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Minorität der nationalräthlichen kommission über den Rekurs der Negierung von Luzern gegen den Beschluß des Bundesrathes in der Sache des Anton Bisang von Egolzwyl.

(Vom l 2. Januar l 863.)

A. A n t o n B i s a n g von Egolzwhl, Kt. Luzern, d. Z. Schlossergesell in Adlisehwpl , Kt. Zürich , stellte bei dem heimathliehen Gemeinderathe

Egolzwyl das Gesuch um Bewilligung zur Heirath mit der in Adlischwyl.

sich aushaltenden Fabrikarbeiterin Maria Anna Haller aus Reinach, Kt. Aargau , und leistete dabei folgenden Vermogensaus.veis .

1) Fr. 200. ^-- in der Ersparnisskasse Thalweil.

2) ,, 115. 05 angebliche obligation auf Eduard Tschop in Adli-

schwel.

3)

,, Fr.

329. 55 644.

in Mobiliar, Kleidern und sechs Cylinderuhren.

60.

Das Vermogen der Maria Anna Haller besteht .

l) Fr. 200. als eventuelle Aussteuer der Gemeinde Reinaeh.

2) ,, 262. 05 in Mobiliar und Kleidern.

Fr. 462. 05.

Der Gemeinderath Egolzwyl fand den ...Vermögensausweis von Bisang nicht genügend, um auf denselben gestützt die Ehe bewilligen zu konnen , und wies das Heirathsgesueh ab.

Auch der Regierungsrath von Ludern, an welchen Bisang auf dem Wege des Rekurses gelangte, wies denselben mittelst Schlnssnalune vom

13. Mai 186l mit gleichem Gesuche ab.

Die Sehlussnahme des Regierungsrathes von Luzern lautet folgendermalen : E r w ä gend, Dass die angeblichen Ersparnisse des Rekurrenten, der seit beendigter .Lehrzeit (l854), also während sieben Jahren, den Beruf eines Schmieds

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ausübt, mit Jnbegriff der Fahrnisse in Fr. 644 bestehen , wornaeh ein

jährlicher Vorschlag von nnr Fr. 92 sich ergibt.

Erwägend,.

Dass der gegenwärtige jährliche Arbeitsverdienst des Betenten laut ^engniss seines Dienstherrn Joh. Günthardt aus 720 Fr., nach Abzug der .Auslagen für Kost, .Logis ^. noch auf 26 Fr. monatlieh sich belauft, welcher Arbeitsverdienst, auch wenn er als gesichert zu betrachten wäre, kaum zur Erhaltung einer allsälligen Familie als hinreichend betrachtet werden kann.

Erwägend, Dass auch bei den Verhältnissen des Rekurrenten, der gegenwärtig das Schmiedgewerbe nicht auf eigene Rechnung betreibt, die Gründung

eines selbstständigen Hauswesens sich keineswegs als Bedürsniss herausstellt.

Erwägend, Dass endlieh das geringe Guthaben der Verlobten, ebensowenig wie deren Verdienst als Fabrikarbeiterin, der nach erfolgter Verehlichung wegfallen dürste, hinreichend ist, um dem Verehliehungsgesuch eutspreehen ^u konnen.

Mit Hinsicht auf das Gese^ über Ehebewilligungen und in Anwen^

dung des ^. l 00 des Organisat.onsgese^es ,

erkennt .

Rekurreut sei mit seiuem Gesuche abgewiesen.

Gegen diese regieruugsräthliche S.hlussnahme gelangte nun Bisang klagend vor den Bundesrath, und begründete seine Klage mit der Ansehnldigung der Behorden von .^u.,ern, als haben diese in Verschweiguug der

wahren eigentlichen Verweigerungsgründe ihm die Bewilligung ^nr Eheli-

ehuug seiner Verlobten blos desshalb abgesehlagen, weil diese eine Brotestautin sei.

Der Regierungsratl., von Ludern und der Gemeinderath Egol^w.^l denen die Beseh.verdeschrist Bisang zur Vernehmlassung mitgetheilt worden war, rechtfertigen ihre Abweisuugsbeschlüsse mit dem mangelhaften .^u..^ weise des Reknrrenten über die bisherigen Ersparnisse und seine gegenwärtige Erwerbsfähigst. Es bestehe das gan^e Vermogen des Rekurrenten in wenigen hundert ^ranken ; zudem sei vollends Grund vorhanden , die Richtigkeit des Ausweises, den Bisang über sein Vermogeu gemaeht habe, in Zweifel zu ziehen. Das Vermogen der Braut sei eben so unbedeutend, und bestehe nebst einigem Mobiliar in eiuem eigenthümliehen Kapital von 200 Fr., welches ihr die Gemeinde R..iua.l. als Aussteuer zugesichert habe, auf den ^all, dass die Kopulation mit Bisaug vollzogen und die-

..

174 ser das von der M. A. .Daller zu gebärende Kind vor Gericht als das .seine werde anerkannt haben. Die Anschuldigung des Rekurrenten, als sei ihm die Ehebewilligung aus Grund der konfessionellen Verschiedenheit seiner Braut verweigert worden, weisen sowohl der Regierungsrath von Ln^ern, als der Gemeinderath von Egolzw.^l mit Entschiedenheit ^rück.

Letztere Behörde erklärt eine derartige Anschuldigung als volle Unwahrheit.

Unterm 27,^30. Sept. 186l erfolgte dann die bundesräthliche Entfcheidung, welche den Rekurs Bisang als begründet erklärt und folgendern.assen lautet, Jn Erwägung : 1. Dass gemäss der wiederholten Entscheidungen des Bundesrathes es keinem Zweifel unterliegen kann, dass den Behörden eine Beurtheilung der Motive Anstehen muss, aus denen die Bewilligung einer gemischten Ehe verweigert wird, indem nur aus diese Weise denselben die Mögliehkeit gegeben ist, ihrer Bflicht zur Fürsorge für die gleichmässige Vollziehung des bezüglichen Bundesgesetzes zu genügen.

2. Dass im Allgemeinen bei der Beurtheilung dieser Fragen der Grundsatz gelten muss, dass handlungsfähigen, wohlbeleumdeten, arbeitstüchtigen und mit gewohntem Verdienst versehenen Bersonen die Berechtigung zur Eingehung einer solchen E.^e zustehe, und dass sie desshalb bei diesem ihrem natürlichen Rechte so lange zu schützen sind, bis von Seite allfälliger Einsprecher (Behörden, Verwandten .e.) der Rachweis in genüge..der Art für das Vorhandensein eines gesetzlichen Ehehindernisses geleistet wird.

3.

Dass es im vorliegenden Falle an einem solchen Raehweis von Seite der Behörden des Kantons Ln^erns mangelt, indem bei der Thatsaehe eines vorhandenen ordentlichen Verdienstes der Verlobten blosse vage Zweifel an der Möglichkeit des Unterhaltes einer ^amilie um so weniger die Stelle eines solchen Beweises zu vertreten geeignet sind, als sonst mit solchen Gründen die gesammte arbeitende Klasse von der Ehe ansgeschlossen werden könnte, beschlossen : Der Rekurs sei begründet und die Regierung des Kantons Luzern eingeladen, dem Reknrrenten die ^u seiner Verehliehung erforderlichen Bapiere ausstellen ^u lassen.

B. Gegen diesen Entscheid des Bundesrathes hat nun die Regierung von Ludern die Berufung an die hohe Bundesversammlung ergriffen, und rechtfertigt diese durch folgende Rechtsmomente : l.

Rach der Gesetzgebung des Kantons Ludern sei ^ur Eingehung einer Ehe die Bewilligung des heimatlichen Gemeinderathes des Verlobten ersorderlich.

...

175 . Diese aber kounen verweigert werden,

wenn begründete Besorgniss

künftigen Rothstandes obwalte. bei Unfähigkeit der Verlobten, durch ihr ^ermogen oder durch ihre Arbeit ihren Unterhalt zu bestreiten ; dergleichen wegen mangelnder moralischer Befähigung, selbst bei geleistetem Rach.oeise über einigen Arbeitsverdienst oder Vermogensbesitz.

Die Exekution und Durchführung dieses Verehelichungsgesetzes sei nach den verschiedenen Zeiten auch eine verschiedene gewesen ; eine strengere Anwendung desselben sei im gegenwärtigen Zeitpunkte im Danton Luzern wegen der ausfallenden Vermehrung der Armenzahl und Armenunterstützung zur Rothwendigkeit geworden.

Von 1224 Heirathsgesuehen , welche in den letzt verflossenen 14 Jahren auf dem Rekurswege eingelangt, seien 875 abgewiesen worden ,

gleichwohl seien im Zeitraume von l 848 bis 185..) von den bewilligten 6162 Ehen bereits 316 dem Weisenamte versallen.

ll.

Bei Rekursbeschwerden über Eheoerweigerungen stehe den Bundesbehorden keine Kompetenz zu.

Die Frage , ob die von einem .Luzernerbürger nachgesuchte Verehr lichuug zu bewilligen sei oder nicht, sei eine rein kantonale, auch nur mit Rücksicht ans die kantonalen Gesetze ^u entscheiden.

Durch Konkordat vom 4. Juli 1820 werden die Vorschriften über Eingehung einer Ehe lediglich der Kantonsgesetzgebuug vorbehalten.

Die Bundesversassung von l 848 habe die Souveränetät der Kautone als Regel anerkannt (Art. 1 , 3 , 5 , 7) und zufolge Art. 6 der Uebergangsbestimmungen bestehe aueh obiges Konkordat noch gegeuwärtig in Kraft, so weit dasselbe nichts der Bundesverfassung Widersprechendes enthalte.

Das Bundesgesetz vom 3. Dezember 1850 stelle einfach den Grnudsatz der Rechtsgleichheit für die Mischehen fest, dass nämlich wegen Versehiedenheit der Konfession der Brautleute in keinem Kanton die Ehe verweigert werden konne.

Mit diesem Vorbehalt seien auch die bestehenden Ehegesetze der Kautone fortan anerkannt worden.

Der Bundesrath selbst habe bis jetzt in den zahlreichen Rekursen die Gesetzgebung und Jurisdiktion der Kantone in Ehesachen anerkannt mit der einigen Beschränkung, dass Verehelichungen aus dem Grunde der verschiedenen Konfession der Brautleute nicht verhindert werden.

Die Bundesversammlung sei dieser Ausfassung ebensalls in einem

Spezialfalle beigetreten.

Aus dem Angeführten ergeben sich somit bezüglich der Kompetenz

der Bundesbehorden als allgemeine Regeln : ^Dass bei Brautleuten gleicher Konsession gegen den gesetzlichen Entscheid der zuständigen Kantonalbehorden eine Weiterziehung an die Bundes-

behorden in keiner Weise zulässig sei.

.l 76 Dass bei Verweigerung einer Mischehe nur dann an die Bundes^ehorden rekurrirt werden konne, wenn die Beschwerde dahin gehe, dass .eine Verhinderung aus den Grund der Konsessionsverschiedenheit erfolgt .oder dass andere Gründe nur vorgeschoben worden seien, um das BundesBesetz über die Mischehen zu umgehen.

Bei Beurtheilnng der Motive in einem der letztbezeichneten Fälle konne einzig in Betracht kommen, ob im Fragefall die betreffenden Kantonsgesetze eine gleiche Anwendung gefunden haben, wie bei Brantleuten gleicher Konfession.

Eine Verletzung oder Umgebung des Bnndesgesetzes über die Mischehen dürfe nicht präsnmirt, sondern es müsse dieselbe zur hinreichenden Ueber^engung dargethan werden.

Ueber die b u n d e s r ä t h l i e h e n G r u n d s a t z e im Entscheide des .Rekurses Bisang bemerkt die Regierung von Ludern .

Es habe der Bundesrath als oberste Voll^iehungsbehbrde bei Brüfnng kantonaler Entscheide sich auf den r i c h t e r l i c h e n , nicht aber aus den . g e s e t z g e b e r i s c h e n Standpunkt zu stellen.

Aus der Bflicht ..ur Fürsorge für gleid.mässige Vollziehung des Bundesgesetzes über die Mischehe.. dürse der Bundesrath für sich noch keineswegs den Anstrag und Beruf herleiten, ,,eiu einheitliches schweiferisches El..ereeht^ zu schaffen. Die nächste ^olge eines einheitlichen Mass-

stabes sür die paritätischen Ehen würde zu der grossten Rechtsungleichheit

in den Kantonen sühren, inden. ans Eh^.n von protestantischen oder kathotischen Brautleuten das kantonale Ehegesetz, dagegen auf die eheliehe Ver..undnng eines Brotestanten mit einer Katholikin m.d umgekehrt das bnndesräthliehe Eherecht angewendet werden n.usste.

Dem Bundesrathe stehe keine Berechtigung zu, die Kantone zu nothi^ e n , ihre Entscheide aus andere als ihre eigenen Gesetze zu gründen , ^osern diese nichts ^en Bundesgesetzen Widersprechendes enthatten.

Wenn der Bundesrath den Grundsatz ausstelle. dass haudlungssähigen, wohlbeleumdeten, arbeitstüchtigen , mit gehorigem Verdienst versehenen Bersonen die Ehebewilligung nicht zu verweigern sei, so werde das Vorhandeusein dieser Requisite, namentlich der g e h o r i g e V e r d i e n s t in entsprechenden Ersparnissen si^ ma..ifeftireu müssen , und es dürse wohl angenommen werden, dass ein monatlicher Verdienst von l^ ^r., wovon sich noch Kost, Kleidung und Logis abgehen, und ein Kapital von einigen hundert ^ranken nicht hinreiche, eine ^amilie mit Raehkommen in Wohnung, Kleidung, Nahrung ^e. ordentlich zu unterhalten.

Wolle ma.. der Verarmung in den Kantonen ...^...hxanken setzen, fo sei die Beschränkung leichtsinniger Ehen nothweudig ; und wolle man die Kautoue dieser Mittel berauben, so solle mau sie auch d..r Bfl^ht zur Unterstützung entheben.

^ Schliesslich stellt die Regierung von Ludern das Gesuch :^,,Es mochte .,,die Bundesversammlung ihre Berufung als begründet erklären und folge.gichtig die rekurrirte Sehlussnahme des Bundesrathes vom 27,^3.0. September .,186l, sowohl in Dispositi als auch in ihren Motiven als im Wider,,spruche mit der durch die Bundesverfassung garantirten Kantonalsouve,,ränität ..usheben.^ .

., .

Jndem die Minorität der nationalräthlichen kommission steh die Ehre gibt, Jhnen den .Antrag zu stellen .

E s s e i d i e R e k u r s b e s c h w e r d e d e r Regierung d e s K a n t o n s L u z e r n als b e g r ü n d e t zu e r k l ä r e n , wird sie dazu von folgender Rechtsanschauung geleitet .

^ Den Kantonen steht das Recht des Erlasses und der Anwendung ihrer Besetze zu, dieses Recht findet seine ausdrückliche Gewährleistung .n ..lr.^. 1, 3, 5, 7 der Bundesverfassung. Dieses Recht wurde vom Bundesrathe aber au^.h immer anerkannt, indem ex bis anhin alle Rekurse wegen Verlegung der Gesetze abgewiesen hat, insofern eine Verletzung einer Kautons- oder der Bundesverfassung nicht nachgewiesen werden konnte.

Der gleiche. Grnndsa^ wurde vom Bundesrathe und der Bundes.Versammlung auch in Matrimonial-Angelegenheiten festgehalten.

Einen eklatanten Beweis diessfalls liefert der Entscheid der Bundesversammlung im Rekurse des L. Vogel, Schmied, von Gipf, .Kantons Aargan, Katholik, der sieb mit einer resormirten Baierin verheiraten wollte.

.L. Vogel besass ein geschältes Jnventar von Fr. 654 mit einem täglichen Verdienste von 4 ^r., ^udem besass derselbe ein Zengniss guten Leumunds.

Gleichwohl wurde Vogel von den Behorden des Kautons Aargau mit seinem Heirathsgesuehe abgewiesen, weil er nicht die nothige Gewähr biete, dass er eine ^amilie werde ernähren konnen.

Jn diesem Spe^ialsalle sagte die ftänderäthliche Kommission in expr.

Verbis. Wenn er (Vogel) ans sächlichen Gründen kein Gehor gefunden habe . so konne darüber kein Rekurs au die Bundesbehorden ergriffen werden, weil diese keine verfafsungsmässige und gese^liche Kompetenzen l^esilze, über dergleieheu Besehwerden einzutreten.

Die Kommissiou beantragte Tagesordnung.

Der Autrag wurde ^om. Rational- und Ständerath ohne Diskussion angenommen, sub .^29. Juli 1858.

Die Intervention in die kantonale Gesetzgebung steht dem Bunde einzig in dem Geseze über die Mischehen ^u, und zwar einzig nach Art.. 1

des bezüglichen Gesezes, .^omit sestgestellt wird, dass die Eingehung einer

Ehe in ke.uem Kantone aus dem Grund dürfe gehindert wetdeu , weil die Brautleute verschiedenen christlichen Konfessionen angehoren.

Der Bundesversammlung steht somit allerdings das Recht zu, im Sinne des

Bundesbla^. Jahrg. .....v. Bd. 1.

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Ari. 1 die Motive zu untersuchen und zu beurteilen, ans denen die Bewilligung einer gemischten Ehe verweigert worden ist. immerhin dars aber eine Verlegung oder Umgehung des Bundesgesetze.^ nicht präsu.nirt werden, Andern es muss zur hinreichenden Ueberz...ugung dargethan werden. Und nur da, wo eine Ehe aus ^rund der Verschiedenheit der Konfession .verweigert worden ist, steht den Bundesbehorden zn, die Cantone zur Ve.willigung der Ehe anzuhalten. E^ weitgehende Kompetenz räumt das ..Besetz über die Mischehen den Bnndesbehorde.. nicht ein. Diess lag aber anch gar nicht im Willen der Bundesversammlung bei Erlass des Gesezes.

Wie aus der bisherigen Anwendung des Gesetzes sichtlich hervorgeht, hatte man keine andere Absicht, als damit die Verehelichungen von Brautleuten verschiedener Konfessionen zu ermöglichen, keineswegs aber paritätische Ehen .in der Weise zu begünstige.., wie es im konkreten Rekurse der Fall wäre.

Wollte die Bundesversammlung bei Beurtheilung von Rekursen gemischter Brautleute sich aus den kantonalen Standpunkt stellen und das Ehegesuch aus materiellen Gründen bewilligen oder Abweisen, sich somit in das Säehliehe des Rekurses einlassen, so entstünde eine vollständige Rechtsungleichheit , da für paritätische Brautleute ein besseres Recht geschaffen würde als für solche, die der gleichen Konsession angehoren, indem für Erstere noch eine dritte Rekursinstanz entstünde, die sieh jedenfalls einer mildern Recht.^.nschaunng zu erfreuen hätte, während Brautleute, die der gleichen Konfession angehoren und denen eine Besehwerdeführung an die Bnndesbehorden nicht zukommt, der weit strengern Beurtheilung der Kantonalbehorden überantwortet bleiben.

Eine derartige Rechtsgleichheit wäre aber eine Abnormität in dex Bundesgesetzgebung und geradezu im Widerspreche mit Art. 4 der Bundes.verfassung, und gewiss aber auch einer der empfindlichsten Eingriffe in die Souveränitätsreehte der Kantone.

Aus ^lrt. 3 des Mischehegesetzes kann unmoglieh, wie ....s versucht .werden will, die Berechtigung hergeleitet werden, zu untersuchen und zu beurtheilen, ob die Ehe aus materiellen Gründen ^zu bewilligen ^oder zu verweigern sei.

Arl^ 3 des bezüglichen Gesezes ist den. Art. 1 untergeordnet und

bestimmt einzig, dass die Bewilligung zur Kopulation durch eine geistliche

oder weltliche Behorde ausgestellt werden müsse, ans den Fall, dass keine gesetzliehen Hindernisse bestehen. ..Selbstverständlich konneu da nur solche Hindernisse verstanden sein, welche nicht im ...lrt. 1 des Mischehegesetzes enthalten, sondern der kantonalen Gesetzgebung vorbehalten sind.

Bei Behandlung des gegenwärtigen Rekurses kann demnach nur noch

die Frage in Beurtheilung fallen : Jst die Abweisung des Heirathsgesuches Bisang von den luzernerischen Behorden ans Grund der Reli^ionsversehiedenheit der Braut erfolgt, oder aber nicht .^ Diesssalls dars mit aller Gew.ssheit angenommen werden , dass bei .Beurtheilung des Gesuches Bisang die konsessionelle Verschiedenheit den

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Grund der Abweisung nicht gebildet hat. Derartige Motive finden wir weder in dem Abweisungsbesehlusse des Gemeinderathes Egolzw^l, noch in demjenigen des Regierungsrathes Luzern ; und aus dem Umstande , dass einer grossen Anzahl katholischer Brautleute, welche sogar weit günstigere Vermogensansweise als Bisang beibringen konnten , von den Behorden des .Kantons Luze..n die Ehe verweigert wurde, darf in Wahrheit angenommen werden, es haben auch keine g e h e i m e n konfessionellen Gründe bei der Abweisung Bisang mitgewirkt. Der Umstand, dass den Kantonen, resp. den Gemeinden derselben eine obligatorische Armenunterstützung zukommt, rechtfertigt es vollkommen, wenn die Gen.einde- und Kantonsbehorden in den Ehebewilligungen etwas ängstlich sind, und es darf schon aus diesem Grunde dieser Zweig der Gesetzgebung und deren gesetzliehe Anwendung den Souveränitätsrechten der Kantone nicht entzogen werden.

Da im Allgemeinen im Ehegesuch Bisang der Fall nicht vorhanden ist, wo das Bundesgesetz über die Mischehen Anwendung finden dars, und auch keine tristigen materiellen Gründe die Aushebung des AbweisungsBeschlusses der Regierung von Luzern rechtfertigen, finden die Unterzeich..

neten den Rekurs des Regierungsrathes von Luzexn als begründet, und beantragen die Aushebung des bundesräthliehen Bescheides.

Bern, den 12. Januar 1863.

Die Minorität der nationalräthlichen Kommission .

A. B.iieler.

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Bericht der Minorität der nationalräthlichen Kommission über den Rekurs der Regierung von Luzern gegen den Beschluß des Bundesrathes in der Sache des Anton Bisang von Egolzwyl. (Vom l2. Januar l863.)

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21.01.1863

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172-179

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