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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Gebäudes in Sitten behufs Einrichtung des Postbüreau's und des Telegraphenbüreau's in demselben (Vom 27. Mai 1890.)

Tit.

In Sitten bestehen folgende Verhältnisse in Bezug auf die Lokale des Postbüreau's und des Telegraphenbüreau's (welche von einander getrennt sind) :

I. Post.

Die Lokale, in welchen 3 bis 4 Büreaubeamte und -Angestellte und 8 Bedienstete zu arbeiten haben, befinden sich im Erdgeschoß des Stadthauses, in zentraler Lage.

Sie bestehen aus folgenden Räumen: 1) Das eigentliche Bureau, mit einem Flächeninhalt von 15,20 m 2 , in welchem der Postverwalter, der Kommis und der oder die Gehülf arbeiten, gemeinsam mit den Briefträgern, welche bei der Anerkennung der Sendungen mitwirken.

2) Ein Lokal von 12 m2, welches für Rechnungsarbeiten, für Aufbewahrung von Formularen und als Schlafzimmer dient.

3) Ein Lokal von 10,50 m 2 für die Briefträger. Für die Sortirung der zu bestellenden Pakete dient ein Theil des Hausganges.

4) Ein kleines Magazin von 14,28 m2.

922 Für den Verkehr des Publikums mit der Post dient ebenfalls ein Theil des Hausgangs, sowie ein kleiner Raum zum Schreiben.

Wie aus obigen Maßangaben hervorgeht, sind die für den Postdienst zur Verfügung stehenden Räume schon für gewöhnliche Zeiten viel zu klein. Während der Zeit der Weinlese (der massenhaften Versendung von Trauben), sowie an Markttagen wird der Mangel an Raum in wahrhaft bedenklicher Weise fühlbar. Ueberdies sind die Lokale mehr oder weniger dunkel und kalt, also auch ungesund.

Der Miethzins beträgt Fr. 800 per Jahr. Der Mietvertrag ist von nun an jederzeit im Sinne von Art. 290 des Obligationenrechts kündbar.

II. Telegraph.

Das Telegraphenbüreau, mit 3--4 Angestellten und 7 Apparaten, befindet sich im Erdgeschoße eines in der Rue de Lausanne, gegenüber dem Hauptmarktplatze, an der Straße nach dem Bahnhof gelegenen Hauses.

Die Lokale bestehen in einem Vorraum (Vestibüle), einem Vorzimmer für das Publikum, mit einem für den Nachtdienst bestimmten Alkoven, einem ziemlich geräumigen Apparatensaal und einem Raum für Aufbewahrung des Materials.

Diese Lokale sind also in Bezug auf Raum und Eintheiluug den Postlokalen bei Weitem vorzuziehen. Nichts desto weniger findet die Telegraphenverwaltung, sie seien zu klein, namentlich wenn für Sion der Telephondienst eingeführt werden soll, was vorauszusehen ist. Ueberdies sind die Lokale kalt und schlecht unterhalten.

Der Miethzins beträgt, mit Inbegriff der Wohnung des Telegraphisten, welcher der Verwaltung hiefür Fr. 300 per Jahr zu bezahlen hat, jährlich Fr. 750. Der Mietvertrag ist jederzeit auf 6 Monate kündbar.

Unter den hievor dargestellten Verhältnissen erscheint die Beschaffung größerer und besserer Räumlichkeiten für das Postbureau Sion als ein dringendes Bedürfniß und für das dortige Telegraphenbüreau als sehr wünschenswerth.

Es würde sich nun die Gelegenheit bieten, ein Gebäude käuflich zu erwerben, in welchem das Postbureau und das Telegraphenbüreau Sitten in sehr geeigneter Weise untergebracht werden

923 könnten und mit welchem auch mehr als genügende Dependenzen für Posthof, Remise etc. verbunden sind. Es ist dies das an der Rue de Lausanne und an der Straße nach dem Bahnhof (gegenüber dem Telegraphenbüreau) gelegene, dem Staate Wallis, der Einwohnergemeinde und der Burgergemeinde von Sitten gemeinsam angehörende Gebäude des ,,Nouveau Collège et Lycée cantonal14.

Dasselbe wurde uns von den betheiligten Behörden um den Preis von Fr. 180,000 zum Kaufe angeboten.

Ueber die stattgefundene Untersuchung des Gebäudes in baulicher Beziehung wurde folgender Befund abgegeben : ,,Die Liegenschaft, etwas außerhalb der Stadt Sitten in der Richtung gegen den Bahnhof, jedoch nicht an der direkten Zufahrtsstraße zu demselben, gelegen, ist von drei Straßen begrenzt und hat Dach vorliegendem Situationsplan einen Flächeninhalt von 1812 m 2 .*) Auf diesem Terrain steht das ehemalige Hotelgebäude, nunmehr kantonales Lycée und College, auf den drei Straßenseiten aus vier und auf der Seite gegen den Garten aus fünf Stockwerken bestehend. Im Hofe, hinter dem Hauptgebäude, befindet sich eine Remise. Ersteres ist ein stattlicher, gut erhaltener Bau in verputztem Bruchsteinmauerwerk mit Parterre-Architektur, Fenstereinfassungen, Gesimsen und Lisenen in Granit und mit Granittreppen vom Parterre bis auf den Dachboden. Es ist mit Schiefern eingedeckt. Bemerkenswert!! sind auch die sehr tiefen, gewölbten Kellerräume.

,,Das Remisengebäude befindet sich in baufälligem Zustande.

,,Bei dem guten Eindruck, den das Gebäude auf den Besichtigenden macht, drängt sich demselben jedoch sofort die Ansicht auf, daß dasselbe irn Verhältniß zu den Bedürfnissen für den Post- und Telegraphendienst zu viel Raum enthalte, als daß ernstlich an die Erwerbung desselben gedacht werden könne. Die vielen entbehrlichen Räume leer stehen lassen, würde nicht wohl angehen, so daß man genöthigt wäre, im Parterre einige Verkaufsmagazine und überdies 6--8 Wohnungen zu vermiethen, die vorher noch zu solchen eingerichtet werden müßten."

Wir konnten den in vorstehendem Bericht geäußerten Bedenken, ein Gebäude zu kaufen, das nur zum kleinen Theil vom Post- und Telegraphendienst in Anspruch genommen würde, die Berechligung durchaus nicht absprechen. Nach näherer Erwägung finden wir aber, daß diese Bedenken aus folgenden Gründen nicht überwiegen sollten : *) Nach Verifikation der Maßangaben des Planes ergab sich ein wirklicher Flächeninhalt von 1716,17 m8.

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a. Die Uebelstände, welche di.e ungenügenden und ungesunden Postbüreaulokale in Sitten mit sich bringen, rufen je länger je dringender der Beseitigung.

b. Auch für das Telegraphenbüreau ist, namentlich mit Rücksicht auf die vorauszusehende Einrichtung des Telephons, eine Beschaffung größerer und besserer Lokale in hohem Grade wünschenswerth.

c. Nach den stattgehabten Untersuchungen wäre auf anderm Wege als durch Ankauf des Collège genügende und richtige Abhülfe nicht möglich.

d. So wenig es der Eidgenossenschaft würdig ist, ihre Verwaltungsorgane in so bedenklichen Lokalen iünktioniren zu lassen, wie es bei denjenigen der Post in Sitten der Fall ist, so sehr würde die Placirung der Organe der Bundesverwaltung in ein stattliches, gut eingerichtetes und dem Bunde gehörendes Gebäude einen guten Eindruck hervorrufen und dem Post- und Telegraphendienst ebenso praktische als auch in ihrer Ausstattung eines öffentlichen Dienstes würdige Räumlichkeiten sichern.

Was den finanziellen Punkt betrifft, so würde sich die Angelegenheit ungefähr wie folgt gestalten :

A. Mehrausgaben.

1) Ankauf des Gebäudes Fr. 180,000 2) Kosten der Umänderungen, Neueinrichtungen und Reparaturen im Gebäude, sowie gründliche Renovation der Remise und Instand Stellung des Hofes ,, 30,000 Fr. 210,000 Wenn wir von diesen Fr. 210,000 Fr. 20,000 als Werth des Terrains annehmen, so ergibt sich folgende Verzinsung, nebst Amortisation und Unterhalt: a. Fr. 20,000 à 4 °/o = Fr.

b. Fr. 190,000 à 5 % = ,, Total per Jahr

800 9,500

Fr. 10,300

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B. Mehreinnahmen und Minderausgaben.

a. Wegfall des Miethzinses für Post- und Telegraphenbüreau b, Muthmaßlicher Mietvertrag für Wohaungen, Magazine etc. im angekauften Gebäude : Durchschnitt der von verschiedener Seite vorgenommenen Schätzungen Total per Jahr

Fr. 1,250

,, 4,500 Fr. 5,750

Es blieben also als Mehrausgabe, d. h. als jährlicher Miethzins für das Post- und Telegraphengebäude in Sitten, Fr. 4550.

Diese Ausgabe erscheint allerdings hoch, allein wir betrachten dieselbe als nicht z u hoch, wenn man die von uns hievor angeführten Gründe in ihrer vollen Bedeutung würdigt. Es ist übrigens zu bemerken, daß wir als Miether stets auf eine E r h ö h u n g der Ausgaben gefaßt sein müßten, während wir als Eigenthümer auf einen künftigen M e h r e r t r a g der von uns zu vermiethenden Lokale und sonach auf eine Verminderung des uns für Post und Telegraph verbleibenden Miethzinses rechnen dürfen.

Der Bezug des Gebäudes von Seite des Bandes wäre für das Erdgeschoß auf 1. Juni 1892 und für den übrigen Theil auf 1. Juli 1892 vorgesehen.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme des nachfolgenden Beschlußentwurfes im dringendsten Interesse des Verkehrs und des Personals in Sitten, und benutzen diesen Anlaß, Sie. Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 27. Mai 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

L. Rnchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Bundesblatt. 42. Jahrg. Bd. II.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

den Ankauf eines Gebäudes in Sitten behufs Einrichtung des Postbüreau's und des Telegraphenbüreau's in demselben.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vont 27. Mai 1890, beschließt: Art. 1. Der Bundesrath ist ermächtigt, auf Rechnung der Jahre 1892, 1893 und 1894 vom Staate Wallis. der Einwohnergemeinde und der Burgergemeinde von Sitten die denselben gemeinsam angehörende Liegenschaft des ,,Nouveau Collège et Lycée cantonal" in Sitten, bestehend aus Hauptgebäude, Remise, Hof und Garten, mit einem Gesammtfiäcfaeninhalt von 1716,17 m2, um den Preis von Fr. 180,000, zahlbar in Annuitäten von je Fr. 60,000, anzukaufen.

Art. 2. Der Bundesrath hat die Bewilligung des für die Instandstellungs- und Umbauarbeiten auf dieser Liegenschaft nöthigen Kredits bei Anlaß der Budgetvorlage für 1892 ' nachzusuchen.

Art. 3. Der gegenwärtige Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 4. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf eines Gebäudes in Sitten behufs Einrichtung des Postbüreau's und des Telegraphenbüreau's in demselben (Vom 27. Mai 1890.)

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31.05.1890

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