#ST# N o 7

"

3

Bundesblatt 101. Jahrgang

Bern, den 17. Februar 1949

Band I

Erscheint wöchentlich Preis 98 Franken im Jahr, 15 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

# S T #

5571

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Vom 15. Februar 1949) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben bereits in der Botschaft des Bundesrates vom 21. Mai 1947 an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Flugzeugen auf die Notwendigkeit einer Luftwaffe im Rahmen unserer Landesverteidigung hingewiesen und dabei unsere besondern Verhältnisse kurz dargelegt. Wir verzichten deshalb hier auf eine Wiederholung.

Das seitherige und gegenwärtige politische Geschehen in der nähern und weitem Umgebung unseres Landes, die Gegensätze zwischen den Großstaaten und Mächtegruppen, sowie die überall zunehmenden Aufrüstungen sind Mahnung genug, auch unsere Wehrbereitschaft zu verstärken.

Wachsamkeit und Wehrwille allein genügen jedoch nicht, es sind dazu auch die geeigneten Kampfmittel notwendig. Die Luftwaffe bildet eines der wesentlichsten modernen Kampfmittel. Eine Armee ohne gut ausgerüstete Luftwaffe ist heute nicht mehr denkbar. Unsere Luftwaffe hat eine der Zweckbestimmung unserer Armee entsprechende Aufgabe zu erfüllen und vor allem unsern Erdtruppen Schutz und Unterstützung zu gewähren.

Die Stellung unserer Luftwaffe im Bahmen der Armee wurde seit Ende des Aktivdienstes schon des öftern in der Landesverteidigungskommission, im Bundesrat und den eidgenössischen Bäten erörtert. Anlass dazu gaben die Eingaben für die Erneuerung unseres Flugzeugparkes mit den damit verbundenen Fragen.

Über die uns heute notwendig erscheinenden Beschaffungen von Kampfflugzeugen gestatten wir uns, Ihnen mit nachstehenden Darlegungen zu be. richten und Antrag zu stellen.

Bundesblatt. 101. Jahrg.

Bd. I.

22

314

1. Notwendiger Bestand au Kampfflugzeugen Im Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Bericht de.s Generals wurde erwähnt, dass ein Bestand von mindestens 500 Kampfflugzeugen notwendig sei zur Erfüllung der Aufgaben, die unserer Luftwaffe im Eahmen der Landesverteidigung zufallen.

Die Landesverteidigungskommission hat in ihren bisherigen Beratungen die gleiche Anzahl Flugzeuge als notwendig erachtet, und es wurde in der Botschaft des Bundesrates vom 21. Mai 1947 an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Flugzeugen ebenfalls auf die Notwendigkeit eines Bestandes von mindestens 500 Kampfflugzeugen hingewiesen.

Dabei muss initberücksichtigt werden, dass bei den erwähnten Beständen von 500 Flugzeugen immer nur ungefähr zwei Drittel einsatzbereit sein können, während dauernd etwa ein Drittel der Flugzeuge infolge Instandstellung und technischen Kontrollen ausfällt.

Die Flugwaffe ist wohl eine teure Waffe, doch verzichtet deswegen keine Armee auf dieses Kampfmittel. Es kann im Gegenteil festgestellt werden, dass die Kampfflugzeugbestände anderer Länder im Verhältnis zur Stärke ihrer Armeen bedeutend grösser sind als dies bei unserer eigenen Luftwaffe der Fall ist. In Bezug auf diesen Vergleich und ganz besonders im. Hinblick auf die unsichere politische Lage sollte deshalb das Möglichste getan werden, um die Kampfkraft unserer Luftwaffe zu erhalten.

Es darf daran erinnert werden, dass vor Ende des Krieges Auftrag zur Beschaffung von 200 neuen Kampfflugzeugen erteilt worden ist, dass aber nach Kriegsende, als wieder die Möglichkeit bestund, leistungsfähigere Typen im Auslande zu beschaffen, die. bereits' begonnene Fabrikation eingestellt wurde.

Dadurch hat sich im Bestände unseres Flugzeugparkes eine bedeutende Lücke ergeben, die wieder geschlossen werden muss, wenn die Kampfkraft unserer Armee nicht eine wesentliche Schwächung erfahren soll.

Wohl wurde gernäss unserer Vorlage vom 21. Mai 1947 die Beschaffung von 75 Vampire-Flugzeugen von den eidgenössischen Bäten bewilligt. Die Herstellung erfordert jedoch viel Zeit, so dass diese Serie bisher noch nicht zur Ablieferung gelangen konnte, obschon die Lieferfristen voraussichtlich eingehalten werden. Inzwischen ist es auch gelungen, eine Anzahl amerikanischer Mustang-Flugzeuge zu beschaffen, die aber, weil sie nicht fabrikneu waren,
nur von beschränkter Lebensdauer sein werden. Damit konnte eine klaffende Lücke in unserem Flugzeugbestande wohl etwas ausgefüllt, der Bedarf bis zum Einsatz der Vampire-Flugzeuge jedoch noch nicht voll gedeckt werden.

Die nunmehr in Aussicht genommene Beschaffung von weiteren 100 Kampfflugzeugen sollte daher ohne Verzug in die Wege geleitet werden, da zufolge der langen Lieferfristen von fast vier Jahren die Lücke eher zunehmen wird.

:nr> 2. Ersatzplanung für Kampfflugzeuge Viele der heute noch im Dienst stehenden Kampfflugzeuge müssen wegen Abnutzung und Überalterung nach und nach durch leistungsfähigere Typen ersetzt werden. Ein zeitgerechter Ersatz der altern Plugzeugtypen durch neue und leistungsfähigere ist unumgänglich, um eine Angleichung an die Leistungen der Plugzeuge eines allfälligen Gegners zu erreichen. Insbesondere sind für den Nêutralitatsschutz und für reine Jagdaufgaben Flugzeuge mit Höchstleistungen in Bezug auf die Horizontal- und Steiggeschwindigkeiten erforderlich. Ohne diese Leistungen, die denjenigen der Plugzeuge eines Gegners ebenbürtig sein müssen, wäre eine wirksame Abwehr nicht möglich. Es ist dementsprechend notwendig, dass stets ein Teil unseres Flugzeugparkes mit solchen hochleistungsfähigen Kampfflugzeugen ausgerüstet ist. Für den Einsatz im Erdkampf, der für unsere Flugwaffe eine Hauptaufgabe darstellt, kommt als weiteres Erfordernis grosse Wendigkeit hinzu.

.

Bei den grossen Fortschritten, die im Flugzeugbau fortlaufend verzeichnet werden, ist festzustellen, dass durch Neuentwicklungen die Leistungen unaufhaltsam überboten werden. Die Flugzeuge erster Garnitur, die Jäger, werden daher in den ausländischen Luftwaffen schon nach einer kurzen Zeitdauer von ca. 4--6 Jahren durch, neueres Material ersetzt.

AVir tragen diesem Umstände dadurch Bechnung, dass wir die neuen Flugzeuge von Anfang an so ausrüsten, dass sie in don ersten Jahren als Hochleistungs-jagdflugzeuge und später immer noch für den Eingriff in den Erdkampf, allein oder durch moderne neue Jäger geschützt, verwendet werden können. Eine solche Planung ermöglicht, die Kampfflugzeuge während einer Zeitdauer von 10 Jahren als solche zu verwenden. Nach dem Ausscheiden aus dem Kampfflugzeugbestand werden die noch vorhandenen Flugzeuge, soweit taktisch und technisch noch zulässig, als Schul- und Trainingsflugzeuge weiterverwendet. Unerlässlich ist jedoch, dass ein stetiger Zuwachs erfolgt, damit wenigstens ein Teil des Kampfflugzeugbestandes als modern angesprochen werden kann.

.

Mit der Flugzeugbeschaffung auf Grund des Bundesbeschlusses vom 23. September 1947 haben wir begonnen, hochleistungsfähige Düsenflugzeuge einzuführen. Es handelte sich hierbei um den Ankauf einer Serie des bekannten und für unsere Verhältnisse ganz besonders
geeigneten englischen Flugzeugtyps «Vampire». Er besitzt neben grosser Geschwindigkeit und hohem Steigvermögen auch die Eigenschaft der Wendigkeit, was für den Einsatz in unsern Alpentälern und für den Erdkampf von sehr grosser Bedeutung ist.

In der erwähnten Vorlage wurde darauf hingewiesen, dass die Anlieferung von Kampfflugzeugen aus eigener Entwicklung noch längere Zeit nicht möglich sein werde und dass deshalb die Beschaffung einer weitern Serie im Ausland odor der Erwerb der Lizenz für einen modernen Düsenjäger und die Fabrikation solcher Flugzeuge in der Schweiz erwogen werden müsse.

316 Für die nun weiter notwendigen Beschaffungen haben wir den gleichen Typ «Vampire» vorgesehen. Es ist heute kein anderes baureifes Kampfflugzeug dor gleichen Venvendungsklasse vorhanden, das für uns erreichbar und besser geeignet wäre als der Vampire. Die weitere Beschaffung des gleichen Typs bietet ferner sehr erhebliche Vorteile bezüglich Führung, Wartung, Betriebszubehör und Lagerhaltung von Ersatzteilen. Lange Erprobung hat bewiesen, dass sich dieses Flugzeug für unsere Verhältnisse bestens eignet.

3. Beschaffung a. Flugzeuge Es dürfte sich heute nicht empfehlen, bei der Beschaffung von Kampfflugzeugen auf den direkten Ankauf in England abzustellen, da die Firma De Havillard mit Aufträgen für Vampire-Flugzeuge, insbesondere für den Zellen,bau, stark überlastet ist.

Demgegenüber ist festzustellen, dass unsere eigene Flugzeugindustrie zurzeit nur schwach beschäftigt ist. Ausser der Fabrikation einer geringen Anzahl Trainingsflugzeuge führen diese Unternehmen hauptsächlich nur Eevisionsarbeiten an den Flugzeugen der Fliegertruppe durch. Diese Sachlage wirkt sich immer nachteiliger auf den Bestand an Qualitätspersonal in unserem Flugzeugbau aus, indem viele von den besten Arbeitskräften bei andern Industriezweigen Beschäftigung suchen oder ins Ausland abwandern. Unsere Flugzeugindustrie ist deshalb sehr wohl in der Lage, den Zellenbau für die neue Serie von Vampire-Flugzeugen zu übernehmen und rechtzeitig durchzuführen.

Für den Lizenzbau der Triebwerke dagegen würden sich grosse Lieferfristen und erhebliche Mehrkosten ergeben. Wir nehmen, deshalb in Aussicht, diese bei der Firma De Havilland zu bestellen, die uns fristgemässe Lieferung in Aussicht gestellt hat.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen gestatten wir uns, Ihnen zu beantragen, es sei Kur Deckung des dringend notwendigen Ersatzes an Kampfflugzeugen eine Serie von 100 Flugzeugen des Typs Vampire im dargelegten Sinne zu beschaffen.

&. Betriebssubehör und Ergänzung des Korpsmaterials Die Einführung des Düsenflugzeuges auf breiterer Grundlage macht auch eine gewisse Umstellung in der Bodenorganisation notwendig.

Obwohl der Unterhalt und die Bereitstellung der Düsenflugzeuge gegenüber Flugzeugen mit Kolbenmotoren gleicher Leistung geringere Anforderungen stellen, sind auch für diese Hochleistungsflugzeuge umfassende Kontroll-
und Eevisionsvorschriften zu beachten.

An Bereitstellungsmaterial für die Fliegerkompagnien, Eekrutenschulen und die Betriebe der Direktion der Militärflugplätze sind entsprechende Aus-

317 rüstungen an Werkzeugen und Geräten zu beschaffen, damit ein reibungsloser Einsatz gewährleistet werden kann. Es handelt sich hierbei um Spezialwerkzeuge, Hebeböcke, Anlasser-Batteriewagen, sowie verschiedene Prüfeinrichtungen und Prüfstände. Daneben sind auch für die Ausbildung der Piloten und Pilotenschüler Demonstrationstafeln und besondere Betriebsgeräte vorzusehen. Im weitern sind das Korpsmaterial sowie die Ausrüstungen des fliegenden Personals zu ergänzen. Dieses Material kann teilweise in der Schweiz hergestellt werden.

c. Munition Zur Einsatzbereitschaft der Kampfflugzeuge gehört auch ein hinreichender Vorrat an Kriegsmunition.

Selbstverständlich wird die bisher bereitgestellte Munition von Flugzeugen, die zufolge Überalterung aus dem Kampfflugzeugbestand ausgeschieden werden müssen, soweit als möglich für die neuen Flugzeuge übernommen. Die in den neuen Flugzeugen nicht mehr verwendbare Munition wird andern Truppen zugeteilt.

Neu zu beschaffen sind Kontingente an Munition für die Flughzeugkannen sowie Raketengeschosse und schwerere Bomben.

Das Raketengeschoss ist als neues Kampfmittel zu betrachten, denn die raketenschiessenden Flugzeuge galten im vergangenen Kriege bekanntlich als die gefürchtetsten Panzerjäger. Die Einführung der Flugzeugrakete ist als Vermehrung der panzerbrechenden Waffen für uns von grosser Bedeutung.

Wir sind in der Lage, die gesamte Munition in der Schweiz zu beschaffen.

Wir beantragen Ihnen daher, mit der Beschaffung der Kampfflugzeuge gleichzeitig auch die dafür bestimmte Kriegsmunition zu bewilligen.

4. Gesamtkosten für Neubeschaffungen Für die vorstehend beantragten Neubeschaffungen sind, vorausgesetzt, dass die Bestellungen im Frühjahr 1949 aufgegeben werden können, folgende Mittel erforderlich: 1. 100 Flugzeuge Typ «Vampire», inkl. Eeserveteüe . . . Fr. 78800000 2. Betriebszubehör und Ergänzung des Korpsmaterials der Fliegertruppe » 10268500 3. Munition zu diesen Flugzeugen » 28 885 000 Total Fr. 107903500 oder 108 Millionen Franken.

Diese Beschaffungen erstrecken sich voraussichtlich auf die Jahre 1949 bis 1958; die jährlich nötig werdenden Kredite sind in die entsprechenden Voranschläge einzustellen, zusammen höchstens bis zum erwähnten Betrage von 108 Millionen Franken. Sie verteilen sich somit auf 4-5 Jahre.

318 Mit der Beschaffung dieser zweiten Serie von Vampire-Jagdflugzeugen darf mit Bücksicht auf die langen Lieferfristen nicht weiter zugewartet werden, wenn nicht eine gefährliche Lücke im Bestände unseres Flugzeugparkes eintreten soll.

Die Rücksicht auf die Geheimhaltungspflicht in Dingen der Landesverteidigung verbietet uns, in dieser Botschaft über weitere Einzelheiten Auskunft zu geben. Wir werden, wie schon bei der Vorlage über den Wiederaufbau der Festung Dailly, den parlamentarischen Kommissionen die weiteren notwendigen Aufklärungen durch einen besonderen Bericht übermitteln.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Horr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. Februar 1949.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : E. Nobs Der Bundeskanzler: Leimgruber

319 (Entwurf)

Bundesbeschluss über die

Beschaffung von Flugzeugen

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 15. Februar 1949, beschliesst: Art. l

Dem Bundesrat werden Materialbeschaffungen in folgendem Umfange bewilligt : a. 100 Kampfflugzeuge, mit Ersatzteilen, durch teilweisen Lizenzbau in der Schweiz, b. Betriebszubehör und Ergänzung des Korpsmaterials der Fliegertruppe c. Munition für die vorgenannten Flugzeuge, im Gesamtbeträge von 108 Millionen Franken.

Art. 2

Der jährliche Kreditbedarf ist von 1950 an in den ordentlichen Voranschlägen einzustellen. Die im Jahre 1949 noch benötigten Mittel sind in die Nachtragskredite aufzunehmen.

Art. 3 Dieser Beschluss tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sofort in Kraft. Der Bundesrat wird mit seinem "Vollzug beauftragt.

8416

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschaffung von Kampfflugzeugen (Vom 15. Februar 1949)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1949

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

07

Cahier Numero Geschäftsnummer

5571

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

17.02.1949

Date Data Seite

313-319

Page Pagina Ref. No

10 036 536

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.