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Aus den Verhandlungen der Schweiz. Bundesversammlung.

(Vom 15. Juli 1871.)

Die Vereinigte Bundesversammlung wählte für den am 27. Dezember 1870 verstorbenen Hrn. Landammann Dr. Johannes Roth als Exsazmann des Bundesweites: Hrn. Landesstatthalter Dr. Arnold Roth, von Teufen (Appenzell A. Rh.), Sohn des Hingeschiedenen.

Herr General Hans H e r z o g , von Aarau, hat mit Zuschrift vom 19. Juni abhin das dringende Gesueh gestellt, es mochte ihm die früher fehon aus tristigen Gründen gewünschte Entlassung von der ihm unterm 1..). Juli v. J. übertragenen Stelle eines Oberbefehlshabers der Schweizerischen Armee nunmehr definitiv ertheilt werden.

Mit Sehreiben vom 9. Jnli ersuchte Herr eidg. Oberst Rudolf p a r a v i ei n i, von Basel, welcher am 20. Jnli v. J. zum Ehef des Generalstabes ernannt wurde , ebenfalls um Entlassung von dieser Stelle.

Diesen Entlassungsgesuehen entsprach die Vereinigte BundesverSammlung unter Vexdankung der ausgezeichneten Dienste, welche die Herren Demissionäre in den erwähnten Stellungen dem Vaterlande geleistet haben.

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Mit Begnadigungsgesuchen sind eingekommen : 1) Eélestin D o m i n é , von Vignes (Bezirk Delsberg,, Soldat des

Bataillons 67 und verurteilt am 1. August 1870 wegen unex-

laubter sechstägiger Abwesenheit von seinem Eorps zu zweijährigem Gesänguiss, zur Kassation und zum Verlust der bürgerlichen Rechte aus 3 Jahre.

2) Alfred W a n g er, von Aarau, und Hermann S t e i n e r , von Dürrenäsch (Aargau), verurtheilt wegen ihrem Eintritte in den niederländischen Kolonialmilitärdienst vom Obergericht des Kantons Aargan am 17. Rovember 1870 zu einer Gesängnissstrafe von 4 Wochen und zu einjähriger Einstellung im Aktivbürgerrechte.

3) Francois Nieolet, von Tramlingen (Bern,., Büchsenschmied im

.Bataillon 69, am 18. August 1870 wegen Diebstahls kriegsgerichtlich verurtheilt zu einem Jahre Gesängniss und fünfjähriger Einstellung im Aktivbürgerrechte.

4) Goltlieb M e ...er, von Aegeri (Zng), am 27. August v. J.

wegen Diebstahl kriegsgerichtlich verurtheilt zu 6 Monaten Gesäugniss und .zu einjähriger Einstellung im Aktivbürgerrecht.

5) Joseph Schicker und Martin heiler, von Zng, kriegsgerichtlich verurteilt am 31. August v. J. wegen Meuterei, ersterer zu 7, lezterer zu 6 Monaten Gesängniss.

6) Joseph M o n t a v o n , Soldat des Bataillons Rr. 6..), und konstant E o m m e n t , Soldat des gleichen Bataillons, kriegs-

gerichtlich verurtheilt wegen Diebstahl, Eomment, als Haupt-

schuldiger bei einem Diebstahl, zu 4 Jahren Zuchthaus und sünsjähriger Einstellung im Aktivbürgerrechte, Montavon, wegen Gehilsenschast beim gleichen Diebstahl, zu eiuem Jahr Zuchthaus

und zweijähriger Einstellung im Attivbürgerreeht.

7) Jaques Carayon, aus Frankreich, internirt gewesen zu Rappersweil (St. Gallen), am 16. März d. J. kriegsgerichtlich vernrtheilt wegen Diebstahl zu einem Jahre Zuchthaus, in St. Gallen zu erstehen.

8) Jsidor E hat o n und Louis Roug, Soldaten des Bataillons

Rr. 56 , kriegsgerichtlich vernrtheilt am 18. Dezember v. J.

wegen Entwendung von Wein zu 8 Monaten Gesängniss und

dreijähriger Einstelluug im Aktivbürgerrecht.

ad 1. Dem Dominé wurde die Hälfte der Strafe erlassen und seine Freilassung aus den 1. August uäehsthin angeordnet, in der Meinung, dass mit diesem Zeitpunkte auch die Kassation,

sowie der Verlust der bürgerliehen Ehrenfähigkeit dahinsallen soll.

1115 ad 2. Die Begnadigungsgesuche von Wanger und Steiner sind den zuständigen Behorden des Kantons Aargau zur Erledigung überwiesen worden, mit dem Beifügen, dass der Ein-

tritt in den niederländischen Kolonial-Militärdienst keine dem Werbgeseze zuwiderlaufende strafbare Handlung sei.

ad 3, 4, 5 und 6. Rieolet, Meyer, Schicker und Seiler, Montavon und Eomment wurden mit ihren Besuchen abgewiesen.

ad 7.

worden.

Dem Carayon ist die Halste der Strafzeit erlassen

ad 8. Den Ehaton und Roug wurde die Gesängnissstrafe erlassen, nicht aber auch die Einstellung im Aktivbürgerrechte, noch die Kostenlragung.

(Vom 22. Juli 1871.)

Die Bundesversammlung hat die Session aus den 6. Rovember nächsthin vertagt.

Während der Sommersession haben die eidgenossisehen Räthe 55 Geschäste v o l l s t ä n d i g erledigt, nemlieh : 1) Die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichts

im Jahr 1870. .

.

^

2) Die Wahrung der Neutralität der Schweiz während des Krieges zwischen Frankreich und Deutschland.

3) Die Volkszählung vom l. Dezember

1870.

4) Die Bundesbeiträge für Schuzbauten an Flüssen und Bächen in den Hochgebirgen, und für Aufforstungen.

5) Die Verlängerung der Frist sür Beibriugung der 85 Millionen Subsidien zur Erstellung der Gotthardbahn.

6) Die Genehmigung von 14 Konzessionen sür Erbauung von Eisenbahnen, uemlieh : a.. von Wohlhausen über Willisau nach der Zeutralbahn ; b. von ......hnu bis zur bernisch..obwal...nerischen Grenze aus dem

Brünig (Brünigbahn),

c. von Beinweil über Seon nach Lenzburg oder Hunzensehwyl ;

1116 d.

e.

f.

g.

h.

i.

k.

von Lyss nach Fräsehelz .

von .Liestal nach Waldenburg, eventuell Langenbruk ; von Lenzburg nach der Emmenbrüke bei Lnzern: von Bratteln nach Angst ^ von Duchy nach .Lausanne (pneumatische Bahn) .

von Zürich nach Rappersweil (rechtes Seeuser) ; von Zürich bis zur zürich-schweizerischen Kantonsgxenze bei

Richtersweil (linkes Seeuser) ; l. von Essretikon nach Wald, mit Abzweigung nach Bubikon,

in. von Kemptthal nach Unterwezikon, n. von Bauma nach Bubikon, mit Abzweigung von Edikon nach

Wald.

7) 8) 9) 10)

o. von Turbenthal bis zur thurgauisehen Kantonsgrenze bei Seelmatten.

Die .Zwangskonzession für eine Bronethalbahn gegenüber dem Kanton Freiburg.

Die Errichtung neuer Batronensabriken.

Die Reubewafsnung der Landwehr und Errichtung einer Gewehrreserve.

Die Vermehrung der Feldartillerie.

11) Die eidg. Geld- und Mannsehaftssral....

12) Die Frage betreffend Revision .des Werbgefezes.

.13) Die Rachtragskredite für das Jahr 1871.

14) Die Abänderung des Posttaxengesezes.

15) Der Büdgetkredit für die eidg. polytechnische Sehnle.

16) Die Bereinigung des vom gewesenen Staatskassier Eggimann Unterlassenen Kassad..fizits.

17) Die Wahl des Hrn. Dr. Arnold Roth als Suppleant des schweiz. Bundesgerichtes.

18) Die Entlassungsgesuche des Hrn. General Herzog und des Ehess des Geueralstabs, Bru. Oberst Baravicini.

19) Zwolf Begnadigungsgesuche.

20) Vier Rekurse, nemlich: a. von Wäber, Johner, Blaser und Konsorten, Güterbesizer im Kanton Freiburg, in Sachen der Vrimitien ; b. von Alois Bossard, von Zug, betretend Verfassungsperlezung dureh die Gerichte des Kantons Zug .

1117 ..... von der Regierung des Kantons Thurgau, betretend die.

Naturalisation des Württembergers Joh. Fuchs ; d. von der Regierung des Kantons Bern, betreffend die Ausweisuug des geisteskranken Eugen Rieder aus dem Danton Waadt.

Dex Rekurs in Sachen der B rimiti en ist infolge des Schreibens der Regierung von Freiburg vom 12. Juni 1871, in welchem ite ihrer seits die Beschwerde zurückzieht, als dahingesal.len erklärt worden.

Ueber den .Rekurs B oss...r d wurde zur Tagesordnung gestritten.

Der Rekurs betreffend die Naturalisation des Joh. Fuchs ist als unbegründet abgewiesen worden.

Mit Schreiben vom 12. Juli d. J. hat die Regierung von Bern ihre Reknrsbesehwerde gegen die von der Regierung des Kantons Waadt verfügte Ausweisung des geisteskranken Rieder zurükgezogen.

21) Vier Petitionen : ..... von Mathieu Klaiber, Bierbrauer, m Biel, gegen die Gerichtsbehorden von Solothurn ; h. von Eugène J a e e a r d , in Reuenburg, um Aushebung eines waadtlandischen Urtheils ; c. von David Henri Biguet, von Moudon, betreffend eine angeblich verfassungswidrige Verfügung des waadtl.indischen Grossen Rathes.

d. von Bhilippe Suchard, Chocoladefabrikant, in Renenburg, betreffend die neuen franzosisehen Zolle.

Ueber die Betition von K l ai ber wurde Tagesordnung erkannt. Die Betitionen von J a e e a r d und Bigu et wurden ad acta gelegt. Die Betition von Snchard ist vom Rationalrath an den Bundesrath zur allsälligen Berichterstattung gewiesen worden.

22) Füns Motionen : von Hrn. Nationalrath A n d e r w e r t : ,,Zur Behandlung der Bnndesrevision wird die gegenwärtige Sessionsabtheilung aus den 18. September näehsthin vertagt."

von Hrn. Nationalrath Jenny: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, einen einlässlichen Finanz plan, sowohl mit Rüksieht aus die Amortisation der Staatsschuld als der in Aussicht stehenden Mehrbelastung der Finanzen auszuarbeiten, und aus nächste Session der Bundesversammlung Vorsehläge zu hinterbringen, aus welche Weise.

die ersorderliehen Mehreinnahmen sür den Bund zu beschaffe...

seien."

1118 von Hrn. Nationalrath J o o s : ,,Der Bundesrath ist eingeladen, eine eidgen ossisehe Forstgesezgebung zu entwerfen und hiebei vorzugsweise daraus sei.r Augenmerk zu richten, dass dieselbe die nothigen schüzenden Bestimmungen gegen Verminderung des Waldareals und gegen Devastation der Wälder enthalte."

von Hrn. Nationalrath Z a n g g e r : ,,Das Protokoll wird vom Bureau geprüft nnd genehmigt oder berichtigt. Zu diesem Zwek wird das Protokoll über jede Sizung unmittelbar vor der daraus folgenden Sizung

im Saale offentlieh verlesen, und es ist jedem Mitglied des

Rathes freigestellt, sieh an den Beratungen über dasselbe zu betheiligen. Die Brüsung des Protokolls der legten Sizung einer Versammlung findet nach dem Schluss derselben statt."

(Abänderung vom Art. 25 des Geschäftsreglements sur den Nationalrath, Gesezsammlung Bd. H, S. 14.)

von Hrn. Ständerath B or e l: ,,Der Bundesrath ist eingeladen, unverzüglich über den jezigen Stand der Frage betreffend die .Liquidation des vom Staatskassier Eggimann zurükgelassenen Kassadefizits Bericht zu erstatten."

23) Zwei Jnterpellationen: von Hrn. Nationalrath Entel: ,,Jch wünsche, dass der Bundesrath dem Nationalrath Ausschlüsse über folgende ..funkte ertheile:

1) Die kürzlich den Schweizern auserlegte Verpflichtung, sieh behuss des Eintritts und des Reisens in Frankreich mit Bässen zu versehen.

2) Die Brohibitivmassnahmen, welche, wie versichert wird, einen Theil der periodischen schweizerischen Presse bei ihrem Eintritt in Frankreich beschweren sollen.

3) Darüber, dass eine Anzahl in Baris wohnhaster Schweizer verhastet worden und in Versailles oder anderswo gefangen gehalten werden sollen, ohne in die Möglichkeit verseht zu sein, ihre Unschuld geltend zu machen."

pon Hrn. Ständerath Koch li n: ,,Der Bundesrath wird eingeladen, darüber Mittheilung zu machen, ob er genauere Keuntniss von den in Frankreich theils bereits in Krast gesezen , theils projektirten Ver-

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Änderungen im Zolltarife erhalten habe, und welche Haltung ex bezüglich des Handelsvertrages einzunehmen gedenke."

Diese Juterpellationen stnd durch ertheilte Aufschlüsse des Bundesrathes erledigt worden.

folgende Traktanden wurden v e r s c h o b e n : 1) Die Bexathung der Revision der Bundesverfassung.

2) Die Erlassung eines ..gesezes über polizeiliche Massregeln gegen Viehseuehen.

3) Die Beratung eines nenen Eisenbahngesezes.

4) Der Rekurs der Regierung von Aargau gegen den Bundesrathsbesehluss betreffend Jurisdiktionsverhältnisse bei Murgenthal.

5) Die Genehmigung der Konzession sür eine Eisenbahn von Solothurn (Gerlasingen) nach Bnrgdorf.

An den Bundesrath wurde gewiesen zur allsälligen Berichterst a t t u n g : Die Petition des Ehoeoladesabrikanten Snehard, betreffend die neuen franzosisehen Zolle.

Zuxi.kgez o g e n wurde der Rekurs betreffend die Freiburgex Brimitien, sowie derjenige wegen Eugen Rieder.

Die Beschlüsse über die Rekurse und Betitionen sind gefasst worden : Vom Nationalrath.

Vom Ständerath.

1) über den Rekurs von Bossard am 12. Juli 187l , am 18. Jnli 1871 ; 2) ,, ,, ,, ,, Thurgau " 1..). ,, " ,, 10. ,, " 3) ,, die Betition von Jaeeard ,, 19. ,, ,, ,, 20. ^ ,, 4) 5)

,, ,,

,, ,,

,, ,,

,, Biguet ,, Suehard

,, 19. ,, ,, 19. ,,

" ,,

,, 20. ,, ,, --

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