten gemeldeten Menschenrechtsverletzungen betreffen anhaltende Diskriminierungen von Minderheiten. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenreche vom Dezember 2009 hat unter anderem gezeigt, dass die Bestimmungen über die Teilhabe an der Macht in der Verfassung von Bosnien und Herzegowina die Angehörigen von Minderheiten daran hindern, für die Präsidentschaft oder das Haus der Völker (Dom Naroda) von Bosnien und Herzegowina zu kandidieren. Die Vergangenheitsbewältigung in Bezug auf Personen, die während der Konfliktjahre Opfer von Verbrechen wurden, insbesondere von sexueller Gewalt, bleibt ein Hauptproblem, ebenso der Schutz von Flüchtlingen und Vertriebenen, die an die Orte zurückkehren wollen, an denen sie vor dem Krieg lebten. Zu vermelden sind ausserdem Missbräuche durch die Polizei, Fälle von Folter an Gefangenen sowie schwierige Haftbedingungen. Da Bosnien und Herzegowina auf Ebene des Zentralstaates über kein eigenes Gefängnis verfügt, verbüssen die Gefangenen ihre Strafen in Anstalten der Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republik Srpska. Deshalb sind weder die materiellen Haftbedingungen für alle gleich, noch verfügen alle über dieselben Rechte. Obwohl grosse Fortschritte erzielt wurden, bleibt Bosnien und Herzegowina zudem ein Ziel- und Durchgangsland des Menschenhandels.

Anlässlich der regelmässigen allgemeinen Überprüfung der Menschenrechte6 im Mai 2010 nahm Bosnien und Herzegowina 89 von 125 Empfehlungen ganz oder, da bereits umgesetzt, teilweise an, darunter gewisse Empfehlungen der Schweiz. Die untersuchenden Staaten haben die beträchtlichen Fortschritte begrüsst, die Bosnien und Herzegowina bei der Förderung der Menschenrechte erreicht hat. Es sind indessen noch zusätzliche Anstrengungen in mehreren Bereichen zu unternehmen, insbesondere in Bezug auf die Rechte von Vertriebenen, Kindern, Frauen, Minderheiten und anderen verletzlichen Gruppen.

Umweltlage in Bosnien und Herzegowina In den letzten zehn Jahren bemühte sich Bosnien und Herzegowina verstärkt um die Lösung von Umweltproblemen und harmonisierte die rechtlichen Aspekte des Umweltschutzes in den einzelnen Einheiten im Einklang mit verschiedenen EURichtlinien
in einer Reihe von Umweltgesetzen.

Die bei Weitem grösste Ressource von Bosnien und Herzegowina sind die weiten Landstriche unberührter Natur. Nur 0,6 Prozent der Gesamtfläche des Landes stehen indessen unter Schutz. Bosnien und Herzegowina gehört auch zu den fünf europäischen Ländern mit der grössten Biodiversität und beheimatet zahlreiche Relikt- und endemische Arten. Gemäss den Vorkriegsstatistiken waren 53,4 Prozent der gesamten Fläche bewaldet. Aktuelle Schätzungen variieren zwar stark, doch hat sich dieser Prozentsatz infolge des massiven Kahlschlags ohne systematische Wiederaufforstung offenbar drastisch reduziert.

Obwohl Bosnien und Herzegowina über umfangreiche Wasservorkommen verfügt, ist der Zugang zu Trinkwasser ein ernsthaftes Problem. Grund dafür sind die grossen Verluste im Leitungsnetz, da die meisten Wasser- und Abwassersysteme beschädigt sind und mangelhaft gewartet werden.

6

Im Vierjahreszyklus durchgeführte Überprüfung der Einhaltung der Pflichten und Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte durch die einzelnen UNO-Mitgliedstaaten.

1315

Die Abfallentsorgung ist ebenfalls eine grosse ökologische Herausforderung. Die entsprechenden Kapazitäten sind ungenügend, was dazu geführt hat, dass grosse Mengen von Abfall illegal entsorgt werden. Das birgt Gefahren für die öffentliche Gesundheit und die Umwelt. In Bosnien und Herzegowina gibt es zurzeit keine einzige Verbrennungsanlage. Mindestens 95 Prozent der eingesammelten gemischten Siedlungsabfälle werden auf Mülldeponien entsorgt, die aus siedlungshygienischen Gesichtspunkten ungeeignet sind.

Schliesslich stellen Blindgänger (sogenannte UXO) in Bezug auf die Umweltverschmutzung und die uneingeschränkte Ressourcenverwendung ein weiteres grosses Problem dar. Trotz beachtlicher Anstrengungen zur Minenräumung bleibt Bosnien und Herzegowina das am schlimmsten mit Minen verseuchte Land Europas und eines der am stärksten verminten Länder weltweit. Gemäss Schätzungen sind 2,5 Prozent der Gesamtfläche Bosnien und Herzegowinas vermutlich noch immer durch Blindgänger belastet.

2.2

Rahmen der Beziehungen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina

Beziehungen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina in internationalen Organisationen Die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina sind ausgezeichnet. Nachdem Bosnien und Herzegowina im März 1992 seine Unabhängigkeit ausgerufen hatte, nahmen Bosnien und Herzegowina und die Schweiz rasch diplomatische Beziehungen auf. Die Schweiz eröffnete im November 1995 in Sarajewo eine Botschaft. Während des Krieges, der unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung ausbrach, standen die schweizerischen humanitären Hilfsmassnahmen in Bosnien und Herzegowina und die Aufnahme von etwa 18 000 Flüchtlingen im Zentrum der bilateralen Beziehungen.7 2007 hielten die Schweiz und Bosnien und Herzegowina erste politische Konsultationen ab, die seither in regelmässigen Abständen stattfinden, die letzte im September 2012.

Auf Bundesratsebene kam es zu vielen Besuchen, namentlich im April 2001 (Besuch von Bundespräsident Moritz Leuenberger in Sarajewo), im September 2003 (Besuch von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in Sarajewo), im Oktober 2004 (Besuch des Präsidiums von Bosnien und Herzegowina bei Bundespräsident Joseph Deiss und Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in Bern), im August 2006 (Besuch von Bundesrat Samuel Schmid in Sarajewo), im April 2007 (Besuch des bosnischherzegowinischen Sicherheitsministers Tarik Sadovi bei Bundesrat Christoph Blocher in Bern), im März 2008 (Besuch von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in Sarajewo), im November 2008 (Besuch von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in Sarajewo), im April 2009 (Besuch des bosnisch-herzegowinischen Sicherheitsministers Tarik Sadovi bei Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in Bern) und im Februar 2013 (Besuch von Bundesrat Didier Burkhalter in Sarajewo). Darüber hinaus hat sich die ehemalige Bundesrätin Micheline Calmy-Rey im Mai 2010 als

7

Ende 2012 zählte die Schweiz etwa 33 000 Staatsangehörige aus Bosnien und Herzegowina.

1316

Präsidentin des Ministerkomitees des Europarates in die bosnisch-herzegowinische Hauptstadt begeben.

Bilaterale Abkommen Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina beruhen vor allem auf zwei Abkommen: dem Abkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit8 (2001) und dem Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen9 (2005). Zudem bestehen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina Abkommen über technische, wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit sowie humanitäre Hilfe10 (2003), über den Luftlinienverkehr11 (1998), über den grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr auf der Strasse12 (2000), über die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt13 (2008), über die Bekämpfung der Kriminalität14 (2007) und über die Erleichterung der Visaerteilung15. Es ist anzumerken, dass Bosnien und Herzegowina seit Dezember 2010 für den Schengenraum von einer Visaliberalisierung profitiert. Die Schweiz und Bosnien und Herzegowina unterzeichneten ausserdem im April 2009 ein Protokoll für eine Migrationspartnerschaft.

Zusammenarbeit in internationalen Organisationen Die Zugehörigkeit beider Vertragsparteien zu den wichtigsten internationalen Organisationen eröffnet ihnen regelmässig die Möglichkeit zum Meinungsaustausch, zum Dialog bei Themen von gegenseitigem Interesse und zur Vertiefung ihrer Beziehungen. Wie die Schweiz ist auch Bosnien und Herzegowina Mitglied der UNO und ratifizierte in dieser Eigenschaft den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Bosnien und Herzegowina ist seit 2002 ebenfalls Mitglied des Europarats. Im Rahmen dieser Mitgliedschaft ratifizierte es 2002 die EMRK und 2008 die revidierte Europäische Sozialcharta.

Im Umweltschutz unterzeichnete Bosnien und Herzegowina diverse internationale Umweltabkommen und -vereinbarungen, darunter das Rahmenüberkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen («UNFCCC»), das Kyoto-Protokoll, das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht, das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die biologische Vielfalt (noch nicht ratifiziert), das Stockholmer Übereinkommen
über persistente organische Schadstoffe, das Berner Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und das Basler Übereinkommen zur Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung.

8 9 10 11 12 13 14 15

SR 0.946.291.911 SR 0.975.219.1 SR 0.974.219.1 SR 0.748.127.191.91 SR 0.741.619.191 SR 0.142.111.919 SR 0.360.191.1 SR 0.142.111.912

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Bilateraler Handel und Investitionen Bosnien und Herzegowina ist in Südosteuropa nach Serbien und Mazedonien der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz ausserhalb der EU. 2012 betrugen die Schweizer Ausfuhren nach Bosnien und Herzegowina 54 Millionen Schweizerfranken (-5,4 % im Vorjahresvergleich). Am häufigsten exportiert werden Pharmazeutika (66 %), Maschinen (8 %), Textilien und Bekleidung (7 %) sowie Metalle (4 %).

Im gleichen Jahr beliefen sich die Importe der Schweiz aus Bosnien und Herzegowina auf gut 59 Millionen Schweizerfranken (+64 % im Vorjahresvergleich) und betrafen hauptsächlich Textilien und Bekleidung (21 %), Möbel (16 %), Schuhe (13 %) und Metalle (11 %). Die Schweiz stand 2012 an fünfter Stelle der Importpartner von Bosnien und Herzegowina.

Gemäss den Statistiken der Zentralbank von Bosnien und Herzegowina16 rangierte die Schweiz 2012 an siebter Position der Auslandsinvestoren in Bosnien und Herzegowina. Der Gesamtbetrag der schweizerischen Direktinvestitionen in Bosnien und Herzegowina belief sich Ende 2012 auf etwa 257,4 Millionen Euro. Die Investitionen werden in erster Linie von der bosnisch-herzegowinischen Diaspora und den Unternehmen mit Holdingsitz in der Schweiz beherrscht und konzentrieren sich vor allem auf die Dienstleistungssektoren (Erdöl, Tourismus, Medien und Handel), die Nahrungsmittel und die Industrie (Metalle und Holz).

Transitionszusammenarbeit der Schweiz zugunsten von Bosnien und Herzegowina Die Schweiz engagiert sich seit vielen Jahren aktiv für die Entwicklung von Bosnien und Herzegowina. Abhängig von den Ereignissen, die das Land prägten, und von den spezifischen Bedürfnissen, die sich nach dem Auseinanderbrechen des ehemaligen Jugoslawiens ergaben, profitierte Bosnien und Herzegowina, das seit 1992 Partnerland der Schweizer Hilfe ist, von verschiedenen Massnahmen und Programmen.

Die Schweiz unterstützte Bosnien und Herzegowina zunächst während des Bürgerkriegs (1992-1995) mit Soforthilfe und humanitärer Hilfe sowie mit der Aufnahme von etwa 18 000 Flüchtlingen. Unmittelbar nach Einstellung der bewaffneten Auseinandersetzungen setzte sich die Schweiz von 1996 bis 1999 für die Umsetzung eines Wiederaufbauprogramms für das Land in Gesamthöhe von 365 Millionen Schweizerfranken ein. Mit der Wiederherstellung des Friedens veränderte sich die Unterstützung
der Schweiz erneut. So wurden ab 1999 die ursprünglichen Tätigkeiten von einer langfristigen Unterstützung zugunsten von Wirtschafts- und Demokratiereformen des Landes und einer ethnischen Aussöhnung abgelöst. Heute ist Bosnien und Herzegowina ein Schwerpunktland der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit in Osteuropa und der Friedensförderung. Seit 1995 beläuft sich das Engagement der Schweiz auf über 500 Millionen Schweizerfranken. 1996 eröffneten die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Sarajewo ein gemeinsames Kooperationsbüro. Seit Juli 2013 arbeiten die Botschaft und das Kooperationsbüro als integrierte operative Einheit zusammen. Die Kooperationstätigkeit der Schweiz zugunsten von Bosnien und Herzegowina ist gegenwärtig in der von der DEZA und vom SECO gemeinsam ausgearbeiteten Strategie 2013-2016 im Bereich der internationalen Zusammen16

Da die Schweizerische Nationalbank (SNB) für Bosnien und Herzegowina keine Investitionszahlen veröffentlicht, wird auf offizielle bosnisch-herzegowinische Quellen zurückgegriffen.

1318

arbeit festgelegt. Das Hauptziel der Strategie besteht darin, einen Beitrag zur Transition von Bosnien und Herzegowina zu einer sozialen Marktwirtschaft und einem dezentralen und demokratischen Politsystem zu leisten, damit das Land langfristig der EU beitreten kann. Die neuen Schwerpunkte konzentrieren sich deshalb vor allem auf die Bereiche Gouvernanz, Wirtschaft und Beschäftigung, Gesundheit und Migration.

Im Rahmen der Zusammenarbeit unter der Schirmherrschaft der DEZA unterstützt die Schweiz Bosnien und Herzegowina vor allem im Sozialbereich, um den Zugang zu den Sozialdiensten zu verbessern und die Wahrung der damit zusammenhängenden Rechte zu fördern. In diesem Zusammenhang unterstützte die Schweiz in den vergangenen Jahren die Einführung der Familienmedizin. Angesichts der guten Ergebnisse wurde 2010 in Zusammenarbeit mit den Kantonen Bern, Freiburg, Genf und Jura ein Programm zur Förderung psychosozialer Dienste begonnen. Nach dem Krieg mussten viele Opfer posttraumatischer Belastungsstörungen behandelt werden und auch heute noch sind psychische Erkrankungen in der Bevölkerung weit verbreitet (traumatische Vergangenheit, Folgen des Zerfalls gesellschaftlicher Strukturen und Armut der Nachkriegszeit). Die Schweiz engagiert sich ausserdem aktiv für die Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung der Roma-Minderheiten, indem sie einen Ausbildungsfonds für Roma mitfinanziert. Mit ihrem Beitrag will die Schweiz den grossen Unterschied im Bildungsstand zwischen den Roma-Minderheiten und der restlichen Bevölkerung verkleinern, um den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen, in dem diese Gruppe gefangen ist. Die Schweiz setzte sich auch für bessere Arbeitschancen für Jugendliche in Bosnien und Herzegowina ein. Angesichts der immer noch schwierigen Wirtschaftslage im Land wandern zahlreiche gut ausgebildete Jugendliche aus Bosnien und Herzegowina aus, um eine attraktive Stelle zu finden, was die Entwicklungschancen des Landes dauerhaft schmälert. Um diesem Auswanderungstrend entgegenzuwirken, lancierte die Schweiz über die DEZA und das Bundesamt für Migration das Programm Re-connect, das bosnisch-herzegowinischen Jugendlichen, einschliesslich jenen in der Schweiz, dank Praktika in Bosnien und Herzegowina unter anderem in staatlichen Institutionen sowie in bosnisch-herzegowinischen und internationalen
Privatunternehmen bessere Arbeitschancen in ihrem Land bieten soll. Die Schweiz pflegt mit Bosnien und Herzegowina auch einen kulturellen Austausch. 2013-2014 wird beispielsweise der Zyklus Culturescapes in der Schweiz und in den Ländern des Westbalkans stattfinden.

Ausserdem leistete die Schweiz einen Beitrag zur Gründung des Filmfestivals von Sarajewo und finanziert namentlich jedes Jahr dessen Menschenrechtspreis.

Für den Zeitraum von 2013 bis 2016 beträgt das jährliche DEZA-Budget etwa 17 Millionen Schweizerfranken.

Ergänzend zu den DEZA-Tätigkeiten ist seit 1996 auch das SECO in Bosnien und Herzegowina mit mehreren Hilfsprogrammen aktiv, die insbesondere auf die Bereiche Finanzierung und Wiederherstellung der Basisinfrastrukturen wie der Energie- und der Trinkwasserversorgung ausgerichtet sind. Das SECO hat sich auch für den Aufbau makroökonomischer Unterstützungsmassnahmen (Schuldenreduktion, Budgethilfen) eingesetzt. Seit 2004 wurden in diesen Bereichen mehrere Projekte im Rahmen der Entwicklungsstrategie 2013-2016 durchgeführt und die SECO-Hilfe wurde verstärkt und ausgedehnt. So wurde die technische Hilfe, die auf den Finanzsektor, die Unterstützung der Handelsentwicklung und den in der Kooperationstätigkeit der Schweiz immer wichtiger werdenden Privatsektor ausgerichtet war, auf die Corporate Governance sowie die Investitions- und Handelsförderung 1319

zur Entwicklung von KMU ausgedehnt. Im öffentlichen Sektor unterstützt die Schweiz unter anderem in Partnerschaft mit multilateralen Institutionen regionale Projekte zur besseren Steuerung der öffentlichen Finanzen, die auch Bosnien und Herzegowina zugutekommen.

Bei der Entwicklung des Privatsektors baute das SECO ein Projekt für das Risikomanagement und die Regulierung von Mikrofinanzierungen (Microfinance Regulation and Risk Management) auf. Mit diesem Projekt soll der Mikrofinanzsektor in Bosnien und Herzegowina durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die in diesem Bereich tätigen Institutionen entwickelt werden. Eine weitere Initiative (SECO Start-up Fund, SSF) hat zum Ziel, die Gründung neuer Investitionsprojekte zu fördern. Durch die Gewährung von Kreditlinien übernimmt der Fonds einen Teil der von Schweizer Unternehmen während der Lancierungsphase eines Investitionsprojektes zu tragenen Kosten. Gegenwärtig profitieren drei schweizerisch-bosnische Gemeinschaftsunternehmen (Joint Ventures) von einem SSF-Darlehen. Im Bereich der Handelsförderung unterstützt die Schweiz durch das Swiss Import Promotion Program (SIPPO) seit 2008 die Ausfuhr von Produkten bosnisch-herzegowinischer Unternehmen in den europäischen Markt (Schweiz und EU), unter anderem in den Sparten natürliche Zutaten, Früchte und Gemüse, Möbel, Metalle und Holz.

Das Budget des SECO im Rahmen der Entwicklungsstrategie 2013-2016 beträgt für die Umsetzung seiner Tätigkeiten in Bosnien und Herzegowina 4 Millionen Schweizerfranken pro Jahr.

3

Erläuterungen zu den Bestimmungen des FHA und des bilateralen Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina

3.1

Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Bosnien und Herzegowina

3.1.1

Präambel

Die Präambel hält die allgemeinen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des FHA fest. Die Vertragsparteien bestätigen ihren Willen, die sie verbindenden Bande durch die Errichtung enger und dauerhafter Beziehungen zu festigen. Sie unterstreichen und bekräftigen ausserdem ihr Bekenntnis zu den grundlegenden Rechten und Grundsätzen im Bereich der Demokratie und der Menschenrechte und der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, zu den Arbeitnehmerrechten, zur Korruptionsbekämpfung, zum Völkerrecht ­ insbesondere der Charta der Vereinten Nationen17, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ­ sowie zum Schutz der Umwelt und zur nachhaltigen Entwicklung (vgl. Ziff. 3.1.7).

17

SR 0.120

1320

3.1.2

Kapitel 1: Allgemeine Bestimmungen (Art. 1-6)

Artikel 1 (Ziele): Basierend auf Artikel XXIV des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT 1994) errichten die EFTA-Staaten sowie Bosnien und Herzegowina durch den Abschluss des FHA und der bilateralen Zusatzabkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine Freihandelszone. Der Artikel präzisiert ausserdem die Ziele, die mit dem FHA erreicht werden sollen, namentlich: Liberalisierung des Warenverkehrs, Förderung der Investitionen, Stimulierung des Wettbewerbs, Verbesserung des Zugangs zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten sowie eine harmonische Entwicklung des internationalen Handels auf eine Weise, die einen Beitrag zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung leistet.

Artikel 2 (Diesem Abkommen unterliegende Handelsbeziehungen): Das FHA tangiert die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Mitgliedstaaten nicht. Diese richten sich nach dem Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) in der konsolidierten Fassung des Vaduzer Abkommens vom 21. Juni 200118. Zudem wendet die Schweiz gestützt auf den Vertrag vom 29. März 192319 zwischen der Schweiz und Liechtenstein die FHA-Bestimmungen zum Warenverkehr auch für Liechtenstein an.

Artikel 3-5: Diese Artikel regeln das Verhältnis zu anderen internationalen Abkommen (Art. 3), den territorialen Anwendungsbereich des FHA (Art. 4) und die Anwendung des Abkommens durch die zentralen, regionalen und lokalen Behörden (Art. 5).

Artikel 6 zur Transparenz regelt die Informationspflichten der Vertragsparteien.

Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften sowie Verwaltungs- und Gerichtsentscheide veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen. Dies gilt auch für internationale Abkommen, die einen Einfluss auf die Umsetzung des FHA haben können.

Ausserdem verpflichten sich die Vertragsparteien, unverzüglich auf ihnen gestellte Fragen zu antworten und die relevanten Informationen zu liefern, ohne vertrauliche Informationen offenlegen zu müssen.

3.1.3

Kapitel 2: Warenverkehr (Art. 7-24)

Das Kapitel über den Warenverkehr folgt dem Aufbau der meisten FHA, welche die EFTA-Staaten bisher mit Drittländern abgeschlossen haben. Es deckt mehrere Aspekte ab, namentlich den Geltungsbereich (Art. 7), die Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterung (Art. 8, 15 und 16), die Zölle (Art. 9 und 10), andere handelsbezogene Massnahmen (Art. 11-14 und 17), die Wettbewerbsregeln (Art. 18), die Handelsdisziplinen (Art. 19-23) sowie die Ausnahmen (Art. 24).

Artikel 7 (Geltungsbereich): Dieser Artikel legt den Geltungsbereich des FHA im Bereich des Warenverkehrs fest. Dieser umfasst die Industrieprodukte ­ also die Kapitel 25-97 des Harmonisierten Systems des Internationalen Übereinkommens vom 14. Juni 198320 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren ­ Fisch und andere Meeresprodukte sowie verarbeitete Landwirtschaftsprodukte. Die für die Landwirtschaftspolitik der EFTA-Staaten üblicherweise 18 19 20

SR 0.632.31 SR 0.631.112.514 SR 0.632.11

1321

sensiblen Tarifpositionen (insbesondere Futtermittel) sind vom Geltungsbereich des FHA ausgeschlossen (Anhang I).

Artikel 8, 15 und 16: Im Bereich der Ursprungsregeln (Art. 8 und Protokoll über die Ursprungsregeln) stimmte Bosnien und Herzegowina der Aufnahme eines Verweises auf das Regionale Übereinkommen über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln21 nicht zu. Die bosnisch-herzegowinische Seite machte innerstaatliche Rechtsgründe dafür geltend, die das Land daran hinderten, in einem FHA einen Verweis auf ein Übereinkommen aufzunehmen, das es noch nicht unterzeichnet habe. Das FHA übernimmt deshalb das übliche Euro-Med-Ursprungsprotokoll, enthält aber gleichwohl eine Bestimmung, nach der dieses Protokoll durch das oben genannte Übereinkommen abgelöst wird, sobald Bosnien und Herzegowina dieses unterzeichnet hat. Ausserdem wird die diagonale Pan-Euro-Med-Kumulierung erst möglich, wenn die Protokolle über die Ursprungsregeln der verschiedenen Freihandelsabkommen zwischen den Partnern der Euro-Med-Zone aktualisiert worden sind.

Solange die diagonale Kumulierung nicht möglich ist, werden im bilateralen Handel zwischen den EFTA-Staaten und Bosnien und Herzegowina ausschliesslich die bekannten Ursprungsnachweise EUR.1 und die Ursprungserklärung auf der Rechnung verwendet. Die Rückerstattung von Zöllen, die auf Einfuhren aus Drittländern erhoben wurden (drawback), kann eine Wettbewerbsverzerrung verursachen und ist verboten. Das FHA enthält ausserdem Bestimmungen zur Handelserleichterung (Art. 15 und Anhang V). Diese verpflichten die Vertragsparteien unter anderem zur Einhaltung internationaler Standards bei der Ausgestaltung von Zollverfahren sowie zur Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden, um beispielsweise durch erhöhte Transparenz und die Nutzung von Informationstechnologien administrative Handelshemmnisse zu vermeiden. Unter dem Abkommen wird ein Unterausschuss über Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterung eingesetzt (Art. 16 und Anhang VI). Dieser ist zuständig dafür, den Informationsaustausch sicherzustellen, die Entwicklung in diesem Bereich zu verfolgen sowie die sich daraus ergebenden technischen Anpassungen vorzubereiten.

Artikel 9 regelt die Präferenzzollbehandlung, welche die Vertragsparteien einander nach dem FHA im Handel mit Industrieprodukten, Fisch und anderen
Meeresprodukten sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten gewähren. Das Abkommen ist zugunsten von Bosnien und Herzegowina teilweise asymmetrisch ausgestaltet und trägt so den Unterschieden in der Wirtschaftsentwicklung der Vertragsparteien Rechnung. Mit Ausnahme einiger Tarifpositionen, die für die Landwirtschaftspolitik üblicherweise sensibel sind (insbesondere Futtermittel, Anhang I), heben die EFTA-Staaten mit Inkrafttreten des Abkommens sämtliche Zölle und Abgaben auf Industrieprodukte auf. Obwohl ein Grossteil (71 %) dieser Produkte aus den EFTA-Staaten mit Inkrafttreten des FHA ebenfalls zollfrei Zugang zum bosnisch-herzegowinischen Markt haben werden, profitiert Bosnien und Herzegowina für eine Anzahl von Tariflinien bis zum 1. Januar 2017 von Übergangsfristen für die schrittweise Aufhebung der Zölle. Diese sind je nach Sensibilitätsgrad der Produkte in drei Kategorien mit Aufhebungsfristen von zwei bis vier Jahren eingeteilt (Anhang IV). Unter die für Bosnien und Herzegowina sensiblen Produkte fallen unter anderem bestimmte Textilien, Schuhe und Glaswaren. Da Bosnien und Herzegowina den EFTA-Staaten in diesem Bereich die gleichen Konzessionen einräumt wie der EU, diese aber teilweise zeitversetzt Anwendung finden werden, ergibt sich 21

SR 0.946.31

1322

für die EFTA-Staaten bereits mit Inkrafttreten des FHA ein teilweiser Aufholeffekt gegenüber der EU (die bereits seit dem 1. Januar 2013 in den Genuss einer vollständigen Zollbefreiung kommt). Ab dem 1. Januar 2017 gelten für die EFTA-Staaten die gleichen Konzessionen wie für die EU.

Im Bereich Fisch und andere Meeresprodukte (Anhang III) ist zugunsten von Bosnien und Herzegowina ebenfalls ein asymmetrischer Zollabbau vorgesehen, indem die EFTA-Staaten die Zollfreiheit schon bei Inkrafttreten des Abkommens gewähren. Mit Ausnahme von zehn Tariflinien, für die Bosnien und Herzegowina seinen Freihandelspartnern einschliesslich der EU keine Konzessionen einräumen kann, wird das Land seine Zölle mit Inkrafttreten des Abkommens vollständig oder nach Ablauf der Übergangsfristen, die je nach Sensibilitätsgrad der Produkte drei (bis 1.1.2017) bis vier Jahre (bis 1.1.2018) dauern, schrittweise aufheben. Das Abkommen sieht für diese zehn von Konzessionen ausgeschlossenen Tariflinien gleichwohl eine Revisionsklausel vor.

In Bezug auf die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte (Anhang II) gewähren die EFTA-Staaten Bosnien und Herzegowina Konzessionen in Form der Gleichbehandlung mit Produkten aus der EU. Die EFTA-Staaten beseitigen das Industrieschutzelement der Zölle. Sie verzichten ausserdem bei der Ausfuhr von Produkten, die Gegenstand von Konzessionen sind, auf die Ausrichtung von Ausfuhrbeiträgen.

Bosnien und Herzegowina räumt den EFTA-Staaten auf alle Produkte, die für sie von Interesse sind, Konzessionen ein, die grösstenteils mit Inkrafttreten des FHA, spätestens aber ab dem 1. Januar 2017 gelten werden. Die Schweiz erhält von Bosnien und Herzegowina Konzessionen in Form der Aufhebung oder Senkung von Zöllen, unter anderem für Joghurt, Kaffee, Bonbons/Süssigkeiten, Schokolade, Nahrungsmittelzubereitungen, Teigwaren, Müesli, Backwaren, Konfitüre, Senf und Mayonnaise sowie Mineralwasser und andere alkoholfreie Getränke. In Bezug auf Joghurt und andere fermentierte Milchprodukte, Frischteigwaren, Biskuits, Konfitüre und Mineralwasser gewährt Bosnien und Herzegowina den EFTA-Staaten einen Rabatt von 50 Prozent, während diese Produkte mit Präferenzursprung in der EU zollfrei nach Bosnien und Herzegowina eingeführt werden können.

Artikel 10 legt fest, dass der Ausgangszollsatz, von dem aus auf Einfuhren
schrittweise Zollsenkungen gewährt werden sollen, für die EFTA-Staaten der am 1. Januar 2011 angewendete Meistbegünstigungsansatz (MFN-Ansatz) und für Bosnien und Herzegowina der 2011 angewendete Zolltarif ist. Wird vor, bei oder nach Inkrafttreten des FHA eine Zollsenkung erga omnes vorgenommen, so ersetzen die gesenkten Zollsätze die Ausgangszollsätze nach Artikel 10 Absatz 1 ab dem Zeitpunkt, zu dem die Senkungen angewendet werden, oder ab Inkrafttreten des FHA, falls dies später erfolgt.

Artikel 11-14 und 17: Das FHA mit Bosnien und Herzegowina verweist wie andere EFTA-FHA für eine Reihe von handelsbezogenen Massnahmen auf die sich aus den WTO-Abkommen ergebenden Rechte und Pflichten und erklärt einen Teil von ihnen zu Bestandteilen des FHA. Dies ist der Fall für die Bestimmungen über mengenmässige Beschränkungen bei der Ein- und Ausfuhr (Art. 11), die Nichtdiskriminierung durch interne Steuern und Regelungen (Art. 12), gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen (Art. 13), technische Vorschriften (Art. 14) und staatliche Handelsunternehmen (Art. 17). Gemäss dieser letzten Bestimmung sind die staatlichen Unternehmen gehalten, sich bei Beschlüssen bezüglich Ein- oder Ausfuhren an die allgemeinen Grundsätze der Nichtdiskriminierung zu halten und sich allein von geschäftlichen Überlegungen leiten zu lassen.

1323

Artikel 18: Die Bestimmungen über Wettbewerbsregeln betreffend Unternehmen halten fest, dass bestimmte wettbewerbsverzerrende Praktiken mit dem Abkommen unvereinbar sind (Abs. 1 Bst. a und b). Diese Bestimmungen gelten auch für öffentliche Unternehmen oder gewerbliche Unternehmen, die mit besonderen oder ausschliesslichen Rechten ausgestattet sind (Abs. 2). Das FHA sieht zudem einen Mechanismus vor, der den Vertragsparteien zur Verfügung steht, um in konkreten Fällen Praktiken zu unterbinden, die mit dem Abkommen unvereinbar sind (Abs. 4).

Artikel 19-23: Im Bereich der Handelsdisziplinen verweist das Abkommen in Bezug auf Subventionen und Ausgleichsmassnahmen auf die einschlägigen GATT/WTO-Bestimmungen (Art. 19 Abs. 1). Über die GATT/WTO-Regeln hinaus verpflichtet das FHA die Vertragsparteien zur Aufnahme von Konsultationen, bevor eine dieser Parteien eine Untersuchung nach Artikel 11 des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen22 einleitet, um das Vorliegen, die Höhe und die Auswirkungen einer angeblichen Subvention festzustellen. Dieses Konsultationsverfahren räumt den betroffenen Parteien eine Frist von 45 Tagen ein, um eine beiderseits annehmbare Lösung zu finden und damit das WTO-Verfahren zu vermeiden (Art. 19 Abs. 2). Ausserdem vereinbaren die Vertragsparteien, gegenseitig keine Antidumpingmassnahmen anzuwenden, welche die WTO als solche betrachtet (Art. 20). Das FHA verweist auch bei den allgemeinen Schutzmassnahmen auf die einschlägigen GATT/WTO-Bestimmungen (Art. 21). Jede Vertragspartei verpflichtet sich über diese Regeln hinaus, auf Einfuhren einer anderen Vertragspartei keine allgemeinen WTO-Schutzmassnahmen anzuwenden, falls diese Einfuhren nicht die Ursache eines bestehenden oder drohenden Schadens sind. Nach der Klausel zu bilateralen Schutzmassnahmen (Art. 22) kann jede Vertragspartei bei ernsthaften Marktstörungen, die durch den Zollabbau nach dem FHA verursacht wurden, unter bestimmten Bedingungen vorübergehend wieder Zölle einführen (Abs. 1-3). Die Anwendung dieser Massnahme ist auf eine Gesamtdauer von höchstens drei Jahren beschränkt und kann auf ein Produkt, das zuvor Gegenstand einer solchen Massnahme war, während einer Karenzfrist von mindestens vier Jahren nach Beendigung dieser Massnahme nicht angewendet werden (Abs. 5). Fünf Jahre nach Inkrafttreten
des FHA wird überprüft, ob diese Klausel beibehalten werden soll (Abs. 10). Falls die Anwendung des FHA in der ausführenden Vertragspartei zu einer kritischen Verknappung eines wichtigen Produkts führt oder zu führen droht, kann sie gemäss der Verknappungsklausel nach Artikel 23 vorübergehend auch Dringlichkeitsmassnahmen ergreifen, wenn sie vorgängig Konsultationen mit den Vertragsparteien durchgeführt hat.

Artikel 24: In Bezug auf die Ausnahmen zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit sowie der inneren und äusseren Sicherheit des Landes übernimmt das FHA die einschlägigen WTO-Bestimmungen, die zu Bestandteilen des Abkommens erklärt werden.

22

SR 0.632.20, Anhang 1A.13

1324

3.1.4

Kapitel 3: Schutz des geistigen Eigentums (Art. 25)

Artikel 25 (Schutz des geistigen Eigentums): Absatz 1 verpflichtet die Vertragsparteien, einen wirksamen Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und dessen Durchsetzung sicherzustellen. Die Vertragsparteien treffen unter anderem Massnahmen gegen Fälschung und Piraterie. Nach den Absätzen 2 und 3 gelten die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gemäss den relevanten Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum23 («TRIPS-Abkommen»). Das Abkommen schreibt zudem vor, dass die Vertragsparteien zur erneuten Prüfung der Bestimmungen über das geistige Eigentum Konsultationen eröffnen können, um das Schutzniveau zu verbessern und Handelsverzerrungen, die sich aus dem gegenwärtigen Schutzumfang ergeben, zu vermeiden oder zu beseitigen (Abs. 4).

Anhang VII zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum Allgemein entsprechen die materiellen Bestimmungen von Anhang VII den europäischen Normen.

Artikel 2 (Internationale Abkommen): Ähnlich wie in anderen von der EFTA abgeschlossenen FHA bestätigen die Vertragsparteien ihre Pflichten unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, deren Vertragspartei sie sind (Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums24, revidiert am 14. Juli 1967; Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst25, revidiert am 24. Juli 1971; Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens, Washingtoner Fassung vom 3. Oktober 200126; Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren27; Abkommen von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, Genfer Fassung vom 28. September 197928; das Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken29 sowie die Genfer Akte von 1999 des Haager Abkommens über die internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle30). Sofern sie noch nicht Vertragsparteien dieser Abkommen sind, verpflichten sich die Parteien dazu, die materiellen Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO einzuhalten und bis spätestens am 31. Dezember 2013 folgenden weiteren wichtigen internationalen Harmonisierungs- und Schutzabkommen im Bereich des geistigen Eigentums
beizutreten oder diese zu ratifizieren: internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen31 (Rom-Abkommen), WIPOUrheberrechtsvertrag32 (Genf 1996), WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger33 (Genf 1996) sowie internationales Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

SR 0.632.20, Anhang 1C SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.232.141.1 SR 0.232.145.1 SR 0.232.112.8 SR 0.232.112.4 SR 0.232.121.4 SR 0.231.171 SR 0.231.151 SR 0.231.171.1

1325

zum Schutz von Pflanzenzüchtungen in der revidierten Fassung von 199134, sofern die Vertragspartei nicht schon Mitglied der revidierten Fassung von 197835 ist.

Artikel 3: Das Abkommen enthält eine Reihe von Bestimmungen zum Urheberrechtsschutz, die unter anderem die visuellen und audiovisuellen Produktionen der Künstler und Künstlerinnen abdecken. Insbesondere sieht es die Ausdehnung gewisser Bestimmungen des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger auf die Kunstschaffenden im audiovisuellen Bereich vor, die nicht über den allen Künstlern und Künstlerinnen gewährleisteten internationalen Schutz verfügen. Ausserdem sieht das Abkommen den Schutz der Sendeunternehmen vor, einschliesslich bei der Verbreitung über Internet (Anhang VII Art. 3).

Artikel 4-7 (Markenschutz, Patente, vertrauliche Daten, Schutz gewerblicher Modelle): Die Bestimmungen in Anhang VII gehen in verschiedenen Bereichen über das im TRIPS-Abkommen der WTO festgesetzte Schutzniveau hinaus. Dies betrifft namentlich die Bestimmungen zum Markenschutz (Verweis auf die WIPOEmpfehlungen zum Schutz notorischer und berühmter Marken und zum Schutz gewerblicher Kennzeichen im Internet) (Anhang VII Art. 4) sowie den Schutz gewerblicher Muster und Modelle (Verlängerung der Schutzdauer auf 25 Jahre) (Anhang VII Art. 7). In Bezug auf den Schutz vertraulicher Testergebnisse, die beim offiziellen Marktzulassungsverfahren einzureichen sind (Anhang VII Art. 6), sieht das Abkommen eine Schutzdauer von zehn Jahren für agrochemische Produkte vor.

Bei Pharmazeutika ist die Schutzdauer nach folgendem Modell abgestuft: achtjähriger Unterlagenschutz und zusätzlicher zweijähriger Vermarktungsschutz mit der Möglichkeit einer einjährigen Verlängerung. Im Patentbereich (Anhang VII Art. 5) legt das Abkommen fest, dass die Vertragsparteien als Ausgleich für die Zeit zwischen Patenteintragung und Marktzulassung die Patentschutzdauer für pharmazeutische Produkte und Pflanzenschutzmittel unter gewissen Bedingungen mit einem ergänzenden Schutzzertifikat um bis zu maximal fünf Jahre verlängern.

Artikel 8: Das Abkommen sieht auch einen erhöhten Schutz geografischer Angaben und Herkunftsangaben für Waren und Dienstleistungen vor (Anhang VII Art. 8). Es verhindert insbesondere die Registrierung der Ländernamen der Vertragsparteien (einschliesslich der davon
abgeleiteten Bezeichnungen wie «Swiss», «Switzerland», «Suisse») und ihrer Wappen, Fahnen und Embleme sowie deren missbräuchliche Verwendung als Marken, gewerbliche Modelle oder andere geschützte Titel (beispielsweise Firmennamen).

Artikel 9-17: Die Bestimmungen zu den Verfahren für den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Einhaltung und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum (Anhang VII Art. 9-17) widerspiegeln gewisse Errungenschaften der geltenden nationalen Gesetzgebungen der Vertragsparteien und gehen im einen oder anderen Bereich über die Minimalstandards des TRIPS-Abkommens der WTO hinaus. Diese Bestimmungen bewegen sich gleichwohl im Rahmen der Bestimmungen anderer EFTA-Freihandelsabkommen. So sieht das FHA unter anderem vor, dass die Zollbehörden einer Vertragspartei ein- oder ausgeführte Waren, die möglicherweise gegen Immaterialgüterrechte verstossen (Urheberrechte, Marken, Patente, geografische Angaben usw.), beschlagnahmen können. Ausserdem sind die Vertragsparteien gehalten, gegenüber Personen, die gegen Schutzrechte an geistigem Eigentum verstossen, zivil- oder strafrechtliche Massnahmen zu ergreifen. Die Vertragsparteien 34 35

UPOV-Übereinkommen, revidierte Fassung von 1991, SR 0.232.163 UPOV-Übereinkommen, revidierte Fassung von 1978, SR 0.232.162

1326

streben ausserdem eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums an (Anhang VII Art. 17).

3.1.5

Kapitel 4: Investitionen, Dienstleistungen und öffentliches Beschaffungswesen (Art. 26-28)

Artikel 26: Das FHA enthält Bestimmungen mit allgemeinen Grundsätzen zum Schutz und zur Förderung von Investitionen. Insbesondere sorgen die Vertragsparteien für Investoren der anderen Vertragsparteien, die in ihrem Hoheitsgebiet Investitionen tätigen oder zu tätigen suchen, für beständige, gerechte und transparente Investitionsbedingungen (Abs. 1). Zudem sehen die Vertragsparteien zur Investitionsförderung verschiedene Kooperationsmassnahmen vor (Abs. 3). Eine Entwicklungsklausel sieht spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens die Prüfung der Möglichkeit vor, dessen Geltungsbereich auf das Niederlassungsrecht im Zusammenhang mit Investitionen auszudehnen (Abs. 4). Darüber hinaus verpflichten sich die Vertragsparteien in Bezug auf spezifische Investitionen eines Investors einer anderen Vertragspartei zur Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen (Abs. 5)36. Ausserdem bleibt das ­ inhaltlich umfassendere ­ Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen von 2003 zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina37 anwendbar. Im Konfliktfall gehen dessen Bestimmungen denjenigen des FHA vor.

Artikel 27: Im Dienstleistungsbereich bestätigen die Vertragsparteien ihre Verpflichtungen aus dem Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen38 (GATS) der WTO. Ausserdem sieht das Abkommen für den Fall, dass eine Vertragspartei einer Nicht-Vertragspartei zusätzliche Vorteile für den Zugang zu ihren Dienstleistungsmärkten gewährt, die Eröffnung von Konsultationen vor, um diese Vorteile auf Grundlage der Gegenseitigkeit auf die andere Vertragspartei auszudehnen (Abs. 2).

Artikel 28: Das Abkommen legt das Ziel fest, den gegenseitigen Zugang zu den Beschaffungsmärkten schrittweise zu liberalisieren, und enthält in diesem Bereich eine Entwicklungs- und Verhandlungsklausel, die insbesondere auf die Vermeidung allfälliger Diskriminierungen abzielt, die Bosnien und Herzegowina oder den EFTAStaaten aus künftigen Präferenzabkommen einer Vertragspartei mit einem Drittland erwachsen könnten.

36

37 38

In Bezug auf Absatz 5 haben Norwegen und Bosnien und Herzegowina vereinbart, dass diese Bestimmung zwischen ihnen nicht anwendbar ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Norwegen aus innerstaatlichen Gründen nicht in der Lage ist, im Investitionsschutzbereich überhaupt Verpflichtungen gegenüber diesem Land einzugehen.

SR 0.975.219.1 SR 0.632.20, Anhang 1B

1327

3.1.6

Kapitel 5: Zahlungen und Kapitalverkehr (Art. 29-32)

Artikel 29-31 (Zahlungen für laufende Geschäfte, Kapitalverkehr, Zahlungsbilanzschwierigkeiten): Die Vertragsparteien verpflichten sich, alle Zahlungen für laufende Geschäfte in einer frei konvertierbaren Währung zuzulassen (Art. 29). Sie sorgen auch dafür, dass Kapital im Zusammenhang mit Investitionen grundsätzlich frei transferiert werden kann (Art. 30). Ist eine Vertragspartei mit schwerwiegenden Zahlungsbilanzschwierigkeiten konfrontiert oder droht ihr diese Gefahr (Art. 31), so kann sie unter bestimmten Bedingungen vorübergehend die in den Absätzen 29 und 30 vorgesehenen laufenden Zahlungen und Kapitalbewegungen beschränken.

Artikel 32: Bei den üblichen Ausnahmen insbesondere in Bezug auf den Schutz der öffentlichen Ordnung oder der Gesundheit finden mutatis mutandis die Regeln von Artikel XIV des GATS Anwendung auf das FHA und werden zu dessen Bestandteilen erklärt.

3.1.7

Kapitel 6: Handel und nachhaltige Entwicklung (Art. 33-42)

Die EFTA-Staaten haben Bosnien und Herzegowina ihre Musterbestimmungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung vorgeschlagen. Bosnien und Herzegowina hat die von der EFTA vorgeschlagenen Bestimmungen vollumfänglich übernommen, einschliesslich des Kapitels «Handel und nachhaltige Entwicklung» sowie der entsprechenden Klauseln in der Präambel (vgl. Ziff. 3.1.1) und der sektoriellen Kapitel des FHA.

Artikel 33 (Hintergrund und Ziele): Absatz 1 dieses Artikels zählt eine Reihe multilateraler Umweltabkommen und Abkommen über Arbeitsnormen auf, denen die EFTA-Staaten und Bosnien und Herzegowina angehören und auf die sie verweisen.

Gemäss Absatz 2 anerkennen die Vertragsparteien den Grundsatz, dass die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung sowie der Umweltschutz voneinander abhängige Elemente der nachhaltigen Entwicklung sind, die sich gegenseitig unterstützen. In Absatz 3 bekräftigen sie zudem ihre Verpflichtung zur Förderung des internationalen und bilateralen Handels auf eine Weise, die mit den Zielen der nachhaltigen Entwicklung vereinbar ist.

Artikel 34 (Anwendungsbereich): Diese Bestimmung präzisiert, dass das Kapitel für die von den Vertragsparteien getroffenen oder beibehaltenen Massnahmen gilt, die Handels- und Investitionsaspekte von Umwelt- und Arbeitsfragen betreffen.

Artikel 35 und 36 (Recht auf Regulierungstätigkeit und Schutzniveaus, Aufrechterhaltung der Schutzniveaus bei der Anwendung und Durchsetzung von Gesetzen, Vorschriften und Normen): Insbesondere in Bezug auf die Umweltschutzbestimmungen des Kapitels sind die Vertragsparteien bestrebt, in ihrer nationalen Gesetzgebung ein hohes Umweltschutzniveau vorzusehen und zu fördern (Art. 35 Abs. 2) und in Übereinstimmung mit den auf sie anwendbaren multilateralen Umweltabkommen (Art. 36 Abs. 1) wirksam umzusetzen. Auch in Bezug auf die Bestimmungen zu den Arbeitsnormen sind die Vertragsparteien bestrebt, in ihrer nationalen Gesetzgebung ein hohes Arbeitsschutzniveau vorzusehen und zu fördern (Art. 35 Abs. 2), und verpflichten sich, dieses wirksam umzusetzen (Art. 36 Abs. 2), namentlich unter Verfolgung der Ziele der Ministererklärung des Wirtschafts- und Sozial1328

rats der Vereinten Nationen (ECOSOC) zu Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit sowie der IAO-Erklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung. Darüber hinaus verpflichten sich die Vertragsparteien, das in ihrer nationalen Gesetzgebung vorgesehene Umwelt- und Arbeitsschutzniveau nicht mit der alleinigen Absicht zu schwächen oder zu senken, Investitionen anzuziehen oder einen Wettbewerbsvorteil im Handel zu erlangen (Art. 36 Abs. 2).

Artikel 37 (Internationale Arbeitsnormen und Arbeitsübereinkommen): Ergänzend zu den Bestimmungen der Artikel 35 und 36 bekräftigen die Vertragsparteien ihre Verpflichtungen zur Einhaltung der grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit, die sich aus ihrer Mitgliedschaft bei der IAO ergeben (Vereinigungsfreiheit, Beseitigung der Zwangsarbeit, Beseitigung der Diskriminierung, Abschaffung der Kinderarbeit) (Art. 37 Abs. 1 Bst. a-d). Sie verpflichten sich ferner zur wirksamen Umsetzung der auf sie anwendbaren IAO-Übereinkommen und sind bestrebt, auf die Ratifikation der IAO-Übereinkommen hinzuarbeiten, die von der IAO als nicht revisionsbedürftig bezeichnet werden (Übereinkommen gemäss der IAO-Liste der Instrumente, die «up to date» sind) (Art. 37 Abs. 3).

Artikel 38 (Multilaterale Umweltübereinkommen und Umweltprinzipien): Die Vertragsparteien bekräftigen ebenfalls ihre Verpflichtung, die multilateralen Umweltübereinkommen, deren Partei sie sind, in ihrer nationalen Gesetzgebung und ihren innerstaatlichen Praktiken wirksam umzusetzen. Ferner bekräftigen sie die Befolgung der Umweltprinzipien, zu denen sie sich verpflichtet haben und die sich in den Umweltinstrumenten nach Artikel 33 Absatz 1 wiederfinden, wie der Stockholmer Erklärung über die Umwelt des Menschen von 1972, der Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung von 1992, der Agenda 21 für Umwelt und Entwicklung von 1992 und dem Aktionsplan von Johannesburg für nachhaltige Entwicklung von 2002.

Artikel 39 und 40 (Förderung eines nachhaltigen Handels und nachhaltiger Investitionen, Zusammenarbeit in internationalen Foren): Die Vertragsparteien bemühen sich nach diesen beiden Bestimmungen zudem um Erleichterung und Förderung von Auslandsinvestitionen, des Handels mit Waren und der Verbreitung von Waren und Dienstleistungen, die umweltfreundlich und nachhaltig sind (Art. 39) sowie um
Stärkung ihrer Zusammenarbeit im Bereich der nachhaltigen Entwicklung in den einschlägigen internationalen Foren (Art. 40).

Artikel 41 und 42 (Durchführung und Konsultationen, Überprüfung): Auf institutioneller Ebene ist der Gemischte Ausschuss des FHA berechtigt, alle unter dieses Kapitel fallenden Bestimmungen zu behandeln und zu diskutieren sowie auf Ersuchen einer Vertragspartei Konsultationen durchzuführen (Art. 41 Abs. 2). Darüber hinaus sind spezifische Kontaktstellen der Vertragsparteien vorgesehen (Art. 41 Abs. 1). Bei Streitigkeiten bezüglich der Auslegung und Anwendung von Bestimmungen des Kapitels können die Vertragsparteien Konsultationen unter dem Streitbeilegungsmechanismus in Anspruch nehmen, nicht aber das Schiedsverfahren (Art. 41 Abs. 3). Eine Revisionsklausel ermöglicht es, dass auf Ersuchen einer Vertragspartei die Umsetzung der Ziele dieses Kapitels geprüft und dessen mögliche Weiterentwicklung angesichts der internationalen Entwicklungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung untersucht werden (Art. 42).

1329

3.1.8

Kapitel 7: Institutionelle Bestimmungen (Art. 43)

Um das einwandfreie Funktionieren des Abkommens sowie die ordnungsgemässe Anwendung der Bestimmungen sicherzustellen, wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt (Abs. 1). Er besteht aus Vertretern und Vertreterinnen aller Vertragsparteien und entscheidet als paritätisches Organ durch Konsens. Er hat unter anderem die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu beaufsichtigen (Abs. 2 Bst. a), die Möglichkeit zur weiteren Beseitigung von Handelshemmnissen und die Weiterentwicklung des Abkommens zu prüfen (Abs. 2 Bst. b und c), die Arbeit der nach dem Abkommen eingesetzten Unterausschüsse und Arbeitsgruppen zu beaufsichtigen (Abs. 2 Bst. d) sowie bei Streitigkeiten bezüglich der Anwendung oder Auslegung des Abkommens Konsultationen abzuhalten (Abs. 2 Bst. e). Der Gemischte Ausschuss gibt zuhanden der Vertragsparteien Empfehlungen ab und erarbeitet Vorschläge zu Abkommensänderungen, die er den Vertragsparteien zur Genehmigung und Ratifikation gemäss ihren jeweiligen Verfahren vorlegt. Das Abkommen überträgt dem Gemischten Ausschuss ausserdem Entscheidungsbefugnisse (Abs. 4). So kann er Änderungen der Anhänge und Protokolle zu diesem Abkommen selbst beschliessen (Abs. 8). Solche Beschlüsse des Gemischten Ausschusses fallen in der Schweiz im Allgemeinen in die Genehmigungskompetenz des Bundesrates für Verträge von beschränkter Tragweite im Sinne von Artikel 7a Absatz 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199739 (RVOG). Der Bundesrat informiert die Bundesversammlung im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung über die von ihm in eigener Kompetenz abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge über diese Änderungen. Ziel dieser Delegation der Kompetenz zur Änderung der Anhänge und Protokolle an den Gemischten Ausschuss ist es, das Verfahren für technische Anpassungen zu vereinfachen und so die Verwaltung des Abkommens zu erleichtern. Von dieser Kompetenzdelegation werden alle Anhänge, Protokolle und Appendices zu diesem Abkommen erfasst: Anhang I (Ausgenommene Erzeugnisse), Anhang II (Landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte), Anhang III (Fisch und andere Meeresprodukte), Anhang IV (Industrieprodukte), Anhang V (Handelserleichterung), Anhang VI (Auftrag des Unterausschusses über Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterung), Anhang VII
(Schutz des geistigen Eigentums), Anhang VIII (Übergangsregelung) und das Protokoll über die Ursprungsregeln mit seinen Appendices.

Die Anhänge und Protokolle zu den FHA der EFTA-Staaten werden regelmässig aktualisiert, namentlich um den Entwicklungen im internationalen Handelssystem (z.B. WTO, Weltzollorganisation, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner) Rechnung zu tragen.

3.1.9

Kapitel 8: Streitbeilegung (Art. 44-46)

Kapitel 8 sieht ein detailliertes Konsultations- und Schiedsverfahren für Streitigkeiten bezüglich der Auslegung und Umsetzung des FHA vor.

Artikel 44: Das Streitbeilegungsverfahren beruht auf Konsultationen zwischen den Vertragsparteien (Art. 44 Abs. 2), die im Rahmen des Gemischten Ausschusses abgehalten werden (Art. 44 Abs. 3). Wurden innerhalb der vom Abkommen bestimmten Frist (20 Tage ab Eingangszeitpunkt des Gesuchs) keine Konsultationen 39

SR 172.010

1330

abgehalten, hat die ersuchte Vertragspartei nicht innerhalb von zehn Tagen nach Eingang des Gesuchs geantwortet oder konnte die Streitigkeit nicht innerhalb von 60 Tagen durch das Konsultationsverfahren nach Artikel 45 Absatz 1 beigelegt werden, so hat die beschwerdeführende Vertragspartei das Recht, ein Schiedsverfahren in Anspruch zu nehmen, indem sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangt.

Artikel 45 (Schiedsverfahren): Das Schiedsgericht besteht aus drei Mitgliedern, die nach den Regeln der freiwilligen Schiedsgerichtsordnung des Ständigen Schiedshofes zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen zwei Staaten40 ernannt werden.

Wie in anderen Abkommen der EFTA haben die Vertragsparteien, die nicht Streitparteien sind, unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, im Schiedsverfahren als interessierte Parteien zu intervenieren. Das Schiedsgericht gibt sein Urteil innerhalb von 180 Tagen nach Ernennung seines oder seiner Vorsitzenden bekannt. Die Urteile des Schiedsgerichts sind endgültig und für die Streitparteien bindend.

Artikel 46 (Umsetzung des Urteils): Die Streitparteien sind gehalten, zur Umsetzung des Schiedsgerichtsurteils die angemessenen Massnahmen zu ergreifen. Setzt eine Partei das Urteil nicht innerhalb einer angemessen Frist um und wurde kein Ausgleich vereinbart, so kann ihr die beschwerdeführende Partei nach Ablauf einer 30-tägigen Notifikationsfrist gleichwertige Vorteile entziehen, bis das Urteil des Schiedsgerichts umgesetzt wird oder die Streitigkeit auf andere Weise beigelegt werden kann. Eine allfällige Uneinigkeit über die Umsetzung des Schiedsspruchs ist dem ursprünglichen Schiedsgericht vorzulegen, bevor die beschwerdeführende Partei gleichwertige Vorteile aussetzen darf.

3.1.10

Kapitel 9: Schlussbestimmungen (Art. 47-54)

Kapitel 9 regelt insbesondere das Inkrafttreten des Abkommens (Art. 53, vgl.

Ziff. 6.6).

Artikel 49 sieht vor, dass die Vertragsparteien das Abkommen im Hinblick auf die weitere Entwicklung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, unter anderem im Rahmen der WTO, revidieren und auch die Möglichkeiten prüfen, die Zusammenarbeit nach dem Abkommen weiterzuentwickeln und zu verstärken sowie unter Umständen Verhandlungen aufzunehmen. Es obliegt insbesondere dem Gemischten Ausschuss, regelmässig eine solche Evaluation vorzunehmen.

Das FHA enthält zudem Bestimmungen über die Einhaltung von Verpflichtungen durch die Vertragsparteien (Art. 47), über die Anhänge, Protokolle und Appendices (Art. 48), über Abkommensänderungen (Art. 50), über den Betritt neuer Vertragsparteien (Art. 51) und über den Rücktritt vom und die Beendigung des Abkommens (Art. 52). Artikel 54 schliesslich legt fest, dass das Königreich Norwegen als Depositar handelt.

40

SR 0.193.212

1331

3.2

Bilaterales Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina

Neben dem FHA haben die EFTA-Staaten mit Bosnien und Herzegowina je ein bilaterales Abkommen über den Handel mit Basisagrarprodukten abgeschlossen.

Artikel 1 (Anwendungs- und Geltungsbereich): Der Anwendungsbereich des bilateralen Landwirtschaftsabkommens umfasst die Basisagrarprodukte, d.h. die unter die Kapitel 1-24 des Harmonisierten Systems (des Internationalen Übereinkommens vom 14. Juni 198341 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren) fallenden und in den Anhängen II und III FHA nicht aufgeführten Produkte sowie die Produkte nach Anhang I FHA (Art. 1 Abs. 2). Das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina gilt auch für das Fürstentum Liechtenstein (Art. 1 Abs. 3).

Artikel 2: Die Zollkonzessionen, die sich die Schweiz und Bosnien und Herzegowina gegenseitig gewähren, sind in Anhang 1 beziehungsweise 2 des Landwirtschaftsabkommens aufgeführt. Die Konzessionen finden unter der Voraussetzung Anwendung, dass für die Produkte mit Ursprung in der anderen Vertragspartei keine Ausfuhrsubventionen ausgerichtet werden.

Die Bosnien und Herzegowina von der Schweiz eingeräumten Konzessionen (Anhang 1 zum Landwirtschaftsabkommen) umfassen die Senkung oder Beseitigung von Einfuhrzöllen auf bestimmte landwirtschaftlichen Erzeugnissen, für die Bosnien und Herzegowina ein besonderes Interessen geltend gemacht hat, insbesondere den zollfreien Zugang für unterschiedliche Sorten von Frischgemüse innerhalb des WTO-Zollkontingents, Paprika, Ajvar, Pilze (tiefgekühlt oder als Zubereitungen), Oliven, Sonnenblumenöl (für Verwendung in der Nahrungsmittelindustrie oder für technische Verwendung) sowie von Pfirsichen und Nektarinen innerhalb eines jährlichen Zollkontingents von 200 Tonnen. Darüber hinaus gewährt die Schweiz Zollsenkungen auf verschiedene Beeren (vor allem auf Erdbeeren und Himbeeren im Rahmen des WTO-Zollkontingents) und andere Früchte sowie auf Grundlage der Gegenseitigkeit die zollfreie Einfuhr von Käse (ausgenommen Frischkäse). Soweit anwendbar bewegen sich die Zugeständnisse der Schweiz im Rahmen der WTOZollkontingente und der saisonalen Einschränkungen und entsprechen den Konzessionen, die die Schweiz auch anderen Freihandelspartnern gewährt hat. Der Zollschutz für Produkte, die für die Schweizer Landwirtschaft sensibel sind, bleibt
erhalten. Teilweise ersetzen die Zollkonzessionen dieses Abkommens die im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems42 (APS) unabhängig gewährten Konzessionen.

Im Gegenzug gewährt Bosnien und Herzegowina (Anhang 2 des Landwirtschaftsabkommens) der Schweiz einen zollfreien Zugang oder Zollsenkungen auf die Einfuhr einer Reihe von Produkten, unter anderem Fleisch einschliesslich Trockenfleisch, Milchpulver, Joghurt, gewisse Frucht- und Gemüsezubereitungen und bestimmte Fruchtsäfte und Spirituosen. Mehrere Zollkonzessionen, die Bosnien und Herzegowina der Schweiz gewährt, sind mit den Zugeständnissen vergleichbar, die es der EU eingeräumt hat.

Artikel 3: Die Ursprungsregeln und die administrative Zusammenarbeit richten sich nach dem Protokoll über die Ursprungsregeln des FHA.

41 42

SR 0.632.11 Zollpräferenzengesetz vom 9. Oktober 1981; SR 632.91

1332

Artikel 6 und 7: Das Abkommen verweist unter anderem im nichttarifären Bereich, beim Antidumping und beim Streitbeilegungsverfahren auf die einschlägigen Regeln des WTO-Übereinkommens über die Landwirtschaft (Art. 6) und des FHA (Art. 7).

Artikel 8 zu den landwirtschaftlichen Schutzmassnahmen hält fest, dass jede Vertragspartei bei ernsthaften Marktstörungen aufgrund der im Landwirtschaftsabkommen vereinbarten Senkung oder Aufhebung von Zöllen unter bestimmten Bedingungen vorübergehend wieder Zölle einführen kann. Die Anwendung dieser Massnahme ist auf eine Dauer von höchstens einem Jahr begrenzt (Art. 8 Abs. 2). Fünf Jahre nach Inkrafttreten des FHA wird überprüft, ob diese Klausel beizubehalten ist (Art. 8 Abs. 4).

Artikel 9 (Inkrafttreten und Beendigung): Die bilateralen Landwirtschaftsabkommen sind an das FHA gebunden und können keine eigenständige Rechtswirkung erlangen (Art. 7 Abs. 2 FHA und Art. 9 des Landwirtschaftsabkommens Schweiz­Bosnien und Herzegowina).

4

Auswirkungen

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen der Abkommen mit Bosnien und Herzegowina sind gering und werden aus dem zu erwartenden Ausfall von Zöllen auf Wareneinfuhren aus Bosnien und Herzegowina bestehen. Im Jahr 2012 betrug der Zollertrag aus den Einfuhren aus Bosnien und Herzegowina etwa 838 000 Schweizerfranken (davon 131 000 Schweizerfranken aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen). Da ein Teil der Einfuhren aus Bosnien und Herzegowina aufgrund des APS43 bereits zollbefreit ist, werden diese Zolleinnahmen nur teilweise wegfallen. Die finanziellen Auswirkungen bleiben also begrenzt und werden insofern relativiert, als im Gegenzug die Absatzmöglichkeiten für die Schweizer Exporteure auf dem bosnisch-herzegowinischen Markt verbessert werden.

4.1.2

Personelle Auswirkungen

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiterzuentwickelnder FHA ergeben. Für den Zeitraum von 2010 bis 2014 wurden entsprechende Ressourcen bewilligt. Für diesen Zeitraum haben die vorliegenden Abkommen keine weitere personelle Aufstockung zur Folge.

Über den Ressourcenbedarf nach 2014 für die Aushandlung neuer und die Umsetzung und Weiterentwicklung aller bestehenden Abkommen wird der Bundesrat zu gegebener Zeit entscheiden.

43

Zollpräferenzengesetz vom 9. Oktober 1981; SR 632.91

1333

4.2

Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die mit Bosnien und Herzegowina abgeschlossenen Abkommen haben für Kantone und Gemeinden sowie urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete keine finanziellen oder personellen Auswirkungen. Demgegenüber werden an den in Ziffer 4.3 erwähnten volkswirtschaftlichen Auswirkungen grundsätzlich alle Landesteile partizipieren.

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Indem das FHA den gegenseitigen Marktzugang für Waren verbessert sowie die Rechtssicherheit für den Schutz des geistigen Eigentums und allgemein für den bilateralen wirtschaftlichen Austausch erhöht, stärkt das FHA den Standort Schweiz und erhöht dessen Fähigkeit, Wertschöpfung zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen beziehungsweise zu erhalten.

Konkret werden durch das FHA im Einklang mit der Aussenwirtschafts- und der Agrarpolitik der Schweiz effizienzsenkende tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina beseitigt oder reduziert. Die Verbesserung des Markzugangs für Schweizer Waren auf dem bosnisch-herzegowinischen Markt erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exporte nach Bosnien und Herzegowina, insbesondere auch gegenüber Konkurrenten aus Ländern, die kein FHA mit diesem Land haben. Gleichzeitig beugt das FHA dem Diskriminierungspotenzial gegenüber anderen Freihandelspartnern Bosnien und Herzegowinas vor, insbesondere gegenüber der EU. Das FHA EFTA­Bosnien und Herzegowina erlaubt der Schweiz und den anderen EFTA-Staaten daher, die für ihre Exporteure auf dem bosnisch-herzegowinischen Markt aufgrund des (noch nicht in Kraft gesetzten) SAA EU­Bosnien und Herzegowina - dessen handelspolitischer Teil bereits seit dem 1. Juli 2008 in Kraft ist - bestehenden Diskriminierungen zu verringern oder zu beseitigen. Der Wegfall oder die Reduktion von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen verringern zudem die Beschaffungskosten für Unternehmen in der Schweiz und entlasten die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Ähnliches gilt umgekehrt für die bosnisch-herzegowinische Seite.

4.4

Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt

Das FHA mit Bosnien und Herzegowina ist wie alle FHA in erster Linie ein Wirtschaftsabkommen, das die Rahmenbedingungen und die Rechtssicherheit für den wirtschaftlichen Austausch mit Bosnien und Herzegowina verstärken wird. Dies wird sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte Schweiz und Bosnien und Herzegowina und auf die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen in beiden Ländern auswirken.

1334

Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit Wirtschaftliche Tätigkeit benötigt Ressourcen und Arbeitskräfte und ist mit entsprechenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft verbunden. Im Sinne des Nachhaltigkeitskonzepts gilt es, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken, den Wohlstand zu steigern und gleichzeitig die Umweltbelastung und den Ressourcenverbrauch auf einem dauerhaft tragbaren Niveau zu halten beziehungsweise auf ein solches zu senken, und den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten beziehungsweise zu verbessern.44 Entsprechend sind im FHA Bestimmungen verankert, die eine kohärente Umsetzung der Wirtschaftsvereinbarungen mit den sozialen und ökologischen Zielen der nachhaltigen Entwicklung bezwecken. Hier sind insbesondere die Präambel und das Kapitel Handel und nachhaltige Entwicklung zu nennen (vgl. insbes. Ziff. 3.1.1 und Ziff. 3.1.7). Ebenfalls im Sinne der Kohärenz enthält das FHA eine Bestimmung, in der die Vertragsparteien ihre in anderen internationalen Abkommen vorgesehenen Rechte und Pflichten bestätigen (Art. 3), worunter Abkommen und Vereinbarungen im Handels-, Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsbereich fallen. Für die Kohärenz besonders relevant sind auch die Ausnahmebestimmungen im Kapitel Warenverkehr und Zahlungen und Kapitalverkehr des FHA (Art. 24 und Art. 32), die festlegen, dass die Vertragsparteien u. a. zugunsten von Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, der Sicherheit und dergleichen nötigenfalls auch vom Abkommen abweichende Massnahmen ergreifen dürfen.

Auswirkungen auf die Gesellschaft Generell tragen die FHA aufgrund der Stärkung des bilateralen und multilateralen Engagements und der völkerrechtlich abgesicherten und verbesserten Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Austausch zur Förderung des Rechtsstaates, zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand bei45, dies insbesondere durch die Unterstützung des Privatsektors und der freien Wirtschaftstätigkeit. Die FHA stärken die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren und begünstigen den Meinungsaustausch - zwei wichtige Voraussetzungen zur Förderung unserer Werte, d.h. insbesondere der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte.

Die Wohlstandsgewinne durch FHA erhöhen auch die wirtschaftlichen Spielräume für Massnahmen in den Bereichen Umweltschutz und sozialer
Ausgleich. Wie diese Massnahmen durch die nationalen politischen Systeme gesteuert werden, kann aber nicht durch FHA geregelt werden. Die Schweiz kann jedoch unterstützend wirken und dazu beitragen, auch im Rahmen der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit und der Entwicklungshilfe, eine Nutzung dieser ausgeweiteten Spielräume in Richtung der nachhaltigen Entwicklung zu fördern.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Gesamtheit der bilateralen Beziehungen der Schweiz mit einem Partnerstaat zu betrachten. Bosnien und Herzegowina ist nicht nur ein Schwerpunktland der schweizerischen Zusammenarbeit in Osteuropa, die Schweiz unterhält mit Bosnien und Herzegowina auch einen politischen Dialog und engagiert sich in verschiedenen bilateralen Zusammenarbeitsprojekten zu Fragen der Arbeits- und Sozialbedingungen (vgl. Ziff. 2.2).

44 45

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009, BBl 2010 479, hier 493.

Vgl. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009, BBl 2010 479, hier 497.

1335

Auch das Kapitel Handel und nachhaltige Entwicklung des FHA dient der Unterstützung der Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die Vertragsparteien anerkennen darin insbesondere, dass die soziale Dimension der nachhaltigen Entwicklung für das langfristige wirtschaftliche Wohlergehen essenziell ist. Entsprechend beziehen sich die Bestimmungen des Abkommens mit Bosnien und Herzegowina auf die Verpflichtungen, die sich aus der Mitgliedschaft bei der IAO sowie aus den anwendbaren IAO-Übereinkommen ergeben (vgl. Ziff. 3.1.7).

Auswirkungen auf die Umwelt Handel und Investitionen wie auch andere wirtschaftliche Aktivitäten haben generell Auswirkungen auf die Umwelt. Wie Handel und Investitionen die Umwelt beeinflussen, wird einerseits durch die nationale Regulierung bestimmt und andererseits dadurch, in welchen Sektoren der bilaterale Handel und die Investitionen getätigt werden, z. B. verstärkte Handels- und Investitionstätigkeiten im Bereich von umweltfreundlichen Produktionsweisen oder in Sektoren mit höherer Umweltbelastung46.

Die gemäss den WTO-Regeln und den Bestimmungen von multilateralen Umweltabkommen bestehenden Möglichkeiten, den Handel mit besonders gefährlichen oder umweltschädlichen Gütern zu beschränken, werden durch das FHA nicht beschränkt. Die Bestimmungen des FHA räumen den Vertragsparteien analog zu den WTO-Regeln explizit die Möglichkeit ein, Massnahmen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie zur Bewahrung nicht erneuerbarer natürlicher Ressourcen zu treffen (Art. 24 und Art. 32). Entsprechende nationale Produktevorschriften werden vom FHA nicht in Frage gestellt. Die Schweiz wird sicherstellen, dass das Abkommen dahingehend ausgelegt wird, dass weder die Umweltgesetzgebungen der Partnerstaaten noch das internationale Umweltrecht verletzt werden und es den Regierungen nicht verunmöglicht wird, ihre Umweltstandards zu halten beziehungsweise zu erhöhen. Investitionen und die Verbreitung von Waren, Dienstleistungen und Technologien, die sich auf die Umwelt günstig auswirken, sollen gefördert werden (Art. 39 FHA).

Auch bezüglich der Auswirkungen auf die Umwelt ist die Gesamtheit der bilateralen Beziehungen der Schweiz mit Bosnien und Herzegowina zu betrachten. In den vergangenen Jahren hat die Schweiz in Bosnien und Herzegowina ihre Zusammenarbeit
im Umweltbereich ausgebaut, insbesondere in Bezug auf den effizienteren Einsatz von Ressourcen (Energie, Wasser) und die Anwendung moderner Technologien (Austausch von Know-how und Informationen in den Bereichen Gewässerschutz und Abfallmanagement) (vgl. Ziff. 2.2).

46

Zu den verschiedenen Auswirkungsarten vgl. Bericht des Bundesrates vom 13. Januar 2010 zur Aussenwirtschaftspolitik 2009, BBl 2010 479, hier 498.

1336

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

5.1

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das Vorhaben wurde in der Botschaft vom 25. Januar 201247 über die Legislaturplanung 2011-2015 und im Bundesbeschluss vom 15. Juni 201248 über die Legislaturplanung 2011-2015 angekündigt.

5.2

Verhältnis zu nationalen Strategien des Bundesrates

Das FHA mit Bosnien und Herzegowina entspricht der vom Bundesrat in den Jahren 200449 und 201150 definierten Aussenwirtschaftsstrategie. Die mit Bosnien und Herzegowina vereinbarten Bestimmungen zur Nachhaltigkeit entsprechen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012-2015 des Bundesrates vom 25. Januar 201251 (vgl. insbesondere Kapitel 3, Massnahme 8b).

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung52 (BV), wonach der Bund für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Ferner ermächtigt Artikel 184 Absatz 2 BV den Bundesrat, völkerrechtliche Verträge zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Schliesslich ist die Bundesversammlung nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig, sofern ­ was hier jedoch nicht der Fall ist - für deren Abschluss nicht aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (vgl. Art. 7a Abs. 1 RVOG53).

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz und die anderen EFTA-Mitgliedsstaaten gehören der WTO an, während sich Bosnien und Herzegowina in fortgeschrittener Beitrittsphase befindet. Die Vertragsparteien sind der Auffassung, dass die vorliegenden Abkommen mit den sich aus den WTO-Abkommen ergebenden Verpflichtungen im Einklang stehen.

Die FHA unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

47 48 49 50 51 52 53

BBl 2012 481, hier 553 und 610 BBl 2012 7155, hier 7159 Bericht vom 12. Januar 2005 zur Aussenwirtschaftspolitik 2004, Ziff. 1 (BBl 2005 1089).

Bericht vom 11. Januar 2012 zur Aussenwirtschaftspolitik 2011, Ziff. 1 (BBl 2012 827).

www.are.admin.ch > Themen > Nachhaltige Entwicklung > Strategie Nachhaltige Entwicklung SR 101 SR 172.010

1337

Zudem präzisiert Anhang VIII FHA die materiellen Bestimmungen der WTOAbkommen, auf die das FHA verweist. Bosnien und Herzegowina verpflichtet sich, diese in der Zeit vor seinem WTO-Beitritt einzuhalten, falls es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des FHA noch nicht WTO-Mitglied ist. Anhang VIII sieht insbesondere vor, dass Bosnien und Herzegowina gegenüber den EFTA-Staaten keine Antidumpingmassnahmen anwendet und dass die Bestimmungen und Übereinkommen der WTO über die technischen Handelshemmnisse54 (TBT), im gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Bereich55 (SPS) sowie bezüglich Subventionen und Ausgleichsmassnahmen56 mutatis mutandis gelten.

Der Abschluss von FHA mit Drittländern steht weder mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz noch mit ihren Verpflichtungen gegenüber der EU in Widerspruch. Insbesondere sind die vorliegenden Abkommensbestimmungen mit den handelsrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der EU sowie den übrigen bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU vereinbar.

6.3

Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Vertragsstaat des FHA mit Bosnien und Herzegowina. Aufgrund des Vertrags vom 29. März 192357 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet wird das Hoheitsgebiet Liechtensteins von den Bestimmungen des FHA über den Warenverkehr sowie des bilateralen Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Bosnien und Herzegowina miterfasst (Art. 2 FHA und Art. 1 des Landwirtschaftsabkommens).

6.4

Erlassform

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1-3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200258 (ParlG) sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Das FHA mit Bosnien und Herzegowina kann gemäss Artikel 52 mit einer Frist von sechs Monaten jederzeit gekündigt werden. Die Kündigung bewirkt die automatische Beendigung des Landwirtschaftsabkommens (Art. 9 des Landwirtschaftsabkommens). Der Beitritt zu einer internationalen Organisation ist nicht vorgesehen.

54 55 56 57 58

SR 0.632.20, Anhang 1A.6 SR 0.632.20, Anhang 1A.4 SR 0.632.20, Anhang 1A.13 SR 0.631.112.514 SR 171.10

1338

Für die Umsetzung der Abkommen sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Die Abkommen mit Bosnien und Herzegowina enthalten rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 ParlG (Zollkonzessionen, Grundsatz der Gleichbehandlung usw.). Zur Frage, ob es sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV (in Verbindung mit Art. 22 Abs. 4 ParlG) handelt, die ein fakultatives Referendum nach sich ziehen würden, ist einerseits festzuhalten, dass die Abkommensbestimmungen im Rahmen der Verordnungskompetenzen umgesetzt werden können, die das Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 198659 dem Bundesrat für Zollkonzessionen einräumt.

Andererseits sind die Bestimmungen nicht als grundlegend einzustufen: Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Die Verpflichtungen dieser Abkommen bewegen sich im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen. Inhaltlich gehen sie nicht über andere im EFTA-Rahmen oder bilateral abgeschlossene FHA hinaus, und sie sind von ähnlichem rechtlichem, wirtschaftlichem und politischem Gewicht. Auch die in einzelnen Bereichen (z. B. Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung) bestehenden Unterschiede haben im Vergleich zum Inhalt von früher abgeschlossenen Abkommen keine zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz zur Folge und enthalten keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen.

Anlässlich der Beratungen zur Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats vom 22. April 2004 sowie bei den Botschaften zu den später abgeschlossenen FHA60 haben beide Räte die Haltung des Bundesrates jeweils unterstützt, wonach internationale Abkommen, die diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

Die geltende Praxis, wonach internationale «Standard»-Abkommen nicht dem fakultativen Referendum unterliegen, wird derzeit vom Bundesrat auf ihre Konformität mit Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV geprüft. Es stellt sich unter anderem die Frage, ob die im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen neu eingeführte Praxis des Bundesrates, diese Abkommen dem fakultativen Referendum zu unterstellen, übernommen werden soll.

6.5

Sprachfassung und Veröffentlichung der Anhänge zum FHA

Es gibt keine Originalfassung des Abkommens und der technischen Anhänge in einer der Schweizer Amtssprachen. Der Abschluss des Abkommens in Englisch entspricht jedoch der langjährigen konstanten Praxis der Schweiz im Bereich der Verhandlungen und des Abschlusses von FHA. Englisch ist zudem die offizielle Arbeitssprache der EFTA. Dies steht im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 Buch59 60

SR 632.10 Vgl. Albanien (SR 0.632.311.231), Ägypten (SR 0.632.313.211), Golfkooperationsrat (BBl 2009 7251), Japan (SR 0.946.294.632), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (SR 0.632.312.631), Libanon (SR 0.632.314.891), Montenegro (SR 0.632.315.731), Peru (SR 0.632.316.411), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Serbien (SR 0.632.316.821), Südafrikanische Zollunion (SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581), Ukraine (SR 0.632.317.671).

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stabe c der Sprachenverordnung vom 4. Juni 201061 (SpV) sowie den zugehörigen Erläuterungen62. Die Aushandlung, Erstellung und Überprüfung von Originalfassungen des FHA und der bilateralen Landwirtschaftsabkommen in den Amtssprachen der Vertragsparteien hätte angesichts des Umfangs der Abkommenstexte unverhältnismässige Mittel erfordert.

Das Fehlen einer Originalfassung in einer der Schweizer Amtssprachen erfordert indessen die Übersetzung der Texte der Abkommen in die drei Amtssprachen, mit Ausnahme der Anhänge, Protokolle und Appendices des FHA, die insgesamt mehrere hundert Seiten umfassen. Es handelt sich dabei mehrheitlich um Bestimmungen technischer Natur. Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b, Artikel 13 Absatz 3 und Artikel 14 Absatz 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200463 sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 17. November 200464 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Bundespublikationen, 3003 Bern,65 bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariats66 verfügbar. Übersetzungen des Protokolls des FHA über die Ursprungsregeln und die Zollverfahren werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung elektronisch publiziert.67

6.6

Inkrafttreten und vorläufige Anwendung

Gemäss Artikel 53 Absatz 2 FHA tritt dieses am ersten Tag des dritten Monats nach dem Zeitpunkt in Kraft, an dem die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden der Signatarstaaten beim Depositar hinterlegt wurden oder ihm die vorläufige Anwendung notifiziert worden ist, sofern Bosnien und Herzegowina unter diesen Staaten ist. Für die EFTA-Staaten, die erst nach Inkrafttreten des Abkommens ihre Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden hinterlegen oder die vorläufige Anwendung des Abkommens notifizieren, tritt es am ersten Tag des dritten Monats nach der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde oder der Notifikation der vorläufigen Anwendung beim Depositar in Kraft. Soweit es die innerstaatlichen Vorschriften erlauben, können die Vertragsparteien die Abkommen vorläufig anwenden (Art. 53 Abs. 4). Eine vorläufige Anwendung ist jedoch für die Schweiz nicht vorgesehen. Gemäss Artikel 9 Absatz 1 des Landwirtschaftsabkommens tritt dieses zum gleichen Zeitpunkt in Kraft wie das FHA.

61 62 63 64 65 66 67

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