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Bundesblatt 101. Jahrgang

Bern, den 13. Oktober 1949

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 28 franken Im Jahr, 15 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & Oie. in Bern

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Botschaft dee

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Subventionierung der Internationalen Stiftung «Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch» (Vom 7. Oktober 1949) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiemit eine Botschaft samt Entwurf zu einem Bundesbeschluss betreffend die Subventionierung der Internationalen Stiftung «Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch» zu unterbreiten.

Die genannte Stiftung kann heute auf eine 19jährige überaus erfolgreiche Tätigkeit im Dienste der -wissenschaftlichen Höhenforschung zurückblicken.

Ihre jetzige finanzielle Basis erweist sich jedoch als zu unsicher und zu schmal, um ihr auch in Zukunft die Entwicklung zu sichern, auf die sie als Treuhänderin einer Forschungsstätte von Weltruf Anspruch erheben darf. Der Bund hat seit jeher der Stiftung in Anerkennung ihrer Bedeutung seine moralische und finanzielle Unterstützung geliehen. Eine grundsätzliche Neuordnung seiner Beitragsleistungen ist heute aber unabwendbar geworden. Dies soll im letzten Abschnitt der Botschaft näher begründet werden (Ziff. 4). Zum besseren Verständnis der Vorlage erachten wir es jedoch als zweckmässig, Sie -- nach einigen histo rischen Hinweisen -- vorerst über die Organisation und bisherige Entwicklung der Stiftung sowie über die wissenschaftliche Bedeutung der Forschungsstation Jungfraujoch zu orientieren (Ziff. 1-3).

1. Die Vorgeschichte der Stiftung bis 1931 Die erste Anregung zu einer wissenschaftlichen Forschungsstation auf dem Jungfraujoch ging vom Schöpfer der Jungfraubahn, Adolf Guyer-Zeller (1889 bis 1899) aus. Auf seinen Antrag wurde in die Bahnkonzession vom 21. Dezember 1894 ein spezieller Artikel (Art. 9 a) aufgenommen, der die BahngesellBundesblatt.

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606 schaff, verpflichtete, sich nach Vollendung der Linie an der Erstellung und Einrichtung eines ständigen Observatoriums im erschlossenen Gebiet mit einem Kapital von mindestens Fr. 100 000 zu beteiligen und an die Kosten des Betriebes einer solchen Station einen Jahresbeitrag von maximal Fr. 6000 zu leisten. Gleichzeitig wurde in der Konzessionsurkunde der Entscheid über Ort, Gestaltung, Zeitpunkt der Errichtung und Betrieb eines Observatoriums als Sache des Bundesrates erklärt. Zunächst allerdings verhinderten die lange Bauzeit der Jungfraubahn, deren durchgehender Betrieb bis Jungfraujoch erst 1912 aufgenommen werden konnte, und der erste Weltkrieg die Weiterverfolgung dieser Pläne.

1920 griff der bekannte Zürcher Meteorologe, Alfred de Quervain (1879 bis 1927) das Projekt wieder auf. Der genannte Forscher war sich bewusst, dass durch die bahnmässige Erschliessung des Jungfraugebietes die besten Bedingungen für einen das ganze Jahr bequem erreichbaren, zentral gelegenen und für alle Transporte leicht zugänglichen Stützpunkt geschaffen worden seien, dessen Vorteile auszunützen die Wissenschaft sich nicht versagen dürfe. De Quervain schritt deshalb zur Bildung eines privaten Studienkomitees, das die Pläne für die Verwirklichung einer Forschungsstation auf dem Jungfraujoch näher abklären sollte. Dabei legte er von Anfang an Gewicht darauf, den Kreis der interessierten Wissenschafter möglichst weit zu ziehen und in seinem Komitee Vertreter aller Disziplinen zu vereinigen, die von dem geplanten Institut wertvollste Anregungen und Resultate erhoffen durften. Im weiteren war de Quervain bestrebt, baldmöglichst eine enge Verbindung zur Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft (S. N. G.) herzustellen. Schon im Juli 1922 erreichte er, dass letztere die Verwirklichung seiner Pläne als ihre selbständige Aufgabe betrachtete und zu diesem Zwecke in ihrem Schosse unter dem Präsidium A. de Quervains eine eigene Kommission schuf.

Am 14. Oktober 1922 beschloss der Bundesrat, die ihm gernäss der Bahnkonzession vom 21. Dezember 1894 zustehenden Befugnisse hinsichtlich eines Observatoriums auf dem Jungfraujoch der S.N.G. bzw. der von ihr ernannten Spezialkommission zu übertragen.

Die Arbeit der Kommission zielte nun einerseits darauf ab, das Jungfraujoch möglichst rasch -- wenn auch zunächst nur durch
provisorische Installationen -- der wissenschaftlichen Forschung zugänglich zu-maehen. Schon bald, waren vorläufige Einrichtungen vor allem für astronomische und meteorologische Untersuchungen geschaffen. Bereits 1926 erwähnen die Berichte der Kommission die regelmässige Anwesenheit von Forschern des. In- und Auslandes und das stets zunehmende Interesse an der Station, deren Lage, wie sich aus zahlreichen Gutachten und Ausserungen von Gelehrten ergebe, in hervorragendster Weise für die wissenschaftliche Höhenforschung geeignet sei, Die Hauptaufgabe der Kommission aber bildete die Ausarbeitung der Pläne für die d e f i n i t i v e Gestaltung der Forschungsstation. Sie sah sich dabei insbesondere vor drei Probleme gestellt, nämlich die Frage nach der rechtlichen

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Grundlage der zukünftigen Forschungsstätte, der Gestaltung der Baupläne und der Beschaffung der für die Finanzierung erforderlichen Mittel. Nach dem 1927 erfolgten Tode de Quervains wurde an die Spitze der Kommission der Zürcher Physiologie Professor Dr. W. E. Hess berufen.

Was den ersten Punkt -- die rechtliche Grundlage -- anbelangt, so beschloss die Kommission im Einvernehmen mit dem Zentralvorstand der S. N, G., die Forschungsstation in Form einer internationalen Stiftung zu errichten Auf diese Weise hoffte man, dem Institut am ehesten die erforderliche finanzielle Bewegungsfreiheit zu verschaffen und ihm gleichzeitig auch den Zuzug und das Interesse möglichst breiter Forscherkreise zu sichern. Die Anlage der ganzen Station sollte in einer Weise erfolgen, die den Bedürfnissen der verschiedensten an der Höhenforschung interessierten Wissenschaften Bechnung tragen würde.

Es gelang nun der Kommission, sowohl die Finanzierungsverhandlungen als auch die Ausarbeitung des Stiftungsstatuts und die Fertigstellung der Baupläne so rasch zu fördern, dass schon zu Beginn des Jahres 1929 die Errichtung des Instituts auf der vorgesehenen Grundlage gesichert schien. Am 20. März 1929 wurde der Bauvertrag für das heutige Forschungsgebäude unterzeichnet, am 29. August desselben Jahres übernahm der Bundesrat durch sein Departement des Innern die Aufsicht über die internationale Stiftung. Als Stifter traten ihr auf Grund des von ihnen statutengemäss bezahlten Kapitalbeitrages von mindestens Fr. 50 000 bei : die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft (gestützt auf einen entsprechenden Beitrag des Bundes), die Kaiser-WilhelmGesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Berlin, die Universität Paris, die Boyal Society London, die Akademie der Wissenschaften in Wien und die Jungfrauhahngesellschaft, Die konstituierende Sitzung des Stiftungsrates fand in festlichem Bahmen am 5. September 1980 in Bern statt, die Betriebseröffnung des Instituts auf dem Jungfraujöch am 4. Juli 1931. Seine Einrichtungen erwiesen sich von allem Anfang an als äusserst zweckmässig. Inzwischen hatte sich auch noch der Fonds National de la Eecherche Scientifique Bruxelles der Stiftung angeschlossen. Zum Präsidenten des Stiftungsrates wurde Prof. Dr.

W. E. Hess gewählt.

2. Die Organisation der Stiftung und ihre Entwicklung seit 1931
Das S.tiftungsstatut vom 5. September 1930, auf dessen Einzelheiten hier allerdings nicht eingetreten werden kann, hat sich in allen wesentlichen Punkten bewährt. Die oberste Leitung der Stiftung liegt beim Internationalen Stiftungsrat, der sich aus je zwei Mitgliedern der der Stiftung angehörenden Gesellschaften und Institutionen sowie dem Präsidenten zusammensetzt. Die Geschäftsführung der Stiftung, praktisch gesehen die Leitung des Instituts, besorgt ein dem Stiftungsrat verantwortliches Verwaltungsorgan, bestehend aus dem Stiftungspräsidenten, dem Schatzmeister und einer Kontrollstelle.

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Präsident und Schatzmeister müssen schweizerischer Nationalität sein und sind durch die S. N. G. bzw. deren Jungfraujochkommission zu wählen. Dieser Bestimmung kommt insofern erhebliche Bedeutung zu, als die beiden genannten Funktionäre in bezug auf die Leitung und Verwaltung des Forschungsinstituts ausgedehnte Befugnisse besitzen. Die « Schweizerklausel» wurde aufgenommen, um etwaigen Befürchtungen, dass sich die Stiftung in die Abhängigkeit des Auslandes begeben könnte, von vorneherein den Boden zu entziehen. Die Bestimmung erwies sich auch praktisch als sehr zweckmässig. Sie ermöglichte die Aufrechterhaltung des Betriebes der Forschungsstation während der Kriegsjahre und gestattete die rasche Wiederaufnahme dor internationalen Forschungstätigkeit schon bald nach Einstellung der Feindseligkeiten. Sie bildet ferner die Garantie für eine stets völlig neutrale Führung des Instituts.

Es ist hier wohl auch der Ort, auf das durch den Stiftungsrat erlassene Betriebsreglement für die Forschungsstation hinzuweisen. Das Eeglement beginnt mit einem Hinweis auf die ganz einzigartigen äusseren Bedingungen, die das Institut für eine fruchtbare wissenschaf tliche Tätigkeit bietet, nämlich : ganzjährige Bahn- und Telephonverbindung mit internationalem Anschluss; Versorgung mit Wasser und elektrischem Strom; Sicherheit gegen alle Witterungsoinfliisse im Forschungsgebäude; Unterkunft im eigenen Gebäude; Möglichkeit zur Verpflegung im benachbarten Hotel oder durch Selbstversorgung unter Benützung der Institutsküche.

Forscher, denen durch Entscheid des Stiftungspräsidenten auf Grund eines eingereichten Arbeitsplanes ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird, gemessen auf den Zufahrtsstrecken ab Intérlaken ganz ausserordentliche Sondervergünstigungen auf den Personen- und Gepäcktarifen. Mitgebrachte Apparate können zollfrei eingeführt werden. Für die Unterkunft ini Institut sind Einzel- oder Viererzimmer vorhanden. Die Verpflegung geht allerdings zu Lastun des Forschers, doch wurden mit den Eestaurationsbetrieben der Jungfraubahn verbilligte Pensionspreise vereinbart. An Arbeitsräumen.stehen solche mit l oder 2 Arbeitsplätzen -- natürlich unentgeltlich -- zur Verfügung, Mit dem Arbeitsplatz werden auch die benötigten Laboratoriumshilfsmittel abgegeben. Die Verwaltung der Forschungsstation erklärt sich bereit,
je nach dem Stand der finanziellen Mittel nicht vorhandene Utensilien anzuschaffen, soweit für sie eine allgemeine Verwendung vorauszusehen ist. Sie steht überdies den Forschern zur Seite bei der leihweisen Beschaffung fehlender Instrumente und Literatur.

Dies einige wenige organisatorische Voraussetzungen, durch die es der Stiftimg gelang, in kürzester Zeit die wissenschaftliche Tätigkeit im Institut ausserordentlich zu fördern. Bereits im ersten Jahr (1981) war die Station durch eine grössere Anzahl von Wissenschaftern belegt; die folgenden Jahre zeigten eine stets erfreuliche Besucherfrequenz, die 1988 mit 63 Forschungsaufenthalten .einen ersten Höhepunkt erreichte. Als bedeutsamste Ereignisse dieser Periode sind zu nennen : die Errichtung des meteorologischen Observatoriums auf dem

609 Sphinxgipfel im Jahre 1987 und im Jahre 1988 die Durchführung eines internationalen Kongresses über Fragen der Höhenphysiologie, der während drei Tagen faßt 100 Delegierte aus zahlreichen Ländern auf dem Jungfraujoch voreinigte. Er stand unter der Leitung des Berner Physiologen Prof. Dr. A. von Muralt, der am 1. Januar 1937 als Nachfolger von Prof. Hess zum Präsidenten des Internationalen Stiftungsrates ernannt worden war und dieses Amt heute noch bekleidet.

Die ausserordentlich erfreuliche Entwicklung brach 1939 mit Kriegsbeginn jäh ab. Ein Jahr später sah sich die Verwaltung der Stiftung vor die ernste Frage einer eventuellen Schliessung des Instituts gestellt. Die Jungfraujochkommission beschloss jedoch, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Sie vertrat die Ansicht, dass der Ausfall der Ausländer durch vermehrten Zuzug junger Schweizer Forscher wettgemacht werden könne, und sah vor, sich zu diesem Zwecke mit den Hochschulen unseres Landes in Verbindung zu setzen. .

Die Jahre 1941-1945 standen denn auch dank verschiedener z, T. mit Unterstützung des Bundes durchgeführter Aktionen im Zeichen einer Wiederbelebung des Instituts. Bereits 1946, das als Jubiläumsjahr «15 Jahre Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch» begangen wurde, brachte die Wiederaufnahme internationaler Beziehtingen. Erstmals seit 1939 trat der Stiftungsrat wieder zusammen. Auf dem Jungfraujoch wurde eine allgemein verständliche Ausstellung über die dort geleistete Forschungsarbeit gezeigt und von etwa 1800 Personen besucht, 1948 fand in Interlaken eine durch die UNESCO veranstaltete internationale Konferenz über Höhenforschungsstationen statt, an der das Institut auf dem Jungfraujoch als die bestausgebaute und modernste derartige Station der Welt bezeichnet wurde.

Schon seit 1939 galt die ständige Sorge des Stiftungsrates und der Geschäftsstelle auch einer Neuordnung der finanziellen Grundlage der Stiftung. Bevor wir uns jedoch der finanziellen Lage der Stiftung zuwenden, soll noch kurz auf die wissenschaftliche Bedeutung der Forschungsstation hingewiesen werden.

3. Die wissenschaftliche Bedeutung der Forschungsstation auf dem Jungfraujoch Vorausgeschickt sei, dass bis heute auf dem Jungfraujoch ca. 1200 Aufenthalte von Forschern zu verzeichnen gewesen sind. Das Eesultat ihrer Tätigkeit haben diese Forscher in nahezu 800
wissenschaftlichen Publikationen, die alle auch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Forschungsstation Jungfraujoch tragen, niedergelegt.

Weltbekannt geworden sind die astronomischen Untersuchungen des Observatoire de Paris über die ultravioletten Spektren der Sterne. Dank der besonders günstigen atmosphärischen Bedingungen auf dem Jungfraujoch ist es gelungen, in einem Monat Material zu sammeln, dessen wissenschaftliche

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Auswertung mehrere Jahre beanspruchen wird. Die Weiterführung der Arbeiten soll durch den Bau einer astronomischen Kuppel noch erleichtert und erweitert werden.

Mit der Errichtung des Sphinxobservatoriums hat auch die Meteorologie, die auf Beobachtungen in grosser Höhe unbedingt angewiesen ist, eine besonders wertvolle Forschungsstätte erhalten. Täglich werden die Ablesungen der Instrumente der Meteorologischen Zentralanstalt in Zürich gemeldet. Die auf dem Jungfraujoeh gedrehten Filme über Wolkenbildung und die photographischen Wolkenaufnahmen spielen bei der Ausbildung der jungen Meteorologen eine .bedeutende Rolle und stellen ein ausgezeichnetes Anschauungsmaterial dar.

Auch die Schnee- und Gletscherforschung zieht ständig zahlreiche Wissenschafter an. Der riesige Eisstrom des Aletschgletschers bildet ein einzigartiges Forschungsmaterial. Es wurden Versuche über Gletscherbewegungen in verschiedenen Tiefen angestellt. Eine in der Nähe des Instituts geschaffene Eishöhle mit einer konstanten Temperatur von -- 8 bis -- 5 Grad gestattet mikroskopische Untersuchungen von Eisproben ohne Gefahr des Sehmelzens. Die Untersuchungen über die Schneebeschaffenheit haben ihre praktische Bedeutung für" den Lawinendienst unseres Landes.

Die Jahre 1943-1946 standen vorzüglich im Zeichen eines grossangelegten klimaphysiologischen Versuches, um die Wirkungen des ausgesprochenen Höhenklimas auf die Menschen zu erforschen. An über 200 Personen wurden während dieser Zeit Untersuchungen vorgenommen, wobei sich ganz neue Zusammenhänge ergaben. Die erreichten Eesultate sind für die Frage der Heilwirkungen des Klimas unserer Kurorte und damit für den Fremdenverkehr von grösster Bedeutung.

Erhebliches Interesse fand in letzter Zeit auch das Gebiet der Hochfrequenztechnik. Es wurden Versuche unternommen im. Hinblick auf die Verwendung ultrakurzer Eadiowellen für Fernsehen und Telephonverbindungen auf mobilen Objekten, wie Auto, Bahn und Flugzeug.

Die grösste Bedeutung aber hat das Institut im Zusammenhang mit den neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der A t o m f o r s c h u n g erlangt. Anlässhch der Errichtung der Station konnte noch nicht geahnt werden, dass sich gerade die Höhenlage von 8500 m für die Erforschung der kosmischen Strahlung in ganz ausserordentlicher Weise eigne. Die Erforschung der sogenannten Mesonen,
kleiner Materienteilchen, die in besonders grosser Zahl in der Höhe des Jungfraujochs auftreten, haben das Verständnis für den Aufbau des Atomkerns und die Kernreaktionen entscheidend gefördert. Das Jungfraujoch ist heute eines der wichtigsten Zentren der Atomforschung.

Mit diesen wenigen Hinweisen müssen wir uns begnügen. Doch soll nicht unerwähnt bleiben* dass neben der wissenschaftlichen Funktion die Forschungsstation gleichzeitig auch noch eine -- und keineswegs zu unterschätzende --

611 ideelle Aufgabe erfüllt. Sie ermöglicht die persönliche Fühlungnahme von Forschern aus aller Welt und stellt sich damit in den Dienst internationaler Zusammenarbeit, die zu fördern unser Land seit jeher als eine seiner vornehmsten Verpflichtungen aufgefasst hat. Sie erleichtert auch jungen Schweizer Forschern den Kontakt mit den bedeutendsten Gelehrten des Auslandes.

4. Die finanzielle Lage der Stiftung und die Neuordnung der Bnndesbeiträge

Das durch die Stifter aufgebrachte Stammkapital der Stiftung betrug im Zeitpunkt ihrer Gründung Fr. 550 000. Ausserdern erhielt die Stiftung damals ca. Fr. 290 000 an Kapitalbeiträgen noch von dritter Seite zugesprochen.

Die Aufwendungen des Bundes an das Stiftungskapital, die durch den Budgetbeschluss vom 17. Dezember 1930 bewilligt wurden, beliefen sich auf Fr. 50 000.

An zugesicherten Betriebsmitteln standen der Stiftung zur Verfügung: eine auf die Dauer von 10 Jahren befristete Subvention der Eidgenossenschaft von jährlich Fr. 10 000, ein jährlicher Beitrag des Kantons Born, als Sitz der Stiftung, von ebenfalls Fr. 10 000 und der in der Konzessionsurkunde der Jungfraubahn vorgesehene Jahresbeitrag von Fr. 6000, total also Fr. 26 000. Bis zum Jahre 1943 bildeten dies die einzigen der Stiftung regelmässig zuf hassenden Betriebssubventionen. Ausserdem gewährte der Bund auch der Jungfraujochkommission der S. N. G. seit 1925 einen bescheidenen jährlichen Beitrag.

Auf dieser Grundlage konnte zum Bau und der Inbetriebnahme des Instituts geschritten werden/Eine erhebliche Baukostenüberschreitung hinderte allerdings die Stiftung daran, neben dem Bau des eigentlichen Forschungsgebäudes auch noch sofort zur ebenfalls geplanten Errichtung eines meteorologischen Observatoriums auf dem Sphinxgipfel zu schreiten und verunmöglichte ferner die Anlegung eines Baufonds. Die für den Betrieb bereitgestellten Mittel -- er erforderte damals ca. Fr. 25 000 bis Fr. 30 000 pro Jahr -- genügten jedoch fürs erste, zumal anfänglich auch noch zahlreiche private Spenden einliefen.

Wenige Jahre später sah sich die Stiftung vor eine umgekehrte Situation gestellt. Für die geplante Erstellung des Observatoriums auf dem Sphinxgipfel konnten 1936 die Mittel durch Gründung einer eigenen Aktiengesellschaft und durch Erhältlichmachung von Arbeitsbeschaffungskrediten des Bundes und Beiträge von dritter Seite aufgebracht werden. Auch liessen sich die im Hauptgebäude notwendig gewordenen Sicherungsarbeiten gegen Wassereinbrüche dank einer grosszügigen privaten Spende aus den USA. ebenfalls ausführen.

Hingegen verursachte schon seit Mitte der dreissiger Jahre die Bereitstellung der benötigten regulären Betriebsmittel immer ernstere Sorgen. Infolge der Weltwirtschaftskrise waren sowohl Bund wie Kanton Bern gezwungen, ihre jährliehen
Subventionen zu reduzieren -- ab 1936 betrugen sie nur noch je Fr. 7000 -- während sich gleichzeitig infolge der anhaltenden Zunahme der Besucherfrequenz des Instituts und der Angliederung des Sphinxobservatoriums

612 als einer Aussenstation die Betriebsspesen ständig erhöhten. Der Stiftung gelang es schon damals kaum mehr, die für Abschreibungen und den -- in dieser Höhenlage besonders kostspieligen -- Gebäudeunterhalt notwendigen Bückstellungen vorzunehmen, obwohl sie sich stets bemühte, den Betrieb des Instituts (z. B.

durch den Verzicht auf ständige wissenschaftliche Assistenten) und ihre eigene Verwaltung möglichst sparsam zu gestalten.

Im Jahre 1989 prüfte daher der Stiftungsrat die Frage einer grundsätzlichen Neufinanzierung der Station für die Betriebsperiode 1940-1950, doch verumnöglichte der Kriegsausbruch alle weiteren Maßnahmen.

Nachdem 1940 beschlossen worden war, das Institut auch während des Krieges in Betrieb zu halten, um ihm die volle Leistungsfähigkeit zu bewahren, sah sich die Jungfraujochkommission veranlasst, am 17. April 1941 in einer Eingabe den Bundesrat uni die Bereitstellung vermehrter Mittel zu ersuchen, da die beginnende Kriegsteuerung die Betriebslage immer ungünstiger beeinflusste. Schon damals wurde unter Hinweis auf die Bedeutung des Instituts dem Wunsche Ausdruck gegeben, die Beiträge des Bundes möchten inskünftig in einem besondern Bundesbeschluss verankert werden. Während als Sofortmassnahme bereits für 1940 der Bund seinen ordentlichen Budgetkredit zugunsten der Stiftung wieder von Fr, 7000 auf Fr. 9000 erhöht hatte -- mit dem ausdrücklichen Hinweis, die Erhaltung der Station bedeute für die Eidgenossenschaft eine .moralische Pflicht--, gelang jedoch erst im Jahre 1948, nachdem der 1981 zugesicherte zehnjährige Betriebsbeitrag des Bundes bezahlt worden war, eine weitere, diesmal auf 5 Jahre befristete Regelung. Am 24. März 1943 wurde zwischen der Stiftung und dem Bund eine Vereinbarung getroffen, in der sich letzterer bereit erklärte, der Stiftung für den Zeitraum 1948-1947 neben der weitern Zuwendung der bisherigen ordentlichen Subvention von Fr. 9000 einen ausserordontlichen Betriebszusclmss von insgesamt Fr. 55 000 (pro Jahr Fr. 11 000) zu gewähren so dass sich die jährlichen Leistungen des Bundes auf Fr. 20 000 erhöhten. Der Bundesrat gab dabei der Erwartung Ausdruck, dass auch die schweizerischen Universitätskantone durch entsprechende Leistungen ihr Interesse an der Station bekunden möchten. Durch den nunmehrigen Jahresbeitrag des Bundes von Fr. 20 000, die
Subventionen der Jungfraubahn und des Kantons Bern von zusammen Fr. 16 000 sowie durch zusätzliche, zum Teil ebenfalls auf 5 Jahre befristete Zuwendungen der übrigen Universitätskantone von jährlich ca. Fr. 15 000 und dank eines in jene Zeit fallenden Auftrages des Eidgenössischen Amts für Verkehr zu dem -- oben unter Ziffer 3 -- erwähnten klimaphysiologischen Grossversuch, konnte die Station die schwierigen Kriegsjahre überwinden. Nach wie vor aber fehlten die notwendigen Mitte für den Gebäudeunterhalt.

Mit dem Ablauf des Jahres 1947, als die Vereinbarungen mit Bund und Kantonen ihr Ende nahmen, sah sich die Stiftung erneut vor eine völlig Ungewisse Situation gestellt. Als regelmässige Betriebseinnahmen verblieben ihr zur Hauptsache nur die Bundessubvention von Fr. 9000 und die Beiträge von

613 Kanton Bern und Jungfraubahn in der Höhe von Fr. 16 000. Die Lage der Stiftung erwies sich aber nun um so schwieriger, als sich inzwischen die Betriebskosten durch die Kriegsteuerung und die überaus grosse Zunahme der Logiernächte irn Institut ganz gewaltig erhöht hatten. Die jährlichen Ausgaben betrugen jetzt über Fr. 60 000 und stiegen im Jahre 1948 sogar bis auf Fr. 70 682. Die Stiftung war daher gezwungen, den Bund erneut um Gewährung ausserordentlicher Zuschüsse zu ersuchen. Für 1948 wurde denn auch ein nochmaliger ausserordentlicher Betriebsbeitrag von Fr. 11 000 gewährt und auch für das laufende Jahr ein weiterer ausserordentlicher Betriebszuschuss von Fr. 25 000 beide Male zu Lasten des Prägegewinnes des Verfassungstalers bewilligt. Auch die StiftungsJänder trugen im letzten Jahr der prekären Lage der Stiftung durch zusätzliche Leistungen Eechnung, und schliesslich gewährt ihr auch die UNESCO seit 1947 eine namhafte Unterstützung, die aber nicht für den laufenden Betrieb Verwendung finden darf. Die Stiftung gelangte mit einem Gesuch um vermehrte Kredite seitens der Kantone an die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren.

Wir brauchen wohl nicht zu betonen, dass eine derart unsichere Lage für den Fortbestand und die weitere Entwicklung des Forschungsinstituts mit den erheblichsten Nachteilen verbunden ist. Sie venmmöglicht der Stiftung alle Dispositionen auf längere Sicht, schafft ständige zeitraubende administrative Umtriebe und lahmt jede Initiative. Es entspricht deshalb einer dringenden Notwendigkeit, so rasch als möglich die Voraussetzungen zu schaffen, um auf längere Dauer eine Finanzierung des Betriebes, die den heute und in absehbarer Zeit an das Institut gerichteten Anforderungen entspricht, sicherzustellen. Dabei wird sich insbesondere der Bund seinen Verpflichtungen, die er schon anlässhch der Gründung der Stiftung gegenüber den ausländischen Stiftennitgliedern auf sich genommen hat, nicht entziehen dürfen. In seiner 1930 gegebenen Zusicherung -- der Gewährung einer Betriebssubvention auf die Dauer von 10 Jahren --- erblickten die Stifter ein Garantieversprechen des Bundes, für die Aufrechterhaltung des Betriebes jederzeit einzustehen. Auf diese moralische Verpflichtung gegenüber dem Ausland wurde denn auch wiederholt hingewiesen, wenn es galt, seitens des Bundes der
Stiftung die notwendigen zusätzlichen Mittel zu bewilligen. Aber schon früher, in der Konzessionsurkunde der Jungfraubahn, hat sich ja der Bund Erstellung und Betrieb eines wissenschaftlichen Instituts vorbehalten. Wenn er diese Aufgabe in der Folge auch an die S. N. G. als zuständige Fachorganisation delegierte, so ergibt sich doch aus dieser Bestimmung, dass er die Station schon von Anfang an als grundsätzlich in seinem Interesse liegend betrachtet hat. Anlässlich der letztjährigen UNESCO-Konferenz, an der die Forschungsstation als besteingerichtete dieser Art grösste Bewunderung erweckte, wurde betont, dass sie an vorderster Stelle Anspruch auf Unterstützung durch die Behörden verdiene. Ihr Weltruf verpflichtet aber wiederum auch den Bund. Der Zeitpunkt ist heute gekommen, zu einer Lösung Hand zu bieten, die geeignet ist, der Stiftung die ihrer Bedeutung entsprechenden Betriebsmittel zu verschaffen. Diesen Zweck verfolgt der Ihnen

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unterbreitete Bundesbeschluss. Er bildet einen notwendigen Beitrag an die Förderung der wissenschaftlichen Grundlagenforschung, die ja nicht allein unserer Wirtschaft und unserem Volk, sondern der Kultur in ihrer Gesamtheit dient.

Wir beantragen Ihnen einerseits die Bewilligung einer einmaligen Zuwendung von Fr. 100 000. Im Laufe der letzten 10 Jahre konnte das grosse Forschungsgebäude nur mit allergrösster Not in betriebstiichtigem Zustand gehalten werden. Die Stiftung hat daher zahlreiche Gebäudeunterhaltsund Sicherungsarbeiten nachzuholen, die im Interesse eines einwandfreien Betriebes nicht länger aufgeschoben werden dürfen. Durch die notwendig werdende Aufstellung von Spezialapparaturen für die Beobachtung der kosmischen Strahlung sieht sie sich vor weitere erhebliche Bauaufwendungen gestellt. Für die Vornahme all dieser Arbeiten fehlen aber der Stiftung die Mittel, da sie praktisch über keine Reserven verfügt. Ein einmaliger Beitrag von Fr. 100 000 ist also in jeder Hinsicht begründet, /u berücksichtigen ist dabei, dass der Anlagewert der Gebäulichkeiten der Station heute mit Fr. 945 611 zu Buch steht.

Von grösster Bedeutung ist aber anderseits die zukünftige Sicherstellung der l a u f e n d e n Betriebsmittel. Wir haben die Gründe dargelegt, die ein entscheidendes Entgegenkommen des Bundes als ebenso gerechtfertigt wie notwendig erscheinen lassen. Eine gesicherte Betriebslage ist das unerlässliche Fundament für jede weitere Entwicklung der Station. Nur auf einer soliden finanziellen Basis wird es ihr möglich sein, auch das Interesse der ausländischen Stifter und der Industrie für die Station ständig wachzuhalten und von dieser Seite, wenn nötig, diejenigen zusätzlichen Mittel zu erhalten, die für ihren Ausbau im einzelnen immer wieder notwendig sein werden. Wir erachten die Übernahme von 50 % der jährlichen Betriebskosten durch den Bund als unerlässliche, wenn wirklich praktische Hilfe geleistet werden soll. Da für die nächsten Jahre mit einem Betriebsbudget von ca. Fr. 70 000 zu rechnen ist, würden sich dadurch die jährlichen Leistungen des Bundes auf rund Fr. 85 000 erhöhen. Wir möchten grundsätzlich eine variable Regelung der Beitragsleistung einer Verpflichtung auf einen festen Betrag vorziehen, damit nicht die Stiftung bei einer allenfalls notwendig werdenden Betriebsausweitung sofort
wieder in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Immerhui erachten wir die Festsetzung eines jährlichen Höchstbeitrages --· wir sehen Fr. 50 000 vor -- als zweckmässig und erwünscht.

Für die nach Abzug der konzessionsmässigen Beiträge der Jungfraubahn noch fehlenden Mittel wird sich die Stiftung insbesondere an die Kantone halten müssen. Es besteht aller Grund zur Annahme, dass sich in erster Linie die Universitätskantone gestützt auf die vermehrten Leistungen des Bundes ebenfalls zur Gewährung von regelmässigen, den heutigen Verhältnissen angepassten Beiträgen bereit finden werden. Der Kanton Bern hat bereits für 1949 seine Subvention um 50 % auf Fr. 15 000 erhöht.

Wenn wir Ihnen beantragen, den Bundesbeschluss vorläufig auf 15 Jahre zu befristen, so bezwecken wir damit lediglich, die gesetzlichen Voraussetzungen

615 zu schaffen, um den Bund nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne zu voranlassen, die ganze Situation neu zu überprüfen. Keineswegs aber möchten -wir damit etwa der Meinung Vorschub leisten, als ob beabsichtigt wäre, die Beiträge des Bundes an sich zeitlich zu begrenzen.

Gestützt auf diese Ausführungen empfehlen wir Ihnen nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 7. Oktober 1949.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Leimgruber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Subventionierung der Internationalen Stiftung «Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch»

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 7. Oktober 1949, beschliesst :

Art. l Der Bund gewährt der Internationalen Stiftung «Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch» in Bern einen einmaligen ausserordentlichen Beitrag: von Fr. 100 000.

Überdies leistet er an dio jährlichen Betriebskosten der Stiftung einen Beitrag von 50 %, höchstens jedoch Fr. 50 000 im Jahr.

Art. 2 Dieser Bundesbeschluss tritt, als nicht allgemeinverbindlicher Natur, am.

1. Januar 1950 in Kraft und gilt vorläufig bis zum 31. Dezember 1964.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt 8740

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Subventionierung der Internationalen Stiftung «Hochalpine Forschungsstation Jungfraujoch» (Vom 7.

Oktober 1949)

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1949

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5693

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.10.1949

Date Data Seite

605-616

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