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21.064 Botschaft zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (Verlängerung der Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise) vom 3. November 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (Verlängerung der Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise).

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2021

M 21.3459

Covid-19. Beiträge des Bundes an die finanziellen Lücken im öffentlichen Verkehr auch für das Jahr 2021 (N 3.6.21 KVF-N S 15.6.21)

2021

M 21.3460

Milderung der pandemiebedingten Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr im Jahr 2021 (N 3.6.21 KVF-N S 15.6.21)

2021

M 21.3593

Covid-19. Beiträge des Bundes an die finanziellen Lücken im öffentlichen Verkehr auch für das Jahr 2021 (S 15.6.21 KVF-S)

2021

M 21.3594

Milderung der pandemiebedingten Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr im Jahr 2021 (S 15.6.21 KVF-S)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. November 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-3602

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Übersicht Die Folgen der Covid-19-Pandemie wirken sich auch 2021 auf den öffentlichen Verkehr (öV) aus. Dieser bekommt infolge der geringeren Passagierzahlen weiterhin starke Auswirkungen zu spüren. Entsprechend dem Auftrag des Parlaments schlägt der Bundesrat deshalb vor, die Geltungsdauer bestimmter Massnahmen zu verlängern, die das dringliche Bundesgesetz vom 25. September 2020 über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise nur für das Jahr 2020 vorgesehen hatte.

Ausgangslage 2021 haben die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus und der Entscheid des Bundesrates, die Homeoffice-Pflicht dort einzuführen, wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich ist, massive Auswirkungen auf den öV gehabt. Die Nachfrage nach Angeboten des öV ging stark zurück, da nach Möglichkeit im Homeoffice gearbeitet werden sollte und touristische Reisen einen ebenfalls grossen Rückgang verzeichneten. Die Folge sind Ertragsausfälle im Personenverkehr, insbesondere im regionalen Personenverkehr, im Ortsverkehr sowie im touristischen Verkehr.

Einige Massnahmen, die im dringlichen Bundesgesetz vom 25. September 2020 über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise (Gesetz vom 25. September 2020) enthalten sind, basierten auf der Annahme, dass die Covid-19Krise sich nur schwach auf das Jahr 2021 auswirken würde. Dass zur Jahreswende 2020/2021 eine so starke zweite Welle auftreten könnte, damit hatte man nicht gerechnet.

Inhalt der Vorlage Die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) und des Ständerates (KVF-S) beauftragten den Bundesrat mit den jeweils gleichlautenden Motionen 21.3459 KVF-N und 21.3593 KVF-S «Covid-19. Beiträge des Bundes an die finanziellen Lücken im öffentlichen Verkehr auch für das Jahr 2021» sowie 21.3460 KVF-N und 21.3594 KVF-S «Milderung der pandemiebedingten Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr im Jahr 2021», einen Gesetzesentwurf vorzulegen.

Zur Erfüllung dieser Motionen schlägt der Bundesrat vor, die Geltungsdauer bestimmter Massnahmen, die im Gesetz vom 25. September 2020 beschlossen worden waren, auf das Jahr 2021 auszudehnen, damit der öV und der Schienengüterverkehr ihre systemrelevanten Aufgaben weiterhin wahrnehmen und sich gemäss der Nachfrage entwickeln können.

Der Bundesrat sieht es aufgrund des
Vernehmlassungsergebnisses und gemäss seinem Beschluss vom 1. September 2021, dem Parlament eine Verlängerung der Geltungsdauer einiger Bestimmungen des Bundesgesetz vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung des Covid-19-Epidemie zu beantragen, als gerechtfertigt an, in Abweichung von den grundsätzlichen Finanzierungskompetenzen die Unterstützungsmassnahmen auch für

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den Ortsverkehr und den touristischen Verkehr für das Jahr 2021 ein letztes Mal beizubehalten. Er will damit verhindern, dass die betreffenden Unternehmen in eine schwierige finanzielle Situation geraten.

Der Erlassentwurf sieht für die verschiedenen Sparten folgende Massnahmen vor: ­

Regionaler Personenverkehr: Defizitdeckung im Jahr 2022 durch einen einmaligen Beitrag an die Transportunternehmen (TU), basierend auf der Jahresrechnung 2021. Der Beitrag wird anteilig durch Bund und Kantone finanziert, und zwar gemäss den heutigen prozentualen Beteiligungen von Bund und Kantonen. Die TU sollen sich im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit an den Kosten beteiligen.

­

Ortsverkehr: Verlängerung bis Ende 2021 der rechtlichen Grundlagen, die es dem Bund erlauben, für den Ortsverkehr Abgeltungen zum Ausgleich der Verluste infolge der Covid-19-Krise zu entrichten. Der Anteil des Bundes beträgt einen Drittel der krisenbedingten finanziellen Verluste. Die Abgeltung erfolgt auf der Basis des für 2020 verabschiedeten Modells der Linienerfolgsrechnungen der Unternehmen.

­

Touristischer Verkehr: Verlängerung der rechtlichen Grundlagen vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021, die es dem Bund erlauben, sich an der Finanzierung touristischer Angebote zu beteiligen. Wie im Gesetz vom 25. September 2020 setzt die finanzielle Unterstützung des Bundes voraus, dass der Kanton das Angebot unterstützt. Die Finanzhilfe des Bundes beläuft sich auf höchstens 80 Prozent des Beitrags des Kantons. Die Unterstützung ist auf die touristischen Angebote von Unternehmen beschränkt, die über eine Personenbeförderungskonzession oder eine kantonale Bewilligung zum Betrieb von Seilbahnen verfügen.

­

Schienengüterverkehr: Die Gewährung einer finanziellen Unterstützung in Höhe von 25 Millionen Franken zur Deckung von Ertragsausfällen aufgrund der Covid-19-Krise im Jahr 2021 erfordert an sich keine neue Rechtsgrundlage. Die mit dieser Unterstützung verbundene Ausweitung des Verbots der Dividendenzahlung auf das Geschäftsjahr 2022 soll jedoch im Gütertransportgesetz verankert werden.

­

Fernverkehr: Wie in der Botschaft zum Gesetz vom 25. September 2020 ausgeführt, erachtet es der Bundesrat nicht als notwendig, der SBB direkte Unterstützung zu gewähren, um die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf ihre Ergebnisse im Fernverkehr zu kompensieren. Eine departementsübergreifende Arbeitsgruppe prüft jedoch, welche Massnahmen zu treffen sind, um eine nachhaltige Finanzierung der SBB sicherzustellen.

Die zusätzlichen Mittel für den Schienengüterverkehr im Umfang von 25 Millionen hat der Bundesrat bereits mit der Botschaft über den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 beantragt. Die Mittel für den regionalen Personenverkehr (150 Mio.), den Ortsverkehr (50 Mio.) und touristischen Verkehr (15 Mio.) wurden mit einer Nachmeldung zum Voranschlag 2022 beantragt. Die Unterstützungsmassnahmen für den regionalen Personenverkehr im Jahr 2021 wurden bereits vom Parlament bewilligt und in den Voranschlag 2021 eingestellt. Diese Mittel werden nun aber erst 2022 ausbezahlt, weshalb deren Verwendung im Jahr 2022 nochmals beantragt wird.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Am 25. September 2020 hat das Parlament das dringliche Bundesgesetz über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise1 (Gesetz vom 25. September 2020) verabschiedet und auf den folgenden Tag in Kraft gesetzt. Dieses Gesetz erlaubt für das Jahr 2020 temporäre Unterstützungsmassnahmen für den regionalen Personenverkehr (RPV), den Ortsverkehr, den touristischen Verkehr, den Autoverlad sowie die Finanzierung der Bahninfrastruktur. Da die Covid-19-Krise länger andauert, als in den parlamentarischen Debatten angenommen, wird auch für das Jahr 2021 ein Unterstützungsbedarf für den öffentlichen Verkehr (öV) und den Schienengüterverkehr spürbar. Die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der beiden Kammern (KVF-N bzw. KVF-S) haben je zwei Motionen eingereicht, um Lösungen zur Fortsetzung der Unterstützung des öV und des Schienengüterverkehrs im Jahr 2021 zu finden.

In Bezug auf den RPV, den Autoverlad und den Schienengüterverkehr bietet das Gesetz vom 25. September 2020 bereits eine ausreichende rechtliche Grundlage für die Unterstützung der öV-Unternehmen im Jahr 2021. In den Bereichen Ortsverkehr und touristischer Verkehr besteht für 2021 aber noch Handlungsbedarf. Die Motionen verlangen zudem eine Prüfung potenzieller Massnahmen zur Unterstützung des Fernverkehrs, eines bisher von den Bundesbeiträgen ausgenommenen Bereichs.

Der Bahnverkehr zählt zum Rückgrat der Mobilität in der Schweiz. Gemessen an den zurückgelegten Kilometern beträgt sein Anteil 28 Prozent. Er trägt damit wesentlich zur Grundversorgung mit Mobilität in der Schweiz bei. Diese Grundversorgung ist auch in Krisensituationen aufrechtzuerhalten. Damit wird sichergestellt, dass Erwerbstätige der systemrelevanten Branchen, wie beispielsweise Angestellte von Spitälern, Lebensmittelläden oder Logistikunternehmen, ihre Arbeitsplätze weiterhin wie gewohnt erreichen können und die Dienstleistungen weiterhin anbieten können. Auch während einer Epidemie oder Pandemie muss die Grundversorgung sichergestellt bleiben. Der Bahnverkehr ist ein wichtiger Dienstleister, damit sich die Menschen bewegen können, etwa um sich zu versorgen oder sich in ärztliche Behandlung zu begeben.

Die erwerbstätige Bevölkerung hat ihren Anteil geleistet und ist der Massnahme des Bundesrates gefolgt, wenn immer möglich im Homeoffice zu arbeiten. Wegen
der vielen Beschränkungen in verschiedenen Bereichen hat die Bevölkerung auch in der Freizeit darauf verzichtet, mit dem öV zu ihren Freizeitaktivitäten zu fahren. Da das vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfohlene «Social Distancing» im öV nicht immer eingehalten werden konnte, ist es möglich, dass sich das in der Benutzung des öV niederschlägt. Mit dem Wegbleiben der Fahrgäste sind Einnahmen für die Transportunternehmen (TU) weggebrochen.

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Die Kosten der TU bestehen zu einem guten Teil aus fixen Kosten. Insbesondere im Schienenverkehr fallen die hohen Kosten des Rollmaterials und der Bahnanlagen (v. a. Abschreibungen) auch dann an, wenn die Züge stillstehen. Damit stehen die TU vor der Situation, dass einerseits hohe Fixkosten unabhängig vom Betrieb anfallen und andererseits die Grundversorgung auch aufrechterhalten werden musste, als die Nachfrage stark zurückgegangen war. Diese Konstellation führt unweigerlich zu beträchtlichen nicht gedeckten Kosten.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Nachfrage nur langsam wieder normalisiert und sich erst nach einer gewissen Zeit wieder auf dem Vorkrisenniveau einpendeln wird. Laut Prognosen der Branche dürfte das Vorkrisenniveau bei den Passagierzahlen und den Einnahmen erst 2024 wieder erreicht werden.

1.1.1

Massnahmen aus dem Gesetz vom 25. September 2020

Mit der Verabschiedung des Gesetzes vom 25. September 2020 hat das Parlament die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um Massnahmen zur finanziellen Unterstützung einzuführen, damit der öV und der Schienengüterverkehr ihre tragenden Aufgaben auch in Zukunft erfüllen und sich nachfragegerecht weiterentwickeln können. Die verabschiedeten Massnahmen sollen den RPV, den Ortsverkehr, den touristischen Verkehr, den Autoverlad sowie die Finanzierung der Bahninfrastruktur unterstützen. Für den RPV wurde für die Jahre 2020 und 2021 ein Kredit von 290 Millionen Franken gewährt. Mit diesem Kredit können die Covid-19-bedingten Verluste des Jahres 2020 rückwirkend und pro Linie gedeckt werden, nachdem die nach Artikel 36 Absatz 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 20092 (PBG) gebildete zweckgebundene Spezialreserve aufgelöst worden ist. Für 2021 war vorgesehen, die Angebotsvereinbarungen anzupassen, um die TU nach diesem Einnahmenrückgang unterstützen zu können. Im Ortsverkehr wird mit 150 Millionen Franken ein Drittel der 2020 verzeichneten Defizite auf den Linien des Ortsverkehrs auf der Grundlage der Linienerfolgsrechnungen gedeckt. Der touristische Verkehr erhält vom Bund einen Beitrag von 25 Millionen Franken zur Kompensation der Covid-19-bedingten Ertragsausfälle in der Periode vom 1. März bis 30. September 2020, und zwar in der Höhe von 80 Prozent des Beitrags des Kantons und sofern diese Ausfälle nach Abzug aller Reserven den in den Geschäftsjahren 2017­2019 erzielten Reingewinn des Unternehmens übersteigen und ein Kanton touristische Angebote von TU mit einer Personenbeförderungskonzession oder einer kantonalen Bewilligung zum Betrieb von Seilbahnen unterstützt. Für die Autoverladeangebote wird den betreffenden TU ein Kredit von 4,1 Millionen Franken für die Mitfinanzierung des Bundes für die Jahre 2020 (rückwirkende Defizitdeckung) und 2021 bereitgestellt (Abgeltung der vorgesehenen ungedeckten Kosten). Im Schienengüterverkehr erlaubt es ein Kredit von 70 Millionen, den Güterbinnenverkehr 2021 mit 40 Millionen Franken, die Rollende Landstrasse mit 10 Millionen Franken und die Abgeltungen für den nicht begleiteten alpenquerenden kombinierten Verkehr mit 20 Millionen Franken zu un-

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terstützen. Die Bahninfrastruktur wird mit Massnahmen unterstützt, die vom Bahninfrastrukturfonds (BIF) finanziert werden. Der BIF profitiert von einer Erhöhung der Einlage aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA. Ausserdem hat er sich 2020 für zusätzliche 150 Millionen Franken verschuldet. Die Rückzahlungspflicht für Vorschüsse aus dem früheren FinöV-Fonds wurde für 2020 aufgehoben.

So können kurzfristige Beschränkungen für den Substanzerhalt und den Ausbau des Bahnnetzes vermieden werden.

Ausreichende Massnahmen für 2021 Die rechtlichen Grundlagen für eine Unterstützung des RPV, des Autoverlads, des Güterverkehrs sowie der Bahninfrastruktur sind im Gesetz vom 25. September 2020 definiert. In diesen Bereichen sind Massnahmen nach den üblichen Verfahren möglich. Für den RPV wird jedoch vorgeschlagen, das Verfahren der Defizitdeckung auf das Jahr 2021 auszudehnen: So können die Verfahren stark vereinfacht und die administrative Arbeit erleichtert werden, und es besteht insbesondere hinsichtlich der Verwendung der verbleibenden Reserven eine grössere Transparenz.

Für 2021 zu definierende Massnahmen Die Massnahmen des Gesetzes vom 25. September 2020, die den Ortsverkehr und den touristischen Verkehr betreffen, gelten nur für 2020. Um die Unterstützungsmassnahmen für diese beiden Sparten auf das Jahr 2021 ein letztes Mal auszudehnen, müsste die geltende Gesetzgebung angepasst werden. Der Bundesrat anerkennt, dass auch 2021 eine finanzielle Unterstützung des Ortsverkehrs durch die Besteller (Kantone und Gemeinden) grundsätzlich angezeigt ist. Er tritt auf die Forderungen der Kantone und des Parlaments ein, auch 2021 von den Finanzierungskompetenzen abzuweichen und damit eine erneute Bundesunterstützung des Ortsverkehrs zu ermöglichen. Gleichzeitig hält der Bundesrat explizit fest, dass 2021 letztmals Beiträge des Bundes an den Ortsverkehr und den touristischen Verkehr bezahlt werden, auch wenn es noch länger dauern sollte, bis sich die Mobilitätsnachfrage wieder vollständig erholt. Kantone und Gemeinden müssen ab 2022 ihre Finanzierungsverantwortung wieder selbst wahrnehmen.

Die vom Parlament im Jahr 2020 beschlossenen finanziellen Mittel für den Güterverkehr werden nicht ausreichen, um bei den TU des Schienengüterverkehrs die direkt auf die Covid-19-Krise zurückzuführenden finanziellen
Einbussen zu kompensieren.

Der direkt auf die Krise zurückzuführende anhaltende Nachfragerückgang im schweizerischen Binnen-, Import- und Exportverkehr liegt im ersten Halbjahr 2021 noch immer 12 Prozent unter den Budgetwerten der Vorkrisenzeit. Demgegenüber konnte sich der alpenquerende unbegleitete kombinierte Verkehr vom Covid-19-bedingten Verkehrsrückgang erholen, weshalb für dieses Segment für 2021 keine zusätzlichen Mittel notwendig sind. Um eine finanzielle Unterstützung für den schweizerischen Binnen-, Import- und Exportverkehr auch im Jahr 2021 sicherzustellen, beantragt der Bundesrat dem Parlament mit der Botschaft über den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 vom 17. September 2021 einen Nachtragskredit über 25 Millionen.

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Der Bundesrat erachtet es nicht als notwendig, der SBB direkte Unterstützung zu gewähren, um die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf ihre Ergebnisse im Fernverkehr zu kompensieren. Eine departementsübergreifende Arbeitsgruppe wird jedoch prüfen, welche Massnahmen zu treffen sind, um eine nachhaltige Finanzierung der SBB sicherzustellen.

1.1.2

Notwendigkeit von Massnahmen zur finanziellen Unterstützung für 2021

Trotz der kurzfristigen Massnahmen, der Übergangsfinanzierungen und der Massnahmen, die im Gesetz vom 25. September 2020 verabschiedet wurden, sind den TU im öV sowie im Schienengüterverkehr infolge der massiven Ertragsausfälle Defizite entstanden. Dies ist mit Kapitalverzehr verbunden und führt dazu, dass die wirtschaftliche Basis für die zukünftige Leistungserbringung infrage gestellt wird. Den TU, die ausschliesslich bestellte Verkehrsangebote erbringen, ist es verboten, Gewinne in Offerten für die kommenden Jahre zu planen. Sie können die Unterbilanzen deshalb langfristig nicht beseitigen.

Mit der Verabschiedung der am 26. Mai 2021 eingereichten Motionen 21.3459 KVF-N und 21.3593 KVF-S «Covid-19. Beiträge des Bundes an die finanziellen Lücken im öffentlichen Verkehr auch für das Jahr 2021» hat das Parlament den Bundesrat aufgefordert, eine Revision des PBG zu unterbreiten, die es einerseits erlaubt, die Regeln des Gesetzes vom 25. September 2020 auf das Jahr 2021 auszudehnen, und andererseits eine spezifische Lösung für den Fernverkehr vorschlägt.

Mit der Verabschiedung der ebenfalls am 26. Mai 2021 eingereichten Motionen 21.3460 KVF-N und 21.3594 KVF-S «Milderung der pandemiebedingten Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr im Jahr 2021» hat das Parlament den Bundesrat aufgefordert, einen Nachtragskredit zu beantragen, um die Unternehmen des Schienengüterverkehrs im Jahr 2021 finanziell zu unterstützen. Das Gesetz vom 25. September 2020 liefert die rechtlichen Grundlagen für eine Unterstützung, die auch 2021 andauert. Bei einer Annahme der Motion muss das Gesetz somit nicht geändert werden. Ein Nachtragskredit zur Unterstützung der Unternehmen, die im Schienengüterverkehr tätig sind, wird dem Parlament gemäss dem ordentlichen Verfahren für einen Nachtrag zum Voranschlag 2021 unterbreitet. Das Dividendenverbot soll, wie im Ortsverkehr und touristischen Verkehr, auch für den Güterverkehr auf das Geschäftsjahr 2022 ausgedehnt werden. Zu diesem Zweck ist eine Änderung von Artikel 9a des Gütertransportgesetzes vom 25. September 20153 (GüTG) erforderlich.

Aufgrund der Forderungen des Parlaments und der Kantone, schlägt der Bundesrat vor, von den grundsätzlichen Finanzierungskompetenzen für den Ortsverkehr und den touristischen Verkehr auch im Jahr 2021 abzuweichen. Der Bundesrat hält jedoch
explizit fest, dass 2021 letztmals Beiträge des Bundes an den Ortsverkehr und den touristischen Verkehr bezahlt werden, auch wenn sich die Mobilitätsnachfrage über 2021 hinaus noch nicht vollständig erholt hat. Als Antwort auf die Forderungen des Parlaments schlägt er mit dieser Botschaft die notwendigen Gesetzesanpassungen in Form 3

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einer Änderung des PBG vor, um die im Gesetz vom 25. September 2020 beschlossenen Massnahmen 2021 fortzuführen.

1.2

Gewählte Lösung

Die Unterstützungsmassnahmen für die TU für das Jahr 2021 müssen auf den Massnahmen des Gesetzes vom 25. September 2020 basieren. Es handelt sich um eine Verlängerung der Geltungsdauer der Artikel, damit die Sparten, für die 2020 eine gesetzliche Grundlage vorhanden war, auch 2021 unterstützt werden können. Beim Fernverkehr wird, unabhängig von dieser Botschaft, durch eine interdepartementale Arbeitsgruppe geprüft, welche Massnahmen zu treffen sind, um eine nachhaltige Finanzierung der SBB sicherzustellen.

Für 2021 wird eine Änderung des PBG angestrebt, um eine rechtliche Grundlage für die Unterstützung von Ortsverkehr und touristischem Verkehr zu schaffen und die Grundlage für den RPV anzupassen. Im Rahmen dieser Botschaft wird auch des GüTG anpasst, um das Verbot der Dividendenausschüttung auf das Geschäftsjahr 2022 auszudehnen.

Die vom Bundesrat gewählte Lösung beachtet folgende Prinzipien: ­

Die gesetzlichen Grundlagen der für 2020 im Gesetz vom 25. September 2020 beschlossenen Massnahmen sollen im Rahmen des Möglichen auch für 2021 gelten.

­

Die Zuständigkeit der verschiedenen Staatsebenen wird so weit als möglich eingehalten.

­

Die geänderten Gesetzesbestimmungen gelten nicht unbefristet, sondern im Sinne einer Überbrückungsmassnahme zur Bewältigung der Covid-19-Krise im öV bis zum 31. Dezember 2022.

Grundsatz und Handlungsrichtlinie der verschiedenen Massnahmen ist es, eine gesetzliche Grundlage für den Fall zu schaffen, dass das Parlament beschliessen sollte, die TU für die durch die Covid-19-Krise verursachten Mehrkosten und Mindererträge zu entschädigen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmen ist hierbei möglichst zu berücksichtigen.

Unterstützung des regionalen Personenverkehrs mit einer Defizitdeckung für 2021 Das Parlament hat beschlossen, für die Unterstützung des RPV für 2020 und 2021 einen Kredit in der Höhe von 290 Millionen Franken zu gewähren. Rund 90 Millionen Franken werden für die Defizitdeckung im Jahr 2020 verwendet. Die Unternehmen im RPV benötigen auch 2021 Unterstützung: Laut den jüngsten Prognosen der öVBranchenorganisation Alliance SwissPass dürften sich die Mindererträge im Jahr 2021 in ähnlichen Grössenordnungen wie 2020 bewegen. Allerdings werden die Unternehmen 2021 über keine oder nur noch wenige Reserven verfügen, da diese bereits im Rahmen der Defizitdeckung 2020 aufgebraucht wurden.

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Das Gesetz vom 25. September 2020 sieht eine Defizitdeckung nur für das Jahr 2020 vor. Für 2021 war geplant, die bereits unterzeichneten Angebotsvereinbarungen anzupassen, um einer Neuberechnung der Einnahmen (aber nicht der Kosten) Rechnung zu tragen, und anschliessend einen Nachtrag zu den Angebotsvereinbarungen abzuschliessen. Diese Lösung für 2021 stellt für die TU und die Besteller einen zusätzlichen Aufwand dar und impliziert eine äusserst komplexe administrative Umsetzung.

Der Bundesrat vertritt die Ansicht, dass eine Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen zum RPV sinnvoll wäre, damit eine Lösung wie 2020 für die Unterstützung der TU im Jahr 2021 umgesetzt werden kann. Das bedingt folglich eine Änderung des PBG, die es erlaubt, die Defizite der TU im RPV auch 2021 zu decken.

Unterstützung des Ortsverkehrs mit Bundesbeiträgen für 2021 Die Auswirkungen der Covid-19-Krise treffen auch den Ortsverkehr und die weiteren bestellten Angebote. Die finanziellen Verluste der TU im Jahr 2020 betragen gemäss Schätzungen des Bundes rund 450 Millionen Franken. Aus diesem Grund wurden für den Ortsverkehr Unterstützungsmassnahmen beschlossen. Der Unterstützungsbedarf für den Ortsverkehr scheint letztlich deutlich geringer zu sein, als für 2020 geplant.

Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Reserven der TU die Verluste infolge des Einbruchs der Passagierzahlen im Ortsverkehr decken konnten und damit eine Explosion des Unterstützungsbedarfs verhindert haben.

Aufgrund der überdurchschnittlich klaren Stellungnahmen in der Vernehmlassung ist der Bundesrat bereit, für 2021 auch für den Ortsverkehr eine Unterstützung durch den Bund zu beantragen. Der Bundesrat kann nachvollziehen, dass die Reserven der TU teilweise oder vollständig aufgelöst wurden und dass dadurch gewisse TU in eine unbequeme finanzielle Lage kommen könnten. Aus diesem Grund anerkennt der Bundesrat, dass eine finanzielle Unterstützung des Ortsverkehrs durch die Besteller grundsätzlich auch 2021 angezeigt ist. Für eine Mitfinanzierung durch den Bund soll eine erneute Ausnahmeregelung bei den Finanzierungskompetenzen des Ortsverkehrs ein weiteres Jahr gelten. Damit der Bund den Ortsverkehr gemäss dem Modell für 2020 auch 2021 unterstützen kann, muss das PBG angepasst werden.

Der touristische Verkehr soll vom Bund 2021 unterstützt
werden Der touristische Verkehr gehört nicht zur Grundversorgung, sondern ist Teil des Tourismusmarktes und kann ­ wenn der politische Wille besteht ­ in diesem Rahmen unterstützt werden. Der Bundesrat begrüsst es jedoch, wenn über spezifische tarifliche Anreize im öV der Tourismus in der Schweiz begünstigt wird und damit die finanziellen Folgen für die Tourismusregionen und -betriebe gemildert werden. Die Kompetenz für entsprechende Massnahmen liegt bei der Alliance SwissPass und den TU, welche die Tarifhoheit innehaben. Wie beim Ortsverkehr, hat der Bundesrat entschieden, auf die in der Vernehmlassung geäusserten Forderungen einzutreten und damit die Bundesunterstützung zur Bewältigung der Covid-19-Krise auf das Jahr 2021 auszuweiten. Damit der Bund den touristischen Verkehr gemäss dem Modell für 2020 auch 2021 unterstützen kann, muss das PBG angepasst werden.

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Lösungen für den Fernverkehr sind nicht Teil dieser Vorlage Wie in der Botschaft vom 12. August 20204 zum Gesetz vom 25. September 2020 dargelegt, erachtet es der Bundesrat nicht als notwendig, den Fernverkehr, und daher die SBB, direkt zu unterstützen, um die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf die Ergebnisse im Fernverkehr zu kompensieren.

Doch die Krise hat der SBB zugesetzt. Aus diesem Grund prüft eine departementsübergreifende Arbeitsgruppe, welche Massnahmen notwendig sind, um eine nachhaltige Finanzierung der SBB sicherzustellen. Basierend auf den Erkenntnissen dieser Arbeitsgruppe wird der Bundesrat losgelöst von dieser Vorlage über mögliche Massnahmen entscheiden.

Die Unterstützung des Schienengüterverkehrs im Jahr 2021 erfordert keine Gesetzesänderung Laut Artikel 9a GüTG kann der Bund in den Jahren 2020 und 2021 den betreffenden TU Beiträge zur Milderung der Auswirkungen der Covid-19-Krise auf den Schienengüterverkehr entrichten. Daher braucht es keine Anpassung der Massnahmen und keine zusätzlichen Massnahmen für den Schienengüterverkehr.

Als Antwort auf die Motionen 21.3460 KVF-N und 21.3594 KVF-S beantragt der Bundesrat mit der Botschaft über den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 vom 17. September 2021 beim Parlament ein Nachtragskredit von 25 Millionen Franken, um die Beiträge zugunsten des vom Covid-19-bedingten Verkehrsrückgang betroffenen Binnen-, Import- und Export-Schienengüterverkehrs weiterhin ausrichten zu können.

Für TU, die von diesem Nachtragskredit profitieren, soll das Verbot der Dividendenausschüttung ebenfalls auf das Geschäftsjahr 2022 ausgedehnt werden. Dafür ist eine Änderung des GüTG notwendig.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 20205 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 20206 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

Die vorgeschlagene Änderung des PBG ergibt sich jedoch aus der Dringlichkeit, die negativen Folgen der Covid-19-Krise für den öV und den Schienengüterverkehr weiterhin zu mildern.

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1.4

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit der Botschaft werden die Aufträge aus den Motionen 21.3459 KVF-N und 21.3593 KVF-S «Covid-19. Beiträge des Bundes an die finanziellen Lücken im öffentlichen Verkehr auch für das Jahr 2021» sowie 21.3460 KVF-N und 21.3594 KVF-S «Milderung der pandemiebedingten Auswirkungen auf den Schienengüterverkehr im Jahr 2021» erfüllt.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1

Allgemeine Vorverfahren

Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung sollen Massnahmen fortgeführt werden, die mit dem Gesetz vom 25. September 2020 beschlossen worden sind. Der Ergebnisbericht zum Vernehmlassungsverfahren, das zum Gesetz vom 25. September 2020 geführt hat, kann im Internet konsultiert werden.7

2.2

Vernehmlassungsverfahren

Die Vernehmlassung zu dieser Vorlage wurde vom 11. August bis zum 7. September 2021 durchgeführt. Zur Stellungnahme eingeladen waren die Kantone, die politischen Parteien, die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die Dachverbände der Wirtschaft und weitere interessierte Kreise. Insgesamt sind 50 Stellungnahmen eingegangen. Der vollständige Ergebnisbericht kann im Internet konsultiert werden.8 Im Rahmen der Vernehmlassung wurden die mit der Vorlage gesetzten Ziele sowie die vorgeschlagenen Massnahmen mehrheitlich begrüsst. Die Kantone sowie die Akteure der öV-Branche und des Schienengüterverkehrs begrüssen in grosser Mehrheit die Inhalte der Vorlage. Die Massnahmen für den RPV (Defizitdeckung im Jahr 2021) und den Güterverkehr werden fast einstimmig befürwortet. Sie werden auch von den politischen Parteien (mit Ausnahme der SVP) und von einer Vielzahl von Verbänden und Organisationen akzeptiert.

Im Schienengüterverkehr werden die in der Vernehmlassung vorgeschlagenen 25 Millionen Franken zur Unterstützung der Unternehmen im Jahr 2021 von den meisten betroffenen Kantonen und Organisationen gut aufgenommen. Diese zusätzlichen Mittel hat der Bundesrat am 17. September 2021 mit der Botschaft zum Nachtrag II zum Voranschlag 2021 beantragt. Zudem wurde es aus der Vernehmlassung beantragt, die Rollende Landstrasse in die Botschaft einzubeziehen und einen Zusatzkredit von

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Der Ergebnisbericht ist abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2020 > UVEK.

Der Ergebnisbericht ist abrufbar unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2021 > UVEK.

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5 Millionen Franken zu ihrer Unterstützung zu gewähren. Auch die Preiserhöhungen von SBB Cargo wurden thematisiert.

Der in der Vernehmlassung unterbreitete Vorschlag des Bundesrates, keine Massnahmen für den Ortsverkehr und den touristischen Verkehr vorzusehen, wird weder von den Kantonen, Organisationen und Verbänden noch von den politischen Parteien unterstützt. Die meisten Rückmeldungen aus der Vernehmlassung sprechen sich dafür aus, dass der Bundesrat die Massnahmen für diese beiden Sparten nach dem Vorbild von 2020 im Jahr 2021 weiterführt. Einige Teilnehmende fordern zudem, dass diese beiden Sektoren noch mehr unterstützt werden. Fast alle Vernehmlassungsteilnehmenden fordern eine Verlängerung der Bundesunterstützung für den touristischen Verkehr bis zum 31. Dezember 2021 (statt gemäss Vernehmlassungsvorlage bis zum 30. Juni 2021). Zudem fordern die Kantone, dass die Bestimmung sowohl für touristische Angebote gilt, welche von einem Kanton und/oder einer Gemeinde Unterstützung erhalten, als auch für solche, die von einem Kanton und/oder einer Gemeinde bestellt werden. Darüber hinaus fordern die im Tourismusverkehr tätigen Organisationen und Verbände, dass die Reserven der Unternehmen nicht vollständig, sondern nur zu einem Drittel aufgelöst werden müssen.

Für den Fernverkehr wird die Formulierung des Bundesrates allgemein begrüsst. Beantragt wurden die Beteiligung der BLS an der interdepartementalen Arbeitsgruppe für eine nachhaltige Finanzierung für die Fernverkehrsunternehmen sowie eine baldige neue Vernehmlassung mit Massnahmen für den Fernverkehr.

2.3

Anpassungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf

Aufgrund der im Vernehmlassungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen, die mehrheitlich die vorgeschlagenen Massnahmen für den RPV, den Schienengüterverkehr und den Fernverkehr unterstützen, ergibt sich für diese Sektoren kein Anpassungsbedarf bei den vorgeschlagenen Massnahmen.

Gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf enthält die Gesetzesvorlage jedoch neu Massnahmen des Bundes im Bereich des Ortsverkehrs und des touristischen Verkehrs.

Die Rückmeldungen aus der Vernehmlassung zeigten, dass der Ortsverkehr und der touristische Verkehr von den Vernehmlassungsteilnehmenden stark unterstützt wird.

Der Bundesrat schlägt deshalb als Unterstützungsmassnahmen für diese beiden Sektoren die Massnahmen vor, die er in der Vernehmlassungsvorlage für den Fall eines Unterstützungsbedarfs formuliert hatte.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Gemäss Artikel 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)9 sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen der 9

ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 1.

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EU-Mitgliedstaaten, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, grundsätzlich verboten, sofern sie zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt führen können. Das EU-Recht sieht bestimmte Ausnahmen vom Beihilfenverbot vor. Staatliche Beihilfen sind in der EU mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie der Beseitigung von Schäden dienen, die durch Naturkatastrophen oder sonstige aussergewöhnliche Ereignisse entstanden sind (Art. 107 Abs. 2 Bst. b AEUV). Die Europäische Kommission hat die Covid-19-Pandemie als ein aussergewöhnliches Ereignis im Sinne dieser Bestimmung bezeichnet. Staatliche Beihilfen können zudem als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn sie ausgerichtet werden zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats (Art. 107 Abs. 3 Bst. b AEUV). Während der Covid-19-Pandemie gelten in der EU zudem besondere Voraussetzungen für die Gewährung staatlicher Beihilfen, auch für den Bereich des Landverkehrs.

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Die mit dieser Botschaft unterbreitete Vorlage zur Verlängerung der Unterstützung des öV in der Covid-19-Krise schafft eine gesetzliche Grundlage für die Fortführung von Massnahmen für den RPV, den Ortsverkehr, den touristischen Verkehr und den Schienengüterverkehr im Jahr 2021.

Die vom Bundesrat beantragten Regelungen sind alle befristet und verstehen sich als Überbrückungsregelungen.

4.1.1

Regionaler Personenverkehr

Ein nachhaltiger Schaden für das flächendeckende Angebot im schweizerischen RPV kann nur abgewendet werden, wenn zusätzlich zu den bestehenden Finanzierungen Bund und Kantone die im Zuge der Covid-19-Krise entstandenen Mehrkosten und Ertragsausfälle decken. Eine erhöhte Finanzierung durch die Nutzerinnen und Nutzer ist kurzfristig ausgeschlossen, da dies massive Preissteigerungen zur Folge hätte, was die Attraktivität des Angebots im RPV in Mitleidenschaft ziehen würde. Die für den RPV beantragte Lösung richtet sich nach dem Grundsatz, dass den TU die durch die Covid-19-Krise verursachten Mehrkosten, beispielsweise für die Schutzkonzepte, sowie die sich aus der krisenbedingt tieferen Nachfrage ergebenden Ertragsausfälle abgegolten werden. Dabei ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der TU gebührend zu berücksichtigen.

Zu den Angeboten des RPV zählen neben regionalen Bahn- und Buslinien auch S-Bahnen in den Agglomerationen sowie Luft- und Standseilbahnen, die Ortschaften mit einer ständigen Wohnbevölkerung von mehr als 100 Personen erschliessen. Diese Angebote werden gemäss den geltenden rechtlichen Bestimmungen von Bund und

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Kantonen gemeinsam bestellt und finanziert, wobei der Bund schweizweit im Durchschnitt 50 Prozent der Abgeltungen finanziert. Der Anteil der Kantone variiert je nach Bevölkerungsdichte zwischen 20 (Graubünden) und 73 Prozent (Basel-Stadt).

Die TU unterbreiten unter «normalen» Umständen den Bestellern jeweils für zwei Fahrplanjahre Offerten, worin sie pro Linie die geplanten Kosten sowie die erwarteten Erträge aus Fahrausweisverkäufen ausweisen. Die Besteller gelten die ungedeckten Kosten gemäss Offerten ab. Ergeben sich Abweichungen von den geplanten Kosten und Erträgen, so sind allfällige Überschüsse gemäss Artikel 36 PBG mindestens zu zwei Dritteln in einer zweckgebundenen Reserve zu verbuchen. Diese sogenannte Spezialreserve darf nur für die Deckung zukünftiger Verluste verwendet werden.

Das Parlament hat für die Unterstützung des RPV für die Jahre 2020 und 2021 einen Kredit in der Höhe von 290 Millionen Franken gewährt. Rund 90 Millionen Franken werden für die Defizitdeckung 2020 eingesetzt, und zwar für ungefähr 30 der 115 im RPV insgesamt tätigen TU. Dass vom Kredit 2020 nur ein so geringer Anteil verwendet wurde, ist hauptsächlich auf die Auflösung der Reserven der Unternehmen zurückzuführen.

Die Botschaft will keine neuen Massnahmen für den RPV schaffen, sondern die bestehende Lösung auf 2021 ausdehnen. Mit dem restlichen Kredit sollten die Defizite im RPV auch für 2021 gedeckt werden können, sofern die Unternehmen ihre Bestrebungen zum Kostenmanagement und zur Identifizierung von Einsparpotenzial fortsetzen. Diese Lösung bedingt jedoch eine Änderung von Artikel 28 Absatz 1bis PBG, damit die Möglichkeit der Defizitdeckung nach der Lösung für 2020 auch 2021 besteht.

Damit der momentan für 2021 vorgesehene Kredit im Jahr 2022 verwendet werden kann, werden die Mittel im Umfang von 150 Millionen mit einer Nachmeldung zum Voranschlag 2022 beantragt. Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass die für das Jahr 2021 bewilligten Mittel ausreichend sind. Sollten die mit der Nachmeldung zum Voranschlag 2022 beantragten Mittel im Umfang von 150 Millionen nicht ausreichen, wäre ein Nachtragskredit zu beantragen.

Als begleitende Massnahme wird den TU für die Geschäftsjahre 2020, 2021 und neu 2022 die Zahlung von Dividenden untersagt.

Defizitdeckung Der Bundesrat beantragt, für den Abschluss des
Jahres 2021 dieselbe Methode anzuwenden wie beim Abschluss 2020. Konkret wird das Defizit 2021 gemäss folgendem Verfahren gedeckt: Im Jahr 2022 reichen die TU dem Bund ihre Jahresrechnungen für das Jahr 2021 ein. Es ist davon auszugehen, dass die meisten TU trotz Massnahmen zur Kostenreduktion hohe Verluste ausweisen werden.

Die Spartenrechnung 2021 mit den effektiven Ergebnissen des RPV dient als Bemessungsgrundlage für die Unterstützung. Dabei ist die nach Artikel 36 PBG gebildete restliche zweckgebundene Spezialreserve (die für das Geschäftsjahr 2020 teilweise oder ganz aufgelöst wurde) zur Deckung der Verluste aufzulösen.

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Bund und Kantone müssen die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, um die 2021 entstehenden Verluste abzudecken. Dazu muss Artikel 28 Absatz 1bis PBG vorübergehend um Bestimmungen ergänzt werden, die dem Bund und den Kantonen die Defizitdeckung für das Geschäftsjahr 2021 erlauben.

Wie 2020 werden die Abgeltungen werden zu je 50 Prozent von Bund und Kantonen getragen. Was den Anteil des Bundes betrifft, scheint der bereitgestellte Kredit von 290 Millionen Franken zu reichen, sodass keine weitere Finanzierung beantragt werden muss.

Begründung für die Verlängerung der Defizitdeckung für 2021 Das Gesetz vom 25. September 2020 sieht eine Defizitdeckung für die Unternehmen des RPV nur für 2020 vor. Für 2021 waren eine Anpassung der Angebotsvereinbarungen mit den TU sowie eine Neuberechnung der Einnahmen (aber nicht der Kosten) geplant. Ende April 2021 haben die Unternehmen den Bestellern die überarbeiteten Angebote für 2021 unterbreitet. Allerdings hat die Eidgenössische Steuerverwaltung Mitte Mai 2021 angekündigt, dass bei den Covid-19-Unterstützungsbeiträgen keine Vorsteuerkürzung vorzunehmen sei. Im Einzelfall muss also jeweils geprüft werden, ob es sich um einen Covid-19-Unterstützungsbeitrag oder eine sonstige Subvention handelt. Daher müssten diese Angebote von den TU erneut überarbeitet werden, was zu noch höheren Kosten für die Unternehmen des RPV führt.

Der Vorteil dieser Lösung der Defizitdeckung für 2021 besteht in der Vereinfachung der administrativen Arbeiten im Vergleich zur Überarbeitung der Angebote und einer Neuberechnung der Erträge. Auch bei der Anrechnung der bestehenden Spezialreserven, die nach Artikel 36 PBG gebildet wurden, gibt es Vorteile. Denn es besteht eine explizite rechtliche Grundlage für die Anrechnung im Rahmen der Defizitdeckung, was bei der Anpassung der Angebote nicht der Fall ist und bereits zu Diskussionen mit den verschiedenen TU geführt hat. Andererseits muss ­ wie bereits im Jahr 2020 ­ ausgeschlossen werden, dass mit der Defizitdeckung auch die nicht Covid-19-bedingten Mehrkosten sowie besondere Faktoren wie Sonderabschreibungen gedeckt werden.

Ausgestaltung Die Umsetzung dieser Massnahme deckt sich mit derjenigen nach der Annahme des Gesetzes vom 25. September 2020.

4.1.2

Ortsverkehr

Die Bestellung und die Abgeltung des Ortsverkehrs liegen in der Hoheit von Kantonen und Gemeinden. Bei Problemen im Ortsverkehr obliegt es ebenfalls den Bestellern, die nötige Unterstützung zu bieten. Es liegt nicht in der Verantwortung des Bundes, in den Ortsverkehr einzugreifen und Subventionen zu gewähren. Der Bundesrat tritt auf die Forderungen aus dem Parlament und der Kantone ein, auch für das Jahr 2021 ein letztes Mal von den Finanzierungskompetenzen abzuweichen. Der Bundesrat schlägt daher für 2021 Unterstützungsmassnahmen für den Ortsverkehr vor.

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Die für 2020 definierten Regeln für den Ortsverkehr werden demnach auf das Jahr 2021 ausgedehnt. Für 2020 wurden 150 Millionen zur Unterstützung des Ortsverkehrs gewährt. Wird die Defizitdeckung im Ortsverkehr um ein weiteres Jahr verlängert, werden für 2020 und 2021 zusammen voraussichtlich nicht mehr als 150 Millionen benötigt. Für 2021 wird ein Bedarf vom 50 Millionen erwartet. Dieser wird mit einer Nachmeldung zum Voranschlag 2022 beantragt. Sollten diese Mittel nicht ausreichen, wäre ein Nachtrag zu beantragen. Es handelt sich hierbei um die letzten finanziellen Beiträge des Bundes an den Ortsverkehr, unabhängig von der Entwicklung der Mobilitätsnachfrage nach 2021. Kantone und Gemeinden müssen ab 2022 ihre Finanzverantwortung wieder selbst wahrnehmen.

Eine Defizitdeckung wäre damit für 2021 sichergestellt. Allerdings braucht es dazu eine Anpassung von Artikel 28 Absatz 2bis PBG. Als begleitende Massnahme wird aber den TU, die Finanzhilfen des Bundes erhalten, neu auch für das Geschäftsjahr 2022 die Zahlung von Dividenden untersagt.

4.1.3

Touristischer Verkehr

Bereits 2020 vertrat der Bundesrat die Haltung, dass es nicht in seiner Kompetenz liegt, touristische Angebote zu unterstützen. Der touristische Verkehr gehört nicht zur Grundversorgung, sondern ist Teil des Tourismusmarktes, für den der Bund nicht zuständig ist. In Anbetracht der klaren Ergebnisse aus der Vernehmlassung ist der Bundesrat jetzt wie beim Ortsverkehr bereit, bei den Finanzierungskompetenzen eine Ausnahmeregelung für das Jahr 2021 vorzuschlagen.

Die 2020 für einen Teil des Jahres definierten Regeln für den touristischen Verkehr werden auf den Zeitraum vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2021 ausgedehnt. Die Unterstützungsbedingungen bleiben die gleichen wie im Jahr 2020. Die Unterstützungsdauer wird von ursprünglich 7 Monaten (1. März bis zum 30. September 2020) auf 16 Monate verlängert.

Für Unterstützungsmassnahmen im Jahr 2020 wurde ein Kredit vom 25 Millionen bewilligt. Wird der touristische Verkehr um ein weiteres Jahr unterstützt, werden für 2020 und 2021 zusammen voraussichtlich nicht mehr als 25 Millionen benötigt.

Für 2021 wird ein maximaler Bedarf von 15 Millionen erwartet. Dieser wird mit einer Nachmeldung zum Voranschlag 2022 beantragt. Sollten diese Mittel nicht ausreichen, wäre ein Nachtrag zu beantragen. Nach 2021 sind explizit keine weiteren Beiträge des Bundes an den touristischen Verkehr vorgesehen, auch wenn es noch länger dauern sollte bis sich die Nachfrage wieder erholt hat.

Für eine Unterstützung in Form von Bundesbeiträgen für den touristischen Verkehr im Jahr 2021 ist eine Änderung von Artikel 28a PBG erforderlich. Als begleitende Massnahme wird aber den TU, die Finanzhilfen des Bundes erhalten, neu auch für das Geschäftsjahr 2022 die Zahlung von Dividenden untersagt.

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4.1.4

Schienengüterverkehr

Um den Schienengüterverkehr zu unterstützen, ist keine Änderung der Rechtsgrundlage erforderlich. Für die weitere Unterstützung des Schienengüterverkehrs im Jahr 2021 hat der Bundesrat mit der Botschaft über den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 vom 17. September 2021 beim Parlament ein Nachtragskredit von 25 Millionen Franken beantragt. Die Höhe des Kredits basiert auf einer durch die betroffenen Unternehmen erfolgten Schätzung der Covid-19-bedingten Ertragsausfälle für das Jahr 2021. Die tatsächliche Höhe der finanziellen Unterstützung der Unternehmen wird dann im Einzelfall geprüft.

Zudem wird ­ entsprechend der Logik bei den anderen in der Vorlage vorgesehenen Massnahmen ­ mit einer Anpassung von Artikel 9a GüTG das Dividendenverbot auf das Geschäftsjahr 2022 ausgedehnt.

4.2

Umsetzungsfragen

Die im Rahmen dieser Botschaft unterbreiteten Gesetzesanpassungen sind abschliessend. Es ergeben sich daraus keine Anpassungen in Ausführungsverordnungen.

5

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1

Personenbeförderungsgesetz

Art. 28 Abs. 1bis und 2bis Mit Absatz 1bis wird das Vorgehen zum Ausgleich der infolge der Covid-19-Krise erlittenen finanziellen Verluste der Unternehmen im RPV festgelegt. Basis für die zusätzliche Abgeltung im Jahr 2021 sind die linienweisen Ergebnisse der Jahresrechnungen der Unternehmen. Die Auflösung der Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge abgeltungsberechtigter Verkehrssparten ist hierfür Voraussetzung.

Mit Absatz 2bis wird das Vorgehen zum Ausgleich der infolge der Covid-19-Krise erlittenen finanziellen Verluste der Unternehmen im Ortsverkehr festgelegt. Basis für die zusätzliche Abgeltung im Jahr 2021 sind die linienweisen Ergebnisse der Jahresrechnungen der Unternehmen.

Art. 28a

Touristische Angebote

In Artikel 28a wird das Vorgehen zum Ausgleich der infolge der Covid-19-Krise erlittenen finanziellen Ausfälle der Unternehmen im touristischen Verkehr festgelegt.

Die zusätzliche Abgeltung für 2021 wird gewährt, sofern alle Reserven der Geschäftsjahre 2017­2020 aufgelöst wurden. Mit Absatz 2 Buchstabe b wird sichergestellt, dass Unternehmen, die Finanzhilfen des Bundes erhalten, für die Geschäftsjahre 2020, 2021 und neu 2022 keine Dividenden ausschütten.

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Art. 36 Abs. 2bis Mit dieser Bestimmung wird sichergestellt, dass Unternehmen, die von den einmaligen Subventionen für den RPV (Art. 28 Abs. 1bis), für den Ortsverkehr (Art. 28 Abs. 2bis) oder für beide Sparten profitieren, für die Geschäftsjahre 2020, 2021 und neu 2022 keine Dividenden ausschütten. Gegenüber dem Wortlaut des Gesetzes vom 25. September 2020 wird eine redaktionelle Bereinigung vorgenommen, die den Willen des Gesetzgebers klar zum Ausdruck bringt.

5.2

Gütertransportgesetz

Art. 9a Abs. 2 Bst. b Mit Buchstabe b wird sichergestellt, dass Unternehmen, die Finanzhilfen des Bundes erhalten, für die Geschäftsjahre 2020, 2021 und neu 2022 keine Dividenden ausschütten.

6

Auswirkungen

Die mit dieser Botschaft beantragten Massnahmen sind mit einer Verteilung der finanziellen Lasten auf Bund, Kantone und Gemeinden verbunden. Einen Teil der Verluste tragen die TU selber, indem sie Reserven auflösen müssen und keine die Dividenden ausschütten dürften.

In den Bereichen RPV, Ortsverkehr und touristischer Verkehr erfolgt eine Lastenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden.

6.1

Auswirkungen auf den Bund

Für den Bund entstehen voraussichtlich 240 Millionen Franken Mehrausgaben: Die Mittel für den RPV im Jahr 2021 (150 Mio.) waren bereits im Voranschlag 2021 eingestellt. Diese werden nun neu beantragt, da die Zahlung der nachträglichen Defizitdeckung für das Jahr 2021 erst 2022 erfolgen wird.

Für die Verlängerung der Bundesunterstützung im Ortsverkehr um ein Jahr werden 50 Millionen benötigt.

Für den touristischen Verkehr werden für die einjährige Verlängerung der Bundesunterstützung 15 Millionen budgetiert.

Für den Schienengüterverkehr werden zusätzliche Mittel in der Höhe von 25 Millionen Franken beantragt. Diese wurden bereits mit der Botschaft vom 17. September 2021 über den Nachtrag II zum Voranschlag 2021 beantragt.

Die Massnahmen für den Fernverkehr werden losgelöst vom dieser Botschaft behandelt.

Es ergeben sich keine personellen Auswirkungen.

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6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Bestellung und Abgeltung des RPV sind eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen. Die Kantone tragen daher die Defizitdeckung im RPV anteilig mit.

Würden keine finanziellen Unterstützungsmassnahmen im öV und im Schienengüterverkehr getroffen, so würde dies die Unternehmen finanziell stark treffen. Da die TU im bestellten Verkehr keine Möglichkeit haben, eine Unterbilanz mit zukünftigen Gewinnen aufzufangen, könnten viele Unternehmen substanziell gefährdet werden, was die zukünftige Leistungserbringung gefährdet. Gerade im Busbereich erbringen viele private kleine und mittlere Unternehmen (KMU) die Leistungen im öV. Sie wären aufgrund der Überschuldung zu Sanierungsmassnahmen gezwungen. Sind die Eigentümer nicht bereit, die finanziellen Mittel aufzubringen, so bleibt nur der Konkurs des Unternehmens. Die Mitfinanzierung des touristischen Verkehrs durch den Bund kommt schwergewichtig Angeboten in den Berggebieten zugute.

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Mit den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen die Auswirkungen der Covid-19-Krise auf die Volkswirtschaft im öV abgefedert werden. Im Bereich des RPV und des Schienengüterverkehrs soll die Deckung der Defizite die Aufrechterhaltung der gesamtwirtschaftlich günstigen Angebote sicherstellen. Was die Unterstützung des Ortsverkehrs und des touristischen Verkehrs betrifft, so kommt die Beihilfe den betreffenden Unternehmen zugute; die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft sind jedoch geringer. Die finanzielle Unterstützung des Schienengüterverkehrs dient der Sicherung eines nachhaltigen Bahnangebots für die Versorgung der Schweiz mit Gütern.

6.4

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Unterstützungsmassnahmen stellen sicher, dass der öffentliche Verkehr sowie der Schienengüterverkehr ihre positiven Wirkungen auf Umwelt und Klima weiterhin beibehalten können.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Die beantragten Gesetzesänderungen stützen sich auf die jeweiligen Kompetenzbestimmungen der Bundesverfassung (BV)10.

10

SR 101

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7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die mit dieser Botschaft beantragten Unterstützungsmassnahmen sind mit dem EU-Recht und den bilateralen Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der EU vereinbar. Im Rahmen des Abkommens vom 21. Juni 199911 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse (Landverkehrsabkommen) hat sich die Schweiz nicht zur Übernahme des EU-Beihilfenrechts im Schienenverkehr verpflichtet. Die unter Ziffer 3 ausgeführten Vorgaben des EU-Rechts sind daher für die Schweiz grundsätzlich nicht verbindlich. Im Bereich des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs finden sich im Landverkehrsabkommen nur vereinzelte Bestimmungen, die die staatlichen Beihilfen betreffen. Diese sind vorliegend nicht tangiert. Die Botschaft steht daher den internationalen Verpflichtungen der Schweiz nicht entgegen.

7.3

Erlassform

Mit Beschluss vom 25. September 2020 hat die Bundesversammlung das Bundesgesetz über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise erlassen.

Dieser dringlich erklärte und am folgenden Tag in Kraft getretene Mantelerlass änderte unter anderem mehrere Artikel des Personenbeförderungsgesetzes; diese Änderungen sind bis zum 31. Dezember 2021 in Kraft.

Das vorliegende Massnahmenpaket zielt darauf ab, die befristeten Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes (konkret Art. 28 Abs. 1bis und 2bis, Art. 28a sowie Art. 36 Abs. 2bis) und des Gütertransportgesetzes (konkret Art. 9a Abs. 2) auf den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022 zu verlängern. Dieser neue Änderungserlass soll wiederum für dringlich erklärt werden. Die lediglich auf ein Jahr befristete Änderung untersteht nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe b BV nicht dem fakultativen Referendum.

Die Bundesversammlung muss die Verlängerung der Massnahmen in der Wintersession 2021 im Sonderverfahren behandeln, wenn sie deren Inkrafttreten per 1. Januar 2022 sicherstellen will.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Ausgabenbremse dient der Disziplinierung des Bundes in seiner Ausgabenpolitik.

Die Bundesversammlung muss Ausgaben ab einer gewissen Höhe mit qualifiziertem Mehr beschliessen. Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV ist die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte erforderlich für Subventionsbe-

11

SR 0.740.72

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stimmungen sowie für Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen.

Von den in dieser Botschaft dargelegten Bestimmungen haben die Förderbestimmungen in Artikel 28 Absätze 1bis und 2bis PBG sowie in Artikel 28a PBG neue Ausgaben zur Folge. Diese Bestimmungen unterstehen deshalb der Ausgabenbremse.

7.5

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Bei der Aufteilung der finanziellen Lasten zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden wurde die fiskalische Äquivalenz im Rahmen der Verhältnismässigkeit berücksichtigt.

7.6

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die Umsetzung der Massnahmen erfolgt innerhalb bestehender oder neugeschaffener spezialgesetzlicher Bestimmungen. Die Vorgaben des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199012 werden eingehalten.

7.7

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Es sind keine Rechtsetzungsdelegationen an den Bundesrat vorgesehen.

7.8

Datenschutz

Die Botschaft berücksichtigt die Vorgaben der Datenschutzgesetzgebung.

12

SR 616.1

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