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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Kozession einer Eisenbahn von Spiez über Wimmis nach Erlenbach.

(Vom 21. Juni 1890.)

Tit.

Unterm 17. April 1890 reichten die Herren J. J. R e b m a n n , Nationalrath in Erlenbach, und H ad o r n, Großrath in Latterbach, im Namen eines Gründungskomites ein Konzessionsgesuch für eine normalspurige Eisenbahn von S p i e z über W i m m i s nach E r l e n b a c h ein.

In dem beigegebenen allgemeinen Bericht wird das Gesuch an und für sich und speziell neben demjenigen für eine Schmalspurbahn von Vivis über Bulle und durch das Simmenthal nach Thun im Wesentlichen folgendermaßen begründet : Da gegründete Aussicht vorhanden sei, daß die Linie Scherzligen-Därligen in nächster Zeit erstellt werde, so sei damit auch die Möglichkeit gegeben, das Simmenthal durch eine normalspurige Abzweigung nach Erlenbach einerseits in der Richtung von Thun, andrerseits in der Richtung nach dem Oberland, in eine rationelle Verkehrsverbindung zu bringen.

Die Hauptindustrie des Simmenthales sei die Viehzucht und die dortigen Märkte, namentlich diejenigen von Erlenbach, seien nach und nach zu größter Bekanntheit im In- und Auslands gelangt. Das Ungenügende der vorhandenen Verkehrsmittel werde aber je länger je fühlbarer und thäte der Konkurrenzfähigkeit des Simmenthales gegenüber ändern Marktorten erheblichen Abbruch.

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Die projektirte Zweiglinie nach Erlenbach habe den Zweck, diesen Mängeln in möglichst rationeller Weise, soweit dermalen möglich, abzuhelfen. Eine schmalspurige Simmenthaibahn möge den Bedürfnissen des Fremdenverkehrs wesentlich dienen, nicht aber den für das Simrnenthal in erster Linie stehenden Interessen der Viehzucht.

Eine schmalspurige Bahn besitze einmal nicht das nöthige Rollmaterial , um an großen Markttagen,. wo in Erlenbach bis 5000 Stück Vieh aufgeführt werden , genügen zu können ; sodann bedinge sie, eine Umladung auf die normalspurige Bahn, ein Umstand, der ihre Benutzung namentlich für den Transport von Vieh wesentlich beeinträchtige. Gestützt auf bisherige statistische Beobachtungen und Feststellungen wird angenommen, daß wenigstens 20,000 Stück Vieh auf der Strecke Erlenbach-Spiez zum Transport gelangen werden ; würde nur eine schmalspurige Bahn zur Verfügung stehen, so wäre mit Rücksicht auf die damit verbundenen oben erwähnten Uebelstände der größte Theil davon vom Transporte durch die Bahn ausgeschlossen.

Mit Bezug auf das gleichzeitig bei den Bundesbehörden eingereichte Konzessionsgesuch für eine Schmalspurbahn Thun-BulleGenfersee wird bemerkt, daß das eine das andere nicht ausschließe und beide neben einander Platz hätten, da die.wirthschaftliche Bedeutung der beiden Projekte eine verschiedene sei und dieselben gar nicht die gleichen Ortschaften und Gegenden bedienen. Sie haben allerdings beide e i n e n gleichen Berührungspunkt, Erlenbach.

Von da ab aber scheiden sich die beiden Linien ; die eine führe über Latterbach nach Reutigen und Thun, die andere über Oey nach Wimmis und Spiez, von wo aus man nach dem Oberlande einerseits, nach Thun andrerseits gelange.

Die projektirte Linie würde vom Bahnhof Spiez der Linie Scherzligen-Thun (Cote 627 m. ü. M.) abzweigen, über Lattigwn, die Kander übersetzend, nach Wimmis, dem Amtssitze des Niedersimmenthalt'S, und von da nach dem am Eingang des Diemtigthales gelegenen Oey gelangen, um nach Uebersetzung der Simme die Endstation Erlenbach (auf Cote 690 m. ü. M.) zu erreichen. In Wimmis und Oey sind Stationen vorgesehen, von denen die letztere gleichzeitig die Ortschaft Latterbach auf der ändern Seite der Simme bedienen würde. Der Bahnhof in Erlenbach soll so angelegt werden, daß der Einmündung einer durchgehenden Simmenthaibahn
ThunBulle-Genfersee in keiner Weise präjudizirt werde. Die Steigungsund Richtungsverhältnisse der Linie sind im Allgemeinen günstige.

Die Steigungen würden 12,9 °/oo nicht überschreiten und der kleinste Krümmungshalbmesser ist zu 250 Meter angenommen. Die Gesammtlänge der Linie beträgt 10,soo km. Besondere technische Schwierig-

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keiten bietet die Linie nicht. Als größere Arbeiten werden die beiden Brücken über Kander und Simtne und ausgedehnte Felssprengungen längs der Burgfluh bei Wimmis erwähnt.

Die Anlagekosten werden folgendermaßen veranschlagt : 1. Finanzirung, Studien, Vorarbeiten, Bauleitung und Verwaltung Fr.

86,400 2. Kapitalverzinsung und Geldbeschaffung . . ,, 86,400 3. Expropriation ,, 162,000 4. unterbau ,, 756,000 5. Oberbau · . . ,, 345,000 6. Hochbau ,, 129,600 7. Rollmaterial ,, 108,000 8. Telegraph, Signale, Verschiedenes . . . . ,, 12,960 9. Mobiliar und Geräthschaften ,, 10.800 10. Unvorhergesehenes . ,, 172,840 Zusammen Fr. 1,870,000 oder rund Fr. 173,000 per Kilometer.

Mit Bezug auf das Rollmaterial wird bemerkt, daß der devisirte Betrag nur für allfälliges kleineres Betriebsmaterial berechnet sei, indem vorgesehen werde, daß die Gesellschaft der linksufrigen Seebahn den Betrieb übernehmen werde. Für Selbstbetrieb müßte der Posten Rollmaterial um das Fünffache erhöht werden.

Was die Rentabilität anbelangt, so geht das Grund ungskomite von folgenden Voraussetzungen aus : Die Einnahmen werden veranschlagt auf Fr. 15,000 per Kilometer, oder zusammen auf 11 X Fr- 15,000 . . . Fr. 165,000 wovon in Abzug gebracht werden : o. Betriebskosten Fr. 77,000 b. Einlage in Reserve- und Bauerneuerungsfonds ,, 5,500 ,, 82,500 Bleiben Fr. 82,500 was für das Anlagekapital von rund Fr. 1,870,000 eine Rendite von 4,4 °/o ergibt.

Aus allen betheiligten Gemeinden des Niedersimmenthals habe sich ein Gründungskomite gebildet und es finde das Projekt überall günstige Aufnahme. Die Mittel zur Aufnahme der definitiven Studien seien bereits zusammengelegt und bezugliche Verträge mit Technikern

539 abgeschlossen. Die Petenten zweifeln auch keinen Augenblick daran, daß der Staat Bern dieses volkswirtschaftlich gerechtfertigte Unternehmen, wie andere ähnliche Untemeli in ungen, angemessen unterstützen werde. Da auch die Linie Scherzligen Därligen ein großes Interesse an der Verkehrszuwendung aus dem Simmenthal habe, so werde auch dieses Unternehmen Veranlassung nehmen, die Abzweigung nach Erlenbach finanziell zu unterstützen.

Die Regierung des Kantons Bern erhob gegen das vorliegende Bahnprojekt keine Einwendung und empfahl die Ertheilung der Konzession; dagegen verwies sie in ihrer Vernehmlassung über das Konzessionsgesuch für die Linie Vivis-Bulle-Thun auf eine Verständigung zwischen den Konzessionären der beiden Projekte VivisThun und Spiez-Erlenbach und bot zu deren Herbeiführung ihre Mitwirkung an.

Eiae solche Vereinbarung kam jedoch nicht zu Stande und es hielten beide Petenten ihre resp. Gesuche aufrecht. Wie in der Botschaft betreffend Konzession der Linie Vivis-Bulle-Thun des Nähern ausgeführt ist, schließen sich aber die beiden Projekte keineswegs nothwendig aus, sondern haben neben einander selbstständige Existenzberechtigung. Indern wir auf das in der erwähnten Botschaft Gesagte verweisen, beantragen wir daher, die anbegehrte Konzession unter den im nachfolgenden Beschlußentwurf aufgestellten Bedingungen zu ertheilen.

In Art. 14 sind auf Wunsch des Regierungsvertreters und unter Zustimmung der Gesuehsteller drei, statt der anfänglich bloß vorgesehenen zwei Wagenklassen vorgeschrieben, was allerdings im Hinblick auf eine Verständigung mit der Unternehmung der Bahn Vivis-Thun, welche drei Klassen vorsieht, angemessen erscheint.

Was die Taxen anbelangt, so beanspruchen die Petenten nicht unwesentlich höhere Ansätze als diejenigen der Normalkouzession.

Die Steigungsverhältnisse der Linie rechtfertigen nun freilich eine Erhöhung nicht, dagegen ist der Begründung mit den bei einer so kurzen Linie (10 km.) verhältnißmäßig hohen Anlage- und Betriebskosten die Berechtigung nicht abzusprechen. Es sind denn auch aus diesem Grunde ändern, kleinern Unternehmungen höhere als die Normal-Taxen admittirt worden, obwohl keine größern Steigungen vorkamen. Wir verweisen diesfalls auf die ganz ähnliehe Verhältnisse aufweisende Traversthalbahn (Länge 14 km., Maximalsteigung 15°/oo), welche
Personentaxen von 8,5 und 6,5 Rp.

(.s. E. A. S. VII, 141) bezieht, und die Langenthal-Huttwyl-Bahn (Länge 15 km., Maximalateigung 25 °/oo), deren Personentaxen von 10 und 7 Rp. für II. und IH. Klasse betragen (ib. VIII, 85),

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und Murten-Freiburg (Länge 17 km., Maximalsteigung 25 °/oo), deren Personentaxen auf 8 und 6 Rp. für II. und III. Klasse festgesetzt sind. Nachdem sich die Petenten bereit erklärten, eine Taxreduktion schon eintreten zu lassen, wenn der Reinertrag 3 Jahre fü n f Prozent beträgt (statt sonst sechs, s. Art. 24), so wollen wir gegen die vorgeschlagenen Taxen Einsprache nicht erheben.

Da die erhöhten Ansätze aber ihre Berechtigung verlieren, sobald das Unternehmen nicht mehr isolirt für sich bleibt, sondern mit einem ändern, z. B. Vivis-Thun, vereinigt wird, so haben die Konzessionsbewerber ausdrücklich erklärt, alsdann die Normaltaxen, wie für Vivis-Thun, anzunehmen.

Im Uebrigen haben wir zu dem Konzessionsentwurf, welcher die Bedingungen der Normalkonzession enthält, keine weitern Bemerkungen anzubringen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 21. Juni 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

L. Ruchonuet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Spiez über Wimmis nach Erlenbach.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe des Gründungskomites für eine Eisenbahn von Spiez über Wimmis nach Erlenbach, vom 17. April 1890; 2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 21. Juni 1890; beschießt: Den H. H. J. J. R e b m a n n , Nationalrath, Präsident, und Ha d o r n , Großrath, Sekretär, handelnd Namens eines Gründungskomites, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von S p i e z über W i m m i s nach E r l e n b a c h unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitem Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit normalspurigem Unterbau und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Statiocea und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benützung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigeufalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei alleo Stationen erfolgen.

Die Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrathe vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aen-

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derungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personeabefórderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 15 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 10 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt, werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 7 Rp. per ,100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20°/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens zwölftnaligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren.

Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

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Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 18 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 12 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 6 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 3 Rp., die niedrigste nicht über 2 Rp. per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stucksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Wertiie soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rp. zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 % und diejenige für Waaren um 100% des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rp. festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bèi ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Trausport von Getreide, Mehl, öülsenfrüchten,

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Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer" gerechnet. In "Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogrnrnm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathee zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

sind

Art. 23. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen fünf Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung'.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger

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Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch dei- Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniss zu geben.

fe. Durch den Rückkauf wird der Ruckkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechtehinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande, abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genügegethann werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von derRückkaufssummee in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25 fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notitizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 21/2 fachenn Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, d20 fa0faeben Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug Erneuerungs-ngs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch

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letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäu'fevs entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung ^u bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art.26 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

An. 28. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Spiez über Wimmis nach Erlenbach. (Vom 21. Juni 1890.)

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Jahr

1890

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3

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27

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

28.06.1890

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536-547

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