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Bundesrathsbeschluß ...

Sachen des Rekurses der Benkner-Linthgenossamen, betreffend Linthmerwerthsveranlagung.

(Vom 10. Juli 1871.)

Dex s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h

hat bezüglich des von den Benkner..Linthgenossamen mit Eingaben vom

18. März und 28. April 1871 wegen .Linthmehrwerthsveraniagung infolge der .Korrektion Grynau-Zürchersee erhobenen Rekurses.

nachdem sieh ergeben .

A. Mittelst Eingaben von. 18. März und 28. April stellt der grosste Theil der durch die Mehrwerthsveran lagung Grynau-Zürichsee betheiligten Grundbesizer das Ansuchen.

,,Der Bundesrath mochte die Taxationstabelle der Linthkommission, ,,resp. die von ihr bestimmte Beitragspflicht der untern Linthgegend

,,laut gedrukter Mitheilung vom Juni 1870, als den bestehenden Um-.

..standen und künftigen Verhältnissen nicht angemessen und entsprechend ,,erklären und diese Angelegenheit behuss anderer Kostenverlegung und ,,saehgemässer Abänderung einer neuen Prüfung, Berathuug und Unter,,suehung mit Z..zng einer neuen. Expertise unterstellen."

..Die .Gründe, auf welche die Beschwerdeführer ihr Gesneh stüzen, lassen sich kurz in folgenden Säzen zusammenfassen : 1) Sei die Korrektion Grynau-Zürichsee wesentlich ein Theil der Gefammtkorrektion der Linth, und die Kosten müsse neben den Ein-

921 künsten und dem Fonde der Unternehmung die gesammte Linthgegend tragen.

Al.le acht Linthgenossamen haben in ihrem Gesuch an die Bundesversammlung (Uznach, Mai 1858) diesen Standpunkt eingeno.mmen, und auch gegenwärtig sehen es die obern Gegenden noch so an.

2) Die veranlagten Grundstücke oberhalb Grynau hätten schon Mehrwerth bezahlt, und nur diejenigen unterhalb Grynau konnen für diese Korrektion in Sehazung genommen werden. Der Tagsazungsbeschluss von 1813 gebe kein Recht, die Rekurrenten nochmals zu belasten.

3) Die Kosten der grossen Seitenkanäle von Grynau abwärts seien mit Unrecht bei der Belastung der Grundstüke mit in Rechnung gezogen worden . es dürste aus die Veranlagten eventuell nur ein Theil der Kosten des M i t t e l k a n a l . . . gelegt werden.

4) Die Benker-Linthgenossamen rechts- und linkseitig haben ohnehin sur das Linthwerk nach Verhältniss am meisten ausgelegt. .russerdem am meisten gesonderte Kosten tragen müssen, dagegen am wenigsten Nuzen aus der Linthkorrektion gezogen , die Billigkeit fordere, ste bei dieser Korrektion, mit der man ihnen erst spät gerecht werde, nicht besonders zu belasten.

5) Eventuell sei die Mehrwerthsschäzung in jeder Richtung zu hoch gegriffen und der Mehrwerth nicht nachgewiesen. sollte ein solcher in geringem Masse eintreten, so werde dies erst nach langen Jahren der Fall sein.

.

.

.

..

B. Die eidg. Linthkommission macht zur obigen Besehwerde im Wesentlichen folgende Gegenbemerkung.

Ad 1, 2 und 3 der B e s eh w e r d e p u n k t e .

Jn Bezug auf die Hauptkorrektion Grynau-Zürichsee konne nicht, wie es in der Eingabe der Rekurrenten geschehen, das Bundesgesez vom 27. Januar 1862 (Reorganisation der Linthverwaltung) und no..h weniger, weil erst nach dem Besehlusse über die genannte Korrektion erlassen, dasjenige vom 6. Dezember 1867, betreffend Unterhaltung der Linthwerke, angerufen werden, sondern es bestehe diessalls uoeh ein Tag...

sazungsbeschluss vom Juni 1813 in voller Kraft, welcher besage: ,,Bei.

,,der Vollendung des Linthkanals unter Grynau und bis zum Züriehse...

"sollen die Linthkommissionen nach den allgemeinen Grundsäzen ver,, fahren , und die anstoßenden Güter der Mehrwerthschäzung unter..worfen werden."

Die "allgemeinen Grundsäze", nach denen beim Linthwerk verfahren worden, bestünden nun aber unbestreitbar darin,
das. d a s j e n i g e Land, w e l c h e s R u z e n z o g a u s d e r K o r r e k t i o n , u n d zwar nicht g l e i c h m ä ß i g , s o n d e r n in d e m j e n i g e n V e r h ä l t -

922 n iss,in w e l c h e m es R uz e n z o g , f ü r die k o s t e n in Mitleidenschaft g e z o g e n w u r d e .

Der gleise oben zitirte Tagsazungsbefchluss spreche sieb im Weitern dahin aus: ,,Bei H a u p t k o r r e k t i o n e n t r ä g t j e d e s Gruud-

stük nach V e r h ä l t n i s s des daraus für d a s s e l b e resnltirenden G e w i n n e s und Mehrwerths."

Jn dem Besuche der vereinigten Linthgenossamen an die Bundespersammlung vom Jahre 1858 heisse es allerdings, ,,dass sür die Kosten ausser dem Veitrag, welchen die Bundesversammlung dazu aus.verfen werde (ein solcher Beitrag wurde aber. in der Folge nieht dekretirt), in Mitleidenschast gezogen werden konuen : 1) der Linthsond , 2) die .Linthgenossamen im Verhältniss des Mehrwerthes des Bodens, welcher durch Vollendung der Korrektion unzweifelhaft erzielt werde" u. s. w.

Jn diesen Bassus habe aber die Linthverwaltung . nicht den Sinn legen konnen, dass derjenige Boden, sür welchen k e i n Ruzeffekt n o .h Mehrwerth resultare, demjenigen Boden, der g e w i n n t , die Kosten abzunehmen habe.

Sache der Rekurrenten wäre es jedensalls gewesen, schon 1865 oder doeh noch gleichzeitig mit dem Rekurs den Behorden den Beweis zu bringen, dass die obere fegend sür die untere sür alle Kosten ein^ stehen wolle.

Jn zweiter Linie wollen die Rekurrenten die Bezahluug ablehnen, weil.^der Beschluss der Tagsazuug nur die Güter unterhalb Gr.^nau verpflichte. weil ihre Güter^ schon einmal Mehrwerth bezahlt hätten, und weil jedenfalls die Kosten der grossen Seitenkanäle aus der Rechnung wegsallen müssten.

.^lller^ings heisse es in dem Beschluß, bei der Korrektion von Grvnau abwärts ,,sei nach den allgemeinen Grundsäzen zu verfahren und die anstoßenden Güter der Mehrwerthsehäzung zu unterstellen.^ Unter den austossenden Gütern sei aber nach der Ansieht der Linthbehorde nicht buchstäblich das Terrain nur von Gr.,nau in den See, sondern das Terrain, das sür die Korrektionswirkung anstoßend zu nennen sei, für welches Mehrwerth ans der Korrektion resultire, zu verstehen.

Die Wiesen oberhalb Grr,.nau seien früher nur eingeschäzt worden für den Gewinn der früheren allgemeinen Korrektion. Die erste HauptKorrektion rettete auch die untere Linthgegend vor totaler Versumpfung und sicherte gegen Linthausbrüche. Hiefür der erste Mehrwerth.

Die Korrektion unterhalb Grr^nau werde nicht nach den KorrektionsProjekten von 1813. sondern naeh einem namentlich aueh für das obenher liegende Gelände weit vorteilhafteren, rationellen System ausgeführt. Jnfolge der durch Erstellung grosser breiter S e i t e n k a n ä l e (deren Kosten die Rekurrenten eventuell ..us der für ihre Betheiligung

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auszustellenden Rechnung eliminirt wissen mochten) eintretenden Senkung des Grundwassers ziehen nunmehr die obern Wiesen sogar weit mehr .^uzen von dieser Korrektion als die unmittelbar an die Seitenkanäle anstossenden Grundstüke unterhalb Grynau, und es ^müsfe sich sonach im Sinn und Geist des Beschlusses von 1813 die Betheiligung auch auf dieses Land, für welches effektiver Mehrwerth erzielt wird, erstreken.

Ad 4 und 5. angeblich e r h o h t e Belastung der Rek u r x e n t e n überhaupt und Mangel eines den Mehrwerth.

Beweises

für

Jm vorliegenden Falle handle es sich um Erfaz sür einen realen Mehrwerth und Ruzefsekt dieser Korrektion, w e l c h e das Grundw a s s e r für d i e W i e s e n d e r R e k u r r e n t e n m i n d e s t e n s u m z w e i Fuss s e n k e u n d d e n W a s s e r s t a u d d i e s e r W i e s e n a u s ^ s c h l i e s s l i c h noch v o m Z ü r c h e r s e e s p i e g e l a b h ä n g i g . mache.

D i e s e r Vortheil, der auszulosen sei, bleibe den Rekurrenten immer.

Abgesehen hievon wären auch die Unterhaltungskosten naeh deu vom .Linthingeuieur gemachten Erhebungen sür die Benknergenossamen, ^ n m a l

mit Rüksieht auf ihr a u s g e d e h n t e s G e b i e t nicht grosser, als

diejenigen anderer Genossamen.

So kounen weder in der allgemeinen Lage, noch bei der ersten Mehrwerthsta^ation die Verhältnisse der Rekurreuten gegenüber andern .Linthanwohnern als abnorm ungünstige angesehen werden, welche h e u t e durch ausuahmsweise Massregeln ins Gleichgewicht zu bringen wären.

Jn Betreff der weiteren Beschwerde, dass die Mehrwerthsauflage einen wirklichen Mehrwerth nicht zur Unterlage habe, wird zunächst hervorgehoben, dass es fieh bei fraglichen Mehrwerthsehäzungen um einen von kompetenten Behorden gefällten Sprueh handle., welchem formeile Rechtskraft zur Seite stehe.

Die vollständige Sachkenntnis^ und Unparteilichkeit der mit Mehrwerthfchäzungen betraut gewesenen Experten konne mit Grund Niemandem in Zweifel gezogen werden, und es gehe überdies aus Sehäznngsprotokollen hervor, dass die Kommission ihre ..^ehäzungen gends zu hoch gegriffen.

den von den nir-

Dem weitern Einwand , ,,dass der Ruzen , mit Ausnahme der fumpfigeu Rieter, erst nach uud nach eintreten konn^, glaube die .Linth^ behorde dureh die erst mit Ende 1870 beginnenden funs Jahrestermine für die .Zahlungen zum Voraus billige Rechnung getragen zu haben.

Was schliesslich die von den Rekurrenten sür den ^all eines abschlägigen Bescheides aus ihre Beschwerde in Aussieht gestellte Be-

schreituug des Rechtsweges anbelangt, so sei^die .Lin^hbehorde der Anficht, dass

ein weiteres Versahren uieht zulässig sei, dass jeder weitere

924 Brozess abgelehnt müsste.

und aus unmittelbare Vollziehung gedrungen werden

C, Die mit der Begutachtung des Projektes der Linthkorxektion unterhalb Gr^nau beauftragt gewesenen Herren Vrosessor Landolt und Jngenieur^ Bridel haben in ihrem bezüglichen Berichte den Mehrwerth des in den Mehrwerthsperimeter fallenden Landes aus durchschnittlieh Fr. 50 per Jnchart sestgesezt, was aus die lant dem Protokoll der eidg.

Schäzuugskommissiou sieh ergebenden 3808.1/2^ Jucharten

Fr. 190,427. 08

ausmachen würde, während die genannte .^chä^ungskommission, unter Annahme von fünf Kategorien zu

Fr. 16, Fr. 22, Fr. 28, Fr. 34 und ^r. 40 (von welch^ legerer nur 94^.. Jucharten) per Juehart, den betresseudeu ^Mehrwerth nur aus .

,,

gesehnt hat , was zu .Knusten der Mehrwerths^ pflichtigen eiue Differenz v o n .

.

.

. Fr.

ergibt.

99,703. l 6 90,723. 92

Es fällt in Betracht .

1)

Es ^ entsteht in erster Linie die Frage, ob der Bundesrath

kompetent sei, die Entscheidungen der Schazungskommission, welche über

den Mehrwerth des bei der fraglichen Korrektion spezieller beteiligten Landes zu entscheiden hatte, einer Revision oder Abänderung zu unterwerfen.

^ .

^ 2) Diese ^rage mnss durchaus verneint werden. Der Bundesxath hat durch Besehluss vom 27. Hornung ^865, Art. 2, dem Reglemente über die Mehrwerthschäzung^ der Liegenschaften) seine Genehmi-

gung ertheilt. Dieses Reglement bestimmt aber im ^ l , dass die

Schäzungskommission aus süns Mitgliedern bestehe , von ...enen vier durch die Regierungen der Linthkantoue ernannt werden und nur der Obmann vom Bundesrathe, und es steht im ^ 2 ansdrüklich, dass diese Mitglieder ,,ohne W e i t e r z n g ^ entscheiden. Da gegen dieses Reglement uiemals irgend welche Eiuspraehe erhobeu worden ist und von den Rekurreuten weder nachgewiesen , noch auch uur behauptet wurde, dass die^ ^chäzungskommission die ihr dnreh das Regleu..ent angewiesene Stellung überschritten habe, so muss es bei deren Entscheide sein Bewenden haben.

3) Die eingelegte Beschwerde lässt sich daher als Beschwerde gar nicht in weitere Behandlung ziehen, und es erschiene durchaus unangemessen , auf das Materielle derselben unter diesem Gesichtspunkte .irgendwie einzutreten. Eine erneute Brüsung dieser Verhältnisse wäre ^) Siehe eidg. GesezsammIung, Band ^III, Seite ^..0 und^401.

^

^

^25

einzig insoweit gedenkbar, als von den Linthbehorden (Bundesrath und .Linthkommisfion) eine etwaige Betition um Aenderung der durch die frühern Beschlüsse festgestellten Broportion zwischen dem Beitrage der .Linthuntern^hmung und dem ^esammtbeitrage des mehrwerthspflichtigen Grundbesizes in nochmalige Würdigung gezogen werden konnte.

^4) . ..^esezt aber auch, die Rekurrenten fänden sieh veranlaßt, diesen veränderten Weg zu beschneiten , so wäre es alsdann unbedingt nothwendig, dass solches erst in einigen Jahren geschähe. Jm jezigen Stadium der .^ache konnte der Bundesrath in poriger Uebereinstimmung mit der Linthkommission keinen ...^rund finden, um einer solchen Betition zu entsprechen, da die E^pertengutachten übereinstimmend den muthmassliehen Mehrwerth sast auf das Doppelte der eingeschalten Summe angesezt haben und alle dagegen gemachten Einwendungen zur Zeit auf blossen vagen Behauptungen beruhen. Jn einem spätern Zeitpunkte wird dagegen der Ruzessekt der Korrektion allseitig klar vorliegen, und

es wird sieh dann gleichzeitig gezeigt haben, ob er für das ganze Werk

so gross sei , das, sich eine weitere Jnansprnehnahme des Linthsonds rechtfertige, beziehungsweise ob der Stand dieses Fonds auch derart sei.

dass eine etwelche Mehrbelastung desselben ohne Schaden stattfinden könne. Jnzwisehen seien selbstverständlich die verfallenen Raten einzuzahlen ; beschlossen: 1.

Es sei die Eingangs bezeiehnete Besehwerde abgewiesen.

2. Dieser Beschluß ist den Rekurrenten und der .Linthkommission, an leztere unter Rüksehluss der Beilagen 5 und 0, mitzuteilen.

Bern, den 10. Juli 1871.

Jm Ramen^ des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident: Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft^

Schiel.

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..

Bericht des

schweizerischen .Konsuls in Philadelphia (Hrn. R. Koradi von .

Oberneunforn, Kts. Thurgau) für das Jahr 1870.

(Vom 24. Februar 1871.)

An den hohen schmeiz. Bundesrath.

..

Tit..

Jm Rückblick auf die Jahresberichte über 1868 und 1869 konnen wir in diesem Lande, auch abgesehen von dem wohlthnenden Bewusstsein, welches unsere jetzt beruhigten, friedlichen Zustände gegenüber dem Schreckensdrama, welches sich während dieser Zeit in Europa entrollt hat, gewähren, uns mit vollem Rechte mit dem abgelaufenen Jahr 1870 befriedigt fühlen. Die theilweise Enttäuschung, welche die unbesriedigenden Ergebnisse des Jahres 1869 nach mancher Richtung hin hervorgerufen hatten, bewirkte, dass die Erwartungen für 1870 in natürlieheren ..Grenzen gehalten wurden, die sich leichter erfüllen liessen, und diess

ist im Allgemeinen geschehen. Die Verhältnisse des Landes haben sich

in ihrer neuen Gestaltung seit dem Kriege sichtlich gebessert. die Zustände der südlichen Staaten, wenn auch lange noch nicht überall befriedigend, haben ein weitaus besseres Ansehen gewonnen, die gewaltigen Erschütterungen und Veränderungen, welche durch die Wirkungen des Krieges hervorgebracht wurden, sind unter schwächerem Widerstand, .als man ihn von der Erbitterung der Gemüther erwarten musste, in's Leben getreten,

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Bundesrathsbeschluß in Sachen des Rekurses der Benkner-Linthgenossamen, betreffend Linthmehrwerthsveranlagung. (Vom 10. Juli 1871.)

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1871

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3

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47

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---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.11.1871

Date Data Seite

920-926

Page Pagina Ref. No

10 007 082

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