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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Spiez nach Frutigen.

(Vom 29. November 1890.)

Tit.

Mit, Eingabe vom 21. Oktober d. J. bewerben sich die Herren A. G. B il h l er, Nationalrath in Frutigen, und H a n s H o f s t e t t e r im Heustrich um die Konzession für Bau und Betrieb einer Normalspurbahn von S p i e z nach F r u t i g e n .

Das Bedürfniß nach Erstellung einer Normal bahn in das verkehrs- und gewerbereiche Frutigthal habe sich schon seit vielen Jahren geltend gemacht und sei in letzter Zeit, je mehr sich der Verkehr steigerte und je weiter sich das schweizerische Eisenbahnnetz ausdehnte, immer mächtiger geworden. So habe die Bevölkerung des Frutigthales alle Anstrengungen gemacht, die Bahnverbindung zwischen Scherzligen und Därligen, durch welche das Frutigthal einer Bahnstation um 10 km. näher gerückt werde, in's Leben zu rufen, und jetzt, nachdem diese Linie gesichert und die Möglichkeit eines nähern Anschlusses gegeben sei, werde von der dortigen Bevölkerung allgemein und lebhaft gewünscht, es möchte von der Station Spiez weg bis Frutigen, dem Bezirkshauptorte, eine Zweigbahn erstellt und so das Frutigthal mit Thun, dem Simmenthal und dem engern Oberland in eine rationelle Verkehrsverbindung gebracht werden.

Die Haupterwerbsthätigkeit der Bevölkerung des Frutigthales sei Viehzucht und es erfreuen sich die Märkte von Aeschi, Reichenbach und Frutigen schon jetzt des besten Rufes und großer Fre-

35 quenz. Bei bessern Verkehrsverhältnissen werde sich letztere und der schon jetzt per Jahr wenigstens 6000 Stück Viehwaare betragende Export wesentlich steigern.

Daneben seien aber auch verschiedene Industrien im Frutigthale heimisch. So beschäftige die Zündhölzchenfabrikation viele hundert Arbeiter und ebenso die Ausbeutung der Schiefergruben und die Verarbeitung des gewonnenen Schiefers zu Schreibtafeln; letztere Industrie namentlich gewinne von Jahr zu Jahr an Bedeutung, indem schun jetzt circa 6000 Tonnen Schiefertafeln per Jahr exportirt werden.

Zur Hebung der Fremdenindustrie werden mit bestem Erfolg stetsfort große Anstrengungen gemacht. Das an Naturschönheiten reiche Frutigthal werde immer mehr von Erholungsbedürftigen und Touristen besucht. Heustrichbad genieße eines Weltrufes und die Luftkurorte Aeschi, Frutigen, Blausee, Adelboden und Kandersteg erfreuen sich stets steigender Frequenz, namentlich aber gewinnen die Gebirgsübergänge über die Gemmi und den Lötschberg stets an Bedeutung.

Nach Mitgabe gemachter Erhebungen über den gegenwärtigen Verkehr glaubt das Gesuch schon für die ersten Jahre auf eine Frequenz der Bahn Spiez-Frutigen von wenigstens 120,000 Personen und 20,000 Tonnen Güter rechnen zu dürfen.

An der Erstellung einer Zweigbahn von Spiez nach Frutigen habe die Thunerseebahn ein großes, naheliegendes Interesse; es dürfe daher auf deren finanzielle Unterstützung und eventuell auf Uebernahrne des Betriebes durch dieselbe gerechnet werden.

Schließlich wird auch noch auf die Möglichkeit der spätem, durch den Simplondurchstich bedingten Erstellung einer Gemmi- oder Lötschbergbahn hingewiesen, wodurch dann die Zweigbahn SpiezFrutigen zum Bestandtheil einer internationalen Linie erhoben würde.

Die Bahn zweigt nach dem ursprünglichen Projekt bei km. 2,2, d. h. schon auf dem linken Kanderufer, von der projektirten Linie Spiez-Erlenbach ab, wendet sich in einem großen Bogen dem Frutigthale zu, die Wimmisstraße schneidend, nähert sich bei km. 5,* der Kander, die sie bei km. 6 überschreitet, um das günstigere Terrain der rechten Thalseite zu gewinnen, welcher sie folgt bis obenher Reichenbach, wo etwa bei km. 10,s die Kander neuerdings übersetzt wird. Von hier folgt das Tracé mehr oder weniger der Staatsstraße, immer zwischen dieser und der Kander sich haltend, bis Frutigen, wo es die Endstation unterhalb des Dorfes auf Cote 782 m. ü. M. erreicht. Weitere Stationen sind vorgesehen für Aeschi und Heustrich bei km. 6,6 und bei Reichenbach.

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Die Anlage ist entsprechend der Thunerseebahn und der Abzweigung Spiez-Evlenbach normal- und einspurig vorgesehen. Die Steigungen werden ein Maximum von 15 °/oo voraussichtlich nicht überschreiten. Als Minimalradius für Kurven ist ein solcher von 250 m. angenommen. Die ganze Betriebslänge von Spiez bis Frutigen beträgt 15,i km , die bauliche Länge, vom Anschluß bis Frutigen, blos 13 km.

Anläßlich der konferenziellen Verhandlungen haben sich Petenten mit dem Postulate unseres Eisenbahndepartements, es sei der Anschluß, statt auf offener Strecke, im Bahnhof Spiez zu bewerkstelligen, einverstanden erklärt.

Besondere bauliche Schwierigkeiten seien nicht vorhanden. An einigen Stellen, besonders bei km. 7--8, müßten größere Erdarbeiten und Stützmauern ausgeführt werden; sonst seien als größere Objekte zu nennen : 2 Kanderbrücken und einige Uebergäage über Wildbäche.

Die Konstruktionstypen für Unterbau, Oberbau und Hochbau sollen denjenigen der Thunersee- und Spiez-Erlenbach-Bahn entsprechen. Ebenso soll in Voraussicht gemeinsamen Betriebes das Roll materia! analog gehalten werden.

Die Anlagekosten werden veranschlagt wie folgt: 1. Allgemeine Verwaltung, Projektverfassung und Bauleitung Fr.

90,000 2. Kapitalbeschaffung und Zinse ,, 100,000 3. Expropriation ,, 260,000 4. Unterbau ,, 960,000 5. Oberbau ,, 390,000 6. Hochbau ,, 130,000 7. Telegraph, Abschluß etc 30,000 T 8. Rollmaterial ,, 220,000 9. Mobiliar und Gerätschaften ,, 20,000 zusammen Fr. 2,200,000 oder rund Fr. 169,000 per Kilometer.

In Bezug auf die Rentabilität sieht das Gesuch vor an Einnahmen aus dem Personenverkehr 120,000 Personen à Fr. 1. 20 Fr. 144,000 aus dem Gepäckverkehr ,, 11,000 Güter, 20,000 Tonnen à Fr. 1. 50 ,, 30,000 Vieh ,, 6,000 zusammen Fr. 191,000 Hievon ab Betriebskosten (Fr. 6000 per km.) . . ,, 90,000 Bleiben

Fr. 101,000

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was nach Abzug von Fr. 11,000 für Speisung der Spezialfonds noch eine Verzinsung des Anlagekapitals zu rund 4 °/o erlauben würde.

Die zur Vernehmlassung über das vorliegende Gesuch eingeladene Regierung des Kantons Bern erhebt gegen Ertheilung der Konzession keine Einwendungen.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 20. November statt und ergaben allseitige Zustimmung zu dem untenfolgenden Konzessionsentwurf, nach welchem wir Ihnen die Konzessionsertheilung beantragen.

Die einzelnen Bedingungen entsprechen durchwegs den für die Zweigbahn Spiez-Wimmis-Erlenbach durch Ihren Beschluß vom 27. Juni d. J. aufgestellten und bedürfen daher keiner weitern Begründung, da die Verhältnisse bei diesen beiden Unternehmungen ganz analoge sind. Eine Abweichung besteht blos darin, daß für Spiez-Frutigen nur zwei Wagenklassen vorgeschrieben sind, was für eine solche Zweigbahn ohne Fortsetzung wohl genügen kann. Stellt sich später wider Erwarten das Bedürfniß nach einer I. Klasse ein, so wird deren Einführung nichts im Wege stehen.

Für die etwas hohen Taxen sprechen die schon für Spiez-Erlenbach angeführten Gründe. Entsprechend ist auch im Art. 24 der Prozentsatz Reinertrag, welcher zur Taxreduklion verpflichtet, auf 5 statt wie gewöhnlich 6 °/o normirt. Die Taxen für die letzte Vieh- und Güterklasse ist gegenüber Spiez-Erlenbach etwas herabgesetzt, wogegen die Petenten nicht Widerspruch erhoben.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 29. November 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

L. Ruchounet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Rangier.

38 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Spiez nach Frutigen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der Herren A. G. Buhler, Nationalrath, und Hans Hofstetter, vom 21. Oktober 1890; 2) einer Botschaft des Bundesrathes. vom 29. November 1890, beschließt: Den Herren A. G. B u h l er, Nationalrath, in Prutigen, und Hans H o f s t e t t e r , in Heustrich, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von S p i e z nach F r u t i g e n unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Bern.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 30 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschrifts-

39 mäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 9 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 30 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit oder die Bedürfnisse des Betriebes geboten ist.

Art. 8.

Die Bahn wird normalspurig und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur "Ordnung, gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens drei Mal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrathe vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

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Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, filr den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 10 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen filr die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegton zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 7 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

a Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 18 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 12 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste m'cht über 3 Rappen, die niedrigste nicht über l l /a Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit dm Personenzügen traosportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten

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Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesraihe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife" sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen fünf Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger

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Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnuug eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unters!ützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 26. Für die Gel tend machung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

, b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigeuthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 x /2fachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch'

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letztem auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

. Art. 27. Hat der Kanton Bern den Rückkauf der Bahn be werkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 deflnirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Eisenbahn von Spiez nach Frutigen. (Vom 29. November 1890.)

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06.12.1890

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