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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erneuerung der Konzession für eine elektrische Eisenbahn von St. Moritz nach Pontresina.

(Vom 7. Oktober 1890.)

Tit.

Unterm 18. Dezember 1888 beschlossen Sie, auf das Gesuch des Herrn Peter Badrutt iu St. Moritz um nochmalige Verlängerung der ihm wiederholt, letztmals durch Bundesrathsbeschluß vom 27. Juli 1887, erstreckten Fristen für eine elektrische Eisenbahn von St. Moritz nach Pontresina nicht einzutreten.

Da sich gegenwärtig neue Gelegenheit biete, an die Ausführung des Unternehmens zu denken, dessen Berechtigung durch den jährlich angewachsenen Fremdenbesuch im Oberengadin und die nahegerückte Möglichkeit des Anschlusses des Thaies an das kontinentale Schienennetz eine bedeutende Steigerung erfahren habe, so kommt Herr Badrutt auf sein altes Projekt zurück und stellt mit Eingabe vom 15. April d. J. das Gesuch, es möchte ihm unter gleichen Bedingungen wie früher die K o n z e s s i o n für eine Eisenbahn von St. M o r i t z nach P o n t r e s i n a neuerdings ertheilt werden.

Wenn berücksichtigt werde, daß der Bewerber infolge der früheren, nicht mit Erfolg begleiteten Vorarbeiten für die Erwerbung der Konzession und die Ausführung des Unternehmens sehr erhebliehe Ausgaben, die sich auf den Betrag von annähernd Fr. 20,000 belaufen, gehabt habe, so lasse sich erwarten, daß die Entsprechung des Gesuches keinen Schwierigkeiten begegnen werde.

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Die technischen Grundlagen des Projektes sind im Wesentlichen die nämlichen wie früher, und es bezieht sich Petent zur Erläuterung auf den für das Unternehmen auf Grundlage der alten Konzession im Mai 1887 herausgegebenen Prospekt, welcher über da» Projekt jeden gewünschten Aufschluß gibt.

Die 7,2 km. lange Linie würde ihren Anfang bei St. Moritz Bad (1775 m. über Meer), östlich des vom Kurhaus, den Bädern und dem Hotel Victoria eingeschlossenen Platzes, nehmen, am Kasino vorbei nach dem Dorfe St. Moritz (1818 m. über Meer) führen, von da sich gegen Punt da Piz ziehen, den Inn beim Ausfluß aus dern St. Moritzersee überschreiten, an der Meyerei (Acla SilvaJ und dem Statzersee vorbei, durch den Celerinitwald gegen die bestehende Brücke über den Roseggbach zu verlaufen, diesen und bald darauf den Berninabach übersetzen, um in Ponti-esina (1798 m. über Meer) zwischen Laret und Spiert die Endstation zu erreichen. Die Maximalsteigung wird 50 °/oo, der kleinste Kurvearadius 100 m. (gegenüber 60 nach der früheren Vorlage) und die Spurweite l m. betragen.

Stationen sind vorgesehen bei St. Moritz Bad, St. Morite Dorf und Ponti-esina, sowie eine Haltestelle bei der Meyerei. Als ßetriebskraft ist Elektrizität ins Auge gefaßt, zu deren Erzeugung die Wasserfälle des Ion dienen sollen und welche entweder mittelst Luftleitung oder Akkumulatoren zur Verwendung kommen wird. Die Aulagekosten werden gegenüber dem ursprünglichen Projekt wesentlich höher, nämlich statt auf Fr. 800,000 nunmehr auf total Fr. 1,225,000 oder Fr. 161,185 per km., veranschlagt.

Unser Eisenbahndepartement sah sich veranlaßt, unter Hinweis auf die bei Anlaß des abschlägigen Bescheides aui' das Fristverlängerungsgesnch im Dezember 1888 in den Räthen gefallenen Aeußerungen und die bezügliche bundesräthliche Botschaft vom 7. Dezember 1888, in welcher bemerkt war. daß dem Petenten, w e n n die V e r h ä l t n i s s e g ü n s t i g e r w e r d e n , der Weg immer offen stehe, neuerdings um die Konzession sich zu bewerben, den Gesuchsteller noch zu einer Ergänzung seiner Eingabe aufzufordern. Derselbe wurde bedeutet, daß sein Gesuch um Erneuerung der Konzession kaum Aussicht auf Erfolg habe, wenn er nicht gleichzeitig nachzuweisen vermöge, daß wirklich die Verhältnisse für Realisirung des Projektes nunmehr günstiger sieh gestaltet haben, bezw. b
e g r ü n d e t e Aussicht vorhanden sei, die für das Unternehmen erforderlichen finanziellen Mittel beschaffen zu können. Wenn es sich bei diesem Nachweise auch nicht um einen förmlichen Fiuanzausweis handeln könne, so sollten doch bestimmte Angaben darüber gemacht werden, wie die Finanzirung in Aussicht genommen sei, ob und welche Zusieherungen von Bankhäusern oder Interessenten

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vorliegen, oder auf was für finanzielle Unterstützung glaube gerechnet werden zu können.

Der Kleine Rath von Graubünden, welchem das vorliegende Gesuch zur Vernehmlassung mitgetheilt wurde, hält dafür, daß angesichts der Thatsache, daß gegenwärtig derartige Unternehmungen bei dem Kapital mehr Entgegenkommen finden, als während der Periode der erstmaligen Konzession, eine Ablehnung der Konzessionirung nicht für begründet für den Fall, daß die Verhältnisse, welche dem Kouzessiousakte vom 7. Juli 1883 zu Grunde lagen, sioh niclit geändert haben.

In letzterer Beziehung führt er an, daü die von ihm zur Vernehmlassung eingeladenen Gemeinden St. Moritz, Ponti-esina, 8amaden und Celerina, sowie das Kreisamt Oberengadin, bei ihrem früheren, mit Ausnahme von 8t. Moritz, ablehnenden Standpunkt beharren, indem sie gegen das Projekt die nämlichen Einwendungen wie damals erheben, nämlich: \. Es entspreche die Anlage keinem wirklichen Bedürfnisse, vielmehr handle es sich nur um eine Privatspekulation, die der Thalschaft zum Schaden gereiche; 2. der Verkehr von Celerina und Samaden werde durch direkte Beförderung der Reisenden von St. Moritz; nach Ponti-esina, stait per Achse über Celerina und Surnaden (?), und mithin auch die Lohnkutseherei geschädigt ; 3. die Frefndenstation Celeriua insbesondere werde beeinträchtigt ; 4. die projektirte Bahn präjudizire die Richtung einer künftigen Engadinerhahn.

Die Regierung bemerkt, daß diese Einwendungen schon 1883 gegenüber dem Vortheile der zu erlaubenden Verkehrsverbesserung als nicht in der Weise berüeksichtigenswerth erachtet worden seien, um eine Konzessionsverweigerung '/AI begründen. Sie seien auch in der That nicht begründet. Von einer eigentlichen Schädigung des Verkehrs der Gemeinden Celerina und Samaden durch diese Bahn könne bei der geringen Entfernung der vier Gemeinden unter einander und besonders von einer Beeinträchtigung der Gemeinde Celerina als Fremdenstation hinsichtlich der eigentlichen Saison um so weniger die Rede sein, als diese Linie sich nicht als Transitbfihn charakterisire, sondern vielmehr berufen sein werde, den Lokalverkehr St. Moritz-Pontresina und vice versa MI vermitteln und VAI beleben. Wenn auch allfällig der Lohukutscherei etwelcher Abbruch dadurch geschehe, so könne derselbe jedenfalls nicht bedeutend sein und gegenüber der Bequemlichkeit des reisenden Publikums und der wesentlichen Verkehrsverbesserung nicht in Be-

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tracht fallen. Es müsse überdies das Zustandekommen einer elektrischen Bahn im Kanton bei dessen Reichthum an Wasserkräften nur begrüßt werden.

Wir halten ebenfalls dafür, dal.l Einwendungen, welche früher nicht als hinreichend erachtet w u r d e n , um einen Konzossionsabschlag zu begründen, dazu auch heute nicht führen können und auf dieselben hier nicht mehr des Nähern einzutreten sei. Auch dem neu vorgebrachten Argument, daß der Richtung einer künftigen Engadinerbahn vorgegriffen werde, k'inn keine BedeuHing zukommen, da nichts hindern wird, für eine durchgehende Engadinerbahn s. Z.

ein von der Lokalbahn St. Moritz-Pontresina unabhängiges Tracé zu wählen.

Dagegen erscheint es am Platze, die Frage näher zu prüfen, ob die Chancen für Realisirung des Unternehmens jetzt günstiger liegen als früher, und bloß im bejahenden Fall die Konzession »u erneuern, wenn m:m nicht wieder fortgesetzte Fristverlängerungen gewärtigen will.

Der Petent beruft sirh in dieser Beziehung, in seinen Eingaben an die Regierung von Graubünden, zunächst darauf, daß er selbst sich bei dem Unternehmen mit Fr. 100,000 bis 150,000 in Aktien betheiligen werde und bezügliche Zusicherungen einer bedeutenden Wiriterthurer Firma besitze; mit Rücksicht auf die bereits geschehenen und bevorstehenden Veränderungen di'r Verkehrs Verhältnisse nach dem Oberengadin begegne die Finauzirung des Unternehmens keinerlei Schwierigkeiten mehr, was bezügiiche Verhandlungen bestätigen; ohne Konzession fehle jedoch zu einem definitiven Abschluß die Unterlage.

Wenn nun aucli die eigene Betheiliguug des Potenten mit ca.

10 °/o an den auf Fr. 1,225,000 devisirten Kosten und die nicht näher präzisirten Zusic-heiaingen einer andern Firma einen Anfang der Finanzirung bedeuten, so ist letztere damit doch noch keineswegs als gesichert oder außer Frage gestellt zu betrachten. Vielmehr halten wir mit der Regierung von Granhünden dafür, daß die hauptsachlichste Chance des Unternehmens in den veränderten Verhältnissen des Geldmarktes überhaupt und der speziell t'ilr Berunnd Touristenbahnen so ausgesprochen günstigen Stimmung des Kapitals liege. Diese allgemeine Situation, in Verbindung mit den vom Petenten angeführten speziellen Umständen, lasHen die Möglichkeit der Finanzirung nicht unwahrscheinlich erscheinen.

Im Hinblick hierauf und nachdem auch die
KantoiiKregierung, welche s. Z. den Fristabsehlag beantragt hatte, heute die Krueuerung der Konzession empfiehlt, können wir unserseits die Entsprechung des Gesuches ebenfalls befürworten.

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Wir beantragen, dabei die Bestimmungen der alten Konzession zur Grundlage zu nehmen, immerhin mit den durch die Verhältnisse oder nach dem jetzt üblichen Wortlaut angezeigten Aenderungen.

Es betrifft dies speziell folgende Punkte: ° A r t . 7 erhält die für Spezialbahnen übliche Fassung; A r t . 8 präzisirt Spurweite und Betriebssystem (elektrisches) und Art. 12 (neu) umgrenzt die Transportpflicht der Unternehmung, wobei esgegenüber der alten Konzession angemessen erscheint, für den Fall des zunächst allerdings nicht vorhandenen, aber z. B. bei Erstellung einer Engadinerbahn möglicherweise eintretenden Bedürfnisses, den Gütertransport vorzubehalten. A r t . 13 ist nach dem ständigen Wortlaut aufgenommen, ebenso A r t . 15, während der entsprechende Art. 14 der alten Konzession nicht in die Konzessionen gehörende Einzelheiten über die Wagenkonstruktion enthielt. Im A r t . 14 erscheint es angemessen, dem Bundesrathe das Recht zu wahren, wenn sich ein Bedürfniß zeigt, eine Verlängerung des Betriebes zu verfügen. Die Taxen sind die gleichen wie in der frühern Konzession ; für den Fall der Einführung des Güterdienstesist die Festsetzung der bezüglichen Taxe dem Bundesrathe vorbehalten. Auch die Art. 19, 20, 21, 22 und 23 entsprechen in ihrem Wortlaut den in der letzten Zeit ertheilten Konzessionen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B o r n , den 7. Oktober 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

L. Ruchonnet Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Eisenbahn von St. Moritz nach Pontresina.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1) eines Gesuches des Herrn P. Badrutt, in St. Moritz, vom 15. April 1890; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 7. Oktober 1890, beschließt: Dem Herrn Peter B a d r u t t , in St. Moritz, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Eisenbahn vom Bad 8t. M o r i t z über D o r f St. M o r i t z nach P o n t r e s i n a unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bandesbehörden über den Bau und Botrieb der schweizerischen Eisenbahnen, jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom Datum der Konzession an gerechnet, ertheilt.

Art. 3.

Der Sitz; der Gesellschaft ist in St. Moritz.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen, nebst den Statuten dei' Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgetunrlenev Plangenehmigung ist dur Anfang mit den Einarbeiten für die Erstellung der Bahn zu inachen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Arbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessiouirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, \velche vorher dem Bundesrathe vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Kundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit oder die Bedürfnisse des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eiugeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissensehaftliehein Interesse, welche durch die Bauarlieiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w. 3 sind Eigeuthuni des Kantons Graubündeu und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlieh der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe '/M jeder Zeit Einsieht von allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nödiige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath Uann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funk* tionen zu begründeten Klagen Aulitìi gelten und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ait. 12. Die Gesellschaft übernimmt zunächst bloß die Beförderung von Personen und Gepäck ; dem Buudesrathe bleibt aber

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Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglemetit der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aenderungen nöthig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrathes eingeführt werden.

Art. 14. Die Beförderung von Personen soll vom 15. Juni bis 15. September täglich mindestens vier Mal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen, erfolgen. Dem Bundesrathe bleibt das Recht gewahrt, irn Falle des Bedürfnisses eine Verlängerung der Betriebsdauer zu verfügen.

Die Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrath vorbehalten.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse erstellt, deren Typus vom Bundesrathe genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen 20 Rp. per Kilometer der Bahn länge zu beziehen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 20 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personeutaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrathe zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete auszugeben.

Bei Einführung des Gütertransportes wird der Bundesrath die Taxen festsetzen.

Art. 17. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kan-

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tonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Ein vom Bundesrathe zu erlassendes Reglement wird hierüber die näheren Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt.

Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrunduug nach oben auf die näehstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 19. Für die Einzelheiten des Transportdienstes besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

sind

Art. 20. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißrnäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der ErtragO des Unternehmens nicht hin.1 die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 22. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 23. Für die Greltendmachung des Rückkaufrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden, gelten folgende Bestimmungen:

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a. Der Rückkauf kann frühestens auf J.'Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu geben b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigimthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und alleo übrigen Zugehöreu.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfoüds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge, gethan werden, und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkaufsumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen .Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen; sofern dei1 Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22 I /2fachen Werth; wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dein Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, jedoch unter Abzug des Betrages des Brneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte EisenbahnUnternehmung, mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige, in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch1 letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkt des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Bundesblatt. 42. Jahrg. Bd. IV.

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Art. 24. Hat der" Kanton Graubünden den Rückkauf der Baiin bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 23 definirt worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton Graubünden hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie Letzterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 25. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erneuerung der Konzession für eine elektrische Eisenbahn von St. Moritz nach Pontresina. (Vom 7.

Oktober 1890.)

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1890

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11.10.1890

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476-486

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