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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erweiterung der Konzession für die Seethalbahn (Fortsetzung von Lenzburg nach Wildegg).

(Vom 16. September 1890.)

Tit.

Mit Eingabe vom 20. Oktober v. J. bewirbt sich der Betriebsdirektor der aargauisch-luzernischen S e e t h a l b a h n (The Lake Valley of Switzerland Railway Company limited) im Namen und zu Händen der letztem um die Konzession für die Fortsetzung ihrer Linie von L e n z b ü r g nach W i l d e g g und von E m m e n 1 b r ü c k e nach Luzern-Untergrund.

ö' Im beigegebenen allgemeinen Bericht ist zur Begründung des Gesuches angeführt, daß die natürliche Verkehrsrichtung für den größern Theil des Gebietes der Seethalbahn nach Baden und Zürich, überhaupt gegen die Ostschweiz gehe, mit welcher aber bisher sehr schlechte Verbindung bestand, ein Fehler, dem durch die Erstellung der Linie Lenzburg-Wildegg werde abgeholfen werden.

Ferner sei der Lokalverkehr speziell zwischen Lenzburg und Wildegg ein sehr reger. Auch die direkte Verbindung der Seethalbahn mit Luzern sei von großer Wichtigkeit. Nur nach Herstellung der beiden neuen Linien oder wenigstens der Linie Lenzburg-Wildegg ließen sich für die Seethalbahn befriedigende Fahrpläne, gestalten.

Die hohe Bedeutung der fraglichen Linie sowohl für die Seethalbahn als für die interessirte Gegend sei so offensichtlich und den Bundesbehörden so wohl bekannt, daß sich Petentin darüber nicht weiter zu verbreiten brauche.

262 Die Fortsetzung Lenzburg-Wildegg, welche ganz im Kantou Âargau liegt, würde von km. 41,580 der bestehenden Linie Emmenbrücke-Lenzburg abzweigen und als Endpunkt die Station Wildegg der Nordostbahn haben. Die mit der letztem und der /entralbahn gemeinsam benutete Station Lenzburg soll aufgegeben und eine eigene Station, sowie für Niederlenz eine Haltestelle errichtet werden.

Die bauliche Länge beträgt 3753 m. Die Bahn soll, wie die Hauptlinie, deren Fortsetzung sie ist, normalspurig, aber auf eigenem Bahnkörper angelegt werden. Die Maximalsteigung ist zu 29 °/oo, der Minimalkurvenradius zu 180 m. vorgesehen. Für den Oberbau sind die gleichen Typen wie für die Zweiglinie ßeiuwyl-Reinach in Aussicht genommen und zum Betrieb werde das um einige Personen- und Güterwagen verstärkte Rollmaterial der Hauptlinie dienen.

Die auf Luzernergebiet entfallende Linie Emmenbrücke-Luzern würde bei Emmenbrüeke nach 240 m. eigenen Trueé's auf das Geleise der Zentrrtlbahn übergehen, dasselbe bis km. l.soo benutzen, um dünn dasjenige der Nordostbahii bis km. 2,2so in Anspruch zu nehmen, wo die Einmündung in die daselbst zu erstellende Station Luzern zu erfolgen hätte. Es ist vorgesehen, die Gemeinschaftsstation Emmenbrüeke aufzugeben und daselbst eine eigene Station zu errichten.

Auf Grundlage der für den Bau der Hauptlinie, namentlich aber der Zweiglinie Beinwyl-Reinach bezahlten Preise werden die Baukosten für Lenzburg-Wildegg auf Fr. 103,000 per km. oder im Ganzen auf Fr. 386,500, für Emmenbrücke-Lum-n, welche Linie bloß 500 m. eigene Baulärige aufweiseu würde, auf Fr. 73,500 veranschlagt.

Die um ihreVernehmlassung begrüßten beiden Kantonsregierungen sprachen sich zu Gunsten der Projekte aus.

Die Regierung von Aargau begrüßt die beabsiehtigte Verlängerung nach Wildegg im Interesse des Verkehrs. Abgesehen von der Begünstigung des Lokalverkehrs zwischen Lenzburg und Wildegg, biete die neue Linie wesentliche Verkehrserleichterungen von und nach dem Seethal für einen ziemlich großen Theil des Kautons und für weitere Interessenten. Daß die Linie nicht auf die Straße verlegt werde, könne als eiu großer Vortheil für die Gegend betrachtet werden und sei des Weitem ein Grund zur Empfehlung der Konzessionsertheilung, Dagegen behält sich die genannte Regierung vor, bei Anlaß der Vorlage der Detailpläne allfällige
Begehren geltend zu machen, z. B. bezüglich Verlegung der Station Lenzburg, deren Anlage ohne Verbindung mit dem dortigen Bahnhof der Zentral- und Nordostbahn den Güterverkehr

263 erschwere u. s. w. Von einem auf die Taxen bezüglichen Begehren wird unten die Rede seiu.

Der Reglern ngsrath von Luzern thöilt mit Bezug auf die Verlängerung von Emmenbrücke nach Luzern zunächst mit, daß der von ihm einvernommene Stadtrath von Luzern die Eutstehuug eines weitern gesonderten Bahnhofes bedenklich finde und deßhalb wünsche, daß die Konzessionsfrage nur in Verbindung mit der dringenden Frage dei1 Umgestaltung des Bahnhofes Luzern ihre endgültige Lösung finden, möchte. Der Regieruugsrath selbst (heilt die Ansicht nicht, daß mit der Behandlung des vorliegenden Konzessionsgesuches zugewartet werden solle, bis die Bahuhoffrage ihre Erledigung gefunden habe. Iti der Art und Weise, wie die Seethalhahn ihre Züge weiter bis in die Sentimatt zu führen gedenke, und in der Anlage eines Personenaufnahmegebäudes an letzterer Stulle, vermag die Regierung ihrerseits eine Beeinflussung der Bnhnhoffrage in Luzern überhaupt nicht zu erblicken. Anderseits seien ihr aber die Uebelstände, welche wegen ungenügender Anschlüsse der Seethalbahn an die schweizerische Zeutralbahn in Etmnenbrücke bestehen, genugsam bekannt. Sie habe deßhalb die Ueberzeugung gewonnen, daß eine befriedigende Hebung dieser Unzukömmlichkeiten nur auf dem angestrebten Wege möglich sein werde, da auch das angewandte Hiilfsinittel einer Omnibusverbinduug vou Eramen brücke nach Luzern nicht ausreiche. Die Regierung empfiehlt deßhalb die Konzessionirung.

Unser Eisenbahndepartetneut bedeutete die Gosuchstellerin, daß es sich mit Bezug auf die Verbindung Emmenbrüeke-Luzern, welche mit bloß 500 m. eigenen Geleises, im Uebrigen aber, d. h.

für 2000 m., unter Inanspruchnahme der Geleise anderei' Bahnen hergestellt werden wolle, nicht um die Ertheilung einer K o n z e s s i o n handeln könne, sondern die Normirung des beabsichtigten Mitbenutzungsverhältnisses der Verständigung zwischen den betheiligten Bahnverwaltungen anheimgegeben sei. Erst für die getroffeneu Vereinbarungen habe dann die Genehmigung und eventuell boi Differenzen die Entscheidung der Bundesbehörden einzutreten (Art. 30 Eisenbahngesetz). Demgemäß wurde die Gesuchstellerin vor Allem auf den Weg der Verständigung mit der Zentral- und Nordostbahn verwiesen.

Was dagegen die Fortsetzung üher Lenzburg hinaus bis Wildegg zum Anschluß an die Nordostbahn betrifft, so beantragen
wir Ihnen, die Konzession zu erthoilen, und zwar zu den gleichen Bedingungen, welche für die Zweigliuie Beinwyl-Reinach-Men/dkeu in der Konzession vom 1. Juli 1886 (E. A. S. IX, 21 ff.) aufgestellt wurden.

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Auf den Vorschlag der Gesuchstelleriu, bei diesem Anlasse die Konzession für das ganze Unternehmen, die alten und die neuen Linien, einheitlich zu gestalten, glaubten wir, so sehr wir grundsätzlich mit der Vereinheitlichung einverstanden waren, deßhalb nicht eingehen zu sollen, weil wir uns bei den besondern rechtlichen und thatsächlichen Verhältnissen dieses Untern eh m eus von einer Verhandlung zur Zusammenlegung der Konzessionen nicht nur keine Vereinfachung der Situation versprachen, sondern neue Schwierigkeiten und Komplikationen zu befürchten Anlaß hatten.

Die Regierung von Aargau hatte in ihrer Veruehmlassung das Begehren gestellt, daß für die Strecke Lenzburg-Wildegg keine höhern Taxen bewilligt werden, als die allgemein bei den ändern Thalbahnen üblichen, hielt aber ihre Anregung nicht aufrecht, sondern erklärte sich später mit dem unten folgenden Beschlußentwurf einverstanden, nachdem unser Eisenbahndepartement mit Recht darauf hingewiesen hatte, daß einerseits die Steigungsverhältnisse wenigstens eines Theiles der Linie eine Erhöhung der Normaltaxen nach Mitgabe der Botschaft betreffend Taxerhöhung für Eisenbahnstrecken mit größern Steigungen, vorn 11. September 1873 (Bundesbl. 1873, III, 70S ff.), rechtfertigen, und anderseits durch Festsetzung anderer Taxen als für die ganze übrige Linie eine Komplikation geschaffen würde, die nicht im Verhältuiß zu dem dadurch dem Publikum verschafften Vortheil stände.

In Betreff der Frage der Verlegung der Station Lenzburg gehen wir mit der Regierung von Aargau einig, daß darüber anläßlich der Vorlage der Detailpläne und nicht bei der Konzessionsertheilung zu entscheiden sei.

Endlich haben wir nicht Anstand genommen, dem Wunsche der Gesellschaft bezüglich Abkürzung der in der That etwas umständlichen bisherigen, offiziellen Bezeichnung des Unternehmens Folge zu geben.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

O B e r n , den 16. September

1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Erweiterung der Konzession für die Seethalbahn (Fortsetzung von Lenzburg nach Wildegg).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe der Betriebsdirektion der aargauisch-luzernischen Seethalbahn, vom 20. Oktober 1889 ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 16. September 1890, "beschließt: 1. Der Lake Valley of Switzerland railvvay Company limited, in London, welche inskünftig die Firma ,, S c h w e i z e r i s c h e Seet h a l b a h n " ' führen wird, als Inhaberin der Konzession für die Linie Lenzburg-Emmenbrücke und die Anschlußbahn von Beinwyl nach Reinach-Menziken, wird die Bewilligung zum Bau und Betrieb einer Fortsetzung ihrer Linie von L e n z b u r g nach W i l d egg, zum Anschluß an- die Schweiz. Nordostbahn, unter den in dem Bunde.sbeschluß betreffend Konzession einer Eisenbahn von Beinwyl nach Reinach-Menziken, vom 1. Juli 1886 (E. A. 8. IX, 21 ff.), aufgestellten Bedingungen ertheilt.

2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

Bnndesblatt. 42. Jahrg. ' Bd. IV.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erweiterung der Konzession für die Seethalbahn (Fortsetzung von Lenzburg nach Wildegg). (Vom 16.

September 1890.)

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27.09.1890

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