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Schweizerisches Bundesblatt

^V. Jahrgang. lll.

Nr. ^3.

^. Dezember 18^3.

Der Bundesrath hat die Veröffentlichung der nachstehenden Dokuunente angeordnet.

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Einladung des

.Kaiser... Napoleon zu einem europäischen Kongresse.

(Vom 4. November 1863.)

Thenerste und grossmächtiae Freunde , Allste und Bundesgenossen l Angesichts der Ereignisse, welche täglich eintreten und sich drängen, halte ieh es für unerlässlich, den Souverainen, welchen die Geschike der .Völker anvertraut sind, alle meine Ansichten zn sagen.

Jedesmal, wenn tiefe Erschütterungen die Grundlagen der Staaten zum Wanken gebracht und ihre Grenzen verrükt haben , sind feierliche Vereinbarungen getrossen worden , um die neuen Elemente einzuordnen und mittelst Revision die eingetretenen Umgestaltungen zu sanktioniren.

Dies war der Zwek des weftphälisehen Friedens im l 7. Jahrhundert und der Verhandlungen in Wien im Jahr l 815. . Aus diesem lezteren Funlamente beruht heute das politische Gebäude Europas. Und dennoch bricht es, wie Sie wissen, aus allen Seiten ein.

Wenn man aufmerksam die Situation der verschiedenen Länder betrachtet, so ist es unmöglich zu verkennen, dass die Wiener Verträge fast .auf allen Punkten zerstort, modifiziert, missaehtet oder bedroht sind. Daher Vslichten ohne Richtschnur, Rechte ohne Reehtstitel und Ansprüche ohne Zügel. Die Gefahr ist um so furchtbarer, als die Vervollkommnungen, welche die Zivilisation , die die Volker durch Solidarität der materiellen Jnteressen an einander knüpst, hervorgebracht hat, den Krieg noch verheer render machen würden.

Bundesblatt.

Jal..rg. ..^^.

Bd. ItI.

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Dies ist ein Stoff für ernstes Rachdenken. Verschieben wir unsere Entschlüsse nicht, bis plozliche, unaufhaltsame Ereignisse unser Urtheill trüben un.d uns wider unsern Willen in entgegengehe Bahnen mit fi^ fortreissen. Jch schlage Jhnen daher vor, in einem Kongresse die Gegenwart zu regeln und die Zukunft zu siehern.

Durch die Vorsehung und den^ Willen des franzosischen Volkes auf den Thron berufen , allein in der S.l.üle des Unglükes erzogen, ist e.^ mir ^ vielleicht weniger als jedem Andern erlaubt, die Reehte der Fürsten sowohl als die berechtigten Begehren der Volker zu ignoriren. Wirklich bin ich auch bereit, .ohne vorgesasstes System in einen internationale^ ^ Kongress den^ Geist der Mässigung und Gerechtigkeit, das gewohnliehe.

Erbtheil derer, welche so viele Prüfungen bestanden, mitzubringen.

^ Wenn ich die Jnitiative zu einer solchen Eroffnung ergreise, so solg^ ieh nicht einer Eingebung der Eitelkeit, sondern da ich der Fürst bin, dem man am meisten ehrgeizige Bläne zusehreibt , so liegt es nur am Herzen., durch dieses freimüthige und loyale Vorgehen den Beweis ^ leisten, dass mein einziges Bestreben dahin geht, zur Baeifikation Europa^ ohne dessen Erschütterung zu gelangen. Wenn dieser Vorschlag angenommen wird, so bitte ich Sie, Baris als Ort der Zusammenkunft anzunehmen.

Für den Fall, dass die alliirten Fürsten und Freunde Frankreichs e^ für zwekmässig erachten sollten, das Gewicht der Beratungen durch ihre Gegenwart zu erhohen, würde ieh stolz darauf sein, ihnen eine herzlich^ Gastfreundschaft anzubieten. Europa würde es vielleicht gerne sehen, wenn die Hauptstadt, von welcher aus schon so oft das Signal zum Umsturz^ .gegeben wurde^ der Siz von Konferenzen würde, welche bestimmt sind, den Grnnd .^ einer allgemeinen Baeifikation zu legen.

Begierig ergreise ich diesen Anlass, um Jh^.en meine Znneignng und.

^ meine Hochachtung zu erneuern. G^ott moge Sie, theuerste und grossmächtige Freunde, Alliirte und Bundesgenossen, in seinem heiligen und^ wächtigen Schuze erhalten.

Gesehrieben in Baris, am 4. Rovember im Jahre des Heilst 8^3.

Jhr guter Freund, Alliirter und Bundesgenosse: Napoleon.

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Einladung des Kaiser Napoleon zu einem europäischen Kongresse. (Vom 4. November 1863.)

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Jahr

1863

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

53

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.12.1863

Date Data Seite

881-882

Page Pagina Ref. No

10 004 265

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