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21.079 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 17. November 2021

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2017

M 16.3902

Verbot von Knebelverträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie (S 6.3.17, Bischof; N 18.9.17)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. November 2021

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Guy Parmelin Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2021-3792

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Übersicht Mit der vorliegenden Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) soll die Motion 16.3902 Bischof umgesetzt werden. Die Vorlage erklärt Preisbindungsklauseln, insbesondere Preisparitätsklauseln, in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Plattformbetreibern gegenüber Beherbergungsbetrieben für unlauter. Die Rechtsfolge solch unlauterer Vertragsinhalte ist Nichtigkeit gemäss Artikel 20 des Obligationenrechts (OR). Die neue UWG-Bestimmung ist zivilrechtlicher Natur und beinhaltet keine strafrechtliche Sanktionierung.

Die vom Parlament überwiesene Motion 16.3902 «Verbot von Knebelverträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie» von Ständerat Pirmin Bischof vom 30. September 2016 verlangt vom Bundesrat, enge und weite Preisparitätsklauseln in Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Hotelbetrieben zu verbieten.

Die Geschäftsbeziehungen zwischen Plattformbetreibern und Beherbergungsbetrieben sind in Standardverträgen mit AGB geregelt, welche oft Preisbindungsklauseln enthalten. In solchen Klauseln werden die Beherbergungsbetriebe verpflichtet, auf keinem anderen Vertriebskanal günstigere Übernachtungspreise anzubieten (weite Preisparitätsklausel) oder zumindest auf ihrer eigenen Internetseite keinen tieferen Preis anzubieten als den auf der Online-Buchungsplattform angegebenen (enge Preisparitätsklausel).

Der vorgeschlagene neue Artikel 8a UWG erklärt solche Preisbindungsklauseln in AGB im Verhältnis zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben für unlauter. Die Unlauterkeit liegt darin, dass solche Klauseln die Preissetzungsfreiheit von Beherbergungsbetrieben einschränken, womit ein Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten der Beteiligten geschaffen wird. Die Unlauterkeit liegt also im widerrechtlichen Vertragsinhalt solcher AGB, was die Nichtigkeit nach Artikel 20 OR zur Folge hat.

Die neue Bestimmung ist zivilrechtlicher Natur. Durchgesetzt werden muss sie von den involvierten privaten Marktakteuren. Eine strafrechtliche Sanktionierung ist nicht vorgesehen.

Die Nachbarländer Frankreich, Italien und Österreich kennen ebenfalls ein gesetzliches Verbot von weiten und engen Preisparitätsklauseln im Verhältnis zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben. In Deutschland,
wo es zurzeit keine spezifische gesetzliche Regelung gibt, gelten aufgrund von Gerichtsurteilen sowohl die weiten als auch die engen Preisparitätsklauseln als kartellrechtswidrig.

Die durchgeführte Regulierungsfolgenabschätzung deutet darauf hin, dass mit dem vorgeschlagenen Verbot von Preisbindungsklauseln die Beherbergungsbetriebe lediglich rechtlich einen grösseren Handlungsspielraum hätten. Eine wesentliche Verbesserung ihrer Marktposition gegenüber den Online-Buchungsplattformen ist allerdings kaum zu erwarten.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Die Motion 16.3902 «Verbot von Knebelverträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie» von Ständerat Pirmin Bischof vom 30. September 2016 verlangt vom Bundesrat, enge und weite Preisparitätsklauseln in Verträgen zwischen OnlineBuchungsplattformen und Hotelbetrieben zu verbieten.

Bei engen Preisparitätsklauseln verpflichtet sich ein Beherbergungsbetrieb gegenüber einer Online-Buchungsplattform, auf der eigenen Internetseite keinen Preis anzubieten, der unter dem auf der Online-Buchungsplattform angebotenen Preis liegt.

Allerdings muss das betreffende Beherbergungsunternehmen nicht allen OnlineBuchungsplattformen denselben Preis einräumen, sondern darf zwischen diesen differenzieren.

Bei weiten Preisparitätsklauseln verpflichtet sich ein Beherbergungsbetrieb, auf keinem anderen Vertriebskanal tiefere Preise anzubieten als auf der Online-Plattform.

Insbesondere dürfen solche günstigeren Angebote weder am Telefon oder per E-Mail noch auf einer konkurrierenden Online-Buchungsplattform gemacht werden.

Auf Initiative von HotellerieSuisse eröffnete die Wettbewerbskommission (WEKO) im Dezember 2012 eine Untersuchung gegen die drei Online-Buchungsplattformen Booking.com, Expedia und HRS, unter anderem wegen Verdachts, dass Paritätsklauseln zwischen den Plattformen und den Hotels wettbewerbsbeschränkend wirken. Die WEKO hat mit dem Entscheid vom 19. Oktober 2015 die Verwendung von weiten Preisparitätsklauseln als Verstoss gegen das Kartellgesetz vom 6. Oktober 19951 (KG) beurteilt.2 Hingegen hat sie die Beurteilung von engen Preisparitätsklauseln im gleichen Entscheid ausdrücklich mit dem Verweis auf noch zu sammelnde Erfahrungen offengelassen.3 Gestützt auf das geltende KG könnten im Einzelfall bereits heute auch enge Preisparitätsklauseln von der WEKO und von den zuständigen Gerichten für unzulässig erklärt werden, sofern sie zu einer unzulässigen Beeinträchtigung des wirksamen Wettbewerbs führen.

Der Bundesrat hatte mit seiner Stellungnahme vom 16. November 2016 die Ablehnung der Motion Bischof beantragt und dies insbesondere mit den bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten zur Unterbindung von wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen von Preisparitätsklauseln begründet. In der Herbstsession 2017 hat der Nationalrat die Motion als Zweitrat überwiesen, nachdem der Ständerat diese bereits im Frühling 2017 angenommen hatte. Entsprechend ist der Bundesrat beauftragt, die

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SR 251 Verfügung WEKO vom 19. Oktober 2015 betreffend Online-Buchungsplattformen für Hotels, RPW 2016, S. 67 ff.; Jahresbericht 2015 der Wettbewerbskommission WEKO, S. 5.

Verfügung WEKO vom 19. Oktober 2015, RPW 2016, S. 67 ff. N 69.

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notwendigen Gesetzesänderungen vorzulegen, um Preisparitätsklauseln in Vertragsverhältnissen zwischen Online-Buchungsplattformen und Hotelbetrieben zu verbieten.

Zweck des verlangten Verbots von Preisparitätsklauseln ist gemäss der Motion, den Direktvertrieb von Beherbergungsunternehmen über die hoteleigenen Websites zu fördern und somit die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu stärken. Die Verwendung von Preisbindungsklauseln, insbesondere Preisparitätsklauseln, schränkt die Beherbergungsbetriebe in ihrer freien Preisgestaltung ein, indem diesen die Möglichkeit genommen wird, sich im Direktvertrieb vom Angebot auf den Online-Buchungsplattformen abzugrenzen. Zentrales Anliegen ist es, Preisbindungsklauseln in Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben zu verbieten.

Dieses Anliegen lässt sich am besten umsetzen, wenn Preisbindungsklauseln die Rechtsfolge der Nichtigkeit nach sich ziehen.

1.2

Online-Buchungsplattformen: Geschäftsmodell und Bedeutung

Online-Buchungsplattformen bereiten Angebote von Beherbergungsbetrieben standardisiert auf und bieten sie den Endkundinnen und Endkunden zentral auf ihrer Plattform zum Verkauf an. Dabei werden die Angaben des ursprünglichen Anbieters oftmals durch zusätzliche Informationen ergänzt. Eine zentrale Rolle spielen dabei Bewertungen früherer Kundinnen und Kunden. Wichtig ist, dass das für die Endkundin und den Endkunden relevante Angebot (inkl. Preis), wenige Ausnahmen vorbehalten, vom ursprünglichen Anbieter selbst festgelegt wird. Entscheidet sich eine Kundin oder ein Kunde für eine Buchung dieses Angebots über die Plattform, so erhält die Online-Buchungsplattform vom Beherbergungsbetrieb einen Teil des erzielten Verkaufspreises in Form einer Kommission.

Charakteristisch für diesen Markt sind hauptsächlich zwei Aspekte. Erstens ist die Kostenstruktur aus Sicht der Online-Buchungsplattformen von hohen Fixkosten und vergleichsweise tiefen variablen Kosten geprägt. Die Online-Buchungsplattformen wenden einen grossen Teil ihrer Ausgaben für den Aufbau und Betrieb der Website und der dahinterliegenden IT-Infrastruktur auf. Zweitens interagieren in diesem Geschäftsmodell die Online-Buchungsplattformen als Vermittler sowohl mit den Beherbergungsbetrieben als auch mit den Endkundinnen und Endkunden, weshalb von einem zweiseitigen Markt gesprochen wird. Solche Märkte weisen starke Netzwerkeffekte auf: Die Attraktivität einer Plattform für Endkundinnen und Endkunden und Beherbergungsunternehmen steigt mit der Zahl der darauf präsenten Akteure. Diese Charakteristiken können stark konzentrierte Märkte und die Entstehung natürlicher Monopole begünstigen, wodurch einzelne Online-Buchungsplattformen eine starke Position im Markt erlangen können.

Bei der Nutzung von Online-Buchungsplattformen profitieren die Endkundinnen und Endkunden insbesondere von der zentralen und einfach zugänglichen Übersicht über unterschiedliche Beherbergungsangebote. Zusammen mit dem System der Gästebewertungen und einem einheitlichen Bezahlsystem führt dies zu einer Reduktion der Such- und Transaktionskosten. Zudem kann die erhöhte Markttransparenz zu einem 4 / 22

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verstärkten Wettbewerb zwischen den Beherbergungsunternehmen und damit zu höherer Qualität und tieferen Preisen führen. Für diese Dienstleistungen bezahlt nicht die Endkundin oder der Endkunde direkt, sondern der Beherbergungsbetrieb mittels einer Kommissionsgebühr.

Für Beherbergungsunternehmen entscheidend ist die Reichweite der Online-Buchungsplattformen. Dadurch können Beherbergungsunternehmen, ohne weitere Marketingmassnahmen, speziell auch in fernen Märkten eine grosse Zahl zusätzlicher potenzieller Kundinnen und Kunden erreichen. Dies kann insbesondere für kleinere, unabhängige sowie neu am Markt auftretende Anbieter entscheidend sein, da diese oftmals nur über geringe Marketingmittel verfügen. Während die grosse Reichweite der Plattformen für die Beherbergungsunternehmen Vorteile in der Akquise neuer Kundinnen und Kunden bietet, stellt sie im Umgang mit bestehenden oder lokalen Kundinnen und Kunden einen potenziellen Nachteil dar. Für die Dienstleistungen der Online-Buchungsplattformen ist eine Kommission zu entrichten, welche etwa 12 bis 16 Prozent des Verkaufspreises beträgt.

Die Absatzstruktur von Logiernächten in der Schweiz wird trotz zunehmender Bedeutung von Online-Buchungsplattformen immer noch vom Direktvertrieb dominiert. Im Jahr 2018 wurden mehr als die Hälfte der Logiernächte direkt bei den Beherbergungsbetrieben gebucht. Der Vergleich mit dem Jahr 2013 zeigt aber, dass der Direktvertrieb über die Homepage des Beherbergungsbetriebs vom generellen Trend hin zu mehr Online-Buchungen praktisch nicht profitieren konnte. Trotz des Rückgangs der Bedeutung der Offline-Absatzkanäle stieg der Marktanteil von Buchungen über die Websites der Hotels zwischen 2013 und 2018 nur marginal an. Im Gegensatz dazu stieg während desselben Zeitraums der Marktanteil von Online-Buchungsplattformen markant an. Im Jahr 2018 wurde jede vierte Buchung über eine solche Plattform getätigt.

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass es sich bei den dargestellten Zahlen um eine Gesamtbetrachtung handelt. Die individuelle Abhängigkeit eines Betriebs hängt unter anderem wesentlich von der Gästestruktur ab. Bei einem in einer Nische positionierten Ferienhotel mit zahlreichen langjährigen Gästen und einem ansprechenden Online-Direktvertrieb spielen Plattformen tendenziell eine geringere Rolle als bei einem Stadthotel mit wenigen Stammgästen und vielen fremdsprachigen Kundinnen und Kunden aus dem Ausland.4

1.3

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Wie bereits beschrieben, begünstigen starke Netzwerkeffekte und die von Fixkosten geprägte Kostenstruktur stark konzentrierte Märkte und die Entstehung natürlicher Monopole von Online-Buchungsplattformen. Dies kann einen staatlichen Eingriff notwendig machen.

4

Die Darstellung des Geschäftsmodells in Ziff. 1.2 wurde aus der folgenden Studie übernommen: ECOPLAN, Regulierungsfolgenabschätzung zum Verbot von Preisparitätsklauseln im Vertragsverhältnis von Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsunternehmen, Schlussbericht vom 22.4.2020 (RFA ECOPLAN), S. 8­12.

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Mit dem bestehenden Kartellrecht verfügt die WEKO bereits heute über ein Instrument, um ökonomisch nicht gerechtfertigte Wettbewerbsabreden sowie die missbräuchliche Ausübung einer allfälligen marktbeherrschenden Stellung auch in diesem Markt zu unterbinden und gegebenenfalls zu sanktionieren. Basierend auf dem oben aufgeführten und weiterhin gültigen Entscheid der WEKO vom Oktober 2015 sind die weiten Paritätsklauseln von Booking.com, Expedia und HRS kartellrechtlich verboten. Die Zulässigkeit von engen Paritätsklauseln mit dem Kartellrecht wurde von der WEKO in den Erwägungen mit dem Verweis auf noch zu sammelnde Erfahrungen explizit offengelassen.5 Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Verhältnisses von Beherbergungsbetrieben und Online-Buchungsplattformen könnte zudem nach Inkrafttreten der Bestimmungen zur relativen Marktmacht (vgl. Art. 7 E-KG), die das Parlament im Rahmen seines indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel ­ Für faire Preise (Fair-Preis-Initiative)»6 beschlossen hat, wesentlich beeinflusst werden.7 Die genauen Auswirkungen einer solchen Regelung sind im Moment nicht absehbar. Grundsätzlich bietet das Konzept der relativen Marktmacht aber neue Möglichkeiten zur kartellrechtlichen Unterbindung verschiedener Verhaltensweisen in Fällen von bilateralen Vertragsverhältnissen mit Abhängigkeitssituationen. Unabhängig davon ist ebenfalls ein Verfahren des Preisüberwachers gegen Booking.com hängig, das zu einer Senkung der Kommissionssätze führen könnte.8 Gemäss der von ECOPLAN erstellten vertieften Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) liegen aus wettbewerbsökonomischer Sicht keine eindeutigen Gründe für ein zusätzliches, spezifisches Verbot von Preisparitätsklauseln vor. Ein vollständiger Verzicht auf eine gesetzliche Verbotsregelung stellt deshalb auch eine Alternative dar.

Ursprünglich hatte der Bundesrat vorgesehen, die Motion 16.3902 Bischof im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags zur «Fair-Preis-Initiative» umzusetzen und mit der entsprechenden Botschaft abzuschreiben. Aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse9 verzichtete der Bundesrat aber darauf.10 Daher hat die Umsetzung der Motion als eigenständiges Geschäft eine zeitliche Verzögerung erfahren.

Nach diesem Entscheid des Bundesrates stellte sich die Frage, wo das vom Parlament verlangte Verbot von Preisparitätsklauseln zu verankern sei. Die Motion selbst äussert sich nicht zu dieser Frage. Folgende Varianten sind geprüft worden: die Schaffung

5 6 7 8 9

10

Verfügung WEKO vom 19. Oktober 2015, RPW 2016, S. 67 ff., N 69.

Geschäftsnummer 19.037; www.bk.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis469.html.

Vgl. den verabschiedeten indirekten Gegenvorschlag (BBl 2021 757) zur Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel ­ Für faire Preis (Fair-Preis-Initiative)» und zum indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates, 19.037.

RPW 2017, S. 725.

Ergebnisbericht vom Mai 2019 betr. Vernehmlassung zur Änderung des KG: Indirekter Gegenvorschlag zur Eidgenössischen Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel ­ Für faire Preis (Fair-Preis-Initiative)» und Umsetzung der Motion Bischof (16.3902), S. 15; www.seco.admin.ch/seco/de/home/wirtschaftslage---wirtschaftspolitik/ wirtschaftspolitik/Wettbewerbspolitik/kartellgesetz/Fair-Preis-Initiative.html.

Siehe Botschaft vom 29. Mai 2019 zur Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel ­ Für faire Preis (Fair-Preis-Initiative)» und zum indirekten Gegenvorschlag (Änderung des Kartellgesetzes), BBl 2019 4877 S. 4938.

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eines Spezialgesetzes, eine Regelung im KG, eine Regelung im Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 198511 (PüG), eine Regelung im Obligationenrecht12 (OR) oder eine Regelung im Bundesgesetz vom 19. Dezember 198613 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Der Vorteil eines Spezialgesetzes wäre, dass dieses exakt auf den zu regelnden Sachverhalt zugeschnitten werden könnte. Allerdings bedürfte es dazu auch einer Anspruchsberechtigungsordnung und eines Sanktionssystems. Damit verbunden ist die Gefahr einer überschiessenden Regulierung, die auch zu einer Fragmentierung der Rechtsordnung führen könnte.

Das KG bezweckt die Verhinderung von volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen (vgl.

Art. 1 KG). Es gilt grundsätzlich für sämtliche Branchen, sodass ihm branchenspezifische Regelungen (im vorliegenden Fall für die Hotellerie) fremd sind. Dabei verfolgt es stets einen wirkungsbasierten Ansatz und kennt keine Per-se-Verbote (mit Ausnahme der Beseitigung des Wettbewerbs). Ein generelles Verbot, welches unabhängig vom konkreten Einzelfall Geltung beansprucht, widerspricht daher der kartellrechtlichen Systematik. Auch wenn sich das KG nicht als Regelungsort für das vorliegende Verbot eignet, bedeutet dies nicht, dass es nicht weiterhin grundsätzlich auf Fälle von engen und weiten Preisparitätsklauseln (unabhängig von der betroffenen Branche) anwendbar wäre.

Das PüG kennt ebenfalls keine branchenspezifischen Regelungen, ferner keine Perse-Verbote. Zudem ist der Anknüpfungspunkt des PüG die Höhe des Preises. So ist zurzeit die Höhe der Kommissionspreise, welche der Plattformbetreiber Booking.com für die Vermittlungsdienste von Hotelbetrieben verlangt, Gegenstand eines formellen Verfahrens des Preisüberwachers.14 Zwar regelt das OR die Rechtsfolge eines Vertrags, der einen unmöglichen, widerrechtlichen oder gegen die guten Sitten verstossenden Inhalt hat: Ein solcher Vertrag ist nämlich nichtig (Art. 20 OR). Im vorliegenden Zusammenhang müsste jedoch vorerst statuiert werden, dass Preisparitätsklauseln im Verkehr zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben widerrechtlich sind. Eine solche Regelung im OR wäre systematisch fragwürdig: im Allgemeinen Teil des OR sachfremd, im Besonderen Teil des OR nur schwer platzierbar. Jedenfalls
bedarf zwingendes Privatrecht besonderer Rechtfertigung. Zudem sind branchenspezifische Regelungen im OR ein Fremdkörper.

Nach Ansicht des Bundesrates eignet sich daher das UWG trotz einiger Vorbehalte am ehesten, ein solches Verbot aufzunehmen. Im Rahmen der Vernehmlassung wurde vereinzelt vorgebracht, dass das UWG dafür das falsche Gefäss sei. Jedoch überwiegen insgesamt die Gründe, die für eine Verankerung im UWG sprechen: Das UWG verfügt über eine Anspruchsberechtigungsordnung sowie über ein funktionierendes zivilrechtliches Sanktionssystem (Art. 9­13a UWG). Im UWG lässt sich zudem die

11 12 13 14

SR 942.20 SR 220 SR 241 RPW 2017, S. 725.

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Nichtigkeit von Preisparitätsklauseln erreichen, wenn diese Klauseln als missbräuchliche AGB qualifiziert werden. Mit Artikel 8 UWG besteht denn auch bereits eine Bestimmung, welche die Verwendung missbräuchlicher AGB als unlauter erklärt.

1.4

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 29. Januar 202015 zur Legislaturplanung 2019­2023 noch im Bundesbeschluss vom 21. September 202016 über die Legislaturplanung 2019­2023 angekündigt.

Die vorgeschlagene Regelung tangiert weder die Finanzplanung noch die der Strategien des Bundesrates.

1.5

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Die unterbreitete Vorlage setzt die Motion 16.3902 Bischof um, weshalb ihre Abschreibung beantragt wird. Das Anliegen der Motion wird vollständig erfüllt, indem ein Verbot von Preisbindungsklauseln im UWG verankert wird.

2

Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vernehmlassungsvorlage

Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung ermächtigt, vom 11. November 2020 bis zum 26. Februar 2021 die Vernehmlassung zu einer Änderung des UWG durchzuführen. Der Vernehmlassungsentwurf sieht vor, dass ein Verbot von Preisbindungsklauseln mit einem neuen Artikel 8a im UWG verankert wird. Gemäss dieser Bestimmung handelt unlauter, «wer als Betreiber einer Online-Plattform zur Buchung von Beherbergungsdienstleistungen allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, welche die Preissetzung von Beherbergungsbetrieben durch Preisbindungsklauseln, namentlich Preisparitätsklauseln, einschränken».

2.2

Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Im Rahmen der Vernehmlassung gingen insgesamt 124 Stellungnahmen ein. Eine deutliche Mehrheit spricht sich für die Vorlage des Bundesrates aus. Alle 25 teilneh-

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menden Kantone, ausser Zürich, befürworten die Vorlage. Was die politischen Parteien anbetrifft, so unterstützen Die Mitte, die SP und die SVP die Vorlage. Die GLP und die FDP lehnen sie ab. Bei den teilnehmenden Verbänden überwiegen die Befürworter deutlich. Zahlreiche Beherbergungsbetriebe unterstützen die Vorlage, während sie von den beiden Buchungsplattformbetreibern Booking.com und Expedia abgelehnt wird.

Die Befürworter betonen, die Vorlage stelle die Wirtschaftsfreiheit der Beherbergungsbetriebe, insbesondere deren Preissetzungsfreiheit, sicher. Zudem würde die Wettbewerbsfähigkeit der Beherbergungsbetriebe gestärkt. Kritiker und Gegner der Vorlage argumentieren, es bestehe kein gesetzlicher Handlungsbedarf. Allfällige Missbräuche könnten mit bestehenden kartellrechtlichen Instrumenten bekämpft werden.

Verschiedene Teilnehmer fordern eine Regelung, die noch weiter geht: So beantragen die Kantone Graubünden und Waadt, die SP, Die Mitte, diverse Verbände sowie zahlreiche Beherbergungsbetriebe, dass auch sogenannte Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln (die Definitionen dieser Begriffe finden sich unter Ziff. 4.2) vom Verbot zu erfassen seien. Schliesslich fordern einige Teilnehmer, auch die indirekte Durchsetzung von Preisparitätsklauseln zu verbieten.

2.3

Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Insgesamt geniesst die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates eine grosse Unterstützung von Kantonen, Parteien, Verbänden und Beherbergungsbetrieben. Allerdings sind zahlreiche Vernehmlassungsteilnehmer der Ansicht, die Verbotsregelung im neuen Artikel 8a UWG gehe zu wenig weit. Der Bundesrat hält jedoch eine weitergehende Verbotsregelung für unverhältnismässig und hält inhaltlich am Vernehmlassungsentwurf fest. Die genauen Gründe dafür werden in Ziffer 4.2 dargelegt.

3

Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

Auf gesamteuropäischer Ebene unterliegen Preisbindungsklauseln, insbesondere Preisparitätsklauseln, von Plattformbetreibern gegenüber Beherbergungsbetrieben keiner spezifischen Regelung. Allerdings ist das europäische Kartellrecht auch auf Fälle von Preisparitätsklauseln anwendbar. Entsprechende Regelungen oder Entscheide auf europäischer Ebene wurden bisher allerdings nicht erlassen.

Aufgrund der fehlenden Spezialregelung auf europäischer Ebene wurden in verschiedenen Ländern auf nationaler Ebene eigene gesetzliche Regelungen zu diesem Thema erlassen. Frankreich, Italien, Österreich und Belgien schränken auf Gesetzesstufe die Verwendung von Preisparitätsklauseln gegenüber Beherbergungsbetrieben ein.

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Nachstehend werden die Regelungen insbesondere in unseren Nachbarländern kurz vorgestellt. Für Deutschland und Schweden, die keine spezifische Regelung kennen, wird die aktuelle Rechtsprechung dargelegt.

In Frankreich befindet sich seit August 2015 eine entsprechende Regelung im Tourismusgesetz (Art. L311-5-1)17. Danach ist der Hotelier jederzeit frei, seinen Kundinnen und Kunden Rabatte oder sonstige preisliche Vergünstigungen zu gewähren. Allfällige gegenteilige Klauseln in Verträgen mit Plattformbetreibern sind untersagt18 und können eine Geldstrafe von 30 000 bis 150 000 Euro nach sich ziehen.19 Auch Italien hat seit August 2017 den Online-Buchungsportalen per Gesetz die Anwendung von Preisparitätsklauseln verboten. Die entsprechende Änderung findet sich in Artikel 1 Unterabschnitt 166 des italienischen Wettbewerbsgesetzes.20 In Belgien wurde im Juli 2018 eigens ein neues Gesetz beschlossen, das die Verwendung von Preisparitätsklauseln verbietet.21 In Österreich existiert seit Januar 2017 ein Verbot von Preisparitätsklauseln im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (öUWG). Das Verbot, das für Online-Buchungsplattformbetreiber gegenüber Beherbergungsbetrieben gilt, ist im Katalog der unter allen Umständen unlauteren Geschäftspraktiken als aggressive Geschäftspraktik aufgeführt.22 Zudem ist im Preisauszeichnungsgesetz (öPrAG) die

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Eingeführt durch Art. 133 des LOI no 2015-990 du 6 août 2015 pour la croissance, l'activité et l'égalité des chances économiques (sog. Loi Macron), womit Art. L. 311-5 in den Code du tourisme aufgenommen wurde. Abrufbar unter: www.legifrance.gouv.fr > Droit national en vigueur > Textes consolidés > LOI no 2015-990 du 6 août 2015 pour la croissance, l'activité et l'égalité des chances économiques.

Art. L. 311-5-1 Code du tourisme: « ­ Le contrat entre un hôtelier et une personne physique ou morale exploitant une plateforme de réservation en ligne portant sur la location de chambres d'hôtel aux clients ne peut être conclu qu'au nom et pour le compte de l'hôtelier et dans le cadre écrit du contrat de mandat mentionné aux articles 1984 et suivants du code civil. ­ Nonobstant le premier alinéa du présent article, l'hôtelier conserve la liberté de consentir au client tout rabais ou avantage tarifaire, de quelque nature que ce soit, toute clause contraire étant réputée non écrite.» Art. L.311-5-3 Abs. 1 Code du tourisme.

Art. 1 Unterabschnitt 166 des Legge annuale per il mercato e la concorrenza: «E' nullo ogni patto con il quale l'impresa turistico-ricettiva si obbliga a non praticare alla clientela finale, con qualsiasi modalità e qualsiasi strumento, prezzi, termini e ogni altra condizione che siano migliorativi rispetto a quelli praticati dalla stessa impresa per il tramite di soggetti terzi, indipendentemente dalla legge regolatrice del contratto». Abrufbar unter: www.gazzettaufficiale.it/eli/id/2017/08/14/17G00140/sg.

Loi relative à la liberté tarifaire des exploitants d'hébergements touristiques dans les contrats conclus avec les opérateurs de plateformes de réservation en ligne. Abrufbar unter: www.ejustice.just.fgov.be/eli/loi/2018/07/30/2018031580/justel.

§ 1a Abs. 4 i.V.m. Ziff. 32 im Anhang zum öUWG: Als unter allen Umständen unlautere Geschäftspraktik gilt: «Das Verlangen eines Betreibers einer Buchungsplattform gegenüber einem Beherbergungsunternehmen, dass dieses auf anderen Vertriebswegen inklusive seiner eigenen Website keinen günstigeren Preis oder keine anderen günstigeren Bedingungen als auf der Buchungsplattform anbieten darf».

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Rechtsfolge der Nichtigkeit von Preisbindungs- oder Bestpreisklauseln geregelt, welche in Verträgen zwischen Buchungsplattformbetreibern und Beherbergungsbetrieben enthalten sind.23 In Deutschland besteht zurzeit weder für weite noch für enge Preisparitätsklauseln ein gesetzliches Verbot. Allerdings hat das Bundeskartellamt Verfahren gegen die Online-Buchungsplattformen HRS und Booking.com wegen Verstössen gegen das Kartellrecht geführt. Im Fall HRS untersagte das Bundeskartellamt im Jahr 2013 die Anwendung von Bestpreisklauseln. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte den Entscheid des Bundeskartellamtes. Die von HRS verwendeten Bestpreisklauseln verpflichteten das vertragsgebundene Hotel dazu, dem Hotelportalbetreiber stets die günstigsten Hotelpreise anzubieten und diese Preise weder im eigenen Online-Vertrieb noch auf anderen Vertriebskanälen zu unterbieten.24 Auch wenn der Begriff der weiten Preisparitätsklauseln weder vom Bundeskartellamt noch vom Gericht verwendet wurde, waren damit die weiten Preisparitätsklauseln gemeint. Im Fall Booking.com entschied der Bundesgerichtshof im Mai 2021, dass die bis Februar 2016 von Booking.com verwendeten engen Bestpreisklauseln nicht mit dem Kartellrecht vereinbar seien.25 Es handle sich dabei um Nebenabreden zum Plattformvertrag, die unter das Verbot gemäss Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union fielen. Aufgrund dieser Urteile steht fest, dass in Deutschland sowohl die weiten als auch engen Preisparitätsklauseln untersagt sind.

In Schweden verbot der Gerichtshof für Patente und Märkte die Verwendung enger Preisparitätsklauseln. Dieser Entscheid wurde jedoch vom Berufungsgericht wieder aufgehoben mit der Begründung, die wettbewerbswidrigen Auswirkungen der Preisparitätsklauseln von Booking.com auf den Markt seien von der Vorinstanz nicht nachgewiesen worden.26

4

Grundzüge der Vorlage

4.1

Die beantragte Neuregelung

Das Verbot von Preisparitätsklauseln soll, wie in Ziffer 1.3 dargelegt, im UWG als neuer Artikel 8a verankert werden. Die neue Bestimmung entspricht inhaltlich der Vernehmlassungsvorlage27. Die angestrebte Nichtigkeit von Preisparitätsklauseln

23

24 25 26 27

§ 7 öPrAG: «... Die Preise werden vom Gastgewerbetreibenden frei festgelegt, und dürfen nicht durch Preisbindungs- oder Bestpreisklauseln durch Buchungsplattformbetreiber eingeschränkt werden. Derartige Klauseln in Verträgen zwischen Gastgewerbetreibenden und Buchungsplattformbetreibern sind absolut nichtig ...».

Entscheid vom 20.12.2013, B 9 - 66/10; bestätigt durch OLG Düsseldorf, Entscheid vom 9.1.2015, VI - Kart 1/14 (V).

Entscheid vom 18.5.2021, KVR 54/20.

https://kromannreumert.com/en/news/bookingcom-victorious-in-swedish-appealscase-over-mfn-clauses Gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf wurde einzig der Titel des neuen Artikels 8a UWG geändert. Indem die Preisbindungsbindungsklauseln als missbräuchlich bezeichnet werden, wird klargestellt, dass es sich beim Artikel 8a um eine Konkretisierung des Artikels 8 UWG handelt.

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lässt sich im UWG erreichen, wenn diese Klauseln als missbräuchliche AGB qualifiziert werden. Die Unlauterkeit besteht darin, dass Preisparitätsklauseln von Buchungsplattformen die Preissetzungsfreiheit von Beherbergungsbetrieben einschränken und dadurch ein ungerechtfertigtes Missverhältnis gegenüber den vertraglichen Rechten und Pflichten der Beherbergungsbetriebe vorsehen. In der Vernehmlassung bestritt insbesondere Booking.com ein solches Missverhältnis. Die Preisbindungsklauseln beschneiden jedoch die Beherbergungsbetriebe erheblich in ihrer Möglichkeit, die Preise für ihre Dienstleistungen frei festzusetzen. Dies führt zu einem Ungleichgewicht im Vertragsverhältnis zwischen Beherbergungsbetrieben und OnlinePlattformen. Die Unlauterkeit liegt also ­ wie dies bereits heute im Zusammenhang mit Artikel 8 UWG, beschränkt auf Konsumentinnen und Konsumenten, der Fall ist ­ im widerrechtlichen Inhalt solcher AGB. Da die Unlauterkeit und damit auch die Widerrechtlichkeit im Vertragsinhalt selbst liegt, hat dies zur Folge, dass die betroffene AGB-Klausel nach Artikel 20 OR nichtig ist.

Entsprechend schlägt der Entwurf vor, das Verbot von Preisbindungsklauseln in Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben in einem neuen Artikel 8a UWG zu kodifizieren. Danach handelt unlauter, wer als Plattformbetreiber AGB verwendet, welche durch Preisbindungsklauseln die Preissetzung von Beherbergungsbetrieben einschränken. Die Neuregelung hält sich ­ mit Ausnahme der Erfassung sämtlicher Beherbergungsbetriebe anstatt einer Begrenzung auf Hotels und des Obergriffs «Preisbindungsklausel» (vgl. dazu Ziff. 5) ­ an den Wortlaut der Motion. und bezieht weitere Klauseln, wie Verfügbarkeits- oder Konditionenparitätsklauseln, die ebenfalls Gegenstand der Untersuchung der WEKO waren, nicht mit ein (vgl. Ziff. 4.2).

Wie bereits erwähnt, besteht mit Artikel 8 UWG eine Bestimmung, welche die Verwendung missbräuchlicher AGB im Verhältnis zwischen Unternehmen und Konsumentinnen und Konsumenten («Business-to-Consumer») als unlauter erklärt. Danach sind AGB missbräuchlich, wenn sie in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen. Im
vorliegenden Zusammenhang geht es allerdings um AGB unter Geschäftsleuten, also um ein Verhältnis «Business-to-Business (B2B)». Theoretisch gibt es die folgenden beiden Möglichkeiten, Preisparitätsklauseln als unlautere AGB zu statuieren: Möglich wäre, den bestehenden Artikel 8 UWG auf alle Geschäftsbeziehungen auszuweiten (womit auch missbräuchliche Klauseln im Bereich B2B erfasst würden) mit einer zusätzlichen Konkretisierung bezüglich Preisparitätsklauseln im Verhältnis von Online-Buchungsplattformen zu Beherbergungsbetrieben. Oder es könnte eine neue Bestimmung geschaffen werden, welche Preisparitätsklauseln in AGB von Online-Buchungsplattformen gegenüber Beherbergungsbetrieben als missbräuchlich und damit als unlauter bezeichnet. Die erste Möglichkeit ­ die generelle Ausdehnung von Artikel 8 UWG auf alle B2B-Geschäftsbeziehungen ­ ist aus rechtssystematischer Sicht und aus Kohärenzgründen stringenter. Im Rahmen der Vernehmlassung hat sich die GLP für diese Möglichkeit ausgesprochen, falls der Bundesrat an seiner Vorlage festhalte. Allerdings ist es noch nicht lange her, seit der Nationalrat im Dezember 2017 eine generelle Ausweitung von Artikel 8 UWG auch auf B2B-Beziehungen verworfen hat, als er die Abschreibung der parlamentarischen Initiative Flach

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beschloss.28 Insbesondere vor diesem Hintergrund bietet sich die zweite Möglichkeit an: Mit einem neuen Artikel 8a UWG werden Preisparitätsklauseln in AGB von Online-Buchungsplattformen zulasten von Beherbergungsbetrieben als unlauter deklariert. Der Vorteil der UWG-Variante liegt in der engen Umsetzung der Motion sowie in den bereits oben erwähnten Punkten. Nachteilig ist aus systematischer Sicht die branchenspezifische Beschränkung der Bestimmung. Das UWG gilt für die gesamte Wirtschaft, weshalb ein branchenbeschränkter Unlauterkeitstatbestand dem Gesetz grundsätzlich fremd ist.

4.2

Umsetzung

Verankerung des Verbots von Preisparitätsklauseln im neuen Artikel 8a UWG Die neue Bestimmung von Artikel 8a UWG ist (wie Art. 8 UWG) eine zivilrechtliche Norm. Entsprechend erfolgt die Rechtsanwendung über das zivilrechtliche Instrumentarium des UWG. Zur Verfügung stehen die Abwehrklagen von Artikel 9 Absätze 1 und 2 UWG sowie die reparatorischen Klagen nach Artikel 9 Absatz 3 UWG. Eine strafrechtliche Sanktionierung nach Artikel 23 UWG gibt es für unlautere Preisbindungsklauseln nicht. Hingegen tritt aufgrund der Widerrechtlichkeit einer solchen Klausel gemäss herrschender Lehre29 die Rechtsfolge der Nichtigkeit ein (Art. 20 OR). Die Unlauterkeit liegt im Inhalt solcher AGB, die ein Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten von Plattformbetreibern und Beherbergungsbetrieben schaffen.

Was den räumlichen Geltungsbereich des neuen Artikels 8a UWG betrifft, so gelangen dieser wie auch die übrigen Bestimmungen des UWG stets zur Anwendung, wenn der schweizerische Markt betroffen ist (vgl. Art. 136 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 198730 über das Internationale Privatrecht [IPRG]). Dies ist vor allem der Fall, wenn sich der betroffene Beherbergungsbetrieb in der Schweiz befindet. Der Vertrag zwischen dem Beherbergungsunternehmen und dem Plattformbetreiber untersteht hingegen dem von den Artikeln 116 und 117 IPRG bezeichneten Recht. Dieses ergibt sich in aller Regel aus den AGB des Plattformbetreibers. Gelangt auf den Vertrag ein ausländisches Recht zur Anwendung, so tritt an die Stelle des obenerwähnten Artikel 20 OR die entsprechende Bestimmung dieser Rechtordnung. Sollte ­ was eher nicht zu erwarten ist ­ das betreffende Vertragsrecht die Durchsetzung einer (im Sinne von Artikel 8a E-UWG) widerrechtlichen Klausel zulassen, wäre dies aus Schweizer Sicht jedoch unbeachtlich (Art. 17 und 18 IPRG).

28 29

30

Pa. Iv. Flach (14.440 «Artikel 8 UWG. Missbräuchliche Geschäftsbedingungen») vom 23.9.2014; AB 2017 N 2179.

Siehe Heiss in: Reto Heizmann / Leander Loacker (2018): Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Zürich / St. Gallen, Art. 8 UWG N 242 ff. mit weiteren Verweisen; siehe auch Botschaft vom 2. September 2009 zur Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), BBl 2009 6151, 6180; Florent Thouvenin in: Reto M. Hilty / Reto Arpagaus (2013): Basler Kommentar Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Basel, 8 UWG N 144; Thomas Probst in: Peter Jung / Philippe Spitz (2016): Stämpflis Handkommentar Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Bern, Art. 8 UWG N 291.

SR 291

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Gemäss dem neuen Artikel 8a UWG anspruchs- und klageberechtigt ist, wer als Mitbewerber, Lieferant oder Abnehmer durch unlautere Preisbindungsklauseln in seinen wirtschaftlichen Interessen bedroht oder verletzt wird (Art. 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 UWG). Klageberechtigt sind zudem auch Berufs- und Wirtschaftsverbände (Art. 10 Abs. 2 Bst. a UWG). Es obliegt somit den betroffenen privaten Marktakteuren, primär den betroffenen Beherbergungsbetrieben, den Konkurrenten sowie den Berufs- und Wirtschaftsverbänden, sich gegen derartige Klauseln zu wehren.

Vornehmlich wenn Kollektivinteressen auf dem Spiel stehen, kann auch der Bund klagen (Art. 10 Abs. 3 UWG). Die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen des IPRG und des Lugano-Übereinkommens vom 30. Oktober 200731.

Keine Ausweitung, Beschränkung oder Befristung der Verbotsregelung In der Vernehmlassung wurde von zahlreichen Teilnehmern beantragt, die vom Bundesrat vorgeschlagene Verbotsregelung auf sogenannte Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln auszuweiten. Verfügbarkeitsparitätsklauseln beziehen sich darauf, inwieweit sich die Art und die Anzahl der auf anderen Absatzkanälen angebotenen Zimmer vom Angebot auf der Online-Buchungsplattform unterscheiden dürfen.

Konditionenparitätsklauseln beziehen sich auf die Egalität des Angebots zwischen Online-Buchungsplattformen und anderen Kanälen in weiteren Aspekten. Unter diesen Sammelbegriff fallen oftmals weitere vertragliche Aspekte wie Stornierungsbedingungen, aber auch inbegriffene Zusatzleistungen wie Frühstück, WLAN oder Rabattgutscheine für die örtlichen Bergbahnen. Die Motion verlangt einzig das Verbot von Preisparitätsklauseln, nicht jedoch das Verbot weiterer Klauseln, wie etwa Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln. Die Ausweitung der Verbotsregelung würde daher über die vom Motionär und damit auch vom Parlament geäusserten Willen hinausgehen. Zudem schränken Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln die Beherbergungsbetriebe in ihrer Angebotsfreiheit weniger stark ein als Preisparitätsklauseln. Gemäss der von ECOPLAN durchgeführten vertieften Regulierungsfolgeabschätzung würde zwar eine um Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln erweiterte Verbotsregelung die Angebotsfreiheit der
Beherbergungsbetriebe rechtlich zusätzlich stärken, aber von einer solchen Lösung seien in der Praxis keine erheblichen Effekte zu erwarten.32 Aus diesen Gründen erscheint eine entsprechende Ausdehnung des Verbots im neuen Artikel 8a UWG als unverhältnismässig.

Verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer forderten zudem, die indirekte Durchsetzung der Preisparität zu verbieten. Damit sind in erster Linie algorithmusbasierte Massnahmen gemeint, welche die Beherbergungsbetriebe dazu bringen sollen, keine tieferen Preise anzubieten als auf der Online-Buchungsplattform. Ein RankingAlgorithmus legt zum Beispiel fest, in welcher Reihenfolge Beherbergungsbetriebe in den Suchresultaten erscheinen. Online-Buchungsplattformen könnten dafür sorgen, dass bei Nichteinhaltung der engen Preisparität einem Beherbergungsbetrieb eine schlechtere Platzierung in den Suchresultaten zugewiesen wird. Laut der Studie von ECOPLAN müsste der Tatbestand zur Unterbindung solcher Praktiken jedoch so weit

31 32

SR 0.275.12 RFA ECOPLAN S. 3, 42, 43, 46.

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formuliert werden, dass eine erhebliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich seiner Reichweite entstehen könnte. Deshalb stelle eine noch weiter gehende Verbotsregelung als die vorliegend vorgeschlagene keine Option dar.33 In einem Zivilverfahren wäre es denn auch kaum nachweisbar, dass ein schlechteres Ranking auf der Online-Plattform tatsächlich wegen der Nichteinhaltung einer Preisbindungsklausel erfolgte und nicht wegen objektiver, legitimer Gründe wie etwa der mangelnden Qualität der Leistungen des Beherbergungsbetriebs. Aufgrund der Rechtsunsicherheit und der mangelnden Justiziabilität ist somit auf eine entsprechende Erweiterung des Verbots im neuen Artikel 8a UWG zu verzichten.

Ausserdem forderten vereinzelte Vernehmlassungsteilnehmer, das Verbot von Preisbindungsklauseln nicht auf das Verhältnis zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetriebe zu beschränken, sondern auf sämtliche Sektoren zu erweitern. Der Bundesrat sieht von einer solchen Erweiterung des Verbots ab, da mit der Umsetzung der vorliegenden Motion einem spezifischen Anliegen im Bereich der Beherbergungsbranche entsprochen werden soll. Im Übrigen fehlen auch die Erfahrungswerte, ob Preisparitätsklauseln in anderen Sektoren überhaupt problematisch sind und eine Regulierung gerechtfertigt werden könnte. Ebenfalls nicht dem Verbot von Preisbindungsklauseln zu unterstellen sind Franchise-Verhältnisse, wie dies von der Expedia-Gruppe in der Vernehmlassung gefordert wurde. Denn beim Franchise handelt es sich um eine besonders enge Kooperationsform, die nur beschränkt mit dem eher lockeren Vertragsverhältnis zwischen einer Online-Plattform und einem Beherbergungsbetrieb verglichen werden kann. Nicht berücksichtigt wurde auch der Vorschlag der Expedia-Gruppe, dass das Verbot von Preisbindungsklauseln nur für Online-Buchungsplattformen mit einem Marktsegmentanteil von mindestens 30 Prozent gelten soll. Eine solches quantitatives, auf das Kartellrecht zugeschnittenes Kriterium wäre ein Fremdkörper im UWG, welches einen lauteren und unverfälschten Wettbewerb zum Ziel hat.

Schliesslich ist auch dem von economiesuisse in der Vernehmlassung vorgebrachten Eventualantrag, die Verbotsregelung auf zehn Jahre zu beschränken, nicht zu entsprechen. Aus Gründen der Gesetzessystematik und Rechtssicherheit ist auf eine solche Befristung
zu verzichten. Eine von der Expedia-Gruppe geforderte Überprüfungsklausel, gemäss welcher die Regulierung drei Jahre nach Inkrafttreten auf ihre Auswirkungen zu analysieren sei, wird nicht im UWG verankert. Allerdings schliesst der Bundesrat eine Überprüfung des neuen Artikels 8a UWG nicht aus, wobei eine Bewertung der neuen Bestimmung erst nach einer gewissen Zeit möglich ist.

33

RFA ECOPLAN S. 3, 46, 47.

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5

Erläuterungen zum neuen Artikel

Im Folgenden werden die einzelnen Begriffe von Artikel 8a UWG näher erläutert.

Betreiber einer Online-Plattform (Plattformbetreiber) Die Bestimmung betrifft Plattformbetreiber. Aus dem Kontext ergibt sich, dass nur diejenigen Plattformbetreiber erfasst sind, welche Online-Buchungsportale für Übernachtungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben unterhalten. Solche Buchungsportale ermöglichen Kundinnen und Kunden, Unterkünfte aus der Liste der aufgeführten Beherbergungsunternehmen auszuwählen und online zu buchen. Dabei liegt dem Ganzen eine Geschäftsbeziehung zwischen Plattformbetreibern und Beherbergungsbetrieben zugrunde. Die Plattformbetreiber bieten Vermittlungsdienstleistungen zwischen Beherbergungsbetrieben und deren potenziellen Kundinnen und Kunden an.34 Soweit Vergleichsplattformen ebenfalls eine direkte Geschäftsbeziehung mit Beherbergungsbetrieben unterhalten, fallen sie ebenfalls unter den Geltungsbereich der Bestimmung.

Beherbergungsbetriebe In Abweichung vom Wortlaut der Motion schützt Artikel 8a UWG alle Beherbergungsbetriebe (z. B. auch Anbieter von Ferienwohnungen, Appartements oder Jugendherbergen) und nicht nur die klassischen Hotelbetriebe. Diese Erweiterung ist insbesondere aus Sicht der Rechtsgleichheit sowie aus wettbewerbspolitischen Gründen geboten. Viele Beherbergungsunternehmen sehen sich in einem Abhängigkeitsverhältnis und somit gezwungen, auf Online-Buchungsplattformen zu erscheinen, um den heutigen flexiblen Märkten im Tourismusbereich Rechnung tragen zu können.

Klein- und Kleinstunternehmen sind in unverhältnismässig hohem Ausmass möglichen unlauteren Praktiken von Plattformbetreibern ausgesetzt. Auch sie sollen vom Schutz der neuen Bestimmung erfasst sein.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) Die Geschäftsbeziehungen zwischen Plattformbetreibern und Beherbergungsbetrieben sind in Standardverträgen mit AGB geregelt, die ihrerseits oft Preisbindungsklauseln enthalten. Als AGB gelten Vertragsbestimmungen, die im Hinblick auf eine Vielzahl von Vertragsabschlüssen im Voraus formuliert werden und nicht verhandelbar sind. In den Worten des Bundesgerichts: «Allgemeine Vertragsbedingungen oder vorgeformte Vertragsinhalte sind vertragliche Bestimmungen, die im Hinblick auf typische Verträge von Privaten standardmässig vorformuliert sind und insbesondere der
Rationalisierung des Vertragsschlusses dienen».35 Letztlich lassen sich AGB auf drei typische Kriterien reduzieren: Vorformulierte Vertragsinhalte, die für eine Vielzahl

34 35

Zu Begriff und Geschäftsmodell der Buchungsplattformen siehe Verfügung WEKO vom 19. Oktober 2015, S. 8 ff.; www.weko.admin.ch/weko/de/home/aktuell/ letzte-entscheide.html; RPW 2016, S. 71 f.

BGer 4C.282/2003 vom 15. Dezember 2003, E. 3.1; BGer 4A_47/2015 vom 2. Juni 2015, E. 5.1.

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von Verträgen gelten sollen und vom Verwender gegenüber der anderen Vertragspartei gestellt werden.36 Gegenstück zu vorformulierten Vertragsinhalten ist die Individualvereinbarung. Individualvereinbarungen fallen folglich nicht unter Artikel 8a UWG, es sei denn, sie enthalten vorformulierte Klauseln, die nicht im Einzelnen ausgehandelt worden sind. Gemäss der Lehre spielt es keine Rolle, in welcher konkreten Form die AGB (missbräuchlich) verwendet werden: Erwähnt werden namentlich der Abdruck auf dem Vertragsformular und das AGB-Dokument als Anhang zum Vertrag, sei es in elektronischer oder gedruckter Form.37 Preisbindungsklauseln, insbesondere Preisparitätsklauseln Preisbindungsklauseln stellen den Oberbegriff dar. Dieser beinhaltet die Preisparitätsklauseln (vgl. die Definition von engen und weiten Preisparitätsklauseln unter Ziff. 1.1) sowie auch Klauseln, wonach sich ein Beherbergungsbetrieb verpflichtet, einen bestimmten vom Plattformbetreiber vorgegebenen Preis nicht zu unterschreiten.

Solche Klauseln sind per se verboten, unabhängig davon, ob es sich um weite oder enge Preisparitätsklauseln handelt. Preisbindungsklauseln, die Beherbergungsbetrieben verbieten, auf deren eigener Website oder über andere Vertriebskanäle günstigere Übernachtungspreise anzubieten als auf der Online-Buchungsplattform, sind künftig unlauter. Die Unlauterkeit liegt im Inhalt solcher Klauseln, welche die freie Preissetzung von Beherbergungsbetrieben beschränken und damit ein Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten von Plattformbetreibern und Beherbergungsunternehmen schaffen. Aufgrund der Widerrechtlichkeit des Inhalts solcher Klauseln ist die Rechtsfolge deren Nichtigkeit (Art. 8a UWG i. V. m.

Art. 20 OR), was herrschender Lehre zu Artikel 8 UWG entspricht.38 Andererseits ist die neue Bestimmung auf Preisbindungsklauseln beschränkt. Weitere gängige Klauseln, wie Verfügbarkeits- oder Konditionenparitätsklauseln, die ebenfalls Gegenstand der Untersuchung der WEKO waren, werden von der Bestimmung nicht erfasst. Dies insbesondere aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts der Motion (vgl. im Übrigen Ziff. 4.2).

Einschränkung der Preissetzung Den anvisierten Preisbindungsklauseln ist es eigen, dass sie die Preissetzung der Beherbergungsbetriebe einschränken. Sie schaffen damit,
wie schon mehrfach erwähnt, ein Missverhältnis von Rechten und Pflichten, das auch die in Artikel 8 UWG geregelten missbräuchlichen AGB charakterisiert. Aus diesem Grunde werden solche Klauseln im Verhältnis von Plattformbetreibern zu Beherbergungsbetrieben als unlauter erklärt. Künftig dürfen Beherbergungsbetriebe auch auf ihrer eigenen Website sowie auf anderen Vertriebskanälen günstigere Preise anbieten. Das Verbot stützt da-

36 37

38

Heiss in: Reto Heizmann / Leander Loacker (2018): Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Zürich / St. Gallen, Art. 8 UWG N 73.

Thomas Probst in: Peter Jung / Philippe Spitz (2016): Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2. A., Bern, Art. 8 UWG N 236; Helmut Heiss in: Reto Heizmann/ Leander Loacker (2018): Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Zürich / St. Gallen, Art. 8 UWG N 74.

Siehe Verweise in Fussnote 29.

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mit letztlich die Wirtschaftsfreiheit der Beherbergungsbetriebe, da ihre Handlungsfreiheit erhöht wird. Hingegen wird die Wirtschaftsfreiheit der Plattformbetreiber eingeschränkt.

6

Auswirkungen

6.1

Vorbemerkungen

An dieser Stelle werden die Auswirkungen des Verbots von Preisparitätsklauseln in kurzer Form dargestellt. Für eine detaillierte Beschreibung der ökonomischen Wirkungsmechanismen wird auf die von ECOPLAN erstellte RFA39 verwiesen.

Ein zentraler Aspekt in der Wirkungskette eines möglichen Verbots enger Preisparitätsklauseln ist, wie stark das Verbot zu einer verstärkten Preisdifferenzierung zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen führt. Theoretisch werden die Anreize zur Preisdifferenzierung gestärkt: Das Verbot würde nicht nur die vertragskonforme Möglichkeit zur Preisdifferenzierung mit höheren Preisen auf Buchungsplattformen als im Online-Direktvertrieb schaffen, sondern auch die Differenzierung zwischen verschiedenen Buchungsplattformen fördern. Nichtsdestotrotz gibt es auch Faktoren, welche gegen einen starken Anstieg der Preisdifferenzierung sprechen. Es gibt Hinweise, dass eine nicht vernachlässigbare Zahl von Beherbergungsbetrieben sich bereits heute nicht oder nur teilweise an die engen Preisparitätsklauseln hält. Es ist anzunehmen, dass von diesen Betrieben ein geringerer zusätzlicher Differenzierungseffekt ausgehen wird. Es gibt zudem Hinweise, dass eine wesentliche Zahl von Beherbergungsunternehmen die Preise zwischen den verschiedenen Betriebskanälen grundsätzlich nicht differenzieren will. Diese freiwillige Form von Preisparität wird dadurch begründet, dass etwaige Preisunterschiede abschreckend auf potenzielle Kundinnen und Kunden wirken und Kundinnen und Kunden mit einer bereits bestehenden Buchung verärgern können. Hinzu kommt, dass die Pflege von unterschiedlichen Preisen auf den verschiedenen Buchungskanälen mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Die Erfahrungen mit den Auswirkungen von Verboten enger Preisparitätsklauseln im umliegenden Ausland unterstützen diese Argumentation.

Die tatsächliche Nutzung des neu gewonnenen Preissetzungsspielraums durch die Beherbergungsbetriebe hängt unter anderem auch von der Reaktion der OnlineBuchungsplattformen ab. Im Fokus stehen insbesondere direkte oder indirekte Reaktionen über den Ranking-Algorithmus. Dieser legt fest, ob und in welcher Reihenfolge Beherbergungsbetriebe in den Suchresultaten erscheinen und bestimmt damit die Sichtbarkeit eines Angebots auf der Plattform. Es gibt Evidenz dafür, dass die Nichteinhaltung der engen
Preisparität zu einem schlechteren Ranking führen kann. Betriebswirtschaftlich ist es für die Online-Buchungsplattformen sinnvoll, Angebote mit einer hohen Buchungswahrscheinlichkeit in den Suchresultaten besser zu positionieren. Dieser Mechanismus hat jedoch den (Neben-)Effekt, dass die Positionierung indirekt auch vom Angebot im Direktvertrieb abhängt. Ist dieses attraktiver als jenes auf der Plattform, führt dies in der Regel zu weniger Buchungen über die Online-

39

RFA ECOPLAN S. 25­32.

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Buchungsplattform und damit zu einer schlechteren Platzierung des betreffenden Betriebs in den Suchergebnissen. Es ist somit davon auszugehen, dass die Ranking-Mechanismen der Online-Buchungsplattformen die Preissetzungsfreiheit der Beherbergungsunternehmen auch bei einem Verbot enger Preisparitätsklauseln erheblich einschränken würden.

Es stellt sich die Frage, inwiefern durch attraktivere Angebote auf der Website eines Beherbergungsbetriebs vermehrt Buchungen über den Direktvertrieb anstelle über Online-Buchungsplattformen getätigt werden. Das Ausmass des Substitutionseffekts hängt wesentlich davon ab, ob die potenzielle Kundin oder der potenzielle Kunde überhaupt auf das günstigere Direktbuchungsangebot aufmerksam wird. Die Plattformen selbst sind auch aufgrund ihres guten Nutzererlebnisses beliebt. Bei Gästen aus fernen Ländern sind die Online-Buchungsplattformen mit ihrem standardisierten und vielsprachigen Angebot oft wesentlich im Vorteil. Dementsprechend fällt die Wirkung für Betriebe mit vielen fremdsprachigen Gästen tendenziell geringer aus. Die Vielzahl von Einflussfaktoren macht deutlich, dass günstigere Preise im Direktvertrieb nicht automatisch zu einer Verschiebung von Buchungen von Online-Buchungsplattformen zum Direktvertrieb führen. Ob eine Stärkung des Direktvertriebs durch ein Verbot von Preisparitätsklauseln erreicht werden kann, bleibt somit unklar.

6.2

Auswirkungen auf den Bund

Die unterbreitete Vorlage hat keine finanziellen oder personellen Auswirkungen auf den Bund. Es handelt sich um eine zivilrechtliche Vorschrift, zu deren Durchsetzung in erster Linie die involvierten privaten Marktakteure aufgerufen sind.

6.3

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Auswirkungen auf Gemeinden, Kantone, urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete hängen von den Auswirkungen des Verbots auf die betroffenen Akteure ab. Es werden keine wesentlichen Auswirkungen erwartet (siehe unten).

6.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die untenstehenden Ausführungen bezüglich der Auswirkungen auf die verschiedenen Marktteilnehmern geben die Schlussfolgerungen der von ECOPLAN erstellten RFA40 wieder.

40

RFA ECOPLAN, S. 33­35.

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Beherbergungsbetriebe Es ist auch bei einer moderaten Intensivierung der Preisdifferenzierung nicht zu erwarten, dass sich Marktanteile in wesentlichem Ausmass von Online-Buchungsplattformen weg zum Online-Direktvertrieb hin verschieben werden. Dies bedeutet aber nicht, dass einzelne Beherbergungsunternehmen nicht vom gesetzlichen Verbot profitieren können. Sind gewisse Voraussetzungen erfüllt, ist bei einem gut positionierten Betrieb eine gewisse Verlagerung auf direkte Buchungskanäle möglich. Die Verschiebungen von Marktanteilen sind vermutlich zu gering, um eine genügend starke Wettbewerbsdynamik entstehen zu lassen, welche sich in tieferen Kommissionsraten niederschlagen würde. Dementsprechend ist auch nicht davon auszugehen, dass weitere Beherbergungsbetriebe indirekt über tiefere Kommissionen vom geplanten Verbot profitieren würden.

Buchungsplattformen Die zu erwartenden Auswirkungen eines Verbots von Preisparitätsklauseln auf die Buchungsplattformen sind in vielen Aspekten spiegelbildlich zu den beschriebenen Effekten auf die Beherbergungsunternehmen. Durch das Verbot wird das Angebot auf den Buchungsplattformen vermehrt durch den Online-Direktvertrieb konkurrenziert.

Die starke Wettbewerbsposition der Plattformen beruht nicht hauptsächlich auf der Existenz von Preisparitätsklauseln. Andere Faktoren wie Netzwerkeffekte, Nutzererlebnis und Marketingstrategie spielen vermutlich eine deutlich wichtigere Rolle. Vor diesem Hintergrund ist die durch das Verbot entstehende Dynamik wohl zu gering, um die heutige Wettbewerbsposition der Buchungsplattformen wesentlich zu gefährden. Möglich ist aber, dass das Verbot auf Seiten der Buchungsplattformen durch die leichte Stärkung des Direktvertriebs gewisse Einbussen beim Umsatz und Gewinn zur Folge hat.

Endkundinnen und Endkunden Endkundinnen und Endkunden sind potenziell in zweierlei Hinsicht von einem möglichen Verbot von Preisparitätsklauseln betroffen. Einerseits könnte sich das Verbot auf die Endkundenpreise auswirken. Es ist keine eindeutige Aussage möglich, ob und in welche Richtung sich die Preise durch ein Verbot verändern würden. Theoretische Überlegungen weisen auf einen geringen Effekt hin. Zu beachten sind zudem die Auswirkungen des vermutlich geringen Substitutionseffekts zwischen Online-Direktvertrieb und Buchungsplattformen. Dieser
führt dazu, dass nur ein Teil der Endkundinnen und Endkunden von allfälligen Preissenkungen bei Direktbuchungen profitieren würde. Umgekehrt würden im Fall von Preiserhöhungen auf den Plattformen ein wesentlicher Teil der ursprünglichen Plattformnutzer auch tatsächlich höhere Preise bezahlen. Vor diesem Hintergrund fällt der zu erwartende Effekt auf Endkundinnen und Endkunden noch einmal geringer aus.

Anderseits könnte sich ein mögliches Verbot von Preisparitätsklauseln auf die Suchkosten auswirken. Durch die Verbotsregelung ist eine leicht verstärke Preisdifferenzierung zu erwarten. Speziell für preissensitive Kundinnen und Kunden bedeutet dies einen Zusatzaufwand bei der Suche nach dem attraktivsten Angebot. Der dadurch ent-

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stehende Wohlfahrtsverlust ist als relativ gering einzuschätzen, da sich die zusätzlichen Suchkosten durch die Nutzung von Meta-Suchmaschinen in relativ engen Grenzen halten lassen.

6.5

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Es sind keine Auswirkungen auf die Gesellschaft zu erwarten.

6.6

Auswirkungen auf die Umwelt

Es sind keine Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 96 Absatz 2 Buchstabe b der Bundesverfassung (BV)41 trifft der Bundesrat Massnahmen gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Gesetzgebungshoheit für das Zivilrecht liegt ebenfalls beim Bund (Art. 122 BV). Um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, erlaubt Artikel 96 Absatz 2 Buchstabe b BV dem Gesetzgeber insbesondere auch, die Verwendung missbräuchlicher Klauseln, wie beispielsweise Preisparitätsklauseln, zu verbieten. Damit ist ­ entgegen der in der Vernehmlassungsstellungnahme von Booking.com geäusserten Ansicht ­ eine genügende verfassungsmässige Grundlage für den neuen Artikel 8a UWG gegeben.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der Themenbereich der Vorlage betrifft keine internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

7.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Dies ist mit dieser Vorlage gewährleistet.

41

SR 101

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7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV, da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredites oder Zahlungsrahmens enthält.

7.5

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der neue Artikel 8a UWG delegiert keine Rechtsetzungsbefugnisse.

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