^

#ST#

Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung betreffend die Einführung eines neuen Jnfanteriegewehres.

(Vom 9. Januar 1863.)

T i t. l Das Gesez über Bekleidung, Bewaffnung und .Ausrüstung des Bundesheeres vom 27. August 1851 bestimmt, dass die damals noch mit dem Rollgewehr bewassnet gewesenen Jäger allmälig, und zwar spätestens bis zum Jahr 1857, mit gezogenen Flinten bewassnet werden sollen.

Mit Botschaft vom 8. Wintermonat l 854 schlug dann der Bundesrath die Einführung eines neuen Jägergewehres vor. ^) Die Bundesversammlung besehloss jedoch, das neue Jägergewehr soll einstweilen nicht eingeführt und der Gegenstand zu neuer Untersuchung an den Bundesrath zurükgewiesen werden.

Auf Grundlage neuer Versuche wurde sodann unterem 25. September 1856 die .Einführung des Jägergewehres mittelst folgender Sehlussnahme beschlossen : ,,Das neue, aus Grundlage des Expertenberichtes vom 30. Mai 1856 vorgeschlagene Jägergewehr ist sür einmal je bei einer Jägerkompagnie eines Bataillons, bei den Jägerkompagnien der Halbbataillone und bei den einzelnen Jägerkompagnien des Bundesauszuges einzusühren.

^) Siehe Bundesblatt v. J. 1854, Band III, Seite 458.

^7 . ,,Den Kanton.en sind für die erstem Ans.ehassung zwei Dritttheile der kosten für jedes angeschaffte und eidgenossisch verirrte. Jägergewehr au^ der Bundeskasse ^u verabfolgen.

,,Die Kantone haben die zur Bewaffnung dieses .Kontingentes zum Bnndesan.^uge erforderlichen Jägergewehre bis zum 3l. Dezember 1860 anzuschaffen.^ .

^ Während in Ausführung dieser ...^chlussnahme die Bewaffnung der Jäger mit einem gezogenen Gewehre allmälig vor sich gieng , dachte man auch an die Einführung von gezogenen Gewehren bei der übrigen Jnfanterie --. den zweiten Jägerkompagnien und ^entrumkompagnien -^ und gleichzeitig bei den Sappeur-, Bontonnier^ und Barkkompagnien.

Man beschränkte sich diesssalls vorderhand ans eine Uebergangsmassregel, in.

dem die Umänderung der vorhandenen Rollgewehre in gezogene beschlossen wurde.

Der daherige Beschluss datirt vom 26. Jänner 185.) .und lautet im Wesentlichen wie folgt .

. . . . . . Die Rollgewehre seliger Ordonnanz sollen zur Bewasfnung der ^esammten, bisher damit ausgerüsteten Fusstruppen des Bundes.^ Auszuges und der Bundesreserve naeh dem Systeme Breiat..Burnand abgeändert werden, mit Ausnahme derjenigen Kompagnien, für welche das Jägergeweh..^ bestinnnt ist.^^) Die Ausführung dieser Schlnssnahme erfolgte in den Jahren 1859,

l8^) und l^6l.

Die Behorden liessen inzwischen nicht aus den Augen, dass der gegenwärtige Anstand der Bewaffnung der Armee, wonach die Sebarfschüzen mit dem ^tuzer, die ersten Jägerkompagnien des Auszuges mit dem Jägergewehr, der übrige Auszug und die Reserve mit dem Brelat-Burnand-Gewehr und die Landwehr mit dem Rollgewehre bewaffnet ist, kein auf die Dauer haltbarer sein tonne, und man nahm sosort darauf Bedaeht, aus diesen. Provisorium heranzukommen.

Die Bundesversammlung sas.te diesssalls unteren 31. Januar .^860 folgende .^chlnssnahme .

,,Der Bundesrath wird eingeladen, die Untersuchungen über die beste Form der Hands..uer.vasfen ernstlich an die Hand ^u nehmen, und beforderlieh die neuen Muster aufzustellen. Es ist dal..ei aus gleiehsormiges Kaliber bei allen Handfenerwasfen, ans Solidität alter Theile derselben und bei den Gewehren aus ein zwekmässiges Bajvnnet Rüksieht zu nehmen.

Zu diesem Zweke sind schon jezt von beiden Räthen Kommissionen zu ernennen, welche die diessfälligen Anträge des Bundesrathes noch vor dem Zusammentritt der nächsten ordentlichen Bundesversammlung entgegen zu^ nehmen und zu prüfen haben. ^ ^ S^.he eldg. ^sezsa.mml..ng . Band VI, ^i^ 140.

^

.

^

Der Bundesrath säumte .nicht, zur Losung der eben so dringenden, al^.. wichtigen ^Frage die ihm geeignet scheinenden Sehritte zu thnn. Er ernannte eine Expertenkommission, welche ^den Austrag erhielt, unter der Leitung des eidgenofsisehen Militärdepartements die Angelegenheit zn.

prüfen. ^ Um dieser Kommission ein mogliehst umfangreiches Material an die Hand zu geben, erofsnete der Bundesrath einen Konkurs sür die Eingabe guter Handfeuerwaffen oder Waffenl.estandtheile, ^) was zur Folge hatte, dass ei.ue Anzahl Gewehre und Wafsenbestandtheile eingiengeu. Rachdem dieselben der Expertenkommission überwiesen und dureh mehrfache Versuche geprüft worden waren, erstattete lettere unterm 20. Rovember 1860 ausführliehen Bericht darüber und. machte zugleich ihre Vorsehläge sür die durch das Brogramm den Konkurrenten zugesicherten Breise.. ^^) Die Waffe, welche die besten Resultate lieserte, war ein Gewehr vom Kaliber 4^ 27.^.

das von den Herren B u r r h und Bu h o l z e r in Ludern eingesandt worden w^ar. Jn ihrem allgemeinen Berichte sprach sich die Kommission gegen ein Kaliber von weniger als 4^ und sür ein E^pausionsgesehoss ans,.

und fehlng folgende prinzipielle Bestimmungen als Basis sür die Konftrnktion eines neuen Jnsanteriegewehres vor: Annahme des Kalibers von 4^ mit einer Toleranz bis aus 4.^ 2^, wenn das gleiche Kaliber auch bei den ..^eharssehuzen eingesührt werden soll.

Annahme eines Kalibers von 4^ 3^ mit Toleranz bis aus 4^ 5I^^ wenn die Waffe der Jnsanterie (Jägern und Füsilieren), mit Ausseh luss der Scharsschüzen, übergeben w.erden svolle.

Annahme eines E^pansivgeschosses, Fefts.ezung der Lauslänge ans 33^.

Die Kommission machte serner den Vorschlag, nach diesen Grundsä^en. eine .^ahl von Gewehren anfertigen zu lassen, wo^u auch die nothigen Weisungen ertheilt wurden.

Jnzwisehen prüfte das eidg. M.litärdepartement die Frage der Einführnng eines einheitlichen Kalibers aneh noch von einem andern Gesichtspunkte aus. Jm Laufe .^s Jahres l 86 l hatte nämlich Herr Zeugwart B u h o l z e r in Ludern ein E^pansivges.hoss erfunden, welches geeignet .schien, aueh beim ^leinen Kaliber, beziehungsweise bei^n Jägergewehr und ^tuzer, mit Erfolg angewendet werden zu konnen, während man bisher die Anwendung .einer E^p.ansionskugel nur sür ein grosses Kaliber für moglich hielt Es war wiederum die
gleiche Expertenkommission, welcher die Versuche mit dem Buholzer-Gesehoss zugewiesen wurden.. Die Kommission kam indessen im Laufe des Jahres l86l, troz mehrsachen Versuehen, zn keinen^ bestimmten Resultaten, obschon sie anerkannte, dass die gegenwärtige Scharssch^enmnnition bedeutende Jnkonvenien^en darbiete.

^ Siehe Bunde.^bla^ .^. J. 18^0, Band I, Seite 287.

^)

^ )

.^

.

.

.

^

.

.

.^

^

.^

..

.^

1 ^ 1 ^

..

...

.^

^

3^.

^

^ Während man infolge der Bnhol.,er'schen .Erfindung es auf der einen

Seite für moglieh hielt . da..'. kleine Kaliber oder Einheitskaliber ein^ führen, beziehungsweise der ganzen Jnfa..terie das Jägexgewehr zu geben, sprachen sich auf der andern Seite die Militärbehörden der .Kantone, die Jnspektoren der Jufanterie und die Ehess der verschiedenen Waffen , die zur Abgabe von Gutachten über das Jägergewehr eingeladen worden waren, mehrentheils gegen die allgemeine Einführung des Jägergewehres aus.

Nachdem man nun im Laufe des Jahres 1861 zu keinem Resultate gelangt war, versammelte das eidg. Militärdepartement im Januar l 862 die kommission , die inzwischen dureh einige weitere Mitglieder verstärkt worden war, neuerdings. ..^s wurde ihr die Frage vorgelegt, ob nicht beim damaligen Stande der Versuche die Grundlage zu einer möglichst beforderliehen Erledigung der Bewaffnungsangelegenheit gefunden werden konne, und welches das zwekmässigste weitere Vorgehen in der Angelegenheit sei.

Die kommission kam hierauf nach Mehrheit zu folgenden Anträgen :

iängern Berathungen

in ihrer

1. Die Scharsschü^en sollen ihre bisherige Waffe beibehalten.

2. Die Jnfanterie ist mit einem neuen gezogenen Gewehre ^u bewaffnen.

. .

3. Das Kaliber des nenen Gewehres soli 4^ 3lV mit einer .^oleranz bis 4^ 5l^ betragen.

4. Die Lanflänge soll 33^ betragen.

5. Sobald moglieh sollen Versuche mit Waffen von diesen Dimensionen gemacht werden. Dabei sind namentlich der beste Drall und die besten Züge ins .^lnge zu fassen, s o w i e auch die Möglichkeit , den .^atagan für einen Lauf von 33^ Länge .ohne Jukonvenienz zu a.^optiren.

6. Die Versuche sollen so stattfinden , dass die damit beauftragte .^ommiffion in einer bestimmten ^eit ein definitives Modell vorlegen kann, das den obigen Anforderungen entspricht.

7. Die Versuche mit dem Stuzer sollen in der Absicht fortgebt werden, um dieser Wasfe die grosstmogliehe Präzision zu siehern u^d deren Gebrauch so praktisch als moglieh zu machen.

Jnsolge dieser Vorschlag... der Expertenkommission stellte der Bundesr.ath den Antrag., die Versuche über die Einführung einer neuen Handfeuerwafse foxtznsezen u.nd ^u diesem Z..^ke einen .^edit von Fr. l0,000 ^u bewilligen.

Die Bundesversammlung sasste daraufhin unterm 7. Hortung l 862 folgenden Besehluss.

70.

.

^ der

,,Die B n n d e . s v e r s a m m l n ng s c h w e i z . E i d g e n o s s e n s c h a s t,

nach Einsieht der Botschaft^ des Bundesrathes vom 2.). Jänner 1862, und in Betracht, .,dass die dem Bundesrathe durch Beschluss vom 3l. Jänner t 860 aufgetragenen Versuche, betreffend die Einführung gezogener HandFeuerwaffen , noch in keiner Richtung als abgeschlossen .betrachtet werden konnen,

be^liesst.

,,Die bisherigen Versuche stnd sort^usezen und dabei namentlich auch die in Frage kommenden .neuen Wasser stetssort mit den bisherigen einer genauen Vergleichung z... untergehen. Dem Bundesrathe wird zu diesem Zweke ein Kredit von Fr. 10,000 erofsnet.^ ^) Raehdem die Expertenkommission die dieser ^hlussnahme entsprechenden weitern ^lustrage erhalten hatte, versammelte sie sieh am 21. Hornnng, um ein Programm für ihre Versuche aufzustellen und die Anzahl und Art der Waffen sestzusezen, mit welehen Versuche vorgenommen werden sollen, und es wurden zwei Mitglieder mit der Anschaffung dieser Waffen beaustragt.

Ra.hdem die Waffen angefertigt waren, versammelte steh die Kommission ^u weitern Versuchen in Basel, wo sie zuerst vom 2l). Juni bis

5. Juli und dann vom 20. bis 26. Rovember 18^2 tagte. Beide

Male waren einzelne Mitglieder der .kommissionen der beiden Räthe anwesend.

Die Versu.he im Juni und Juli begrasen folgende Bunkte.

l^ Eigentliche Sehie^versuche ^.r Feststellung der relativen .^resf-

fähigteit ieder einzelnen Waffe.

2^ Versuche , betreffend die ..lbsehenhohen und ^isieruunkel (.^lugbahn). .

3^ ^ersuche, betreffend die ^lug^e.it.

4) Versuche, betreffend die .^erkussionskraft.

5) Versuche,^ betreffend den Rükstoss, und endlich ^ Versuche über Versehleimung.

Die Menge der bei diesen Versuchen gewonnenen Resultate hatten natürlich ohne eine logische und übersichtliche Zusammenstellung keinen Werth, und die Kommisston vertagte sich, um in der Zwischenzeit diese Zusammenstelh.ng.m durch ein Mitglied der Kommission , Herrn Oberstlieutenant W ei ss, besorgen ^u lassen. Die daherigen Ergebnisse finden sich in den Tabellen I^Vl ^verzeichnet. Herr ^tabsmajor S i e g f r i e d berechnete die verschiedenen Flugbahnen und Gestrichenen Räume.

^) Siehe eldg. ^esezsammlung, Band ^Il, Selte 1^3.

^.

Am 20. Rovember trat die .kommission neuerdings zusammen, .um noch einige praktische Versuche bezüglich der Flugbahnen anzustellen, und um in einer Schlusssizung^ definitive Anträge an^ das eidg. Militärdepartement zu stellen. Gleichzeitig wurden auch die Versuche mit dem Buholzer..

Vrojektil zu Ende gesührt, nachdem die ersten, im Juni 1861 von der kommission vorgenommenen Versuche nur die ^Wünschbarkeit von deren Fortseznng, nicht aber ein bestimmtes Resultat zu Tage gefordert hatten, und nachdem inzwischen auch noch mit einem andern Projektile (von Büchsenmacher Z a n g g in Bern) vergleichende Versuche angestellt worden waren.

Die K o m m i ssto u sprach steh einstimmig für die Bnholzer-Geschosses sür Stuzer und Jagergewehr aus.

Einführung des

Dagegen konnte di^ Kommission in ihrer Schlusssizung vom 26. Rovember in der Hauptsache, der Kalibersrage, sich nicht zu einen. einstimu.igen Antrage vereinigen. Die Mehrheit der Kommission (HH. Oberst Hans H e r z o g , Oberst H o ff s t e t t e r, Oberstlieutenant H.. W ei ss, Oberstlieutenant R. Merian und Oberstlieutenant B r u d e r e r ) empfiehlt ein Kaliber sür das neue Jnfanteriegewehr von .

.

. 43^^ Eine erste Minderheit ein solches von .

.

.

.

. 38^^ (die Herren R o b l e t , ^berstlientenant , und van B e r c h e m , Stabsmajor) ; eine zweite Minderheit (Herr Oberst W u r s t e m b e r g e r ) ein solches von .

.

.

.

.

.

.

. 35^^ ^ür alle drei Meinungen wurden besondere Gutachten ausgearbeitet, die wir Jhnen znr Abkürzung gegenwärtiger Botschaft gedrnkt austheilen.

lassen. ^) ...^chon vor und seit dem Bekanntwerden dieser Kommissionsanträge langte eine Anzahl Vorstellungen, theils von Osfiziersvereinen, theils von hohern Stabsoffizieren ein. Vier dieser Vorstellungen sprachen sieh sür das kleine, eine derselben, von 25 eidg. Obersten, für das grosse Kaliber aus.

Wir legen diese Vorstellungen den Akten bei.

Bei dieser Ab.veiehung der Ansichten machten wir es uns zur Ausgabe, die in Aachen massgebenden Gründe einer genauen Abwägung zu unterziehen, wobei wir zu solgenden Resultaten gelangten.

^rüft man an der Hand .^es Mehrheitsgutachtens die Vorzug.^verh.iltnisse zwischen dem grossen und kleinen Kaliber, so stellt sieh mit Be^ ziehung auf die in Betraeht fallenden Fragen folgende Vergleichung heraus .

l) Jn Beziehung aus Trefsfähigkeit wird das kleine (35^^) und das ^grosse Kaliber als ziemlieh gleu.h erklärt.

^ Siehe die Gutach^n hienaeh.

^ 2) Ju Begehung auf Flugbahn ..m.... Gestrichenen Ra.um stellt sieh ein kleiner Vortheil zu Gunsten des kleinen Kalibers heraus.

3) Jn Begehung auf di^ Ablenkung durch den Win.^, steht der Bor-

theil auf Seite des grossen Kalibers.

4) Jn Begehung auf Perkussion besteht kein grosser Unterschied ^wisehen den drei Kalibern; das grosse^ soll jedoch mehr ^exstorungs.^ krast besten.

5) Jn Beziehung aus Rükstoss ist der Vortheil aus .^.eite des kleinen

Kalibern. ..

^

^) Jn Beziehung aus Versehleimung haben sich alle Kaliber gleich wenig empfindlich erwiesen.

7) Jn Begehung auf schlechtes Pulver h^t sieh ebenso zwischen den drei Kalibern kein erheblicher Unterschied gezeigt.

8) Jn Beziehung aus Kalibertoleran^ steht der Vortheil aus ..^eite des grossen Kalibers, wobei die Verhältnisse angegeben werden wie

folgt :

Kaliber 35^^ ertrage eine Toleranz von l ,7^^ ^.^ ^ .^.^ ,, ,,

^^.

^^

^.^^

,, ,,

,, ,,

,, ,,

,, ^^ .^ ..^.^ ,, ^, .

..)) Jn Begehung auf das Gewicht von Waffe und Munition steht das kleine Kaliber im Vortheil.

10) Jn Betreff der Form der Patronen und das ^aden stehe das grosse Kaliber obenan.

11) Ueber ^ie Dauerhaftigkeit des Jnnern der Läuse sei noch keine genügende Grundlage ^n einem Urtheil vorhanden.

l 2) Jn Begehung von Gewehr nnd Munition ist der Vortheil auf

Seite des kleinen Kalibers.

13) Jn Begehung auf die .^rage, in wiefern eine Erweiterung der Ordonnan^stu^er und Jägergewehre auf das Kaliber von 4(^^ bis 42^^ thunlieh sei, um auf diesem Wege die Ka..ibereinheit für alle Handfeuerwaffen zu erzielen , wird diess als uutl^unlieh erklärt.

So labtet im Resüme die Anschauungsweise der Mehrheit der Kom^ mission. .^ür das ^here verweisen wir ansdrüklich ans den Jnhalt des Berichtes selbst.

Wenn wir bloss die Vortheile und Rachtheile, wie sie oben einander gegenüber gestellt .sind, einander gegenüber in die Wagsehale legen , so.

müsste für uns die Entscheidung zweifelhast sein , welchem Kaliber der Vorzug zu geben sei, denn den Portheilen, welehe sü das grosse Kaliber angeführt .werden, wie grossern Widerstand g e g e n Wind, grossere Z e r s t o r u n g s k r a s t uud günsti.gere P a t r o n e n s o r m , stehen aus der andern .^eite eben so viele Vortheile des kleinen Kalibers gegenüber, nämlieh b e s s e r e ^lugbahn, g e r i n g e r e r Rükstoss, k l e i n e r e s Gewicht und g e r i n g e r e r Breis.

73 Einen festern Anhaltspunkt sur unsere Entscheidung finden wir jedoch in einigen andern Betrachtungen , die ^um Theil in den beiden Minderheitsgutachten bereits angeführt sind.

Das kleine Kaliber ist bei uns bereits einheimisch: sür den Stuzer .seit zwolf Jahren, für das Jägergewehr seit sechs Jahren.

Ueber 20,000 Stüke dieser Waffen mit entsprechendem Munitionsvorrathe sind im Lande bereits vorhanden. Wenn also nieht s...hr triftige gründe nachgewiesen werden konnen, um von diesem Kaliber ab^uwei.hen und ein grosseres , ganz neues einzuführen , so soll das Bestehende nicht verlassen werden, und Gründe von solchem Gewiehte^ halben wir in dem Mehrheitsgntaehten und allen andern Beobachtungen, die gemacht wurden, nicht finden kennen.

Mit dem kleinen Kaliber ist die Durchsührung der K a l i b e r e i n h e i t für alte Handfeuerwaffen moglieh . und diesen Vortheil schlagen wir besonders bei unserm Kontingentss^steme nieht gering an.

Er ist um so grosser, als in ^olge der Einführung der Buholzer^ Munition für den Stuzer ^ur Kalibereinheit auch vollständige M u n i t i o n s - , d. h. V a t r o n e n - und G e s c h o s s e i n h e i t kommen wird.

Das kleine Kaliber ist bei der Mannsehast, die damit umzugehen hat, beliebt geworden. Wohl selten hat eine neue Waffe so schnellen Anklang bei der Mannschaft gefunden und ist bei dieser der Waffenstolz in solchem Grade gefordert worden , .oie bei dem neuen Jägergewehre. Der beste Beweis dafür ist die starke Ueberhandnahme des Feldschüzenwesen^s , seitdem dieses Gewehr eingeführt wurde.

Das kleine Kaliber ist okouomischer. Wir meinen damit nicht sowohl den Vreis des Gewehres, .i.o ein sehr fühlbarer Unterschied sieh nieht herausstellen wird, als vielmehr. den M u n i t i o n s v e r b r a u c h . Die Difsereuz in der Bleikonsumation für das grosse und das kleine Kaliber .beträgt nach den Berechnungen der^ Kommissionsmehrheit nicht weniger als 46.^, d. h. 100 Schüsse des ^rossen Kalibers konsumiren so viel

Blei als 14l^ d^.s kleinen. Dies. ist ein ^aktor, dem wir ein sehr

grosses Gewicht beilegen, u.^il die Schießübungen alljährlich wiederkehren und einen wesentlichen Bestandtheil unserer ständigen Jnstruktionsausgaben bilden , und weil die freiwilligen ^.ehiessvereine bei erheblich wohlseiler..r Munition eine viel breitere Basis gewinnen werden , woraus bei unserem Milizs.^steme ein Hauptgericht zu legen ist.

Bei ^dem kleineu Kaliber wird der Manu weniger belastet.

Auf dieses ^iel, d. h. auf ..^rhohung der Beweglichkeit und Ausdauer der Truppen, gehen die neuen Militärresormen vorzüglich hin.

So bei der Ausrüstung unserer nenen gezogenen Batterien. so bei der jüngsten Revision unseres Bekleidung und Ausrüst..ngsregleme..tes; so bei der im .Werke liegenden Res^rm in der Vserd...ausrüstuug bei der Artillerie und Kavallerie. so endlich bei d^. projektirt..n Resor.m in der Ausrüstung der

74 Scharfschützen. Jn der Gewehr- und Munitionssrage ist kein Grund vorhanden, nicht der nämlichen Tendenz zu huldigen.

Bei dem kleinen Kaliber ist der Rükstoss ni.ht unerheblich geringer, als bei dem grossen, ^as ebenfalls von Bedeutung ist. denn der Manu .vird nur dann Liebe zu seiner Waffe und Lust an den Uebungen damit gewinnen, wenn sie ihn. möglichst geringe physische Beschwerden verursacht Gegenüber diesen Hanptgesichtspnnkten, denen wir eine Reihe anderer.

minder wichtiger nicht anfügen , sondern dafür auf die beiden Minderheitsberichte der Expertenkommission verweisen, müssen die verhältnissmässig wenigen Bedenken, die gegen das kleine Kaliber angeführt werden, in den Hintergrund treten. Wir erlauben uns bezüglich ans diese leztern folgende kurze Bemerkungen : Die grossere Empfindlichkeit des kleinen Brojektils für den Wind ist kein erheblicher Uebelstand und wird durch die rasantere Flugbahn desselben ausgeglichen; denn wenn bei dem kleinen Kaliber der bestochene Raum in der L ä n g e n r i c h t u n g um je mehrere Schritte grosser ist als bei dem grossen, so darf sie .^bezüglich auf die S e i t e n r i e h t u n g um mehrere ^uss ungünstiger sein, um unter die Treffsicherheit des grossen Kalibers überhaupt zu sinken. Dnreh die Möglichkeit einer genaueren Stellung des .Absehens kann dem grossen Kaliber nicht nachgeholfen werden, da diess im Gefechte mehr Zeit, Rnhe und Fassung erheischt, als eine annähernde Beurteilung und Abschätzung ^er jeweiligen Windeiuwirkungen.

Die grossere Zerstoruugskrast, die dem grossen Kaliber inwohnen soll, erscheint uns ebenfalls nicht von Aussehlag gebendem Gewichte zu seiu, da festgestellt ist, dass die Berkussious- oder Eindru.gungskraft des kleinen Kalibers im Ganzen genommen nicht geringer ist als die des grossen, nnd für eine Verlegung, die ausser Gefecht sezen soll, bei Knochen, wie bei

lebensempfindlichen, weichen Theilen, die Jntensität den Aussehlaa^ gibt.

Versuche, die wiederholt mit ^ferdeu gemacht wurden, und Erfah-

rungen im Kriege selbst sind geeignet, diesfalls vollständig zu beruhigen.

Die delikatere ^orm ^der Vatronen und geringere Handlichkeit des Gewehres u. s. w. fallen ^nach unserer Anschauung auch nicht in's Gewicht. Was die Batronenfrage betrifft, so haben praktische Versuche bewiesen, dass die Batrouen für das kleine Kaliber mindestens so dauer-

hast sind, wie diejenigen sur ein grosseres. Die Handlichkeit des Ge-

wehres und die Leichtigkeit . des Ladens betretend, so sprechen die bis je^t gemachten Erfahrungen mit dem Jägergewehre nicht dafür, dass unsere Mannsehast im Allgemeinen mit demselben weniger gut umzugehen und weniger schnell zu laden wisse, als mit einem Gewehre grosseren Kalibers.

Dabei müssen wir uns übrigens gegen ein Argument aussprechen, das hier geltend gemacht wird. .^s handle sieh uämlieh um ein Gewehr sur d.e J n f a n t e r i e , nicht für Seharsschüzen und Elitentruppen. Aller-

75 dings ist bei den Scharfsinnen und vielleicht aneh bei den Jagerkompa^nien durchschnittlieh mehr ..Schulbildung ^u treffen, da besonders die Erstern verhältnissmässig zu ^en wohlhabendere. Klassen gehoren. Allein was die J n t e l l i g e n z , d. h. den gesunden Verstand und p r a k t i s c h e n Sinn bezüglich auf die Verhältnisse, welche hier in Betracht kommen, anbetrifft, so steht die Masse der Armee, d. h. die Jusanteriekompagnien des Zentrums im grossen Ganzen gewiss nicht erheblieh unter jenen Elitentruppen, und sie wird sich desshalb in das Handtieren mit dem Gewehr^ von kleinem Kaliber viel leichter finden, als angenommen wir^. Zudem glauben wir, es sei richtiger für die Abmessung dieser Frage nicht die u n t e r s t e S t u f e von Bildung, Jntelligenz und Eifer, wie solche bei einer Anzahl Milizen sich finden mag, zu Grunde zu nehmen, sondern ein solcher Grad von geistigem Sinn und gutem Willen, wie solcher bei

der Milizmannschaft im Allgemeinen sich findet. ^ie Rachlässigen und

geringer Begabten sollen zu den Jntelligentern und Eifrigern heraus^, nicht Ledere zu jenen hinuntergezogen werden.

Alle diese Erwägungen bestimmen uns, Jhuen die Annahme des kleinen Kalibers von 35^^ zu empfehlen. Wenn wir damit von frühern Beschlüssen und Anträgen abweichen, die auf ein Kaliber von 40^^ gingen, so findet dies. seine Erklärung darin, dass seitdem die Anwendung

eines E^pansionsprojektiles sur das kleine Kaliber von 35^^ konftatirt

worden ist, wodurch auch bei diesem eine Kalibertoleranz .ermoglicht wird

und damit das hauptsächlichste Bedenken gegen dasselbe weggefallen ist.

Wir haben in obigen Erörterungen wesentlich nur das grosse (43.^^) und kleine Kaliber (3^^) in Verkleidung gezogen und ^as mittlere (38^^) wenig erwähnt. Wir finden aber, ein eigentlicher Gegensaz bestehe nur. zwischen dem grossen Kaliber einerseits und den beiden kleinen anderseits, da lettere beide die Kalibereinheit, ersteres dagegen die

Kaliberungleichheit zur Grundlage hat, und sür die beiden kleinen Ka-

liber auf wesentlich übereinstimmeuden Anschauungen und Begründungen bernhen. ^ie Grunde, die fur das mittlere ..^stem speziell angeführt werden, erscheinen uns uieht erheblieh genu^, n ni von dem bestehenden Kaliber des ....^tuzers und Jägerg..wehres abzuweichen und die Kosten einer Erweiterung von mehr als 20,^) Käufen und der Umänderung der eutsprechenden Munition aufzuwenden.

^Ausser der Grosse des Kalibers, die sür das neue Jufanteriegewehr die Hauptsrage bildet, kommen noch einige andere funkte in Frage, nämlich Abweichungen in einzelnen Bestandtheilen des je^igen Jägergewehres. Jn dieser Hinsicht ist nämlieh die Er^pertenkommissiou übereiustimmend der Ansieht, und wir sind damit vollig eiuverstanden, dass nicht das ^ Jägergewehr der jezigen Ordonnanz, sondern ein in mehreren Bestandtheilen abweichendes einzuführen sei. Wir verweisen diesssalls ans die Andeutungen am Sehlusse des Mehrheitsberichtes , und treten hier

76 desshalb nicht näher daraus ein, weil wir dafür halten, es sei glanbwürdiger, diese Details in die. zu erlassende Ordonnant des neuen Gewehres zu verweisen.

Wir

berühren noch die finanzielle und die Uebergangssrage.

Mit dem Grundsaze der Kalibereinheit ist selbstverständlich die Einsührung einer neuen Waffe auch für die Genietruppen, die Barkkompagnien und die Kavallerie verbunden.

Rimmt man überall 2..) .^ Ueberzählige

in Rechnung, so stellt sich für die Reubewasfnung des Auszuges und der

Reserve sur die einzelnen Wassengattungen Waffen herauf : .^. Bei den Genie- und Artillerie-

folgender Bedarf an neuen

truppen . . . 2,844 h. Bei den 5 Kom^ pagnien jedes Jnfanteriebataillons u.

den nicht mit dem Jägergewehr bewaffneten Einzelukom-

pagnien . . . 77,220 Total der Gewehre 80,064 zu hochstens Fr. 80, macht Fr. 6,405, l 20 c. Bei der Kavallerie je eine einläufige Bi-

stole

. . . . 3,443 ,, ,, ,. 40, ,, 137,720 zusammen . . . . . ^r. 6,542,840

Dazu kommt die neue Munition. Aus jedes Gewehr und jede Vistole sind mindestens 160 Batroueu zu rechnen, macht zusammen eine

Batronenzahl von l3,36l,120, zu 4 Rp. das Stük, ergibt einen Kosten-

betrag von ^r. 534,444. Diese Ausgabe wird jedoeh zum geringsten Theile aus Rechnung der neueu Bewassnung salleu, da in der Durchführungsperiode, die wir für Anszng nnd Reserve ans 10 Jahre veranschlagen, der jährliche Verbrauch an bisheriger Munition ^u den ..^ehiessübungen in den Rel^.tensehulen und den Wiederholungskursen die Vorräthe ziemlich aufzehren werden, und diese sueeessive durch Ausertignug neuer Munition erseht werden kann. Die Munitionskosteu werden also

ziemlieh vollständig auf Rechnung des ordentlichen Jahresbüdgets fallen.

Wesentlich nur, was von der Brelat^Burnand-Mnnition für die Landwehr aufbehalten werden mus,, fällt der neuen Gewehreinführung zur Last.

Bezüglich aus das finanzielle beschränken wir uns aus diese Andeutungen, da es in unserer Absieht liegt, nachdem Sie in gegenwärtiger Session über die Kaliberfrage werden entschieden und wir hieraus die .^rdonuan^ über die Details der Waffe werden festgestellt haben, auf die .Julisesfion eine ausführliche Vorlage über die Durchführung der neue.n Bewaffnung und die finanzielle Tragweite derselben, und namentlich das

77 Betheiligungsverhältniss zwischen dem Bunde und den Kantonen zu machen.

Wir schlagen daher den nachstehenden Beschlussentwurf vor, und er^ neuern Jhnen, Tit., bei diesem Anlasse die Versicherung unserer volikommenen Hochachtung.

Bern, den ..). Januar 1.^3.

. Jm. ..^...men des schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

^. .^.ornerod.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ^ie^.

^es.^.^e^t.....^...^ betreffend die Einführung ein^ neuen. ^nsanteriegew.e...^..

D i e B u n^d e s ^ e x s a m m l u n g de.. schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach hinsieht einer Botschasr des Bundesrathes vom 9^. Januar 1.^.3, beschliesst : Art. 1. ^ür alle Handfeuerwasfen der eidgenossisehen ^lrmee (Auszug und Reserve) wird ein einheitliches Rormalkaliber von 35^^ sestgestellt.

Art. 2. Die Jnfanterie, welche noch nicht mit dem Jägergewehre versehen ist, und die gewehrtrageude Mannschaft ^es Genies und der Artillerie sind mit einem neuen gezogenen Gewehre, und die Kavallerie mit neuen gezogenen Pistolen dieses Kalibers zu l^ewafsnen.

Art. 3. Der Bundesrath ist ermächtigt, aus Grundlage der ergangenen ^perteubegutaehtungen, die nähere ...^rdonua..^ des neuen Gewehres und der neuen fistole festzustellen.

Art. 4. Er wird beaustragt, über die Art und Weise der Durchsühruug der neuen Bewaffnung uud über die finanzielle Betheiligung von Bnnd und Kautouen auf die näehst.^ Julisession der Bundesversammlung einlässli^he Vorschl^ ^u machen. .

Art. 5. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses b..austragt.

Bund^bla^. Jahrg. .^v. Bd. 1.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung betreffend die Einführung eines neuen Infanteriegewehres. (Vom 9. Januar 1863.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1863

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

03

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

16.01.1863

Date Data Seite

66-77

Page Pagina Ref. No

10 003 946

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.