46

#ST#

Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

(Vom 9. Januar l 871.)

Der koniglich bayerische Geseh.iststräger bei der schweiz. Eidgenossenschaft hat mit Rote vom 6. dies dem Bundesrathe zur Kenntniss gebraut, dass der bisherige k. bayerische Generalkonsul Freiherr v o n S u l z e r . . W a r t h in Winl.erthur, seinem Ansinnen gemäss, von der von ihm bekleideten Stelle von Sr. Majestät dem Konige, unter voller AnErkennung seiner langjährigen und erspri...ssliehen Dienste, enthoben worden sei.

Veranlasst durch die neuesten Berichte der schweizerischen Gesandtschaft in Baris, hat der Bundesrath beschlossen, das nachstehende KreisSchreiben an sämmtliehe Kantonsregierungen zu erlassen.

Tit.!

..Aus den neuesten Berichten unserer Gesandtschaft in Baris, (welehe. beiläufig gesagt, natürlich nur sehr spärlich und unregelmässig hier eingehen tonnen) erhellt, dass die in Baris lebenden Schweizer immer grossern Rothständen entgegen gehen, und dass der Herr Gesandte, nm dürstige und arbeitslose Landsleute vor dem Schrekliehsten, dem Tode d u r eh Hunger oder Kälte, zn bewahren, sieh veranlasst gesehen .hat, bereits in den Monaten Oktober, Rovember und Dezember l.lei.nere oder grossere Unterstüzungen zu verabreichen, deren Zulässigkeit sehon durch unsere Schlussnahme voni 31. Augnst abhin anerkannt worden war. Unsererseits haben wir dieses Versahren durchaus gut geheissen und den Herrn Minister K e r n ermächtigt , in wirkliehen Rothfällen den in Baris eingeschlossenen Schweizern die unumgänglich er.forderliche Hilfe angedeihen zn iaffen, .n der Meinung, dass über di....

heimatliche Angehorigkeit der Unterstehen und über das Mass der Beiträge angemessen Bach geführt werde, nm später mit den einzelnen Kan.tonen Abrechnung pflegen zn konnen, sosern die Bundesversammlung es nieht sür passend erachten sollte, die daherigen Auslagen aus Rechnung des Bundes zu übernehmen.

,,Jndem wir die Ehre haben, Jhnen hievon Kenntniss zu geben, glauben wir uns der Erwartung hingeben zu konnen, dass die h. Stände

47 ..mit Rüksieht aus die ganz ansnahmsweisen Verhältnisse nicht anstehen Werden, eine Ersazpflieht für die zu leistenden Vorschüsse anzuerkennen, ^..ie wir ebenso nicht zweifeln, dass die von uns getrogenen Versügungen Deiner allseitigen Billigung entgegensehen dürfen.

,,Jm weitern erklären wir uns gerne bereit, freiwillige Gaben zu ^nnsten der eingeschlossenen Schweizerkolonie so gut als moglich an .ihre Bestimmung zn vermitteln^.) und die erforderlichen ^.chritte zu thnn, welche zu dem gewünschten Ziele zu führen geeignet sein mochten.^

Jnsolge der stattgesnndenen Vereinigung des Kirchenstaates mit ^em Königreich Jtalien hat der Bundesrath ^en bisherigen sehweizeri.sehen Generalkonsul S e h l a t t e r in Rom in gleicher Eigenschaft beiden .Regierung von Jtalien ernannt, und demselben ein nenes Vatent

Ausgestellt.

Zur Verstärkung der Gren^besezungstrnppen hat der Bundesrath .noch das Haibbatailton Rr. 79 von Solothurn ausgeboten.

Der Bundesrath hat sur die im Felde stehende Vll.

.Kriegsgericht bestellt und in dasselbe gewählt

Brigade ein

als Richter: Hrn. G l o o r , Hauptmann im Bataillon Rr. l0, ,, ^ A d o r , Lieutenant im Bataillon Rr. 20..

als Ersazmänner: Hrn. L a p r i g , Hauptmann im Bataillon Rr. 3^.

,, A n d r . ^ , Lieutenant der Dragonerkompagnie Rr. 7.

...) ^ln Unterstüzungen für die notleidenden Schweizer in Paris stnd dem Bun^ ^esrathe bereit^ zur Verfügung gestellt worden .

^r. 2000 ^on der .^^terung von Bern , ,,

.^00

,,

,,

,, 500 ,, .^

,,

,,

,,

^uzern ,

,. Solo^urn.

^on den Regierungen ...on ^euenburg und Genf find auch ^ .^r. 1000 .^otirt worden, welche Beiträge sie ans eigenem Wege nach Paris zu befördern beschlossen .haben.

48 Für die gegenwärtig in der Kaserne in Thun internsten frantosi-

sehen Militärs hat der Bundesrath ^ein. Kriegsgericht bestellt und für.

dasselbe ernannt : Als Grossriehter: ,,

Auditor:

.

.^ .

Hr. Oberriehter M o s e r , in Bern, Major im

eidg. Justizstabe.

Hr. Karl Gustav K on ig, von Bern, mann im eidg. Justizstabe.

Haupt-.

Was die Richter und Suppleanten anbetrifft, so wurde das eidg.

Militärdepartement beauftragt, für ihre Ernennung zu sorgen.

(Vom

11. Januar 1871.)

Unterm 2. Dezember v. J. ist der Bundesrath beim grossherzoglieh badisehen Ministeriuni mit dem Gesuche um Ausschlüsse über die burgerreehtlieh.. Stellung derjenigen Kinder, deren Vater zwar ein Or..sbürgerreeht im Grossherzogthum Baden bestzt, die Mutter aber, weil sie vor ihrer Verehelichung nicht in den Verband einer badisehen Gemeinde ausgenommen worden, eingekommen, woraus das gedachte Ministerium Folgendes erwiedert hat .

,,Einem Hohen Schweizerischen Bundesrath ist es gefällig gewesen, mit schätzbarer Zuschrist vom 2. d. Mts. den Wunsch tund ^u geben, aus Anlass der über die Heimathsverhältnisse des T h o m a s K r i e g von Weisenbaeh und seiner Fam.lie zwischen badischen und schweizerischen Behorden geführten Eorrespondenz nähere Ausschlüsse darüber zn erhalten, welches die bürgerliehe Stellung derjenigen Kinder sei, deren Vater zwar ein Ortsbürgerreeht in Baden, deren Mutter aber, weil sie vor ihrer Vereheliehung nicht. in den Verband einer badisehen Gemeinde ausgenommen worden ist, nur das .allgemeine badisehe Staatsbürgerreeht besitze, nn^.. serner welche Answeisschristen von badisehen Angehörigen, die kein Ge^neindebürgerreeht besitzen, zu verlangen seien, von welchen badisehen Behorden dieselben gültig ausgestellt werben, und welche Dauer diesen Ausweisen zukomme.

.,Jn Erwiederung hieraus hat das unterzeichnete Ministerium nach vorgängigem Einvernehmen mit dem Grossherzogliehen Ministerium des.

Jnnern die Ehre, Einem Hohen Schweizerischen Bundesrathe Rachstehendes ganz ergebenst zu erossnen : .

^ .

,,Dureh die in der jüngsten Zeit im Grossherzogthum in^s Leben getretenen Reformen der Spezialgesetzgebung sind zwar bezüglich der Heimathsangehorigkeit vielfach neue Verhältnisse geschaffen worden, es .v^rden jedoch davon die Jnteressen ausländischer Gen..eiuden, in welchen

^ sich badische Angehörige niedergelassen haben, in keiner Weise uaehtheilig berührt, was schon daraus hervorgeht, dass in Bezng anf den Eriverb und Verlust des Staatsbürgerrechtes, abgesehen von einem in der Folge hier anzuführenden Falle, gar keine, und in Beziehung ans die Unterstützungspflieht, welche im Falle der Verarmung für die anslän-^ dische Riederlassnngsgemeinde von besonderer Bedeutung werden kann, nur in sosern eine Aenderung eingetreten 1st, als dieselbe jetzt nicht mehr aussehliesslieh a.n den Besitz eines Gemeindebürgerrechts geknüpft ist.

,,Der .^

Sachverhalt ist in der Thät der folgende :

..^ach der früheren Gese^gebnng musste jeder badisehe ^taatsan-

^ehorige zugleich Angehöriger einer^ politischen Gemeinde des Grossher-

zogthums sein, entweder^ besass er angeborenes oder angetretenes, oder durch Aufnahme erworbenes Gemeindebürgerreeht, oder er war einer Gemeinde als Einsasse zugewiesen. Mit dieser untrennbaren Verbindung^ von Staats^ und Gemeindeangehorigkeit im Zusammenhang waren sowohl das Recht der Eheschliessung als der Ansprneh auf Armenunterstützung Ausflüsse der Gemeindeangehorigkeit, des Gemeindebürgerrechts, so dass mit der Verehelichung auch sür ^ran und Kinder die Gemeindeangehorigkeit begründet war und im Verarmungssall die Gemeinde, in welcher der Mann das Bürgerrecht besass, die ganze Familie zn unterstützen hatte.

.Diesem Zustande haben die beiden Gesetze vom 5. Mai l. Js.

über die Erleichterung der Ehesehliessung und über die öfsentliehe Armen-.

pflege ein Ende gemacht.

,.^as erstere Gesetz erklärt das Recht zur Ehesehliessung für unal..hängig von dem Gemeindebürgerrecht. Hiernach ist auf der einen Seite zur Eheschliessung der Antritt des angeborenen Gemeindebürgerreehts oder dessen Erwerbung durch Aufnahme nicht mehr ersorderlieh ; ans der anderen Seite erwerben Frau und Kinder Desjenigen, der sich verehelicht hat, ohne sein angeborenes Bürgerrecht anzutreten oder sich in eine Gemeinde aufnehmen zu lassen , auch kein Gemeindebürgerrecht mehr.

Dagegen sind und bleiben die Frau und Kinder , sofern nur die Ehe

rechtlich giltig ist, badisehe .......taatsangehorige nach wie vor.

,,Jn dieser letzteren Beziehung ist allerdings auch eine, sur da.^ Ausland jedoch nnzweifelhast nur günstige ...lenderung eingetreten. Der Kreis der rechtlich giltigen Ehen ist erweitert worden. Während nämlich nach der früheren Gesetzgebung die im Ausland ohne inländische Staat^erlaubniss geschlossene Ehe nicht nur für nichtig erklärt, sondern sogar als Verzieht anf das Staatsbürgerrecht behandelt werden konnte, sind nach dem Gesetz vom 21. Dezember v. Js. über die Beurkundung gen^des bürgerlichen Standes und ^die Formlichkeiten bei Schliessung der Ehen die im Ausland zwischen Jnländern unter sieh oder mit Aus-

^.

.andern abgeschlossenen Ehen giitig, wenn sie nach der in jenem Land.

vorgeschriebenen Form eingegangen werden. Der Jnländer, .veleher im Zustande eine Ehe zu schlössen beabsichtigt, ist jedoch verpflichtet, einen Verkündsehein und das Ausgebot ini Orte seines inländischen Wohnsitzes .oder Aufenthalts, und sosern er Wohnsitz und .Aufenthalt im .^uslande h..t, am ^..rt.. seines letzten inländischen ständigen Aufenthalts vor Eingehung der Ehe zu erwirken.

.,Gerade jene hierdurch beseitigten älteren Bestimmungen waren es bekanntlieh, .velehe ausländischen ^..iederlassnngsgemeinden hin und n,ieder Schwierigkeiten bereiteten.

,,Die Loslosung des Rechts der Eheschliessung von dem Gemeindebürgerreehte war indessen nur dür^führbar, wenn gleichzeitig die Unterstützungspslieht aus eine andere Grundlage gestellt wurde , was durch das zweite der ermähnten Gesetze vom 5. Mai l. Js. in der Weise ge^ schah , dass die Unterstützungspslieht nunmehr durch den Aufenthalt begründet wird, dass neben dieser Verpflichtung des sogenannten Unterstützungswohnsitzes der aus dem Gemeinoebürgerrechte beruhende Ansprn.h aus Unterstützung nur in beschränktem Maasse fortbesteht, dass in Ermangelung einer verpflichteten Gemeinde die Unterstützungspflicht auf dem Kreisverband rnht, und dass die Ehefrauen ^tnd die Kinder dem nä.nlichen Arm^.nverbande zugeschieden sind, welchem der Mann , beziehnngsweise der Vater angehort.

,,Bei dieser durch die neue Gesetzgebung geschaffenen Lage ist es

für die ausländische Riederlassungsgemeinde durchaus gleichgültig gewor-

den, ob die Frau oder die Kinder eines badischen Staatsbürgers ein Gemeindebürgerrecht im Grossherzogthum besitzen; jene Gemeinde erscheint bezüglich der hier in Betracht zu ziehenden Vorkommnisse noch mehr als durch die früher verbrachten Heimathsseheine dnreh die Rachweisnng g^ sichert, dass diese Frauen und Kinder, wie der Mann selbst, badisehe Staatsangehörige sind, unt. daß ihnen im Fall der Verarmung die Unterstützung nach Massgabe des Armengesetzes in Baden gewährt wiro.

,,Dem entsprechend sind denn an.h die Grossherzogl.chen Bezirksämter ermächtigt worden, ans Verlangen Urkunden ^es eben angedeuteten Jnhalts anszustellen, und ^war, bis der Gegenstand im Wege der deutschen Reiehsgesetzgebnng . welcher er künstig anheimfällt , geordnet sein wird, aus unbestimmte Zeit.

,,Das unterzeichnete Ministerium giebt sieh der Hossnung hin, es werde Ein Hoher Schweizerischer Bundesrath in der Lage sein, aus Vorstehendem die gewünschten Ausschlüsse zu entnehmen, un.^ insbesondere die Ueberzeugung zn gewinnen, dass zwar die Ertheil.ung von Beurknn.^ dungen über Gemeindeangehorigkeit (Heimathsscheine) an Ehefrauen und Binder von badisehen Staatsangehori^e.. , wenn solche kein Gemeinde-

5l Bürgerrecht besitzen, nicht thunlieh, dass aber die Jnteressen der ansl..n^isehen Riederlassungsgemeinden durch die an deren Stelle tretenden neuen Ausweissehristen mindestens in eben so ausgiebiger Weise als .durch die bisherigen Heimathsscheine gewahrt erseheinen.

,,Das unterzeichnete Ministerium benutzt mit Vergnügen hiernächst ...och diesen Anlass. um die Versicherung seiner ausgezeichnetsten HochAchtung zu erneuern.

,, E a r t s r u h e ,^ den 3t. Dezember 1870.

,,Grossherzoglich Badisehes Ministerium des Grossherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten: ,,^. ^rel.^rf.^

^(Vom 13. Januar 1871).

Das ..^ostdepartement ist vom Bundesrathe ermächtigt worden, mit .der Regierung des Kantons Vasel-Landschast einen Vertrag über Erriehtung eines .^.elegraphenbüreaus in A e s c h abzuschliessen, und z..var .aus Grundlage der am 1. März 1867 modifizirten Verordnung vom

.6. August 1862^).

Der Bundesrath wählte (am 9. Januar 1871) .als Vosthalterin in Aigle: Jgsr. Louise D e l a d o e ^ , von und in Aigle ^Waadt), bisher provisorische Vosthalterin daselbst ;

(am 11. Jannar 1871) .....ls Bostverwalter in Soneeboz: Hrn. Johann Fre^, von^ Olten, bisher ^ostkommis in St. Jmier ^Bern).

.,, .^elegraphistin in Aigle: Jgfr. Louise D e lad o e ..., Vosthalterin, von und in .^tigle.

^) Siehe eldg. Gesezsammlung, Band IX, Seite .^2 und Band VII, Selte 32.^..

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1871

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

02

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1871

Date Data Seite

46-51

Page Pagina Ref. No

10 006 769

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.