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Botschaft des

schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung betreffend den Niederlassungsvertrag mit Deutschland.

(Vom 5. Juni 1890.)

Tit.

Der Niederlassungsvertrag zwischen der Schweiz und Deutschland vom 27. Juni 1876 ist, wie Sie wissen, am 20. Juli v. J.

gekündigt worden. Die Umstände, unter welchen dieß geschah, sind Ihnen genügend bekannt, so daß wir davon Umgang nehmen können, hier auf dieselben zurückzukommen. Wir verweisen einfach auf die dießfalls zwischen beiden Regierungen gewechselten Noten, welche seiner Zeit veröffentlicht worden sind.

Da die Kündigung nicht von uns ausgegangen war, so konnten wir nichts Anderes thun, als die Schritte abwarten, welche die deutsche Reichsregierung zum Zwecke des Abschlusses eines neuen Vertrages einzuleiten für gut finden würde. Diese Schritte sind dann auch gethan worden, und zwar zunächst in offiziöser Weise bei unserem Minister in Berlin, Herrn Roth ; sodann, als die Möglichkeit einer Verständigung gesichert schien, in offizieller Weise von Herrn von Bülow in Bern, welcher uns eine Depesche mittheilte, deren wichtigste Stelle wir hier wiedergeben : ,,Aus den vertraulichen _ Verhandlungen mit dem hiesigen Gesandten der Eidgenossenschaft -- schreibt Herr von Marschall im Namen des Herrn Reichskanzlers -- hab' ich die Ueberzeugung gewonnen, daß es nicht minder den Interessen und Wünschen der Schweiz, wie denen des Reiches entspricht, wenn im Wesentlichen

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den Bestimmungen des Niederlassungsvertrages vom 27. April 1876, welcher infolge dießseitiger Kündigung mit dem 20. Juli ds. Js.

außer Kraft tritt, fortdauernde Geltung beigelegt würde. Um diesen Zweck zu erreichen, kann es sich jedoch nicht darum handeln, den Vertrag nach seinem vorliegenden Wortlaut zu verlängern. Es ist vielmehr wünschenswerth, diejenigen Erfahrungen zu verwerthen, welche während der Dauer des bisherigen Vertrages aus der Anwendung der einzelnen Artikel gesammelt wurden.

,,Auf die Streitpunkte, welche im vergangenen Jahre bezüglich des Art. 2 des bestehenden Vertrages entstanden sind, beabsichtige ich nicht weiter einzugehen. Die nunmehr vorgeschlagene neue Fassung des Artikels bringt klar zum Ausdruck, daß die Schweiz ·damit keine andere Verpflichtung übernimmt, als diejenige, dea Deutschen, welche das gesandtschaftliche Zeugniß über ihre Reichsangehörigkeit und ihren unbescholtenen Leumund beibringen, die a im Artikel l bezeichneten Rechte zu gewähren.

o*Da das von uns in Anspruch genommene, aber deutscherseits bestrittene Recht, Jeden bei uns aufzunehmen, gleichviel, ob er die in den Niederlassungsverträgen aufgestellten Bedingungen erfülle oder nicht, nunmehr unumwunden anerkannt war, so nahmen wir keinen Anstand, auf die Vorschläge Deutschlands einzutreten. Diese Vorschläge sind übrigens mit Bezug auf den wichtigsten Punkt, in welchem sie vom alten Vertrage abweichen, nichts Anderes als eine Wiederholung von Bestimmungen, die sich bereits in unseren Niederlassungsverträgen mit ändern Staaten, so mit Frankreich und Spanien, finden. Denn es handelt sich d a r u m , auch für die deutschen Staatsangehörigen, die sich bei uns niederlassen wollen, das System der Immatrikulationsscheine einzuführen, welches schon jetzt auf deutsche und spanische Staatsangehörige in der Schweiz Anwendung findet. Dieses System gewährt hinsichtlich einer guten Fremdenpolizei unbestrittene Vortheile, da es unsere kantonalen und Gemeindebehörden der Mühe überhebt, die Ausweisschriften derjenigen Ausländer zu prüfen , welche sich bei uns niederlassen wollen. Es ist allerdings, wie die Erfahrung zeigt, wahr, daß die zur Erlangung eines Immatrikulationsscheines nöthigen Formalitäten oft von den Ausländern nicht erfüllt werden und daß ihnen die Niederlassung in vielen Fällen auf Grund anderweitiger
Papiere bewilligt wird. Indessen ist es Sache der Kantone, die in dieser Hinsicht nöthigen und in ihrem Interesse selbst liegenden Vorkehren zu treffen. Ihnen steht das Recht zu, einen Immatrikulationsschein zu verlangen, und wenn sie in einem gegebenen Falle davon absehen zu können glauben, so geschieht es in gewissem Maße auf ihre Gefahr hin; denn sie begeben sich damit einer Bundesblatt.

42. Jahrg. Bd. III.

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222 Garantie füi1 die Anerkennung der Staatsangehörigkeit der Personen, die sie aufnehmen, und müssen sich darauf gefaßt machen, die wahre Herkunft heimzuschaffender Ausländer bestritten zu scheu.

Aber dieß ist schon jetzt der Fall für alle diejenigen Personen, welche die Rantone auf ihrem Gebiete dulden zu sollen glauben, und der neue Vertrag enthält in dieser Hinsicht keine Neuerung.

Wir hatten also keinen Grund, uns gegenüber dem Vorschlag Deutschlands, welches für seine Angehörigen den Immatrikulationsschein einzuführen wünschte, ablehnend zu verhalten. Dagegen haben wir uns mit Bezug auf unsere Angehörigen, welche sich in Deutsehland niederlassen wollen, vollkommen freie Hand bewahrt, wie aus dem Schlußprotokoll hervorgeht.

Dies die Tragweite der Artikel 2 und 3 des neuen Vertrages.

Artikel 4 bestätigt einfach einen völkerrechtliehen Grundsatz, welcher bereits im Art. 7 des Vertrages von 1876 enthalten war (Ausweisung infolge eines Strafurtheils, aus Gründen der Sittenund Annenpolizei, oder wegen Gefährdung der innern und äußern Sicherheit des Landes -- Art. 70 der Bundesverfassung). Obwohl dieser Grundsatz unbestritten ist, so hat man doch für angezeigt erachtet, demselben in einer besonderen Bestimmung Ausdruck zu geben, weil es sich um eine Ausnahmsmaßregel handelt, durch welche Rechte aufgehoben werden, die im Vertrage garantirt sind.

Bei den übrigen Bestimmungen (Artikel 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12) brauchen wir uns nicht aufzuhalten, denn sie bedürfen keiner Rechtfertigung und haben meistens die Erfahrung für sich. Sie sind übrigens nichts Anderes, als eine fast wörtliche Wiedergabe der entsprechenden Artikel des alten Vertrages.

Es schien uns am Platze, daß im Schlußprotokolle des Uebereinkommens Erwähnung geschehe, welches am 21. Dezember 1881 zwischen beiden Regierungen getroffen wurde, um die langwierigen und zuweilen unnützen diplomatischen Korrespondenzen zu vermeiden, welche früher in allen Fällen geführt werden mußten, in welchen die Staatsangehörigkeit einer heimzuschaffenden Person oder Familie nicht ganz klar aus einem Heimatschein oder einer anderen Ausweisschrift hervorging. Das durch dus Protokoll vom 21. Dezember 1881 (A. S. n. F" VI, S. 273 und ff.) eingeführte Verfahren hat die Probe bestanden, und wir halten dafür, dasselbe sollte nur mit gutem Grunde und erst
dann aufgegeben werden, wenn es sich für uns darum handelte, das gegenwärtige Uebereiukommen durch ein besseres zu ersetzen. Im Schlußprotokoll ist überdies vereinbart, daß die neuen Bestimmungen keine rückwirkende

223 Kraft hinsichtlich der zu erfüllenden Förmlichkeiten haben, so daß die Personen, welche zur Zeit im Besitze einer regelmäßigen Niederlassungsbewilligung sind, dieselbe nicht erneuern zu lassen brauchen.

Der Vertrag scheint uns, so wie er vorliegt, annehmbar; jedenfalls ist er einem veriragsloseu Zustande vorzuziehen und bildet den besten Beweis dafür, daß die Wiederherstellung unserer guten Beziehungen zum deutscheu Lieiche sich in einer für uns durchaus befriedigenden Art und Weise vollzogen hat. Aus diesen Gründen empfehlen wir Ihnen, denselben zu genehmigen.

Wir benutzen diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern, B e r n , den 5. Juni 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

L. Rmclîonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Biiigier.

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Ratifikation des am 31. Mai 1890 zwischen der Schweiz und Deutschland abgechlossenen Niederlassungsvertrages.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 5. Juni 1890, beschließt: Art. 1. Dem am 31. Mai 1890 zwischen der Schweiz und Deutschland abgeschlossenen Niederlassungs vertrage wird die vorbehaltene Genehmigung ertheilt.

Art. 2. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Mederlassimgsvertrag zwischen

der S c h w e i z und D e u t s c h l a n d .

Die schweizerische Eidgenossenschaft und Seine Majestät der Deutsche Kaiser, von dem Wunsche beseelt, die zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu erhalten und zu befestigen, und von der Absicht geleitet, die Bedingungen für die Niederlassung der Angehörigen der Schweiz im Deutschen Reiche und der Angehörigen des Deutschen Reiches in der Schweiz, sowie die wechselseitige Unterstützung Hülfsbedürftiger neu zu regeln, sind übereingekommen, zu diesem Ende einen Vertrag abzuschließen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt, nämlich : Der schweizerische Bundesrath den Herrn Bundesrath Numa D r o z , Chef des schweizerischen Departements des Auswärtigen, und Seine Majestät der Deutsche Kaiser Allerhöchstihren außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, wirklichen geheimen Legationsrath und Kiimmerherrn, Herrn Otto v o n B ü l o w , welche, nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundeneu Vollmachten, sich -- vorbehaltlich der beiderseitigen Ratifikation -- über folgende Artikel geeinigt haben :

226 Artikel 1.

Die Deutschen sind in jedem Kantone der Eidgenossenschaft in Bezug auf Person und Eigeuthum auf dem nämlichen Fuße und auf die nämliche Weise aufzunehmen, und zu behandeln, wie es die Angehörigen der anderen Kantone sind oder noch werden sollten. Sie können insbesondere in der Schweiz ab- und zugehen und sieh daselbst dauernd oder zeitweilig aufhalten, wenn sie den Gesetzen und Polizeiverordnungen nachleben.

Jede Art von Gewerbe und Handel, welche den Angehörigen der verschiedenen Kantone erlaubt ist, wird es auf gleiche Weise auch den Deutschen sein, und zwar ohne daß ihnen eine pekuniäre oder sonstige Mehrleistung auferlegt « erden darf.

Artikel 2.

Um die in dem Artikel l bezeichneten Rechte beanspruchen zu können, müssen die Deutschen mit einem Zeuguiß ihrer Gesandtschaft versehen sein, durch welches bescheinigt wird, daß der Inhaber die deutsche Reichsangehörigkeit besitzt und einen unbescholtenen Leumund genießt.

Artikel 3.

Die Schweizer werden in Deutschland unter der im Artikel 2 des gegenwärtigen Vertrages enthaltenen Voraussetzung die nämlichen Rechte und Vortheile genießen, wie sie der Artikel l des gegenwärtigen Vertrages den Deutschen in der Schweiz zusichert.

Artikel 4.

Durch die Bestimmungen der vorstehenden Artikel wird das Recht eines jeden der vertragenden Theile, Angehörigen des ändern Theils, entweder infolge gerichtlichen Urtheils, oder aus Gründen der inneren und äußeren Sicherheit des Staates, oder auch aus Gründen der Armen- und Sittenpolizei den Aufenthalt zu versagen, nicht berührt.

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Artikel 5.

Die Angehörigen des einen der beiden Länder, welche in dem ändern wohnhaft sind, bleiben den Gesetzen ihres Vaterlandes über die Militärpflicht oder die an deren Stelle tretende Ersatzleistung unterworfen imd können deßhalb in dem Lande, in welchem sie sich aufhalten, weder zu persönlichem Militärdienste irgend einer Art, noch zu einer Ersatzleistung angehalten werden.

"o^ Artikel 6.

Im Falle eines Krieges oder einer Enteignung zum öffentlichen Nutzen sollen die Bürger des einen Landes, die in dem ändern wohnen oder niedergelassen sind, den Bürgern des Landes bezüglich des Schadensersatzes für die erlittenen Beschädigungen gleichgehalten werden.

Artikel 7.

Jeder Vortheil in Bezug auf Niederlassung und Gewerbeausübung, den der eine der vertragenden Theile irgend einer dritten Macht, auf welche Weise es immer sei, gewährt haben möchte, oder m Zukunft noch gewähren sollte, wird in gleicher Weise und zu gleicher Zeit gegenüber dem ändern vertragenden Theile zur Anwendung kommen, ohne daß hiefür der Abschluß einer besondern Uebereiukunft nöthig wird.

Artikel 8.

Die Angehörigen des einen Theiles, welche sich auf dem Gebiete des anderen Theiles befinden, aufhalten oder niedergelassen haben und in die Lage kommen sollten, auf Grund der Bestimmungen des Artikels 4 weggewiesen zu werden, sollen sammt Familie auf Verlangen des ausweisenden Theils jederzeit von dem anderen Theile wieder übernommen werden.

Unter gleichen Voraussetzungen verpflichtet sich jeder Theil, seine vormaligen Angehörigen, auch wenn sie das Staatsbürgerrecht nach der inländischen Gesetzgebung bereits

228 verloren haben, so lange sie nicht in dem ändern oder einem dritten Staate angehörig geworden siud, auf Verlangen des ändern Theiles wieder zu übernehmen.

Eine polizeiliche Zuweisung soll jedoch, sofern nicht das Heimatsrecht des Zuzuweisenden durch eine noch gültige unverdächtige Heimatsurkunde dargethan ist, gegenseitig nicht stattfinden, bevor die Frage der Uebernahmspflicht erledigt und die letztere von dem pflichtigeu Theile ausdrücklich anerkannt ist.

Die Transportkosten bis zur Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz werden von dem zuweisenden Theile getragen.

Artikel 9.

Beide Theile behalten sich in Bezug auf solche Personen, welche vor Erfüllung ihrer Militärpflicht die Staatsangehörigkeit gewechselt haben, das Recht vor, ihnen die Befuguiß zum bleibenden Aufenthalte oder die Niederlassung in ihrem frühern Heimatslande zu untersagen. .

Artikel 10.

Die deutschen Eigenthiimer oder Bebauer von Grundstücken in der Schweiz und umgekehrt die schweizerischen Eigenthiimer oder Bebauer von Grundstücken im Gebiete des deutschen Reiches genießen in Bezug auf die Bewirtschaftung ihrer Güter die nämlichen Vortheile, wie die am gleichen Orte wohnenden Inländer, unter der Bedingung, daß sie sich allen für die Landesaugehörigeu geltenden Verwaltungs- und Polizeiverordnungen unterwerfen.

Artikel 11.

Jeder der vertragenden Theile verpflichtet sich, dafür zu sorgen, daß in seinem Gebiete denjenigen hülfsbedürftigen Angehörigen des ändern Theiles, welche der Kur und Verpflegung benöthigt sind, diese nach den am Aufenthaltsorte für die Verpflegung der eigenen Angehörigen bestehenden

229 Grundsätzen bis dahin zu Theil werde, wo ihre Rückkehr in die Heimat ohne Nachtheil für ihre und Anderer Gesundheit geschehen kann.

Ein Ersatz der hiedurch oder durch die Beerdigung Verstorbener erwachsenden Kosten kann gegen die Staats-, Gemeinde- oder andere öffentliche Kassen desjenigen" der vertragenden Theile, welchem der Hülfsbedürftige angehört, nicht beansprucht werden. Für den Fall, daß der Hülfsbedürftige selbst, oder daß andere privatrechtlich Verpflichtete zum Ersatz der Kosten im Stande sind, bleiben die Ansprüche an diese vorbehalten.

Die vertragenden Theile sichern sich auch wechselseitig zu, auf Antrag der zuständigen Behörde die nach der Landesgesetzgebung zuläßige Hülfe zu leisten, damit denjenigen, welche die Kosten bestritten haben, diese nach billigen Ansätzen erstattet werden.

Artikel 12.

Der gegenwärtige Vertrag soll am 20. Juli 1890 in Wirksamkeit treten und bis zum 31. Dezember 1900 in Kraft verbleiben.

Im Falle keiner der vertragenden Theile zwölf Monate vor dem Ablaufe des gedachten Zeitraumes seine Absicht, die Wirkungen des Vertrages aufhören zu lassen, kund gegeben haben sollte, bleibt derselbe in Geltung bis zum Ablaufe eines Jahres von dein Tage au, an welchem der eine oder der anderò der vertragenden Theile ihn gekündet hat.

Gegenwärtiger Vertrag soll baldmöglichst ratifizirt und die Auswechslung der Ratifikationsurkunden spätestens bis zum 10. Juli dieses Jahres in B e r n bewirkt werden.

Dessen zur Urkunde haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den vorstehenden Vertrag unterzeichnet, unter Beidrückung ihrer Siegel.

So geschehen in B e r n , den 31. Mai 1890.

(L. 8.) (Gez.) Droz.

(L. S.) (Gez.) Otto von Bülow.

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Schlußprotokoll.

Vor Unterzeichnung des vorliegenden Niederlassuugsvertrages haben die unterzeichneten Bevollmächtigten kraft Ermächtigung ihrer beiderseitiger) Regierungen eine Verständigung über folgende Punkte getroffen: 1. Bezüglich der baierischen Staatsangehörigen ist der königlich baierische Gesandte bei der Eidgenossenschaft zur Ausstellung des im Artikel 2 erwähnten Zeugnisses zuständig.

2. So lange die Schweiz .vermöge ihrer Gesetzgebung ö O ö O nicht eine Bestimmung darüber trifft, daß für ihre Angehörigen, um die Rechte dieses Vertrages im Deutschen Reiche zu beanspruchen, das in Artikel 2 erwähnte Zeugniß ausschließlich von ihrer Gesandtschaft und ihren Konsulaten in Deutschland ausgestellt werden muß, werden die deutscheu Behörden einem von der betreffenden schweizerischen Gemeindebehörde ausgestellten Heimatsschein und einem von dieser ertheilten Leumundszeugniß, sofern diese Urkunden von der zuständigen Behörde des Heimatskantons beglaubigt sind, dieselbe Bedeutung, wie dem im Artikel 2 erwähnten gesandfschaftlichen Zeugniß beilegen.

3. Die Angehörigen des einen Vertragsstaates, welche kraft des Vertrages vom 27. April 1876 im Gebiete des ändern in gesetzmäßiger Weise die Niederlassung erhalten haben, werden derselben ohne weitere Förmlichkeit nach den Bestimmungen des heutigen Vertrages theilhaftig bleiben.

4. In Bezug auf die Heimbeförderung der unter Art. 8 des heutigen Vertrages erwähnten Personen werden die mittelst Zusatzprotokoll vom 21. Dezember 1881 zu dem Niederlassungsvertrag vom 27. April 1876 festgesetzten Bestimmungen so lange in Wirksamkeit bleiben, als nicht das genannte Protokoll durch ein neues Uebereinkommen zwischen beiden Regierungen ersetzt sein wird.

231 5. Die beiden kontrahirenden Staaten geben sich die gegenseitige Zusicherung, daß in allen Fällen, wo der Artikel 9 in Anwendung kommen wird, der Ausweisung vorausgehend, die Verhältnisse genau untersucht und erwogen werden sollen, und insofern die Umstände ergeben, daß der Nationalitätswechsel buna fide und nicht zum Zwecke der Umgehung der Militärpflicht erfolgt ist, die Ausweisung unterbleiben soll.

Gegenwärtiges Protokoll soll die gleiche Kraft haben, wie wenn es wörtlich in dem Vertrage vom 31. Mai 1890 stünde. Es ist von den beiden Vertragsparteien zu ratifiziren, und die Ratifikationen sind in Bern am gleichen Tage und zu gleicher Zeit, wie diejenigen des Hauptvertrages auszuwechseln.

Dessen zur Urkunde haben die Unterzeichneten das gegenwärtige Protokoll in doppeltem Original unterzeichnet und ihre Wappensiegel beigedrückt zu B e r n am 31. Mai 1890.

(L. S.) (Gez.) Droz.

(L. S.) (Gez.) Otto von Bülow.

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Botschaft des schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung betreffend den Niederlassungsvertrag mit Deutschland. (Vom 5. Juni 1890.)

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14.06.1890

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