14.060 Botschaft zur Genehmigung der Vereinbarung zwischen der Schweiz und der EU zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweiz am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) vom 3. September 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung der Vereinbarung zwischen der Schweiz und der EU zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweiz am Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. September 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-1010

6915

Übersicht Am 19. Juni 2011 wurde auf Malta das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) offiziell eröffnet. Das EASO ist Teil des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und wurde eingerichtet, um die praktische Zusammenarbeit im Asylbereich zu fördern und die EU-Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer europäischen und ihrer internationalen Verpflichtungen zum Schutz schutzbedürftiger Menschen zu unterstützen. Das EASO fungiert als Kompetenzzentrum für Asylfragen und unterstützt EU-Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme besonderem Druck ausgesetzt sind. Sie werden unterstützt durch die Entsendung von Teams, die dem betroffenen EU-Mitgliedstaat vor Ort praktische Hilfe leisten. Das EASO dient ferner der Koordination von Informationen über die Herkunftsländer, der Koordination des Schulungsangebots für Asylpraktikerinnen und -praktiker auf europäischer Ebene sowie dem Aufbau eines Analyse- und Informationszentrums zur Asylsituation in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten.

Die EU-Verordnung zur Einrichtung des EASO sieht die Möglichkeit vor, dass sich die an der Dubliner Zusammenarbeit teilnehmenden Nicht-EU-Mitgliedstaaten Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island am EASO beteiligen. Die vier assoziierten Staaten haben ihre Beteiligung am EASO gemeinsam verhandelt. Die Schweiz gewinnt durch die Beteiligung am EASO Gestaltungsmöglichkeiten im Asylbereich und kann sich zudem den Zugang zu wertvollen Informationen sichern.

Für die geplanten Einsätze von Schweizer Personal in den Asyl-Unterstützungsteams des EASO sind vorwiegend Fachkräfte des Bundesamts für Migration vorgesehen. Der finanzielle Beitrag der Schweiz und der anderen assoziierten Staaten orientiert sich am Verhältnis des BIP der Schweiz bzw. der anderen assoziierten Staaten zum BIP aller am EASO teilnehmenden Staaten. Dies ist ein üblicher Verteilschlüssel, der bereits bei früheren Abkommen, insbesondere im Rahmen der Schengener Zusammenarbeit, zur Anwendung gekommen ist.

Die Vereinbarung sieht vor, dass die Schweiz an allen Aktivitäten des EASO beteiligt wird und im Verwaltungsrat des EASO als Beobachterin Einsitz nehmen kann.

Dies bedeutet, dass die Schweiz fortan die Bemühungen des EASO, das DublinSystem zu stärken und bestehende Mängel in einzelnen Dublin-Staaten zu beheben,
aktiv unterstützen kann. Andererseits bedeutet die Teilnahme aber auch, dass die Schweiz vom EASO Unterstützung erhalten kann, falls ihr Asylsystem unter einen besonderen Druck geraten sollte. Auch wenn die Schweiz kein Stimmrecht in Bezug auf die operativen Einsätze hat, verbleibt es in ihrer Autonomie, über die Anzahl und die Profile der zu entsendenden Expertinnen und Experten sowie die Dauer der Entsendung zu entscheiden. Das Unterstützungsbüro verfügt auch sonst über keine Weisungsbefugnisse gegenüber den nationalen Behörden. So ist es dem EASO z. B.

explizit untersagt, auf die Entscheidungen einer mitgliedstaatlichen Asylbehörde über einzelne Anträge auf internationalen Schutz Einfluss zu nehmen.

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Die EASO-Vereinbarung weist einen statischen Charakter auf: Allfällige rechtliche Weiterentwicklungen der EASO-Verordnung muss die Schweiz deshalb nicht übernehmen. Falls es angezeigt ist, kann eine Weiterentwicklung via eine Anpassung der Vereinbarung übernommen werden.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Der Ausbruch zahlreichern Konflikte und Krisen in den letzten Jahren beispielsweise in Nordafrika oder in Syrien haben die Migrationsbewegungen nach Europa verstärkt: Jeden Tag flüchten Migrantinnen und Migranten vor Krieg und Not auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen. Sie riskieren dabei ihr Leben meist auf gefährlichen Überfahrten auf dem Mittelmeer. Die südlichen EU-Mitgliedstaaten bekommen die Auswirkungen als Erste zu spüren; betroffen von den Migrationsbewegungen sind aber auch andere europäische Staaten. Gemeinsame Lösungen und eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Asylpolitik sind nötig, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die EU hat bereits im Jahr 1999 ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) beschlossen, das zur Harmonisierung der Asylsysteme in den EU-Mitgliedstaaten beitragen soll. Zu diesem GEAS zählen verschiedene Richtlinien (Aufnahmerichtlinie1, Qualifikationsrichtlinie2 Verfahrensrichtlinie3) sowie die Dublin-III4- und die Eurodac5-Verordnungen.

Die Schweiz ist im Rahmen der Assoziierung an Dublin nur von der Dublin-III-Verordnung, der Eurodac-Verordnung und den jeweiligen Durchführungsverordnungen betroffen. Zudem hat die Schweiz aufgrund der Schengen-Assoziierung die Rückführungsrichtlinie übernommen. Mit der Rückführungsrichtlinie sollen die Verfahren zur Wegweisung illegal anwesender Drittstaatsangehöriger harmonisiert werden.

Die Aufnahmerichtlinie, die Qualifikationsrichtlinie sowie die Verfahrensrichtlinie

1

2

3

4

5

Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 96.

Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung), ABI. L 337 vom 20.12.2011, S. 9.

Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABI. L 180 vom 29.6.2013, S. 60.

Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABl.

L 180 vom 29.6.2013, S. 31.

Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungs-behörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Einreichung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung), ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 1.

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sind hingegen nicht Bestandteil des Schengen/Dublin-Besitzstands und daher für die Schweiz nicht verbindlich.

Um die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Bereich des Asylwesens zu fördern, erliessen das Europäische Parlament und der Rat am 19. Mai 2010 die Verordnung (EG) Nr. 439/2010 zur Errichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO)6. Das Unterstützungsbüro soll dabei die praktische Zusammenarbeit im Asylbereich fördern und die EU-Mitgliedstaaten bei der Erfüllung ihrer europäischen und internationalen Verpflichtungen zum Schutz schutzbedürftiger Menschen unterstützen. Das EASO fungiert als Kompetenzzentrum für Asylfragen und unterstützt zudem EU-Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme besonderem Druck ausgesetzt sind. Das EASO kann Unterstützungsteams entsenden, die dem betroffenen EU-Mitgliedstaat vor Ort praktische Hilfe leisten. Es dient ferner der Koordination von Informationen über die Herkunftsländer, der Koordination des Schulungsangebots für Asylpraktikerinnen und -praktiker auf europäischer Ebene sowie dem Aufbau eines Analyse- und Informationszentrums zur Asylsituation in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten.

Es ist im schweizerischen Interesse, dass die Asylverfahren in allen europäischen Staaten einen vergleichbaren Standard aufweisen. Über das Dublin-System ist das schweizerische Asylsystem eng mit denjenigen der EU-Staaten verknüpft. Dublin kann aber nur dann gut funktionieren, wenn die Asylsysteme in den EU-Staaten gut funktionieren. Deshalb unterstützt die Schweiz die Bemühungen der EU-Staaten, ihre Standards einander anzunähern. Dies ist auch der Grund, weshalb die Schweiz die Beteiligung am EASO anstrebt.

Die EU-Verordnung zur Einrichtung des EASO ist zwar keine rechtliche Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands. Sie sieht jedoch die Möglichkeit vor, dass sich die vier an der Dubliner Zusammenarbeit teilnehmenden Nicht-EUMitgliedstaaten Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz, an den Aktivitäten des Büros beteiligen können (Erwägungsgrund 24 und Art. 49 Abs. 1). Alle vier assoziierten Staaten haben beschlossen, am EASO teilzunehmen, und sie haben gemeinsam Verhandlungen mit der Europäischen Kommission geführt. Es wurden aber vier unabhängige Vereinbarungen mit der EU abgeschlossen.

Die Vereinbarung zwischen der Schweiz
und der EU wurde am 28. Juni 2013 in Brüssel paraphiert; am 26. März 2014 hat der Bundesrat diese genehmigt. Die Unterzeichnung der Vereinbarung hat unter Ratifikationsvorbehalt am 10. Juni 2014 in Brüssel stattgefunden. Die neue Verfassungsbestimmung zur Regulierung der Einwanderung, die am 9. Februar 2014 vom Volk angenommen wurde, hat keine rechtlichen Auswirkungen auf die EASO-Vereinbarung mit der EU; auch die EU hat bisher keine Verknüpfung zwischen diesen beiden Dossiers vorgenommen.

6

Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, ABl. L 132 vom 29.5.2010, S. 11.

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1.2

Ergebnis der Vernehmlassung

Das Vernehmlassungsverfahren hat vom 26. März 2014 bis zum 3. Juli 2014 stattgefunden.

Die überwiegende Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst die Vorlage mit der Begründung, die Beteiligung der Schweiz am EASO trage zu einer Stärkung des Dublin-Systems bei.

Deshalb wird die Vereinbarung zwischen der Schweiz und der EU zur Festlegung der Modalitäten für die Beteiligung der Schweiz am EASO dem Parlament zur Genehmigung unterbreitet.

Für die Einzelheiten zur Vernehmlassung wird auf den detaillierten Ergebnisbericht verwiesen.7

2

Das Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO)

2.1

Rechtliche Grundlage, Organisation und Haupttätigkeiten des EASO

Das EASO ist eine Facheinrichtung der Europäischen Union, die durch die Verordnung (EU) Nr. 439/20108 gegründet wurde.

Die Leitungs- und Verwaltungsstruktur des EASO besteht aus einem Verwaltungsrat, einem Exekutivdirektor und dem Personal des Unterstützungsbüros.

Der Verwaltungsrat stellt das leitende und planende Organ des EASO dar. Die Schlüsselfunktionen des Verwaltungsrats sind in Artikel 29 der EASO-Verordnung festgelegt, einschliesslich der Benennung des Exekutivdirektors und der Annahme von EASO-Arbeitsprogrammen, -Haushalt und -Jahresberichten.

Der Verwaltungsrat stellt insgesamt sicher, dass das EASO seine Aufgaben effizient ausführt. Der EASO-Verwaltungsrat besteht aus einem Abgeordneten pro Mitgliedstaat ­ mit Ausnahme von Dänemark, das als Beobachter eingeladen ist ­, zwei Abgeordneten der Europäischen Kommission und einem Vertreter des UNHCR ohne Stimmrecht. Die an Dublin assoziierten Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz) werden seit den 2013 abgeschlossenen Verhandlungen zur Beteiligung am EASO zu den Debatten im Verwaltungsrat als Beobachter eingeladen.

Die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Schengener Grenzschutzagentur Frontex) ist eingeladen, bestimmten Debatten des Verwaltungsrats beizuwohnen und einen Beitrag zu leisten, insbesondere bei Angelegenheiten der Asylsituation in der EU, der Frühwarn-und Vorsorgesysteme und der Situation Griechenlands.

Der Exekutivdirektor des EASO führt die laufenden Geschäfte des Unterstützungsbüros und wird vom Verwaltungsrat für jeweils fünf Jahre gewählt. Die Amtszeit 7 8

Vgl. www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2014 > Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, ABl. L 132 vom 29.5.2010, S. 11.

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kann einmal um höchstens drei Jahre verlängert werden. Als erster Exekutivdirektor des EASO wurde Robert K. Visser gewählt. Momentan zählt das EASO 76 Mitarbeitende.

Zur Förderung der Verständigung mit der Zivilgesellschaft wurde ein «Beirat» eingesetzt, der regelmässig konsultiert wird. Der Beirat besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft (u. a. aus Nichtregierungsorganisationen, Hochschuleinrichtungen und Justizbehörden) und von anderen im Asylbereich tätigen Einrichtungen.

Das EASO stellt den EU-Mitgliedstaaten anhand eines Bottom-up-Ansatzes praktische Unterstützung bereit, um die Harmonisierung der Asylverfahren in der EU zu fördern. Zu den Haupttätigkeiten des EASO gehören folgende: ­

langfristige Unterstützung: Unterstützung und Förderung einer einheitlich hohen Qualität des Asylverfahrens durch gemeinschaftliche Schulungen, ein gemeinsames Schulungsprogramm im Asylbereich und allgemeine Dienstleistungen;

­

besondere Unterstützung: massgeschneiderte Unterstützungsleistungen und Massnahmen zum Aufbau von Kapazitäten sowie besondere Qualitätskontrollen;

­

Unterstützung in Notlagen: Organisation von Solidaritätsmassnahmen für Mitgliedstaaten, die besonderem Druck ausgesetzt sind, durch vorübergehende Hilfe und Unterstützung bei der Anpassung oder dem Neuaufbau des Asylsystems;

­

Unterstützung in Informationsfragen: Erfassung, Austausch und Verarbeitung von Informationen, Daten und Analyse und Beurteilung gemeinsamer Trends;

­

Solidaritätsunterstützung: Unterstützung von Mitgliedstaaten bei der Neuansiedlung und Umsiedlung von anerkannten Flüchtlingen und Asylsuchenden;

­

externe Dimension: Unterstützungsmassnahmen durch Partnerschaften mit Drittstaaten zur Erzielung gemeinsamer Lösungen (z. B. durch Aufbau von Kapazitäten und regionale Schutzprogramme).

Zudem leistet das EASO einen Beitrag zu dem in der Dublin-III-Verordnung neu vorgesehenen Mechanismus für Frühwarnung, Vorsorge und Krisenbewältigung (Art. 33 Dublin-III-Verordnung9). Dieser soll als Präventionsmechanismus dienen und allfälligen Asylkrisen in den EU-Mitgliedstaaten vorbeugen.

Ausserdem veranstaltet das EASO Schulungen und entwickelt Schulungsmaterialien zur Förderung der Qualität und Harmonisierung im Asylbereich. Grundpfeiler der Schulungstätigkeit des EASO ist das europäische Schulungsprogramm im Asylbereich, ein gemeinsames System der beruflichen Fortbildung für Asylbeamte in der gesamten EU.

9

Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABI. L 180, 29.6.2013, S. 31.

6921

Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Koordination der Herkunftsländer auf EU-Ebene, indem das EASO thematische Workshops organisiert, Berichte erstellt, die Datenbank mit Informationen über die Herkunftsländer (COI-Datenbank) verwaltet etc.

2.2

Asyl-Unterstützungsteams und Asyl-Einsatzpool

Asyl-Unterstützungsteams können auf Ersuchen eines Mitgliedstaats, dessen Asylsystem ­ einschliesslich der Aufnahmeeinrichtungen ­ besonderem Druck ausgesetzt ist, vom EASO auf Beschluss des Exekutivdirektors eingesetzt und entsandt werden. Der Exekutivdirektor des EASO und der zuständige Minister des ersuchenden Mitgliedstaats unterzeichnen daraufhin eine Vereinbarung, in der die vom AsylUnterstützungsteam durchzuführenden Massnahmen abgesteckt sind. Als rechtliche Grundlage für diese Teams gelten die EASO-Verordnung (Kap. 3) sowie die Entscheidungen Nr. 8 und Nr. 16 des Verwaltungsrates des EASO.

Die Zusammensetzung der Asyl-Unterstützungsteams wird vom Exekutivdirektor des EASO festgelegt. Alle Kosten im Zusammenhang mit dem Einsatz von AsylUnterstützungsteams werden vom EASO getragen. Die Expertinnen und Experten für die Teams werden von den EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt und sind Teil eines vom EASO verwalteten «Asyl-Einsatzpools» (Art. 15 EASO-Verordnung). Die Entscheidung über die Anzahl und die Profile der Fachleute, die für EASO-Einsätze zur Verfügung gestellt werden, sowie über die Dauer einer allfälligen Entsendung gemäss Artikel 16 Absatz 1 der EASO-Verordnung verbleibt in der Autonomie des Herkunftsmitgliedstaates.

Asyl-Unterstützungsteams können jede Art von Unterstützung leisten, die vom EASO und dem Mitgliedstaat, der besonderem Druck ausgesetzt ist, vereinbart werden, um das Asylsystem des betreffenden Staats auf den Umgang mit besonderem Druck vorzubereiten. Die Unterstützungsteams stellen u. a. Fachwissen über Aufnahmeverfahren, Schulungen, Informationen über Herkunftsländer und Kenntnisse über die Bearbeitung und Verwaltung von Asylvorgängen bereit, einschliesslich der Behandlung von besonders schutzbedürftigen Gruppen.

3

Beteiligung der Schweiz am EASO

3.1

Vorgeschichte

Die Schweiz hat sich bereits früher in Aktivitäten und Projekten auf europäischer Ebene, insbesondere im Bereich der Herkunftsländerinformationen (thematische Workshops, Ausbildungsmodule für Asylpraktikerinnen und -praktiker etc.) engagiert. Viele dieser Aktivitäten und Projekte sind mit der Errichtung des Unterstützungsbüros in das EASO überführt worden. Mit einer Beteiligung am EASO kann die Kontinuität der schweizerischen Beteiligung an diesen Aktivitäten gewahrt werden. Um zu verhindern, dass bei der Weiterführung der Aktivitäten «Lücken» entstehen, konnte die Schweiz erreichen, dass sie bis auf Weiteres informell an gewissen Aktivitäten des EASO teilnehmen kann, und sie wird auch bereits zu den Verwaltungsratssitzungen eingeladen (vgl. dazu Ausführungen unter Ziff. 2.1 vorstehend).

6922

Neu ist, dass die Schweiz innerhalb des EASO ebenfalls an Einsätzen der AsylUnterstützungsteams beteiligt sein wird. Diese Einsätze werden vergleichbar mit denjenigen sein, welche Schweizer Grenzwächter bereits heute im Rahmen von Frontex-Operationen leisten.

3.2

Bedeutung der Beteiligung der Schweiz am EASO

Die Beteiligung der Schweiz am EASO bringt neben Verpflichtungen auch Vorteile für die Schweiz. Die wichtigste Aufgabe von EASO ist die Unterstützung von EU-Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme besonderem Druck ausgesetzt sind. Die Unterstützung von EU-Mitgliedstaaten liegt im Interesse der Schweiz. Aufgrund der engen Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen von Dublin wird durch die Hilfe des EASO das gesamte Dublin-System gestärkt. Sollte die Schweiz ebenfalls irgendwann unter einen starken Migrationsdruck geraten, den sie nicht aus eigener Kraft bewältigen kann, könnte sie auf Anfrage ab dem Zeitpunkt der offiziellen Teilnahme am EASO ebenfalls Unterstützung erhalten.

Der Ausbruch zahlreicher Konflikte und Krisen in den letzten Jahren beispielsweise in Nordafrika oder in Syrien haben gezeigt, wie wichtig es ist, dass sich die Schweiz in multilaterale Aktivitäten auf europäischer Ebene einbringen kann. Dies schliesst bilaterale Bemühungen nicht aus. Es ist jedoch nicht sinnvoll, Parallelstrukturen in Bereichen aufzubauen, in denen bereits die EU aktiv ist, beispielsweise bei der Unterstützung des Asylsystems in Griechenland oder der Unterstützung anderer EU-Staaten, die einem erhöhten Migrationsdruck ausgesetzt sind.

Durch die Bündelung der Anstrengungen der europäischen Staaten können Synergieeffekte erzielt werden, die zu einer Senkung der Gesamtkosten im Asylbereich führen dürften. Tatsächlich kann durch eine einheitliche Anwendung der im Asylverfahren geltenden Regeln in allen europäischen Ländern eine Stärkung des gesamten Dublin-Systems erreicht werden.

Ausserdem kann die Schweiz durch eine Beteiligung am EASO einerseits vom Expertenwissen anderer europäischer Staaten profitieren, um ihre Interessen in diesem Bereich besser zu wahren, und andererseits andere Staaten mit ihrer Expertise unterstützen. Eine Effizienzsteigerung im Asylbereich in der Schweiz wird zudem durch gemeinsame Schulungen für die Asylpraktikerinnen und -praktiker, durch die Realisierung von gemeinsamen Projekten (beispielsweise gemeinsame «Fact Finding Missions» in Herkunftsstaaten) und durch den Informationsaustausch innerhalb des EASO erwartet.

4

Verhandlungen mit der Europäischen Kommission

4.1

Verlauf der Verhandlungen

Am 21. Mai 2012 haben die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission begonnen. Diese konnten am 28. Juni 2013 mit der Paraphierung der Vereinbarung abgeschlossen werden. Insgesamt haben vier Verhandlungsrunden stattgefunden.

Die Verhandlungen wurden gemeinsam mit den anderen an Schengen und Dublin assoziierten Staaten geführt. Dies hatte den Vorteil, dass die Argumente der assozi6923

ierten Staaten gegenüber der Europäischen Kommission mehr Gewicht hatten.

Damit konnte auch verhindert werden, dass die Schweiz einen Abkommenstext eines anderen assoziierten Staats hätte übernehmen müssen, falls dieser zu einem schnelleren Abschluss der Verhandlungen gekommen wäre und damit einen Präzedenzfall geschaffen hätte.

Die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission waren intensiv. Einerseits gingen die Vorstellungen zwischen den assoziierten Staaten und der Europäischen Kommission bei wichtigen Fragen auseinander; andererseits waren sich die assoziierten Staaten hinsichtlich ihrer eigenen Anliegen nicht immer einig. So war vor allem Norwegen zugunsten eines schnellen Abschlusses der Verhandlungen eher bereit, sich auf die Position der Europäischen Kommission zuzubewegen. Der Schweiz ist es schliesslich gelungen, ihre zentralen Anliegen im Vereinbarungstext einzubringen.

4.2

Verhandlungsergebnis

Die Schweiz konnte ihr Verhandlungsmandat weitestgehend einhalten. Einzelne Vorstellungen der Schweiz ­ beispielsweise die gemäss Mandat anzustrebenden Stimmrechte in operativen Belangen ­ konnten trotz intensivem Einsatz der Schweizer Delegation nicht umgesetzt werden. Es war jedoch von Anfang an klar, dass es schwierig sein würde, solche Stimmrechte zu erhalten. Dies, weil einerseits bereits die EASO-Verordnung den assoziierten Staaten keine solchen Stimmrechte zuerkennt; andererseits wurden die assoziierten Staaten bereits vor Aufnahme der Verhandlungen in einem Informationsschreiben der Europäischen Kommission darüber informiert, dass sie am EASO teilnehmen dürften, jedoch ohne ein Stimmrecht zu erhalten.

Im Gegenzug konnte die Schweiz gemeinsam mit den anderen assoziierten Staaten gewisse Bestimmungen aushandeln, die nicht direkt im Verhandlungsmandat vorgesehen waren, jedoch für die Schweiz von Vorteil sind. So wurde beispielsweise ein Informations- und Konsultationsmechanismus ausgehandelt, der bei Interpretationsfragen in Bezug auf die Anwendung der EASO-Verordnung oder bei der Vorbereitung legislativer Änderungen auf EU-Ebene betreffend EASO zur Anwendung gelangen soll.

5

Inhalt der Vereinbarung

5.1

Die Bestimmungen der Vereinbarung

Die EASO-Vereinbarung umfasst neben 14 Artikeln auch 3 Anhänge, die Bestandteil der Vereinbarung sind. Sie legen die Grundprinzipien und die Umsetzungsmechanismen der Vereinbarung fest.

Präambel Die Präambel unterstreicht, dass ­ um seinen Auftrag erfüllen zu können ­ das EASO auch der Beteiligung von Staaten offen stehen sollte, die mit der EU Abkommen geschlossen haben, auf deren Grundlage sie das EU-Recht in dem unter die Verordnung fallenden Bereich übernommen haben und anwenden, was insbe6924

sondere der Fall für die assoziierten Staaten ist. Es handelt sich hierbei vor allem um das Dublin-Assoziierungsabkommen10 (DAA), weshalb dieses in der Präambel ebenfalls explizit erwähnt wird.

Art. 1

Umfang der Beteiligung

Die Schweiz beteiligt sich wie die anderen assoziierten Staaten vollumfänglich an den Aktivitäten des EASO. Dies bedeutet auch, dass sie auf die Unterstützung des EASO zurückgreifen könnte, sollte das schweizerische Asyl- und Aufnahmesystem unter Druck geraten.

Die Vereinbarung weist einen statischen Charakter auf, d. h. für allfällige rechtliche Weiterentwicklungen der EASO-Verordnung gibt es keine Übernahmeverpflichtung für die Schweiz. Für eine Übernahme solcher Weiterentwicklungen müsste die vorliegende EASO-Vereinbarung mit der EU angepasst werden.

Art. 2

Verwaltungsrat

Die Parteien haben sich darauf geeinigt, dass die assoziierten Staaten als Beobachter im Verwaltungsrat des EASO Einsitz nehmen und an den Beratungen zu allen Tagesordnungspunkten teilnehmen können (Ausnahme: Wahl der oder des Vorsitzenden des Verwaltungsrates). Stimmrechte in Bezug auf operative Einsätze haben die assoziierten Staaten nicht erhalten. Einzig bei der Schengener Grenzschutzagentur Frontex konnte die Schweiz diese Rechte unter Verweis auf die besondere Stellung als an den Schengen-Besitzstand assoziierter Staat aushandeln. Weil EASO rechtlich jedoch weder zum Schengen- noch zum Dublin-Acquis gehört, war die Schweizer Position entsprechend schwächer. Allerdings wird jeder an EASO teilnehmende Staat ­ also auch die Schweiz ­ gemäss Artikel 16 Absatz 1 der EASOVerordnung selbst über die Anzahl und die Profile der zu entsendenden Expertinnen und Experten sowie über die Dauer der Entsendung entscheiden können.

Auf Initiative der assoziierten Staaten nehmen diese ausserdem bereits heute informell an den Verwaltungsratssitzungen teil.

Art. 3

Finanzieller Beitrag

Dieser Artikel definiert die finanzielle Beteiligung der Schweiz an EASO. Die Schweiz leistet einen Jahresbeitrag an die Einnahmen des Unterstützungsbüros, der dem Verhältnis des BIP der Schweiz zum BIP aller am EASO teilnehmenden Staaten entspricht. Die übrigen Modalitäten und Bedingungen für den finanziellen Beitrag der Schweiz sind in Anhang I geregelt (vgl. Ausführungen dazu unter Ziff. 5.2 nachstehend).

Die Beitragspflicht der Schweiz wird erst ab dem Zeitpunkt beginnen, an dem die Vereinbarung in Kraft tritt. Der finanzielle Beitrag wird im ersten Jahr anteilsmässig auf die Monate der tatsächlichen Teilnahme reduziert (pro rata temporis).

10

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (DAA; SR 0.142.392.68).

6925

Art. 4

Datenschutz

Die Schweiz kann bei Fragen des Datenschutzes ihre nationalen Datenschutzbestimmungen anwenden. Zudem verpflichtet sich die Schweiz, die Vertraulichkeitsbestimmungen, wie vom Verwaltungsrat des EASO festgelegt, einzuhalten.

Art. 5

Rechtsstellung

Das EASO besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit, was dem Unterstützungsbüro in technischen Fragen sowie in juristischer, administrativer und finanzieller Hinsicht Unabhängigkeit verleiht.

Art. 6

Haftung

Die Haftung des EASO wird gemäss den entsprechenden Bestimmungen in der EASO-Verordnung (Art. 45 Abs. 1, 3 und 5) geregelt.

Art. 7

Gerichtshof

Die Schweiz anerkennt die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) über das EASO gemäss Artikel 45 Absätze 2 und 4 der EASOVerordnung. Gemäss diesen Bestimmungen ist der EuGH zuständig für ausservertragliche haftungsrechtliche Streitigkeiten, an denen das EASO als Partei beteiligt ist (Streitigkeiten über den Ersatz von durch das EASO bzw. durch EASO-Bedienstete in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden) sowie für allfällige Schiedsgerichtsverfahren zwischen dem EASO und Dritten im Rahmen einer vertraglichen Haftung (gestützt auf eine entsprechende Schiedsklausel im betreffenden Vertrag).

Art. 8

Personal des Unterstützungsbüros

Schweizer Personal, das vom EASO engagiert wird, untersteht den Personalregelungen für Beamte und den Beschäftigungsbedingungen für sonstige Bedienstete der Europäischen Union. Schweizer Staatsangehörige dürfen alle Posten innerhalb des EASO besetzen; sie können jedoch nicht zum Exekutivdirektor des EASO gewählt werden.

Art. 9

Vorrechte und Befreiungen

Das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union, das in Anhang II enthalten ist, gilt auch für das EASO und seine Bediensteten. Dieser Anhang ist durch einen Zusatz bezüglich der Anwendungsmodalitäten des Protokolls in der Schweiz ergänzt (Anlage zu Anhang II). Bezüglich des Inhalts von Anhang II und der dazugehörigen Anlage siehe Ausführungen unter Ziffer 5.3 nachstehend.

Art. 10

Betrugsbekämpfung

Dieser Artikel sieht vor, dass die von der EU in der Schweiz allenfalls durchgeführte Finanzkontrolle betreffend Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Aktivitäten des Unterstützungsbüros im Anhang III geregelt wird. Bezüglich des Inhalts von Anhang III siehe Ausführungen unter Ziffer 5.4 nachstehend.

6926

Art. 11

Ausschuss

Im Mandat der Schweiz war ein Konsultationsmechanismus nicht explizit vorgesehen; dennoch konnte man sich bei den Verhandlungen auf einen solchen einigen.

Die assoziierten Staaten bezwecken, über diesen Informations- und Konsultationsmechanismus im Rahmen eines durch die Vereinbarung geschaffenen Ausschusses rechtzeitig über allfällige rechtliche Entwicklungen zum EASO informiert zu werden sowie einen gewissen Einfluss nehmen zu können auf legislative Entwicklungen auf EU-Ebene, die das EASO betreffen.

Art. 12

Anhänge

Diese Bestimmung präzisiert, dass alle Anhänge der Vereinbarung Bestandteil der Vereinbarung sind.

Art. 13

Inkrafttreten

Die Aushandlung einer Übergangslösung war nicht notwendig: Eine vorläufige Teilnahme am EASO kam weder aus Schweizer Sicht noch aus Sicht der Europäischen Kommission in Frage. Die Vereinbarung tritt am ersten Tag des ersten Monats nach der letzten Notifizierung in Kraft.

Art. 14

Beendigung und Gültigkeit

Es wurde vereinbart, dass beide Parteien die EASO-Vereinbarung unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist jederzeit kündigen können, ohne dass dies Auswirkungen auf andere Vereinbarungen zwischen der Schweiz und der EU hat. Vor einer Kündigung ist jedoch der in der Vereinbarung vorgesehene Ausschuss zu konsultieren.

Weil die Dublin-Assoziierung aus Sicht der EU eine unverzichtbare Voraussetzung für die Teilnahme am EASO darstellt, wurde festgelegt, dass eine Beendigung des DAA auch zur Beendigung der EASO-Vereinbarung führt (zum gleichen Ergebnis führte eine Beendigung des Schengen-Assoziierungsabkommens11 [SAA], dessen Schicksal rechtlich mit demjenigen des DAA verknüpft ist). Hingegen liesse eine Kündigung der EASO-Vereinbarung das DAA unberührt, was den Vorgaben des schweizerischen Verhandlungsmandats entspricht.

5.2

Anhang I: Formel für die Berechnung des Beitrags

Anhang I regelt die Modalitäten und Bedingungen für den finanziellen Beitrag der Schweiz am EASO. Beim Verteilschlüssel haben sich die assoziierten Staaten und die Kommission darauf geeinigt, einen Schlüssel analog zu demjenigen anzuwenden, der in Artikel 11 Absatz 3 SAA bzw. in Artikel 8 Absatz 1 zweiter Teil DAA für die operative Schengener bzw. Dubliner Zusammenarbeit festgelegt ist (Verhältnis des BIP CH zum BIP aller am EASO teilnehmenden Staaten). Im Vergleich zur durchschnittlichen Finanzierung der Schengener Zusammenarbeit erwächst der 11

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (SAA; SR 0.362.31).

6927

Schweiz ein Vorteil daraus, dass sich das Vereinigte Königreich am EASO beteiligt, wodurch das Verhältnis BIP CH zum BIP aller teilnehmenden Staaten zugunsten der Schweiz sinkt. Die Schweizer Delegation hat ausserdem erreicht, dass der Referenzbetrag, der für die Berechnung des finanziellen Beitrags herangezogen wird, weder die Beiträge der Assoziierten noch freiwillige Beiträge der EU-Mitgliedstaaten noch sonstige Einnahmequellen des EASO beinhaltet. Damit fällt der Beitrag der Assoziierten prozentual gesehen etwas geringer aus als derjenige der EU-Mitgliedstaaten.

Für den Fall nachträglicher Änderungen im Budget des EASO wurde ein Korrekturmechanismus für die Beiträge der assoziierten Staaten festgelegt: Bei einer ausserordentlichen Erhöhung des EU-Beitrags an das EASO müssten sich die assoziierten Staaten an der Erhöhung prozentual beteiligen. Dasselbe gilt im Gegenzug auch bei einer nachträglichen Reduzierung des Referenzbudgets: In diesem Fall würde sich der Beitrag der assoziierten Staaten entsprechend verringern. Das Gleiche gilt, wenn das EASO sein Budget im laufenden Jahr nicht ausschöpft. In beiden Fällen werden die zu viel bezahlten Beitragsanteile der assoziierten Staaten auf das nächste Jahr übertragen, womit sich deren Beitrag für das darauffolgende Jahr entsprechend reduziert.

5.3

Anhang II: Protokoll (Nr. 7) über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union

Die Schweiz verpflichtet sich, das Protokoll Nr. 7 vom 30. März 201012 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union auf das Unterstützungsbüro anzuwenden. Die Annahme dieses Protokolls stellt eine Grundvoraussetzung für den Einbezug von Drittstaaten in die Facheinrichtungen der EU dar. Das Protokoll ist in Anhang II der Vereinbarung enthalten und stellt einen Bestandteil der Vereinbarung dar. Ein Zusatz legt die Anwendungsmodalitäten des Protokolls für die Schweiz unter Berücksichtigung der Besonderheiten des schweizerischen Rechtssystems fest.

Anhang II ist ein Standarddokument, das bereits in zahlreichen früheren Abkommen vereinbart wurde.

5.4

Anhang III: Finanzkontrolle betreffend Teilnehmer aus der Schweiz an Aktivitäten des Unterstützungsbüros

Anhang III präzisiert die Modalitäten der Finanzkontrolle, die auf alle in der Schweiz ansässigen Personen oder Einrichtungen, die am EASO teilnehmen, und andere Empfänger von Gemeinschaftsbeiträgen anwendbar sind. Sie entsprechen den Verpflichtungen, welche die Beteiligten durch die Unterzeichnung der Projektverträge mit dem EASO eingehen. Danach können Bedienstete der Europäischen Union (insbesondere des Europäischen Rechnungshofes, des EASO, der Europäischen Kommission und des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung [OLAF]) oder durch sie beauftragte Personen bei in der Schweiz niedergelassenen Projektbeteiligten und deren Untervertragsnehmern wissenschaftliche, finanzielle, techno12

ABI. L 83 vom 30.3.2010, S. 266.

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logische oder sonstige Überprüfungen bzw. Kontrollen vor Ort vornehmen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle wird dabei jeweils im Voraus informiert und kann an den Kontrollen und Nachprüfungen vor Ort teilnehmen. Die Überprüfungen können auch fünf Jahre nach dem Auslaufen der Vereinbarung oder gemäss den in den Projektverträgen vorgesehenen Bestimmungen oder entsprechenden Beschlüssen stattfinden. Anhang III ist ebenfalls ein Standarddokument, das bereits in zahlreichen früheren Abkommen vereinbart wurde.

6

Auswirkungen

6.1

Auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Beim Verteilschlüssel haben sich die assoziierten Staaten und die Kommission darauf geeinigt, einen Schlüssel analog zu demjenigen anzuwenden, der in Artikel 11 Absatz 3 SAA bzw. in Artikel 8 Absatz 1 zweiter Teil DAA für die operative Schengener bzw. Dubliner Zusammenarbeit festgelegt ist (Verhältnis des BIP CH zum BIP aller an EASO teilnehmenden Staaten). Dies ist ein üblicher Verteilschlüssel, der bereits in früheren Abkommen mit der EU, insbesondere im Rahmen der Schengener Zusammenarbeit, angewendet wurde. Beim EASO wird der Beitrag der Schweiz im Vergleich etwas tiefer ausfallen, da sich bei EASO mehr EU-Mitgliedstaaten beteiligen als in anderen Aktivitäten im Rahmen von Schengen/Dublin (Verhältnis BIP CH zum BIP aller teilnehmenden Staaten sinkt entsprechend zugunsten der Schweiz).

Für die Berechnung des Beitrags werden BIP-Zahlen benötigt, die für alle am EASO teilnehmenden Staaten gültig sind. Es wurde deshalb vereinbart, dass die aktuellsten offiziellen BIP-Zahlen, die am 31. März jedes Jahres für alle am EASO teilnehmenden Staaten zur Verfügung stehen, benutzt werden.

Es wurde ausserdem erreicht, dass der Referenzbetrag, der für die Berechnung des finanziellen Beitrags herangezogen wird, sich auf den EU-Beitrag aus dem EU-Budget am EASO gemäss Artikel 33 Absatz 3 Buchstabe a der EASOVerordnung beschränkt. Damit fällt der Beitrag der Assoziierten prozentual gesehen etwas geringer aus als derjenige der EU-Mitgliedstaaten.

Als Fallbeispiel kann das Jahr 2015 dienen: Für das Jahr 2015 hat das EASO 16 Millionen Euro budgetiert. Bei einem Anteil der Schweiz von ungefähr 4,25 % (Schätzung Verhältnis BIP CH zum BIP aller teilnehmenden Staaten) und einem Wechselkurs von 1,20 CHF für 1 Euro müsste die Schweiz für das Jahr 2015 eine Beitragszahlung von ca. 816 000 CHF tätigen. Die Kosten für die finanzielle Beteiligung sind bereits im Voranschlag 2015 sowie im Finanzplan 2016­2018 eingestellt.

Auch für das Jahr 2016 beträgt das Budget des EASO 16 Millionen Euro. Ein leichter Anstieg des EASO-Budgets in den Folgejahren ist nicht ausgeschlossen; insofern kann auch der Schweizer Beitrag am EASO zunehmen.

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6.1.2

Personelle Auswirkungen

Für das Engagement der Schweiz im Bereich der Herkunftsländerinformationen (Sitzungsteilnahmen, Teilnahme an Workshops etc.) sind keine wesentlichen personellen Veränderungen zu erwarten, da die Schweiz bislang bereits in vergleichbaren Arbeitsgremien und Projekten vertreten war. Aufgrund der Überführung der Aktivitäten und Projekte dieser Gremien in das EASO ging es bei den Verhandlungen der Schweizer Beteiligung am EASO auch darum, die Kontinuität der schweizerischen Beteiligung an diesen Arbeitsgremien zu gewährleisten.

Im Rahmen von Einsätzen von Asyl-Unterstützungsteams des EASO werden zeitlich befristete Einsätze von Schweizer Expertinnen und Experten im europäischen Ausland erforderlich sein. Je nach Umfang dieser Einsätze bedeutet dies einen gewissen Einsatz von Personalressourcen, die für die Dauer des Einsatzes in der Schweiz nicht verfügbar sind. Für die geplanten Einsätze von Schweizer Personal in den AsylUnterstützungsteams des EASO sind vorwiegend Fachkräfte des Bundesamts für Migration (BFM) vorgesehen. Das BFM wird vorläufig kein zusätzliches Personal für Einsätze im Rahmen des EASO beantragen. Es ist davon auszugehen, dass allfällige Einsätze des EASO mit den vorhandenen Personalmitteln durchgeführt werden können. Dies u. a. deshalb, weil die Entscheidung über die Anzahl und die Profile der Expertinnen und Experten, die für EASO-Einsätze zur Verfügung gestellt werden, sowie über die Dauer einer allfälligen Entsendung gemäss Artikel 16 Absatz 1 der EASO-Verordnung in der Autonomie des Herkunftsmitgliedstaates verbleibt. Insbesondere kann auf eine Entsendung verzichtet werden, wenn die angeforderten Expertinnen und Experten in der Schweiz dringend benötigt werden.

Zudem werden die Kosten eines solchen Einsatzes gemäss Artikel 23 der EASOVerordnung vom Unterstützungsbüro selbst getragen.

Im Rahmen eines Monitorings der Schweizer Einsätze in Asyl-Unterstützungsteams des EASO in den ersten Jahren der Beteiligung der Schweiz am EASO soll des Weiteren geprüft werden, in welchem Umfang Personalressourcen durch die Teilnahme an solchen Einsätzen beansprucht werden.

Zudem besteht mit der Teilnahme am EASO für Schweizer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Asylbereich die Möglichkeit, für eine befristete Zeitdauer als abgeordnete nationale Sachverständige im EASO arbeiten zu können.
Es ist nicht damit zu rechnen, dass mit einer Beteiligung am EASO unmittelbar Kapazitäten im BFM für andere Aufgaben frei werden. Wenn das EASO jedoch mit seiner Arbeit beispielsweise in Griechenland Erfolg hat, wird dies für die Schweiz bedeuten, dass das Dublin-System wieder vollumfänglich funktioniert und Personen im Rahmen des Dublin-Verfahrens wieder nach Griechenland überstellt werden können. Vorbeugende Massnahmen, wie beispielsweise das Frühwarnsystem (siehe dazu Ziff. 6.3 nachstehend), können zudem helfen, vergleichbare Situationen in der Zukunft zu verhindern. Das trägt dazu bei, dass unser Asylsystem insgesamt entlastet und somit auch der Bedarf an Personalressourcen geringer wird.

Die Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern im Rahmen des EASO soll auch dazu beitragen, dass ­ mittels Durchführung von gemeinsamen Abklärungsmissionen in Herkunftsländern, der Realisierung von gemeinsamen Projekten sowie dem Informationsaustausch im Bereich der Herkunftsländerinformationen ­ die Länderanalyse noch effizienter, rascher und besser gestaltet werden kann.

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6.2

Auswirkungen auf die Kantone

Die Beteiligung der Schweiz am EASO hat keine Auswirkungen auf die Kantone.

6.3

Andere Auswirkungen

Das EASO fungiert als Kompetenzzentrum für Asylfragen und unterstützt zudem EU-Mitgliedstaaten, deren Asyl- und Aufnahmesysteme besonderem Druck ausgesetzt sind. Damit soll europaweit das Dublin-System gestärkt werden. Auch wenn die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, liegt eine Angleichung der einzelstaatlichen Praktiken zur Gewährung internationalen Schutzes im Dublin-Raum in ihrem Interesse: Zu grosse innereuropäische Unterschiede wirken sich regelmässig nachteilig auf unser Land aus.

Des Weiteren sieht die neue Dublin-III-Verordnung13, welche die Schweiz im Rahmen ihrer Dublin-Assoziierung übernimmt, in Artikel 33 einen sog. Mechanismus zur Frühwarnung, Vorsorge und Krisenbewältigung (Mechanism for Early Warning, Preparedness and Crisis Management) vor, bei dem das EASO eine zentrale Rolle spielen wird. Das EASO wird Informationen zur Asylsituation in den Dublin-Staaten sammeln, Analysen hierzu erstellen und die unter Migrationsdruck stehenden Staaten bei der Umsetzung eines präventiven Aktionsplans oder eines Krisenbewältigungsaktionsplans unterstützen.

Was schliesslich die Auswirkungen innerhalb der Bundesverwaltung betrifft, wird die Teilnahme am EASO insbesondere auf organisatorischer Ebene Auswirkungen für das BFM haben. Ein internes Umsetzungskonzept ist in Erarbeitung.

7

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 25. Januar 201214 zur Legislaturplanung 2011­ 2015 angekündigt.

8

Rechtliche Aspekte

8.1

Einpassung in die schweizerische Rechtsordnung

Die EASO-Vereinbarung bedarf keiner Anpassung des schweizerischen Rechts.

Aus Sicht der Schweizer Europapolitik ist die Vereinbarung zur Beteiligung der Schweiz am EASO positiv zu werten. Es stellt eine Erweiterung der Zusammenarbeit mit der EU und den EU-Mitgliedstaaten in einem wichtigen Bereich dar, in dem gemeinsame Interessen bestehen. Damit wird die bereits bestehende enge Zusammenarbeit mit der EU im Bereich Justiz und Inneres gefestigt. Die Verein13

14

Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), ABI. L 180, 29.6.2013, S. 31.

BBl 2012 481, hier 615

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barung ist eine klassische Kooperationsvereinbarung und hat damit keinen Zusammenhang mit den institutionellen Fragen, die zurzeit Gegenstand von Diskussionen zwischen der Schweiz und der EU sind.

Die Beteiligung am EASO zieht keine Übernahme von materiellem europäischem EU-Asyl-Acquis (z. B. EU-Aufnahme-, Qualifikations- und Verfahrensrichtlinie) mit sich und hat daher keine Auswirkungen auf das materielle schweizerische Asylrecht. Das EASO hat des Weiteren keine Weisungsbefugnisse gegenüber den nationalen Behörden. Es ist dem EASO untersagt, auf die Entscheidungen einer mitgliedstaatlichen Asylbehörde über einzelne Anträge auf internationalen Schutz Einfluss zu nehmen (Art. 2 Abs. 6 und Art. 28 Abs. 4 sowie Erwägungsgrund 14 der EASO-Verordnung).

Zudem weist die Vereinbarung einen statischen Charakter aus: Bei allfälligen Änderungen oder Weiterentwicklungen der EASO-Verordnung besteht seitens der Schweiz keine Übernahmepflicht, vielmehr müsste für deren Übernahme die vorliegende Vereinbarung entsprechend angepasst werden. Vorgängig wäre der in der Vereinbarung vorgesehene Ausschuss zu konsultieren. Im Rahmen dieses Ausschusses sollen die assoziierten Staaten auch über legislative Entwicklungen auf EU-Ebene im Zusammenhang mit dem EASO rechtzeitig informiert werden.

8.2

Verhältnis zum internationalen Recht

Die Vereinbarung ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Insbesondere entspricht die Vereinbarung den Vorgaben des humanitären Völkerrechts sowie den einschlägigen Bestimmungen des internationalen Flüchtlingsrechts und des internationalen Menschenrechtsschutzes.

Die Zusammenarbeit im Rahmen des EASO weist im Übrigen einen engen Bezug zum Assoziierungsabkommen von Schengen und insbesondere zu demjenigen von Dublin auf. Wie oben ausgeführt, stellt die EASO-Verordnung aber keine rechtliche Weiterentwicklung des Schengen- oder des Dublin-Besitzstands dar, sondern bildet ein davon unabhängiges Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Deshalb besteht für die Schweiz weder eine vertragliche Verpflichtung, die EASO-Verordnung zu übernehmen respektive am EASO teilzunehmen, noch eine Pflicht, zukünftige Weiterentwicklungen der EASO-Verordnung zu übernehmen.

Zwischen der Tätigkeit des Unterstützungsbüros und dem Dublin-System besteht aber eine enge Verbindung. Es wurde deshalb in Artikel 14 der EASO-Vereinbarung festgehalten, dass eine Beendigung des DAA auch zur Beendigung der EASOVereinbarung führt (siehe dazu oben Ziff. 5.1, Erläuterungen zu Art. 14). Das Gegenteil ist jedoch nicht der Fall: Die EASO-Vereinbarung ist jederzeit kündbar, ohne dass dies Auswirkungen auf das DAA oder andere Abkommen der Schweiz mit der EU hat. Da die assoziierten Staaten vier voneinander unabhängige Vereinbarungen mit der EU ausgehandelt haben, besteht im Übrigen diesen Staaten gegenüber bei einer Kündigung der Vereinbarung durch die Schweiz keine Verpflichtung.

In einem solchen Fall wäre jedoch vorgängig der in der Vereinbarung vorgesehene Ausschuss zu konsultieren.

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8.3

Verfassungsmässigkeit und Referendum

Die auswärtigen Angelegenheiten sind gemäss Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung15 (BV) Sache des Bundes. Nach Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundesversammlung für die Unterzeichnung und Ratifizierung von völkerrechtlichen Verträgen zuständig. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung, solche Verträge zu genehmigen, ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Ausgenommen sind Verträge, für deren Abschluss der Bundesrat aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag zuständig ist (Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dez. 200216 [ParlG] und Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199717 [RVOG]). Eine solche Kompetenz des Bundesrates ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder wenn deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssten.

Im vorliegenden völkerrechtlichen Vertrag werden unter anderem Fragen der finanziellen Beteiligung, der Haftung, der Gewährung von Vorrechten und Immunitäten geregelt und die Möglichkeit von Vor-Ort-Kontrollen der Europäischen Organe in der Schweiz gemeinsam mit nationalen Kontrollorganen vorgesehen. Es handelt sich hier um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben c und e BV.

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Vereinbarung ist deshalb dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

8.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV, da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredites oder Zahlungsrahmens enthält.

8.5

Datenschutz

Aus Sicht des Datenschutzes sind keine Änderungen oder Anpassungen nötig, da die Schweiz gemäss der EASO-Vereinbarung ihre nationalen Datenschutzbestimmungen anwenden kann.

15 16 17

SR 101 SR 171.10 SR 172.010

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