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Schweizerisches Bundesblatt.

42. Jahrgang. III.

Nr. 28.

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5. Juli 1890.

Botschaft des

·

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Regionalbahn von Saignelégier nach Chaux-de-Fonds.

(Vom

25. Juni 1890.)

Tit.

Mit Eingabe vom 14. eingelangt am 20. März d. J. bewerben sich die HH. B o u c h â t , Regierungsstatthalter, und K. V i a 11 e, Notar, in Saignelégier, handelnd Namens eines Initiativkomites, um die Konzession für eine schmalspurige Regional bahn von S a i g n e l é g i e r nach C h a u x - d e - F o n d s .

In der Darstellung der wirthschaftslichen Begründung und Bedeutung, sowie der technischen und finanziellen Grundlagen des Projektes können wir uns kurz fassen, da die sehr einläßlich gehaltenen Berichte zu dem Konzessionsgesuche gedruckt und zu einer Broschüre vereinigt vorliegen,. welche mit - gegenwärtiger Botschaft und zugehöriger Uebersichtskarte in Ihre Hand gelangen wird.

In dem allgemeinen Bericht führen die Gesuchsteller aus, daß sich das Bedürfniß einer Eisenbahnverbindung zwischen den Freibergen und Chaux-de-Fonds, dem Hauptabsatzplatz für die Erzeugnisse der Industrie und der Landwirtschaft der Gegend, schon seit Langem fühlbar mache. Nicht nur ihre Industrieprodukte setzen die Freiberge in Chaux-de-Fonds ab, sondern sie versehen letzteres auch fast ausschließlich mit déni nöthigen Bau- und Brennholz, wie sie anderseits, trotz der ungünstig angelegten Straße, über Chauxde-Fonds den größten · Theil ihrer Vorräthe aller Art beziehen.

Schon im Jahr 1882 habe sich in-Saignelégier ein Initiativkomite Bundesblatt. 42. Jahrg. Bd. III.

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594 konstituirt und bezügliche Studien macheti lassen. Verschiedene Umstände hätten sich aber dann der Realisirung des Projektes hindernd in den Weg gestellt. Gegen Ende des letzten Jahres sei in Saignelégier ein neues Komite gebildet worden, dem auch zwei Mitglieder aus Chaux-de-Fonds beigesellt wurden.

Die projektirte Linie hat zum Ausgangspunkt Saignelégier (Cote 980), den Hauptort des Amtsbezirkes Freibergen, durchschneidet oder berührt auf Bernergebiet die Ortschaften Muriaux, les Emibois, Noirmont, le Boéchet, les Bois, la Ferrière und auf Neuenburgergebiet la Cibourg, Be.llevue (Cote 1076,5, Kulminationspunkt der Linie) und endigt im Bahnhof Chaux-de-Fonds (Cote 1010,49) des Jura-Neuchâtelois. Bei den erwähnten Ortschaften sind Stationen vorgesehen und ferner bei der ,,Place d'armes"1 in Chaux-de-Fonds.

Ungefähr 500 m. vor dem Bahnhof Chaux-de-Fonds vereinigt sich das Tracé mit demjenigen der Eisenbahn Ponts-Sagne-Chaux-deFonds, deren Geleise bis zum Bahnhofe benutzt werden soll.

Die Gesammilänge der Linie beträgt 26,600 km. und zwar entfallen 7,8 km. auf Neuenburger-, 18,7 km. auf Bernergebiet. Dabei siud 9,780 km. Kurven und 16,770 km. Gerade'. Die Spurweite ist zu l m., der kleinste Kurvenhalbmesser zu 9 0 m . angenommen; die größte Steigung wird 25 °/oo betragen und auf rund 8 km. zur Anwendung kommen. Innert den damit gegebenen Grenzen soll sich das Tracé dem Terrain anschmiegen, um größere Erdbewegungen möglichst zu vermeiden.

In Voraussicht eines gemeinschaftlichen Betriebes mit der Linie Ponts-Chaux-de-Fonds soll nicht nur die bauliche Anlage, sondern auch das Rollmaterial den Normalien jener Bahn entsprechen.

Die Baukosten werden auf Fr. 1,335,000 veranschlagt und setzen sich folgendermaßen zusammen: 1. Vorarbeiten, Gründungskosten Fr.

15,000 2. Bauaufsicht und Verwaltungskosten . . . ,, 45,000 3. Bauzinsen ,, 1,000 4. Grunderwerb ,, 52,000 5. Unterbau ^ 424,000 6. Oberbau ,, 471,000 7. Hochbau ,, 62,000 8. Abschluß und Signale ,, 27,500 9. Rollmaterial ,, 154,700 10. Mobiliar und Gerätschaften ,, 17,000 11. Unvorhergesehenes ,, 65,800 Zusammen Fr. 1,335,00(1

595 Auf Grundlage der Ergebnisse ähnlicher Unternehmungen werden die jährliehen Betriebseinnahmen auf Fr. 152,700, die Betriebsausgaben auf Fr. 101,000 geschätzt, so daß ein Ueherschuß von Fr. 51,700 sich ergibt, der, nach Speisung des Erneuerungsund Reservefonds mit Fr. 15,120, noch eine Verzinsung des Anlagekapitals zu 2,7 °/o erlauben würde.

Das Konzessionsgesuch wurde vorschriftsgemäß den betheiligten Kantonsregierungen von Bern und Neuenburg zur Vernehm lassung mitgetheilt.

Während dasselbe dem Staatsrnth von Neuenburg zu keinerlei Einwendung Anlaß gibt, theilte dagegen der Regierungsrath von Bern mit, daß das Konzessionsbegehren bei der Bevölkerung der Freiberge sich widersprechenden Kundgebungen gerufen habe.

Auf der einen Seite sprachen sich die an der Linie Saignelégier gelegenen Ortschaften zu deren Gunsten aus, während andere, insbesondere die bedeutende Gemeinde les Breuleux, das Projekt St. ImmerSaignelégier unterstützen. Diese beiden Projekte scheinen sich gegenseitig auszuschließen, da die Mittel der Gegend die Erstellung b e i d e r Linien nicht erlauben. Die Regierung gibt dem ändern Projekt St. Immer-Saignelégier den Vorzug und erklärt daher, dem vorliegenden Konzessionsgesuch nur in zweiter Linie und bloß für den Fall zustimmen zu können, daß das von St. Immer ausgehende Projekt nicht zur Ausführung gebracht werden könnte. Dann wäre die Zustimmung und die eventuelle Mithülfe des Kantons Bern bei der Ausführung der Linie Saignelégier-Chaux-de-Fonds an die Bedingung geknüpft, daß das Unternehmen auch die Verlängerung der Tramlinger Bahn bis Saignelégier liber Les Breuleux in sich begreife. Diese letztere Linie müßte einen integrirenden Bestandteil des projektirten Netzes bilden und gleichzeitig erstellt werden.

Anläßlich der gesetzlich vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen, welche am 14. Juni d. J. stattfanden, erklärten die Petenten, zwar die Fortsetzung nach Tramlingen in's Auge fassen zu wollen, ohne aber diesfalls jetzt schon eine bindende Verpflichtung eingehen zu können, da mit der sofortigen Einbeziehung der Fortsetzung in das Projekt leicht die Verwirklichung der I. Sektion gefährdet werden könnte.

Zu der Konferenz waren auf Veranlassung der Petenten, welche eine Verständigung als möglich bezeichnet hatten, auch die Konzessionsbewerber für die Linie
St. Immer-Saignelégier zugezogen worden. Eine solche von vornherein unwahrscheinliche Verständigung kam indessen nicht zu Stande, indem die heutigen Petenten sich zu keinerlei Vergleichsvorschlägen veranlaßt sahen.

596 Was nun die ablehnende Begutachtung der Berner Regierung anbetrifft, so können wir darin einen genügenden Grund zur Verweigerung der, überdies von einem ändern, wenn auch nur am kleinern Theil der Linie interessirten Kanton befürworteten Konzession nicht erblicken. Denn es handelt sich nicht um eigentliche KonkurrenzProjekte, deren gleichzeitige Konzessionirung nach bisheriger Praxis rechtlich als ausgeschlossen betrachtet werden müßte. Beide Projekte verfolgen zwar den gleichen Zweck, nämlich den Freibergen eine bessere Verbindung für den Absatz der Erzeugnisse ihrer Industrie, Viehzucht, Land- und Waldwirtschaft, sowie anderseits für ihre eigene Verproviantirung mit Bedürfnissen aller Art, zu schaffen.

Allein der Weg, auf weichern dies erreicht und auf den der Verkehr geleitet werden soll, ist ein verschiedener, indem nach dem einen Projekt Saignelégier mit Chaux-de-Fonds, nach dem ändern dagegen mit St. Immer in Schienenverbindung gebracht werden soll.

Beide Linien sind, also selbst wenn man einzig Saignelégier in Betracht ziehen wollte, ganz wohl neben einander gedenkbar (so gut wie z B. diejenige Vevey-Thun und Spiez-Erlenbach). An jedes der Projekte knüpfen sich aber ferner noch die besonderen wirthschaftlichen Interessen der ändern zunächst berührten Ortschaften, so daß um so mehr jede der beiden Linien für sich ihre Berechtigung hat. Muß aber g r u n d s ä t z l i c h die selbstständige Existenzberechtigung beider Linien angenommen werden, so ist nach den bisher befolgten Grundsätzen auch für beide die Konzession zu ertheilen. Wenn die Hülfsmittel der Gegend die Erstellung von zwei, theilweise die gleichen Interessen bedienenden Linien nicht gestatten und f a k t i s c h die eine die andere ausschließen mag, so wird es der Regierung von Bern ein Leichtes sein, durch Ausrichtung einer Subvention dem von ihr bevorzugten Projekt zur Verwirklichung zu verhelfen. Nachdem Sie gerade in jüngster Zeit, trotz entgegen stehender Interessen der Eidgenossenschaft, eine Konkurrenzlinie zu einer bestehenden Bahn unbedenklich konzessionirten, liegt unseres Erachtens für den Bund kein Grund vor, für ein an sich existenzberechtigtes und nach der Terraingestaltung im Allgemeinen entschieden angezeigteres Projekt die Konzession zu verweigern, lediglich weil eine betheiligte Kantonsregierung einer ändern
Verbindung den Vorzug gibt.

Wir könnten auch nicht empfehlen, den Konzessionsbewerbern gegen ihren Willen die Verpflichtung zur Erstellung einer Fortsetzung nach Tramlingen aufzuerlegen, wie dies eventuell von der Regierung von Bern -verlangt wird. Ein solches Verfahren würde wiederum der bisherigen Praxis widersprechen, welche so weitgehende, unter Umständen einem Konzessionsabschlag gleichkommende Bedingungen nicht als statthaft erachtete.

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Aus den angeführten Gründen empfehlen Wir Ihnen daher, beiden in Frage kommenden Konzessionsgesuchen zu entsprechen und es den Interessenten zu überlassen, welchem Projekte sie durch ihre finanzielle Beihülfe zur Ausführung verhelfen wollen.

Dem unten folgenden Konzessionsentwurf stimmten anläßlich der Konferenz sowohl die Regierungsvertreter als die Potenten zu; va enthält derselbe keine von den üblichen abweichende Bestimmungen. In den Art. 15, 17 und 18 sind die Normaltaxen eingesetzt, dagegen in Art. 18 a die Erhöhung im Sinne der Botschaft vom 11. September 1873 nach den effektiven Steigungsverhältnissen vorgesehen. Eine zu Art. 27 vorgeschlagene redaktionelle Aenderung glaubten wir im Interesse der Beibehaltung des ständigen Wortlautes nicht vornehmen zu sollen.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 25. Juni 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bunde.spräsident:

L. Ruchoimet.

Der .Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer schmalspurigen Regionalbahn von Saignelégier nach Chaux-de-Fonds.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1) einer Eingabe des Initiativkomites für eine Regionalbahn Saignelégier-Chaux de Fonds, vom 14., eingelangt am 20.

März 1890; 2) einer Botschaft des Bundesrathes, vom 25. Juni 1890, beschließt: Den Herren B o u c h â t , Regierungsstatthalter, Präsident, und K. V i a t te, Notar, in Saignelégier, handelnd Namens eines Initiativkomites, wird zu Händen einer zu gründenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bauund Betrieb einer schmalspurigen Regionalbahn von S a i g n e l é g i e r nach C h a u x - d e - F o n d s unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Saignelégier.

599 Ari. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltuugsratbüs oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist ,,der Anfang mit den Brdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Buridesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt.

Art.. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie VTersteineruugen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeatnten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahn Verwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung ^,u stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesratlr kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll im Sommer täglich mindestens viermal, im Winter wenigstens dreimal nach beiden

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Richtungen, von einem Endpunkt der Bnhn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrathe vorbehalten.

Art. 13. Die Gesellschaft, hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Bisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöihig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der ·Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben.

Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird , ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligea Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

601 Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte dev Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp.; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp.; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waaren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stückseudungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. \v., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Wevthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

602 Die Gesellschaft ist berechtigt, dir den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18 a: Soweit Steigungen über 12 °/oo eingeführt werden, ist der Bundesrath ermächtigt, eine Erhöhung obiger Taxen im Sinne der Botschaft betreifend Taxerhöhung für Eisenbahnstrecken mit großem Steigungen, vom 11. September 1873, zu gestatten.

Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt «'erden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In Beireff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertiisendungen repräsentiren Bruchtheile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände , deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

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Art. 23. Die sämmtliehen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrnthe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten , einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für AeufFnuug eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 26. Für die Geliendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern und Neuenburg, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben dieDrittmannsrechte hinsichtlich des Pensions und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des

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durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 J /2fachen Werth ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen jSummen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder 'einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Haben die Kantone Bern und Neuenburg den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichts destoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Regionalbahn von Saignelégier nach Chaux-de-Fonds. (Vom 25. Juni 1890.)

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1890

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05.07.1890

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