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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossenen Vertrags über eine allgemeine Revision der Landesgrenze im Abschnitt Rhein--Wurznerhorn (Vom 22. Februar 1949)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Die zuständigen Abteilungen der Bundesverwaltung befassen sich schon seit einiger Zeit mit dem Problem einer allgemeinen Eevision der Landesgrenze im Abschnitt Rhein-Wurznerhorn. Anlass dazu gaben zunächst die unvollständigen staatsvertraglichen Grundlagen in bezug auf die Grenzziehung, die mangelnden genauen Aufnahmen der Strecke und die ungenügenden Grenzvermarkungen.

Für die Durchführung dieser Grenzbereinigung sprechen jedoch vor allem auch · militärische Gründe. Es erwies sich nämlich eine Arrondierung des Festungsgebietes Sargans als zweckmässig, welche sich, durch den vorgesehenen Gebietsaustausch ermöglichen Hesse.

Im Jahre 1948 erklärte sich die Liechtensteinische Regierung mit der Aufnahme von Verhandlungen für eine Durchführung der von der Schweiz gewünschten Grenzbereinigung einverstanden. Liechtensteinischerseits wurde jedoch dabei besonders Wert gelegt auf einen flächentnässigen Ausgleich der auszutauschenden Gebiete. Diesem Wunsche konnte anlässlich der Verhandlungen vom 15. Oktober, 9. und 10. November 1948 in Bern, für die wir eine besondere Delegation unter dem Vorsitz von Herrn Bundesrat Petitpierre ernannt hatten, vollständig Rechnung getragen werden. Die abzutretenden Gebiete betragen auf beiden Seiten ungefähr 45 Hektar. Es handelt sich somit um einen Gebietsaustausch von nur sehr geringem Ausmass, womit der Charakter einer sieh in einem kleinen Rahmen haltenden Grenzregulierung gewahrt wird.

Nachdem wir den Vertragstext am 23. Dezember 1948 genehmigt hatten, wurde derselbe am gleichen Tage vom Vorsteher des Politischen Departements und dein Liechtensteinischen Geschäftsträger in Bern unterzeichnet.

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Der Vertrag besteht aus 4 Artikeln.

In Artikel l wird der neuo Verlauf der Grenze unter Hinweis auf einen Situationsplan und eine wegleitende Greiizbeschreibung festgelegt. Wie bereits erwähnt, bewirkt dieser Grenzverlauf einen geringen Gebietsaustausch,, der auf beiden Seiten nur ungefähr 45 Hektar beträgt. Da eine genaue Absteckung und Vermessung der neuen Grenze erst im Gelände erfolgen kann, werden die sich daraus ergebenden Abänderungen vorbehalten.

Artikel .2 räumt der Schweiz ein unbeschränktes Benützungs- und Zutrittsrecht zu der 250 Meter südwestlich St. Katharinabrunnen und 90 Meter westlich der Strasse nach Luziensteig gelegenen Quelle ein. Dadurch wird lediglich ein bereits seit Jahren tatsächlich bestehender Zustand vertraglich festgehalten.

In Artikel 3 wird die Einsetzung einer ständigen gemischten technischen Kommission für die Absteckung, Vormessung und Vermarkung der in Artikel l festgelegten Grenze vorgesehen. Aus Zweckmässigkeitsgründen wird der Tätigkeitsbereich dieser Kommission nicht nur auf den Abschnitt Rhein-Würznerhorri beschränkt, sondern auf die gesamte schweizerisch-liechtensteinische Grenze ausgedehnt. Gleiche oder ähnliche Organo sind von der Schweiz im Benehmen mit den anderen Nachbarländern schon seit einiger Zeit für die immer wiederkehrenden Vermarkungs- und Unterhaltsarbeiten an den übrigen Teilen der Landesgrenze geschaffen worden.

In Artikel 4 wird schliesslich festgesetzt, dass der Vertrag möglichst rasch in Bern ratifiziert werden und an diesem Tage in Kraft treten soll. Dazu ist zu bemerken, dass der Liechtensteinische Landtag bereits seine Genehmigung zur Ratifikation des Vertrages erteilt hat.

Da durch den Vertrag ein neuer und für die Dauer bestimmter Zustand geschaffen wird, ist er unkündbar. Er unterliegt deshalb gemäss Artikel 89, Absatz 4, der Bundesverfassung dem fakultativen Referendum.

Das Abkommen, das wir Ihnen hiermit zur Genehmigung vorlegen, trägt bedeutenden Interessen der Schweiz Rechnung. Es entspricht auch der Notwendigkeit, über den Verlauf unserer Landesgrenze klare staatsvertragliche Grundlagen zu schaffen. Wir bitten Sie deshalb, den beigehefteten Entwurf eines Bundesbeschlusses gutheissen zu wollen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 22. Februar 1949.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: E. Nol>., Der Bundeskanzler: Leinigruber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss über

.

die Genehmigung des zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossenen Vertrags über eine allgemeine Revision der Landesgrenze im Abschnitt Rhein -Würznerhorn

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22. Februar 1949, beschließt :

Art. l Der am 23, Dezember 1948 zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossene Vertrag über eine allgemeine Eevision der Landesgrenze im Abschnitt Ehein-Würznerhorn wird, genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, ihn zu ratifizieren.

Art. 2 Dieser Beschluss untersteht den Bestimmungen von Artikel 89, Absatz 4, der Bundesverfassung betreffend die Unterstellung der Staatsverträge unter das Eeferendum.

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Vertrag zwischen

dem Fürstentum Liechtenstein und der schweizerischen Eidgenossenschaft über eine allgemeine Revision der Landesgrenze im Abschnitt Rhein-Würznerhorn

Seine Durchlaucht der Regierende Fürst von Liechtenstein und

der schweizerische Bundesrat, mit Eücksicht auf die unvollständigen staatsvertraglichen Grundlagen in bezug auf diö Grenzziehung, die mangelnden genauen Aufnahmen der Strecke und die ungenügenden Grenzvermarkungen, vom Wunsche geleitet, den Verlauf der Grenze den natürlichen Verhältnissen und den beiderseitigen Interessen besser anzupassen, haben beschlossen, einen Vertrag über die allgemeine Eevision der Landesgrenze zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz (Abschnitt Bhein-Würznerhorn) abzuschliessen.

Sie haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Seine Durchlaucht der Regierende Fürst von Liechtenstein: Seine Durchlaucht den Prinzen Heinrich von Liechtenstein, Fürstlich Liechtensteinischer Geschäftsträger in der Schweiz; der schweizerische Bundesrat: Herrn Bundesrat Max Petitpierre, Vorsteher des eidgenössischen Politischen Departements, die nach gegenseitiger Bekanntgabe ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben:

Art. l Die neue Landesgrenze zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz im Abschnitt Ehein-Würznerhorn wird gemässdem beiliegenden Situationsplan im Maßstab l : 5000 und der dazugehörenden wegleitenden Beschreibung des Grenzverlaufs festgelegt.

388 Der Situationsplan und die Beschreibung bilden integrierende Bestandteile des Vertrags. Der massgebliche Grenzverlauf ergibt sich jedoch aus dem Situationsplan.

Vorbehalten bleiben kleinere sich bei der Absteckung. Vermessung und Vermarkung der Grenze ergebende Abänderungen.

Art. 2 Das Fürstentum Liechtenstein räumt der schweizerischen Eidgenossenschaft für die 250 Meter südwestlich St. Katharinabrunnen und 90 Meter westlich der Strasse nach Luziensteig gelegene Quölle ein unbeschränktes Benützungs- und Zutrittsrecht ein.

Art. 3 Sofort nach Inkrafttreten des vorliegenden Vertrags wird von beiden Regierungen eine ständige gemischte technische Kommission aus je 8 Delegierten eingesetzt. Dieser Kommission werden folgende Aufgaben übertragen: a. Absteckung, Vermessungs und Vermarkung der neuen in Artikel l festgelegten Grenze. Erstellung der dazugehörenden Tabellen, Pläne und Beschreibungen; 6. Vorbereitung einer Verordnung betreffend die Instandstellung und Erhaltung der gesamten liechtensteinisch-schweizerischen Grenze; c. die Tabellen, Pläne und Beschreibungen sowie die in lit. 6 erwähnte Verordnung bilden nach ihrer Genehmigung durch die beiden Regierungen ergänzende Bestandteile des vorliegenden Vertrags; d. die ständige gemischte Kommission wird ermächtigt, Vermarkungsarbeiten gemäss dem in lit. a und b geschilderten Verfahren auch für die übrigen Teile der liechtensteinisch-schweizerischen Grenze auszuführen.

e. die Kosten der Instandstellungs- und Unterhaltsarbeiten werden von den beiden Staaten je zur Hälfte getragen.

Art. 4 Der vorliegende Vertrag unterliegt der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Bern ausgetauscht werden. Am Tage dieses Austausches tritt der Vertrag in Kraft.

Geschehen in Bern in doppelter Ausfertigung am 23. Dezember 1948.

Für die schweizerische Eidgenossenschaft: Max Petitpierre

· .

Für das Fürstentum Liechtenstein: .

Heinrich Prinz von Liechtenstein

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Wegleitende Beschreibung des Grenzverlaufs zum

Vertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der schweizerischen Eidgenossenschaft über eine allgemeine Revision der Landesgrenze im Abschnitt Rhein--Würznerhorn vom 23. Dezember 1948

Die neue Landesgrenze zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz im Abschnitt Ehein-Würznerhorn wird folgendermassen festgelegt: Die Grenze beginnt 300 Meter südwestlich der Kulmination des Ellhorns (Punkt 752.5) in der Mitte des Bheins, von wo sie sich, den Ehein senkrecht in östlicher Bichtung querend, gegen den Westfuss des Ellhorn-Steilhangs hinzieht. Dort biegt sie rechtwinklig rheinabwärts ab, um östlich des Eheindamms diesem auf ca. 170 Meter zu folgen. Von hier zieht sie sich in nordöstlicher Eichtung und in einem ziemlich gestreckten Verlauf auf einer Länge von ca. 400 Meter entlang dem Nordfuss der Ellhornerhebung, biegt dann in südöstlicher Eichtung ab, um im westlichen Teil des Steinbruchs vom Talboden aus in einer geraden Steilstrecke zur Abgrenzung des Felsabsturzes oberhalb des Steinbrechs in 640 Meter u. M. zum Nordrande des Ellholzes aufzusteigen. Von diesem Punkt fällt und verläuft die Grenze im Ellholz; zunächst längs dem aus beihegendem Situationsplan ersichtlichen Felsenzug in nordöstlicher Richtung bis auf die Höhe von ca. 600 Meter u. M. Dann biegt sie nahezu rechtwinklig nach Südosten ab, um in einer ansteigenden Kurzstrecke von ca. 60 Meter auf der Höhe von 640 Meter ü. M. den sich vom Ellhorn (Punkt 752.5) in nordöstlicher Eichtung im Ellholz hinunterziehenden Felszug zu erreichen. Von diesem Punkt durchquert die Grenze das Ellholz südwärts, um im allgemeinen der Höhenkurve 640 des Situationsplanes folgend und in ziemlich gestrecktem Verlauf östlich sowie unterhalb am Unteren Diabaloch vorbei den Schnittpunkt mit der bisherigen Grenze zu erreichen. Von hier biegt sie etwas östlich ab, quert das Elltal bis auf die östliche Seite des Talweges, um sodann in nordöstlicher Eichtung rechtwinklig abbiegend den Schnittpunkt der alten Grenze mit dem Westfuss des den Lenzenwald überragenden Felsabsturzes zu erreichen. Dann folgt sie auf einer Strecke von ca. 250 Meter dem unteren Felsrand dieses Absturzes bzw. der oberen Abgrenzung des Lenzenwaldes, um danach, ostwärts abbiegend, den nach Mals abfallenden Höhenzug in einer die rückwärtige Verlängerung der bisherigen Grenze darstellenden Linie nördlich der Drachenlöcher zu übersteigen, im letzten Teile auf einer Bundeublatt. 101. Jahrg. Bd. I.

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390 Strecke von ca. 70 Meter mit der bisherigen Grenze zusammenfallend. Von dort verläuft sie zunächst nach Südosten einspringend und sodann, quer durch die sogenannte Allmend, um sich dann rechtsseitig des Baches westlich unterhalb des Ancaschnalkopfes bis gegen die Säge südlich Mals zu ziehen. Von diesem Punkt folgt sie in Richtung des Fläscherlochs der Fahrstrasse, um die Pradwiesen entlang dein Gütersträsschen bis zur Strasse nach dein Luziens'teig zu durchqueren. Dann biegt sie in ostnordöstlicher Sichtung ab, um ansteigend den oberen Band der Felsterrasse des Vorderen Ansteins zu erreichen und demselben bis zum Schnittpunkt mit der bis jetzt angenommenen, jedoch durch kein Abkommen festgelegten Grenze zu folgen. Von diesem Schnittpunkt verläuft die Grenze in gerader Eichtung zum Gipfel des Würznerhorns.

Geschehen in Bern in doppelter Ausfertigung am 23. Dezember 1948.

Für die schweizerische Eidgenossenschaft: Max Fetitpierre 8425

Für das Fürstentum Liechtenstein: Heinrich Prinz von Liechtenstein

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossenen Vertrags über eine allgemeine Revision der Landesgrenze im Abschnitt Rhein--Wurznerhorn (Vom 22.

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Jahr

1949

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1

Volume Volume Heft

08

Cahier Numero Geschäftsnummer

5599

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

24.02.1949

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384-390

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