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Kreisschreiben des

schweizerischen Landwirthschaftsdepartement an sämmtliche Kantonsregierungen, betreffend die Verwendung der für 189 ausgesetzten Kredite für Rindviehzucht.

(Vom 8. Januar 1890.)

Hochgeachtete Herren l Ueber die Verwendung der diesjährigen Bundesbeiträge zu Gunsten der Rindviehzucht beehren wir uns, Ihnen folgende Mittheilungen zu machen:

1. Beiprämien für Zuchtstiere.

Hiefür stehen den Kantonen die Beiträge in gleicher Höhe und unter den gleichen Bedingungen zur Verfügung, wie im Jahre 1889 (vergl. unser Kreisschreiben vom 5. Januar 1889).

Auch dieses Jahr erneuern wir die im erwähnten Kreisschreiben ausgesprochenen Wünsche. Namentlich möchten wir die wenigen Kantone, welche noch Frühjahrsschauen haben, dringend ersuchen, die Zuchtstierprämirungen möglichst bald ebenfalls auf den Herbst zu verlegen. Die eidgenössischen und kantonalen Prämien können ihre Wirkung nur dann möglichst vollständig entfalten, wenn die Prämirung der Zuchtstiere v o r der jährlichen Zuchtperiode, welche in vielen Gegenden schon im Januar beginnt, vorgenommen wird.

Wenn einmal alle Kantone die Herbstschauen eingeführt haben, besteht für den -Bund kein Grund mehr, die zehnmonatliche Haltefrist der Zuchtstiere innert den Kantonsgrenzen zu verlangen, sondern denjenigen Kantonen, welchen diese Haltefrist zu drückend

62 erscheint, können auf W u n s c h die Beiprämien auch dann ausbezahlt werden, wenn der Nachweis geleistet wird, daß die prümirten Thiere während zehn Monaten nach der Prämirung überhaupt in der Schweiz zur Zucht verwendet wurden.

Gegenwärtig können wir diese Vergünstigung nicht gewähren, weil erfahrungsgemäß der Mißbrauch wieder auftreten würde, daß Stiere, welche der eine Kanton im Frühjahr prämirte, in einem andern Kanton wieder im Herbst des gleichen Jahres zur Schau geführt werden.

II. Prämirung von Zuchtfamilien.

Infolge Beschlusses der eidgenössischen Räthe kann die Prämirung der besten Zuchtfamilien von nun an jährlich stattfinden. Es werden den Kantonen zu diesem Zweck Beiträge von je Fr. 5 pro 100 Stück des Gesammt-Rindviehbestandes in Aussicht gestellt und zwar : Zürich 88,637 Stück Rindvieh Fr. 4,432 für Bern 258,153 ·n 7) 12,908 n 11 4,290 Luzern 85,807 ·n ·n n 11 610 12,193 Uri ·n 11 ·n T) 1,533 30,661 Schwyz n ·n n n 518 Obwalden 10,358 T) f) n yj 373 Nidwaiden 7,468 n ·n n n 565 11,307 Glarus ·n il 11 n 522 10,437 Zug ·n ·n .

T> n 77,604 Freiburg T) 11 n 3,880 T) Solothurn 33,835 n 1,692 n n n Basel-Stadt 2,211 111 r> n n n 883 17,670 Basel-Landschaft 11 T) T) n 525 Sehaffhausen 10,505 n ·n n ·n 936 18,729 Appenzell A. Rh. ·n T) ·n ·n 386 7,722 Appenzell 1. Rh.

·n T) ·n ·n St. Gallen 88,397 ·n ·n n ·n 4,420 3,887 Graubünden 77,748 n ·n n ·n 3,732 Aargau 74,642 Tl ·n n ·n Thurgau 47,332 n ·n ·n n 2,367 2,524 Tessin 50,475 ·fi ·pi 11 ·p) 91,141 Waadt 11 fi n n 4,557 3,50* Wal lis 70,089 ·n ·n n VI Neuen bürg 22,230 ·n ·n .

·n 1,112 ·n 359 Genf 7,187 ·n ·n ·n n Zusammen für 1,212,538 Stück Rindvieh Fr. 60,626

63 Im laufenden Jahre können die Prämien den besten Zuchtfamilieu nur zugesichert werden. Die Auszahlung erfolgt erst im Jahre 1891, wenn bei der alsdann stattfindenden Zuchtfamilienprämirung von den Betreffenden wiederum eine, mit der in diesem Jahre prämirten verwandte, prämirungswürdige Familie aufgeführt und ein zuverläßig geführtes Zuchtbuch vorgewiesen wird.

Bereits prämirte Zuchtfamilien dürfen nur dann wieder prämirt werden, wenn für dieselben ebenfalls ein Zuchtbuch richtig geführt worden ist.

Von den zum ersten Male konkurrirenden Zuchtfamilieri ist ein Nachweis über die Abstammung oder über die Verwandtschaft nicht absolut nothwendig.

Die Rindvieh-Zuchtgenossenschaften haben mit ihren Thieren um die Zuchtfamilienprämien zu konkurriren. Es darf deßhalb kein Maximum für die Zahl der Thieve vorgeschrieben werden, aus welcher eine Zuchtfamilie bestehen soll. Es bleibt im Gegentheil den Kantonen freigestellt, die Konkurrenz um Zuchtfamilienprämien auf die Zuchtgenossenschaften zu beschränken.

Thiere, welche mit erheblichen, namentlich mit erblichen Mängeln belastet sind, müssen von der Prämirung zurückgewiesen werden. Für die Beurtheilung dei' als zuchttauglich anerkannten konkurrirenden Zuchtfamilien und Zuchten der Zuchtgenossenschaften ist das Punktirverfahren anzuwenden. Familien, welche nicht eine bestimmte Minimalpunktzahl per Thier erreichen, sind von der Prämirung auszuschließen. Je größer die Zahl der bereits prämirten Generationen ist, von denen eine Eamilie oder die Glieder einer solchen abstammen, eine desto,,höhere Anzahl Punkte soll denselben für ,,Nachgewiesene Abstammung" in der Punktirtabelle gegeben werden.

Um die Bildung großer Zuchten zu begünstigen, ist die Prämiensumme im Verhällniß zur erzielten Gesammtpunktzahl auf die prämirungswürdigen Familien zu vertheilen.

Diese Grundsätze ergeben sich aus den Berathungen der beiden interkantonalen Konferenzen und aus den Beschlüssen der Bundesversammlung. Wir laden Sie nun ein, hierauf gestützt die Konkurrenzprogramme für die diesjährigen Prämirungen auszuarbeiten und uns dieselben wenigstens 4 Wochen vor den anzuberaumenden Schauen zur Genehmigung vorzulegen.

Tn denjenigen Kantonen, in welchen das Punktirverfahren noch wenig oder keine Anwendung fand, dürfte sich die Anordnung von Kursen zur Einübung der Preisrichter in diesem Beurtheilungsverfahren empfehlen. Auf Wunsch erklären wir uns gerne bereit r

64 derartige interkantonale Kurse zu veranlassen und denjenigen Kantonen, welche dies verlangen, je einen geübten Preisrichter zur Beurtheilung der Zuchtfamilien auf Rechnung des Bundes abzuordnen.

III. Beiträge für Gründung von Zuchtgenossenschaften.

Die BundesversammlungO hat Beiträge von Fr. 100--300 an O die Kosten der Gründung von Vieh-Zuchtgenossenschaften bewilligt.

Die Zuchtgenossenschaften, welche im eidg. Handelsregister eingetragen sind und sich um derartige Beiträge bewerben, haben sich durch Vermittlung der betreffenden Kanlonsregierungen bei dem unterzeichneten Departement anzumelden. Der Anmeldung sind die Statuten, das Mitgliederverzeichniß und das Zuchtbuch der Genossenschaft beizulegen.

Die betreffenden Genossenschaften haben mit ihren im Zuchtbuch eingetragenen, mehr als ein Jahr alten Thieren jährlich um die Zuchtfamilienprärnien ihres Kantons zu konkurriren. Die Höhe des Bundesbeitrages an die Kosten der Gründung richtet sich nach der Zahl und nach der Qualität der bei dieser Konkurrenz prämirten Thiere.

Genossenschaften, welche sich vor dem fünften Jahre nach Empfang des Bundesbeitrages wieder auflösen oder deren Zuchten innert dieser Frist bei der Zuchtfamilienprämirung nicht mehr prätnirt werden können, haben diesen Beitrag unter solidarischer Haftbarkeit der Genossen wieder dem Bunde zurückzuvergüten.

Es ist von kompetenter Stelle berechnet worden, daß mehr als 80 °/o des sämmtlichen Futterwachses der Schweiz durch das Rindvieh verwerthet worden und daß jeder einzelne Centime, um welchen die Futterverwerthung per Zentner gesteigert wird, eine jährliehe Mehreinnahme von nahezu einer halben Million Franken bedeutet. Es ist dies Grund genug, Sie zu bitten, der Hebung der Rindviehzucht die größte Aufmerksamkeit zu schenken.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 8. Januar 1890.

Schweizerisches Landwirthschaftsdepartement :

Deucher.

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