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Bundesrathslbeschluß über

die Beschwerde der Hamburg-Bremer Feuerversicherungsgesellschaft in Hamburg gegen die ihr im Kanton Genf auferlegten Steuern und Beiträge an das Löschwesen.

(Vom 4. März 1890.)

Der

s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t, h hat

in der Beschwerdesache der H a m b u r g - B r e m e r F e u e r v e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t i n Hamburg g e g e n d i e i h r i m K a n t o n G e n f p r o 1889 a u f e r l e g t e n S t e u e r n u n d Beiträge an das Löschwesen, auf den Bericht des Industrie- und Landwirthschaftsdepartements und nach Feststellung folgender aktenmäßigen Verhältnisse: A. Die Direktion der Hamburg-Bremer Feuerversicherungsgesellschaft in Hamburg, welche zum Geschäftsbetriebe in der Schweiz konzessionirt ist und ihr schweizerisches Hauptdomizil bei Herrn P. Köchlin-Kern in Basel -verzeigt hat, theilte durch Eingabe vom 3. Januar 1890 dem Bundesrathe mit, daß sie pro 1889 vom Kanton Genf mit einer Patentsteuer von Fr. 400 und von der Stadt Genf mit einer Kommunalsteuer von Fr. 200 belegt worden sei. Sie hält dafür, diese Belastung widerspreche den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens.

Ihre Prämieneinnahme betrage im Kanton Genf pro 1889 nur Fr. 1400, und es könne deshalb ein Beitrag von Fr. 400 an das

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Löschwesen nicht mehr als mäßig im Sinnendes angeführten Bundesgesetzes bezeichnet werden. Was die von der Stadt Genf geforderte taxe municipale betreffe, so sei die Stadt Genf zu deren Erhebung überhaupt nicht berechtigt, da es «n einem steuorbegründenden Domizil in Genf fehle, und der Bezug der Steuer · den bundesrechtlichen Grundsätzen über die Doppelbesteuerung zuwiderlaufe. Man beantrage deshalb, es seien die betreffenden Steuerverfügungen ganz aufzuheben oder der Steuerbetrag bedeutend herabzusetzen.

B. Der Staatsrath des Kantons Genf, welchem diese BeschwerdeSchrift zur Vernehmlassung mitgetheilt wurde, hat darauf Folgendes erwidert: Die Auferlegung der beiden Taxen sei durchaus gerechtfertigt, da die Hamburg-Bremer Feuerversicherungsgesellschaft in Genf eine Agentur habe. Indessen sei beschlossen worden,* die Palenttaxe für O das Löschwesen auf Fr. 200 zu ermäßigen, obschon sie nach dem Gesetze ganz gefordert werden könnte. Ebenso sei mit Rücksicht auf den geringen Umfang des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft und auf die Prämieneiunahme von blos Fr. 1400 (deren Verifikation zwar vorbehalten werde) die taxe municipale auf die Hälfte der niedrigsten Taxe von Fr. 175, also auf Fr. 87. 50 herabgesetzt worden. Die gleiche Entlastung sei verschiedenen Versicherungsgesellschaften gewahrt worden, welche sich mit ihren Einsprachen direkt an die genferischen Staatsbehörden gewendet hätten. Es verstoße gegen das übliche Verfahren, daß die rekurrirende Gesellschaft vor Erschöpfung der kantonalen Instanzen an den Bundesrath gelangt sei.

C. Nach Mittheilung dieser Antwort an die Direktion der Hamburg-Bremer Feuerversicherungsgesellschaft hat dieselbe erklärt, daß sie den Rekurs gegenüber der reduzirten Patentsteuer von Fr. 200 aufrecht erhalte, dagegen mit Bezug auf die taxe municipale fallen lasse; in Erwägung: Nach den Erklärungen der Rekurrentin ist die Rekursbeschwerde nur noch insoweit zu beurtheilen, als sie das vom Kanton Genf geforderte droit de patente pro 1889 von Fr. 200 betrifft. Das Recht zum Bezüge dieser Steuer kann nicht mit Grund bestritten werden. Dieselbe fließt nach dem Gesetze des Kantons Genf vom 18. Oktober 1882 ganz in die Hülfskassen der Sapeurs-pompiers und gehört somit unter den Begriff der Beiträge an'das Löschwesen, deren Bezug durch Art. l, Absatz 3, des Bundesgesetzes vom

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25. Juni 1885, betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens, den Kantonen gestattet ist (vergi, die bundesräthliche Entscheidung in der Rekurssache der Feuerversicherungsgesellschaft ,,La Francea gegen den Kanton Genf).

Dagegen verstößt die der rekurrirenden Gesellschaft auferlegte Steuer dem Maße nach zweifellos gegen die angeführte Bestimmung des Bundesgesetzes. Denn sie beträgt auch nach der Ermäßigung auf die Hälfte noch den siebenten Theil oder mehr als 14 °/o aller von der Hamburg-Bremer Feuerversicherungsgesellschaft im J ali re 1889 im Kanton Genf eingenommenen Versicherungsprämien und überschreitet um das Mehrfache dasjenige Maß, welches der grundlegende und von der Bundesversammlung gutgeheißene bundesräthliche Beschluß vom 24. Januar 1888 in der Rekurssache der Schweizerischen Mobiliarversicherungsgesellschaft und der Feuerversicherungsgesellschaft ,,Union" gegen den Kauton Schaffhauseu (Buudesbl. 1888, I, 162) als angemessen und zuläßig bezeichnet hat. Mit Rücksicht darauf, daß selbst das im soeben zitirten Beschlüsse genehmigte Minimum des Beitrages von Fr. 50 noch 3,57 °/o der Prämieneinnahme der Rekurrentin im Kanton Genf im Jahre 1889 ausmacht, muß es bei demselben sein Bewenden haben; erkannt:

Der Rekurs der Hamburg-Bremer Feuerversicherungsgesellschaft wird insoweit als begründet erklärt, als das pro 1889 im Kanton Genf von ihr geforderte droit de patente den Betrag von Fr. 50 übersteigt.

B e r n , den 4. März 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes : Der Bundespräsident:

L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bundesrathsbeschluß über die Beschwerde der Hamburg-Bremer Feuerversicherungsgesellschaft in Hamburg gegen die ihr im Kanton Genf auferlegten Steuern und Beiträge an das Löschwesen. (Vom 4. März 1890.)

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