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H. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungegesuche (Junisession 1949) (Vom 18. Mai 1949)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

"Wir beehren uns, Ihnen unter Vorlage der Akten über weitere 45 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

Gemäss Artikel 266 StGB sind wegen Angriffs auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft verurteilt worden (62--64) : 62. Fritz Weilenmann, 1917, Dr. phil., zurzeit in Strafhaft in der kantonalen Strafanstalt in Eegensdorf (Zürich), verurteilt am 20. Dezember 1947 vom Bundesstrafgericht in Sachen Eiedweg und Mitangeklagte zu 6 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung von 629 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft, und zu 5 Jahren Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit, wegen Angriffes auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft und Vorschubleistens zu fremdem Militärdienst.

.

' Dem Urteil entnehmen wir (Seiten 127, 128 und 170) : Weilenmann unterstützte als Mitglied des Bundes der Schweizer in Grossdeutschland (BSG) bewusst und gewollt die Bestrebungen dieser Vereinigung und des SS-Hauptamtes, dem Nationalsozialismus in der Schweiz zur Macht zu verhelfen und unser Land auf die von Hitler zu bestimmende Weise in ein von Deutschland geführtes Grossgermanisches Beich einzugliedern. Im BSG trat er in verschiedenen Bannschaften als Eedner auf, besuchte einen Schulungskurs und sprach dort über die Grossraumwirtschaft, bestand den ersten Sonderlehrgang, leistete den Eid auf Hitler und beteiligte sich an der Herausgabe der «Bundschreiben». In der Germanischen SS sodann war er an führender Stelle. Als Schweizerrefereiit beim Führungsstab der Germanischen SS hatte er wesent-

1006 liehen Anteil an der Organisation, Ausbildung und Führung der Schweizer Sturmbanne, befasste sich mit der Gründung einer «Gesellschaft der Freunde der Germanischen SS Schweiz» und erstattete dem SS-Hauptamt Bericht über die Tätigkeit der «Germanischen SS Schweiz». Es wurde ihm ferner seine Zusammenarbeit mit Benz, den er als Schweizerreferent der Amtsgruppe D vertrat, und die in dessen Auftrag verfassten «Vertraulichen Mitteilungen» an die Schweizeroffiziere der Waffen SS, seme Bemühungen um die Beorganisation des «Oberdeutschen Arbeitsbüros», sowie die Teilnahme an der Konferenz vom August 1944, an welcher auf die Zusammenlegung der nationalsozialistischen Schweizerbünde in Deutschland hingearbeitet wurde, zur Last gelegt.

Strafmildernd wurde vom Gericht die Abstammung von einer deutschen Mutter und sein langfristiger Aufenthalt im Ausland berücksichtigt. Ebenso seine Sühnebereitschaft und die eingehende Auskunftserteilung in der Untersuchung.

Weilenmann hat am 30. März 1949 die Hälfte seiner Strafe verbüsst; die bedingte Entlassung ist frühestens am 30. März 1950 möglich. Der Verurteilte ersucht um Erlass eines Teiles der bis zu seiner bedingten Entlassung noch zu verbüssenden Strafe. Er beruft sich dabei auf den Hinweis in der Urteilsbegründung, dass er nicht den Eindruck eines Mannes erwecke, der an seinen einseitigen politischen Idealen festhalte und in gleicher Lage wieder gleich handeln würde. Er bekräftigt diese Feststellung des Bundesstrafgerichts und gelobt, in Zukunft der Heimat in jeder Lage unbedingte Treue zu wahren und für sie einzustehen. Er bemühe sich auch, während der Strafhaft nach besten Kräften die ihm wegen seiner langen Auslandsjahre fremden schweizerischen Verhältnisse kennenzulernen, um ihnen in jeder Beziehung gerecht zu werden. Er ersucht sodann zu berücksichtigen, dass er nun bald 5 Jahre von seiner in Belgien weilenden Frau und seinem Kinde getrennt sei, die somit nicht einmal vom Besuchsrecht Gebrauch machen könnten, und die unter seiner Haft viel mehr litten als er selbst, der für seine Taten busse.

Das Gesuch wird von seinem Vormund unterstützt.

Die Beamtenkonferenz der Strafanstalt Begensdorf äussert sich mit einem Führungsbericht vom 10. Januar 1949, auf den wir verweisen. Die Direktion der Justiz des Kantons Zürich führt in ihrer Stellungnahme aus,
dass wohl Umstände, wie u. a. die Landesabwesenheit seit dem 11. Lebensjahre, vorliegen, die für den Gesuchsteller sprechen, dass diese aber entweder bereits vom Gericht berücksichtigt worden sind oder aber -- wie die bewiesene Einsicht, die Sühnebereitschaft und das Wohlverhalten im Strafvollzug -- massgebende Voraussetzungen für die bedingte Entlassung und keine Begnadigungsgründe darstellen.

Die Begnadiguugsbehörde hat bereits in früheren Begnadigungsgesuchen in Landesverratssachen, in Übereinstimmung mit den Anträgen des Bundesrates, äusserste Zurückhaltung geübt. Ein Gnadenakt gegenüber einem wegen Angriffes auf die Unabhängigkeit der Schweiz Verurteilten könnte jedenfalls nur bei Vorliegen ganz äusserordentlicher Umstände verantwortet werden.

1007 Solche Umstände liegen hier aber nicht vor. Was Weilenmann in seinem Gesuch geltend macht, ist, wie er durch den Hinweis auf die Urteilsbegründung selbst dartut, bereits vom Bundesstrafgericht in Rechnung gestellt worden oder bildet, wie die geltend gemachte Trennung von Frau und Kind, eine natürliche Folge der Verbüssung jeder Freiheitsstrafe. Wir sind deshalb mit der Direktion der Justiz des Kantons Zürich der Meinung, dass der Gesuchsteller sich mit der Aussicht auf die bedingte Entlassung nach Ablauf von zwei Dritteln der Strafzeit begnügen muss und beantragen die Gesuchsabweisung.

68. Ernst Eichenberger, 1907, Kaufmann, Strengelbach (Aargau), zurzeit in der Strafanstalt Lenzburg, verurteilt am. 7. Mai 1948 vom Bundesstrafgericht in Sachen Burri und Mitangeklagte zu zwei Jahren Gefängnis, unter Anrechnung von 19 Tagen Sicherheitshaft.

Dem Urteil entnehmen wir (Seiten 122/123, 241) : Eichenberger trat im Sommer 1941 anlässlich der Gründungsversammlung der Ortsgruppe Elbing dem «Bund der Schweizer in Grossdeutschland» (B S G) bei und liess sich zum Ortsgruppenleiter ernennen. Er wusste, dass diese Organisation auf die Machtergreifung der Nationalsozialisten in der Schweiz mit Hilfe Deutschlands hinarbeitete. Er billigte dieses Ziel. Im Nationalsozialistischen Schweizerbund stand er dem Gebietsleiter Bodmer zur Seite und kam auch in enge Berührung mit der Bundesleitung. Erschwerend wurde seine Bildung gewertet und festgestellt, er habe die Schweiz nicht ausschliesslich aus politischer Überzeugung, sondern weitgehend auch aus wirtschaftlichen Überlegungen verraten. Einen besonders offenen Eindruck mache er nicht. Gemindert werde seine Schuld dadurch, dass er im Osten Deutschlands aufgewachsen sei, eine deutsche Mutter habe und mit den Verhältnissen in der Schweiz nicht vertraut gewesen sei.

Durch einen Bechtsanwalt ersucht Eichenberger um Begnadigung, eventuell im Sinne der Zubilligung des bedingten Strafvollzuges. Er weist auf die ihm seinerzeit wegen seiner schweizerischen Staatsbürgerschaft von den Deutschen bereiteten wirtschaftlichen Schwierigkeiten hin, die ihn schliesshch bewegen hätten, einem deutschlandfreundlichen Schweizerbund beizutreten. Er ersucht ferner Rücksicht zu nehmen auf seine Ehefrau und seine 4 schulpflichtigen Kinder, die während der Strafhaft ganz auf sich selbst
gestellt seien und der Heimatgemeinde zur Last fallen würden. Seine Ehefrau sei seit der Flucht aus Deutschland ohnehin kränklich, und es müsse mit einer Verschlimmerung ihres Zustandes gerechnet werden, falls er die Strafe verbüssen müsse. Er ersucht zu berücksichtigen, dass er fern von der Heimat in Deutschland geboren und aufgewachsen sei und die Gefahren, denen die Schweiz ausgesetzt gewesen sei, nicht oder doch nicht in ihrer vollen Tragweite erkennen konnte. Seit seiner Wohnsitznahme in der Schweiz habe er sich wohlverhalten.

Der Rechtsvertreter regt an, die Begnadigungskommission möge ausnahmsweise den Gesuchsteller zu einer persönlichen Befragung vorladen, um einen persönlichen Eindruck zu gewinnen, ob dieser eines Gnadenaktes würdig sei.

1008 Das Gesuch Eichenbergers wurde der Begnadigungskommission bereits anlässlich ihrer Sitzung vom 18. November 1948 vorgelegt. Da ^er die Strafe in jenem Zeitpunkt noch nicht angetreten hatte und auch die Stellungnahme des Vollzugskantons noch nicht hatte eingeholt werden können, stimmte die Kommission, unter ausdrücklicher Ablehnung der Verschiebung des Strafaritritts, einhellig dem Antrag der Bundesanwaltschaft Jüu, die Behandlung des Gesuches auf die Junisession 1949 zu verschieben. Eichenberger hat.seine Strafe inzwischen am 18. Dezember 1948 angetreten.

Die Justizdirektion des Kantons Aargau äussert sich mit Bericht vom 9. Februar 1949 aus grundsätzlichen Erwägungen in ablehnendem Sinne zum vorliegenden Gesuch. Im beigelegten Führungsbericht der Strafanstalt Lenzburg glaubt die Anstaltsleitung ein Entgegenkommen empfehlen zu können, möchte sich aber über den Umfang eines eventuellen Gnadenerlasses nicht äussern.

Das Bundesstrafgericht stellt im Urteil fest, dass Eichen-berger durch seine initiative und rege Tätigkeit stark belastet sei. Wenn es trotzdem ein gegenüber dem Antrag des Anklagevertreters bedeutend milderes Strafmass zur Anwendung brachte -- zwei Jahre Gefängnis gegenüber sechs Jahren Zuchthaus --, so hat es die bestehenden, im Gesuch erneut geltend gemachten Milderungsgründe in weitgehendem Masse berücksichtigt. Weiter zu gehen, ist unseres Erachtens sowohl avis Gründen der Rechtsgleichheit gegenüber den übrigen Angeklagten, wie auch deshalb ausgeschlossen, weil die Begnadigungsbehörde die Überprüfung des Urteils -- denn nichts anderes wird mit dem Neuaufwerfen der Verschuldensfrage verlangt -- überhaupt ablehnt. Wenn die Familie Eichenberger unter seiner Abwesenheit möglicherweise zu leiden haben wird, hat er sich dies als Folge seiner intensiven und gefährlichen, gegen die Schweiz gerichteten 'Wühlereien selbst zuzuschreiben. Dass er sein Gnadengesuch noch vor Antritt der Strafe hat einreichen lassen, lässt ferner ernste Zweifel aufkommen über eine tiefgehende Einsicht in die Schwere seiner Verfehlungen.

Gestützt auf die Urteilserwägungen und die Stellungnahme, des Justizdepartementes des Kantons Aargau b e a n t r a g e n wir die Gesuchsabweisung mit dem Hinweis, dass auch für Eichenberger, nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe, d. h. auf Ende März 1930, die Möglichkeit
der bedingten Entlassung gemäss Artikel 88 StGB besteht.

64. Siegfried Wildi, 1877, Dr. phil., Fabrikant, Graz (Österreich), in contumaciam vorurteilt am 7. Mai 1948 vom Bundesstrafgericht i. S. Burri und Mitangeklagte zu einem Jahr Gefängnis, weil er im September 1941 dem Nationalsozialistischen Schweizerbund (NSSB) beigetreten war und sich von Burri zum Leiter des Gebietes Südmark-Graz ernennen h'ess. Diese Funktion behielt er bis zum Frühjahr 1945. Er nahm an 2 Gebietsleitertagungen teil und unterzeichnete die an der Tagung vom 16. September 1944 in Wien gefasste Eesolution, worin die Bundesleitung und die Gebietsleiter des NSSB ihr Treuebekenntnis zu Adolf Hitler erneuerten und sich als «schweizerische

1009 Staatsangehörige deutschen Blutes zum deutschen Volks turn» bekannten.

Wildi wusste, wie das Bundesstral'gericht feststellt, um die Ziele, die Burri mit dem NSSB verfolgte, und billigte sie. Erschwerend wurde seine Bildung und soziale Stellung, strafmildernd dagegen sein hohes Alter gewertet (Urteil Seiten 113/114 und 240).

Wildi ersucht von Graz aus um Begnadigung. Er weist darauf hin, dass er im ersten Weltkrieg schweren wirtschaftlichen Schaden erlitten habe. Als dann im zweiten Weltkrieg die Untersteiermark an Deutschland fiel, habe sich die Möglichkeit eröffnet, wiederum zu seinem Eigentum zu kommen. Er habe sich deshalb mit den Deutschen gut stellen müssen. Als man ihn zum Beitritt zum NSSB aufgefordert habe, sei er deshalb begreiflicherweise nicht in der Lage gewesen, dies zurückzuweisen, wenn er sich nicht jede Möglichkeit der Bückerstattung seines Eigentums habe verderben wollen. Einmal beigetreten, habe er keine Möglichkeit mehr gehabt, den NSSB wieder zu verlassen, wenn er sich nicht habe schweren Gefahren aussetzen wollen. Es sei für ihn hart, sich am Schlüsse seines Lebens als Vaterlandsverräter betrachtet zu wissen, nachdem er es doch, wenn auch in Unkenntnis der wirklichen Zusammenhänge, im Grunde nur gut gemeint habe.

Wildi ist zur Hauptverhandlung nicht erschienen, obschon ihm der Termin bekannt war. Auch jetzt zieht er es vor, sein Gnadengesuch aus dem Ausland zu stellen, statt heimzukehren und nach dem Strafantritt um Gnade nachzusuchen. Durch sein Fernbleiben konnte er den Widerwärtigkeiten einer Strafuntersuchung, einer Untersuchungshaft und einer Verhandlung vor Gericht entgehen und glaubt, sich nun auf dem Wege der Begnadigung auch seiner Strafe entledigen zu können.

Der Gesuchsteller bringt als Begründung nur Tatsachen vor, die bereits dem Gericht bekannt waren. Sowohl auf sein Alter wie auch auf seine geschäftlichen Verluste wurde im Urteil Bezug genommen. Hinsichtlich der letzteren wies das Bundesstrafgericht darauf hin, der geltend gemachte Vermögensverlust möge erklären, dass Wildi den Wiederaufstieg Deutsehlands wünschte, nicht aber, dass er sein Vaterland verriet, das für den Verlust nicht verantwortlich sei.

Die Überprüfung des Urteils, die Wildi offensichtlich anstrebt, ist im Gnadenweg nicht möglich. Das Bundesstrafgericht hat die Strafen der Angeklagten
nach ihrem Verschulden abgestimmt, und die Begnadigung des einen müsste eine Benachteiligung der übrigen darstellen, insbesondere wenn es sich um einen Verurteilten handelt, der sich im sicheren Ausland befindet und sich bisher um alle Folgen seiner laiidesverräterischen Tätigkeit gedrückt hat. Ausserdem hat die Begnadigungsbehörde seit jeher Gesuchsteller, die vom Ausland her um Erlass von Freiheitsstrafen nachsuchten, abgewiesen. Wir halten dafür, dass im vorliegenden Fall jegliche Voraussetzung für einen Gnadenakt fehlt und beantragen die Gesuchsabweisung.

Bundesbktt. 101. Jahrg. Bd. I.

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1010 Gemäss Bundesgesetz vom 1. Oktober 1925 über das Zollwesen sind bestraft worden (65--106): 65. Ugo Silva, 1920, italienischer Staatsangehöriger, Juwelenhändler, Como (Italien), verurteilt durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanzund Zolldepartementes vom 26. März 1949 zu Bussen von Fr. 6862.50 und Pr. 192 898.13, je unter Nachlass eines Viertels wegen nachträglicher Unterziehung, weil er im Jahre 1947 1500 Goldstücke im Wert von Pr. 45 750 von Italien in die Schweiz schmuggelte und im Jahre 1946 insgesamt 69 kg Gold in Barren im Werte von Fr. 842 920 illegal aus der Schweiz nach Italien schob.

. Die Strafverfügungen sind im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Berichtes noch nicht rechtskräftig, doch hat der Verteidiger des Silva die Erklärung abgegeben, dass vom Beschwerderecht kein Gebrauch gemacht werde. Die Zollverwaltung als Vollzugsbehörde wird nach Eintritt der Bechtskraft beim Richter sofort die Umwandlung der beiden Bussen in 6 Monate Haft verlangen, zurzeit befindet sich der Verurteilte in Lugano in Haft, da er die von ihm als Ausländer mit Wohnsitz im Ausland geforderte Sicherstellung nicht geleistet hat (Art. 90, Abs. 2, Ziff. 2, des Zollgesetzes).

Durch seinen Verteidiger ersucht Silva um Erlass der noch zu verbüssenden Haftstrafe, wozu er geltend macht, er sei kaum mehr länger in der Lage, die Strafhaft auszustehen. Angesichts seines Gesundheitszustandes (Angina pectoris, Beinamputation) bestehe die Gefahr schwerer Krisen und Störungen nervöser Art, die seine Widerstandskraft völlig brechen könnton. Finanziell sei er nicht so gestellt, dass er die Bussen bezahlen könnte. Er sei bloss Angestellter im Geschäft seiner Mutter, und ausserdem sei das Juwelengeschäft in Italien zurzeit flau. -- Dem Gesuch sei aufschiebende Wirkung zu gewähren, und die sofortige provisorische Haftentlassung zu verfügen.

Der Bundesanwalt hat dem Gesuch gestützt auf Artikel 818 BStrP die aufschiebende Wirkung versagt, da die Begründung der Stichhaltigkeit entbehrt und zudem keine Gewähr dafür besteht, dass der im Ausland wohnhafte Gesuchsteller sich freiwillig der Verbüssung der Beststrafe unterziehen würde.

Sollte die Begnadigungsbehörde wider Erwarten und entgegen ihrer bisherigen Praxis ein Entgegenkommen in Erwägung ziehen, so bleibt ihr von der nächsten Sitzung der Begnadiguiigskommissioni
bzw. von der Junisession hinweg immer noch ein Spielraum für .einen allfälligen Gnadenakt. Die Verbüssung der 6monatigen Umwandlungshaft fällt auf den 14. Juli.

Den Erhebungen der Zollverwaltung zufolge sind die Gesuchsvorbringen unzutreffend. Nach dem Bericht des Amtsarztes von Lugano ist Silva hafterstehungsfähig. Seine Beinamputation liegt 12 Jahre zurück und ist nicht als Leiden zu bewerten, und von einer Angina pectoris fehlt jede Spur, Die Familie des Gesuchstellers wird als reich bezeichnet. Sofern ihr daran gelegen wäre, könnte sie offenbar die Busse von :Fr. 6862.50 ohne weiteres bezahlen (die andere Busse ist durch die bisher ausgestandene Haft bereits getilgt).

Nach dem Bericht der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 29. April 1949

1011 scheinen es aber die Angehörigen des: Gesuchstellers gar nicht ungern zu sehen, dass ihm eine Lektion erteilt wird. Nach unserem Dafürhalten besteht, da Kommiserationsgründe fehlen, keine Veranlassung, diesem gutgestellten Ausländer, der unsere Zollvorschriften aus reiner Gewinnsucht fortgesetzt verletzt hat, irgendein Entgegenkommen zu zeigen, Wir beantragen deshalb mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung. .

66. Emil Remund, 1922, gew. Grenzwächter, Leimbach (Thurgau), durch Strafverfügungen des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 5. Juni 1948 wie folgt verurteilt: a. zu Fr. 20 408.42 Busse wegen widerrechtlicher Einfuhr von zwei.Automobilen, für die er fingierte Zollquittungen ausstellte, sowie wegen Einfuhrschmuggels von 133 kg Plättchen aus Spezialstahl : .0. zu Fr. 2882 Busse, weil ergestützt auf einen gefälschten Freipass ein Motorrad zollfrei einführte; c, zu Fr. 13 100 Busse, weil er für drei Personenautomobile, die mit provisorischer Eintrittskarte eingeführt worden waren, wahrheitswidrig die Wiederausfuhr bescheinigte; d, zu Fr. 586 Busse wegen widerrechtlicher Einfuhr von 8 Paketen chirurgischer Instrumente und Numerierwerke; e, zu Fr. 209.80 Busse wegen widerrechtlicher Einfuhr von Textilwaren, eines Motorradpneus, eines Feldstechers, eines Zielfernrohrs und einer Handharmonika ; /. zu Fr. 46.66 Busse wegen Übernahme eines Feldstechers, von dem er wusste, dass er widerrechtlich in die Schweiz eingeführt worden war; g. zu Fr. 330 Busse wegen widerrechtlicher Ausfuhr von Bauch- und Textilwaren sowie von Lebensmitteln.

Aus dem Erlös verwerteter Zollpfänder wurde ihm ein Betrag von Fr. 2884 an die Bussen angerechnet/so dass heute noch total Fr, 34 650.56 ausstehen.

Eemund war während der Jahre 1941 · 1947 Angehöriger des eidgenössischen Grenzwachtkorps. In dieser Stellung hat er seit 1945 die oben beschriebenen Widerhandlungen begangen. Vom Kantonsgericht Schaffhausen wurde er wegen Urkundenfälschung, passiver Bestechung, Nichtbefolgung von Dienstvorschriften und Widerhandlung gegen die Bestimmungen des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer zu 2% Jahren Zuchthaus, Fr. 200 Busse und Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit, sowie zum Ausschluss aus dem Heer verurteilt. Gegen dieses Urteil hat Remund appelliert,
das oberinstanzliche Urteil steht noch aus. Aus dem Zolldienst ist der Verurteilte disziplinarisch entlassen worden.

Remund- ersucht um Herabsetzung der Totalbussensumme auf einen einem Zehntel entsprechenden Betrag von Fr. 3770 und Einräumung einer Zahlungsfrist von 6 Jahren. Er beklagt sich dabei namentlich, er sei bei der

1012 Anrechnung des Verwertungserlöses benachteiligt und wegen Verzögerung der Versteigerung der Stahlplättchen bis zum Rückgang der Nachfrage finanziell geschädigt worden. Für seine Schmugglerdienste habe er nur Fr. 1500 und ein Motorrad erhalten, und letzteres sei noch zugunsten des Staates eingezogen worden. Durch Angebot einer Pauschalsumme von Fr. 5000 habe er die Sache erledigen wollen; es sei aber darauf nicht eingetreten worden. Die weiteren Ausführungen Eemunds stellen eine Polemik gegen den Zollfahndungsdienst dar.

Die Prüfung der Akten ergibt, dass die Zollorgane das Verfahren gegen Remund korrekt durchgeführt haben. Es kann keine Rede davon sein, dass dieser irgendwie benachteiligt oder gar finanziell geschädigt worden wäre.

Namentlich konnte, was die Stahlplättchen anbetrifft, ein Verkauf oder die Versteigerung nicht erfolgen, bevor die Strafverfügungen rechtskräftig waren.

Dass für die Ware in diesem Zeitpunkt möglicherweise weniger geboten wurde als zur Zeit der Beschlagnahme, ist möglich, kann jedoch den Zollorganeii nicht zum Vorwurf gemacht werden. Übrigens waren die Plättchen Eigentum Dritter. Die beanstandete Konfiskation des Motorrades erfolgte durch das Gericht und berührt die Zollsache nicht. Dass auf das Angebot einer Pauschalentschädigung nicht eingetreten werden konnte, sollte Remund als gewesener Grenzwächter, der sich in seinem Gesuche vermisst, den Zollbehörden nicht korrekte Anwendung der einschlägigen Vorschriften vorzuwerfen, selbst wissen.

Es bedarf im übrigen keiner weiteren Erörterungen darüber, ob Eemund gegenüber ein Gnadenakt in Erwägung gezogen werden könne. Angesichts seiner erschreckenden Skrupellosigkeit, des Fehlens jeder Einsicht und Reue, sowie der im Gesuch zum Ausdruck kommenden Anraassung ist er jedes Entgegenkommens unwürdig. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion entschieden die Gesuchsabweisung.

67. Johann Oesch, 1915, Kaufmann, Balgach (St. Gallen), durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 6. September 1948 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch, fortgesetzt begangen in den Jahren 1947 und 1948, zu Fr. 30 345 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Oesch hat Schmugglern Saccharin im Werte von Fr. 60 890 zur illegalen Ausfuhr nach Österreich geliefert;
einen wesentlichen Teil der Ware hat er den Bezügern an einen vorher bestimmten Ort nahe der Grenze überbracht, der Rest wurde in seinem Geschäft abgeholt.

Seine Beschwerde gegen diese Straf Verfügung hat der Bundesrat am 23. Dezember 1948 abgewiesen, worauf der Verurteilte ein Gnadengesuch einreichte.

Oesch ersucht durch einen Eechtsanwalt um Erlass der Busse, die zu seiner finanziellen Lage in gar keinem Verhältnis stehe. Deren Zahlung würde ihm jedes Vorwärtskommen verunmöglichen. Er habe für eine Familie mit 3 Kindern aufzukommen und sei selbst leidend. Im übrigen ergeht er sich in Kritik gegen die Strafpraxis der Zollverwaltung.

Die ganze Gesuchsbegründung geht darauf aus, die vom Bundesrat bestätigte Strafverfügung einer nochmaligen Überprüfung unterziehen zu lassen,

1013 waä jedoch hier nicht möglich ist. Andere Gründe macht er nicht geltend.

Irgendeine Verschlechterung seiner Läge ist seit dem Urteil nicht eingetreten und wird auch nicht geltend gemacht. Zu Unrecht weist Oesch heute klagend auf die Folgen hin, die seine Bestrafung für seine Familie haben werde ; er hätte vorher daran denken müssen. Bezeichnend für die Mentalität des Gesuchstellers, der zugegebenermassen aus Gewinnsucht gehandelt hat, ist auch die Tatsache, dass er, ohne sich irgendwie um die Bezahlung der Busse bekümmert zu haben, nach Eröffnung des Beschwerdeentscheides ein Begnadigungsgesuch eingereicht hat. Ausserdem weisen die Zollbehörden darauf hin, Oesch habe seine Liegenschaft am 11. Januar 1949 an seine mit ihm in Gütertrennung lebende Ehefrau verkauft, in der offensichtlichen Absicht, vorhandene Vermögenswerte dem Zugriff der Vollzugsbehörde zu entziehen.

Da Oesch keine Begnadigungsgründe vorbringt und angesichts der Schwere seiner Verfehlungen und seines Verhaltens eines Entgegenkommens ohnehin wenig würdig erscheint, b e a n t r a g e n wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

68. Luigi Crivelli, 1928, Chauffeur, Caskno (Tessin), durch Strafvorfügungon der eidgenössischen Oberzolldirektion wie folgt verurteilt: a. am 21. Dezember 1945 wegen Ausfuhrbannbruchs mit Eohkaffee, zusammen mit einem Mitangeklagten zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 1080, umgewandelt am 22. September 1947 in 54 Tage Haft; b. am 21. Dezember 1945 wegen Einfuhrbannbruchs mit Kleidungsstücken, Wild und Geflügel, zusammen mit einem Dritten zu einer gemeinsamen Busse von Fr. 2400, umgewandelt am 27. September 1947 in 90 Tage Haft; c. am 21. Februar 1946 wegen Zollübertretung und Einfuhrbannbruchs mit Salami, Geflügel und Wild zu Fr. 1020 Busse, umgewandelt am 22. September 1947 in 90 Tage Haft; d. am 21. Februar 1946 wegen Ausfuhrbannbruchs mit Eohkaffee und Zigaretten zu Fr. 320 Busse, umgewandelt am 22. September 1947 in 82 Tage Haft; e. am 24. Januar 1947 wegen Einfuhrschrnuggels mit Fellen und Generatoren zu Fr. 1270.71 Busse, umgewandelt am 22. September 1947, nach Anrechnung eines Verwertungserlöses von Fr. 931.10, in 34 Tage Haft ; /. am 2. Juni 1947 wegen Einfuhrbannbruchs mit Salami zu Fr. 820 Busse, umgewandelt am G.August 1948 in 82 Tage Haft; g. am 14. Juli 1947 wegen
illegaler Einfuhr von Eeis zu Fr. 680 Busse, umgewandelt am 22. September 1947 in 68 Tage Haft; h. am 16. Oktober 1947 wegen Zollubertretung und Einfuhrbannbruchs mit Baumwollsammet und Seidengewebe zu Fr. 6000 Busse, umgewandelt am 28. September 1948 in 3 Monate Haft und i. am 16. Oktober 1947 wegen Ausfuhrbannbruchs mit Autopneus und Luftreifen zu Fr. 9160 Busso, umgewandelt am 28. September 1948 in 3 Monate Haft.

1014 'Nachdem alle Bussen in total 625 Tage Haft umgewandelt waren, hat.

Crivelli sich erboten, durch eine einmalige Leistung von Fr, 10 000 seine gesamten Verpflichtungen aus diesen Strafverfügungen (total Fr. 20 029.61) zu tilgen. Dieses Angebot wurde von der eidgenössischen Oberzolldirektion abgelehnt. Unter Hinweis auf dieses Angebot und die Verständnislosigkeit der Zollbehörden ersucht der Verurteilte durch einen Eechtsanwalt um Begnadigung. Er sei durch umstände, die stärker gewesen seien als er. zum Schmuggel gezwungen worden. Bald werde er Vater eines zweiten Kindes sein, und es könne ihm nicht zugemutet werden, die Ehefrau und das Kind im ersten Jahr im Stiche zu lassen, um eine Strafe abzusitzen, die er lediglich aus Mangel an Geld, also ohne eigenes Verschulden auf sich gezogen habe. Es sei ihm zu bewilligen, die gesamten Verpflichtungen aus diesen Urteilen durch Zahlung von Fr. 10 000 zu tilgen. Dem Gesuch sei aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Die Bundesanwaltschaft hat dem Gesuch mit Verfügung vom 1. April 1949 gestützt auf Artikel 318 BStrP die aufschiebende Wirkung verweigert. Crivelli wird als arbeitsscheues Element geschildert; er betreibe den Schmuggel seit Jahren gewerbsmässig. Bereits 1945 inusste er fünfmal gebüsst worden; er hat auch im Jahre 1948 dieses Gewerbe forfgesetzt, was zur Ausfällung von drei weiteren hohen Bussen führte. Zurzeit laufen wiederum zwei Strafuntersuchungen wegen Einfuhr- und Aüsfuhrschmuggels. Wir erachten Crivelli j edes Entgegenkommens als unwürdig und b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

69. Samuel Félix, 1897, Landwirt,' Plan-les-Ouates (Genf), verurteilt durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartomentes vom 21. August 1946 zu Fr. 8974,17 wegen Ausfuhrbannbruchs mit Uhren, Goldstücken und Jagdpatronen im Werte von Fr. 53 845, sowie durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 20. August 1946 zu Fr. 4570 wegen Einfuhrbannbruchs und Zollübertretung mit Marderfellen, Lebensmitteln und Bauchwaren im Werte von Fr. 4570, Für beide Bussen konnte ihm wegen vorbehaltloser Unterziehung ein Drittel nachgelassen werden.

Die gegen die Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom Bundesrat am 3. Mai 1947 letztinstanzlich abgewiesen. Der Verurteilte hat diese
Übertretungen im kleinen Grenzverkehr begangen, als er selbst noch in Frankreich als Landwirt tätig war.

· Felix ersucht durch einen B-echtsanwalt um Erlass des Bussenrestes, wozu er auf die Unmöglichkeit hinweist, weitere Zahlungen zu leisten.

Nach dem Bericht der Zolldirektion Genf lebt der Gesuchsteller in sehr bescheidenen .Verhältnissen. Mit seinem kargen Einkommen muss.er für die Ehefrau und 4 Kinder aufkommen. 2 weitere Kinder sind erwachsen, ohne ihm indessen finanziell beistehen zu können. Um den ihm aus diesen Strafverfügungen entstandenen. Verpflichtungen nachkommen zu können, arbeitete er nach seiner Eückkehr in die Schweiz neben seiner Stelle als Fabrikarbeiter in Nachtschicht in einer Garage. Seine Gesundheit vertrug jedoch diese Überbeanspruchung nicht; heute scheint er am Ende seiner Kräfte zu sein. .

1015 Von der Totalschuld von Fr. 18544.17 stehen/heute nach Anrechnung einer geleisteten Hinterlage von Fr. 5000, eines Verwertungserlöses und Barzahlungen im Betrage von Fr. 1650 noch Fr. 4789.22 aus. Kund zwei Drittel sind somit bereits bezahlt. Im Hinblick auf den gezeigten Zahlungswillen und die offensichtliche Unmöglichkeit, weitere Leistungen zu erbringen, befürwortet die eidgenössische Oberzolldirektion die Gutheissung des Gesuches.

Wir sind ebenfalls der Auffassung, dass die im Bericht der Zollbehörden-geschilderte Sühnebereitschaft ein Entgegenkommen rechtfertigt und b e a n t r a gen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des noch ausstehenden Bussenrestes von Fr. 4789.22.

70. Jacques D e l a r u e , 1920, Landwirt, Hermance (Genf), durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 18. Dezember 1945 zu Fr. 20 400.-- verurteilt, ohne Nachlass wegen Bückfalles, weil er im Jahre 1948 für einen Dritten 3410 Goldstücke im Werte von Franken 104000 gegen Entgelt nach Frankreich geschmuggelt hat. Im Beschwerdeverfahren wurde die Busse, im Hinblick darauf, dass sich die Bückfälligkeit auf relativ geringfügige Vergehen bezog, vom Bundesrat am 11. November 1946 auf Fr. 12 000 herabgesetzt. Delarue hat in den folgenden Jahren in unregelmässigen Abständen insgesamt nur Fr. 828.90 bezahlt. Die Zollverwaltung verlangte deshalb beim zuständigen Bichter am 28. Dezember 1948 die Umwandlung des noch ausstehenden, sich nach Anrechnung eines in einem anderen gegen den Verurteilten geführten Zollverfahren verwerteten Zollpfandes noch auf Fr. 11427.50 belaufenden Bussenrestes in Haft. Diesem Begehren ist entsprochen worden, und der Verurteilte hat seine Umwandlungsstrafe am 25. Februar 1949 angetreten.

Durch einen Bechtsanwalt ersucht Delarue um Erlass des noch zu erstehenden Teils seiner Haftstrafe, wozu er vor allem geltend macht, seine Anwesenheit im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb sei für die Anbauarbeiten unbedingt notwendig. Ausserdem wirft er der eidgenössischen Oberzolldirektion Verständnislosigkeit vor und erklärt, er sei seit der Tatbegehung ernster geworden, auch habe er sich verheiratet und sei Vater eines Kindes.

Dem Umstand, dass Delarue für die Bewältigung der landwirtschaftlichen Arbeiten dringend zu Hause benötigt wird, ist bereits dadurch
Rechnung getragen worden, dass der Bundesanwalt gestützt auf Artikel 318 BStrP am 23. April 1949, im Einvernehmen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion, die Unterbrechung der Strafhaft verfügt hat. Einer weitergehenden Milde ist Delarue, dem bereits im Beschwerdeverfahren besonderes Entgegenkommen gezeigt wurde und der inzwischen nichts unversucht gelassen hat, den Vollzug der Strafe zu hindern, nicht würdig. Ausserdem mussten gegen ihn seit 1943 nicht weniger als 6 Zollstrafverfahren durchgeführt werden. Wir sind deshalb der Auffassung, der Gesuchsteller solle nach Einbringung der Ernte auch noch das letzte Drittel der Umwandlungsstrafe verbüssen und beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

1016 71. Armin Weigzberger, 1911, ungarischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Brüssel (Belgien), durch Straf Verfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 18. Dezember 1947 zu Fr. 10 389.17 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Laufe des Jahres 1947 1000 Zwanzigfrankengoldstücke aus der Schweiz nach Belgien ausgeschmuggelt und im Herbst 1947 versucht hat, 192 Zwanzigdollar- und 89 Pf und-Goldstücke illegal auszuführen. Die Dollar- und Pfundgoldstücke wurden eingezogen. Auf eine verspätet eingereichte Beschwerde ist der Bundesrat nicht eingetreten, hat jedoch darauf hingewiesen, dass diese, falls darauf hätte eingetreten werden können, hätte abgewiesen werden müssen.

Für den Verurteilten ersucht ein Bechtsanwalt um Erlass der Busse und Aufhebung der Konfiskationsverfügung. Weiszberger sei durch den Krieg schwer geschädigt worden und habe seine Ersparnisse der unsicheren Währungslage wegen in Gold anlegen wollen. Auch sei die Offenheit zu berücksichtigen, mit der der Verurteilte seine Verfehlungen eingestanden habe.

Die Angaben im Gesuch stimmen mit den Tatsachen nicht überein. Der Gesuchsteller hat nichts getan, um die Untersuchung zu erleichtern; vielmehr inusste er wegen seines Verhaltens während 12 Tagen in Haft gesetzt werden.

Der Hinweis, er habe seine Ersparnisse in Gold anlegen wollen, widerspricht seinen eigenen Angaben in den aufgenommenen S traf Protokollen. Dort erklärt-er nämlich, er habe die bereits hinausgeschmuggelten Goldstücke in Belgien mit Gewinn verkauft, und es besteht kein Zweifel, dass er dies auch mit den beschlagnahmten Münzen vorhatte. Die finanziellen Verhältnisse Weizenbergers können, da er in Belgien domiziliert ist, nicht überblickt werden, scheinen aber nicht so schlecht zu sein, wie er darzutun versucht. Berücksichtigt man ferner soin raffiniertes Vorgehen (er hat das Gold in einem durchgehenden III.-Klasswagen hinter eine weg- und wieder angeschraubte Verschalung versteckt), so darf angenommen werden, es handle sich um keinen Anfänger. Vielmehr lässt alles darauf schliessen, dass man bei Weiszberger einen jener hemmungslosen Goldschieber- und Schmuggler vor sich hat, vor denen es die Allgemeinheit zu schützen gilt und die keine Gnade verdienen. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion
die Gesuchsabweisung.

72. Osvaldo Ortelli, 1901, Bäcker, Mendrisio (Tessin), durch Strafverfugung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 1. Mai 1945 zu Fr. 2410 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er von italienischen Schmugglern grosse Mengen Veloreifen, Velopumpen und Seidenstrümpfe kaufte, obschon er wusste, dass es sich durchwegs um Schmuggelgut handelte; verurteilt ferner durch Straf Verfügungen vom 30. Januar 1946 zu Bussen von Fr. 720 und Fr. 6885 wegen Zollhehlerei mit 240 kg Eeis und 180 kg Fahrradketten sowie wegen Beihilfe beim Ausfuhrbannbruch mit Zigaretten und Kaffee im Werte von Fr. 2295. Da die Bussen uneinbringlich waren, wurden sie in je 3 Monate und 72 Tage Haft umgewandelt. Ein erstes Begnadigungsgesuch wurde von der Vereinigten Bundesversammlung

1017 in der Dezembersession 1948 abgewiesen (vgl. Antrag 180 des Berichtes vom 21. September 1948; BEI III, S. 280). Abgestellt wurde dabei auf die Schwere der aus Gewinnsucht begangenen Verfehlungen, den auch bei Berücksichtigung der bescheidenen Verhältnisse schlechten Zahlungswillen sowie auf die seither erneut begangenen Zollwiderhandlungen.

Durch einen Eechtsanwalt erneuerte der Verurteilte sein Begnadigungsgesuch bereits am 17. Januar 1949. Er beruft sich wiederum auf seine bescheidene finanzielle Lage und Krankheit in der Familie.

Durch stets neue Versprechungen hat es Ortelli verstanden, den Strafvollzug immer wieder hinauszuzögern. Auch sein neues Gesuch, in welchem er keine neuen Gründe vorbringt, verfolgt offenbar den gleichen Zweck. Wir sind der Auffassung, der Gesuchsteller solle zunächst einmal mit der Abzahlung seiner Bussen beginnen oder die Haftstrafe antreten, und beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

73. Hedwig Brosi, 1901, Hausfrau, Davos (Graubünden), durch Strafvorfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement.es vom 16. Decomber 1946 zu Fr, 18 170 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie im Jahre 1946 fortgesetzt Dollargoldstücke im Werte von 109020 Schweizer Franken widerrechtlich ins Ausland verbracht, bzw. auszuführen versucht hat. 315 Goldmünzen wurden eingezogen. Im Boschwerdeverfahren wurde die Busse, in Berücksichtigung, dass Frau Brosi durch eine raffiniert vorgehende Bande als Werkzeug benützt worden sei, und dass sie allem Anschein nach geglaubt habe, einem humanitäten Zwecke dienlich zusein, vom Bundesrat am 27. November 1947 auf Fr. 10 000 herabgesetzt. Die Verurteilte hat bisher Fr. 5000 bezahlt.

Frau Brosi ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu sie, wie bereits in der Beschwerdebegründung, a_uf die besonderen Umstände der Tatbegehuiig hinweist. Namentlich will sie sich keine Rechenschaft gegeben haben, ein schweres Zollvergehen zu verüben, sondern im Glauben gewesen sein, armen Leuten zu helfen. An einer Bereicherungsabsicht habe es gefehlt. Für den Staat sei kein Schaden entstanden, da die letzte Sendung Goldstücke eingezogen worden sei. Nachdem sie ihre sämtlichen persönlichen Mittel zur Bussenzahlung verwendet und auch die Hilfe Verwandter habe in Anspruch
nehmen müssen, seien ihr weitere Zahlungen nicht mehr möglich. Die Abweisung des Gesuches würde grosses Unheil nach sich ziehen und den Ruin der Familie herbeiführen.

Durch die bisherigen Zahlungen hat die G-esuchstellerin ihren Sühnewillen zum Ausdruck gebracht. Es ist aber festzustellen, dass in ihrem Gesuch im wer sentlichen nur Gründe enthalten sind, die bereits im Beschwerdeverfahren vorgebracht und dort zur Herabsetzung der Busse um über Fr. 8000 geführt haben.

Ausserdern sind diese Vorbringen mit einiger Vorsicht aufzunehmen. Auf Grund der Einvernahineprotokollo steht nämlich einwandfrei fest, dass sich die Gesuchstellerin durchaus bewusst war, etwas Unrechtes zu tun, Hand dazu geboten hat sie nach ihren eigenen Aussagen, um persönlich etwas verdienen z u können;

1018 sie erhielt pro Grenzübertritt nebst Speseuvergütung Fr. 500, insgesamt mindestens Fr. 2000. Da ihr die Auftraggeber versicherten, die Koffer mit doppeltem Boden seien so gut eingerichtet, dass dieses Versteck nicht aufgefunden werden könne, glaubte sie nichts zu. riskieren. Es geht daraus eindeutig hervor, dass ihre Beweggründe weniger auf Nächstenliebe, denn auf persönlichem Ger winnstreben beruhten. Auch hat Frau Erosi die Untersuchung erschwert und dadurch dem Hauptschieber die Flucht ermöglicht. Gestützt auf diese-Vorbringen, die schon im Beschwerdeverfahren sehr weitgehende Berücksichtigung fanden, lasst sich ein Gnadenakt somit nicht rechtfertigen.

Hinsichtlich der finanziellen Lage war eine Überprüfung deshalb nicht leicht, weil die Gesuchstellerin von Anfang an erklärte, ihrem Ehemann von ihren Verfehlungen keine Mitteilung machen zu dürfen. Die Zollverwaltung hat im bisherigen Vollzugsverfahren auf diesen Umstand in entgegenkommender Weise Rücksicht genommen, was naturgemäss die Abklärung der tatsächlichen Verhältnisse erschwerte. Immerhin ist festgestellt; worden, dass der Ehemann Erosi neben seiner Pension als Lokomotivführer auch über Vermögen sowie über Mietzinseinnahmen und damit über ein rechtes Einkommen verfügt.

Die Bundesanwaltschaft hat in der Folge durch ihren Polizeidienst weitere Erhebungen an Ort und Stolle durchführen lassen, die zeigen, dass die Lage der Frau Erosi, nach ihrer Lebenshaltung zu schliessen, offenbar nicht derart prekär ist, wie sie glaubhaft zu machen versucht. Von grossen persönlichen ' Einschränkungen, Bedürftigkeit oder gar einer Notlage könne nicht die Rede sein. Auch scheint nach dem Bericht des Polizeidienstes der Bundesanwaltschaft vom 29. April 1949 sehr zweifelhaft, ob die Entdeckung der-Verurteilung Frau Brosis für sich allein tatsächlich die von ihr befürchteten Folgen, namentlich die Zerrüttung der Familie und ihren seelischen Zusammenbrach, nach sich ziehen würde. Nach Prüfung aller Umstände kommen wir zum Schluss, dass der Gesuchstellerin weitere Zahlungen zugemutet werden können und bea n t r a g e n mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

74. Letizia Albisetti, 1914, Hausfrau, Morbio-Inferiore (Tessin), am 29. September 1947 durch Straiverfügungen des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes zu Fr. 7925
Busse wegen widerrechtlicher Ausfuhr von 4100 Uhren im Werte von Fr. 71325, sowie durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion zu Fr. 1838.80 Busse, weil sie verschiedene Textilwaren, die einen Teil des Gegenwertes für die ausgeführten Uhren darstellten, unter Umgehung der Zollkontrolle in die Schweiz einführen liess. Wegen vorbehaltloser Unterziehung wurde ihr jeweils ein Drittel nachgelassen; ferner konnte ihr ein Verwertungserlös von Fr. 540.30 angerechnet werden. Die beiden Bussen wurden am 28. September 1948 vom Gerichtspräsidenten des Bezirkes Mendrisio in je 3 Monate Haft umgewandelt.

Unter Hinweis auf ihre Mittellosigkeit und ihre Mutterpflicht gegenüber 3 noch kleinen Kindern ersucht die Verurteilte um Erlass dieser Strafen. Sie macht ausserdem geltend, ihr Gesundheitszustand erlaube den Vollzug der

1019 Haftstrafe nicht. Überdies) seien auch ihre Kinder von empfindlicher Konstitution.

Bereits in der Wintersession 1948 wurde über ein Begnadigungsgesuch der Frau Albisetti Beschluss gefasst (vgl. Antrag 128 des Berichtes vom 21. September 1948; BEI 1948, III, S. 279). Es handelte sieh um eine wegen eines gross aufgezogenen Saccharinschmuggels (1000 kg) ausgesprochene und in 8 Monate Haft umgewandelte Busse von Fr. 17 666.67. Der- Bundesrat hat damals im Hinblick auf den gänzlich fehlenden Zahlungswillen, die Schwere der beinahe gewerbsmässig begangenen Verfehlungen, wie auch in Berücksichtigung der gewinnsüchtigen Beweggründe und des erzielten Gewinnes die Gesuchsabweisung beantragt. Demgegenüber hat die Vereinigte Bundesversammlung auf Antrag der Begnadigungskommission mit Eüclcsicht auf die Kinder den bedingten Strafvollzug gewährt, unter Ansetzung einer Probezeit von 8 Jahren.

Da die damalige Gesuchsbegründung mit derjenigen des vorliegenden Gesuches gänzlich übereinstimmt, und die Verhältnisse sich seither nicht verändert haben, verweisen wir auf unsere damaligen Ausführungen. Wir können ein Entgegenkommen in diesem zweiten Begnadigungsgesuch um so weniger befürworten, als Frau Albisetti gegenüber bereits für die Busse von Fr. 17 666.67 sehr grosse Milde geübt worden ist. Die Häufung der Widerhandlungen, die nur aus Gewinnsucht begangen worden sind, sowie deren Umfang lassen die Gesuchstellerin eines weiteren Gnadenaktcs unwürdig erscheinen. Steht doch fest, dass die Familie Albisetti auf diesen «Nebenverdienst» gar nicht angewiesen war, da der Ehemann, der von den Verfehlungen Kenntnis hatte, als Posthalter über ein rechtes Einkommen verfügt. Anderseits ist aber die Verurteilte durch die berufliche Stellung ihres Ehemannes begünstigt worden, indem die ein- und ausgehenden Sendungen vor Entdeckung sicher waren. Auch konnte das Vorsprechen der Schmuggler bei der Postablage keinen Verdacht erregen.

Dass der Ehemann gegen ihr Treiben nicht einschritt, sondern sie gewähren liess, ist mit seiner Stellung kaum in Einklang zu bringen. Es ist deshalb nichts als recht und billig, dass er zur Zahlung der Bussen das Seine mitbeiträgt.

Dies muss um so mehr verlangt werden, als nach den Erhebungen der Zollbehörden die Eheleute Albisetti nach begangener Tat die Gütertrennung vereinbarten, um im Falle
der Strafverfolgung das vorher gemeinsame Vermögen dem allfälligen Zugriff der Behörden zu entziehen. "Überdies verfügt Albisetti über ein Einkommen, das ihm, auch ohne das Vermögen anzugreifen, erlaubt hätte, ganz wesentliche Abzahlungen an die Bussen zu leisten. Als Beleg für den geltend gemachten angegriffenen Gesundheitszustand wird dem Gesuch ein Arztzeugnis beigelegt, das ziemlich gleich lautet wie jenes, welches der Bichter bereits bei der Umwandlung der Busse, die Gegenstand des in der Dezembersession 1948 behandelten Begnadigungsgesuches bildete, als wenig überzeugend bezeichnet hat. Auch wies der Bichter damals schon darauf hin, dass gegenüber Frau Albisetti keine Nachsicht am Platze sei. Zweifellos ist die Verbüssung der beiden Haftstrafen von je 8 Monaten für die Gesuchstellerin und namentlich auch für die Familie nicht leicht. Sie, wie auch ihr Ehemann hätten sich dies jedoch

1020 vorher überlegen müssen. Wir lehnen einen Erlass oder auch nur die Bückwandlung der Haftstrafen nachdrücklich ab und beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

75. Jean Geiser, 1912, Viehhändler, Ferney-Voltaire (Frankreich), durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 5. September 1946 zu Bussen von Fr. 2800 und 850, sowie gemeinsam mit einem Dritten zu einer solchen von Fr. 3875, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Herbst 1945 l Pferd mit Freipassabfertigung in die Schweiz verbrachte, dieses hier verkaufte und dafür ein anderes Pferd aus der Schweiz nach Frankreich ausführte ; ferner weil er zusammen mit einem seiner Angestellten zwei weitere Pferde unter Umgehung der Zollkontrolle in die Schweiz verbrachte, um sie hier zu verkaiifen. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügungen wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zoll département am 80. November 1946 abgewiesen. Da Geiser trotz mehrfacher Aufforderung und Einräumung von Zahlungserleichterungen seine Schuld nicht beglich, wurden die sich nach Anrechnung eines Verwertungserlöses und einer von Geiser bei der seinerzeitigen Haftentlassung geleisteten Kaution von Fr. 8000 noch ausstehenden Bussenbeträge von Fr. 850 und 1138.30 vom Eichter in Haftstrafen von 35 und 90 Tagen umgewandelt.

Unter Hinweis auf seine gegenwärtig schwierige finanzielle Lage ersucht Geiser um Erlass der Haftstrafen.

Der Gesuchsteller hat im Ausland Wohnsitz, so dass seine finanzielle Lage keiner näheren Überprüfung unterzogen werden konnte. Er hat sich in den verflossenen, drei Jahren in keiner Weise um die Bezahlung der Bussen bemüht, trotzdem ihm sehr weitgehende Zahlungserleichterungen eingeräumt worden sind. Offenbar scheinen ihm diese Strafen erst heute unangenehm 211 werden, wo er an die Eückkehr nach der Schweiz denken muss, weil ihn die französischen Behörden, wie die Zolldirektion Genf meldet, als unerwünschten Ausländer abschieben möchten. Wir halten Geiser angesichts seiner Haltung eines Entgegenkommens unwürdig. Er soll sich zuerst den schweizerischen Behörden zum Strafvollzug stellen. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

76. Baymond Berset,. 1921, Schneider, Freiburg, durch Strafverfügung der eidgenössischen
Oberzolldirektion vom 16. Oktober 1947 wegen fortgesetzter Zollhehlerei zu Fr. 6534.88 verurteilt, unter Nachlass eines Viertels infolge nachträglicher Unterziehung, weil er im Herbst 1946 bei italienischen Schmugglern bestellte grosse Mengen Textil- und Pelzwaren übernahm.

Berset hat nach erfolglos durchgeführter Betreibung unter der Umwandlungsandrohung Eatenzahlungen von Fr. 300 versprochen und während 4 Monaten insgesamt Fr. 792.15 bezahlt. Alsdann hat er durch einen Eechtsanwalt für den Bussenrest um Begnadigung nachgesucht. Er macht geltend, seine finanzielle Lage sei schlecht. Er müsse seine Familie unterstützen. Am Schmuggelgeschäft habe er nichts verdient. Zudem verlange nun die Schwei-

1021 zerische Verrechnungsstelle auch noch die Einzahlung des bei den Schmuggelgeschäften dem Clearing entzogeneu Betrages, was Mr imi eine ausserordontlicho Last darstelle. Im übrigen habe er seine Verfehlungen sofort zugegeben und nichts getan, was die Untersuchung hätte erschweren können.

Die Angaben im Gesuch entsprechen nicht durchwegs den Tatsachen.

Unbestritten dürfte sein, dass die finanzielle Lage Bersets ungünstig ist. Dem bei der Sicherheitspolizei dos Kantons Freiburg eingeholten Bericht zufolge hat er dies jedoch sich selbst zuzuschreiben. Wird er doch darin als eine Spielernatur und als eine Person geschildert, die, ohne zu arbeiten, möglichst viel Geld verdienen möchte. Die geltend gemachten Unterstüteuugspflichten gegenüber der Familie werden weder im erwähnten Bericht angeführt noch vorn Gesuchsteller irgendwie belegt. Er selbst ist ledig, und seine Mutter, für die er namentlich zu sorgen angibt, verfügt über ein eigenes Einkommen und auch über etwas Vermögen ; seine Geschwister sind alle selbständig. Unzutreffend ist auch, dass Berset dio Untersuchung durch seine Offenheit erleichtert habe. Die eidgenössische Oberzolldirektion teilt mit, das Gegenteil sei der Fall. Er hat sich der StrafVerfügung auch nicht sofort, sondern erst nachträglich unterzogen. Angesichts dieser Umstände halten wir Berset eines Entgegenkommens als unwürdig, und es kann unüberprüft gelassen werden, wie es sich mit seiner Verpflichtung der Schweizerischen Verrechnungsstelle gegenüber verhält. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

77. Isidoro C a m i n a d a , 1912, Bäcker, Mendrisio (Tessin), vorurteilt durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 26. September 1946 zu Bussen von Fr. 8510 und 178.84, und vom 15. November 1946 zu einer Busse von Fr. 2330, je unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung. Caminada hat sich im Solde italienischer Berufsschmuggler der Beihilfe beim Ausfuhrbannbruch mit Zigaretten und Autobereifungen, der Zollhehlerei mit Reis und Wurstwaron, sowie endlich erneut der Beihilfe beim Ausf uhrbann brach von Bauchwaron und Autopnous schuldig gemacht. Eine gegen die letztgenannte Busse eingereichte Beschwerde wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartemorit am 81. März 1947 abgewiesen.

Unter Hinweis
auf seine finanziellen Verhältnisse, seinen angegriffenen Gesundheitszustand und .seine Pflichten gegenüber der Familie, welche Tatsachen er bereits zur Begründung eines ersten von der Vereinigten Bundesversammlung im Dezember 1948 abgewiesenen Begnadigungsgesuches geltend gemacht hat (Antrag 184 des Berichtes vom 21. September 1948; BB1 III, S. 283), ersuchte Caminada durch seinen Bochtsanwalt bereits am 17. Januar 1949 erneut um Begnadigung.

Seit der Abweisung des ersten Gesuches haben sich die Verhältnisse des Vorurteilten in keiner Weise geändert und die Gründe, die zur Abweisung des ersten Gesuches geführt haben, gelten nach wie vor. Namentlich verfügt Caminada zweifellos über die Mittel, die ihm, bei gutem Willen, erlaubt hätten, erhebliche Zahlungen an die Busse zu leisten. Es wird ferner erneut darauf

1022 hingewiesen, dass der Gesuchsteller im Jahre 1947 wiederum wegen zwei Zollvergehen bestraft werden musste. Es geht dem Gesuchsteller offenbar nur darum, den Vollzug der in zweimal 8 Monate und 17 Tage Haft umgewandelten Bussen endlos hinauszuzögern. Der Bundesanwalt hat deshalb dem. zweiton Gesuch gestützt auf Artikel 318 BStP die Erteilung aufschiebender Wirkung versagt, Caminada wurde auf den 4, Mai 1949 zum Strafantritt aufgeboten.

Wir b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

78. Gerfaut Eis, 1915, Kaufmann, Genf, durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes am 8. Dezember 1947 zu Fr. 5490 Busse verurteilt, weil er für Dritte 1350 Goldstücke im Werte von Fr. 41 175 ·widerrechtlich über die Grenze nach Frankreich geschafft hat. Die gegen diese Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 3. Juni 1.948 abgewiesen.

.

Eis ersucht um Erlass des sich noch auf Fr. 2790 belaufenden Bussenrestes, wozu er eine Verschlechterung seiner finanziellen Verhältnisse seit Ende des Jahres 1948 geltend macht. Einmal sei seit Oktober letzten Jahres ein starker Geschäftsrückgang zu verzeichnen und sodann habe sich seine Ehefrau anlässlich der Niederkunft einer Operation unterziehen müssen, was ihm erhebliche Kosten verursacht hätte. Im Hinblick auf den noch zu bezahlenden Best der Zollbusse sehe er der Zukunft mit Pessimismus entgegen.

Die Zolldirektion Genf hat die Verhältnisse des Gesuchstellers, überprüft und kommt zum Schluss, diese seien, auch bei Berücksichtigung des verminderten Geschäftsumsatzes und der geltend gemachten besonderen Auslagen keinesfalls so schlecht, dass ihm.nicht weitere Zahlungen zugemutet werden, könnten.

"Auf Grund.des vorliegenden Berichtes darf als feststehend angenommen werden, dass sich die Lage des Bis seit seiner Verurteilung verschlechtert hat, dass ihm aber weitere Zahlungen, bei gutem Willen möglich sein werden, sofern ihm die Vollzugsbehörde weiterhin ZahlungserJeichterimgen einräumt. Wenn ihm auch der Vollzug der Busse hart erscheint, so ist dies bei aller Anerkennung seiner bisherigen Leistungen noch kein Grund für eine Begnadigung. Es darf nicht übersehen werden, dass Bis während Monaten mit übelbeleumdeten und arbeitsscheuen Elementen verkehrte und aus seinen widerrechtlichen
Vergehen erhebliche Gewinne erzielte. Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion halten wir deshalb zurzeit einen Gnadenakt als verfrüht und beantragen die Gesuchsabweisung.

.

79. François Kobylinsky, 1881, polnischer Staatsangehöriger, Ingenieur, Bern, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 10. Januar 1947 zu Fr. 4949.34 Busse verurteilt, .unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser · Unterziehung, weil er im Jahre 1945 von einem Dritten 12,5 kg Kokain kaufte und dieses mit der Bedingung, es dürfe nicht in der Schweiz verwendet werden, wieder veräusserte. 10 kg gingen in der Folge schwarz

1023 ins Ausland, Beino Beschwerden gegen diese S traf Verfügung wurden sowohl vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement wie auch vom Bundesrat abgewiesen.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht der Verurteilte um gänzlichen oder doch teilweisen Erlass der Busse, die er nicht bezahlen könne. Er sei Emigrant, seine finanziellen Mittel seien erschöpft. Er sei kein Schieber, sondern habe aus Bedrängnis gehandelt. Sowohl die eidgenössische Oberzolldirektion wie die Beschwerdeinstanzen hätten seine Lage nicht richtig beurteilt und namentlich auch sein Verschulden falsch und viel zu hoch veranschlagt. Im Hinblick auf sein Alter, seinen guten Leumund und die Tatsache, dass er auf einem Auge nahezu erblindet sei, liege ein Entgegenkommen nahe.

Pie Begnadigungsbehörde ist keine Oberbeschwerdeinstanz und lehnt deshalb die Überprüfung des Urteils grundsätzlich ab. Es erübrigt sich deshalb, auf die im Begnadigungsgesuch an der Straf Verfügung sowie an den Beschwerdeentscheiden geübte Kritik näher einzugehen. Tatsächlich scheinen dio Verhältnisse des Gesuchstellers bescheiden zu sein, doch vermag dies einen Gnadenakt nicht zu begründen. Denn nach dem Bericht der eidgenössischen Oberzolldirektion muss geschlossen werden, dass sich Kobylinsky, der für seine Ehefrau und eine Tochter aufkommt, weder damals noch später in einer eigentlichen Notlage befand, die ihn gezwungen hätte, diesen Ausweg zu wählen. Dass sich Kobylinsky als gebildeter Mann einzig der mühelosen und hohen Gewinnaussichten wegen zum verbotenen Rauschgifthandel hergab, zeugt von einer Hemmungslosigkeit und Verwerflichkeit, die es uns unmöglich macht, diesem Ausländer gegenüber einen Gnadenakt zu befürworten. Wir beantragen deshalb mit der eidgenössischen Zollverwaltung die Gesuchsabweisung.

80. Pietro Balestra, 1898, Kaufmann, Chiasso (Tessin), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 6. März 1947 zu Franken 4606.67 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er bedeutende Warenmengen (Textilien, Leder- und Gummiwaren), von denen er wusste, dass sie unter Umgehung der Zollkontrolle in die. Schweiz eingeführt worden waren, erworben und zum grössten Teil verkauft hat. Bin erstes Begnadigungsgesuch des Balestra wurde in der Junisession 1948 von der Vereinigten Bundesversammlung der
gewinnsüchtigen Beweggründe und des schlechten Zahlungswillens wegen abgewiesen (vgl. Antrag 297 des Berichtes vom 26. Mai 1948; BEI II, S. 566).

Unter Hinweis auf seine bereits im ersten Gesuch geltend gemachten misslichen finanziellen Verhältnisse ersucht Balestra um Wiedererwägung des abweisenden Entscheides der Bundesversammlung.

Balestra macht nichts geltend, was ani eine Verschlechterung seiner Lage seit seiner Verurteilung oder seit Abweisung des ersten Gesuches hinweisen könnte. Er behauptet erneut, nicht bezahlen zu können, wogegen die Zollbehörden auf Grund ihrer Erhebungen erklären, er sei wohl in der Lage, Zahlungen zu leisten. Er gelte jedoch als Spieler, der früher auch erhebliche Beträge

1024 in Campione habe liegen lassen. Wir sehen deshalb keinen Anlass, heute ein Entgegenkommen zu befürworten und b e a n t r a g e n mit der eidgenössischen Oberzondirektion die Gesuchsabweisung.

81..Bernhard K r e b s , 1918, Typograph, Genf, verurteilt durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 18. Juni 1946 zu Fr. 4107.34 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er sich Mitte 1945 Goldstücke im Werte von Fr. 61 610 verschaffte und diese einem Dritten verkaufte, obschon er genau wusste, dass sie nach Frankreich geschmuggelt würden. Krebs hat bis zum Frühjahr 1.948 Teilzahlungen an die Busse geleistet und diese nach Umwandlung in 90 Tage Haft und Anordnung des Vollzuges der Haftstrafe fortgesetzt. Heute sind einschliesslich der mit 90 Franken angerechneten, bereits verbüssteri Umwandlungshaft an die Busse Fr. 8115 bezahlt.

Krebs ersucht um Begnadigung für den Bussenrest, wozu er geltend macht1,, seine finanziellen Verhältnisse seien schlecht. Seine Frau erwarte das zweite ·Kind, was ihm neue Lasten auferlege, so dass er nicht wisse, wie er die noch ausstehenden Fr. 902.84 aufbringen solle.

Nach den Erhebungen, die durch die Zolldirektion Genf durchgeführt wurden, ist die finanzielle Lage des Krebs bescheiden. Seine bisherigen Zahlungen konnte er offenbar nur leisten, indem er anderswo Schulden machte.

Die eidgenössische Obersiölldirektion befürwortet angesichts dieses Sühnewillens ein Entgegenkommen. Wir können uns dieser Beurteilung anschliessen und b e a n t r a g e n deshalb den Erlass des Bussenrostes.

82. Alfredo Lepori, 1920, Gemeindeangestellter, Boveredo-Capriasca (Tessin), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 31. August 1945 m Fr. 3998.37 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloserUnterziehung, weil er fortgesetzt von italienischen Schmugglern, zum Teil sogar zum voraus bestellte. Waren (Beis, Butter, Schuhe, Begenmäntel) bezog, die er zum grössten Teil weiterverkaufte. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom Bundesrat am 4. Februar 1946 abgewiesen.

Wegen üneinbringlichkeit wurde die Busse am 7. Juni 1948 vom Gerichtspräsidenten Lugano-Land in 90 Tage Haft umgewandelt.

Unter Berufung auf eine 1943 erlittene Krankheit, seine dadurch bedingte schlechte
finanzielle Lage, sowie seine Versorgerpflichten gegenüber Frau und Kind ersucht Lepori um Begnadigung. Müsse er die Haftstrafe absitzen, so werde er die Stelle verlieren und seine Familie falle alsdann der Gemeinde zur Last.

Lepori lebt tatsächlich in sehr bescheidenen Verhältnissen, doch hat ihn dies nicht zum Schmuggeln berechtigt. Die Zolldirektion Lugano stellt überdies fest, der Gesuchsteller zeichne sich keineswegs durch besondere Arbeitsfreudigkeit aus, weshalb er sich wohl seine misslicheii Verhältnisse zu einem erheblichen Teil selbst zuzuschreiben hat. Im Januar 1948 wurde er ferner vom Gerichtspräsidenten Lugano-Land wögen ähnlicher Delikte erneut zu einer

1025 Busse von Fr. 1820 verurteilt. Wir erachten Lepori eines Gnadenaktes als unwürdig und beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die GeBü^hsabweisimg.

88. Marie Bartholdi, 1909, Hausfrau, Berg (St. Gallen), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 15, April 1946 wegen Zollhehlerei und Ausfuhrbannbruchs zu Bussen von Fr. 1383.34 und Fr. 1920 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltsloser Unterziehung.

Die Verurteilte und ihr Ehemann betrieben zur Zeit der Tatbegehung nahe der Grenze in Stein am Ehein ein Eestaurant, das von Angehörigen der französischen Besetzungstruppe in Deutschland besucht werden durfte. Diese Soldaten brachten bei ihren Besuchen aller Art Waren mit sich (Schuh- und Pelzwerk, Leder- und Textilwaren, Butter und Zigarettenpapier, usw.), das die Wirtsleute gegen Lieferung von Tabakwaren und Armbanduhren übernahmen. Der Ehemann der Verurteilten wurde seinerseits mit Fr. 2165.55 gebüsst, so dass die Eheleute an Bussen insgesamt Fr. 5468.85 zu bezahlen hatten.

Unter Hinweis auf den Tod ihres Ehemannes, ihre misslichen finanziellen Verhältnisse, die Unterhaltspflichten für 4 Kinder und den bisher bekundeten Zahlungswillen ersucht Frau Bartholdi um Erlass des auf sie noch entfallenden Bussenrestes von Fr. 2786.95.

Dem Bericht der Zolldirektion Schaffhausen ist zu entnehmen, dass die Eheleute Bartholdi von jeher mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Die von ihnen in Pacht betriebene Wirtschaft sei wegen ihrer Abgelegen- · heit während des Krieges schlecht besucht worden. Als der Betrieb wieder angezogen habe, sei ihnen gekündigt worden. Durch den Tod des Ehemannes hat sich die Lage der Gesuchstellerin derart verschlechtert, dass sich ein Entgegenkommen aufdrängt. Da auch in persönlicher Beziehung über Frau Bartholdi nichts Nachteiliges bekannt ist, anderseits die Bezahlung einer Summe von Fr. 760 bei der geschilderten, seit Jahren schlechten Finanzlage eine sehr erhebliche Anstrengung bedeutet, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion den Erlass des Bussenrestes.

84. Irma Marclay, 1899, Krämerin, Fenebey/Morgins (Wallis), durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 17. September 1948 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch zu Fr. 3128,25 Busse verurteilt, unter Nachlass
eines Viertels wegen nachträglicher Unterziehung, weil sie in den Jahren 1944 und 1945 Schmugglern einen Baum ihrer Behausung zur Verfügung stellte und ihnen dadurch ermöglichte, 8441 Uhren im Werte von Fr. 83 420 illegal über die Grenze zu schaffen. Der Nachlass wurde vom Finanz- und Zolldepartement irrtümlich gewährt, da Irma Marclay bereits im Jahre 1944 wegen Zollhehlerei und Gehilfenschaft bei Ausfuhrschmuggel gebüsst werden musste. Auf eine Eevision der Strafverfügung wurde wegen der späten Entdeckung des Irrtums und der verhältnismässig geringen Schwere der Erstverfehlungen verzichtet.

Bundesblatt. 101. Jahrg. Bd. I.

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1026 Die Verurteilte ersucht um Brlasa der Busse, die angesichts ihrer finanziellen Lage untragbar sei. Der Verdienst mehrerer Jahre würde nicht genügen, sie zu decken. Ausserdem habe sie Schulden und stehe völlig allein im Leben. Endlich macht sie geltend, in guten Treuen gehandelt zu haben.

Die von den Zollbehörden sehr eingehend durchgeführte Untersuchung hat eindeutig ergeben, dass die Gesuchstellerin nicht gutgläubig war. Es ist bemühend, festzustellen, dass IrmaMarclay, nachdem sie schon die Untersuchung ausserordentlich .erschwert und erst unter dem erdrückenden Beweismaterial und nach Konfrontation mit den Schmugglern ihre Beteiligung zugegeben hat, im Begnadigungsgesuch erneut ihre Schuld zu bestreiten versucht.

Im übrigen treffen ihre Angaben zu, und es wird ihr wahrscheinlich nicht möglich sein, diese Busse aus ihren eigenen Mitteln abzutragen. Auch geniesst sie sonst einen guten Leumund und hat sich während des Krieges um die dort stationierten Truppen verdient gemacht.

Trotzdem sind wir unter den gegebenen Umständen nicht in der Lage, ein Entgegenkommen zu befürworten. Angesichts der Schwere ihrer vorsätzlich begangenen Verfehlungen, ihres die Abklärung des Falles erschwerenden Verhaltens sowie im Hinblick auf ihre Bückfälligkeit beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

85. Enrico Casellini, 1897, Waldarbeiter, Pugerna (Tessin), verurteilt durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 4. März 1947 zu Bussen von Fr. 2582.14 wegen Zollhehlerei mit Eeis, Wurstwaren und Textilien, und von Fr. 875 wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Tabakwaren, Das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement hat im Beschwerdeverfahren die erste Busse am 27. August 1947 auf Fr. 1266.07 herabgesetzt, jene von Fr. 875 bestätigt.

Unter Hinweis auf seine infolge fehlender Arbeitsgelegenheit und Krankheit der Ehefrau schwierige finanzielle Lage ersucht der Verurteilte um Erlass des sich noch auf Fr. 829.27 belaufenden Bussenbetrages.

Casellini hat die Busse Von Fr. 875 getilgt und in regelmässigen Teilzahlungen weitere Fr, 300 bezahlt. Ferner konnte ihm ein Verwertungserlös von Fr. 136,80 angerechnet werden. Wie die Zolldirektion Lugano meldet, treffen die im Gesuche enthaltenen Angaben zu. Ausserdem stehe auch der zehnjährige Sohn wegen
seiner schwachen Lungen in dauernder ärztlicher Behandlung.

Angesichts dieser Umstände betrachtet die eidgenössische Oberzolldirektion die Leistungen Casellinis als eine sehr erhebliche Anstrengung und ist der Auffassung, weitere Zahlungen würden ihm kaum möglich sein. Sie spricht sich deshalb, in Übereinstimmung mit der Zolldirektion Lugano, für den Erlass des Bussenrestes aus. Auf Grund dieser, auf den an Ort und Stelle durchgeführten Erhebungen fussendon Meinungsäusserung der Vollzugsbehörde beantragen wir den Erlass des noch ausstehenden Bussenbetrages von Fr, 829.27.

86. Bomeo Nesa, 1912, Vertreter, Locamo (Tessin), durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 12. Dezember 1945

1027 zu Fr. 2637.50 verurteilt, unter Nachläse eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er zusammen mit einem Dritten, nach vorheriger Verabredung der hälftigen Teilung des erwarteten Gewinnes, Uhren im Werte von Fr. 15 825 nach Italien ausschmuggelte. Eine gegen diese Strafverfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am IS. Mai 1946 abgewiesen.

Da Nesa die ihm auf sein Gesuch hin bewilligten Teilzahlungen nicht entrichtete und wegen Auslandsabwesenheit die eingeleitete Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt werden konnte, wurde die Busse vom Gerichtspräsidenten von Locamo am 6. März 1946 in 90 Tage Haft umgewandelt. Eine Kassationsbeschwerde gegen den Umwandlungsentscheid wurde abgewiesen.

Nesa ersucht um Begnadigung, wozu er erneut am Umwandlungsentscheid Kritik übt und seine misshche finanzielle Lage geltend macht.

Wie die Oberzolldirektion feststellt, erreicht die Busse nicht einmal den Betrag des bei diesem Schmuggel erzielten Gewinnes. Der sowohl wegen Widerhandlung gegen die Zollvorschriften wie auch gemeinrechtlich mehrfach vorbestrafte ledige Gesuchsteller ist eines Entgegenkommens unwürdig, weshalb wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung b e a n t r a gen.

87. Giuseppe Poncioni, 1897, Wirt, Cavigliano (Tessin), durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 20. Januar 1947 verurteilt wie folgt: Zu einer Busse von Fr. 1413.34 wegen fortgesetzter Zollhehlerei mit grossen Mengen Eeis, Wurstwaren, Branntwein und einer Schreibmaschine, und zu einer solchen von Fr. 1140 wegen Gehilfenschaft beim Ausfuhrbannbruch mit Zigaretten, die er den Schmugglern als Bezahlung für die bezogenen Waren lieferte. Für beide Bussen konnte dem Verurteilten wegen vorbehaltloser Unterziehung je ein Drittel nachgelassen werden. Die gegen die Strafverfügungen eingereichten Beschwerden wurden vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement am 11. April 1947 abgewiesen.

Der Verurteilte ersucht um Herabsetzung der .Bussen, wozu er geltend macht, er leide an einer Herz- und Leberkrankheit, und seine Frau sei nierenkrank. Wie die Gesundheit, sei auch die geschäftliche Lage schlecht, so dass die Bezahlung der Bussen den finanziellen Buin der Familie nach sich ziehen würde.

Die Angaben im Gesuch stimmen mit den Tatsachen insofern nicht überein, als
Poncioni nach den Mitteilungen der Zolldirektion Lugano ein sehr gut gehendes Eestaurant führt, sowie einen umfangreichen Weinhandel und eine Schweinemästerei betreibt. Die finanziellen Verhältnisse könnten deshalb keineswegs als schlecht bezeichnet werden. Unter diesen Umständen fallen auch die geltend gemachten Krankheiten, die ihn und seine Ehefrau offenbar an der Ausübung ihrer vielseitigen Tätigkeit nicht hindern, nicht als Begnadigungsgrund in Betracht. Ausserdem halten wir Poncioni eines Gnadenaktes als wenig würdig.

Er hat seine Verfehlungen aus reiner Gewinnsucht begangen, ohne sich in einer

1028 Notlage befunden zu haben, und musate von der Zolldirektion Lugano wegen Zollhehlerei im August 1947 erneut gebüsst werden. Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir die Gesuchsabweisung.

88. Marguerite Girard, 1897, Hausfrau, Genf, 89. Albert Girard, 1922, Vertreter, Genf, durch Straf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 12. November 1948 wie folgt verurteilt: Marguerite Girard zu einer Busse von Fr. 762.50, weil sie von einem Dritten, für den sie bereits Devisen aus Frankreich in die Schweiz geschmuggelt hatte, Goldstücke im Werte von Fr. 7625 zur Aufbewahrung übernahm, von denen sie wusste, dass sie zur verbotenen Ausfuhr nach Frankreich bestimmt waren : Albert Girard zu Fr. 2135, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er dem Dritten, nachdem er von seiner Mutter mit diesem zusammengebracht worden war, für den Gegenwert der von ihr in die Schweiz verbrachten Devisen Goldstücke im Werte von 32 025 beschaffte, obgleich er genau wusste, dass diese zur widerrechtlichen Ausfuhr bestimmt waren.

Die Verurteilten ersuchen um Erlass der Bussen, Sie weisen auf ihre misslichen finanziellen Verhältnisse hin und werfen ferner die Schuldfrage erneut auf. So erklärt Frau Girard, sie habe am Schmuggel nicht teilgenommen und das Strafprotokoll, welches das Eingeständnis ihrer Schuld enthalte, nur unterzeichnet, um die Haftentlassung ihres Sohnes zu erwirken. Der Sohn seinerseits bestreitet ebenfalls seine Schuld und will das Strafprotokoll nur unterzeichnet haben, um nach lltägiger Haft frei zu werden. Sein Einkommen sei bescheiden, und er unterhalte seine Mutter.

Die Schuldfrage kann hier nicht erneut überprüft werden. Übrigens kann kein Zweifel darüber herrschen, dass die im Strafprotokoll festgehaltenen Tatsachen zutreffen. Dass die Behauptungen der Gesuchsteller nicht der Wahrheit entsprechen, erhellt schon daraus, dass nach den Feststellungen der eidgenössischen Oberaolldirektion Frau Girard das Protokoll mehr als 1% Monate nach der Haftentlassung ihres Sohnes unterzeichnet hat und Albert Girard ira Zeitpunkt der Unterzeichnung überhaupt nicht mehr in Haft war. Ausserdem weist die Oberzolldirektion darauf hin, dass die Haftdauer Albert Girards nicht 11, sondern nur 5 Tage betragen habe.

Die finanziellen Verhältnisse, namentlich der
Mutter, die nur eine kleine Eente bezieht, sind bescheiden. Indessen kann gerade für sie ein Entgegenkommen nicht in Betracht fallen, weil sie rückfällig ist. Sie wusste bei Begehung ihrer Verfehlungen genau, was die Entdeckung für Folgen für sie zeitigen würde.

Trotzdem hat sie auch ihren Sohn noch in die Sache verwickelt. -- Albert Girard unterstützt tatsächlich seine Mutter, was ihn jedoch nicht hätte abhalten dürfen, trotzdem Teilzahlungen an seine Busse zu leisten, wozu er zweifellos in der Lage gewesen wäre. Die beiden Gesuchsteller haben aber bisher noch überhaupt keine Anstrengung gemacht. Wir können ein Entgegenkommen unter den geschilderten Umständen nicht befürworten und beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

1029 90. Jean Pernoud, 1917, Landarbeiter, Plan-les-Ouates (Genf), durch Straf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 18. Januar 1944 wegen Einfuhrbannbruchs und Hehlerei mit Zigarettenpapier im Werte von insgesamt Fr. 1555 zu Bussen von Fr. 2073.34 und 180 verurteilt, je unter Nachlass eines Drittele wegen vorbehaltloser Unterziehung.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu er auf seine finanziellen Schwierigkeiten hinweist. Um seine regelmässigen Abzahlungen an die Bussen leisten zu können, habe er anderwärts Schulden machen müssen.

Von allen Seiten kämen nun Betreibungen. Da auch seine Familienlasten zugenommen hätten, sei es ihm nicht möglich, mit seinen Zahlungen fortzufahren.

Pernoud lebt in bescheidenen Verhältnissen, und seine Angaben im Gesuch werden-von der Zolldirektion Genf bestätigt. Trotz kleinem Einkommen hat er die ihm bewilligten kleinen Teilzahlungen bis anhin pünktlich entrichtet. Die hinterzogenen Abgaben hat er getilgt und an die Bussen Fr. 907.60 bezahlt.

Im Hinblick auf die seit der Ausfällung der Strafverfügung eingetretene Verschlechterung der Verhältnisse des Gesuchstellers, sowie in Berücksichtigung seines anerkennenswerten Zahlungswillens und die ihm von den Ortsbehörden über seine Person ausgestellten guten Zeugnisse halten wir mit den Zollbehörden ein Entgegenkommen für gerechtfertigt und beantragen die Herabsetzung der Bussen auf die Hälfte. Für den noch ausstehenden Betrag wird die Vollzugsbehörde dem Gesuchsteller auch weiterhin Zahlungserleichterungen einräumen, 91. Ambrogio Frigerio, 1910, Gipser, Soragno (Tessin), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 5. April 1946 zu Bussen von Fr. 1000 und 2120 verurteilt wegen Beteiligung am Versuch zum Ausfuhrbannbruch mit 400 Armbanduhren im Werte von Fr. 6000 und wegen Zollhehlerei mit Silberwaren, Gemälden, Leib- und Tischwäsche, Seidenstümpfen, sowie mit einem grösseren Posten Uhrenarmbänder. Die erste Busse ist nach Anrechnung eines Verwertungserlöses getilgt ; irgendeine Zahlung hat Frigerio bisher nicht geleistet. Nach ergebnisloser Pfändung wurde die zweite Busse vom Gerichtspräsidenten von Lugano am 7. Juni 1948 in 90 Tage Haft umgewandelt.

Von der vom Bichter nochmals eingeräumten Zahlungsfrist hat Frigerio trotz seines Versprechens keinen Gebrauch gemacht.
Ein erstes Begnadigungsgesuch des Verurteilten wurde von der Vereinigten Bundesversammlung in der Dezembersession 1948 abgewiesen (vgl. Bericht des Bundesrates vom 21. ßeptember 1948; BEI III, S. 285), wobei namentlich auf den schlechten Zahlungswillen und seine Vorstrafen wegen Zollhehlerei abgestellt wurde.

Bereits am 21, Januar 1949 erneuerte Frigerio sein Gesuch, beklagte sich über mangelndes Verständnis der Behörden für seine Lage und machte seinen durch die Zahlung der Busse von Fr. 1000 bekundeten guten Willen geltend.

Wie oben erwähnt, hat der Gesuchsteller entgegen seinen Angaben bisher überhaupt nichts bezahlt, sondern es wurde die kleinere Busse durch Anrech-

1030 nung eines Verwertungserlöses als getilgt erklärt. Auch beklagt sich Frigerio nach der ihm von der Vollzugsbehörde und vom Eichter gezeigten Langmut durchaus zu Unrecht über fehlendes Verständnis. Da irgendwelche neuen Tatsachen im zweiten Gesuch nicht geltend gemacht werden und der Verurteilte bisher zur Genüge bewiesen hat, dass es ihm nur darum zu tun ist, den Strafvollzug hinauszuschieben, hat die Bundesanwaltschaft am 4. Februar 1.949 dem neuen Gesuch gestützt auf Artikel 818 BStP die Erteilung der aufschiebenden Wirkung verweigert (Strafantritt 19. April 1949). Wegen Fehlens irgendwelcher Begnadigungsgründe beantragen wir mit der Oberzolldirektion dio Gesuchsabweisung.

92. Speranza Gamboni, 1925, Fabrikarbeiterin, Oftringen (Aargau), durch Straf Verfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 27. Oktober 1948 wegen fortgesetzt begangener Zollhehlerei zu Fr. 2177.78 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie in den Jahren 1944 bis 1946 in Comologno 2122,9 kg Eeis und 10,9 kg Butter (Gewichte brutto) von italienischen Schmugglern übernommen und mit der Post an Abnehmer, namentlich im Tessin, versandte.

Unter Hinweis auf ihre bescheidenen finanziellen Verhältnisse, ihre Unterstützungspflichten gegenüber ihren alten kranken Eltern und ihre damalige Unkenntnis der zollamtlichen und kriegswirtschaftlichen Vorschriften ersucht die Verurteilte um Erlass der Busse. Sie beklagt sich überdies über schlechte Behandlung während der Untersuchungshaft sowie darüber, dass, trotzdem damals fast das ganze Dorf geschmuggelt habe, nur ganz wenige zur Bechenschaf t gezogen worden seien. Sie protestiert gegen die Verletzung des Postgeheimnisses und macht endlich geltend, ein Gewinn sei ihr nicht geblieben, da sie von den Schmugglern betrogen worden sei.

Die Vorbringen Speranza Gambonis vermögen ein Entgegenkommen nicht zu begründen. Soweit sie Unkenntnis der Zollvorschriften vorgibt, ist ihr nicht zu glauben; sie hat seinerzeit ihre Verfehlungen vorbehaltlos anerkannt. Dass sie in der Untersuchungshaft schlecht behandelt worden wäre, ist nicht nachgewiesen; die Haft wurde übrigens von den kriegswirtschaftlichen Behörden verfügt und berührt die Zollsache nicht. Das Postgeheimnis wurde nicht verletzt; vielmehr ist die Postverwaltung in Straf Untersuchungen
zur Auskunfterteilung verpflichtet. Die Angaben über die Eeisempfänger wurden im kriegswirtschaftlichen Verfahren erhoben. Was die Verfolgung der Schmuggler in Comologno anbetrifft, so geht die Zollverwaltung gegen alle ihr bekannt werdenden Täter gleichmässig vor. Der Vorwurf der Gesuchstellerm wird übrigens durch keine nähern Angaben belegt. Auch ihre angeblichen Unterstützungspflichten unterlässt sie, näher zu umschreiben.

Wir sind der Auffassung, dass Speranza Gamboni angesichts ihrer verwerflichen und aus reiner Gewinnsucht gewerbsmässig begangenen Verfehlungen sowie wegen Fehlens jeglichen Sühnewillens eines Entgegenkommens nicht würdig ist und beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

1031 98. Giuseppe Erigerlo, 1915, Landwirt, Soragno (Tessin), durch Strafverfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion wie folgt verurteilt: Arn 2. Mai 1946 zu Fr. 1500, weil er im Mai 1946 italienischen Schmugglern grössere Mengen Zigaretten zur illegalen Ausfuhr lieferte; am 6. Mai 1947 zu Fr. 414.80 Busse, weil er im Sommer 1946 von Schmugglern 150 .Paar Schuhsohlen aus Gummi, die unter Umgehung der Zollkontrolle eingeführt worden waren, übernahm und zu einem Käufer brachte.. Die Bussen wurden vom Gerichtspräsidenten Lugano-Land in 90 bzw. 42 Tage Haft umgewandelt.

Der Verurteilte ersucht um Begnadigung. Er lebt in sehr bescheidenen Verhältnissen nahe der Grenze, wo die Schmuggler ihre Tätigkeit ausübten.

So sei er der Versuchung erlegen. Er sei bereit, die Bussen in Teilzahlungen abzutragen.

Die Zahlungsversprechungen des Frigerio können nicht ernst genommen werden, sondern wurden abgegeben, um den Vollzug der Haft hinauszuschieben.

Der Gesuchsteller hätte seit Erlass der Strafverfügungen während 4 Jahren Zeit gehabt, Teilzahlungen -zu leisten und seinen guten Willen unter Beweis zu stellen. Wenn er auch in bescheidenen Verhältnissen lebt, so wäre er dazu in der Lage gewesen. Da Frigerio überhaupt keine Gründe geltend macht, die eine Begnadigung rechtfertigen könnten, und er zudem bereits in den Jahren 1944 und 1945 wegen Schmuggels dreimal mit Busse belegt werden musste, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

94. Johann Tscherrig, 1907, Bäcker und Handlanger, Gondo (Wallis), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 15. Januar 1948 zu Fr. 1610 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er italienischen Schmugglern zusammen mit weiteren Dorfbewohnern beim Ausfuhrbannbruch von Tabakwaren, Saccharin, Zucker und Salz im Gesamtwert von Fr. 1610 Beihilfe geleistet hat. Tscherrig hat bisher in drei Teilzahlungen Fr, 400 an die Busse entrichtet.

Der Verurteilte ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu er geltend macht, er sei durch Krankheit seiner Kinder in eine Notlage geraten und habe sich deshalb zu seinen Verfehlungen verleiten lassen. Sein Einkommen als Bäcker sei gering. Einem Steuereinkommen von Fr. 1000 stünden seine Versorgerpflichten für die Familie mit 7 Kindern gegenüber.
Die Angaben im Gesuch treffen zu, vermögen aber, da sie sich auf die Beweggründe zur Tatbegehung beziehen, noch keinen Gnadenakt zu begründen.

Dagegen liegt in den erheblich angelaufenen Schulden für Mehllieferungen eine nicht unwesentliche Verschlechterung semer Lage. Zieht man seine ausserordentlich bescheidenen finanziellen Verhältnisse in Betracht -- seine sieben Kinder stehen im Alter von 2--18 Jahren --, so kommen wir mit der Oberzolldirektion zum Schluss, Tscherrig habe mit seinen bisherigen Zahlungen tatsächlich geleistet, was ihm möglich war. Da er auch in persönlicher Beziehung die Voraussetzungen für einen Gnadenakt erfüllt, namentlich einen guten Leu-

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mund besitzt und als eine sonst integre Persönlichkeit geschildert wird, beantragen wir die Herabsetzung der Busse auf einen Drittel (Fr. 536), wobei der Vollzugsbehörde empfohlen wird, dem Gesuchsteller zu bewilligen, den Eestbetrag in kleinen Teilzahlungen zu tilgen.

95. Jakob Werner, 1910, deutscher Staatsangehöriger, Kaufmann, Konstanz (Deutschland), durch Straf Verfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 8. Juni 1948 zu Fr. 1498.60 Busse verurteilt, unter Machlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Herbst 1946 einen schweizerischen Grenzwächter angestiftet hat, einen Posten Spezialstahl in die Schweiz zu schmuggeln.

Durch einen -Kechtsanwalt ersucht Werner um Erlass der Busse, die er nicht zu zahlen vermöge. Er weist dabei auf die Geld Verhältnisse in Deutschland vor und nach der Währungsreform hin und versucht glaubhaft zu machen, er habe aus Not gehandelt.

Nach Ansicht des Zollamtes Kreuzungen, das die Verhältnisse des Gesuchstellers aus nächster Nähe kennt, ist dieser sehr wohl in der Lage, die Busse zu bezahlen. Von einer Notlage im Zeitpunkt der Tatbegehung kann offenbar kerne Eede sein. Werner, der nicht davor zurückgeschreckt ist, einen schweizerischen Grenzwächter zu einer Amtspflichtverletzung anzustiften, ist übrigens eines Gnadenaktes auch nicht würdig. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

96. Walter Egger, 1903, Chauffeur, Basel, durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 24. Juni 1947 zu Fr. 1253.84 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen .vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Frühjahr 1947 für einen Dritten unter vier Malen 192 kg Kugellager und einen Pelzmantel gegen Entgelt illegal in dio Schweiz eingeführt hat. An die Busse sind bisher in Teilzahlungen Fr. 630 entrichtet worden.

Egger ersucht um Erlass des Bussenrestes, wozu er geltend macht, bis 1946 während drei Jahren krank gewesen zu sein. Er sei dadurch mit der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Bückstand geraten und könne den noch ausstehenden Betrag im Hinblick auf seine Versorgerpflichten gegenüber der Ehefrau und einem Kind nicht mehr erfüllen.

Die Angaben im Gesuch stimmen insofern mit den Tatsachen überein, als Egger tatsächlich an Tuberkulose litt. Seit 1947 ist er aber wieder voll arbeitsfähig,
und seine persönlichen und finanziellen Verhältnisse, haben sich seit der Straf Verfügung nicht verschlechtert. Ini Hinblick auf das von ihm ausgewiesene Steuereinkommen kann ihm die weitere Tilgung der Busse in Teilzahlungen zugemutet werden. Da er endlich auch über kern blankes Strafenregister verfügt, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

.

97. Mario Cattaneo, 1921, Kaufmann, Vacallo (Tessin), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 1.0. Januar 1947 zu

1033 Fr. 1582.50 Busse verurteilt, weil er durch einen Dritten 500 g Kokain und 85 Ampullen Penicillin nach Italien schmuggeln liess. Nach fruchtlos verlaufenem Betreibungsverfahren wurde die Busse vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio am 27. Oktober 1948 in 90 Tage Haft umgewandelt.

Cattaneo ersucht um Aufschub der Strafvollstreckung um ein Jahr, wozu er vorbringt, er habe im Umwandlungsverfahren seine Eechte nicht geltend machen können. Er verweist ferner auf seine Unterstützungspflichten und Fainilienlasten. Müsse er die Haft verbüssen, so würden seine Angehörigen der Öffentlichkeit zur Last fallen. Auch würde er seine Stelle verlieren.

Weder die Kritik des Gesuchstellers am Umwandlungsentscheid noch der Hinweis auf seine finanziellen Verhältnisse vermögen einen Gnadenakt zu begründen. Zwar sind seine finanziellen Verhältnisse bescheiden. Von den Zollbehörden wird er jedoch auf Grund der durchgeführten Erhebungen als arbeitsscheu bezeichnet. Wegen Übertretung der Zollvorschriften musste er schon mohrfach bestraft werden. Im übrigen ist es Sache der kantonalen Strafvollzugsbehörden, ihm bei Vorliegen besonderer Gründe mit der Festsetzung des Strafantrittes entgegenzukommen. Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir deshalb die Gesuchsabweisung.

98. Eenato Canonica, 1916, Zuschneider, Dino (Tessin), 99. Diomira Canonica, 1912, Hausfrau, Dino, durch S traf Verfügungen der eidgenössischen Oberzolldirektion verurteilt wie folgt: Renato Canonica am 15. Januar 1947 zu Bussen von Fr. 607.50 und Fr. 472.50 wegen Zollhehlerei mit Eeis und Salami und wegen Gehilfenschaft bei Ausfuhrbannbruch mit Rauchwaren, Saccharin, Kaffee und Schokolade; Diomira Canonica am 9. September 1947 wegen Zollhehlerei zu Fr. 490.40 Busse, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie italienischen Schmugglern ihre Wohnung als Abstellplatz für das Schmuggelgut und für Verhandlungen mit einem Abnehmer, den sie selbst herbeirief, zur Verfügung stellte.

Renato Canonica hat an seine Gesamtbussenschuld von Fr. 1080 insgesamt Fr. 800.80 geleistet, dessen Ehefrau, nach Umwandlung ihrer Busse in46 Tage Haft, Fr. 1QO,. so dass noch 36 Tage zu verbüssen sind.

Die Verurteilten ersuchen um Erlass der Reststrafen, wozu sie auf die Unmöglichkeit weiterer Zahlungen hinweisen. Renato Canonica sei
im Aktivdienst an einer Brustfellentzündung erkrankt, was seine jahrelange Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt habe. Frau Canonica verweist auf die Zahlungen ihres Ehemannes; mehr zu leisten sei ihm und ihr nicht möglich. Sie sei Mutter zweier Kinder.

Die eidgenössische Oberzolldirektion bestätigt die Angaben der Gesuchsteller, namentlich auch hinsichtlich des Leidens Eenato Canonicas ; dieser habe sich von der Erkrankung im Militärdienst nicht mehr erholt. Die an die Bussen bezahlten Beträge hätten bei Verwandten aufgenommen werden müssen. Ausserdem sorge Canonica noch für eine schwer kranke Verwandte, die sich bei ihm aufhalte. Die Oberzolldirektion hält dafür, dass die bisherigen Leistungen der

1034 Gesuchsteller das Äusserste dessen darstellen, was ihnen zu zahlen möglich war.

Sie befürwortet angesichts dieser Anstrengungen den Erlass der Beststrafen.

Wir können uns, in Berücksichtigung des offenbar durch den Aktivdienst verursachten schlechten Gesundheitszustandes des Eenato Canonica und der Schwierigkeiten, die die Haftverbüssung durch die Ehefrau für den pflegebedürftigen Gesuchsteller und die beiden Kinder nach sich ziehen würde, sowie namentlich auch im Hinblick auf den bekundeten Zahlungswillen dieser Auffassung anschhessen und beantragen den Erlass des Bestes der Senato Canonica auferlegten Busse sowie den bedingten Erlass der Diomira Canonica auferlegten Haftstrafe von noch 36 Tagen, unter Auferlegung einer Probezeit von 8 Jahren.

100. Erwin Wullschleger, 1912, Kaufmann, Biel (Bern), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 11. Januar 1949 zu Franken 961.25 Busse verurteilt, weil er im Sommer 1947 2700 Kugellager, 50 Mikrometer und 3 elektrische Bohrmaschinen, von denen er wusste, dass sie in die Schweiz geschmuggelt worden waren, übernommen und verkauft hat.

Da die nachträgliche Unterziehungserklärung nach Ablauf der Frist von 14 Tagen abgegeben wurde, konnte ihm von der Zollbehörde der Nachlass eines Viertels nicht gewährt werden.

Wullschleger ersucht um Erlass der Busse, wozu er anführt, deren Tilgung sei ihm gänzlich unmöglich, da noch andere Verpflichtungen bestünden und er für 8 schulplichtige Kinder zu sorgen habe.

Wullschleger hat bisher nichts bezahlt, und die durchgeführten Erhebungen haben gezeigt, dass er dazu bisher auch kaum in der Lage gewesen wäre; soll er doch auch im Tessin, wo er, ohne in Biel abgemeldet zu sein, seit dem März dieses Jahres eine Schneiderei betreibt, bereits Schulden haben. Diese Tatsache bildet jedoch, da seine Lage schon seit langem schlecht ist, kaum einen Begnadigungsgrund. Auch spricht es nicht sehr für Wullschleger, dass er, ohne sich wirklich angestrengt und Mittel und Wege zur Sühne seiner Verfehlungen gesucht zu haben, kurzerhand um Gnade nachsucht. Der erbetene Erlass der Busse lässt sich jedenfalls nicht rechtfertigen. Dagegen kann verantwortet werden, dem Gesuchsteller den Nachlass des Viertels wegen nachträglicher Unterziehung, der ihm nur wegen der verspäteten Einreichung der Unterziehungserklärung
verweigert werden musste, im Gnadenwege doch noch zu gegewähren. Wir beantragen deshalb die Herabsetzung der Busse auf Fr. 720.

101. Pietro Bemy, 1913, Handelsvertreter, Vacallo (Tessin), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 8. Januar 1947 zu Fr. 866.67 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Herbst 1946 einem italienischen Schmuggler behilflich war, 8 Ballen Baumwollsamt, die illegal eingeführt worden waren, in Sicherheit zu bringen. Eine Beschwerde gegen diese Strafverfügung wurde vom eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement an 29. März 1947 abgewiesen.

1035 Eemy ersucht unter Hinweis auf seine Mittellosigkeit, seine Familienpflichten und sein blankes Strafregister um Begnadigung.

Der Gesuchsteller lebt mit seiner drei Kinder umfassenden. Familie in bescheidenen Verhältnissen, die sich indessen seit Erlass der Strafverfügung nicht verschlechtert haben. Seiner Lage hat sowohl die Vollzugsbehörde, wie auch das Betreibungsamt durch Gewährung von Zahlungserleichterungen Eechnung getragen. Dass Eemy überhaupt keine Zahlung leistete, zeugt von seinem offensichtlich schlechten Zahlungs willen. Zieht man ferner in Betracht, dass Bemy bereits im Jahre 1946 wegen Lieferung von Uhren zur widerrechtlichen Ausfuhr gebüsst werden musste, so erscheint er eines Gnadenaktes unwürdig.

Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir die Gesuchsabweisung.

102. Elda Ortelli, 1902, Hausfrau, Mendrisio (Tessin), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 21. Februar 1947 zu Fr. 814.17 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil sie einen Dritten dazu anstiftete, durch ihre Vermittlung italienisches, zum Teil ausdrücklich bestelltes Schmuggelgut, u. a. 19 kg Lippenstifte sowie Leder- und Textilwaren, zu beziehen. Wegen Uneinbringlichkeit ist die Busse vom Gerichtspräsidenten von Mendrisio am 27. Oktober 1948 in 82 Tage Haft umgewandelt worden.

Durch einen Eechtsanwalt ersucht Frau Ortelli um Erlass der Haftstrafe, wozu sie auf ihre kläglichen finanziellen Verhältnisse hinweist. Sie sei krank und ihre Tochter müsse sich operieren lassen. Die Busse trage ihrer Lage in keiner Weise Eechnung, und es wäre unmenschlich, wenn sie, als bisher völlig unbescholtene Frau, die 82 Tage Haft verbüssen musste. Es hätte dies auch das Auseinanderfallen ihrer Familie zur Folge.

Die Angaben der Gesuchstellerin über ihre finanzielle Lage treffen anscheinend zu. Auch ist sie tatsächlich leidend. Die eidgenössische Oberzolldirektion kommt deshalb zum Schluss, die Verbüssung der Haftstrafe musste für die Gesuchstellerin selbst und ihre Familie Folgen haben, die in ihrer Härte über das Gewollte hinausgehen. Sie befürworten deshalb den Erlass der Haftstrafe.

-- Wir können uns dieser Auffassung nicht anschliessen. Mit der Zolldirektion Lausanne sind wir vielmehr der Auffassung, die Gesuchstellerin hätte in den verflossenen
zwei Jahren wenigstens, wenn auch durch kleinste Zahlungen, ihren guten Willen bekunden können. Auch erscheint es uns angesichts der Schwere der Verfehlungen nicht angängig, Frau Ortelli völlig straflos ausgehen zu lassen. In Berücksichtigung dieser Bedenken beantragen wird deshalb die Bückwandlung der Haftstrafe und die Herabsetzung der Busse auf Fr. 80.

103. Francesco Semprini, 1888, italienischer Staatsangehöriger, Beamter der italienischen Staatsbahnen, Como, durch Strafverfügung des eidgenössischen Finanz- und Zolldepartementes vom 7. Juni 1947 zu einer Busse von Fr. 800 verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er 200 Armbanduhren im Werte von 12 000 Franken zur widerrechtlichen

1036 Ausfuhr nach Italien vermittelt hat. Eine gegen diese Straf Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom Bundesrat am 14, Mai 1948 abgewiesen.

Nach Leistung von 8 Teilzahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 300 ersucht der Verurteilte um Begna digung, wozu er geltend macht, er habe mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, die ihm angesichts des ungünstigen Lirekurses die Bezahlung des Bussenrestes unmöglich machten.

Wie die eidgenössische Oberzolldirektion berichtet, bestehen keine Möglichkeiten, die Verhältnisse des Gesuchstellers einer Überprüfung zu unterziehen.

Aber auch wenn dies möglich wäre, liesse sich Semprini gegenüber ein Gnadenakt nicht rechtfertigen, da sich dieser italienische Bahnbeamte, der als seinerzeitiger Chef der Güterexpedition in Chiasso in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu den schweizarischen Zollbehörden stand, durch sein Vorgehen jedes Entgegenkommens als unwürdig erwiesen hat. Mit der eidgenössischen Oberzolldirektion beantragen wir die Gesuchsabweisung.

104. Alfred Sonderegger, 1928, Landwirt, Lienz (St. Gallen), durch Strafverfügung der eidgenössischen Oberzolldirektion vom 9. Februar 1949 zu Fr. 708.89 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er im Auftrag eines Dritten und gegen Entschädigung unter verschiedenen Malen versteckt in Kiesfuhren erhebliche Mengen Kugellager aus Österreich einschmuggelte.

Kurz nach Eröffnung der Strafverfügung ersuchte Sonderegger um Erlass des geschuldeten Betrages von Fr. 900.89, wozu er geltend machte, vermögenslos zu sein. Auch habe er sozusagen keinen Verdienst, da er im elterlichen Betrieb mitarbeite, Sem Vater hätte bereits eine grosse Summe bezahlen müssen, da er vom österreichischen Zoll verhaftet worden sei und mitsamt dem Pferdegespann habe ausgelöst werden müssen. Die Zollverwaltung sei in vollem Um-fang durch die beschlagnahmte Ware entschädigt. Auch sei er im Zeitpunkt der Tatbegehung noch nicht volljährig gewesen und habe sich von den Folgen seines Verhaltens keine Bechenschaft gegeben.

Auf das Gesuch kann nur eingetreten werden, soweit es sich auf die Busse von Fr. 708.89 bezieht. Der überdies geschuldete Betrag für Zoll, WarenumsatzSteuer, Gebühren und Kosten kann, da es sich nicht um Strafen handelt, nicht erlassen werden. Die beschlagnahmte Ware, die übrigens
nicht Eigentum Sondereggers war, haftet als Zollpfand für sämtliche in dieser Strafsache ausgesprochenen Bussen und Zölle, und es steht noch nicht fest, ob ihm überhaupt etwas angerechnet werden kann.

Der Gesuchsteller arbeitet für freie Station und ein Sackgeld bei seinen Eltern, so dass es ihm schwer fallen wird, diese Schuld zu begleichen. Trotzdem können wir ein Entgegenkommen nicht befürworten. Einmal spricht es gegen den Gesuchsteller, wenn er als Grenzbewohner behauptet, sich der Widerrechtlichkeit seines Vorgehens nicht bewusst geweseü zu sein, und zudem hat er sich um die Bezahlung der Busse überhaupt nicht bemüht, sondern sofort

1037 nach Eröffnung der Straf Verfügung ein Begnadigungsgesuch eingereicht. Wir beantragen mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

105. Herbert Tägtmeier, 1908, deutscher Staatsangehöriger, gewesener Zollassistent der deutschen Eeichsbahn, Markt (Baden/Deutschland), durch Strafverfügung der Zolldirektion Basel vom 9. Juli 1948 zu Fr. 194.24 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er einen Mitangeklagten beim Einfuhrschmuggel von Fahrradnaben über das Areal des badischen Bahnhofs behilf lieh war und für diesen selbst eine Zündlichtmaschine und ein Boschhorn auf dem gleichen Weg einschmuggelte, beides unter Ausnützung seiner Vertrauensstellung als Zollassistent bei der deutschen Eeichsbahn.

Der Verurteilte ersucht nach Bezahlung von Fr. 100 um Erlass des sich nach Anrechnung eines Verwertungserlöses von Fr. 19.60 noch auf Fr. 74.68 belaufenden Bussenrestes. Er macht geltend, er habe sich zur Zeit der Tatbegehung in einer Notlage befunden und sich deshalb zu diesen Verfehlungen verleiten lassen. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft sei er buchstäblich vor dem Nichts gestanden, hätte seine Geschwister und eine Schwägerin mit 2 Kindern unterstützen sollen; die Mutter sei an Hungertyphus gestorben.

Als Folge seines Schmuggels sei er von den deutschen Behörden nicht nur zu einer Zollbusse von EM 157 verurteilt, sondern auch seines Dienstes enthoben worden.

Die Zolldirektion Basel bezeichnet die nicht näher überprüfbaren Angaben des Gesuchstellers als glaubwürdig. Auch treffe zu, dass er im Dienst eingestellt worden sei. Die bezahlten Fr. 100 habe er geliehen. Die Oberzolldirektion kommt deshalb in Übereinstimmung mit der Zolldirektion Basel zum Schluss, dem Gesuche könne in Anbetracht der geschilderten Umstände und des bewiesenen Zahlungswillens entsprochen werden. Wir stimmen dieser Auffassung zu und beantragen den Erlass des Bussenrestes.

106. Paul Bock, 1906, deutscher Staatsangehöriger, Schlosser, Lörrach (Deutschland), durch S traf Verfügung der Zolldirektion Basel vom 9. März 1948 zu Fr. 45,12 Busse verurteilt, unter Nachlass eines Drittels wegen vorbehaltloser Unterziehung, weil er seine Tochter im Oktober 1947 anstiftete, unter zweien Malen ein Quantum Zementfüller für Zahnärzte in die Schweiz einzuschmuggeln.
Nachdem der Verurteilte zur Zahlung der Busse aufgefordert worden war, ersuchte er um Erlass der Strafe, wozu er seine missliche finanzielle Lage sowie seinen angegriffenen Gesundheitszustand geltend machte.

Da Eöck bisher überhaupt nichts unternommen hat, um seine Busse zu tilgen oder Zahlungserleichterungen zu erwirken, anderseits wegen seines Wohnsitzes im Ausland die Angaben über seine persönlichen und finanziellen Ver-

1038 hältnisse nicht überprüft werden können, beantragen wir mit der eidgenössischen Oberzolldirektion die Gesuchsabweisung.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 18. Mài 1949.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Max Petitpierre Der Bundeskanzler: Leimgruber

1039

Anhang Verzeichnis der in diesem Bericht unterbreiteten Begnadigungsgesuche.

Angriffe

auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft:

62. Fritz Weilenmann, 1917, Dr. phil., zurzeit in Strafhaft in der kantonalen Strafanstalt in Regensdorf (Zürich), 63. Ernst Eichenberger, 1907, Kaufmann, Strengelbach (Aargau), zurzeit in der Strafanstalt Lenzburg, 64. Siegfried Wildi, 1877, Dr. phil., Fabrikant, Graz (Österreich).

Zollvergehen: 65.

66.

67.

68.

69.

70.

71.

72.

73.

74.

75.

76.

77.

78.

79.

80.

81.

82.

83.

84.

85.

86.

87.

Ugo Silva, 1920, italienischer Staatsangehöriger, Juwelenhändler, Como (Italien), Emil emund, 1922, gew. Grenzwächter, Leimbach (Thurgau), Johann Oesch, 1915, Kaufmann-, Balgach (St. Gallen), Luigi Crivelli, 1923, Chauffeur, Caslano (Tessin), Samuel Félix, 1897, Landwirt, Plan-les-Ouates (Genf), Jacques Delarue, 1920, Landwirt, Hermance (Genf), Armin Weiszberger, 1911, ungarischer Staatsangehöriger, Kaufmann, Brüssel (Belgien), Osvaldo Ortelli, 1901, Bäcker, Mendrisio (Tessin), Hedwig Brosi, 1901, Hausfrau, Davos (Graubünden), Letizia Albisetti, 1914, Hausfrau, Morbio-Inferiore (Tessin), Jean Geiser, 1912, Viehhändler, Ferney-Voltaire (Frankreich), Raymond Berset, 1921, Schneider, Freiburg, Isidoro Caminada, 1912, Bäcker, Mendrisio (Tessin), Gerfaut Ris, 1915, Kaufmann, Genf, François Kobylinsky, 1881, polnischer Staatsangehöriger, Ingenieur, Bern, Pietro Balestra, 1898, Kaufmann, Chiasso (Tessin), Bernhard Krebs, 1918, Typograph, Genf, Alfredo Lepori, 1920, Gemeindeangestellter, Roveredo-Capriasca (Tessin), Marie Bartholdi 1909, Hausfrau, Berg (St. Gallen), Irma Marclay, 1899, Krämerin, Fenebey/Morgins (Wallis), Enrico Casellini, 1897, Waldarbeiter, Pugerna (Tessin), Romeo Nesa, 1912, Vertreter, Locamo (Tessin), Giuseppe Poncioni, 1897, Wirt, Cavigliano (Tessin),

88. Marguerite Girard, 1897, Hausfrau, Genf, 89. Albert Girard, 1922, Vertreter, Genf, 90. Jean Pernoud, 1917, Landarbeiter, Plan-les-Quates (Genf),

1040 91.

92.

93.

94.

95.

96.

97.

98.

99.

100.

101.

102.

103.

104.

105.

106.

Ambrogio Frigerio, 1910, Gipser, Soragno (Tessin), Speranza Gamboni, 1925, Fabrikarbeiterin, Oftringen (Aargau), Giuseppe Frigerio, 1915, Landwirt, Soragno (Tessin), Johann Tscherrig, 1907, Bäcker und Handlanger, Gondo (Wallis).

Jakob Werner, 1910, deutscher Staatsangehöriger, Kaufmann, Konstanz (Deutschland), Walter Egger, 1903, Chauffeur, Basel.

Mario Cattaneo, 1921, Kaufmann, Vacallo (ïessin), Renato Canonica, 1916, Zuschneider, Dino (Tessin), Diomira Canonica, 1912, Hausfrau, Dino, Erwin Wullschleger, 1912, Kaufmann, Biel (Bern), Pietro Remy, 1913, Handelsvertreter, Vacallo (Tessili), Elda Ortelli, 1902, Hausfrau, Mendrisio (Tessin), Francesco Semprini, 1888, italienischer Staatsangehöriger, Beamter der italienischen Staatsbahnen, Como, Alfred Sonderegger, 1928, Landwirt, Lienz (St. Gallen), Herbert Tägtmeier, 1908, deutscher Staatsangehöriger, gew. Zollassistent der deutschen Reichsbahn, Markt (Baden/Deutschland), Paul Rock, 1906, deutscher Staatsangehöriger, Schlosser, Lörrach (Deutschland).

8542

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Junisession 1949) (Vom 18. Mai 1949)

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19.05.1949

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