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Gutachten über

die Frage: ,,Ob und unter welchen Bedingungen sowohl der Bau als der Betrieb einer Eisenbahn auf die Jungfrau ohne ausnahmsweise Gefährdung von Menschenleben (Gesundheit) möglich sei, und zwar sowohl nach dem System Köchlin als auch nach dem System Trautweiler."

Die den hohen Behörden von den Konzessionsbewerbern vorgelegten Projekte sind in der Botschaft des h. Bundesrathes (Bundesbl.

1890, III, 482) eingehend geschildert, in der Tagespresse und in Fachzeitschriften, sowie in öffentlichen Vorträgen so vielfach besprochen und erörtert worden, daß wir uns hier darauf beschränken können, die Hauptmerkmale derselben hervorzuheben : Die Jungfraubahn soll auf ein Gelände zu liegen kommen, welches durch die Höhen von 870 bis 4130 Meter über Meer begrenzt ist, und soll auf eine Länge von rund 6 Kilometer eine Höhe von beiläufig 3200 Meter überwinden. In zweien der vorgelegten Projekte -- im ersten Köchlin'schen und in jenem von Trautweiler -- ist das in der Schweiz allbekannte Seilförderungssystem zur Anwendung gedacht, während in dem zweiten Köchlin'schen, beziehungsweise Oberst Locher'schen Projekte die Förderung durch Luftdruck in Vorschlag gebracht wird.

Das Außergewöhnliche, welches der Hauptsache nach darin, daß die werden soll, welches zum großen ewigen Schnees liegt und daher den

diese Projekte bieten, besteht Bahn auf ein Terrain geführt Theile über der Grenze des ungünstigen klimatischen Ein-

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Wirkungen dieser Region direkt und indirekt im höchsten Maße ausgesetzt ist, ferner darin, daß eine steil ansteigende Rampe von bisher nicht bekannten Abmessungen ausgeführt werden soll, und darin, daß der menschliche Organismus unter Bedingungen gebracht werden soll, deren Wirkung gar nicht hinreichend erwogen ist.

Es fragt sich nun, ob und in welchem Maße die vorgeschlagenen Projekte der Ungunst dieser Verhältnisse Rechnung tragen.

Was zunächst die Gefahren anbelangt, welche aus den schädlichen W i t t e r u n g s v e r h ä l t n i s s e n hervorgehen, so besteht das einfachste und gründlichste Mittel, sich denselben zu entziehen, darin, daß man die ausgesetzten und gefährdeten Abschnitte der Bahn in das Innere des Gebirges, d. i. in einen Tunnel verlegt, wie dies bei den schon vorhandenen Alpenbahnen in ausgedehntestem Maße bereits vielfach geschehen ist. Alle drei Projekte bringen dieses Mittel in Vorschlag. Der B e t r i e b ist damit in dieser Beziehung vollkommen gesichert. Der B a u wird sich wahrscheinlich schon am meisten ökonomisch und jedenfalls in seinem Verlaufe am meisten gesichert abwickeln, wenn man die Arbeiten, wie dies Herr Oberst Locher vorschlägt, von unten nach oben vortreibt und den sicheren Tunnelraum als Förderweg benutzt. Aber auch die Einrichtung von Zwischenangriffspunkten bietet keine unüberwindlichen Schwierigkeiten und Gefahren, insofern, als man ja dabei in der Lage ist, die günstigst gelegenen Plätze auszuwählen, wirksam gegen die Unbilden der Witterung und deren Folgen zu wahren und durch geschützte Wege zugänglich zu machen. Auch ist die Ausführung steil ansteigender Tunnels (tonnlägiger Schächte) nichts Neues im Berg-, bezw. Tunnelbau. Die Gefahren dabei sind in keinem Fall größer als bei dem Bau einer großen Brücke, eines hohen Hauses oder Thurmes, und nicht zu vergleichen mit jenen, welche den Arbeitern durch schlagende Wetter in den Bergwerken oder durch Wassereinbrüche bei der Herstellung subaquaner Tunnels drohen. Zudem ist das Arbeitsfeld ein beschränktes und die Möglichkeit der Führung intensivster Aufsicht vorhanden.

Für die topographischen Arbeiten stehen uns gerade in der Schweiz die geübtesten Arbeitskräfte zur Verfügung, für welche überdies eine Gefahr nicht vorhanden zu sein braucht, wenn die für solche Fälle zur Verfügung stehenden geodätischen
Hülfsmittel benutzt, ausgiebige Schutzvorkehrungen in Anwendung gebracht werden und mit den Mitteln für die Herstellung von Tracirungswegen und Unterkunftsräumen nicht falsche Sparsamkeit getrieben wird.

612 In richtiger Erkenutniß der Gefährlichkeit dos S e i l b e t r i e b e s auf einer Steilrampe von solcher Ausdehnung haben die Projektanten der Jungfraubahn diese in mehrere Abschnitte (vier, beziehungsweise fünf) zerlegt, auf deren jedem die Bewegung der Fahrzeuge unabhängig von den ändern bewirkt wird. Dadurch wird die Betriebsgefährlichkeit auf jenes Maß herabgemindert, wie es jede der in der Schweiz schon bestehenden Seilbahnen unvermeidlich iu sich birgt. Der langjährige Betrieb dieser Bahnen hat aber gezeigt, daß die bis nun schon zur Verfügung stehenden Sicherheitsvorkehrungen ausreichend sind, um Bedenken gegen solche Anlagen zu zerstreuen.

Der Unterschied zwischen einer der Juugfrauseilrampen und einer der ändern bestehenden größern Seilbahnen wird nur darin bestehen, daß sich die Bahn hier in einem Tunnel befindet. Dies erleichtert zwar nicht den Betrieb und macht ihn für die Fahrenden auch nicht angenehmer, aber es erhöht auch nicht dessen Gefährlichkeit.

Während Herr Trautweiler die Theiluugspuukte der Jungfraurampe derart disponirt, daß sie zugleich Stationen auf bekannten Aussichtspunkten bilden, wird diese Theilung in den Köchlin'schen Projekten mehr als eine nothwendige Betriebsniaßuahme betrachtet, und Herr Oberst Locher schließt sie zunächst ganz aus, indem er an die Stelle von vier bis fünf aneinander gereihten Tunnels mit Seilrampen zwei kontinuirliche Tunnelröhren setzen will, in deren jeder sich ein Wagen in Gestalt eines durch Schienen und Rollen geführten Kolbens von kreisrundem Querschnitt durch von unten her mehr oder minder verdichtete Luft auf- und abwärts bewegen^läßt.

"0^ Diese Anwendung des dem System zu Grunde liegenden pneumatischen Prinzips ist neu, und der Erfinder bezeichnet sein sogenanntes Projekt selbst als eine Idee und nicht als ein festgestelltes Vorprojekt. Es ist in seiner theoretischen Gestaltung noch nicht einmal genügend studirt und daher weit entfernt davon, praktisch fertig zu sein. Das System wird, so gut wie jedes andere mechanische und bauliche Gebilde, bis dahin erst seinen Entwicklungsgang durchmachen müssen. Man würde aber den theoretisch richtigen Grundgedanken und die Leistungsfähigkeit der Technik unserer Zeit verkennen, wenn man behaupten wollte, es sei dies nicht möglich. Gelingt die Dichtung des Kolbens in dem Tunnelrohr, worüber
praktische Versuche bald Aufschluß geben können, dann hätten wir ein Bergbahnsystem vor uns, welches allen anderen in Bezug auf Sicherheit überlegen werden kann. Die Versuche werden

613 auch ergeben, welche Geschwindigkeit eingehalten werden muß und was für Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen, um den gefahrlosen Betrieb zu ermöglichen. Das Festrennen oder Abstürzen des Wagens wird dann weniger zu fürchten sein, als man sich jetzt vor den Folgen des Seilbruches einer der bestehenden Seilbahnen fürchtet. Dies Alles aber sind nur Zeit- und Geldfragen.

Zieht man überhaupt die Summe der Gefahren, welche der Betrieb einer Bergbahn, selbst auf die Jungfrau, mit sich bringen kann, in Vergleich mit den Gefährdungen, denen der Großbetrieb der Hauptbahnen bei de,n täglich steigenden Anforderungen in Bezug auf Geschwindigkeit und Masseuhal'tigkeit ausgesetzt ist, so findet man, daß erstere, in sehr beschränkter Zahl auftretend, in sehr enge Grenzen gebannt sind, während letztere in ihrer Anzahl, in ihrem Wesen und in ihrer Folgerichtigkeit noch lange nicht völlig ermessen sind. Wenn nun in diesem Verhältnisse bei den Hauptbahnen keine Quelle der Beängstigung gefunden wird, so ist dazu für den Betrieb einer Juugfraubahn nach einem oder dem ändern System noch viel weniger Grund vorhanden.

Dem Projekte ungünstiger lautet die Antwort auf die Frage, ob der Bau und Betrieb einer Jungfraubahn Leben und Gesundheit von Menschen ausnahmsweise gefährden würde.

Kann der Mensch ohne Nachtheil von 800 Meter bis zu 4000 Meter über der Meeresfläche gehoben werden?

Auf jeder Breite unseres Erdballes sind oder waren Menschen angesiedelt; fast auf jede Bergeshohe sind Menschen gestiegen oder haben sich in Luftballons sogar bis 10,000 Meter über der Meeresfläche erhoben.

Taucher englischer Schwammkompagnien sind bis zu 54 Meter unter der Meeresfläche vorgedrungen, wo .sie einem Drucke von 6,4 Atmosphären ausgesetzt waren.

Millionen von Menschen lebeu auf den Hochplateaux der Anden und des Himalaya höher als 3000 Meter über dem Meere. Potosi in Bolivia, eine Stadt, welche im Anfang des 17. Jahrhunderts 160,000 Einwohner hatte, liegt so hoch wie der Gipfel der Jungfrau; noch höher sind am Himalaya die Städte Muglab und Kibnr (4220 Meter). In Tibet fand der Mirza des Herrn Montgomery sogar ein Dorf Thok-Djalank in der Höhe von 4980 Meter.

Der menschliche Organismus kann sich also ziemlieh allen irdischen Verhältnissen anpassen.

Wie aber erträgt er die Uebergänge?

614 Peschel sagt in seiner ,,Völkerkunde" : .,Die Uebergänge aus verschiedenen Klimaten dürfen nicht'plötzlich erfolgen. Selbst Isländer, die nach Kopenhagen übersiedeln, erliegen dort der Schwindsucht, obgleich sie doch mit den Dänen gemeinsame Abkunft besitzen und vor 800 Jahren noch eine gemeinsame Sprache redeten. Während die Spanier sich auf der neuen Welt, wie auf den Philippinen, dem tropischen Lebensraum angepaßt haben, ist es weder den Briten gelungen, Vorderindien, noch den Holländern, die Sundainseln mit Abkömmlingen von Europäern zu bevölkern. Alle Kinder englischer Eltern, die in Indien geboren werden, kränkeln und sterben, wenn sie ein Alter von etwa 10 Jahren überschreiten. Daher senden die Briten ihre Kinder beim Herannahen des gefahrlichen Zeitpunktes nach Europa, und ein Gleiches geschieht von den Holländern. a Man könnte meinen, daß die verschiedenen Rassen für verschiedene Klimate geeignet seien. Es herrscht aber kein Zweifel, daß derselbe Menschenschlag jede Zone der Erde bevölkern kann.

,,Türkische Völker, wie die Jakuten, sitzen an der Lena, wo sie Kennan bei -- 32 ° R. nur mit einem Hemd und Pelz bekleidet im Freien plaudernd antraf, weiden, wie die Kirgisen, auf der vielleicht höchsten Steppe der Erde : auf dem Tauris-Plateau, und wohnen als Herrscher im heißen Südägypten, sowie in dem verrufenen Massaua am rothen Meere.tt Viel leichter als die Wirkung der Klimate ist der Effekt der Höhe zu beurtheilen, weil wir diese schneller ändern können als jene.

Menschen wie Thiere leiden, wie seit länger als 300 Jahren bekannt ist, in bedeutender Höhe über der Meeresfläche von der ,,Bergkrankheit", ,,Puna tt oder ,,Sorocho" in Südamerika genannt, ,,Muudara" oder ,,Bies" (Gift) in Tibet.

Dr. Konrad Meyer-Ahrens, ein Züricher Arzt, gab in seiner Abhandlung, betitelt: ,,Die Bergkrankheit, oder der Einfluß des Brsteigens großer Höhen auf den thierischen Organismus11 (Leipzig 1854) folgende, bei Menschen beobachtete Symptome der Bergkrankheit an, die sämmtlich oder zum Theil bemerklich werden können : Unwohlgefühl, Appetitlosigkeit, Widerwillen gegen Wein (zuweilen das Gegentheil), starker Durst, Uebelkeit, Erbrechen, beschleunigte, mühsame Athmuug, Athemnoth, Pulsbesehleunigiing, Pulshämmern in den Schläfen und im Halse, heftiges Herzklopfen, Beängstigung, Erstickungsanfälle, Schwindel, Kopfschmerz, Ohnmachtsanfälle, unwiderstehliche Schlafsucht, tiefer Schlaf ohne Erquickuug, durch Beängstigung gestört, plötzliche, fremdartige Erschöpfung.

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In seltenern Fällen beobachtet man Blutungen aus den Lungen, Nieren, Därmen (auch bei Thieren), aus Magen, Lippen, Haut ; außerdem Abstumpfung der Sinne und .der Intelligenz, Ungeduld, Aufgeregtheit und Ohrensausen, oft auch Fieberschauer. Selbst zum Tode kann die Bergkrankheit führen, wie dieses z. B. J. von Tscliudi in seinen Reiseskizzen aus Peru (St. Gallen 1846) berichtet; Gervinus in seiner Geschichte des 19. Jahrhunderts, Bd. Ili, von den Engländern, welche unter Bolivar dje Anden überschritten; d'Orbigny in seinem Werke ,,Voyage dans l'Amérique méridionale" (Paris 1835 bis 1847), T. II; Charles Darwin in seinem ,,Voyage of a naturalist round thé world" (London 1845); Lloyd in ,,Narrative of a journey from Caunpoos to thé Boorendo pass with Captain's Alex. Gérards aocount of an attempi to penetrate by Bekkeu to Garoo aud thé Lake of Mauasarowara (London 1840). Ferner wird in den ,,Nachrichten über die letzten Tage des verstorbenen Dr. F. Stoliczka"' (Verl. der k. k. geologischen Reichsanstalt, Wien 1874) mitgetheilt, daß dieser bekannte Geologe nach einem Uebergange über den Karakorumpaß im Himalaya plötzlich an einer spinalen Meningitis starb, nachdem er einen ähnlichen Anfall bei einer früheren Paßüberschreitung überstanden hatte.

Von besonderem Werthe für unsere Frage sind aber sicherlich die brieflichen Berichte des Dr. Ward an Paul Bert (1. c. p. 1057) über das Befinden der Arbeiter im Hochtunnel der Bahn, welche die Anden von Callao nach Oroya (ungefähr 4000 m. Höhe über dem Meere) durchsetzt. ,,Presque tous les ouvriers qui ont travaillé au tunnel, excepté les indigènes nés dans la montagne, ont souffert plus ou moins durement de la diminution de pression ; cependant ils se sont presque tous .. . accoutumés à cette influence . . . après une ou deux semaines. Les animaux souffraient comme los hommes. 11 Herr Malinowski, Ingenieur zu Lima, fügt dem Briefe folgende Bemerkung bei : ,,Un Américain du Nord, aide ingénieur, ayant été un jour faire une visite au tunnel, y fut attaqué du fl sorro«he a d'une manière très violente. On s'empressa de le faire transporter vers un endroit moins élevé de 1000 m. environ, mais il expira bientôt. a Ueber das Befinden der Reisenden auf der nun in Betrieb befindlichen Bahn fehlen uns Nachrichten.

Paul Bert macht über die Bedingungen, unter welchen die
Bergkrankheit, auftritt, in seinem Buche: ,,La Pression barométrique, Recherches de physiologie expérimentale", Paris 1878, pp. 327 et 328, folgende Angaben : ,,Jusqu'à 3000 m., un voyageur parti du niveau de la vallée, à 1000 m. par exemple, ne sera averti de la diminution de pression que par une légère accélération du pouls et de la respiration; de

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3000 à 4000 m., les accidents augmentent considérablement d'intensité; au-dessus, chaque dénivellation de quelques centaines de mètres est marquée par leur aggraviition progressivement croissante La hauteur à laquelle apparaissent les symptômes du mal des montagnes varie d'une manière remarquable dans les diverses régions du globe C'est au-dessus de 3000 m. dans les Alpes, que les récits des voyageurs commencent à signaler quelques troubles, ils sont assez habituels entre 350t) et 4000 m.; au-dessus, leur existence constitue une règle à laquelle échappent beaucoup moins de personnes que ne voudraient le faire croire . . . . . Sur les volcans du Pacifique, qui dépassent 4000 m., on ne paraît guère plus malade que sur le pic de Ténériffe (3716 m.") ; il eu est de même des monts Cameron et, sur le Kilimandjaro, New atteignit 5000 m. environ, sans souffrances sérieuses; dans l'Amérique du Nord, Frémont et ses compagnons se trouvèrent malades vers 3500 m., mais au Mexique, il faut, pour éprouver des accidents manifestes, dépasser la hauteur de 4500 m. ; encore ne sont-ils pas toujours très graves au sommet même du Fopocatepetl (5420 m.). La longue chaîne montagneuse de la Sud-Amérique ne se laisse traverser sur aucun de ses points, du Chili à la Colombie, sans frapper la plupart des voyageurs de la terrible ,,puna a . Mais il ne semble pas qu'il y ait, pour ces souffrances, uniformité complète de hauteur; tandis qu'aux passes de Santiago de Chili, beaucoup sont malades par moins de 4000 m., que presque tous les étrangers sont rudement atteints à la Paz (37'20 m.) et même à- Chuguisaca (.2845 m.) et tous à Cerro de Pasco (4350 m.), l'ascension des montagnes voisines de Quito e.st à peu près inoffensive jusqu'à 5000 m., et mille mètres de plus ne présentent pas d'insurmontables difficultés au point de vue physiologique.

Les immenses montagnes de l'Asie centrale peuvent être comparées aux Andes du haut Pérou, au point de vue de la limite où se manifeste le mal des montagnes. Les passes de moins de 45ÜÜ m. sont franchies sans souffrances sérieuses; il en est d'assez fréquentées qui ont plus de 5500 m. ; plusieurs voyageurs ont atteint 6000 m. et nous avons vu les frères Sehlagintweit s'élever à, la hauteur prodigieuse de 6882 in. sur les flancs de Tlbi-Gamin Certains lieux déterminés (qui ne sont pas
toujours les plus élevés) sont particulièrement redoutés des voyageurs et des indigènes ; . . . .

Cette singularité s'observe même dans l'ascension d'une montagne donnée; tel le couloir du Mont-Blanc, où apparaissent souvent des troubles qui se dissipent au sommet.11 Außer solchen lokalen Verschiedenheiten sind auch die individuellen Dispositionen bemerkenswert!). Riche und Blavier werden

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von Hätnoptoe befallen, ehe sie den Gipfel des Pie von Teneriffa erreichen, di-n Humboldt, von Buch, Elie de Beau mont und viele Andere ohne Störung erreichten.

Auf dem Aetna litt der berühmte Borelli (167H, wie er angibt, unter verdünnter Luft, Spallanzaui blieb dort ungestraft und Ferraro befand sich wohler oben als am Meere. Auf dem Moni Blane werden Viele krank, Andere merken wenig oder nichts.

Auch der glt-iclie Mensch verträgt zu verschiedenen /eilen die Höhen anders. Tyndall fühlte bei seiner ersten Besteigung des Mont-Blanc Schlafsucht, bei der zweiten wenig Uubehaglichkeit, bei der dritten bedeutendes Uebelbefinden.

Personen, welche in jungen und mittleren Jahren im Oberengadin sich sehr wohl gefühlt hatten, litten in höherem Lebensalter daselbst an nervöser Unruhe und mangelhaftem Nachtschlaf.

Die Bergkrankheit wird durch Anstrengung leicht hervorgerufen, oft durch Ruhe gehoben, daher ist das Steigen um so mühsamer, je höher man sich befindet.

Als de Saussure nahe zum Gipfel des Mont-ßlanc gelangt war, mußte er alle 10--15 Schritte pausiren, um wieder athrnen und gehen zu können. Vor wenig Wochen hat der Pariser Astronom Herr Janssen sich auf den Mont-Blanc tragen lassen, litt, wie die Zeitungen berichten, dabei nicht von der Bergkrankheit (doch wird Appetitlosigkeit angegeben), fiel aber sogleich erschöpft um, als er am Grat des Passes versuchte nur ein paar Schritte zu machen. Noch fehlt uns eine authentische Beschreibung dieser für unsere Frage hochwichtigen Unternehmung, welche wohl den ersten passiven Transport von Menschen in den Alpen oberhalb der Schneegrenze verwirklicht hat.

Immerhin unterscheidet sich diese Beförderung von der mittels der Jungfraubahn geplanten wesentlich durch ihre lange Dauer.

Herr Janssen blieb mehrere Tage in der Cabane de Bosse, hatte also Gelegenheit, sich an die Höhenluft zu gewöhnen.

Schnellen Uebergang von der Ebene zu bedeutenden Höhen vermittelten bisher nur die Luftballons. Glaisher wurde (1862) im Luftballon bei 8500 Meter bewußtlos. Er und Coxwell erreichten sogar die Höhe von etwa 9000 Meter, kamen aber lebend zurück.

Crocè-Spinelli, Sivel und Tissandier gelangten (1875) bis zu 8600 Meter, waren aber bei 7000 Meter gelähmt. Die ersten Zwei fand man todt, den Mund mit Blut gefüllt, Sivel ganz schwarz im Gesichte.

Der überlebende Tissandier machte von seinem Rustaude, bevor er das Bewußtsein verlor, folgende interessante Beschreibung : ,,Vers

«18 7500 mètres, Tétât d'engourdissement où Ton se trouve est extraordinaire. Le corps et l'esprit s'affaiblissent peu à peu, graduellement, insensiblement, sans qu'on en ait conscience. On ne souffre eu aucune façon; au contraire, on éprouve une joie intérieure, et comme un effet de ce rayonnement de lumière qui vous inonde.

On devient indifférent; on ne pense plus ni à la situation périlleuse, ni au danger; ou monte, et on est heureux de monter. Le vertige des hautes régions n'est pas un vain mot. Mais autant que je puis en juger par mes impressions personnelles, ce vertige apparaît au dernier moment; il précède immédiatement l'anéantissement, subit, inattendu, irrésistible.

Coxwell bemerkte bei 5200 m. die ersten Störungen der Àthmung.

Dr. Pétard hat im Jahre 1873 die Wirkungen relativ geringer Erhebungen im Luftballon an Herrn Crocè-Spinelli und drei anderen mitfahrenden Begleitern untersucht (veröffentlicht im Journal l'Aeronaute, Juin 1873). Crocè-Spinelli, welcher zu Bronchitiden neigte, fühlte in einer Höhe von 3500 m. Beklemmung, ein anderer Begleiter, Penaud, weniger, die Uebrigen gar nicht. Herr Penaud beklagte sich in einer Höhe von 2700 m. über Ohrensausen. Aehnliches empfanden die Mitfahrenden, zumal beim Sinken des Ballons.

Das Ohrensausen ging bei Herrn Crocè-Spinelli in lebhaften, dauernden Schmerz über.

Diese allgemeinen Beobachtungen sind durch genauere Bestimmungen von Athmung, Puls und Temperatur vervollständigt worden. Athmung und Puls werden in beträchtlicheren Höhen häufiger. Die Temperatur scheint ziemlich gleich zu bleiben. Dieszeigt sich sowohl bei Besteigungen, als auch bei Ballonfahrten.

Die peripheren Blutgefäße erscheinen weit, die Pulse niedriger.

Bei vermindertem Luftdrucke wird, wie schon Albrecht v. Haller bemerkte, die Einathmung erschwert.

A. Mosso fand bei seinen genauen, werthvollen Untersuchungen über die Athmung in verschiedenen Höhen (Arch. ital. de Biologie, 1886), daß der ruhende Mensch am Meere, sowie in 238 m. Höhe (.Turin) und auch in 556 m. Höhe (Châtillon) mehr Luft athmet als er braucht (Luxusathmung). Auf dem Matterjoch (3333 m.} dagegen nahm Mosso's Versuchsmann mit jedem Athemzuge w e n i g er Luft (um Vio) ein als auf niederen Höhen und deckte sein Athembedürfniß durch h ä u f i g e r e (14 statt 11 in l Minute) Respirationen.

Dieser Unterschied blieb auch im Schlafe und nach mehrtägigem Verweilen auf dem Matterjoch. Eine Besteigung des Breithorns

619 (4148 m.) vom Theodulpasse aus machte Mosso und seineu Versuchsmann bergkrank und fiebrig. Man hat also, wie Mosso hervorhebt, mit Unrecht angenommen, dali iu größeren Höhen die Lungen durch tiefere Athmung gedehnt «-erden.

Vermehrter Luftdruck erleichtert die Binathmung, macht die Athemziige seltener.

Pol, Foley und Vivenot sahen bei Menschen und Thieren unter erhöhtem Luftdrücke (drei Atmosphären) die Pulsfrequenz gemindert um acht bis zehn Pulse pro eine Minute. Gr. v. Liebig gibt an, daß die Pulse dabei höher werden. A. MUSSO (Archivio per le so.

med., 1878) fand bei plethysmographischer Messuug mit schneller Luftdruckserhöhuüg mehrmals Erweiterung dei' peripheren Blulgefaße, bis der Luftdruck dauernd auf zwei Atmosphären gelangt war.

Während der Luftdruck gemindert wird (bis zur Norm), werden in allen Fällen die peripheren Blutgefäße enger (verminderte Herzarbeit), während man nach mechanischer Theorie das Gegeutheil erwarten sollte.

Wenn abnorm hoher Luftdruck schnell erniedrigt wird, wie dies 'L. B. geschieht, wenn die Arbeiter aus Fundamentkasten von Brückenpfeilern entlassen werden, so können, was Hoppe-Seyler zuerst bemerkte, durch plötzliche Gasentwickelung im kreisenden Blute, Luftembolien, Stauungen oder auch Berstungen von Blutgefässen entstehen. Leyden hat bei solchen Arbeitern vom Liteynyßrückenbau eigentümliche Rückenmarkserkrankungeu beobachtet und mikroskopisch ausgedehnte Zerreißung und Spaltbildung im Gewebe der Rückenmarkshinterstränge nachgewiesen. Cyou fand unter ähnlichen Bedingungen bei Thieren Blutextravasate im Gehirn und in dessen Hüllen.

Die letzten Ursachen der Bergkrankheit sind mit diesen Beobachtungen nicht aufgedeckt. Auch sichere Mittel gegen dieselbe kennt man nicht. Die von Paul Bert empfohlene Sauei'stoifathmung ist von CyoD keineswegs bewährt gefunden. Man kunn nach dem früher Erwähnten auch nicht einmal behaupten, daß die Krankheit lediglich durch verminderten Luftdruck bedingt werde. Es bedaif noch vieler Versuche zur Lösung dieser Räthsel. Um aber die Frage zu beantworten, ob die Gesundheit von Menschen gefährdet werde, wenn sie vom Lauterbrunner Thaïe auf die Jungfrau geschafft werden, müüte man Versuche am gleichen Orte anstellen. Es wäre sicherlich möglich, einen Ballon captif an Leitseilea den projektirten Weg machen zu lassen, Versuchstiere oder Menschen mit hinauf zu schicken und oben deren Bewegungsfähigkeit zu prüfen.

620 Die Unterzeichneten kommen nach reiflicher Ueberlcgung zu folgenden Schlüssen : 1. Technisch steht dem Unternehmen kein Bedenken entgegen.

2. Von gesundheitswissenschaftlichem Standpunkte ist es nicht rathsatn, die Eiitiubniß zum Baue einer Jungfraubahu zu ertheilen, bevor der Konzessionär die Gefahrlosigkeit solcher Beförderung nachgewiesen hätte.

3. Bis zur Höhe von 3000 m. brauchte der Betrieb nicht beanstandet zu werden.

Ö l t e n , den 18. September 1890.

(sig.) Gerlich.

(sig.) Kronecker.

(sig.) Veith.

Erklämns:.

Die Unterzeichneten erklären, in Betreff der Konzessionirung einer Jungfraubahn sich miteinander verständigt zu haben und infolge dessen erklärt speziell Herr Trautweiler, damit einverstanden zu sein, daß die zu ertheilende Konzession auf den Namen des Herrn Köchlin laute.

B e r n , den 30. September M. Köcliliu.

1890.

Ed. Locher-Freuler.

A. Trautweiler.

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Gutachten über die Frage: ,,Ob und unter welchen Bedingungen sowohl der Bau als der Betrieb einer Eisenbahn auf die Jungfrau ohne ausnahmsweise Gefährdung von Menschenleben (Gesundheit) möglich sei, und zwar sowohl nach dem System Köchlin als auch nac...

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18.10.1890

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