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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über Maßnahmen gegen gemeingefährliche Epidemien, vom 2. Juli 1886, und des bezüglichen Reglements vom 4. November 1887.

(Vom 16. September 1890.)

Getreue, liebe Eidgenossen l Gestützt auf Art. 10, Alinea 2, des Bundesgesetzes betreffend die Maßnahmen gegen gemeingefährliche Epidemien, vom 2. Juli 1886, und Art. 13, Alinea 2, des Reglements vom 4. November 1887, betreffend die Ausrichtung von Bundesbeiträgen an Kantone und Gemeinden zur Bekämpfung gemeingefährlicher Epidemien, in der Absicht, eine richtige und gleichmäßige Anwendung genannten Gesetzes bezw. der kantonalen Vollziehungsverordnungen zu befördern, sowie eine brauchbare Berichterstattung und eine einheitliche, übersichtliche Rechnungsstellung zu erzielen, laden wir Sie ein, in Zukunft beim Auftreten von Krankheiten, die unter das Epidemiengesetz fallen, für genaue Ausführung nachstehender Bestimmungen Sorge tragen zu wollen.

I. Anzeigepflicht.

Sobald in einem Kanton das Auftreten einer der in Art. l des Bundesgesetzes vom 2. Juli 1886 angeführten epidemischen Krankheiten konstatirt worden ist (Art. 3 des nämlichen Gesetzes), setzt die betreffende kantonale Sanitätsbehörde das eidg. Departement

133 des Innern in kürzester Frist (bei Cholera telegraphisch) davon in Kenntniß. Im weitern Verlauf ist jeweilen auf Ende einer Woche oder so oft, als das Departement es verlangt, ein Rapport über den Stand der Erkrankungen einzusenden, bis die Seuche erloschen ist.

II. Berichterstattung.

1. Der in Art. 13, Alinea l, des Reglements vom 4. November 1887 geforderte Bericht über eine abgelaufene Epidemie und über die bezügliche Thätigkeit der Behörde hat wesentlich zu berücksichtigen : a. Zeit, Art und Weise des Beginns (Einschleppung).

b. Datum der ersten Anzeige an die Ortsbehörde. Von wem erstattet?

c. Welche Maßregeln wurden ergriffen, um eine Weiterverbreitung der Seuche zu verhindern, und auf wessen Anordnung?

d. Beschreibung des weitern Verlaufs der Epidemie. Gesammtzahl der Erkrankten. Für jeden einzelnen sind, am einfachsten in Form einer Tabelle, folgende Angaben zu machen : 1. Name, Alter, Civilstand, Beruf und Wohnung.

2. Zeitpunkt (Datum) der Erkrankung.

3. Datum der Anzeige und Name des Anzeigenden.

4. Muthmaßliche Ansteekungsquelle.

5. Verpflegungsart (Wohnung, Asyl ; in letzterm Falle Datum der Ueberführung in's Asyl").

6. Form, beziehungsweise Grad der Erkrankung.

7. Ausgang der Krankheit (Datum des Todes oder der Genesung, beziehungsweise der Aufhebung der Isolirung oder der Entlassung aus dem Asyl).

e. In welcher Weise wurde die Isolirung (Art. 4 des Epidemiengesetzes) angeordnet und durchgeführt ?

f. Wenn von einem Asyl Gebrauch gemacht wurde, ist ein Bericht des Asylarztes beizulegen. Falls das Absonderungslokal bei diesem Anlaß neu hergerichtet wurde, so ist über dessen Lage, Einrichtung, Betrieb etc. genau zu berichten.

g. Wie wurden die Krankentransporte in das Absonderungshaus ausgeführt? Dienten hiezu besondere Krankenwagen? Welche Vorsichtsmaßregeln wurden dabei beobachtet?

Bandesblatt. 42. Jahrg. Bd. IV.

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h. la welchen Fällen fanden Ausquartierungen statt? Wo und wie wurden die Ausquartierten untergebracht?

i. Welche Maßnahmen wurden bei Sterbefällen angeordnet (ärztliche Leichenschau, Behandlung der Leiche, Einsargung, Aufbewahrung des Sarges, Vornahme der Beerdigung, Leichenwagen, Leichengefolge)?

fe. Mit welchen Mitteln, in welcher Weise und in welchem Umfange wurde die Desinfektion ausgeführt? Auf wessen Anordnung und unter wessen Leitung?

Da, wo Desinfektionsanstalten zur Desinfektion infizirter Objekte benutzt wurden, ist speziell anzugeben, welche Vorsichtsmaßregeln beim Transport der letztern in die Anstalt beobachtet wurden (spezielle Transportwagen, Gefässe, mit antiaeptischen Lösungen befeuchtete Säcke oder Tücher etc.).

2. Die Kantonsregierung prüft den gemeinderäthlichen Bericht, sorgt vorkommendenfalls für die nothwendigen Berichtigungen und Ergänzungen und legt ihn nebst allfälligen ärztlichen Rapporten und den Entschädigungsforderungen ihrem gutachtlichen Bericht an den Bundesrath bei.

In den Fällen, wo es sich um Pocken handelt, soll ein ärztlicher (amtsärztlicher) Rapport über den Impfzustand der Erkrankten, des Pflegepersonals und der Mitinsaßen der Pockenwohnuug beigefügt werden. Zur Erleichterung dieser Arbeit und zur Erzielung gleichmäßiger Angaben wird das eidg. Departement des Innern ein bezügliches Formular ausarbeiten und im Gebrauchsfalle den Kantonen zu Händen der Aerzte zur Verfügung stellenAuch Angaben über die Zahl der anläßlich der Pockenepidemie vorgenommenen Impfungen und Revaccinationen und über deren Resultat sind jeweilen sehr wünschenswert!].

III. Rechnungsstellung.

Entschädigungsforderungen an den Bund für Kosten, welche aus Vorkehrungen erwachsen sind, die durch das Epidemiengesetz, vom 2. Juli 1886 gefordert werden und für welche dasselbe in Art. 8 einen nach Maßgabe des Reglements vom 4. November 1887 zu leistenden Bundesbeitrag vorgesehen hat, sollen spätestens binnen 6 Wochen nach dem Aufhören der Epidemie dem eidg. Departement des Innern eingereicht werden.

Die Rechnung soll im Wesentlichen nach folgendem Schema, abgefaßt sein:

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Gemeinde: Art der Epidemie: Zahl der Erkrankten:

Bezirk:

Kanton:

Dauer derselben: Vom.

bis..

Zahl der Gestorbenen: Äs des Belegs.

1. Für temporäre Isolirbauteii (Art. 4 des Reglements vom 4. November 1887): a. Erstellungskosten b. Erlös aus dem Material nach dem Abbruch 2. Effektiv bezahlter Miethzins für ein mit vorgäugiger Genehmigung durch eine obere kantonale Sanitätsbehörde als Nothspital verwendetes Privathaus (Art. 3 des Reglements) 3. Nachgewiesenermaßen bezahlte Entschädigung für Benützung eines öffentlichen Gebäudes (Art. 2 des Reglements) 4. Erstmalige Anschaffung oder nothwendige Ergänzung von Mobiliargegeustäuden zur Aufnahme und Verpflegung der Kranken (Art. 7 des Reglements) 5. Krankentransport i n' s Absonderungshaus (Art. 1 des Reglements) 6. Verpflegung und ärztliche Behandlung armer oder bedürftiger Kranker im Isolirspital (Art. 8 des Reglements) : Gmmmtzahl der Spitalpatienten : Zahl derjenigen, die nicht während der ganzen Krankheitsdauer im Asyl waren : !

Transport

Fr.

Rp.

Fr.

Rp.

136 rë

des Belegs.

Transport Summe der Spitalpflegetage : a. Auslagen für Beschaffung von Nahrungsmitteln, Beleuchtung b.

c.

d.

g.

Löhnung des W^rtepersonals .

Aerztliche Behandlung .

Medikamente Diversa

7. Verpflegung und ärztliche Behandlung armer oder bedürftiger in ihrer Wohuung isolirter Kranker [Art. 8): Zahl derselben: Wie viele wurden davon im Verlaufe iler Krankheit in's Absonderungshaus geschafft?

Gesammtzahl der Pflegetage in Privathäusern :

a. Auslagen für Lebensmittel und deren Herbeischaffung .

b. Für Wartung c. Für ärztliche Behandlung und Medikamente d. Allfällige sonstige nothwendige Ausladen 8. Kosten für Isoliruug und Sanitätswachtdienst (Art. 1 des Reglements) 9. Beschaffung von Lokalitäten für Auslogirte (Art. 6 des Reglements] Transport

Fr.

Rp.

Fr.

Rp.

137 X» des Belegs.

Fr.

Ep.

Fr.

Ep.

Transport 10. Auslagen für arme oder bedürftige isolirte oder auslogirte Gesunde : a. Verpflegungskosten (Art. 8 des Reglements) derselben .

b. Entschädigungen für Erwerbsverlust (Art. 10 des Reglements) 11. Auslagen für die von der Sanitätsbehörde amtlich angeordnete Desinfektion (Art. 11 des Reglements): a. Desinfektionseinrichfcungen .

b. Desinfektionsmaterialien c. Geleistete Entschädigung für amtlich zerstörte Objekte . .

d. Ausführung der Desinfektionsarbeiten 12. Aerzliche Ueberwachung der Isolirten und Auslogirten (Art. 9 des Reglements) 13. Sanitarische Ueberwachung des Grenzverkehrs (Art. 12 des Reglements) Anmerkung. Die Berechtigung der Posten 6, 7 und 10 ist durch beigelegte amtliche, von der kantonalen Verwaltungsbehörde visirte (Art. 8, Alinea 2, des Reglements) Armuths- oder Dürftigkeitsbescheiuigungen nachzuweisen.

Wir benutzen diesen Anlaß, Sie, getreue, liebe Eidgenossen, sammt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 16. September 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes : Der Bundespräsident:

L. Bnchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche eidgenössische Stände, betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über Maßnahmen gegen gemeingefährliche Epidemien, vom 2. Juli 1886, und des bezüglichen Reglements vom 4. November 1887. (Vom 16.

Septem...

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1890

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39

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20.09.1890

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132-137

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