Weisungen des Bundesrates zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung (Mehrsprachigkeitsweisungen) vom 27. August 2014

Der Schweizerische Bundesrat erlässt folgende Weisungen:

1

Gegenstand und Geltungsbereich

11

Diese Weisungen ergänzen die Vorgaben zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung nach den Artikeln 6­8c der Sprachenverordnung vom 4. Juni 20101.

12

Sie gelten für Verwaltungseinheiten nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a und b der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 20012 (BPV), mit Ausnahme des ETH-Bereichs.

2

Chancengleichheit für die Angestellten der verschiedenen Sprachgemeinschaften

21

Den Angestellten sind Hilfsmittel wie Wörterbücher zur Verfügung zu stellen, damit sie in der Amtssprache ihrer Wahl arbeiten können.

22

In Anwesenheit von Personen, die keinen Dialekt verstehen, ist die Amtssprache in ihrer Standardform zu sprechen.

23

Angestellte, die nicht ausdrücklich als Übersetzerinnen oder Übersetzer angestellt wurden, dürfen nur in Ausnahmefällen für Übersetzungsarbeiten herangezogen werden.

24

Die Förderung der Mehrsprachigkeit in der Bundesverwaltung wird in das Angebot des Ausbildungszentrums der Bundesverwaltung (AZB) und in Kurse und Veranstaltungen der Departemente und Verwaltungseinheiten integriert.

25

Die Verwaltungseinheiten fördern die Verbesserung der Sprachkenntnisse ihrer Angestellten und die interkulturelle Kommunikation. Das AZB und die Verwaltungseinheiten sorgen dafür, dass die Angestellten zu Weiterbildungsmöglichkeiten in Deutsch, Französisch und Italienisch Zugang haben, insbesondere in den Bereichen Kaderausbildung und Nachwuchsförderung.

1 2

SR 441.11 SR 172.220.111.3

2014-0331

6659

Mehrsprachigkeitsweisungen

3

Vertretung der Sprachgemeinschaften in der Bundesverwaltung

31

Ist eine Sprachgemeinschaft in einer Verwaltungseinheit untervertreten, so wird in der Stellenausschreibung darauf hingewiesen, dass Bewerbungen von Personen aus dieser Sprachgemeinschaft besonders erwünscht sind.

32

Offene Stellen müssen in Deutsch, Französisch und Italienisch ausgeschrieben werden. Erfolgt die Ausschreibung in Printmedien, so hat sie in Printmedien aller Sprachregionen zu erfolgen. Zielt die Ausschreibung auf die Anstellung einer Person einer sprachlichen Minderheit, so kann sie auch nur in der betreffenden Sprachregion publiziert werden.

33

Bei der Beurteilung von Bewerbungen müssen die Personalverantwortlichen die Dossiers objektiv prüfen und den kulturellen Unterschieden bei der Verfassung von Bewerbungsunterlagen angemessen Rechnung tragen.

34

Die zu einem Bewerbungsgespräch eingeladenen Personen dürfen sich in der Amtssprache ihrer Wahl äussern.

35

Die Verwaltungseinheiten sorgen bei der Einsetzung von Arbeitsgruppen und anderen Gremien sowie bei der Vergabe von Aufträgen für eine angemessene Vertretung der Sprachgemeinschaften. Für die Besetzung der Kommissionen gilt Artikel 8cbis der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 19983.

36

Die Verwaltungseinheiten sorgen dafür, dass sich in den von der Verwaltung organisierten Seminaren, Kolloquien und anderen Veranstaltungen unter den eingeladenen Fachreferentinnen und Fachreferenten Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Sprachgemeinschaften befinden.

4

Sprachkenntnisse des Bundespersonals

41

Für jede Stelle werden die erforderlichen Sprachkenntnisse gemäss dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) festgelegt und in der Stellenbeschreibung festgehalten.

42

In jeder Stellenausschreibung sind neben den mit der Funktion verbundenen sprachlichen Anforderungen auch die für die zu besetzende Stelle erforderlichen Sprachkenntnisse nach Artikel 8 SpV zu erwähnen.

43

Die Sprachkenntnisse der Bewerberinnen und Bewerber sind im Rahmen der Auswertung der Bewerbungsunterlagen zu berücksichtigen und vor der Anstellung zu überprüfen.

44

Die Sprachkenntnisse der Angestellten sind auf allen Hierarchiestufen Teil der jährlichen Leistungsbeurteilung.

3

SR 172.010.1

6660

Mehrsprachigkeitsweisungen

5

Zuständigkeiten

51

Bei der Beurteilung der Angestellten, insbesondere der Führungskräfte, wird deren Beitrag zur Förderung der Mehrsprachigkeit berücksichtigt.

52

Im Rahmen der Leistungsbeurteilung überprüfen die Führungskräfte, ob ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sprachengemeinschaft benachteiligt wurden und ob sie die Möglichkeit hatten, Sprachkurse zu besuchen.

53

Die Personalfachleute unterstützen und beraten die Führungskräfte und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei sämtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Förderung der Mehrsprachigkeit. Sie sorgen dafür, dass die Anforderungen nach den Ziffern 31­33, 41 und 42 bei Stellenausschreibungen eingehalten werden.

54

Die Departemente und die Bundeskanzlei setzen Verantwortliche für die Förderung der Mehrsprachigkeit ein. Diese unterstützen sie bei der Umsetzung der strategischen Ziele und sind Mitglieder der interdepartementalen Koordinationsgruppe unter der Leitung des oder der Delegierten für Mehrsprachigkeit.

55

Die Verwaltungseinheiten können Verantwortliche für die Förderung der Mehrsprachigkeit bezeichnen. Diese unterstützen sie bei der Umsetzung des Massnahmenkatalogs, bei den Sensibilisierungsmassnahmen und bei der Anwendung der Bestimmungen dieser Weisungen.

6

Schlussbestimmungen

61

Die Mehrsprachigkeitsweisungen vom 22. Januar 20034 werden aufgehoben.

62

Diese Weisungen treten am 1. Oktober 2014 in Kraft.

27. August 2014

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Didier Burkhalter Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

4

BBl 2003 1441

6661

Mehrsprachigkeitsweisungen

6662