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Verordnung über

das Rechnungswesen der Militärjustiz.

(Vom 12. Februar 1890.)

Der schweizerische Bundesrath, in Ausführung von Art. 34 Absatz 2, Art. 94, 104 und 213 der Militärstrafgerichtsordnung vom 28. Juni 1889, beschließt:

A. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1. Die Führung, des Rechnungswesens bei den eidgenössischen Militärgerichten liegt den Militärgerichtsschreibern ob.

Das Eidg. Oberkriegskommissariat ertheilt denselben die erforderlichen Anleitungen; es hat ihnen für die Ausrichtung der Taggelder (Besoldungen und Gebühren) und der Vergütungen an die durch"die Militärjustiz in Anspruch genommenen Personen (Justizoffiziere, Richter, Zeugen, Experten u. s. w.) und für die Aufstellung der Rechnungen geeignete gedruckte Formulare nebst einer Besoldungstabelle, sowie eine Musterrechnung einzuhändigen. (Besoldungstabelle siehe im Anhang.)

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Art. 2. Die Gerichtsschreiber sind für ihre Rechnungsführung dem Oberkriegskommissariat in gleicher Weise verantwortlich, wie die übrigen militärischen Rechnungsstellen (Verwaltungsreglement für die Schweiz. Armee, Art. 326 ff.).

Art. 3. Die Gerichtsschreiber haben für jede einzelne Strafuntersuchung den voraussichtlich erforderlichen Vorschuß vom Oberkriegskommissariate unter Angabe des Falles rechtzeitig zu verlangen.

In dringlichen Fällen kann ein erster Vorschuß von dem auf dem betreffenden Waffenplatz im Dienste befindlichen Verwaltungsoffiziere oder vom Kantonskriegskommissariate bezogen werden; gleichzeitig ist jedoch dem Oberkriegskommissariate hievon Anzeige zu machen und (las Vorschußgesuch bei demselben einzureichen.

In gleicher Weise verfahren die Gerichtsschreiber, wenn Ergänzungen des Vorschusses nöthig werden.

Art. 4. Die Bestimmungen dieser Verordnung sind sowohl bei der Voruntersuchung und der Hauptverhandlung der Divisionsgerichte und des außerordentlichen Militärgerichts, als auch bei den Verhandlungen des Militärkassationsgerichts und des Disziplinargerichts in Anwendung zu bringen.

'^ Art. 5. Ueber jeden Fall ist eine besondere Rechnung aufzustellen und binnen zwei Wochen nach Schluß der militärgerichtlichen Verhandlung dem Oberkriegskommissariate sammt den Belegen einzureichen.

Werden mehrere Fälle am gleichen Tage behandelt, so ist die Besoldung der Gerichtspersonen auf dem zuletzt behandelten Falle zu verrechnen.

Sämmtliche Rechnungsbelege werden vom Großrichter visirt.

Art. 6. Der Rechnungssaldo ist innerhalb der gleichen Frist (Art. 5) unter Anzeige an das Oberkriegskommissariat der eidgenössischen Staatskasse abzuliefern.

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Es ist unzuläßig, den Rechnungssaldo für einen später zu behandelnden Fall zurückzubehalten.

Art. 7. Bezüglich der Prüfung und Revision der Rechnungen flnden die Art. 353 und 355--357 des Verwaltungsreglements entsprechende Anwendung.

B. Taggelder (Besoldungen und Gebühren) und Vergütungen.

Art. 0. Sämmtliche zu einer rnilitärgerichtlichen Verhandlung im Militärkleide erscheinende Personen erhalten die ihnen gebührenden Taggelder und Vergütungen nach den Vorschriften des Verwaltungsreglements über Besoldung, Reise Vergütung und Verpflegung, jedoch unter Beachtung der in deü nachfolgenden Artikeln aufgestellten besondern Bestimmungen.

Art. 9. Befinden sich zur Mitwirkung bei einer Militärgerichtsverhandlung berufene Personen, die nicht Justizoffiziere sind, gleichzeitig im Militärdienste, so beziehen sie ihren Sold von dem Korps, dem sie angehören ; die Gerichtskasse bezahlt in diesem Falle blos Reiseauslagen und Logisvergütung und richtet die in Art. 11 und Art. 12, Abs. l, festgesetzten Zulagen aus.

Art. -10. Dauert eine Verhandlung länger als zehn Stunden, so ist ein weiterer Tagessold in Rechnung zu bringen.

Ist die Her- oder Rückreise am Erscheinungstage nicht möglich, so wird für jedes Nachtlager eine Logisvergütung von Fr. 1. 50 verabfolgt.

« Art. 11. Gerichtsmitglieder, die Unteroffiziere oder Soldaten sind, erhalten eine tägliche Zulage, welche für die Stabssekretäre (mit Adjutant-Unteroffiziersgrad) Fr. l, für die Adjutant-Unteroffiziere Fr. 2, für die übrigen Unteroffiziere und für die Soldaten Fr. 2. 50 beträgt.

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Art. 12. Ist der Vertheidiger eine Militärperson, so wird, wenn er einen niedrigem Grad bekleidet als der Auditor, sein Tagessold durch eine Zulage auf den Betrag desjenigen des Auditors erhöht.

Ist der Vertheidiger eine Civilperson, so bezieht er den Tagessold des Auditors und überdieß eine Reisevergütung von 10 Rappen für jeden zurückgelegten Kilometer, sowohl für die Her- als die Rückreise.

Art. 13. Für Mühewalt und Zeitaufwand der Militärgerichtspersonen und der Vertheidiger außerhalb der gerichtlichen Verhandlungen werden vom Großrichter entsprechende Tagessoldbeträge in Rechnung gebracht.

Art. 14. Zeugen, welche Militärpersonen sind und zur Zeit der Begehung der eingeklagten Handlung sich im Militärdienste befunden haben, sind zur militärgerichtlichen Hauptverhandlung militärisch vorzuladen und werden bei derselben in Bezug auf Taggelder und Vergütungen nach Art. 8 behandelt.

·In der Voruntersuchung sind alle Zeugen, mit Ausnahme derjenigen, die gleichzeitig im Militärdienste stehen, als bürgerliche zu behandeln.

Nicht militärisch vorzuladende Zeugen erhalten ein vom Großrichter unter Berücksichtigung der Zeitdauer ihrer Inanspruchnahme festzusetzendes Taggeld von Fr. l--4, und außerdem eine Reisevergütung von 10 Rappen für den Kilometer der Her- und der Rückreise.

Art. 15. Experten sind als Civilpersonen zu behandeln ; sie besiehen ein Taggeld von Fr. 10--30, sowohl für die Erscheinung vor Gericht als für ihre sonstige Mühewalt (Abfassung von Berichten, Untersuchungen u. s. f.), und überdieß die in Art. 14 angegebene Reisevergütung.

Art. 16. Dolmetscher erhalten ein Taggeld von Fr. 5--20, nebst deAin Art. 14 angegebenen Reisevergütung.

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Art. 17. Die Besoldung von Kopisten, Weibein, Wärtern u. s. w., die nicht Militärpersonen sind, wird in jedem Falle vom Großrichter festgesetzt.

Art. 18. In allen von dieser Verordnung nicht vorgesehenen Fällen setzt der Großrichter die Kompetenzen unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme und der Auslagen der betreffenden Personen fest.

Art. 19. Zur Vertretung privatrechtlicher Ansprüche von einer Partei beigezogene Personen haben keinerlei Gebühren und Vergütungen aus der Gerichtskasse zu beanspruchen.

Art. 20. Der Beschuldigte, welcher im Militärdienste steht, behält bis zum Tage der Zustellung der Anklageschrift gegenüber dem Korps, dem er angehört, seinen reglementarisclien Anspruch auf Sold und Verpflegung; der Sold betrag wird jedoch zurückbehalten, bis über die Verselzung des Beschuldigten in Anklagezustand entschieden ist.

Wird die Anklage erhoben, so ist der Sold betrag, nach Abzug der allfälligen Einlagen in's Ordinäre, der Gerichtskasse zu übergeben (Art. 24 und 128 des Verwaltungsreglements).

Art. 21. Die Gerichtskasse hat für die Verpflegung des in Haft gesetzten Angeklagten aufzukommen.

Ist ein Beschuldigter, der nicht im Militärdienste steht, in Haft gesetzt worden, so nimmt die Gerichtskasse die Verpflegung desselben schon mit dem Beginne der Haft auf ihre Rechnung.

Art. 22. Im Falle der Verurtheilung hat der Angeklagte die Verpflegungskosten zu ersetzen. Zu ihrer Deckung ist zunächst der in die Gerichtskasse geflossene Soldbetrag zu verwenden. Ein allfälliger Soldüberschuß wird dem Angeklagten auf Rechnung der Kosten des gerichtlichen Verfahrens, wenn und soweit derselbe zu deren Bezahlung verurtheilt ist (Art. 163 M. St. G. 0.1, gutgeschrieben.

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Im Falle der Freisprechung werden die Verpflegungskosten von der Eidgenossenschaft getragen und der Soldbetrag dem Freigesprochenen ungeschmälert ausbezahlt. Eine vom Militärgericht ihm zuerkannte Entschädigung (Art. 161, Litt. B, Ziff. 2 M. St. G. 0.) wird demselben auf Anweisung des Militävdepartements durch die eidgenössische Staatskasse ausgerichtet.

Art. 23. Außerhalb des Militärdienstes hat der Beschuldigte weder auf Taggelder noch auf sonstige Vergütungen Anpruch; es .kann ihm indessen im Falle der Dürftigkeit zur Bestreitung nothwendiger Auslagen vom Großrichter ein Vorschuß aus der Gerichtskasse bewilligt werden.

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Art. 24. Die Verpflegung eines Uuterauchungsgefangenen soll bis zum Beginn der Urtheilsvollziehung diejenige eines Militärs seines Grades sein; ist der Gefangene keine Militärperson, so richtet sich die Verpflegung nach der im betreffenden Kantone bestehenden Vorschrift oder Uebung.

Art. 25. Die Gerichtskasse vergütet für die Verpflegung einen mit der betreffenden Stelle zu vereinbarenden Ansatz; für einen Unteroffizier oder Soldaten wird, wenn der Kanton die Verpflegung liefert, täglich l Franken bezahlt.

Art. 26. Den bürgerlichen Behörden der Kantone, einschließlich der Bezirks- und Gemeindebehörden, und ihren Organen sind für Verrichtungen in Militärstrafsachen keinerlei Gebühren zu bezahlen, sondern nur die Auslagen für Zeugengelder, Expertengebühren u. s. f. nach Maßgabe der im Militärstrafverfahren geltenden Ansätze zu ersetzen.

C. Taxen.

Art. 27. Für Ausfertigungen, Bescheinigungen, Auszüge u. s. f., welche von der Civilpartei oder vom Beschuldigten (Angeklagten) verlangt werden, sind der Gerichtskasse 50 Rappen auf die Blattseite zu entrichten.

411 D. Auslagen für Anschaffungen und Verschiedenes.

Art. 28. Die Auslagen für Schreibmaterialien und anderweitige Anschaffungen, für Telegramme u. A. m. sind zu belegen und spezifizirt auf die Gerichtskostenrechnung zu tragen.

E. Urtheilsvollzug.

Art. 29. Alle Strafen, welche ein Militärgericht auferlegt hat, werden auf Kosten der Eidgenossenschaft voltzogen.

Die Eidgenossenschaft vergütet dem Kantone, in welchem die Freiheitsstrafe eines militärgerichtlich Verurtheilten vollzogen wird, ein tägliches Verpflegungsgeld von l Franken.

Ein weiterer Anspruch steht dem Kantone nicht zu.

F. Schlußbestimmung.

Art. 30.

Diese Verordnung tritt sofort in Kraft.

B e r n , den 12. Februar 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Anhang.

(Auszug aus dem Verwaltungsreglement für die Schweiz. Armee vom 27. März 1885.)

Besoldung und Verpflegung.

(Art. 217--226 der Militärorganisation.)

Die Besoldung der Truppen beträgt per Tag:

Oberbefehlshaber Chef des Generalstabs Armeekriegskommissär Geaeraladjutant und Oberstdivisionäre Oberstbrigadier Oberst Oberauditor Oberstlieutenant Oberstlieutenant-Großrichter . . .

Major Major-Großrichter Hauptmann, beritten ,, unberitten . . . . ; Oberlieutenant, beritten ,, unberitten . . . .

Lieutenant, beritten ,, unberitten Feldprediger . . . . : . . .

Aktiver Dienst.

Fr. Rp.

50. -- 40. -- 25. -- 30. -- 25. -- 20. -- 20. -- 15. -- 15. -- 12. -- 12. -- 10. -- 10. -- 8. -- 8. -- 7. -- 7. -- 10. --

InstruktionsDienst.

Fr. Kp.

à bß ^ a "g 2 -o $ g -2 17. -- 16. -- 13. -- 12. -- 11. -- 10. -- 9. -- 8. -- 7. -- 6. -- '6. -- 5. -- 8. --

413 Aktiver Dienst.

Fr. Rp.

Stabssekretär (Adjutant-Unteroffizier) 6. -- Adjutant-Unteroffizier 3. -- Stabsfourier 2. 50 Feldweibel 2. 50 Fourier, berittene Wachtmeister . . 2. -- Unberittene Wachtmeister . . . . 1. 50 Berittene Korporale 1. 50 Uebrige Korporale 1. -- Berittene Gefreite 1. 20 Unberittene Gefreite --.90 Guide, Dragoner, Trainsoldat, Krankenwärter 1. -- Soldat, Träger --.80 Rekrut --. --

InstruktionsDienst.

Fr. Rp.

4. -- .3. -- 2. 50 2. 50 2. -- 1. 50 1. 50 1. -- 1. 20 --.90 1. -- --.80 --.50

Hiezu kommt für Offiziere und Mannschaft je eine Mundportion,*) für einzelne oder iu kleine Detaschemente vereinigte Guiden bei den Stäben, Brigade- und Regimentstrompeter eine Zulage von Fr. 1. 50, für Adjutanten der Stäbe der zusammengesetzten Truppenkörper eine Zulage von Fr. 2 im Felddienst und Fr. l im Instruktionsdienst.

*) Die Vergütung für die Mtmdportion beträgt normaler Weise Fr. 1. (Art. 149 des Vorwaltnngsreglements.)

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Verordnung über das Rechnungswesen der Militärjustiz. (Vom 12. Februar 1890.)

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