14.017 Botschaft zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Uruguay über soziale Sicherheit vom 12. Februar 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 11. April 2013 unterzeichneten Abkommens zwischen der Schweiz und Uruguay über soziale Sicherheit.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Februar 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2013-2938

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Übersicht Das Abkommen über soziale Sicherheit mit Uruguay ist Teil der Bemühungen, die Beziehungen zwischen der Schweiz und den Staaten an der Spitze des südamerikanischen Kontinents zu vertiefen. Nach der Unterzeichnung eines Sozialversicherungsabkommens mit Chile wurden auch mit Uruguay, Argentinien und Brasilien Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel, ähnliche Abkommen abzuschliessen. Das Abkommen folgt dem Muster der von der Schweiz bislang abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen und richtet sich nach den im internationalen Sozialversicherungsrecht allgemein geltenden Grundsätzen. Dazu gehören insbesondere Bestimmungen über die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen der Vertragsstaaten, die Auszahlung der Renten im Ausland, die Anrechnung von Versicherungszeiten sowie die Unterstellung von Erwerbstätigen und die gegenseitige Verwaltungshilfe. Das Abkommen erfasst die Versicherungszweige Alter, Tod und Invalidität.

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Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage

Uruguay verfolgt eine aktive Politik beim Abschluss von Sozialversicherungsabkommen und hat bereits mit mehreren europäischen Staaten ein solches unterzeichnet. Für die Schweiz ist das Abkommen über soziale Sicherheit Teil der Bemühungen, die Beziehungen mit einigen Staaten des südamerikanischen Kontinents zu vertiefen. Das 1998 in Kraft getretene Abkommen mit Chile funktioniert reibungslos. Die Gespräche mit Argentinien sind bereits gut fortgeschritten und die Verhandlungen mit Brasilien laufen, sodass das Vertragsnetz im südlichen Teil des südamerikanischen Kontinents vervollständigt werden kann.

Die Auswanderung zahlreicher Schweizerinnen und Schweizer nach Uruguay zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist noch immer in lebendiger Erinnerung, die von den Nachfolgegenerationen in der «Schweiz Südamerikas» aufrechterhalten wird. Heute leben rund 1020 Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit in Uruguay (davon 200, die nur den Schweizer Pass haben). In der Schweiz leben 340 uruguayische Staatsangehörige und etwa 2000 uruguayische Staatsangehörige sind im Schweizer Versichertenregister eingetragen.

1.2

Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

2004 fanden Gespräche zwischen Delegationen der beiden Länder statt. Aufgrund anderer Prioritäten und wegen Terminknappheit auf beiden Seiten wurde die Angelegenheit erst 2011 wieder aufgenommen. Der Text wurde an zwei Treffen in den Jahren 2011 und 2012 ohne Schwierigkeiten ausgearbeitet und das Abkommen am 11. April 2013 in Bern unterzeichnet.

Vernehmlassung Für diese Art von Abkommen wird kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt, da die massgebenden Rechtsvorschriften keine Anwendung finden. Das vorliegende Abkommen unterliegt weder dem obligatorischen noch dem fakultativen Referendum. Ausserdem betrifft es weder zentrale Interessen der Kantone noch hat es weitreichende Konsequenzen.

1.3

Überblick über den Inhalt des Abkommens und Würdigung

Das Abkommen entspricht den von der Schweiz unlängst abgeschlossenen Abkommen und den Standards der Koordinationsregeln für soziale Sicherheit. Wie alle anderen von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen bezweckt auch das vorliegende Abkommen die Koordination der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherungen der Vertragsstaaten, um mögliche Nachteile oder Diskriminierungen von Angehörigen des anderen Staates zu vermeiden. Das Abkommen bezieht sich 1735

schweizerischerseits auf die AHV/IV. Es gewährleistet eine weitgehende Gleichbehandlung der Staatsangehörigen sowie die Auszahlung von Rentenleistungen im Ausland. Im Weiteren erleichtert es durch Bestimmungen zur Entsendung von Arbeitskräften und zu den anwendbaren Rechtsvorschriften die Mobilität der Personen und vermeidet Doppelunterstellungen.

Uruguayische Staatsangehörige, die in der Schweiz erwerbstätig waren und Beiträge eingezahlt haben, können ihre Schweizer Rente beziehen, wenn sie die Schweiz verlassen. Allerdings bleibt auch die Möglichkeit erhalten, sich beim Verlassen der Schweiz die AHV-Beiträge auszahlen zu lassen. In der Schweiz wohnhaften uruguayischen Staatsangehörigen wird zudem der Zugang zu bestimmten Leistungen erleichtert. Schweizer Staatsangehörigen können in der Schweiz zurückgelegte Versicherungszeiten angerechnet werden, sodass der Zugang zu einer Rente in Uruguay erleichtert wird.

2

Die soziale Sicherheit in Uruguay

2.1

Allgemeines

1995 hat Uruguay sein Rentensystem geändert. Dieses besteht aus einem Umverteilungssystem, das von einer staatlichen Einrichtung verwaltet wird, und einem auf einer individuellen Kapitalisierung beruhenden System, das von Privatkassen verwaltet wird. Dieses Rentensystem ist wie folgt aufgebaut: ­

Die erste sogenannte Solidaritätsstufe versichert obligatorisch die Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Selbstständigerwerbenden bis 1000 Franken (Wechselkurs: 1 Peso = 0,04081 CHF). Sie wird mit Beiträgen der Versicherten (15 % dieses Einkommensanteils), des Arbeitgebers (7,5 % der Lohnsumme) und staatlichen Zuschüssen nach dem Umverteilungssystem finanziert.

­

Die zweite Stufe versichert das Einkommen zwischen 1000 und 3000 Franken. Dieses System baut auf der individuellen Kapitalisierung auf: Die obligatorischen Lohnabzüge (15 % dieses Lohnanteils) werden in private Pensionskassen eingezahlt.

­

Die dritte Stufe ist freiwillig und betrifft Lohnanteile über 3000 Franken.

Freiwillige Beiträge können auf das individuelle Konto eingezahlt werden, das von der Vorsorgekasse verwaltet wird.

Falls kein internationales Abkommen vorliegt, werden die Renten nicht ins Ausland ausgerichtet.

Parallel dazu bestehen weitere berufsspezifische Vorsorgewerke (z.B. für Bankangestellte, Militär, Polizei).

Das alte Vorsorgesystem bleibt für Personen, die bei der Einführung des neuen Systems im Jahr 1995 über 40 Jahre alt waren, vorübergehend anwendbar.

Nach einem Regierungswechsel im Jahr 2005 wurden weitere, sozial orientierte Reformen unternommen, um einen möglichst grossen Teil der Bevölkerung, insbesondere die im informellen Sektor tätigen Personen zu versichern. Gemäss den Statistiken der uruguayischen Einrichtung sind derzeit 77 Prozent der Erwerbstätigen versichert und 97 Prozent der über 65-Jährigen beziehen eine Rente.

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2.2

Alter

Die ordentliche Rente (Umverteilungs- und Kapitalisierungssystem) wird ab dem 60. Altersjahr ausgerichtet, sofern die Person mindestens 30 Beitragsjahre nachweisen kann. Das Kapitalisierungssystem zahlt ohne Mindestbeitragszeit ab dem 65. Altersjahr eine Rente aus. Ab dem 70. Altersjahr können Versicherte mit mindestens 15 Beitragsjahren eine Rente für hohes Alter geltend machen.

Die Höhe der Rente richtet sich nach dem durchschnittlichen Einkommen und den Beitragsjahren der versicherten Person sowie nach dem geäufneten Kapital der individuellen Vorsorge. Der monatliche Mindestbetrag liegt bei 136 Franken, der Höchstbetrag je nach System zwischen 830 und 1230 Franken. Im Kapitalisierungssystem kann das geäufnete Vermögen nicht als Kapitalleistung bezogen werden.

2.3

Tod

Anspruch auf Todesfallleistungen haben Witwen, Witwer, sofern sie finanziell von der verstorbenen Person abhängig waren, geschiedene Ehegattinnen und Ehegatten, die unterhaltsberechtigt sind, Waisen bis 21 Jahre (ohne Altersbegrenzung bei Behinderten) und Eltern, die finanziell von der verstorbenen Person abhängig waren.

Die verstorbene Person muss erwerbstätig oder arbeitslos gewesen sein oder eine Rente oder eine Leistung bei Krankheit oder Unfall bezogen haben. Die Höhe der Leistung wird als prozentualer Anteil der Rente berechnet, auf die der oder die Verstorbene Anspruch hatte oder gehabt hätte und richtet sich nach der Anzahl der Begünstigten.

2.4

Invalidität

Es sind sowohl Voll- als auch Teilrenten vorgesehen. Um Anspruch auf eine Rente zu haben, muss die versicherte Person eine bestimmte Erwerbsdauer vorweisen können (je nach Alter zwischen 6 Monaten und 2 Jahren), es sei denn, die Invalidität sei unfallbedingt. Teilrenten werden zeitlich befristet ausgerichtet und können revidiert werden. Der Grad der Erwerbsunfähigkeit wird von staatlich angestellten Ärztinnen und Ärzten beurteilt. Die Rente entspricht in der Regel 45 Prozent des Durchschnittseinkommens der versicherten Person.

3

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

Das Abkommen bezieht sich auf die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) und auf die entsprechenden Sozialversicherungszweige der uruguayischen Gesetzgebung. Es richtet sich wie alle Abkommen nach folgenden Koordinationsgrundsätzen: möglichst umfassende Gleichbehandlung der Staatsangehörigen beider Vertragsstaaten; Unterstellungsregeln für die Ermittlung des zuständigen Staates, wenn die Erwerbstätigkeit beide Vertragsstaaten betrifft; erleichterter Zugang zu den Leistungen der Vertragsstaaten, insbesondere durch die Anrechnung der

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im anderen Staat zurückgelegten Versicherungszeiten; Auszahlung der Leistungen im Ausland; Zusammenarbeit der Behörden der Vertragsstaaten.

Art. 2

Sachlicher Geltungsbereich

Der sachliche Geltungsbereich des Abkommens umfasst auf Schweizer Seite die Alters- und Hinterlassenenversicherung und die Invalidenversicherung. Auf Seiten Uruguays umfasst er die beiden gesetzlichen Vorsorgesysteme.

Art. 3

Persönlicher Geltungsbereich

Dieser Artikel umschreibt den persönlichen Geltungsbereich: Das Abkommen ist anwendbar auf die Angehörigen beider Vertragsstaaten und auf deren Familienangehörige und Hinterlassene, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit (abgeleitete Ansprüche), sowie auf Flüchtlinge und Staatenlose, soweit sie im Gebiet eines der Vertragsstaaten wohnen. Die Bestimmungen zu den anwendbaren Rechtsvorschriften gelten auch für Angehörige von Drittstaaten. Uruguay, für das nicht die Staatsangehörigkeit massgebend ist, wendet zudem die Bestimmungen des Abkommens zu den Rechtsvorschriften von Uruguay auf Angehörige von Drittstaaten an.

Art. 4

Gleichbehandlung

Dieser zentrale Grundsatz ist in allen Sozialversicherungsabkommen enthalten. Die Staaten legen häufig Einschränkungen fest. Die Schweiz bringt stets die gleichen Vorbehalte an. Diese betreffen die freiwillige AHV/IV, die AHV/IV von schweizerischen Staatsangehörigen, die im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft oder bestimmter Organisationen tätig sind, und den freiwilligen Beitritt zur AHV/IV von internationalen Beamten und Beamtinnen schweizerischer Nationalität.

Art. 5

Auszahlung der Leistungen im Ausland

Die Gewährleistung der Leistungszahlung an die Staatsangehörigen, die im Gebiet des anderen Vertragsstaates wohnen, ist ein wesentlicher Aspekt der internationalen Koordination der sozialen Sicherheit (Abs. 1).

Die Rentenzahlung in Drittstaaten wird nach dem Gleichbehandlungsgebot geregelt: Sieht ein Vertragsstaat die Leistungszahlung an seine eigenen Staatsangehörigen in einen Drittstaat vor, so gilt für die Angehörigen des anderen Vertragsstaates dasselbe (Abs. 3).

Die Schweiz macht immer Einschränkungen in Bezug auf Auszahlung bestimmter Leistungen im Ausland. Invalidenrenten für Versicherte, die zu weniger als 50 Prozent invalid sind (Viertelrente), ausserordentliche Renten und Hilflosenentschädigungen der AHV/IV werden nur in der Schweiz ausbezahlt (Abs. 2).

Art. 6

Allgemeiner Grundsatz

Ein wesentlicher Punkt, der in den Abkommen geregelt wird, betrifft die anwendbaren Rechtsvorschriften auf Personen, die im Gebiet des anderen Staates eine Erwerbstätigkeit ausüben. Auf diese Weise sollen Doppelunterstellungen oder Versicherungslücken vermieden werden. Im vorliegenden Abkommen gilt, wie in allen anderen bilateralen Abkommen, der Grundsatz der Unterstellung am Ort der 1738

Erwerbstätigkeit. Dies bedeutet, dass Personen, die in beiden Staaten erwerbstätig sind, in jedem Staat nur für die dort ausgeübte Tätigkeit versichert werden. Dies gilt auch für Selbstständigerwerbende.

Die folgenden Artikel enthalten für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besondere Regelungen, die vom Grundsatz der Unterstellung am Ort der Erwerbstätigkeit abweichen.

Art. 7

Sonderregelungen

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend zur Arbeitsleistung in das Gebiet der anderen Vertragspartei entsandt werden, unterstehen während höchstens vier Jahren den Rechtsvorschriften des entsendenden Vertragsstaats (Art. 7 Abs. 1 und 2).

Artikel 7 Absatz 3 vermeidet die Doppelunterstellung des Personals von Luftverkehrsunternehmen. Er entspricht den von der Schweiz jüngst abgeschlossenen Abkommen und widerspiegelt die internationale Praxis.

Gemäss Artikel 7 Absatz 4 bleiben auch Personen, die im öffentlichen Dienst des einen Staates angestellt sind und in den anderen Staat entsandt werden, der Versicherung im Herkunftsland unterstellt.

Personen, die an Bord eines Schiffes beschäftigt sind, sind im Flaggenstaat versichert (Abs. 5). Indem die Tätigkeit auf dem Schiff der Tätigkeit auf dem Gebiet der Vertragsstaaten gleichgestellt wird, kann der Versicherungsschutz dieser Personen gewährleistet werden.

Art. 8

Angestellte von diplomatischen und konsularischen Vertretungen

In Übereinstimmung mit dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 19611 über diplomatische Beziehungen und dem Wiener Abkommen vom 24. April 19632 über konsularische Beziehungen sieht Absatz 1 vor, dass Staatsangehörige eines Vertragsstaates, die als Mitglieder einer diplomatischen Mission oder eines konsularischen Postens dieses Staates in das Gebiet des anderen Vertragsstaates entsandt werden, den Rechtsvorschriften des ersten Vertragsstaates unterstehen. Unter dem Begriff der diplomatischen Mission wird sowohl die bilaterale Vertretung (Botschaft), wie auch die dauerhafte Mission bei einer internationalen Organisation verstanden.

In Absatz 2 wird festgehalten, dass Personen, die vom Vertragsstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, angestellt und im Dienste einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung dieses Staates im Hoheitsgebiet des anderen Staates tätig sind, dem Sozialversicherungssystem des zweiten Staates unterstellt sind. Sie können jedoch das Sozialversicherungssystem des ersten Staates wählen. Das Ziel ist, den Fall der Personen abzudecken, die zum Zeitpunkt der Beschäftigung im Rahmen einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung des anderen Vertragsstaates sind (in der Schweiz: Bewilligung B oder C).

1 2

SR 0.191.01 SR 0.191.02

1739

Absatz 3 sieht vor, dass Angehörige eines Drittstaates, welche im Dienste einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines der Vertragsstaaten tätig sind, gleich zu behandeln sind wie die Angehörigen der Vertragsstaaten (grundsätzliche Unterstellung in dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet sie arbeiten, mit der Möglichkeit, das Sozialversicherungssystem des arbeitgebenden Staates zu wählen). Private Hausangestellte, die im persönlichen Dienst eines Mitglieds einer diplomatischen oder konsularischen Mission tätig sind, werden unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit ebenfalls dem Sozialversicherungssystem des Staates unterstellt, in dessen Hoheitsgebiet sie arbeiten. Auch diese Personen können sich dem Sozialversicherungssystem des Staates ihres Arbeitgebers (Mitglied einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung) unterstellen lassen.

Die Vertragsstaaten wollten auch die rechtliche Stellung von Angehörigen der Vertragsstaaten regeln, welche im Hoheitsgebiet des einen Staates im Dienst von diplomatischen und konsularischen Vertretungen von Drittstaaten tätig sind (Abs. 6).

In der Schweiz sind die von der vorliegenden Bestimmung betroffenen Personen im Besitz einer vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten in Anwendung des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 20073 ausgestellten «Legitimationskarte». Sie geniessen dadurch Privilegien und Immunität, welche durch die Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und konsularische Beziehungen vorgesehen sind. Gemäss der AHV/IV-Gesetzgebung sind Personen im Besitz von Vorrechten und Immunität von der Versicherungspflicht ausgenommen. Wenn somit weder ihr Herkunftsland noch der Entsendestaat ihnen die Möglichkeit bietet, sich zu versichern, entstehen bei ihnen Versicherungslücken. Dies soll mit diesem Artikel vermieden werden. Die in Absatz 6 erfassten Personen sind obligatorisch im dem Staat versichert, in dessen Hoheitsgebiet sie arbeiten, sofern sie nicht einem anderen Sozialversicherungssystem unterstellt sind. Grundsätzlich tragen sie die entsprechenden Sozialbeiträge vollumfänglich selbst. Drittstaaten können durch das bilaterale Sozialversicherungsabkommen nicht verpflichtet werden, die vom Arbeitgeber geschuldeten Beiträge zu zahlen, denn die Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen und konsularische Beziehungen sehen eine solche Verpflichtung nicht vor.

Art. 9

Ausnahmen

Die Bestimmungen über die anwendbare Gesetzgebung werden durch eine sogenannte Ausweichklausel ergänzt, die es den zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten erlaubt, in besonderen Fällen abweichende Regelungen zu vereinbaren.

Art. 10

Familienangehörige

Bei Artikel 10 handelt es sich um eine Standardbestimmung über die Versicherungsunterstellung von Familienangehörigen, welche die entsandte Arbeitnehmerin oder den entsandten Arbeitnehmer begleiten. Sie ermöglicht es dem nicht erwerbstätigen Ehegatten oder der nicht erwerbstätigen Ehegattin und den Kindern, zusammen mit der erwerbstätigen Person im Herkunftsstaat versichert zu bleiben.

3

SR 192.12

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Art. 11

Eingliederungsmassnahmen

Die Bestimmung orientiert sich an den neusten von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen. Der Zugang zu den Eingliederungsmassnahmen der schweizerischen IV wird für uruguayische Staatsangehörige erleichtert, wobei allerdings gewisse Ausnahmen vom Grundsatz der Gleichbehandlung gemacht werden.

Uruguayische Staatsangehörige, die der AHV/IV-Beitragspflicht unterstehen (Personen, die in der Schweiz arbeiten oder wohnen), haben unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Versicherte Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der IV, solange sie sich in der Schweiz aufhalten. Uruguayische Staatsangehörige, die bei der AHV/IV versichert, aber nicht beitragspflichtig sind (nichterwerbstätige Personen zwischen 18 und 20 Jahren sowie minderjährige Kinder), haben nach einer einjährigen Wohndauer in der Schweiz oder wenn sie in der Schweiz invalid geboren sind, Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen.

Art. 12

Zusammenrechnung von Versicherungszeiten

Mit der 5. IV-Revision wurde für den Anspruch auf eine Invalidenrente eine Mindestversicherungszeit von drei Jahren in die schweizerische Gesetzgebung aufgenommen. Die Koordinationsregeln der sozialen Sicherheit sehen vor, dass Staaten, die für den Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen eine Mindestversicherungszeit von mehr als einem Jahr vorsehen, die im anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten ebenfalls berücksichtigen müssen. Artikel 12 sieht daher vor, dass die Schweiz allfällige uruguayische Versicherungszeiten anrechnet, damit die versicherte Person die Mindestversicherungszeit von drei Jahren erfüllen kann.

Art. 13

Einmalige Abfindung

Diese Bestimmung bezweckt die Vereinfachung der administrativen Abläufe. Die Verwaltungskosten und die Kosten für die monatlichen Überweisungen ins Ausland sind bei Renten von geringer Höhe proportional gesehen zu hoch. Deshalb wird die Auszahlung einer ordentlichen Altersrente an einen uruguayischen Staatsangehörigen im Ausland, die höchstens 10 Prozent der Vollrente ausmacht, durch eine einmalige Abfindung abgegolten; diese entspricht dem Barwert der geschuldeten Rente.

Beträgt der Anspruch auf die schweizerische Rente mehr als 10, aber höchstens 20 Prozent der ordentlichen Vollrente, so kann die versicherte Person zwischen der Rente und der einmaligen Abfindung wählen. Unter gewissen Voraussetzungen ist die Auszahlung einer einmaligen Abfindung auch bei Renten der Invalidenversicherung möglich.

Art. 14

Ausserordentliche Renten

Diese Bestimmung erleichtert den Zugang zu den ausserordentlichen Renten für Staatsangehörige des Vertragsstaates und ist standardmässig in den von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen enthalten. In Abweichung des Gleichbehandlungsgebots ist für den Anspruch auf ausserordentliche Renten eine Mindestwohndauer von fünf Jahren in der Schweiz erforderlich. Ausserdem erleichtert der mögliche Anspruch auf eine ausserordentliche Rente aufgrund eines Abkommens über soziale Sicherheit den Bezug von Ergänzungsleistungen zur AHV/IV (vgl. Art. 5 Abs. 3 des

1741

Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20064 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung).

Art. 15

Beitragsrückvergütung

Die schweizerische Gesetzgebung hält fest, dass Angehörige von Staaten, mit denen die Schweiz kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat, bei der definitiven Ausreise aus der Schweiz die Rückvergütung der Beiträge verlangen können, die sie und ihr Arbeitgeber entrichtet haben. Der Höchstbetrag wird im Verhältnis zur geschuldeten Rente festgesetzt. Die von der Schweiz abgeschlossenen Abkommen schliessen die Möglichkeit einer Beitragsrückvergütung grundsätzlich aus.

Allerdings hat die Schweiz in einigen Abkommen mit fernen Ländern wie Australien oder den Philippinen die Möglichkeit einer Beitragsrückerstattung beibehalten.

Die nähere Betrachtung der unterschiedlichen Versicherungssituationen der Staatsangehörigen des jeweiligen Vertragsstaates hat gezeigt, dass die Beitragsrückerstattung in gewissen Fällen eher den Bedürfnissen der Versicherten entspricht. So könnte beispielsweise Versicherten, die nur kurze Zeit in der Schweiz gearbeitet haben und meist lange vor der Pensionierung in ihr Land zurückkehren, eine kleine Kapitalzahlung eher nützen. Für die Schweizerische Ausgleichskasse, die Leistungen an Personen im Ausland ausrichtet, bedeutet dieses Verfahren eine wesentliche administrative Vereinfachung. Das Abkommen hält daher die Möglichkeit der Beitragsrückerstattung wahlweise aufrecht. Uruguayische Staatsangehörige, welche die Schweiz verlassen, haben somit die Wahl zwischen einer bei Eintreten des Versicherungsfalles ausbezahlten Rente und der sofortigen Rückerstattung der AHV-Beiträge.

Anwendung der Rechtsvorschriften von Uruguay (Art. 16­22) Da in Uruguay erst ab 30 Versicherungsjahren ein Rentenanspruch besteht, ist die Berücksichtigung der Versicherungszeiten im Ausland von entscheidender Bedeutung (Art. 16­19). Uruguay rechnet nicht nur die Schweizer Versicherungszeiten an, sondern berücksichtigt auch Versicherungszeiten, die in einem Drittstaat zurückgelegt wurden, mit dem Uruguay ein Abkommen abgeschlossen hat.

Durchführungsbestimmungen (Titel IV) Dieser Titel enthält die Artikel über die administrativen Belange des Abkommens.

Solche Vorschriften sind in allen Abkommen über soziale Sicherheit enthalten. Die Bestimmungen sehen insbesondere den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung und die Übermittlung der für die Durchführung des Abkommens notwendigen Informationen vor
(Art. 23) und verpflichten die Behörden der Vertragsstaaten zur gegenseitigen Unterstützung bei der Durchführung des Abkommens, insbesondere für medizinische Gutachten (Art. 24). Der Schutz von Personendaten ist ausführlich geregelt (Art. 29). Insbesondere dürfen die zwischen den Staaten übermittelten Daten nur zu den im Abkommen vorgesehenen Zwecken genutzt werden. Überdies enthält das Abkommen eine Bestimmung zur Verhinderung von Missbrauch (Art. 25), die zusätzliche Kontrollen erlaubt, wenn ein begründeter Verdacht besteht.

4

SR 831.30

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Übergangs- und Schlussbestimmungen (Titel V) Die Übergangs- und Schlussbestimmungen halten fest, dass dieses Abkommen auch für Versicherungsfälle gilt, die vor seinem Inkrafttreten eingetreten sind, und dass auch Versicherungszeiten berücksichtigt werden, die vor dem Inkrafttreten des Abkommens zurückgelegt wurden. Die daraus hervorgehenden Leistungen werden hingegen erst ab dem Inkrafttreten des Abkommens ausgerichtet. Zudem wird die Revision von Ansprüchen, über die vor Inkrafttreten des Abkommens entschieden wurde, geregelt. Das Abkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Monat in Kraft, in dem die Vertragsstaaten einander den Abschluss der für das Inkrafttreten erforderlichen Verfahren mitgeteilt haben. Das Abkommen ist unbefristet, kann aber unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist auf Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen hängen von der Anzahl Personen ab, die vom Abkommen profitieren. Je nach Art der von den uruguayischen Staatsangehörigen gewählten schweizerischen Leistungen fallen die Kosten unterschiedlich aus. Die Rückerstattung der AHV-Beitragszahlungen, wie sie heute praktiziert und im Abkommen wahlweise angeboten wird, verursacht keine zusätzlichen Kosten. Die folgende Schätzung, die auf die Annahme abstellt, dass die Hälfte der Betroffenen sich für die Beitragsrückvergütung entscheidet, veranschlagt die jährlichen Kosten langfristig auf durchschnittlich 940 000 Franken. Davon entfallen 700 000 Franken auf die Alters- und Hinterlassenenversicherung, 40 000 Franken auf die Invalidenversicherung und 200 000 Franken gehen zulasten des Bundes.

Die Schweizerische Ausgleichskasse, die für die Ausrichtung der Renten ins Ausland und für gewisse administrative Aufgaben bei der Durchführung des Abkommens zuständig ist, braucht kein zusätzliches Personal.

4.2

Auswirkungen im Bereich der Informatik

Die Anwendung des Abkommens hat keine Auswirkungen auf den Informatikbereich.

5

Legislaturplanung

Das vorliegende Abkommen ist weder in der Botschaft vom 25. Januar 20125 über die Legislaturplanung 2011­2015 noch im Bundesbeschluss vom 15. Juni 20126 über die Legislaturplanung 2011­2015 angekündigt, da es sich im Hinblick auf die anderen von der Schweiz abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen um ein Geschäft mit Wiederholungscharakter handelt.

5 6

BBl 2012 481 BBl 2012 7155

1743

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verhältnis zu anderen Sozialversicherungsabkommen und zum internationalen Recht

Das vorliegende Abkommen orientiert sich an anderen von der Schweiz unlängst abgeschlossenen bilateralen Abkommen. Die darin enthaltenen Vorschriften entsprechen den Standards der Koordinationsregeln wie sie im europäischen und internationalen Sozialversicherungsrecht vorgesehenen sind.

6.2

Verfassungsmässigkeit

Die Kompetenz des Bundes zum Abschluss des vorliegenden Abkommens stützt sich auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung7 (BV), der dem Bund die allgemeine Kompetenz für die auswärtigen Angelegenheiten zuweist und ihn zum Abschuss von Staatsverträgen mit dem Ausland ermächtigt. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung solcher Verträge ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3).

Das vorliegende Abkommen mit Uruguay ist jederzeit auf Ende des Kalenderjahres kündbar (Art. 36), sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor und seine Umsetzung erfordert keine Anpassungen auf Gesetzesstufe.

Schliesslich bleibt zu prüfen, ob das Abkommen wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV enthält (vgl.

auch Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20028).

Das Abkommen mit Uruguay enthält zwar rechtsetzende Bestimmungen, diese werden aber nicht als wichtig eingestuft. Die Verpflichtungen dieses Abkommens bewegen sich im Rahmen von anderen bereits früher von der Schweiz abgeschlossenen internationalen Abkommen über soziale Sicherheit. Bei den Sozialversicherungsabkommen handelt es sich um standardisierte Abkommen, deren Bestimmungen nicht als grundlegend eingestuft werden können, auch wenn sie Rechtsvorschriften enthalten. Diese Abkommen richten sich nach der gängigen Vertragspraxis der Schweiz und enthalten keine Grundsatzentscheide für die innerstaatliche Gesetzgebung (vgl. Botschaft zum Abkommen mit Japan9). Die in jüngster Zeit abgeschlossenen Abkommen sind vergleichbar ausgestaltet und von ähnlicher rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Bedeutung.

Die geltende Praxis, wonach internationale «Standard»-Abkommen nicht dem fakultativen Referendum unterliegen, wird derzeit vom Bundesrat auf ihre Konfor7 8 9

SR 101 SR 171.10 BBl 2011 2575

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mität mit Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV geprüft. Es stellt sich unter anderem die Frage, ob die im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen neu eingeführte Praxis des Bundesrats, diese Abkommen dem fakultativen Referendum zu unterstellen, übernommen werden soll.

Das vorliegende Abkommen erfüllt die Voraussetzungen für die Nichtunterstellung unter das fakultative Referendum im Sinne der heutigen Praxis. Der Bundesrat beantragt deshalb, den Bundesbeschluss über das Sozialversicherungsabkommen mit Uruguay nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

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