zu 10.467 Parlamentarische Initiative Schuldenprävention. Keine Werbung für Kleinkredite Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 28. Januar 2014 Stellungnahme des Bundesrates vom 2. April 2014

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats vom 28. Januar 2014 betreffend die parlamentarische Initiative 10.467 «Schuldenprävention. Keine Werbung für Kleinkredite» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. April 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2014-0436

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 18. Juni 2010 reichte Nationalrätin Josiane Aubert eine parlamentarische Initiative ein, die im Bundesgesetz vom 23. März 20011 über den Konsumkredit (KKG) oder im Bundesgesetz vom 19. Dezember 19862 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein Verbot der Werbung für Kleinkredite fordert. Diese Massnahme diene der Schuldenprävention und es soll insbesondere der drohenden Überschuldung von jungen Erwachsenen Einhalt geboten werden.

Der Nationalrat beschloss am 27. September 2011 mit 93 zur 73 Stimmen, entgegen dem Antrag der vorberatenden Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-NR), der Initiative Folge zu geben. Der Ständerat stimmte diesem Beschluss am 19. Dezember 2011, ebenfalls entgegen dem Antrag seiner vorberatenden Kommission, der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats, mit 19 zu 17 Stimmen zu. Die WAK-NR wurde in der Folge gemäss Artikel 111 Absatz 1 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20023 (ParlG) beauftragt, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten.

Die WAK-NR setzte am 30. Januar 2012 eine fünfköpfige Subkommission ein, die mit Unterstützung der Verwaltung einen Bericht und einen Vorentwurf zuhanden der WAK-NR ausarbeitete. Am 14. Mai 2013 verabschiedete die WAK-NR mit 24 zu 1 Stimme Bericht und Vorentwurf4. Vorgeschlagen wurde dabei kein absolutes Werbeverbot. Es wurde stattdessen vorgesehen, dass für Konsumkredite künftig nicht mehr in aggressiver Weise geworben werden darf (Art. 36a Abs. 1 VE-KKG).

Dabei wurde vorgeschlagen, dass die Branche der Kreditgeberinnen mittels Selbstregulierung in einer Konvention definiert, welche Werbung als aggressiv zu gelten hat (Art. 36a Abs. 2 VE-KKG). Für den Fall, dass keine Konvention zustande kommen sollte, wurde vorgesehen, dass der Bundesrat definiert, welche Werbung als aggressiv gilt (Art. 36a Abs. 3 VE-KKG). Zudem wurde vorgesehen, dass der Bundesrat eine in der Konvention der Branche vorgesehene Sanktion für allgemeinverbindlich erklären kann (Art. 36b VE-KKG). Dazu wurden weitere punktuelle Änderungen im KKG vorgeschlagen, insbesondere die Pflicht, Meldung zu erstatten, wenn ein Konsument oder eine Konsumentin absichtlich falsche Angaben macht (Art. 25 Abs. 1bis VE-KKG), und die stärkere Berücksichtigung der Dokumente, mit denen die Konsumentinnen oder Konsumenten Angaben zu ihren finanziellen
Verhältnissen machen (Art. 31 Abs. 1 und 3 VE-KKG). Zwei Minderheiten schliesslich haben die Änderung einer Bestimmung vorgeschlagen, damit Expresskredite nicht über die Ausnahme nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f KKG vom Geltungsbereich des KKG ausgeschlossen werden können. Die Minderheit 1 hat beantragt, das KKG auf alle Kredite anzuwenden, die innert mindestens drei Monaten zurückgezahlt werden müssen (Art. 7 Abs. 1 Bst. f VE-KKG). Zurzeit sind auch Kredite, die in 1 2 3 4

SR 221.214.1 SR 241 SR 171.10 Bericht und Vorentwurf der WAK-NR vom 14. Mai 2013 sind abrufbar unter www.admin.ch > Vernehmlassungs- und Anhörungsverfahren > abgeschlossene Verfahren > 2013 > Parlamentarische Kommissionen > 10.467 Pa. Iv. Schuldenprävention.

Keine Werbung für Kleinkredite.

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nicht mehr als vier Raten innert höchstens zwölf Monaten zurückgezahlt werden müssen, nicht dem KKG unterstellt. Die Minderheit 2 ist mit ihrem Vorschlag weiter gegangen und hat beantragt, die Ausnahme nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f KKG aufzuheben. Das würde bedeuten, dass das KKG auch für Kredite gilt, die innert höchstens drei Monaten zurückgezahlt werden müssen.

Das Vernehmlassungsverfahren zu Bericht und Vorentwurf der WAK-NR dauerte vom 7. Juni bis 30. September 2013. Am 28. Januar 2014 nahm die WAK-NR vom Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens5 Kenntnis. In Abänderung des Vorentwurfs wurde aufgrund des Ergebnisses der Vernehmlassung sowie einer Eingabe des Bundesamtes für Justiz entschieden, auf die Allgemeinverbindlicherklärung zu verzichten. Stattdessen wurde eine Strafbestimmung eingeführt, die Verstösse gegen die Verletzung des Verbots, in aggressiver Weise zu werben, mit Busse bis zu 100 000 Franken bedroht (Art. 36b E-KKG). Im Übrigen hat die WAK-NR die im Vorentwurf beantragten Änderungen beibehalten. Auch die Minderheitsanträge sind beibehalten worden. Der Erlassentwurf und der Bericht wurden am 28. Januar 2014 mit 13 zu 10 Stimmen verabschiedet.

Mit Schreiben des Kommissionspräsidenten vom 11. Februar 2014 wurden Erlassentwurf und Bericht nach Artikel 112 Absatz 3 ParlG dem Bundesrat zur Stellungnahme überwiesen.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Verbot der aggressiven Werbung

2.1.1

Der Entwurf der WAK-NR

Der Entwurf der WAK-NR schlägt vor, die Werbung für Konsumkredite nicht zu verbieten, sondern einzuschränken. Verboten werden soll ausschliesslich die aggressive Werbung. Die Vorlage stützt sich auf ein Modell, das gesetzliche Regelung und Selbstregulierung kombiniert. So obliegt es der Branche, den Begriff der aggressiven Werbung in einer privatrechtlichen Konvention zu definieren. Der Bundesrat schreitet subsidiär ein, wenn die Branche nicht innert angemessener Frist eine Konvention abschliesst. Die Kantonsbehörden, die die Bewilligung für die Tätigkeit als Kreditgeberin oder Kreditvermittlerin erteilen (Art. 39 und 40 KKG), sowie die FINMA bei Kreditgeberinnen, die dem Bankengesetz unterstehen, sorgen im Rahmen ihrer Aufsichtspflichten für die Einhaltung der neuen gesetzlichen Vorschriften.

Die Strafverfolgungsbehörden ihrerseits werden die Sanktion nach Artikel 36b E-KKG anwenden. Nebst diesen Kontrollinstrumenten können in der Selbstregulierungskonvention gegebenenfalls weitere, privatrechtliche Sanktionen vorgesehen werden. Die privatrechtlichen Sanktionen würden ausschliesslich für die Kreditgeberinnen gelten, die sich der Konvention angeschlossen haben.

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Der Bericht von Januar 2014 über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens ist abrufbar unter www.admin.ch > Vernehmlassungs- und Anhörungsverfahren > abgeschlossene Verfahren > 2013 > Parlamentarische Kommissionen > 10.467 Pa. Iv.

Schuldenprävention. Keine Werbung für Kleinkredite.

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2.1.2

Die Problematik der Überschuldung

Der Bundesrat anerkennt, dass die Überschuldung zu wirtschaftlichen, menschlichen und sozialen Problemen führen kann, die ernst zu nehmen sind. Sie führt namentlich zu Kosten für die öffentliche Hand in Form von Präventionsarbeit, geringeren Steuereinnahmen und höheren Ausgaben für die Sozialhilfe. Das Problem ist immer noch aktuell. So lebten 2008 4,3 Prozent der Personen zwischen 18 und 49 Jahren in einem Haushalt mit einem erheblichen Verschuldungsrisiko. 240 000 Personen der Gesamtbevölkerung waren 2008 in dieser Lage. Ein erhebliches Verschuldungsrisiko besteht bei Personen, die mindestens einen Kredit oder ein Darlehen aufgenommen haben und ein kritisches, d. h. zwei Drittel des monatlich insgesamt verfügbaren Haushaltseinkommens übersteigendes Volumen an Kontoüberzügen oder Zahlungsrückständen aufweisen. Das Verschuldungsrisiko hängt folglich auch mit Krediten und Darlehen zusammen, die noch zu den Zahlungsrückständen hinzukommen.

Das 2001 in Kraft getretene KKG ist in diesem Kontext ein zentrales Instrument. Es ist unbestreitbar, dass zur Bekämpfung der Überschuldung auch die Werbung für Konsumkredite eingeschränkt werden muss. Artikel 36 KKG setzt diesbezüglich in Verbindung mit Artikel 3 Buchstaben k­n UWG bereits Grenzen. In seiner Stellungnahme vom 28. November 2007 zur Motion Donzé (07.3570) «Werbeverbot für Kleinkredite» war der Bundesrat gegen ein umfassendes Verbot der Werbung für Konsumkredite und vertrat die Ansicht, dass die vom Motionär vorgeschlagenen Massnahmen im Vergleich zum geltenden Recht keinen Mehrwert schaffen würden.

Der Bundesrat stützte sich dabei auch auf den Nationalrat, der im Bereich des Konsumkredits nicht gesetzgeberisch tätig werden wollte.

2.1.3

Verbot beschränkt auf die aggressive Werbung

Der Bundesrat ist weiterhin der Meinung, dass ein umfassendes Verbot der Werbung für Konsumkredite übertrieben wäre. Ein auf die aggressive Werbung beschränktes Verbot hingegen stellt eine gemässigtere Massnahme dar. Mit aggressiven Werbemethoden werden unüberlegte Entscheide und überstürzte Verpflichtungen gefördert und das Risiko einer Überschuldung erhöht. Die Kreditfähigkeitsprüfung und die weiteren Schutzmassnahmen des KKG wirken zwar zweifellos hemmend, aber bieten keinen Schutz gegenüber aggressiver Werbung. Die aggressive Werbung sendet auch Botschaften an die Konsumentinnen und Konsumenten, die den Präventionsanstrengungen zuwiderlaufen, namentlich den Anstrengungen in den Bereichen Bildung und Sensibilisierung zur Förderung der Kompetenzen im Umgang mit Geld.

Die Methoden der aggressiven Werbung stellen darüber hinaus ein unlauteres Vorgehen im Sinne der allgemeinen Bestimmung nach Artikel 2 UWG dar, das aber nicht unter Artikel 3 UWG fällt. Denn Artikel 3 Buchstabe h UWG beschränkt sich auf besonders aggressive Verkaufsmethoden, die die Kundin oder den Kunden in ihrer oder seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigen. Die Werbung fällt nach der Praxis nicht darunter. Aus diesen Gründen unterstützt der Bundesrat die im Entwurf vorgeschlagene Massnahme. Dabei berücksichtigt er auch den Willen des Parlaments, die Frage zu regeln, sowie die Stellungnahmen der Vernehmlassungsteilnehmer, die den Gesetzgebungsbedarf mehrheitlich bejahen.

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2.1.4

Selbstregulierung und gesetzliche Regelung

Ebenfalls zuzustimmen ist dem Vorschlag, Selbstregulierung und gesetzliche Regelung miteinander zu kombinieren. Mittels Selbstregulierung kann sich die Branche selbst Grenzen setzen, was nicht abzulehnen ist. So können die Anstrengungen der Branche anerkannt werden. Der Erfolg der Selbstregulierung hängt aber ganz vom guten Willen der Branche ab und davon, ob sich die betroffenen Akteure der Konvention anschliessen. Ein gesetzlicher Rahmen ist dann ratsam oder gar erforderlich, wenn die Konvention nicht ausreicht oder die betroffenen Akteure sich ihr nicht anschliessen. Dementsprechend unterstützt der Bundesrat die Aufnahme eines Verbots der aggressiven Werbung im KKG. Er begrüsst überdies den Entscheid der WAK-NR, eine Strafsanktion, wie vom Bundesamt für Justiz empfohlen, im KKG zu regeln. Wie die WAK-NR festhält, kann die Norm dadurch bei allen Akteuren der Branche durchgesetzt werden, auch bei jenen, die der Konvention nicht unterstellt sind und die für ihre Tätigkeit keine Bewilligung benötigen.

2.1.5

Werbung, die speziell Jugendliche und junge Erwachsene anspricht

Der Bundesrat heisst die Aufnahme des Verbots aggressiver Werbung im KKG gut (Art. 36a Abs. 1 E-KKG). Er unterstützt den Antrag der Minderheit, gemäss dem Werbung, die speziell Jugendliche und junge Erwachsene anspricht, verboten werden soll. Personen in diesem Lebensabschnitt verdienen noch nichts oder haben erst begonnen, ein Einkommen zu erzielen. Gerade in diesem Alter werden die ersten Schulden gemacht, die sich manchmal häufen und zu Verschuldung führen können.

Speziell auf diese Personen ausgerichtete Werbung kann also als aggressiv betrachtet werden. Der Konventionsentwurf der Branche umfasst ebenfalls eine ähnliche Bestimmung.

Auf das Zusammenspiel zwischen Artikel 36a Absatz 1 E-KKG und den Regelungen von Artikel 3 Buchstaben k, l und n UWG wird weder im Entwurf noch im Bericht der Kommission eingegangen. Zweifellos kann ein unlauteres Verhalten gemäss Artikel 3 Buchstaben k, l und n UWG unabhängig davon vorliegen, ob ein solches auch aggressive Werbung im Sinne des Entwurfs darstellt oder nicht.

Umgekehrt stellt nicht jedes nach Artikel 3 Buchstaben k, l und n UWG unlautere Verhalten zwingend auch aggressive Werbung im Sinne von Artikel 36a Absatz 1 E-KKG dar.

2.1.6

Anforderungen an den Inhalt der Konvention

Der Bundesrat begrüsst es, in Bezug auf den Inhalt der Konvention Mindestanforderungen festzuschreiben. Deshalb unterstützt er den Minderheitsantrag, die aggressive Werbung in angemessener Weise zu umschreiben (Art. 36a Abs. 2 E-KKG). Der Begriff der aggressiven Werbung darf weder ausgehöhlt noch grundlos eingeschränkt werden. Auch das Konsumenteninformationsgesetz vom 5. Oktober 19906 enthält in Artikel 4 Buchstabe b eine ähnliche Bestimmung.

6

SR 944.0

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Der Antrag der Minderheit zu Artikel 36a Absatz 3 E-KKG hängt mit dem Minderheitsantrag zu Artikel 36a Absatz 2 E-KKG zusammen und ist eine nötige Folge davon. Es ist klarer, die Zuständigkeit des Bundesrates ausdrücklich festzuhalten. Es versteht sich von selbst, dass die Kriterien nach den Absätzen 2 und 3 («angemessener» und «ungenügend») materiell gleichwertig sind.

2.1.7

Weitere Änderungen

Mit dem Antrag zu Artikel 36b E-KKG soll die Bestimmung präzisiert und redaktionell verbessert werden.

Die WAK-NR hat sich auf die vom Bundesamt für Justiz vorgeschlagene Formulierung gestützt, hat aber die Höhe der Busse angepasst. Aufgrund dieser Änderung und des hohen Betrags sollten einige Punkte explizit geregelt werden.

Nach Artikel 333 Absatz 7 StGB sind Übertretungen in anderen Bundesgesetzen strafbar, auch wenn sie fahrlässig begangen werden, sofern nicht nach dem Sinne der Vorschrift nur die vorsätzliche Begehung mit Strafe bedroht ist. Um allfällige Zweifel auszuräumen, sollte ausdrücklich auch die fahrlässige Begehung für strafbar erklärt werden. Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln müssen sich überdies wegen des unterschiedlichen Unrechtsgehalts auch hinsichtlich des Strafrahmens deutlich unterscheiden.

2.2

Weitere Änderungen des KKG

Nebst dem Verbot der aggressiven Werbung umfasst der Entwurf der WAK-NR verschiedene punktuelle Änderungen wie strengere Auflagen für die Kreditfähigkeitsprüfung, die Regelung des Problems der Expresskredite sowie formelle und redaktionelle Anpassungen. Der Bundesrat ist bereit, auf diese Änderungen einzutreten. Da sie unterschiedliche Punkte betreffen und voneinander unabhängig sind, geht er im Folgenden auf jede einzeln ein.

2.2.1

Expresskredite

Angesichts der Problematik der Expresskredite ist die Ausnahme vom Geltungsbereich nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f KKG zu weit gefasst und sollte eingeschränkt werden. Mit der geltenden Ausnahme nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe f KKG können Kredite, die innert höchstens drei Monaten oder in nicht mehr als vier Raten innert höchstens zwölf Monaten zurückgezahlt werden müssen, vom Geltungsbereich des KKG ausgeschlossen werden. Die Werbung für solche Kredite untersteht somit nicht den Bestimmungen des UWG. Für solche Kreditverträge bedarf es namentlich nicht der schriftlichen Form, des siebentägigen Widerrufsrechts und der Kreditfähigkeitsprüfung. Gestützt auf diese Ausnahme kann die rasche Kreditgewährung zu Werbezwecken verwendet werden. Die Ausnahme erlaubt es auch, einen Kredit sehr rasch zu gewähren, ohne die finanziellen Verhältnisse der Konsumentin oder des Konsumenten zu überprüfen. Eine solche Ausnahme ist nur bei sehr kurzen Rückzahlungsfristen gerechtfertigt. Wenn die Konsumentin oder der Konsument den Kredit in einer sehr kurzen Frist zurückzahlen 3284

muss, wird sie oder er sich den Abschluss des Kreditvertrags gut überlegen müssen.

Der Antrag der Minderheit 1 stellt in dieser Hinsicht eine ausgewogene Lösung dar.

Eine Frist von drei Monaten ist kurz genug, damit die Konsumentin oder der Konsument bei Vertragsabschluss sicherstellt, den Kredit zurückzahlen zu können. Eine kürzere Frist ist nicht nötig; auch wenn eine kürzere Frist die übliche Zahlungsfrist von dreissig Tagen für die Begleichung einer Rechnung oder des Kreditkartensaldos auf jeden Fall nicht betreffen würde. Denn dabei handelt es sich nicht um Konsumkredite, da dafür keine Zinsen oder Gebühren fällig sind (Art. 7 Abs. 1 Bst. c KKG).

2.2.2

Pflicht, bei falschen Angaben Meldung zu erstatten

Mit der Pflicht, über Konsumentinnen oder Konsumenten Meldung zu erstatten, die absichtlich falsche Angaben machen (Art. 25 Abs. 2 Bst. b E-KKG), soll verhindert werden, dass Konsumentinnen oder Konsumenten ihre finanziellen Verhältnisse beschönigen können, um einen Kredit zu erhalten. Falls die betreffende Person versuchen würde, bei einem anderen Institut einen Kredit zu beantragen, stünden die Angaben über sie dank der Meldepflicht auch für andere Kreditgeberinnen zur Verfügung. Der Zweck dieser Massnahme ist zwar nachvollziehbar, gemäss dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten ist sie aus datenschutzrechtlicher Sicht jedoch problematisch. Aus Sicht des Datenschutzes würde es reichen, die Verweigerung des Kredits zu melden. Werden absichtlich falsche Angaben gemacht, so stellt dies ausserdem eine absichtliche Täuschung (Art. 28 OR7) und eine schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Pflichten (sog. culpa in contrahendo) gemäss Obligationenrecht dar und kann in den schwerwiegendsten Fällen strafrechtlich als Betrug eingestuft werden (Art. 146 StGB8). Diese Bestimmungen genügen. Die Massnahme ist zudem schwer umzusetzen, da die Kreditgeberinnen nachweisen müssen, dass absichtlich falsche Angaben gemacht wurden.

Wenn die Kreditgeberinnen die Meldung versäumen, riskieren sie, die Zinsen und die Kosten des Kredits zu verlieren (Art. 32 Abs. 2 KKG). Ist die Meldung nicht gerechtfertigt, riskieren sie demgegenüber, gegen das Bundesgesetz vom 19. Juni 19929 über den Datenschutz zu verstossen. Dieser Vorschlag ist im Übrigen in der Vernehmlassung von verschiedener Seite stark kritisiert worden. Die Änderung von Artikel 31 Absatz 2 E-KKG hängt mit der Änderung von Artikel 25 Absatz 2 E-KKG zusammen. Wenn Artikel 25 Absatz 2 KKG, wie vom Bundesrat empfohlen, nicht geändert wird, so sollte auf diese Änderung ebenfalls verzichtet werden.

2.2.3

Verfahren der Kreditfähigkeitsprüfung

Schliesslich stimmt der Bundesrat auch der Änderung von Artikel 31 Absätze 1 und 3 E-KKG zu. Die Einholung von Belegen, die verlässlichere Informationen liefern, kann die Qualität der Kreditfähigkeitsprüfung nur verbessern. Fälle, in denen sich die Kreditgeberin ohne Verschulden auf die Angaben der Konsumentin oder des Konsumenten verlässt und sich in der Folge herausstellt, dass die Angaben nicht gänzlich korrekt waren, können dadurch vermieden werden. Der Lohnausweis und 7 8 9

SR 220 SR 311.0 SR 235.1

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der Auszug aus dem Betreibungsregister sind zudem Dokumente, die üblicherweise verlangt werden. Es ist nicht unverhältnismässig, sie zur Überprüfung der finanziellen Verhältnisse der Konsumentin oder des Konsumenten einzufordern. Der administrative Mehraufwand wird sich in Grenzen halten ­ oder erst gar nicht entstehen, wenn die Kreditgeberin diese Dokumente bereits heute verlangt ­ und er wird durch die Vorteile der neuen Bestimmung aufgewogen werden.

Der Bundesrat zieht den Antrag der Mehrheit vor. Dieser stellt den heutigen Artikel 31 KKG nicht in Frage. Die Kreditgeberin kann sich weiterhin auf die Angaben der Konsumentin oder des Konsumenten verlassen. Nur im Zweifelsfall ist sie verpflichtet, Belege zu verlangen.

Der Bundesrat beantragt im Weiteren zu präzisieren, dass es sich um einen aktuellen Auszug aus dem Betreibungsregister handeln muss. Nur einem solchen lassen sich die Informationen über die aktuelle finanzielle Situation der Konsumentin oder des Konsumenten entnehmen. Auch ohne Angabe eines genauen Datums im Gesetzestext sollte der Auszug im Moment seiner Übergabe an die Kreditgeberin nicht älter als ein Monat sein.

2.2.4

Weitere formelle und redaktionelle Änderungen

Der Bundesrat unterstützt auch die formellen und redaktionellen Änderungen, die in den Artikeln 8 und 32 E-KKG vorgeschlagen werden. Die Änderungen führen zu mehr Klarheit und zu keinen besonderen Problemen. Einige Kantone haben auf ihre Praxis hingewiesen, Leasinggesellschaften nicht einer Bewilligungspflicht im Sinne der Artikel 39 und 40 KKG zu unterstellen. Diese Praxis ist insofern verständlich, als die Kreditgeberinnen gemäss Artikel 39 Absatz 3 Buchstabe b KKG für Konsumkredite zur Finanzierung des Erwerbs ihrer Waren oder der Beanspruchung ihrer Dienstleistungen keine Bewilligung benötigen. Das ist zum Beispiel beim Verkauf von Leasingautos der Fall. Abgesehen von dieser Ausnahme gibt es für diese Praxis der Kantone keine gesetzliche Grundlage, was dafür spricht, die Artikel 39 und 40 KKG in die Liste unter Artikel 8 KKG aufzunehmen. Die Aufzählung von Artikel 31 KKG in Artikel 32 KKG andererseits widerspiegelt nur die klare Systematik des Gesetzes in den Artikeln 28­32 KKG. Artikel 28 Absatz 1 KKG verweist bereits auf Artikel 31 KKG, der folglich eng mit ihm zusammenhängt. Selbstverständlich muss auch die in den Artikeln 29 und 30 KKG vorgesehene Prüfung der Kreditfähigkeit der Konsumentin oder des Konsumenten gemäss den Anforderungen nach Artikel 31 KKG erfolgen.

2.3

Fazit

Der Bundesrat unterstützt die Vorlage der WAK-NR und anerkennt den Bedarf, die Werbung für Konsumkredite zu regeln. Die im Entwurf der WAK-NR vorgeschlagene Beschränkung des Verbots auf die aggressive Werbung ist ausgewogen und angemessen.

Der Spielraum für die Selbstregulierung ist im Grundsatz gutzuheissen. Es ist jedoch ein minimaler Gesetzesrahmen erforderlich. In diesem Sinne sind das Verbot der aggressiven Werbung und die damit verbundene Strafbestimmung, wie im Entwurf der WAK-NR vorgeschlagen, in das KKG aufzunehmen.

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3

Anträge des Bundesrates

3.1

Der Bundesrat beantragt Eintreten auf die Vorlage und Zustimmung zu den Anträgen der Kommission, unter Vorbehalt der nachstehenden Änderungsanträge zum Erlassentwurf der Kommission.

3.2

Der Bundesrat stellt zudem folgende Einzelanträge:

Art. 7 Abs. 1 Bst. f Der Bundesrat beantragt die Zustimmung zum Antrag der Minderheit 1 und die Ablehnung der Anträge der Mehrheit und der Minderheit 2.

Art. 25 Abs. 2 Streichen Art. 31 Abs. 2 Streichen Art. 36a Abs. 1­3 Der Bundesrat beantragt die Zustimmung zum Antrag der Minderheit und die Ablehnung des Antrags der Mehrheit.

Art. 36b

Strafbestimmung

Wer vorsätzlich gegen das Verbot der aggressiven Werbung verstösst, wird mit Busse bis zu 100 000 Franken bestraft.

1

2

Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 50 000 Franken bestraft.

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