121

# S T #

Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Herren- und Knabenkonfektionsindustrie (Vom 19. Juli 1949)

Der schweizerische B u n d e s r a t , gestützt auf Artikel 8, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1948 über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtsarbeitsverträgen, beschliesst:

Art, l Der in der Beilage wiedergegebene Gesamtarbeitsvertrag vom 12. Februar 1948 für die schweizerische Herren- und Knabenkonfektions-Industrie wird allgemeinverbindlich erklärt, mit Ausnahme der besonders bezeichneten Bestimmungen *).

3 Für den Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

1

Art. 2 Die Allgemeinverbindlichkeit gilt für das ganze Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft.

a Sie erstreckt sich auf die Herren- und Knabenkonfektion herstellenden Atelier- und Heimarbeitsbetriebe, die mehr als 5 unter die allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen fallende Arbeitnehmer beschäftigen.

Ausgenommen sind: 1

a. Betriebe, die dem Gesamtarbeitsvertrag für die schweizerische Zivil- und Herrenmaßschneiderei unterstehen; b. Änderungsatehers von Detailgeschäften; c. öffentliche Betriebe (Zeughäuser).

*) Der Text der Bestimmungen, die nicht allgemeinverbindlich erklärt werden, ist in Kursiv gedruckt.

122 3

Von der Allgemeinverbindlichkeit -wird sämtliches männliches und weibliches Betriebspersonal erfasst. Ausgenommen ist das im Monatslohn fest angestellte Personal.

Art. 3 Nichtmitglieder der vertragschliessenden Verbände können gegen Massnahmen der Vertragsparteien oder der im Gesamtarbeitsvertrag vorgesehenen Organe gemäss Art..19 der Vollzugsverordnung vom 8. März 1949 zum Bundesbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen beim Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Beschwerde führen.

Art. 4 Dieser Beschluss tritt mit seiner amtlichen Veröffentlichung in Kraft und gilt bis zum 81. Dezember 1950.

Bern, den 19, Juli 1949.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: E. Nobs Der Bundeskanzler: Leimgruber

123 BEILAGE

Gesamtarbeitevertrag vom

12. Februar 1948 für die schweizerische Herren- und Knabenkonfektions-Industrie abgeschlossen zwischen dem Verband schweizerischer Herren- und Knabenkonfektions-Industrieller einerseits und dem Verband der Bekleidungs-, Leder- und Ausrüstungsarbeiter der Schweiz, dem Schweizerischen Verband christlicher Textil- und Bekleidungsarbeiter, dem Schweizerischen Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter anderseits.

§1 Die im vorliegenden Gesamtarbeitsvertrag aufgestellten Bestimmungen über die Lohn- und Arbeitsbedingungen gelten für alle von den Mitgliedern und angeschlossenen Firmen des Verbandes Schweizerischer Herren- und Knabenkonfektions-Industrieller beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen, 2 Der Vertrag erstreckt sich nicht auf Erzeugnisse der Maßschneiderei im Sinne des Landesvertrages in der Zivilherrenschneiderei vom 29. Mai 1945.

3 Nicht unter den Vertrag fallen die im Monatslohn fest Angestellten.

4 Nicht unter den Vertrag fallen sodann die Heimarbeiter',- soweit diese allein oder mit weniger als 5 Hilfskräften arbeiten.

5 Die nachstehenden Bestimmungen dieses Vertrages über das Dienstverhältnis sind als Mindestbestimmungen zu betrachten. Weitergehende, bestehende oder zukünftige gesetzliche Vorschriften werden davon nicht berührt. Ebenfalls nicht berührt werden allfällige weitergehende Einzeldienstverträge und Kollektiverträge.

6 Mit Mitgliedern des Verbandes Schweizerischer Herren- und Knabenkonfektions-Industrieller sollen keine neuen separaten Kollektiverträge und Abkommen abgeschlossen werden. Wo solche bereits bestehen, bleiben sie weiterhin in Kraft, soweit sie den neuen Mindestlohnansätzen und übrigen Minimalleistungen des Arbeitgebers entsprechen, und können erneuert werden.

1

Geltungtbereich

124 §2 Arbeitszeit

Kündigung

Lohn

1

Die ordentliche Arbeitszeit beträgt normalerweise 48 Stunden pro Woche.

2 Der Samstagnachmittag ist frei.

3 Überzeit ist möglichst zu vermeiden. Wo solche unumgänglich notwendig ist und eine im Einverständnis mit der Mehrheit der beteiligten Arbeiterschaft eingeholte behördliche Bewilligung vorliegt, ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, die bewilligten Überstunden zu leisten.

§3 Die gegenseitige Kündigungsfrist beträgt während der Probezeit (14 Tage) einen Tag; nach Ablatif der Probezeit 14 Tage.

2 Die Kündigung kann, mit Ausnahme der Probezeit, nur auf Ende einer Woche erfolgen und muss schriftlich vorgenommen werden.

3 Die fristlose Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigen Gründen im Sinne von Artikel 352 OR bleibt vorbehalten. Wo eine Betriebskommission besteht, soll dieselbe in der Regel vorgängig einer solchen Massnahme konsultiert werden, 1

M Die Betriebe werden in die folgenden vier Kategorien eingeteilt : Kategorie I: Alle nicht unter Kategorien II bis IV erwähnten Betriebe.

Kategorie II : Betriebe mit mehr als 50 Arbeitskräften, sofern sie nicht unter Kategorie III oder IV fallen. Diese Bestimmung findet im Tessin nur Anwendung auf Gross-Lugano.

Kategorie III: Betriebe in den Städten St. Gallen, Winterthur, Luzern, Biel, La Chaux-de-Fonds, Preiburg, Schaffhausen.

Kategorie IV: Betriebe in den Städten mit über 100000 Einwohnern: Basel, Bern, Genf, Lausanne, Zürich.

2 Es werden folgende Mindeststundenlöhne einschliesslich Teuerungszulagen festgesetzt : a. Männlich: Kat. IV Kilt. III Kat. II Kat. I Zuschneider im Stundenlohn 2.40 2.80 2.20 (Schablonenzuschneider) . . 2.10 2.10 2.-- 1.90 Atisschneider, Einrichter . . . 1.80 2.20 2.10 2.-- 1.90 Schneider Abbügler : 2.40 2.30 2.10 2.20 aa. Großstücke .

2.10 2.-- 1.90 1.80 Hb. Kleinstücke 1.90 2.-- 1.80 1.70 Zwischenbügler .

1

125 b. Weiblich:

,

Kat. I

Kat. Il

Kat. Ili

Kat. IV

Zuschneiderin im Stundenlohn 1.55 1.60 1.65 1.70 Ausschneiderin, Einrichterin . 1 . 3 5 1.40 1.45 1.50 Maschinennäherin I (Großstücke : Taschen-, Patten- und Vornäherin; Kleinstücke: Hosentaschennäherin ; Maschinenknopflocherin) 1.45 1.50 1.55 1.60 Maschinennäherin II (alle übrigen Arbeiten) 1.80 1.35 1.40 1.45 Abbüglerin .

1.55 1.60 1.65 1.70 Zwischenbüglerin 1.35 1.40 1.45 1.50 Handnäherin I 1.85 1.40 1.45 1.50 Handnäherin II 1.20 1.25 1.30 1.35 c. Sonderregelung. Im Kanton Tessin (mit Ausnahme von GrossLugano) sowie im Misox dürfen in Betrieben mit weniger als 50 vom Fabrikgesetz erfassten Arbeitnehmern die Mindeststundenlöhne gemäss Kategorie I um 5 Eappen reduziert werden. Keine Reduktion erfahren die als absolute Minima geltenden Mindeststundenlöhne für die Zwischenbügler und Handnäherinnen II.

d. Anlernzeit. Für die anzulernenden Arbeitnehmer gilt folgende Sonderregelung : Als Anlernzeit gelten 6 Monate, wobei der Lohn für die ersten drei Monate im Minimum 80 %, für die zweiten drei Monate der Anlernzeit 90 % der Minimalansätze beträgt. Wenn vor Ablauf der Anlernzeit die Leistungen der Arbeitnehmer dies rechtfertigen, soll ihnen Gelegenheit gegeben werden, zu normalen Akkordansätzen zu arbeiten bzw. auf den Mindeststundenverdienst zu kommen.

e. Jugendliche. Die Mindestlöhne für jugendliche Arbeitnehmer bis zum vollendeten 17. Lebensjahr betragen 80 %, bis zum vollendeten 18. Lebensjahr 90 % der unter a, b, c und d genannten Ansätze. Soweit.

Jugendliche im Akkord arbeiten, gelten für sie die normalen Akkordansätze.

/. Minderleistungsfähige. Arbeitskräfte, die bei gleichwertigen Verhältnissen dauernd mindestens 25 % Minderleistungen aufweisen, müssen nicht nach den Mindestansätzen entlöhnt werden. Es ist dies den betreffenden Arbeitnehmern schriftlich mitzuteilen.

g. Arbeitnehmer im Monatslohn. Der Verdienst der -im Monatslohn angestellten Arbeitnehmer hat, in Stundenlohn umgerechnet, mindestens den in lit. a und b festgesetzten Lohnansätzen zu entsprechen, sofern dort erwähnte Berufe ausgeübt werden.

3 Furnituren und Werkzeuge sind vom Arbeitgeber zu stellen. Sie dürfen auf keinen Fall mit den obgenannten Mindestansätzen verrechnet werden.

Bundesblatt. 101. Jahrg. Bd. II.

10

126 4

Sofern die Kosten der Lebenshaltung gegenüber dem Stande vom 31, Dezember 1947 um mehr als 10 Punkte fallen oder steigen, kann jede der Vertragsparteien neue Verhandlungen über die Anpassung der Minimallöhne an den Stand der Teuerung verlangen.

5 Nicht unter die Lohnvorschriften fallen die Lehrlinge, für die ein Lehrvertrag abgeschlossen worden ist.

0 Die Akkordansätze sind für männliche und weibliche Arbeitnehmer die gleichen. Sie sind vor Übernahme der Arbeit bekanntzugeben. Die Ansätze müssen so bemessen sein, dass bei angemessener Leistung ein entsprechender Mehrverdienst erreicht wird. Auf jeden Fall wird der Mindeststundenlohn garantiert.

Lohnzuschläge

§5 Überzeitarbeit wird mit 25 % Zuschlag vom Gesamtlohn vergütet.

2 Für Schichtarbeit (von 5 bis 22 Uhr) wird ein Zuschlag von 10 Rappen pro Stunde entrichtet.

3 Hilfsarbeiten im Sinne von Artikel 178 und 179 der Verordnung über den Vollzug des Fabrikgesetzes sind nicht zuschlagspflichtig.

1

§6 Kinderzulage

Ferien

1

Für jedes Kind -von den in den Betrieben beschäftigten Arbeitnehmern wird bis zum zurückgelegten 16. Altersjahr eine Zulage von Fr. 8 pro Kind und Monat ausbezahlt.

2 "Wenn der Mann einer arbeitenden Frau im Erwerbsleben steht, bekommt die Ehefrau in der Regel keine Kinderzulage.

3 In Kantonen, in denen gesetzlich» Vorschriften über die Ausrichtung von Kinderzulagen bestehen, findet dieser Paragraph keine Anwendung.

· .'

'· §7 Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlte Ferientage. Es werden pro Kalenderjahr gewährt: im 1. bis 6. Dienstjahr im gleichen Betrieb 6 Werktage, im 7. bis 9.

» » » » 9 Werktage, im 10. bis 19.

» » » » 12 Werktage, im 20. und den folgenden Dienstjähren im gleichen Betrieb 18 Werktage.

2 Jugendliche bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr haben Anspruch auf 12 Werktage bezahlte Ferien. .

3 Bei Betriebsferien bis zu 2 Wochen können die Arbeitnehmer nur die vorstehende vertragliche Ferienvergütung beanspruchen.

1

127 4

Als Stichtag gilt der 1. Januar. Erfolgt der Eintritt während des Kalenderjahres, so hat der Arbeitnehmer im Eintrittsjahr Anspruch auf Ferienvergütung entsprechend der im Betriebe verbrachten Zeit, 5 In die Ferien fallende Feiertage gelten als Ferien. Immerhin bleibt der in diesem Vertrag zugesicherte Anspruch auf Entschädigung für sechs bezahlte Feiertage gewahrt.

6 Die Berechnung der Ferienvergütung erfolgt auf Grund des Durchschnitts-Stundenverdienstes während der letzten drei Monate. Pro Ferientag wird der Lohn für 8 Stunden vergütet.

7 Bei der Berechnung der Ferien sind frühere Dienstjahre beim gleichen Arbeitgeber zu berücksichtigen, sofern der Unterbrach nicht länger als drei Jahre gedauert hat.

8 Die Festsetzung der Ferien erfolgt durch den Arbeitgeber. Sie werden in die Zwischensaison verlegt. Begründete Wünsche der Arbeitnehmer sollen berücksichtigt werden, falls der Betrieb dies gestattet.

9 Eine Übertragung der Ferien von einem Jahr ins andere ist ohne Einverständnis des Arbeitsgebers nicht zulässig. Für Nichtbenützung der Ferien wird keine Entschädigung gewährt.

10 Die Ferien dürfen nicht zu Arbeitsleistungen verwendet werden, welche die Erholung beeinträchtigen können. Arbeitnehmer, die während der Ferien Berufsarbeit zu Erwerbszwecken verrichten, gehen der Ferienvergütung verlustig.

11 Bei Auflösung des Dienstverhältnisses werden die Ferientage entsprechend der im Austrittsjahr im Betrieb verbrachten Zeit vergütet.

Sofern eine Entlassung aus wichtigen Gründen im Sinne von Artikel 352 OB erfolgt oder das Dienstverhältnis vom Arbeitnehmer vor Ablauf des ersten Dienstjahres aufgelöst wird, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Ferien. Zuviel bezogene Ferientage können bei der letzten Abrechnung in Abzug gebracht werden.

.

12 Militärdienst, soweit es sich nicht um obligatorische Wiederholungskurse handelt, kann an den Ferien angerechnet werden. Der Arbeitnehmer hat jedoch Anspruch auf mindestens die Hälfte seiner vertraglichen Ferienzeit.

.

13 Für Arbeitnehmer, welche dauernd nicht 70 % der normalen Arbeitszeit erfüllen, können die Ferien entsprechend .gekürzt werden.

·

'

' 1

··

·

.

§..8..

·

..

.

' .

.

-

.

.

Pro Jahr werden den Arbeitnehmern sechs auf einen Arbeitstag fallende Feiertage zum Mindeststundenansatz von 8 Stunden bezahlt.

2 Die Wahl der vergüteten Feiertage steht den Arbeitgebern frei.

Sie sollen den örtlichen Verhältnissen angepasst und den Arbeitnehmern zum voraus bekanntgegeben werden.

Feiertage

128 §9 l SoziaiDie Mitgliedschaft bei einer Arbeitslosenversicherungskasse ist Versicherungen far je(jen versicherungsfähigen Arbeitnehmer obligatorisch.

2

Konttolle

Koaiitionsreoht

Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer gegen Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle zu versichern, Die Prämien der Versicherung gegen Nichtbetriebsunfälle gehen zu Lasten der Arbeitnehmer, mit Ausnahme der Versicherung für nichtversicherte Ausf alitage (Abredeversicherung), die vom Arbeitgeber übernommen wird.

3 Jeder versicherungsfähige Arbeitnehmer ist verpflichtet, einer Krankentaggeldversicherung anzugehören, die mindestens folgende Leistungen garantiert: Jugendliche Fr. 4 Taggeld Frauen . .

Fr. 4 Taggeld Ledige Männer Fr. 4 Taggeld Verheiratete Männer Fr. 8 Taggeld 4 An die Prämien für diese Minimalleistungen bezahlt die Firma den definitiv angestellten Arbeitnehmern 50 %. Die Auszahlung kann entweder in der AVeise geschehen, dass der Arbeitgeber seinen Beitrag mit demjenigen des Arbeitnehmers direkt der Krankenkasse überweist, indem er dein letzteren seinen Anteil vom Lohn abzieht, oder in der Weise, dass der Prämienbetrag jeweilen mit dem Zahltag dem Arbeitnehmer ausgerichtet wird, sofern von diesem eine entsprechende Quittung der Krankenkasse vorgewiesen wird.

5 Durch diesen Beitrag des Arbeitgebers an die Krankentaggeldversicherung sind die Ansprüche des Arbeitnehmerg aus Artikel 335 OB, soweit ihm solche gemäss . Gesetz und Gerichtspraxis zustehen, abgegolten.

§ 10 Die in § 15 vorgesehene Paritätische Kommission oder die von ihr bestellten Organe können Kontrollen über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen in den einzelnen Betrieben vornehmen, und die Betriebsinhaber sind verpflichtet, den Kontrollorganen Einsicht zu geben in die in Betracht kommenden Unterlagen.

§ H Die Koalitionsfreiheit wird beidseitig gewährleistet. Einem Arbeitnehmer darf aus der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Gewerkschaft kein Nachteil erwachsen,

§12 FriedentpfKcM

.

. . .

Im Bestreben, den im Interesse aller liegenden Arbeitsfrieden zu wahren, verpflichten sich die unterzeichneten Vertragskontrahenten, Meinungsver-

129 schiedenheiten und dllfällige Streitigkeiten nach Treu und Glauben gegenseitig abzuklären, nach den Bestimmungen dieses Vertrages zu erledigen zu suchen und für die ganze Dauer unbedingten Frieden zu wahren. Infolgedessen gelten jegliche Massnahmen une Sperre, Streik oder Aussperrung als ausgeschlossen. Dies auch bei allfälligen Streitigkeiten über Fragen des Arbeitsverhältnisses, die durch diesen Vertrag nicht berührt werden.

§ 18 Die Arbeiterschaft in jedem Betriebe ist berechtigt, die Bildung einer Betriebskommission zu verlangen und ihre Vertreter in dieser Kommission zu bestimmen.

§ M 1 Meinungsverschiedenheiten und allfällige Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sei es über die in diesem Vertrage enthaltenen Fragen oder solche, die darin nicht geregelt werden, sind in erster Linie im Betriebe selbst zu behandeln und zu lösen suchen.

2 Strittige Fragen, über die zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern keine gütliche Verständigung erfolgt ist, werden den Verbandsinstanzen sur Abklärung und Schlichtung unterbreitet.

3 Kann keine Einigung herbeigeführt werden, so sind die strittigen Fragen der in § 15 erwähnten Paritätischen Kommission zu unterbreiten, die sich bemüht, Kollektivstreitigkeiten nach Möglichkeit im Entstehen beizulegen und tunlichst eine Einigung zu erzielen.

4 Streitigkeiten über die Auslegung des Gesamtarbeitsvertrages werden ebenfalls der Paritätischen Kommission unterbreitet.

Betriebskommission

Differenzen

§ 15 4

Es wird eine Paritätische Kommission gebildet, bestehend aus gleichviel Vertretern der Gewerkschaften und des Verbandes Schweizerischer Herren- und Knabenkonfektions-Industrieller.

2 Diese Paritätische Kommission versammelt sich, sooft die Verhältnisse dies erfordern oder einer der vertragschliessenden Verbände dies verlangt.

3 Die Paritätische Kommission wird durch das Sekretariat des Verbandes Schweizerischer Herren- und Knabenkonfektions-Industrieller einberufen. In der Einladung zu einer Sitzung sind die zu behandelnden Traktanden anzugeben. Den Vorsitz führt abwechslungsweise ein Vertreter der Gewerkschaften und ein Vertreter des Verbandes Schweizerischer Herren- und Knabenkonfektions-Industrieller.

4 Beschlüsse können nur mit einer Zweidrittelsmehrheit sämtlicher Mitglieder der Paritätischen Kommission gefasst werden.

Paritätische Kommission

130 5

Kann eine bestellende Differenz durch die Paritätische Kommission nicht erledigt werden, so steht den Parteien das Recht zu, sich an das in § 16 erwähnte Schiedsgericht zu wenden.

§16 Schiedsgericht

1

Das Schiedsgericht wird von Fall zu Fall in der Weise konstituiert, dass jede der beteiligten Parteien je einen Schiedsrichter bestellt und die beiden Schiedsrichter gemeinsam den Obmann wählen, 2 Bestellt eine Partei auf schriftliche Aufforderung in eingeschriebenem Brief ihren Schiedsrichter nicht innert 14 Tagen, oder können sich die Schiedsrichter nicht innert 14 Tagen auf die Person des Obmannes einigen, so ist der betreffende Schiedsrichter bzw. Obmann vom Präsidenten des Schweizerischen Bundesgerichtes zu bestimmen.

3 Das Verfahren des Schiedsgerichts bestimmt der Obmann.

4 Die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind endgültig und können nicht weitergezogen werden.

§17 Inkrafttreten; Allgeminverbindlicherklärung;Gültig--keitsdauerr

1

Dieser Vertrag tritt- mit der nächsten auf seme Ratifizierung durch die Generalversammlung der beidseitigen Kontrahenten folgende Zahltagsperiode in Kraft.

2 Die Vertragspartner kommen überein, sofort nach der Ratifizierung beim eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement die Allgemeinverbindlicherklärung des Vertrages für die ganze Schweiz und für sämtliche Herrenkonfektion herstellende Betriebe (im Sinne von Art. 3 des Bundesratsbeschlusses vom 27. Dezember 1946) zu beantragen. Sollte die Allgemeinverbindlicherklärung vom Bundesrat abgelehnt oder nicht für das ganze Gebiet der Eidgenossenschaft ausgesprochen werden, so wären sämtliche Vertragskontrahenten berechtigt, den Vertrag auf Ende des nächsten Kalendermonats mit 14tägiger Frist- zu kündigen.

3 Der vorstehende Gesamtarbeitsvertrag kann beiderseits erstmals auf den 31. Dezember 1949 mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden.

Erfolgt keine Kündigung, so gilt der Vertrag als jeweilen um ein weiteres Jahr verlängert.

4 Mit dem Kündigungsschreiben sind dem Vertragspartner die Abänderungsvorschläge bekanntzugeben ; fehlen dieselben, so ist die Kündigung ungültig. Wünscht eine. Partei das Vertragsverhältnis grundsätzlich aufzuheben, so ist dies der anderen Partei im Kündigungsschreiben mitzuteilen.

8655

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesratsbeschluss betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung eines Gesamtarbeitsvertrages für die schweizerische Herren- und Knabenkonfektionsindustrie (Vom 19. Juli 1949)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1949

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

30

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.07.1949

Date Data Seite

121-130

Page Pagina Ref. No

10 036 717

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.