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Aus den Verhandlungen der schweiz Bundesversammlung.

Die unterm 26. Juli l 862 vertagte ordentliche Session der Bundesversammlung ist am 12. Januar 1863 wieder sortgesezt worden.

Der Präsident des Nationalrathes, Herr Dr. A. E s c h e r , eröffnete

die Simung ohne Ansprache , hingegen spach der Bräsident des Ständerathes, Herr Wilh. V ig i er, bei Eröffnung der Sizung Folgendes: Meine Herren Ständerath e l ,,Znr Eroffnung der im Juli v. J. vertagten Siznng heisse ich Sie herzlich willkommen.

,,Es ist Sitte, von dieser Stelle aus einen Blik zu werfen ans die Gestaltung und die ..Beziehungen der uns umgebenden Staaten, und die Stelle anzudeuten die unser Vaterland in der grossen europäischen Völkerfamilie einnimmt. Es darf dieser Blik dermalen kurz und rasch sein.

..Seit fünfzehn Jahren wird an der Umgestaltung einer Reihe enropäischer Staaten gearbeitet, und noeh ist man dem erwünschten Ziele n.cht näher gekommen. Wenn heute manche kühne Hossnung srüherer Tage sich abgekühlt hat . wenn der Freund einer freien Entwiklung der Staaten sogar mit Besorgniss aus die nähere Zukunft bliken muss , so darf uns dieses nicht überraschen.

,,Roeh i s t E u r o p a nicht z u r U e b e r z e u g u n g g e l a n g t , d a s s d a s G l ü k d e r S t a a t e n nicht durch d i e J u t e r e s s e n d e r D y n a s t i e n , f o n d e r n durch d a s g e i s t i g e u n d m a t e r i e l l e W o h l d e r V o l t e r b e d i n g t wird.

,,Eben so nah, wenn nicht noch näher als die Geschike der europäisehen Staaten berühren uns die Begebenheiten in der g r o s s e n S e h w e fter-Repub lik j e n s e i t s des O e e a n s . Wir waren gewohnt, in dem grossen Bunde amerikanischer Republiken den Hort und mächtigen Bewahrer republikanischer Staatseinrichtungen zu begrüssen.

,,Weun heute dort Brüder, die bald ein Jahrhundert zusammengewohnt, in einem Riesenkampfe sieh zerfleischen, so sind es nicht allein die G ü t e r , um welche dort gekämpst wird, die unsere Jnteressen erregen, es sind nicht allein die m a t e r i e l l e n , auch un.ser V a t e r l a n d nahe berührenden Folgen des Kampfes, die unsre ganze Aufmerksamkeit in Ansprueh nehmen, - nein der R e p u b l i k a n e r sieht in dem Kampfe den L e b e n s n e r v der R e p u b l i k selbst b e d r o h t , und es wünseht der s c h w e i z e r i s c h e Republikaner, dass es seinem amerikanischen Bruder ge-

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lingen moge , die innere Lebenskrast der Republik ebenso siegreich und ohne E i n m i s c h u n g von Bussen znr Geltung zu bringen, wie dieses a l l s e i t i g e r Vaterlandsliebe und Ausopferung vor nicht gar vielen Jahren bei uns gelungen ist.

.,Wenn wir in Folge des von uns seit Jahren befolgten .....entralitatspinzipes in k e i n e r der europaischen Fragen selbsttätig und mitwirkend auftreten, müssen wir um so mehr uns fragen, ob wir die nothige^ Thätigkeit und Energie aus die Entwiklung unsers innern Staatslebens verwenden.

.,Es ist nicht zu verkennen, und es wäre eine staatsmännische KurzDichtigkeit, die Augen vor der Thatsache zu verschlissen , dass das sehweizerische Varteileben vorzugsweise nach zwei Richtungen aus einander geht.

Während die eine Richtung nach grosserer Einheit hinstrebt und dadurch die Auswüchse eines zu großen Bartikularismns beseitigt, das Gesammtvolksbewusstsein hebt und manche .^chopfuna hervorruft, die sonst nicht moglieh wäre, steht aus der andern Seite jene Richtung ihr gegenüber,

welche die selbsttätige Entwiklung der einzelnen Bundesglieder, das in-

dividnelle Leben, nicht unterdrüken und der freien Regung des Einzelnen auch sreiern Spielraum gewähren will.

,,Wer will einer dieser beiden Richtungen ihre Bereehtignng abstreiten .^ Wer will verkennen, dass in der einen sowohl als in .^er andern die Pulsadern unsers politischen Lebens schlagen^ ,,An Jhnen, meine Herren, wird es sein, ^u entscheiden und mit staatsmänmschem Takte zu erwägen , in wiefern ^ie Grundsäze einer gesunden Entwiklung des Gesammtftaates mit der bestehenden Versassung und den historischen schweizerischen Ueberliesernngen in Einklang zu bring.^.n sind.

^,Mogen die Einen bedenken , dass in der Geschichte der Volker ein Stillstand nicht möglich ist, und die .^ch^ei^ als Staat der Kraft und Einheit bedarf; mogen die Andern nicht vergessen, dass aueh die Geschichte

ihre Berechtigung hat, und wir der freien Selbstthätigkeit des Einzelnen in nnserm demokratischen Volksftaate die edelsten Anregungen segensreichsten Wettkamps ^u verdanken haben.

und den

,,Es ist von Jhrem Bräsid..nten zu der gegenwärtigen Simung für ein Gesez die Priorität des ^t.inderatl.^s in Ansprn^ genommen worden, bei dessen Berathung Jhre Ansichten in oben angedeutetem ...^inne geheilt sein werden, für ein Ges.^, das wohl zu den wichtigsten und einkreisendsten gehort, das seit der neuen Bundesverfassung erlassen wurde: das Gesez über Ausscheidung der interkantonalen Kompetenzen in Riederlassungsverhältnissen.

,,Der Bundesrath hat hier aus auerkenn^nswerthe Weise die Jnitia.^ tive ergriffen, um durch den höchsten Entscheid ^er eidg. Räthe auf dem

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Wege der Gesezgebung eine Rorm festzustellen. sür jene Fälle, bis jezt vereinzelte Ent^.heide^ .n.gernsen werden mussten.

^ sur die

,,An Jhnen ist es nun, die vermiedenen Jnteressen so viel moglieh ^u vereinigen.

,,Ebeü^so wichtig als dieser Gesezesentwurs für die Stellung der Niedergelassenen ist der Beschluss betreffs der Handseuerwasfe folgenreich für unsere Milizarmee. Derselbe ist von der gewiss richtigen Jdee ausgegangen, dass Bund und Kantone für die Besehüzer unserer heiligsten Jnteressen au.h gewichtige Opfer nicht scheuen sollen. Der M.lizsoldat hat. ein Re.l..t, zu verlangen, dass der Staat, der ihn den feindlichen, gut bewaffneten Armeen gegenüberstellt, ihm auch die Mittel an die Hand g^be, mit Erfolg seiner schonen, aber schweren Bflicht Genüge leisten zu tonnen.

,,Wenn auch finanzielle Bedenken obwalten mogen; wenn auch unser Traktandenverzeichniss auf Aar- und Rhonekorrektion hinweist, bei denen ein grosser unglüklieher Theil des Schweizervolkes seine Blike ^ntranensund ^hoffnungsvoll zu den ^obersten Landesbehorden erhebt, so ist dennoch nicht zu übersehen, dass der Stolz des Sehweizervolkes darin besteht, für die Blüthe unseres Landes unsere jezige Mili^armee den ^seit Jahr^underten erprobten s eh w e i z e r i s eh e n S eh ü z e n r u s andern Rationen gegenüber zu erhalten und zu bewahren.

,,Die Finanzen des Bündes sollen nicht in Staatssehäzen anfgespeichert, sie sollen aber auch nicht in unfruchtbaren Versnchen und kleinlichten Ausgaben zersplittert werden. Wichtige geistige und materielle Juteressen, aus dere^. Befriedigung die Bessern des S..hweizervolkes seit Jahr^hnden harren , haben bis jezt noeh nicht die verdiente Berüksh.htignng gesunden.

,,Mit freudigem Erstaunen begrüsste das Schwei^ervolk die Erledignng der längst hängenden D a p p e n t h a l s r a g e auf unsrem Traktandenver^eichniss. Bei Jhnen steht es, reiflieh ^u prüsen, ob diese wichtige .^rage einer Gebietsbereinigung auch aus eine Weise gelost wurde, welche der Ehre und den Jnteressen des Schweizervolkes entspricht.

,, Schreiten wir zu nnsern Arbeiten mit dem Vorsaz,

dieselben mit

unparteiischer Brüfnng, Ausdauer und Arbeitsthätigkeit , wie es das Sehweizervolk von uns verlangt, zu Ende z... führen. ^

Jn Ersezung des Hrn. A l m e r a s , von Genf, ist als zweiter Stimmenzähler im Ständerath^ Herr Antonio B o . f ^ , von Lngano (Tessin), gewählt worden.

126 Mit Rote vom 27. September v. J. hat die nordamerikanische Gesandtschaft ein Zirkular des Generalpostmeisters der Vereinigten Staaten Nordamerika^ und des dortigen Staatssekretars vom 4. August 1862 mitgetheilt, welches verschiedene Vorschlage zur Vereinfachung und Verbessernng des Vostverkehrs zwischen Europa und Amerika enthalt , und zur ^Erzielung einer Verständigung die Abhaltung einer Konferenz von tüchtigen Fachmännern als Abgeordnete der betreffenden Verwaltungen aus einem dazu geeigneten europäischen Vlaze in Anregung bringt.

Hieraus hat der Bundesrath beschlossen, der gedachten Gesandtschast zu erwidern, die schweiz. Vostverwaltun^ sei bereit, an einer solchen Konsereni Theil zu nehmen, und sie erachte die gemachten Vorschläge zur .Einleitung einer bessern Regelung der beiderseitigen Vostverbindungen im Ganzen für geeignet.

Für die neuen Zollstätten an der grossh. badischen Bahn durch den Kanton Schaffhausen sind gewählt worden : a.

an die Zollstätte Erzingen.

Hr. Joh^ Georg G a s s e r , von Unterhallau, als Einnehmer ; ,, Jakob Stierlin, von Schaff-

hausen, als Gehilse.

b. an die Zollstätte im Bahnhos ...^chaffhausen : ..^r. Johannes Jta, von Stammheim, als Einnehmer , Hr. Rudolf B a s l e x , von Dorlikon (Zürich), als Kontroleur; ,. Leonhard Jsler, von Büblikon

(Aargau, als prov. Gehilfe.

....

an die Zollstätte Thingen (Bahnhof): Hr. Joh. Kaspar Bitl e t e r , von Männedors (Zürich), als Einnehmer.

Ferner sind als Vostkommis gewählt worden :

für Gens. Hr. Fredérie R o q u e t t e , von Gens.

,, Ste. Eroir. (Waadt): Hr. Louis Junod, von dort.

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. Als neugewählte Mitglieder beider Rathe sind erschienen.

.... im N a t i o n a l r a t h s Herr Staatsanwalt Dr. Heinrich Ho n egger, von Hinweil, in Zürich,

gewählt am 21. Dezember 1862 vom ll. eidg. Wahlkreise. an der Stelle des wegen Gesundheitsrüksiehten ausgetretenen Hrn.

Stadtmann in Wezikon.

eidg. Oberst Augusto F o g l i ardi, pou und in Melano (Tessin),

,,

gewählt am 28. Dezember l 862 im XL. Wahlkreise, in Ersezung des verstorbenen Hrn. Ramelli von Barbenzo.

h. im S t ä n d e r a t h s .

für Gens. Herr General Guillaume Henri D u s o u r , Grossrath, von und in Gens.

,, Charles-Marie F r i e d e r i c h , Grossrath, von und i..

Genf.

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Aus den Verhandlungen ......... Schweiz Bundesrathe.

(Vom 9. Januar l 863.)

Der Bundesrath hat dem zwischen dem Schweiz. Schulrathe und der sehweiz. Renteuanstalt in Zürich unterm l 3. Juni v. J. abgesehlossenen Vertrage über die Gründung einer Versieherungsstistnng sür die .Lehrersehast am eidg. Polytechnikum die Genehmigung ertheilt.

(Vom

l 2. Januar 1863.)

Das Komlte des allgemeinen schweif Kunstvereins in Zürich hat dem Bundesrath unterm l0. d. Mts. eine Vorstellung eingereicht, dal..in gehend, es mochten iu Klasse Vll des Zolltarifs ,,Gemälde mit und ohne Rahmen" und in Klasse Vl ,,Bildhauerarbeit" gestrichen, dagegen im Art. 5 des Zollgesezes, Ziffer 5 nach ., gemünztem Gold und Silber" die Worte hinzugefügt werden . ,,Gemälde mit oder ohne Rahmen und Bildhauerarbeit".

Der Bundesrath besehloss, dieses Gesuch den gesellenden Rätheu zu übermitteln.

BundesbIatt. Jahrg. XV. Bd. I.

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16.01.1863

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