14.070 Botschaft zur Genehmigung eines Zusatzabkommens zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Belgien vom 19. September 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Zusatzabkommens zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Belgien.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

19. September 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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Übersicht Das geltende Abkommen zwischen der Schweiz und Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen wurde am 28. August 1978 unterzeichnet und seither nicht revidiert.

Im Zuge der vom Bundesrat am 13. März 2009 geänderten Abkommenspolitik zum Informationsaustausch nahmen die Schweiz und Belgien im selben Jahr Verhandlungen auf, um das Doppelbesteuerungsabkommen mit einer Bestimmung nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zu ergänzen. Das geltende Abkommen enthält keine Bestimmung über den Informationsaustausch. Die Amtshilfe in Steuersachen ist daher auf Informationen beschränkt, die zur ordnungsgemässen Anwendung des Abkommens und zur Vermeidung von Missbräuchen notwendig sind.

Nebst der Vereinbarung einer Bestimmung über den Informationsaustausch in Steuersachen nach dem internationalen Standard konnte das Abkommen auch in anderen Punkten an die heutige Abkommenspolitik beider Länder und den Wortlaut des geltenden OECD-Musterabkommens angepasst werden. Zu erwähnen ist namentlich die Quellensteuerbefreiung von Dividenden und Zinsen an Vorsorgeeinrichtungen sowie von Dividenden an Gesellschaften, die eine Beteiligung von mindestens 10 % an der ausschüttenden Gesellschaft während mindestens eines Jahres halten.

Das Zusatzabkommen wurde am 10. April 2014 in Brüssel unterzeichnet.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss dieses Zusatzabkommens begrüsst.

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz schon immer den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung anderseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Zwischen der Schweiz und Belgien besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (nachfolgend «DBA-BE»)1. Es wurde am 28. August 1978 in Bern unterzeichnet und bislang nicht revidiert.

Nachdem die Schweiz mit Beschluss des Bundesrates vom 13. März 2009 und Belgien kurz darauf ihre Vorbehalte gegenüber dem Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD (nachfolgend «OECD-Musterabkommen») zurückgezogen haben, beschlossen die Vertragsstaaten, das DBA-BE mit einer Bestimmung nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zu ergänzen. Das bestehende DBA-BE enthält keine Bestimmung über den Informationsaustausch.

Die Amtshilfe beschränkt sich gemäss schweizerischer Praxis auf diesem Gebiet nach der heutigen Fassung des Abkommens demnach auf den Austausch der Informationen, die zu seiner ordnungsgemässen Anwendung und zur Vermeidung von Missbräuchen notwendig sind. Die Delegationen einigten sich aufgrund des Alters des Abkommens auf eine umfassende Revision durch Abschluss eines Zusatzabkommens.

Nebst der Verankerung der neuen Bestimmung über den Informationsaustausch in Steuersachen wurde das DBA-BE auch in anderen Punkten an die heutige Abkom-

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menspolitik beider Länder und den Wortlaut des geltenden OECD-Musterabkommens angepasst.

Das Zusatzabkommen wurde am 10. April 2014 in Brüssel unterzeichnet.

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Würdigung

Dividenden unterliegen nach dem geltenden DBA-BE einer allgemeinen Residualsteuer von 15 Prozent oder, sofern sie an Gesellschaften mit einer Beteiligung von mindestens 25 Prozent an der ausschüttenden Gesellschaft bezahlt werden, einer Residualsteuer von 10 Prozent. Das Zusatzabkommen nimmt neu Dividenden an Gesellschaften, die eine Beteiligung von mindestens 10 Prozent an der ausschüttenden Gesellschaft während mindestens eines Jahres halten, sowie Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen von der Quellenbesteuerung aus. Hinsichtlich der Zinsen ergänzt das Zusatzabkommen die Befreiung im Quellenstaat um Zinsen, die an Vorsorgeeinrichtungen sowie die Vertragsstaaten oder aufgrund eines Darlehens jeglicher Art bezahlt werden. Die im DBA-BE vorgesehene Quellensteuerbefreiung von Lizenzgebühren bleibt unverändert. Diese neuen Regeln fördern Investitionen und den wirtschaftlichen Austausch im bilateralen Verhältnis.

Zur Verhinderung von Missbräuchen wurde eine Bestimmung aufgenommen, die die Abkommensvorteile für Einkommensbestandteile versagt, wenn eine Person mindestens die Hälfte der betreffenden Einkünfte an nicht in den Vertragsstaaten ansässige Personen weiterleitet, wobei der Nachweis offensteht, dass die Inanspruchnahme der Vorteile des DBA-BE nicht die hauptsächlichen Absicht der Parteien darstellt. Diese Bestimmung verhindert Missbräuche, ohne legitime wirtschaftliche Aktivitäten einzuschränken.

Für Veräusserungsgewinne aus Anteilen an Immobiliengesellschaften liegt das Besteuerungsrecht künftig im Belegenheitsstaat der Liegenschaften. Die Kantone können damit ihr Besteuerungsrecht aus wirtschaftlicher Handänderung wahrnehmen.

Ruhegehälter können neu im Quellenstaat besteuert werden. Diese Lösung ist für die Schweiz mit einer Ausweitung des Steuersubstrats und einer Reduktion des administrativen Aufwands verbunden.

Das Zusatzabkommen ergänzt das DBA-BE mit einer Schiedsklausel. Damit wird die Rechtssicherheit erhöht, dass eine dem Abkommen widersprechende Besteuerung vermieden wird.

Schliesslich erfüllt die neue Bestimmung über den Informationsaustausch den in diesem Bereich geltenden internationalen Standard.

Im vorliegenden Zusatzabkommen konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird. Die Kantone und die interessierten Wirtschaftsverbände haben das Zusatzabkommen begrüsst.

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Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

Das Zusatzabkommen folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht dem OECD-Musterabkommen sowie der Abkommenspolitik der Schweiz. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich darauf, die wichtigsten Abweichungen gegenüber dem OECD-Musterabkommen, dem bestehenden Abkommen und der schweizerischen Abkommenspolitik zu erläutern.

Titel und Präambel des Zusatzabkommens Die Beteiligung der belgischen Regionen und Gemeinschaften ist eine Bedingung der Kompetenzordnung im belgischen Föderalismus, die aufgrund der Auswirkungen auf die Steuern der belgischen Regionen und Gemeinschaften auch deren Zustimmung zum Zusatzabkommen verlangt. Der Charakter des Zusatzabkommens als bilaterale Vereinbarung zwischen den beiden Völkerrechtssubjekten Schweiz und Belgien wird durch die Beteiligung der belgischen Regionen und Gemeinschaften jedoch nicht verändert.

Art. I des Zusatzabkommens betreffend Art. 2 DBA-BE (Unter das Abkommen fallende Steuern) Der Katalog der belgischen Steuern wird den aktuellen Gegebenheiten angepasst.

Belgien erhebt derzeit eine Steuer der juristischen Personen und eine Körperschaftssteuer nach einem gestaffelten Tarif und mit einem Grenzsteuersatz von jeweils 33,99 Prozent einschliesslich des gegenwärtig erhobenen Zuschlags von 3 Prozent.

Belgien erhebt weiter eine Steuer der natürlichen Personen mit einem progressiven Tarif, welcher für Einkünfte ab 37 330 Euro einen Grenzsteuersatz von 50 Prozent erreicht. Zudem erhebt Belgien eine Steuer der nichtansässigen Personen nach den Tarifen der genannten Steuern für ansässige natürliche und juristische Personen. Die ausserordentliche und vorübergehende Solidaritätsabgabe wird nicht mehr erhoben, weshalb sie in der Fassung des Zusatzabkommens nicht mehr enthalten ist.

Art. III des Zusatzabkommens betreffend Art. 4 DBA-BE (Ansässige Person) Der Absatz 1 dieser Bestimmung ist neu nach dem Wortlaut des OECD-Musterabkommens gefasst. Gestrichen wird damit die Ansässigkeit der Gesellschaften belgischen Rechts, die sich für eine Besteuerung ihrer Gewinne nach den Regeln der Besteuerung der natürlichen Personen entschieden haben, und der Personengesellschaften schweizerischen Rechts, wie dies das geltende Abkommen ausdrücklich vorgesehen hatte.

Weiterhin nicht als ansässig gelten natürliche Personen, die in dem Staat, in welchem sie nach
den allgemeinen Regeln des Abkommens ansässig wären, nicht mit den dort allgemein steuerpflichtigen Einkünften aus dem anderen Vertragsstaat den allgemein erhobenen Steuern unterstehen.

Im Protokoll zum Abkommen wird die Ansässigkeit der Vertragsstaaten einschliesslich deren politischer Unterabteilungen und lokalen Körperschaften statuiert. Weiter wird festgehalten, dass die Vorsorgeeinrichtungen gemäss der enthaltenen Definition und Organisationen mit religiösen, wohltätigen, wissenschaftlichen, kulturellen, sportlichen oder Ausbildungszwecken als in einem Vertragsstaat ansässige Personen 8149

gelten (Ziff. 2). Diese Bestimmung dient der Präzisierung, dass solche Einrichtungen auch im Fall einer allfälligen Steuerbefreiung als ansässige Personen qualifizieren.

In der Schweiz gelten solche Institutionen auch ohne eine entsprechende Bestimmung nach innerstaatlichem Recht als ansässig für Zwecke der Doppelbesteuerungsabkommen, auch wenn diese Institutionen aufgrund der von ihnen verfolgten Zwecke steuerbefreit sind.

Art. IV des Zusatzabkommens betreffend Art. 7 DBA-BE (Unternehmensgewinne) Artikel 7 wurde nach dem neuen Wortlaut von Artikel 7 des OECD-Musterabkommens gefasst. Mit dieser Bestimmung wird der sogenannte «Authorised OECD Approach» übernommen. Betriebsstätten werden demnach weitgehend wie unabhängige Unternehmen behandelt. Die Gewinnzuteilung richtet sich nach den für verbundene Unternehmen entwickelten Verrechnungspreisgrundsätzen. Der Gesamterfolg des Unternehmens darf demnach nicht mehr auf seine Teile aufgeteilt werden.

Stattdessen muss der Erfolg jedes Unternehmensteils ermittelt werden. Die Kombination der Erfolge der Unternehmensteile entspricht schliesslich dem Gesamterfolg des Unternehmens. Es ist nach diesem Ansatz beispielsweise möglich, dass eine Betriebsstätte einen Gewinn erzielt, während das Gesamtunternehmen einen Verlust schreibt, oder umgekehrt.

Absatz 1 bleibt materiell unverändert. Absatz 2 hält wie bis anhin den Grundsatz des Drittvergleichs fest. Im Unterschied zur bisherigen Regelung wird jedoch festgehalten, dass die Leistungsbeziehungen zwischen dem Hauptsitz und der Betriebsstätte auch zu berücksichtigen sind. So sind beispielsweise die Leistungen der zentralisierten Dienste an die Betriebsstätte (z.B. für Personalmanagement oder Rechtsdienst) von dieser für steuerliche Zwecke wie gegenüber einem unabhängigen Leistungserbringer zu entschädigen, obwohl zivilrechtlich und für Zwecke der Handelsbilanz keine Leistungsbeziehung besteht.

Absatz 3 betrifft die Gegenberichtigung im Staat des Hauptsitzes bzw. der Betriebsstätte, wenn es zu einer Aufrechnung infolge der Verletzung des Prinzips des Drittvergleichs nach Absatz 2 kommt. Die Gegenberichtigung erfolgt nur, wenn die ursprüngliche Aufrechnung im Grundsatz und betragsmässig für gerechtfertigt gehalten wird. Der ständigen Praxis der Schweiz entsprechend werden die Aufrechnung und die Gegenberichtigung
daher im Streitfall stets Gegenstand eines Verständigungsverfahrens im Sinn von Artikel 25 des Abkommens sein.

Die bisherigen Absätze 4­6 von Artikel 7 des Abkommens sind in der entsprechenden Bestimmung des Zusatzabkommens nicht mehr enthalten. Die in der Schweiz im interkantonalen Verhältnis übliche proportionale Aufteilung der Unternehmensgewinne ist auf internationaler Ebene bereits seit Jahren nicht mehr in Gebrauch. Die Streichung hat daher keine materiellen Auswirkungen. Wie bis anhin bestätigt Absatz 4 den im bisherigen Absatz 7 festgehaltenen Grundsatz, dass die speziellen Zuteilungsregeln anderer Artikel des Abkommens der Regelung für Unternehmensgewinne vorgehen.

Art. VI, VII und VIII des Zusatzabkommens betreffend Art. 10, 11 und 12 DBA-BE (Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren) Belgien erhebt nach seinem innerstaatlichen Recht eine Quellensteuer von 25 Prozent auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren.

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Artikel 10 (Dividenden) des DBA-BE sieht ohne Ausnahmen Residualsteuersätze von 15 Prozent generell bzw. 10 Prozent auf Dividenden an Gesellschaften mit einer Beteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft von mindestens 25 Prozent vor. Neu können gemäss dem Zusatzabkommen indessen Dividenden aus direkten und während mindestens einem Jahr ununterbrochen gehaltenen Beteiligungen an Gesellschaften von mindestens 10 Prozent des Kapitals nur noch im Ansässigkeitsstaat der nutzungsberechtigten Gesellschaft besteuert werden (Art. 10 § 2 Bst. a).

Die ausschliessliche Steuerbarkeit im Ansässigkeitsstaat gilt auch für an Vorsorgeeinrichtungen bezahlte Dividenden, sofern diese nicht aus einer Unternehmenstätigkeit der Vorsorgeeinrichtung stammen oder über ein verbundenes Unternehmen bezogen werden (Art. 10 §2 Bst. b). Von einer Unternehmenstätigkeit einer Vorsorgeeinrichtung ist auszugehen, wenn damit Tätigkeiten verbunden sind, die in ihrer Intensität oder hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Risiken für die gewöhnliche Verwaltung von Vorsorgevermögen nicht nötig sind. Als Vorsorgeeinrichtungen qualifizieren gemäss der Definition im Protokoll die Einrichtungen der Säulen 1, 2 und 3a, soweit diese behördlich beaufsichtigt werden (Ziff. 2).

Bei den Zinsen (Art. 11) wurde der Residualsatz von 10 Prozent beibehalten, jedoch unter Ausweitung des Ausnahmenkatalogs (Art. 11 § 3). Von der Quellensteuer befreit werden neu Zinsen, die an die Vertragsstaaten, einschliesslich ihrer politischen Unterabteilungen, lokalen Körperschaften und öffentlichen Einrichtungen, oder an Vorsorgeeinrichtungen bezahlt werden, sofern diese Zinsen nicht aus einer Unternehmenstätigkeit der Vorsorgeeinrichtung stammen oder über ein verbundenes Unternehmen bezogen werden. Für den Begriff der Unternehmenstätigkeit der Vorsorgeeinrichtung sowie den Kreis der qualifizierenden Vorsorgeeinrichtungen kann auf die Ausführungen zu Artikel 10 (Dividenden) verwiesen werden. Ausgenommen von der Quellensteuer werden neu auch Zinsen, die aufgrund eines Darlehens jeglicher Art oder aufgrund eines Kredits zwischen Unternehmen der Vertragsstaaten bezahlt werden, wobei das Protokoll zum Abkommen festhält, dass Banken als Unternehmen der Vertragsstaaten gelten (Ziff. 1).

Für Lizenzgebühren (Art. 12) wird an der ausschliesslichen Besteuerung im
Ansässigkeitsstaat festgehalten. Das Zusatzabkommen geht jedoch in Paragraph 2 über die bisherige Definition der Lizenzgebühren hinaus und passt diese weitgehend dem Wortlaut von Artikel 12 des OECD-Musterabkommens an. Nicht mehr als Lizenzgebühren gelten demnach Vergütungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung von gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstung.

Art. IX des Zusatzabkommens betreffend Art. 13 DBA-BE (Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen) Dieser Artikel wird mit einem neuen Paragraphen 4 ergänzt. Wie andere Schweizer Doppelbesteuerungsabkommen und das OECD-Musterabkommen sieht er vor, dass die Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Vermögen zu über 50 Prozent direkt oder indirekt aus unbeweglichem Vermögen in einem Vertragsstaat stammt, in diesem besteuert werden können. Die Schweiz als Ansässigkeitsstaat der veräussernden Person gewährt in einem solchen Fall die Freistellung erst dann, wenn nachgewiesen wurde, dass die Besteuerung in Belgien tatsächlich erfolgt ist (Art. 23 § 2 Ziff. 1).

Um den Handel mit börsenkotierten Anteilen an Immobiliengesellschaften nicht zu erschweren, wurde für solche Titel eine Ausnahme von der Besteuerung im Bele8151

genheitsstaat vereinbart (Bst. a). Ebenso gilt eine Ausnahme für Anteile an einer Gesellschaft, deren Wert zwar zu mehr als 50 Prozent aus Immobilien in einem Vertragsstaat besteht, die aber ihre Geschäftstätigkeit in diesen Immobilien ausübt (Bst. b). Nicht unter die Bestimmung würden daher beispielsweise Gewinne einer in Belgien ansässigen Person aus der Veräusserung von Anteilen an einer in der Fabrikation tätigen Gesellschaft fallen, deren Vermögen zwar zu mehr als 50 Prozent aus Liegenschaften in der Schweiz besteht, wenn die Gesellschaft in diesen ihren Fabrikationsbetrieb führt. In diesen Fällen kommt das Besteuerungsrecht für die Veräusserungsgewinne dem Ansässigkeitsstaat der veräussernden Person zu, im Beispiel daher Belgien (Art. 13 § 5).

Art. X des Zusatzabkommens betreffend Art. 16 DBA-BE (Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen) Die Bestimmung wird durch das Zusatzabkommen an die entsprechende Bestimmung des OECD-Musterabkommens angepasst.

Das Protokoll hält allerdings fest, dass Vergütungen, die eine in der Schweiz ansässige Person für ihre tägliche Tätigkeit als Gesellschafterin einer in Belgien ansässigen Gesellschaft, mit Ausnahme einer Aktiengesellschaft, bezieht, nach den Regeln der unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Artikel 15 DBA-BE besteuert werden (Ziff. 3). Diese Vereinbarung entspricht einem belgischen Vorbehalt zum entsprechenden Artikel des OECD-Musterabkommens und hat seinen Ursprung im belgischen Steuerrecht.

Art. XII des Zusatzabkommens betreffend Art. 18 DBA-BE (Ruhegehälter) Aus einem Vertragsstaat stammende Ruhegehälter dürfen neu im Quellenstaat besteuert werden, wobei davon gemäss dazugehöriger Ausführungsbestimmung im Protokoll auch einmalige Kapitalleistungen mit vergleichbarem Zweck erfasst sind (Ziff. 4). Im Fall der Schweiz fallen die Leistungen der Säule 2 unter Artikel 18.

Ausdrücklich aus einem Vertragsstaat stammen gemäss dem Zusatzabkommen auch Ruhegehälter, welche von einem Vertragsstaat, seinen politischen Unterabteilungen oder lokalen Körperschaften für dem betreffenden Staatswesen geleistete Dienste bezahlt werden (Art. 18 § 2 Bst. b). Dementsprechend fallen Ruhegehälter aus öffentlichem Dienst nicht mehr unter die Regelung von Artikel 19, weswegen die dortigen Bestimmungen betreffend Ruhegehälter in den Paragraphen 2 und 3 aufgehoben
werden.

Da die Bestimmungen des Abkommens vom 21. Juni 19992 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit und über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit nicht mit jenen der Doppelbesteuerungsabkommen über die Besteuerung des Erwerbseinkommens übereinstimmen, kommt es regelmässig vor, dass eine Person im einen Staat wohnt und dort die Sozialversicherungsbeiträge leisten muss und im anderen Staat arbeitet, wo sie ihr Erwerbseinkommen versteuert. Im Rahmen der Verhandlungen konnte gemäss schweizerischer Abkommenspolitik im Protokoll zum Abkommen vereinbart werden, dass Beiträge an die Vorsorge im anderen Vertragsstaat unter der gleichen Bedingungen steuerlich 2

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berücksichtigt werden sollen wie Beiträge an das Vorsorgesystem in diesem Staat (Ziff. 4 Bst. b).

Art. XV des Zusatzabkommens betreffend Art. 24 DBA-BE (Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung) Beibehalten bleibt unter dem Zusatzabkommen für die Schweiz die Freistellung der Einkünfte und Vermögensbestandteile, die in Belgien besteuert werden können, unter Progressionsvorbehalt und mit Ausnahme der Dividenden und Zinsen, für welche die belgische Steuer angerechnet wird. Die Freistellung von in Belgien gemäss Artikel 13 Paragraph 4 steuerbaren Kapitalgewinnen wird jedoch nur gewährt, sofern deren Besteuerung in Belgien nachgewiesen wird (Art. 23 § 2 Ziff. 1 und 2).

Belgien vermeidet die Doppelbesteuerung von gemäss dem DBA-BE in der Schweiz steuerbaren Einkünften mit Ausnahme von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren oder Vermögensbestandteilen ebenfalls durch Freistellung unter Progressionsvorbehalt. Die Freistellung in Belgien wird allerdings nur gewährt, sofern die betreffenden Einkünfte oder Vermögensbestandteile in der Schweiz tatsächlich besteuert wurden (Art. 23 § 1 Ziff. 1). Diese Voraussetzung gilt gemäss den Ausführungen zur betreffenden Bestimmung im Protokoll als erfüllt, sofern die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen der Steuer unterliegen und nicht als solche von der Steuer befreit sind (Ziff. 5 Bst. b).

Für Dividenden kennt Belgien als einzige Massnahme zur Vermeidung der Doppelbesteuerung den Beteiligungsabzug für Gesellschaften mit massgeblichen Beteiligungen. Dieser wird für von in der Schweiz ansässigen und der Gewinnsteuer unterliegenden Gesellschaften an in Belgien ansässigen Gesellschaften bezahlte Dividenden gewährt, wie wenn die ausschüttende Gesellschaft in Belgien ansässig wäre (Art. 23 § 1 Ziff. 4). Bei Dividenden, die nicht an Gesellschaften bezahlt werden oder die nicht aus Beteiligungen mit der notwendigen Beteiligungsquote stammen, vermeidet Belgien die Doppelbesteuerung gemäss konstanter Abkommenspolitik nicht. Das innerstaatliche Recht Belgiens bietet daher gegenwärtig keine rechtliche Grundlage für die Anrechnung von ausländischen Steuern. Eine Anrechnung der in der Schweiz gemäss den Bestimmungen des Abkommens erhobenen Steuer auf Dividenden ist somit nur bei einer solchen Änderung des belgischen innerstaatlichen Rechts möglich (Art. 23 §
1 Ziff. 5). Das Protokoll hält dies für den Fall einer entsprechenden Änderung ausdrücklich fest (Ziff. 5 Bst. c).

Art. XVII des Zusatzabkommens betreffend Art. 26 DBA-BE (Verständigungsverfahren) Die Bestimmung wird durch das Zusatzabkommen mit einer Schiedsklausel ergänzt.

So sind neu Streitpunkte, in welchen nicht innert zwei Jahren auf dem Verständigungsweg eine Einigung erzielt werden konnte, auf Antrag der steuerpflichtigen Person einer Schiedsstelle zu unterbreiten. Ausgenommen davon sind Fragen, die bereits durch Gerichte eines Vertragsstaates beurteilt wurden. Der Schiedsspruch ist für die Vertragsstaaten verbindlich, sofern ihn nicht eine der direkt betroffenen Personen ablehnt.

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Art. XVIII des Zusatzabkommens betreffend Art. 27 DBA-BE (Informationsaustausch) Das Zusatzabkommen enthält eine Bestimmung über den Informationsaustausch nach dem internationalen Standard. Die nachfolgenden Ausführungen gehen lediglich auf einzelne Punkte im neuen Artikel 26 und der dazugehörigen Protokollbestimmung (Ziff. 6) ein.

Wie in den Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit diversen anderen Staaten sowie im OECD-Musterabkommen gilt die Bestimmung über den Informationsaustausch für sämtliche Steuern. Der Geltungsbereich ist somit nicht auf die unter das Abkommen fallenden Steuern beschränkt.

Die Bestimmungen von Artikel 26 werden im Protokoll zum Abkommen (Ziff. 6) konkretisiert.

Ziffer 6 des Protokolls regelt unter anderem im Detail die Voraussetzungen, die ein Auskunftsersuchen erfüllen muss (Bst. b). Notwendig sind insbesondere die Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie, soweit bekannt, Name und Adresse der Person (z.B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Ebenso hält das Protokoll fest, dass diese Voraussetzungen nicht formalistisch ausgelegt werden dürfen (Bst. c).

Gemäss dem internationalen Standard ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Dazu gehören nach dem weiterentwickelten OECD-Standard auch konkrete Anfragen, die auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Die Schweiz kann nach dem Zusatzabkommen solchen Ersuchen Folge leisten. Mit detaillierten Angaben zur Gruppe der Steuerpflichtigen, die es dem ersuchten Staat ermöglichen, die konkret betroffenen Personen zu bestimmen, kommt der ersuchende Staat dem Erfordernis der Identifikation der vom Ersuchen betroffenen steuerpflichtigen Personen nach (Bst. b). Eine solche Auslegung gebietet die Auslegungsklausel (Bst. c), die die Vertragsstaaten zu einer Auslegung der Erfordernisse an ein Ersuchen mit dem Ziel eines möglichst weit gehenden Informationsaustausches verpflichtet, ohne dass «fishing expeditions» zuzulassen sind. Das Verfahren zur Beantwortung von Gruppenersuchen richtet sich nach dem Steueramtshilfegesetz vom 28. September 20123.

Artikel 26 DBA-BE sieht den spontanen und den
automatischen Informationsaustausch nicht vor. Im heutigen Schweizer Recht besteht keine genügende Rechtsgrundlage für diese Formen des Informationsaustausches. Sollten die Schweiz und Belgien ihre Zusammenarbeit im Steuerbereich ausweiten wollen, müssten zusätzliche Instrumente vereinbart werden, die die Bundesversammlung genehmigen müsste.

Anlässlich der Verhandlungen wurde der belgischen Delegation mitgeteilt, dass die Schweiz Belgien keine Amtshilfe leisten wird, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht.

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Art. XX des Zusatzabkommens betreffend Art. 29 DBA-BE (Verschiedenes) Sowohl Belgien als auch die Schweiz waren sich einig, dass die geltende Bestimmung in Artikel 22 DBA-BE zur Vermeidung der missbräuchlichen Inanspruchnahme des Doppelbesteuerungsabkommens in der Anwendung zu kompliziert und zu starr ist.

Verweigert werden sollen Abkommensvorteile demnach nach dem Zusatzabkommen neu für Einkünfte aus einem Vertragsstaat, die mittelbar oder unmittelbar von einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Person zu mindestens der Hälfte an eine nicht im selben Staat ansässige Person weitergeleitet werden. Vorbehalten ist jedoch als subjektives Missbrauchskriterium der Nachweis, dass die betreffenden Verhältnisse nicht in der hauptsächlichen Absicht geschaffen wurden, um von den Vorteilen des Doppelbesteuerungsabkommens zu profitieren. Der entsprechende Nachweis gilt als erbracht, wenn die Person, an welche die betreffenden Einkünfte weitergeleitet werden, nicht der weiterleitenden Person nahesteht oder wenn diese Person eine mindestens gleichwertige abkommensrechtliche Behandlung der betreffenden Einkünfte beanspruchen könnte, falls sie die Einkünfte direkt erhalten würde.

Art. XXIII des Zusatzabkommens (Inkrafttreten) Das Zusatzabkommen tritt am Tag des Eingangs der späteren der beiden Notifikationen über den Abschluss der hierfür erforderlichen innerstaatlichen Verfahren in Kraft. Seine Bestimmungen finden auf an der Quelle erhobene Steuern Anwendung für Einkünfte, die am oder nach dem 1. Januar nach dem Inkrafttreten des Zusatzabkommens bezahlt oder gutgeschrieben werden. Dies gilt auch für die Bestimmung über den Austausch von Informationen (Art. 26) betreffend an oder nach diesem Datum an der Quelle erhobenen Steuern.

Die Bestimmungen betreffend übrige Steuern, einschliesslich des Austauschs von Informationen für solche Steuern (Art. 26), finden für die Schweiz auf die Steuerjahre und für Belgien auf die Bemessungsperioden Anwendung, die am oder nach dem 1. Januar nach dem Inkrafttreten des Zusatzabkommens beginnen.

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Finanzielle Auswirkungen

Die Ausnahme von der Quellensteuer für Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen sowie für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen hat grundsätzlich steuerliche Einbussen zur Folge. Dies gilt ebenso für den Wegfall der Quellensteuer auf Zinsen.

Beide Massnahmen führen jedoch zu einer Standortverbesserung und damit grundsätzlich zu zusätzlichen Steuereinnahmen. Über die Höhe der steuerlichen Einbussen und Mehreinnahmen liegt keine Schätzung vor.

Das vorliegende Abkommen kann im Rahmen der bestehenden personellen Ressourcen umgesetzt werden.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das Zusatzabkommen begrüsst. Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das Zusatzabkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung4 (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Gemäss Artikel 184 Absatz 2 BV unterzeichnet der Bundesrat die Verträge.

Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung des Zusatzabkommens zuständig. Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterstehen dem fakultativen Referendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das Zusatzabkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber mit dem Abkommen jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20025 gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD stellt eine gewichtige Neuerung der schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung dar. Das Zusatzabkommen enthält damit wichtige neue Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Zusatzabkommens ist daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für völkerrechtliche Verträge nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.

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SR 101 SR 171.10

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