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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Regionalbahn von Neuenburg über Cernier nach Hauts-Geneveys und nach Savagnier.

(Vom 16. September 1890.)

Tit.

Unterm 18. April 1890 haben die Herren H e n r y E m i l e T h i è b a u d , Statthalter, C h a r l e s F r a n ç o i s d'Espagnier, Gerichtsschreiber, und J u l e s M o r e l , Notar, alle in Cernier, im Namen eines Gründungskomite um die Konzession für eine Schmalspurbahn von N e u e n b u r g über C e r n i e r nach H a u t s - G e n e v e y s und S a v a g n i e r nachgesucht.

In dem ihrem Konzessionsbegehren beigegebenen allgemeinen Bericht führen die Bewerber zur Begründung an, daß das Val de Ruz, dessen Verkehr die projektirte Linie dienen soll, auf einem Gebiete von 123 km 2 eine Bevölkerungszahl von ungefähr 9UOO Seelen aufweise. Trotz seiner bevorzugten Lage entvölkere sich dieser Bezirk und die Uhrenindustrie sei daselbst beinahe verschwunden.

Diese Verhältnisse rühren offenbar von der Isolirung dieser Gegend her, die keine bequemen und raschen Verkehrsverbindungen besitze.

Während beinahe in sämmtlichen neuenburgischen Bezirken seit langer Zeit Eisenbahnen bestehen, sei das Val de Ruz immer noch auf die Postwagen angewiesen und nebenbei die Neuenburger Jurabahn, welch' letztere Linie aber die Gegend nur an ihrem am wenigsten bevölkerten Ende berühre und einen Umweg von zirka 20 km. von Neuenburg nach Hauts-Geneveys mache, um eine in gerader Linie 7 km. messende Entfernung zurückzulegen.

230 Die projektirte Linie, welche als einziges Mittel angesehen wirrt, um diese Uebelstände zu beheben, setzt, sich aus zwei Strecken zusammen, derjenigen von Neuenkirg nach Cernier und von IlmitsGeneveys nach Savagnier. Die erste Sektion hat zum Ausgangspunkt den ßiihnhof Neuenburg und soll dann, nach Ansicht dui 1 Konzessiousbewerber, den Bahnkörper der Neuenburger Jurabalin auf zirka 1500 in. Länge in Anspruch nehmen bis zur Abzweigung von der Linie der Jura-Sirnplon-Bahu. Von da schneidet die Bahn die nördliche Böschung der Straße nach Frankreich in schiefer Richtungan, um die Straße selbst bei Vauseyon, wo eiue Sta lion errichlet wird, zu erreichen. Von Vauseyon an wird sie alsdann in ihrer ganzen Lange auf der Straße durch die Schlucht des Öeyon angelegt, indem sie sich bis zur ersten Brücke auf der Flußseile, und von dort auf der Bergseite hält. Um eine zu seharfe Kurve vor Valangiu üu vermeiden, wird die Linie durch einen Tunnel von zirka 50 in.

geführt, übersetzt dann mittelst einer Brücke von 15 m. Oeffnun»den Öeyon, zieht, sieh, den östlieh dos Schlosses Valangin gelegenen Gärten entlang und erreicht den Turnpktx, wo eine Station angelegt, wird, welche unter Anderm auch einigen größern Sagemühlen VM dienen bestimmt ist. Alsdann erreicht die Linie in der Nähe des Schlachthauses wieder die Landstraße, folgt derselben an ihrem östlichen Rande auf ungefähr 400 m., worauf sie, zur Vermeidung der starken Steigung bei der ,,Boroaderie", auf eigenen Bahnkörper längs des rechten Ufers des Seyon übergeht und die Straße dann wieder in der Nähe der Brüeke von Fenin, wo eine Station vorgesehen ist, erreicht. Von da wendet sieh die Bahn, in der Nähe von Landeyeux vorbeiziehend, mit selbständigem Bahukörper über Fontaines, wo ebenfalls eine Station prqjektirt igt, gegen Cernier.

Die Sektion Hauts Geneveys-Savagnier beginnt bei der Station Hauts-Geneveys der Neuenburger Jurabahn. Um die nöthige Entwicklung zur Ueberwindung der Höhendifferenz zwischen Haut?Geueveys und Fonbiinemelon zu gewinnen, zieht sich die Linie der Regionalbahn zunächst auf einige 100m. längs des Bahnkörpers der Neuenburger Jurabahu in der Richtung nach Chambrelien und wendet dann in scharfer Kurve gegen Fontainemelon. Von da verläuft die Linie immer auf eigenem Unterbau über Cernier (Verbindung mit der I. Sektion) und gewinnt
tun Eingang der Ortschaft GrandOhezard wieder die Kantonsstraße, folgt den=elben auf ihrem südlichen Rande über Petit-Chézard nach St. Martin, verläßt sie vor dem Dorfe Dombresson wieder, zieht sieh beim dortigen Schlachthaus vorbei, folgt der Straße bis zum Hügel Crot du Rin, von wo sie neuerdings von derselben abzweigt, um in der Nähe des Collègezwisehon Grand-Savagnier und Petit-Savagnier ihren E n d p u n k t zu erreichen. Zwischenslationen sind vorgesehen in Petit-Chézard und beim Schlachthaus und eine Haltstelle bei St. Martin.

23t Die Bahn würde nach der Intention der Petenten mit Spurweite von 75 cm. gebaut. Die Gesammtlänge beider Sektionen beträgt 21,660 km. Definitive Studien vorbehalten, beläuft sieb die Länge, auf welcher Straßen und der Bahnkörper der Neuenburgor Jurabahn in Anspruch genommen wird, auf 8900 m., so daß für den eigenen Bahnkörper 12 650 m verbleiben. Der kleinste Kurveuhallimesser wird nicht unter 50 m. betragen und soll bloiJ ausnahmsweise zur Anwendung gelungen bei der Einfahrt iu Stationen.

Die Maximalsteigung wird 57 °/oo nicht überschreiten. Als Schiowu sind St.ahlschieuen irn Gewicht von 18 kg. pro laufenden Meter in Aussicht genommen, Schwellen von imprägnirtem Eichenholz.

An bedeutendem Kunstbauten weist die Linie nur den Tunnel von Valangiu von ungefähr 50 m. Länge und eine Brücke von 15 m.

über den Seyon auf. Die Zahl und Lage der Stationen uud K a l t stellen wird bei Genehmigung des definitiven Bauprojekts bestimmt werden.

Das vorgesehene Rollmaterial besteht aus 3 Lokomotiven, 6 Personenwagen VM 34 Plätzen, l Gepäck- und Postwagen und 28 Güterwagen verschiedener Konstruktion.

Der Kostenvoranschlag ist folgendermaßen aufgestellt: 1. Kosten des Gründungskomües Fr.

15,500 2. Organisation und Verwaltung , 50,000 3. Kapilalverzinsung 1,500 4. Grundervverb ,,' 4(5,000 5. Unterbau , 299,000 6. Oberbau ,, 395,000 7. Hochbauten ,, 55,000 8. Telegraph und Signale ,, 20,000 9. Rollmaterial ., 201,000 10. Mobiliar und Geräthsehaften 17,000 Total Fr. 1,100,000 Gestützt auf die Erträgnisse ähnlicher Unternehmungen nehmen die Konzessiotisbewerber die Gesammtbetriebseinnahmen per Jahr an zu Fr. 121,000 die Betriebskosten zu , 96.'^50 so daß ein Ueberschuß verbliebe von Fr. 24, i'5(> welcher nach Dotirung des Reservefonds (Fr. 13 200) die Auszahlung von Fr. 11550 oder 2,i% an das Fr. 550 000 betragende, nicht vom Kanton Neuenburg geleistete Anlagekapital ermöglichen würde.

Der Staatsrath von Neuenburg, welchem das Konzessionsbegehren zur"Veruehmlassung übermittelt wurde, spricht sich lebhaft zu Gunsten

232 des Unternehmens aus. Mit Zuschrift vom 2. Juni 1890 übermittelte er dem Eisenbahndepartement eine provisorische Uebereinkunft mit den Konzessionsbewerbern, worin die Bedingungen festgestellt sind, welchen die Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes und Bodens behufs Erstellung der Bahn unterworfen ist.

Die gesetzlich vorgeschriebenen konfereuziellen Verhandlungen fanden am 28. Juli 1890 statt.

Der Beschlussesentwurf, den wir Ihnen nachstehend unterbreiten und welcher den Konzessionen anderer Schmalspurbahnen mit Straßenbenützung entspricht, hat zu keinen wichtigem Einwendungen Anlaß gegeben.

In Art. 15 sind die Taxen niedriger angesetzt, als von den Bewerbern ursprünglich vorgeschlagen, letztere erklärten sich aber an der Konferenz mit der Reduktion einverstanden.

Dagegen sind im Art. 17 die Taxen für den Waarentransport auf den Wunsch der Gesuchsteller etwas höher angesetzt worden, als das Eisenbahndepartement sie zuerst vorgeschlagen hatte. Diese Erhöhung, welche auch vomVertreter der Kantousregierung empfohlen wurde, ist gerechtfertigt hei Berücksichtigung der starken Steigungen der Linie (bis zu 57°/oo) und im Hinblick auf den Umstand, daß ungefähr gleiche Taxen auch ändern Unternehmungen gleichen Charakters, wie z. B. für St. Gallen-Gais (5 und 2 Va Cts.), EchalleusBercher (5,2 und 3,9 Cts.) und Genfer Schmalspurbahnen (6 und 4 Cts.) bewilligt wurden.

Im Uebrigen haben die Gesuchsteller betont, daß ihr Unternehmen nicht auf Spekulation beruhe, sondern den allgemeinen Interessen zu dienen bestimmt sei, und daß sie demgemäß die Taxen herabsetzen werden, sobald diese Maßregel ohne wirklichen Schaden möglich sein werde.

Zu weitern Bemerkungen unserseits sehen wir uns nicht veranlaßt.

Wir empfehlen Ihnen, die nachgesuchte Konzession durch Annahme des untenfolgenden Beschlußentwurfes zu ertheilen und benutzen den Anlaß, um Sie, Tit., neuerdings unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. September 1890.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riiigier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Neuenburg über Cernier nach Hauts-Geneveys und nach Savagnier.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) einer Eingabe eines Gründungskomite's, vom 18. April 1890; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 16. September 1890, beschließt: Den Herren H e n r i E m i l e T h i é b a u d , Statthalter, Präsident, C h a r l e s F r a n ç o i s d'E p a g n i er, Gerichtsschreiber, Sekretär, und J u l e s M o r e ) , Notar, Kassier, alle in Cernier, handelnd Namens eiües Gründungskomite's, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Bisenbahn von N e u e n b ü r g über C e r n i e r nach H a u tsG e n e v ey s und nach S a v a g n i e r unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Cernier.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Venvaltungsrathes oder weiteren Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz iii der Schweiz haben, bestehen.

Bundesblatt. 42. Jahrg. Bd. IV.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundearathe die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebat den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten aa gerechnet, ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit oder die Bedürfnisse dea Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit schmalspurigem Unterbau und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Neuenburg und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht voa allen Theilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben, und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Dem Bundesrathe bleibt vorbehalten, die Fahrgeschwindigkeit der Züge zu bestimmen.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Aen-

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"ou Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel siud allea Personenzügen Wageu beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrath gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldendeu durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 12 Rappen, in der dritten Wagenklasse 8 Kappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Siteplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 8 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abounemeutsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitem Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, siud zur Hälfte der Personuntaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spediren. Der Bundesrath wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Im Tarif für den Transport von Waaren siud Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 5 Huppeu, die uiedrigs(t) nicht über 3 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

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Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Dungungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren in Eilfracht transportât werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waareu in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18. Bei eintretenden Nothständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensrnittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spezialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 19. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In Betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchtheil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Werthsendungeu repräsentiren Bruchtheil« von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest theilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

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Art. 20. Die in den Artikeln 15 und 17 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstatioaen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind nur unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 21. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 22. Die sämmtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 23. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nach einander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen verhältnißmäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrath eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Aeuffnung eines genügenden Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrathes.

Art. 25. Die unterm 31. Mai 1890 zwischen dem Staate Neuenburg und dem Grundungskomite abgeschlossene Uebereinkunft über die Benutzung der Kantonsstraße zur Legung des Geleises hat nur insofern Geltung, als dieselbe nicht im Widerspruch mit gegenwärtiger Konzession und den gesetzlichen Bestimmungen steht.

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Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Neuenburg, gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da «n jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntniß zu gelten.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte bezüglich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung des Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnißmäßiger Betrag von der Rückkanfssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notiflzirt wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 221/afachen Werth; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, -- unter Abzug des Betrages des Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller ändern etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch' letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

239 f. Streitigkeiten, die über den Ruckkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 27. Hat der Kanton Neuenburg den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definirt worden, jederzeit auszuüben , und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionirteu Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Regionalbahn von Neuenburg über Cernier nach Hauts-Geneveys und nach Savagnier.

(Vom 16. September 1890.)

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27.09.1890

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