BBl 2022 www.bundesrecht.admin.ch Massgebend ist die signierte elektronische Fassung

Controlling von Offset-Geschäften Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 4. Mai 2021

2022-0224

BBl 2022 262

BBl 2022 262

Schlüsselbegriffe

Offset-Geschäfte Beschafft der Bund im Ausland Rüstungsgüter, dann ist der ausländische Lieferant üblicherweise verpflichtet, den Vertragswert zu kompensieren, indem er mit Schweizer Unternehmen Geschäfte im gleichen finanziellen Umfang abschliesst. Diese Geschäfte werden Kompensationsgeschäfte, Industriebeteiligungen oder Offsets genannt.

STIB Offset-Geschäfte sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB), stärken. Diese muss über die industriellen Kernfähigkeiten und Kapazitäten verfügen, die notwendig sind, um die Einsatzfähigkeit der Armee sicherzustellen.

Controlling Gemäss der einschlägigen Verordnung ist das Controlling ein Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung. Für das Controlling der Offset-Geschäfte ist das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) in Zusammenarbeit mit dem Offset-Büro Bern zuständig.

Direkte und indirekte Offsets Bei direkten Offsets ist das Schweizer Unternehmen an der Herstellung des im Ausland gekauften Rüstungsguts beteiligt. Bei indirekten Offsets verpflichtet sich der ausländische Rüstungslieferant, Güter oder Dienstleistungen bei Schweizer Unternehmen ausgewählter Industriezweige zu beziehen, ohne dass ein direkter Zusammenhang zum Rüstungsgut besteht.

2 / 48

BBl 2022 262

Das Wichtigste in Kürze Das Controlling der Offset-Geschäfte ist nur teilweise zweckmässig, weil damit nicht überprüft werden kann, ob das Hauptziel der Offsets erreicht wird: die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der Unternehmen der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB). Das Legalitätsprinzip wird hingegen eingehalten und bei der Transparenz wurden erhebliche Fortschritte erzielt.

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) beauftragten die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) im Januar 2020 damit, das Controlling von Offset-Geschäften zu evaluieren.

Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK des Ständerates (GPK-S) beschloss im Mai 2020, dass die Zweckmässigkeit des Rechtsrahmens und der Controllinginstrumente sowie die Organisation, Durchführung und Dokumentation des Controllings untersucht werden sollen.

Die PVK führte zu diesem Zweck rund 30 Interviews mit Personen aus der Bundesverwaltung und der Industrie sowie mit Experten. Zudem nahm sie Dokumentenanalysen vor und vergab ein externes juristisches Begleitmandat. Die Evaluation kommt zu den nachfolgenden Hauptergebnissen: Die wenigen vorhandenen Rechtsvorgaben zu Offsets werden eingehalten, die Ziele sind jedoch nicht genügend klar Der Rechtsrahmen für Offset-Geschäfte ist rudimentär. Für die Bundesverwaltung ist es dementsprechend nicht sehr schwierig, das Legalitätsprinzip einzuhalten (Ziff. 3.1).

Die Weisungen der Bundesverwaltung sind kohärent (Ziff. 3.2), den Zielen der OffsetGeschäfte fehlt es jedoch an Klarheit (Ziff. 3.3) und auch die Zuständigkeiten für das Controlling sind nicht klar definiert (Ziff. 3.4).

Im Rahmen des Controllings wird nicht überprüft, ob das Hauptziel der OffsetGeschäfte erreicht wird Obwohl die bestehenden Controllinginstrumente noch kaum digitalisiert sind, können mit ihnen grundsätzlich geeignete Daten zu den Offset-Geschäften gesammelt werden (Ziff. 4.1 und 4.2). In der Praxis bezieht sich das Controlling aber lediglich auf die operativen Ziele der Offset-Geschäfte. Nicht überprüft wird, ob das Hauptziel, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIBUnternehmen, erreicht wird (Ziff. 5.1 und 5.2). Im Weiteren ist nicht klar definiert, was genau zur STIB gehört. Dies ist zum
Teil auf mangelnde interne Koordination im Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) zurückzuführen (Ziff. 5.3).

Die Unabhängigkeit des Controllings ist fraglich und die Aufsicht schwach Das Controlling der Offset-Geschäfte erfolgt durch Armasuisse in Zusammenarbeit mit dem Offset-Büro Bern (OBB). Letzteres wird von einem Zusammenschluss mehrerer Branchenverbände betrieben (ASIPRO). Die Beteiligung des Privatsektors am

3 / 48

BBl 2022 262

Controlling wirft Fragen in Bezug auf die Unabhängigkeit des Controllingprozesses auf. Zudem ist die Aufsicht über die Offset-Geschäfte schwach (Ziff. 5.4).

Die beschränkten Personalressourcen erlauben nur ein begrenztes Controlling Die Kompetenzen der Verantwortlichen für das Controlling der Offset-Geschäfte sind allgemein anerkannt. Die Personalressourcen, die für das Controlling eingesetzt werden, sind allerdings sehr bescheiden. Das Controlling verursacht deshalb geringe Kosten, ist dadurch aber auch sehr begrenzt, was Fragen im Hinblick auf umfangreiche Rüstungsprogramme wie Air2030 aufwirft (Ziff. 5.5).

Die externe Transparenz wurde erhöht, die interne Dokumentation bleibt dagegen mangelhaft Die Information der Öffentlichkeit, die hauptsächlich über die Webseite von Armasuisse erfolgt, wurde verbessert, was die Transparenz nach aussen deutlich erhöht hat (Ziff. 6.1). Die interne Dokumentation ist hingegen mangelhaft. Die Genehmigung der Geschäfte ist nur bedingt nachvollziehbar und wie die «Multiplikatoren» festgelegt werden, mit denen gewisse Offset-Geschäfte aufgewertet werden können, ist ungenügend dokumentiert (Ziff. 6.2).

4 / 48

BBl 2022 262

Inhaltsverzeichnis Schlüsselbegriffe

2

Das Wichtigste in Kürze

3

1

Einleitung 1.1 Ausgangslage und Fragestellungen der Evaluation 1.2 Vorgehen 1.3 Grenzen der Evaluation 1.3.1 Programm Air2030 1.4 Aufbau des Berichts

7 7 8 9 10 10

2

Controlling von Offset-Geschäften 2.1 Rechtsrahmen und Ziele 2.2 Instrumente 2.3 Durchführung und Organisation 2.4 Berichterstattung

11 12 14 14 16

3

Zweckmässigkeit des Rechtsrahmens und der Ziele 3.1 Der Rechtsrahmen im engeren Sinne ist sehr rudimentär, weshalb das Legalitätsprinzip leicht einzuhalten ist 3.2 Die Weisungen auf den verschiedenen Stufen sind insgesamt kohärent, aber teilweise wenig klar 3.3 Die verschiedenen Zielebenen sind nicht ausreichend miteinander verknüpft 3.4 Die Zuständigkeiten für das Controlling sind nicht ausreichend klar festgelegt

16

Zweckmässigkeit der Instrumente 4.1 Die Instrumente sind grundsätzlich angemessen, betreffen aber hauptsächlich die operativen Ziele 4.2 Der Digitalisierungsgrad der Instrumente ist gering und die Controllingprozesse sind wenig entwickelt

21

Angemessenheit der Durchführung und Organisation 5.1 Das Controlling beschränkt sich auf die operativen Ziele und vernachlässigt das Hauptziel und die strategischen Ziele 5.2 Die Aufteilung der Controllingaufgaben für die direkten und indirekten Offsets ist angemessen 5.3 Die STIB ist kaum ins Controlling integriert 5.4 Die Unabhängigkeit und die Beaufsichtigung des Controllings sind nicht gewährleistet 5.5 Für das Controlling werden nur sehr bescheidene Ressourcen eingesetzt

24

4

5

17 18 18 20

21 23

24 25 26 27 28

5 / 48

BBl 2022 262

6

Transparenz des Controllings 6.1 Erhöhte Transparenz der öffentlichen Informationen 6.2 Die interne Dokumentation des Controllings ist mangelhaft

29 29 31

7

Schlussfolgerungen 7.1 Die wenigen vorhandenen Rechtsvorgaben werden eingehalten, die Ziele sind jedoch nicht genügend klar 7.2 Im Rahmen des Controllings wird nicht überprüft, ob das Hauptziel der Offset-Geschäfte erreicht wird 7.3 Die Unabhängigkeit des Controllings ist fraglich und die Aufsicht schwach 7.4 Die bescheidenen Personalressourcen erlauben nur ein begrenztes Controlling 7.5 Die externe Transparenz wurde erhöht, die interne Dokumentation bleibt dagegen mangelhaft

32 32 33 34 34 34

Abkürzungen

36

Literatur und Dokumentenverzeichnis

37

Liste der befragten Personen

39

Impressum

48

Anhänge 1 Herangehensweise der Evaluation 2 Evaluationskriterien 3 Ziele der Offset-Geschäfte 4 Offset-Meldeformular

41 42 44 46

6 / 48

BBl 2022 262

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage und Fragestellungen der Evaluation

Wenn der Bund Rüstungsgüter im Ausland beschafft, die einen Umfang von mindestens 20 Millionen Franken aufweisen, muss sich der ausländische Lieferant üblicherweise zu Kompensationsgeschäften vom selben finanziellen Umfang mit der Schweizer Industrie verpflichten. Diese Kompensationsgeschäfte, die auch Industriebeteiligungen oder Offsets genannt werden, sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der Unternehmen der sicherheitsrelevanten Technologie- und Industriebasis (STIB), stärken. Die Zuständigkeit liegt beim Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), genauer gesagt beim Bundesamt für Rüstung (Armasuisse), dem gemeinsam mit dem Offset-Büro Bern (OBB) auch das Controlling dieser Geschäfte obliegt. Das Controlling ist ein Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung (Art. 21 Abs. 1 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung).1 Offset-Geschäfte waren bereits Gegenstand mehrerer Evaluationen.2 Diese Evaluationen und verschiedene Fachpersonen haben die Angemessenheit des Rechtsrahmens in Frage gestellt und aufgezeigt, dass nicht alle Kriterien konsequent eingehalten werden, was Fragen zur Zweckmässigkeit des Controllings aufwirft.

Vor diesem Hintergrund beauftragten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) am 28. Januar 2020 damit, das Controlling von Offset-Geschäften zu evaluieren. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK des Ständerates (GPK-S) beschloss am 25. Mai 2020 auf der Grundlage einer Projektskizze der PVK, dass die folgenden Fragen im Zentrum der Evaluation stehen und im Bericht je in einem eigenen Kapitel beantwortet werden sollen:

1 2

1.

Sind der Rechtsrahmen und die Ziele für das Controlling der Offset-Geschäfte zweckmässig? (Kap. 3)

2.

Sind die Instrumente des Controllings zweckmässig? (Kap. 4)

3.

Sind die Durchführung und die Organisation des Controllings angemessen?

(Kap. 5)

4.

Ist die Berichterstattung von Armasuisse über die Offset-Geschäfte ausreichend transparent? (Kap. 6)

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25.11.1998 (RVOV; SR 172.010.1).

Eidgenössische Finanzkontrolle (2016): Wirksamkeit der Organisation von Kompensationsgeschäften bei der Beschaffung von Rüstungsgütern, Armasuisse, 23.2.2016; Eidgenössische Finanzkontrolle: Rüstungsbeschaffung im Ausland, Evaluation der Kompensationsgeschäfte, September 2007; Grüter, Kurt (2019): Die Beurteilung von Offsets bei Rüstungsbeschaffungen, Bericht zuhanden der Vorsteherin des VBS, 30.4.2019.

7 / 48

BBl 2022 262

1.2

Vorgehen

Zur Beantwortung der Evaluationsfragen untersuchte die PVK das Controlling der Offset-Geschäfte mittels verschiedener Methoden der Datenerhebung und Datenanalyse (siehe Tabelle 1). Anhang 1 am Ende des Berichts enthält eine Übersicht zur Herangehensweise der Evaluation, während Anhang 2 die Kriterien erläutert, auf denen die Bewertungen der PVK beruhen.

Tabelle 1

1

Zweckmässigkeit des Rechtsrahmens und der Ziele



2

Zweckmässigkeit der Instrumente

()

3

Angemessenheit der Durchführung und Organisation





4

Transparenz und Berichterstattung über die Offset-Geschäfte



Interviews

Thema

Dokumentenanalysen

Frage

Juristische Analyse

Methodenübersicht



Legende: : Hauptbeitrag, (): sekundärer Beitrag

Die Evaluation stützt sich grösstenteils auf Dokumentenanalysen, mit denen der Rechtsrahmen und die Ziele, die Instrumente, die Durchführung und die Organisation sowie die Transparenz über die Offset-Geschäfte beurteilt wurden. Zu diesem Zweck beschaffte sich die PVK alle Weisungen und Reglemente des Bundesrates, des VBS, von Armasuisse und des OBB, welche sich auf die Offset-Geschäfte beziehen, und analysierte sie anschliessend. Die Instrumente, die fürs Controlling genutzt werden (Abkommen, Formulare oder synoptische Tabellen), wurden ebenfalls untersucht.3 Um die Transparenz in diesem Bereich einschätzen zu können, befasste sich die PVK mit den Informationen, die der Öffentlichkeit ­ z. B. auf der Webseite von Armasuisse ­ zu den Offset-Geschäften zur Verfügung gestellt werden, und mit Dokumenten, die lediglich dem internen Gebrauch dienen.

Die PVK führte mit 34 Personen Interviews durch. Sie hat explorative Gespräche mit Evaluationsexperten4 geführt, die sich bereits mit den Industriebeteiligungen in der Schweiz befasst hatten, und mit den für die Offset-Geschäfte zuständigen Personen bei Armasuisse und des OBB, mit denen die PVK im Laufe der Untersuchung regelmässig Kontakt hatte. Weiter hat sie mit Vertretern der von den Offset-Geschäften

3 4

Die Liste der untersuchten Instrumente findet sich in Kapitel 4.1.

Die PVK verwendet in ihren Berichten geschlechtergerechte Sprache. Bei den im Rahmen dieser Evaluation konsultierten Experten handelte es sich tatsächlich ausschliesslich um Männer.

8 / 48

BBl 2022 262

betroffenen Branchenverbände (Swissmem5, SWISS ASD6, GRPM7 und ASIPRO8) und mit Experten von Universitäten, Nichtregierungsorganisationen und Medien Interviews geführt, um eine externe Meinung über die Organisation der Offset-Geschäfte und deren Transparenz einzuholen. Ausserdem tauschte sich die PVK mit Offset-Beteiligten (Lieferanten und Begünstigte) aus, die anhand von Kriterien wie Sprachregion, Tätigkeitsbereich und Offset-Volumen ausgewählt wurden. Bei diesen Interviews ging es hauptsächlich um die Zusammenarbeit mit Armasuisse und dem OBB. Angesichts der coronabedingten Gesundheitslage fanden quasi alle Interviews per Telefon oder Videokonferenz statt. Die Liste der befragten Personen findet sich am Ende des Berichts.

Die PVK erteilte einem externen Rechtsexperten ein Begleitmandat, um den Rechtsrahmen und die Rechtmässigkeit des Controllings der Offset-Geschäfte korrekt einschätzen zu können. Prof. hon. Étienne Poltier kommentierte die Arbeiten der PVK zum Rechtsrahmen und komplettierte diese mit einer Analyse betreffend die Einhaltung des Legalitätsprinzips.9 Die Datenerhebungen und -analysen führte die PVK hauptsächlich zwischen September und Dezember 2020 durch. Die vorläufigen Untersuchungsergebnisse wurden dem Rüstungschef an einem Gespräch im Dezember 2020 mitgeteilt. Im März 2021 hatten das VBS und die Armasuisse die Möglichkeit, zum Berichtsentwurf Stellung zu nehmen.

1.3

Grenzen der Evaluation

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Offset-Geschäfte sind nicht Gegenstand dieser Evaluation. Zu diesem Aspekt gibt es bereits mehrere veröffentlichte Arbeiten, die zu unterschiedlichen Schlüssen kommen.10 Die Evaluation umfasst auch keinen inter-

5

6

7 8 9 10

Swissmem ist der führende Verband für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Grossunternehmen der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) sowie verwandter technologieorientierter Branchen.

SWISS ASD (Swiss Aeronautics, Security and Defence) ist eine in den Bereichen Verteidigungs- und Sicherheitstechnik sowie Luftfahrtindustrie aktive Fachgruppe von Swissmem.

GRPM (Groupe romand pour le matériel de Défense et de Sécurité) ist der Verband der Westschweizer Unternehmen im Bereich Verteidigungs- und Sicherheitsgüter.

ASIPRO (Association for Swiss Industry Participation in Security and Defence Procurement Programs) betreibt das Offset-Büro Bern.

Poltier (2021): Le cadre juridique des affaires compensatoires et du controlling de celles-ci, Rapport succinct sur mandat du CPA.

Eidgenössische Finanzkontrolle (2007); Friedli, Thomas / Neumueller, Karl / Platzgummer, Peter (2009): Nachhaltige Offset-Ansätze für die Schweiz. Aufzeigen von Optimierungspotenzialen und strategischen Stossrichtungen. St. Gallen: C SET-IPW-HSG; Eidgenössische Finanzkontrolle (2016); Friedli, Thomas / Kohr, Dominik / Osterrieder, Philipp / Weich, Michael (2019): Studie zu industriellen Beteiligungen. Universität St. Gallen, Institut für Technologiemanagement; Grüter (2019).

9 / 48

BBl 2022 262

nationalen Vergleich der Offset-Geschäfte, da ein solcher bereits in einer jüngst veröffentlichten Studie11 enthalten ist. Ausserdem befasste sich die PVK auch nicht mit den Mechanismen, gemäss denen definiert und weiterentwickelt wird, welche Unternehmen aufgrund ihrer Fähigkeiten und ihres Know-hows im Bereich der Verteidigung und Sicherheit zur STIB gehören (siehe Ziff. 5.3). Da die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen jedoch das Hauptziel von Offset-Geschäften ist (siehe Ziff. 3.3), wurde von der PVK untersucht, wie dieses Ziel in den Controllingprozessen berücksichtigt wird.

1.3.1

Programm Air2030

In der Volksabstimmung vom 27. September 2020 wurde der Bundesbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge12 angenommen. Die Anforderungen des Bundesrates für das Programm Air203013 sehen vor, dass der Kaufpreis der Kampfflugzeuge zu 60 Prozent und der Kaufpreis der bodengestützten Luftverteidigung (Bodluv) grösserer Reichweite zu 100 Prozent mit Offsets kompensiert wird.14 Das Volumen von Offset-Geschäften wird somit voraussichtlich stark ansteigen.

Die Ausschreibung für die Kampfflugzeuge und das Bodluv-System umfasste ein Zuschlagskriterium zu den Offset-Geschäften. Dies stellt eine Ausnahme dar, da die Industriebeteiligungen üblicherweise nicht in die Evaluationsverfahren einer Beschaffung einfliessen. Da die Auswahlverfahren für die Beschaffung der neuen Kampfflugzeuge und des Bodluv-Systems geheim sind und parallel zur vorliegenden Evaluation abliefen, hat die PVK sie nicht näher untersucht. Der Entscheid des Bundesrates, welche Offerte den Zuschlag erhält, ist für das zweite Quartal 2021 vorgesehen. Die Offset-Geschäfte für Air2030 werden erst nachher abgeschlossen, weshalb sie in diesem Bericht nicht berücksichtigt werden können.

1.4

Aufbau des Berichts

Nach dieser kurzen Präsentation der Ausgangslage, der Evaluationsfragen, des Vorgehens und der Grenzen der Evaluation wird in Kapitel 2 das Controlling definiert und die untersuchten Elemente werden vorgestellt. In jedem der darauffolgenden Kapitel wird eine der vier Evaluationsfragen behandelt: der Rechtsrahmen und die Ziele

11

12 13 14

Friedli / Kohr / Osterrieder / Weich (2019). Diese Studie zeigt auf, dass die meisten Länder eine Offset-Strategie haben, diese jedoch sehr unterschiedlich umgesetzt wird. Die Situation der Schweiz unterscheidet sich insofern, als die Mehrheit der untersuchten Länder Rüstungsgeschäfte nicht vollständig kompensiert und dort zumeist das Wirtschaftsministerium für die Offsets zuständig ist. In der Schweiz ist es hingegen das VBS.

Bundesbeschluss vom 20.12.2019 über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge (BBl 2019 8725).

VBS: Anforderungen an die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs und eines neuen Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite, 10.1.2020.

Programm zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge und eines neuen Systems der bodengestützten Luftverteidigung.

10 / 48

BBl 2022 262

in Kapitel 3, die Instrumente in Kapitel 4, die Durchführung und Organisation in Kapitel 5 sowie die Transparenz in Kapitel 6. Kapitel 7 enthält sodann die Schlussfolgerungen.

2

Controlling von Offset-Geschäften

In diesem Kapitel wird dargelegt, wie das Controlling in den Rechtsgrundlagen und in der Fachliteratur definiert wird. Zudem enthält es das Analyseschema, dessen verschiedene Elemente anschliessend in den einzelnen Unterkapiteln genauer ausgeführt werden.

Artikel 21 Absatz 1 RVOV15 definiert das Controlling als Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung auf allen Stufen. Die Departemente sind für das Controlling in ihrem Bereich zuständig (Art. 21 Abs. 3 RVOV).

In der Fachliteratur wird das Controlling zumeist ähnlich definiert. Ausgehend von der Definition, welche die interdepartementale Kontaktgruppe «Wirkungsprüfungen»16 verwendet, hält die PVK folgende Punkte fest: ­

Das Controlling muss als Führungstätigkeit verstanden werden, die eine wirksame und effiziente Steuerung der Prozesse ermöglicht und so dazu beiträgt, dass Massnahmen ihr Ziel bestmöglich erreichen.

­

Zum Controlling gehört die Festlegung von Zielen, die Kontrolle der zur Zielerreichung eingesetzten Verfahren und Mittel, der Vergleich von Soll- und Ist-Zustand sowie das Entdecken kritischer Prozesse, damit die erforderlichen Anpassungen vorgenommen werden können.

­

Die Beurteilungskriterien unterscheiden sich auf der strategischen und der operativen Ebene. Die Analyse beruht auf quantitativen und qualitativen Indikatoren und das Ergebnis ist ein permanentes und umfassendes Monitoringsystem, welches auch die Leistungsbeurteilung umfasst.

­

Controlling ist mehr als nur Monitoring. Das Monitoring beschränkt sich auf die Beobachtung der Prozesse und der Ergebnisse, während das Controlling auch die Analyse und Auswertung der Daten einschliesst.

Abbildung 1 stellt die verschiedenen Elemente des Controllings von Offset-Geschäften schematisch dar.

15 16

SR 172.010.1 Läubli, Marlène / Bardin Arigoni, Gabriella / Bussmann, Werner (2004): Définitions des termes «évaluation, controlling et monitoring». Préparé pour le groupe de contact interdépartemental «évaluation des effets» / Interdepartementale Kontaktgruppe «Wirkungsprüfungen» (IDEKOWI), Octobre, 2004.

11 / 48

BBl 2022 262

Abbildung 1 Analyseschema des Controllings von Offset-Geschäften Rechtsrahmen ·Rechtsgrundlagen ·Weisungen und Ziele

Instrumente ·OffsetVereinbarung ·Meldeformulare ·Sonstige Dokumente

Durchführung & Organisation Direkte Offsets

Indirekte Offsets

Berichterstattung ·Information der Öffentlichkeit ·Interne Dokumentation

Armasuisse Armasuisse + OBB Controlling

Die in Abbildung 1 aufgeführten Elemente des Controllings von Offset-Geschäften werden im Folgenden in einem eigenen Unterkapitel behandelt. Erstes Element ist der Rechtsrahmen, auf dem die Offset-Geschäfte und deren Controlling beruhen. Dieser Rechtsrahmen besteht aus den Rechtsgrundlagen und den Weisungen, die auch die Ziele enthalten, welche auf den verschiedenen Stufen des Bundes erlassen wurden.

Zweites Element sind die Controllinginstrumente. Zu diesen gehören alle Dokumente wie Vereinbarungen, Meldeformulare und Datenbanken, anhand von denen die Offset-Geschäfte nachverfolgt werden können. Drittes Element sind die Organisation und die Durchführung des Controllings. Hier geht es darum, wie das Controlling in der Praxis organisiert ist und durchgeführt wird. Viertes und letztes Element ist zum einen die Art und Weise, wie über die Offset-Geschäfte und deren Controlling öffentlich informiert wird sowie zum anderen, wie diese in den zuständigen Verwaltungseinheiten dokumentiert werden.

2.1

Rechtsrahmen und Ziele

Öffentliche Ausschreibungen unterstehen gemäss dem revidierten Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen17 der Welthandelsorganisation (WTO), das von der Schweiz ratifiziert wurde,18 grundsätzlich dem freien internationalen Wettbewerb. Offset-Geschäfte beschränken den freien Wettbewerb, da der ausländische Lieferant, bei dem der Bund Rüstungsgüter kauft, gezwungen ist, Geschäfte mit Schweizer Unternehmen abzuschliessen. Zum Schutz der nationalen Sicherheitsinteressen der Staaten ist diese Beschränkung der Wettbewerbsfreiheit gemäss Artikel III Absatz 1 des WTO-Übereinkommens bei Beschaffungen, die der nationalen Sicherheit oder der Landesverteidigung dienen, allerdings möglich. Dementsprechend ist auch 17 18

Revidiertes Übereinkommen vom 15.4.1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422).

Dieses Übereinkommen gilt in der Schweiz seit dem 1.1.2021. Der von der Schweiz ratifizierte Text ist eine Fassung, die gemäss Ziffer 1 des Protokolls vom 30.3.2012 zur Änderung des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen von 1994 revidiert wurde. Die Bundesversammlung stimmte dieser Änderung am 21.6.2019 zu (AS 2020 6493; BBl 2017 2053).

12 / 48

BBl 2022 262

das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB),19 welches das WTO-Übereinkommen im Schweizer Recht umsetzt, nicht auf die Bereiche der nationalen Sicherheit und der Verteidigung anwendbar (Art. 8 Abs. 5 und Anhang 5 BöB).20 Die Grundsätze der Schweizer Verteidigungs- und Sicherheitspolitik sind in der Bundesverfassung (BV)21 festgelegt, welche insbesondere vorsieht, dass die Ausrüstung der Armee Sache des Bundes ist (Art. 60 Abs. 1 BV). Gemäss Militärgesetz (MG) 22 beschafft der Bund das Armeematerial möglichst aus schweizerischer Herkunft und unter Berücksichtigung aller Landesgegenden (Art. 106 Abs. 1 MG). Das Kriegsmaterialgesetz (KMG)23 erinnert zudem daran, dass die Sicherheitspolitik dafür zu sorgen hat, dass «in der Schweiz eine an die Bedürfnisse ihrer Landesverteidigung angepasste industrielle Kapazität aufrechterhalten» wird (Art. 1 KMG).

In diesem Rechtsrahmen im engeren Sinne, d. h. den Rechtsbestimmungen in den internationalen Übereinkommen, der Verfassung und den Bundesgesetzen, werden die Offset-Geschäfte nicht erwähnt.

Der Rechtsrahmen im engeren Sinne wird durch sogenannte Verwaltungsverordnungen konkretisiert, d. h. Weisungen, die vom Bundesrat oder der Bundesverwaltung erlassen werden. Solche Weisungen sind verbindlich für die vollziehenden Akteure, enthalten aber keine Rechtsbestimmungen im juristischen Sinne.24 Sie werden in diesem Bericht als «Rechtsrahmen im weiteren Sinne» bezeichnet. Dieser besteht im vorliegenden Fall insbesondere aus folgenden drei Dokumenten: den Grundsätzen des Bundesrates für die Rüstungspolitik des VBS,25 der Rüstungsstrategie des VBS26 und der Offset-Policy von Armasuisse.27 Die beiden erstgenannten Dokumente enthalten nur wenige Bestimmungen zu OffsetGeschäften, die eines der «Steuerungsinstrumente» des Bundes zur Förderung der STIB sind.28 Da für die Schweiz aufgrund ihrer geringen Grösse keine vollständige Autonomie im Rüstungsbereich möglich ist, besteht ihr Ziel darin, sich auf die Beherrschung ausgewählter Technologien zu konzentrieren, die für die nationale Sicherheit zentral sind. In der Schweiz müssen «zur Unterstützung einer einsatzfähigen Armee industrielle Kernfähigkeiten und Kapazitäten vorhanden sein. Die STIB soll wesentliche Leistungen für den zuverlässigen Betrieb und für die Durchhaltefähigkeit der Einsatzsysteme der Armee erbringen können». 29 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

Bundesgesetz vom 21.6.2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1).

Offset-Verträge sind privatrechtliche Verträge, für die dementsprechend das Obligationenrecht gilt (OR, SR 220).

Bundesverfassung vom 18.4.1999 (SR 101).

Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10).

Bundesgesetz vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51).

Poltier (2021), 4.

Grundsätze des Bundesrates für die Rüstungspolitik des VBS vom 24.10.2018 (BBl 2018 7253), im Folgenden Rüstungsgrundsätze des Bundesrates.

VBS, Rüstungsstrategie vom 1.1.2020, im Folgenden Rüstungsstrategie des VBS.

Armasuisse, Offset-Policy vom 15.12.2009, Stand 1.1.2019, im Folgenden OffsetPolicy 2019 von Armasuisse.

Rüstungsgrundsätze des Bundesrates (BBl 2018 7253, hier 7259).

Rüstungsgrundsätze des Bundesrates (BBl 2018 7253, hier 7259).

13 / 48

BBl 2022 262

Die Offset-Policy von Armasuisse präzisiert die Kriterien, die Offset-Geschäfte auf operativer Ebene erfüllen müssen, so z. B. die regionale Verteilung.30 Die Analyse der PVK in Kapitel 3 bezieht sich hauptsächlich auf die zum Zeitpunkt der Datenerhebung gültige Fassung der Offset-Policy von Armasuisse von 2019. Sofern dies von Relevanz ist, wurde jedoch auch die revidierte Fassung31 berücksichtigt, die bereits vorliegt und laut Angaben von Armasuisse per 1. Juli 2021 in Kraft treten soll.

2.2

Instrumente

Zu den Controllinginstrumenten gehören alle Dokumente, welche die Durchführung der Offset-Geschäfte formalisieren und die Erhebung von Daten zu diesen Geschäften ermöglichen, sowie die Instrumente, welche Armasuisse und das OBB für die Nachverfolgung der Offsets nutzen.

Die Offset-Vereinbarung (Offset Agreement) ist der Vertrag zwischen dem Bund, vertreten durch Armasuisse, und dem ausländischen Lieferanten für jedes Offsetprogramm (ein Offsetprogramm umfasst alle Kompensationsgeschäfte im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Rüstungsguts). Dieser Vertrag enthält die Kompensationsverpflichtungen des ausländischen Lieferanten. Weiter muss der ausländische Lieferant, wenn er Schweizer Unternehmen Aufträge erteilt, die Durchführung und das Volumen der Offset-Geschäfte mittels eines Meldeformulars (Offset Declaration Form) nachweisen. Dieses Meldeformular stellt das zentrale Controllinginstrument dar und die darin enthaltenen Informationen werden in mehreren Tabellen zusammengefasst. Der ausländische Lieferant muss zudem regelmässig einen Offset-Bericht (Offset Report Form) erstellen, welcher alle Meldeformulare und eine Zusammenfassung der wichtigsten darin enthaltenen Informationen umfasst.

2.3

Durchführung und Organisation

Es gibt zwei Arten von Offset-Geschäften: direkte und indirekte Offsets. Unter direkten Offsets werden Geschäfte verstanden, die direkt mit der Beschaffung eines bestimmten Rüstungsguts in Verbindung stehen. In diesem Fall sind die Schweizer Unternehmen an der Herstellung des Produkts beteiligt. Indirekte Offsets hingegen beziehen sich nicht direkt auf das zu beschaffende Rüstungsgut. Die ausländischen

30

31

Es wird eine regionale Verteilung der Offset-Geschäfte auf die drei Sprachregionen der Schweiz von rund 65 Prozent auf die deutschsprachige, 30 Prozent auf die französischsprachige und 5 Prozent auf die italienischsprachige Schweiz angestrebt.

Armasuisse: Offset-Policy vom 1.7.2021, im Folgenden Offset-Policy 2021.

14 / 48

BBl 2022 262

Lieferanten verpflichten sich, Güter oder Dienstleistungen bei Schweizer Unternehmen ausgewählter Industriezweige32 zu beziehen, d. h., die Schweizer Unternehmen erhalten Bestellungen ohne direkten Zusammenhang zum betreffenden Rüstungsgut.

Das Volumen von indirekten Offsets ist generell höher als von direkten Offsets, da es schwieriger ist, eine Vielzahl von Unternehmen direkt an der Herstellung eines Rüstungsguts zu beteiligen.

Am Controllingprozess sind verschiedene Akteure beteiligt, je nachdem, ob es sich um direkte oder indirekte Offsets handelt (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2 Die Akteure des Controllings von Offset-Geschäften Offset-Aufsicht (Armasuisse, Swissmem und GRPM)

Armasuisse

Indirekte Offsets

Kompetenzbereich «Ressourcen und Support»

ASIPRO Offset-Büro Bern (OBB)

Offset-Verantwortliche

Direkte Offsets

Kompetenzbereich «Führungs- und Aufklärungssysteme / Luftfahrtsysteme / Landsysteme»

Verantwortliche der Beschaffungsprojekte

Das Organ zur Beaufsichtigung der Offset-Geschäfte (Offset-Aufsicht)33 überwacht und steuert die Organisation der Offset-Geschäfte. Ihm gehören der Rüstungschef (der

32

33

Laut Armasuisse besteht das Ziel darin, mindestens 60 Prozent der Kompensationsgeschäfte im Bereich der STIB zu tätigen (siehe Liste der Ziele in Anhang 3). Für OffsetGeschäfte (auch ausserhalb der STIB) kommen nur folgende 11 Schweizer Industriezweige infrage: Maschinenindustrie, Metallindustrie, Elektronische und elektrotechnische Industrie, Optische Industrie, Uhrenindustrie, Fahrzeugbau- / Waggonbau-Industrie, Gummi- und Plastikerzeugnisse, Chemische Erzeugnisse, Luft- und Raumfahrt, Informatikindustrie / Software-Engineering, Kooperation mit Hochschulen und Forschungsinstituten.

Im Folgenden Offset-Aufsicht.

15 / 48

BBl 2022 262

es präsidiert und dessen Stimme bei Stimmgleichheit entscheidet),34 ein weiterer Vertreter bzw. eine weitere Vertreterin von Armasuisse, zwei Vertreter bzw. Vertreterinnen von Swissmem und ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der GRPM an.

Die indirekten Offsets werden von zwei Mitarbeitenden von Armasuisse aus dem Kompetenzbereich «Ressourcen und Support» verwaltet. Diese Personen sind die Anlaufstelle der Bundesverwaltung in Sachen Offset-Geschäfte. Sie beaufsichtigen gemeinsam mit dem OBB das Controlling der indirekten Offsets. Das Offset-Büro Bern wird vom Verband ASIPRO betrieben, dem Mitglieder von Swissmem und GRPM angehören. Dieses Büro beruht auf einer öffentlich-privaten Partnerschaft dieser beiden Branchenverbände mit Armasuisse. Es verfügt über eine Teilzeitkraft. Finanziert wird das OBB über einen Beitrag von einem Promille jeder bewilligten indirekten Offset-Transaktion, der vom begünstigten Schweizer Unternehmen entrichtet wird.

Das Controlling der direkten Offsets erfolgt durch die jeweiligen Verantwortlichen der Beschaffungsprojekte. Je nach Rüstungsgut stammen sie aus einem der folgenden drei Kompetenzbereiche von Armasuisse: «Führungs- und Aufklärungssysteme», «Luftfahrtsysteme» oder «Landsysteme». Die Projektverantwortlichen übermitteln die Informationen an das OBB, welches diese im Controllingsystem erfasst.

2.4

Berichterstattung

Armasuisse und ASIPRO wollen transparent, korrekt und zeitnah über die beteiligten Parteien informieren.35 Armasuisse veröffentlicht auf seiner Webseite ein Offset-Register mit dem Namen des Beschaffungsprojekts, der Vertragsdauer, dem Namen des ausländischen Lieferanten, dem Erfüllungsgrad, dem Namen der Schweizer Begünstigten und der regionalen Verteilung der Offset-Geschäfte, welches halbjährlich aktualisiert wird.36 Zudem gibt es interne Prozesse für die Berichterstattung über das Controlling. Das OBB erfasst z. B. alle Controllinginformationen in Tabellen, die anschliessend Armasuisse übermittelt werden.

3

Zweckmässigkeit des Rechtsrahmens und der Ziele

In diesem Kapitel wird die Zweckmässigkeit des Rechtsrahmens und der Ziele der Offset-Geschäfte behandelt. Als Grundlage dienen Evaluationskriterien wie die Kohärenz des Rechtsrahmens oder die Angemessenheit der Ziele (siehe Liste der Evaluationskriterien in Anhang 2).

Die PVK hält, auch gestützt auf die externe Rechtsexpertise, fest, dass der Rechtsrahmen im engeren Sinne sehr rudimentär ist (Ziff. 3.1). Der Rechtsrahmen im weiteren Sinne ist insgesamt kohärent, auch wenn die Weisungen der untersten Ebene Mängel 34 35 36

Armasuisse hat zwei Stimmen (eine pro Mitglied), Swissmem eine Stimme (eine halbe pro Mitglied) und die GRPM ebenfalls eine Stimme (eine pro Mitglied).

Offset-Policy 2021.

www.ar.admin.ch > Beschaffung > Rüstungspolitik des Bundesrates > Offset > Offsetregister.

16 / 48

BBl 2022 262

aufweisen (Ziff. 3.2). Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Zielebenen ist nicht ausreichend klar (Ziff. 3.3). Zudem sind die Zuständigkeiten für das Controlling nicht präzise definiert (Ziff. 3.4).

3.1

Der Rechtsrahmen im engeren Sinne ist sehr rudimentär, weshalb das Legalitätsprinzip leicht einzuhalten ist

Gegenstand der Rechtsexpertise37 waren der Rechtsrahmen im engeren Sinne, d. h.

die einschlägigen Rechtsbestimmungen, und der Rechtsrahmen im weiteren Sinne, zu dem die sogenannten Verwaltungsverordnungen (z. B. Weisungen) gehören (siehe Ziff. 2.1). Der externe Experte hält in seinem Bericht fest, dass der Rechtsrahmen im engeren Sinne sehr schlank ist, die Offset-Geschäfte gar nicht ausdrücklich erwähnt und keinerlei Ziele diesbezüglich enthält. Obwohl Artikel 107 Absatz 2 BV dem Bund die Kompetenz verleiht, «Vorschriften über die Herstellung, die Beschaffung und den Vertrieb sowie über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial» zu erlassen, gibt es keine spezifische Regelung für die Einfuhr von Kriegsmaterial für den Bund.38 In den einschlägigen Gesetzen (MG und KMG) wird lediglich allgemein festgehalten, dass mit den Rüstungsbeschaffungen dafür gesorgt werden soll, dass die Schweiz über die zur Verteidigung benötigten Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt.

Dies rechtfertigt auch die Ausnahme zum im BöB verankerten Grundsatz, wonach öffentliche Ausschreibungen dem internationalen Wettbewerb unterstehen (Art. 8 Abs. 5 und Anhang 5 BöB), welche Offset-Geschäfte erst ermöglicht. Offset-Geschäfte müssen folglich den genannten gesetzlichen Auftrag erfüllen und die Fähigkeiten zur Landesverteidigung stärken. Es gibt allerdings keine spezifischen Rechtsbestimmungen zu Offset-Geschäften, weshalb diese vollständig in der Zuständigkeit der Exekutive liegen. Die Frage, ob dieser Rechtsrahmen ausgebaut werden sollte, sprich ob auf Gesetzes- oder Verordnungsebene Bestimmungen erlassen werden sollten, stellt sich insbesondere in Bezug auf die Rolle privater Akteure bei der Durchführung des Controllings der Offset-Geschäfte (siehe Ziff. 3.4).

Wie für das Regierungs- und Verwaltungshandeln generell gilt auch für die Durchführung der Offset-Geschäfte das Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV). In der externen Analyse des Rechtsrahmens wird festgehalten, dass dieses Prinzip eingehalten wird: Das für Rüstungsbeschaffungen vorgesehene System entspricht sowohl dem internationalen als auch dem nationalen Recht, dasselbe gilt für die Weisungen und das Handeln der Verwaltung im Bereich der Offset-Geschäfte.39 Da der Rechtsrahmen für die Offset-Geschäfte nur sehr rudimentär ist, ist es für die Regierung und die Verwaltung (namentlich VBS und Armasuisse) allerdings auch nicht sehr schwierig, sich daran zu halten und das Legalitätsprinzip einzuhalten.

37 38 39

Poltier (2021).

Poltier (2021), 6.

Poltier (2021), 13.

17 / 48

BBl 2022 262

3.2

Die Weisungen auf den verschiedenen Stufen sind insgesamt kohärent, aber teilweise wenig klar

Angesichts des rudimentären Rechtsrahmens im engeren Sinne ist die Bedeutung des Rechtsrahmens im weiteren Sinne umso grösser. Drei bereits in Kapitel 2 erwähnte Dokumente legen die Ziele der Offset-Geschäfte fest: die Rüstungsgrundsätze des Bundesrates, die Rüstungsstrategie des VBS und die Offset-Policy von Armasuisse.

Diese Weisungen sind gemäss PVK im Grossen und Ganzen kohärent, da sie sich nicht widersprechen, weder bei den Zielen noch bei der Definition der Aufgaben. Logischerweise stellen die Grundsätze des Bundesrates die Grundlage für die Schweizer Rüstungspolitik und damit auch für die Offset-Geschäfte dar, während die Weisungen auf den tieferen Ebenen mehr auf die operativen Aspekte eingehen und namentlich spezifische Vorgaben formulieren, die bei Kompensationsgeschäften einzuhalten sind.

Die aktuelle Offset-Policy von Armasuisse wird allerdings teilweise als wenig klar angesehen. So wird darin beispielsweise zwischen einem strategischen und einem operativen Controlling unterschieden, ohne dass erklärt wird, worin sich diese unterscheiden, und ohne dass diese Unterscheidung später aufgegriffen wird (siehe Ziff. 3.4). Formell ist festzuhalten, dass die in der Offset-Policy erwähnte Strategie für die Industriebeteiligungen nicht mehr in Kraft ist, auch wenn die entsprechenden inhaltlichen Elemente ins Nachfolgedokument, die Rüstungsstrategie des VBS, übertragen wurden. In der neuen Fassung der Offset-Policy, die für Juli 2021 vorgesehen ist, wurde die obsolete Unterscheidung gestrichen. Die PVK verweist im Weiteren auf eine gewisse terminologische Ungenauigkeit: So wird Gleiches nicht immer gleich bezeichnet und auch von der Terminologie in anderen Dokumenten von Armasuisse wird abgewichen. In der Offset-Policy wird z. B., wenn vom Meldeformular für die Offset-Geschäfte die Rede ist, mal der Ausdruck «Meldeformular», mal der Ausdruck «standardisiertes Meldeverfahren» verwendet. Es handelt sich hierbei zwar nicht um schwerwiegende Mängel, dennoch kann diese Uneinheitlichkeit für Verwirrung sorgen. Diese Mängel bestehen sowohl in der französischen als auch in der deutschen Fassung der Offset-Policy (wobei letztere in diesem Fall die massgebende Sprache ist), werden aber mit der neuen Fassung, die am 1. Juli 2021 in Kraft tritt, grösstenteils behoben.

3.3

Die verschiedenen Zielebenen sind nicht ausreichend miteinander verknüpft

Ziel der Rüstungspolitik des Bundes ist es, die Fähigkeiten zur Landesverteidigung zu stärken. Da die entsprechenden rechtlichen Grundlagen auch für die Offset-Geschäfte einschlägig sind, müssen diese ebenfalls diesem Zweck dienen. Demzufolge muss das Controlling als Steuerungsinstrument ebenfalls auf dieses Ziel ausgerichtet sein.40 Die 40

Es besteht hier ein erheblicher Unterschied zum Controlling der Beschaffungen der Bundesverwaltung, zu der Armasuisse gehört. Bei diesem Controlling geht es insbesondere darum, zu überprüfen, ob der Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit eingehalten wird.

www.bkb.admin.ch > Die BKB > Beschaffungscontrolling Bundesverwaltung.

18 / 48

BBl 2022 262

Art, wie dieses Ziel in den verschiedenen Weisungen behandelt wird, ist allerdings nur teilweise angemessen. Die Ziele werden zum einen nicht immer als solche genannt und sind deshalb schwer zu erkennen, zum anderen variiert ihre Detaillierungsgrad von sehr allgemein bis extrem spezifisch. Die PVK analysierte alle Ziele und wies sie drei Ebenen zu: Hauptziel, strategische Ziele, operative Ziele. Die Liste der Ziele und die Methode für deren Kategorisierung finden sich in Anhang 3.

Hauptziel der Offset-Geschäfte ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIB-Unternehmen. Dies ist so auch in den Weisungen des Bundesrates formuliert.41 In der Rüstungsstrategie des VBS wird eine ähnliche Formulierung verwendet. Dort heisst es, dass mit den Offsets die STIB gestärkt werden soll. Im Vergleich zum Bundesrat werden die Offset-Geschäfte beim VBS direkt mit dem gesetzlichen Ziel der Stärkung der sicherheitsrelevanten nationalen Industrie verknüpft.

Die strategischen Ziele sind in den Weisungen aller drei Ebenen formuliert. Sie betreffen die Auswirkungen der Offset-Geschäfte auf die potenziellen Schweizer Begünstigten. Es geht z. B. um den Zugang zu Technologien, Know-how oder ausländischen Märkten. Beim Hauptziel und den strategischen Zielen dominiert die wirtschaftliche Komponente gegenüber den sicherheits- und verteidigungspolitischen Aspekten bzw. der Unterstützung der Armee. Diese Dominanz der wirtschaftlichen Aspekte erklärt nach Ansicht der PVK die Kritik einiger Experten, in deren Augen die Offset-Geschäfte eine Form der Wirtschaftsförderung darstellen. Sie sind mehrheitliche der Meinung, der Erhalt der Verteidigungsfähigkeit stelle das einzige Argument dar, um von der freien Marktwirtschaft, die durch die Abkommen der WTO gefördert wird und welche die Schweiz unterzeichnet hat, abzuweichen.

Die operativen Ziele finden sich in den Weisungen des VBS und namentlich jenen von Armasuisse. In der Offset-Policy von Armasuisse werden die operativen Ziele als «Kriterien» aufgeführt. Diese Ziele sind üblicherweise beziffert bzw. messbar: Sie enthalten Zielwerte für die Offset-Geschäfte, z. B. das Offset-Volumen, die Dauer oder die regionale Verteilung. Die Verteilung der Offsets nach Sprachregionen ist Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Sie wurde von den im Rahmen
dieser Evaluation befragten Experten stark kritisiert, da sie wirtschaftlich wenig Sinn ergibt und auch für die Unterstützung der Armee wertlos ist. Dieses Ziel ist allerdings nicht verbindlich und damit ein gutes Beispiel dafür, dass die aktuelle Offset-Policy von Armasuisse nicht genau genug ist, was die Verbindlichkeit der operativen Ziele angeht.

Dieser Mangel wird mit der neuen Fassung allerdings behoben. Der externe Experte wies darauf hin, dass die Verteilung der Offset-Geschäfte nach Sprachregionen auf Artikel 106 Absatz 2 MG gestützt werden kann, in dem es heisst, dass der Bund «das Material möglichst aus schweizerischer Herkunft und unter Berücksichtigung aller Landesgegenden» beschafft. 42 Leider wird dieser Artikel in keiner der untersuchten Weisungen erwähnt.

Die Art, wie die Ziele formuliert sind, ist angemessen. Das Hauptziel ist sehr allgemein, die strategischen Ziele sind etwas präziser und die operativen Ziele sind noch

41 42

Rüstungsgrundsätze des Bundesrates (BBl 2018 7253, hier 7261).

Poltier (2021), 12.

19 / 48

BBl 2022 262

detaillierter. Die operativen Ziele entsprechen zumeist der SMART-Formel (spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch, terminiert),43 was zu begrüssen ist. Allerdings sind die verschiedenen Zielebenen nicht ausreichend miteinander verknüpft. Dies gilt insbesondere für die Verknüpfung der operativen Ziele mit denjenigen der beiden anderen Ebenen. So lassen sich aus der Erfüllung der operativen Ziele keine Schlüsse auf das Erreichen der strategischen Ziele oder des Hauptziels ziehen. Die Tatsache, dass die Offset-Geschäfte innert der vorgegebenen Zeit erfolgten oder dass das Verhältnis der direkten und indirekten Offsets eingehalten wurde, sagt noch nichts über die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen aus. Die Kohärenz und die Komplementarität der verschiedenen Zielebenen werden nicht ausreichend dargelegt. Die PVK ist deshalb insgesamt der Ansicht, dass die Ziele in den Weisungen nur teilweise angemessen präsentiert werden.

3.4

Die Zuständigkeiten für das Controlling sind nicht ausreichend klar festgelegt

Gemäss RVOV44 sind die Departemente für das Controlling in ihrem Bereich zuständig (Art. 21 Abs. 3 RVOV). Die Rüstungsstrategie des VBS erhält jedoch keine Angaben dazu, wer auf Departementsebene die vollziehenden Akteure beaufsichtigt und die Zielerreichung kontrolliert.

In der Offset-Policy von Armasuisse wird das Controlling erwähnt, jedoch nur sehr vage und ohne zu präzisieren, was eigentlich zu kontrollieren ist. Die Zuständigkeiten sind in diesen Weisungen ungenau beschrieben und die spezifischen Aufgaben der Akteure werden nicht erwähnt. Diesem Aspekt wird in der neuen Fassung (ab Juli 2021) mehr Beachtung geschenkt. Darin werden die Aufgaben des Offset-Büros Bern, von Armasuisse und der Offset-Aufsicht aufgelistet. Doch auch in diesem Dokument wird nicht präzisiert, dass das Controlling der direkten Offsets hauptsächlich durch die mit dem Beschaffungsprojekt betrauten Personen und nicht durch die Offset-Verantwortlichen erfolgt (siehe Abb. 2 und Ziff. 5.2). Die Rolle und die exakte Aufgabe der Offset-Aufsicht werden nur sehr vage beschrieben.45 Das Organisationsreglement «Armasuisse ­ Swissmem ­ GRPM ­ Offset-Büro Bern (OBB)»46 enthält zusätzliche Informationen, namentlich was die Verteilung der Aufgaben angeht. Dieses Reglement betrifft in erster Linie das OBB und somit die indirekten Offsets. Dennoch nennt es neben den Aufgaben dieses Büros im Bereich der indirekten Offsets, auch Aufgaben im Bereich der direkten Offsets ­ wenn auch nicht ausdrücklich. Zu diesen Aufgaben gehört z. B. die Erstellung von Statistiken über alle Offset-Geschäfte. Die PVK ist zudem erstaunt darüber, dass dieses Reglement genauere Angaben zu den Zuständigkeiten von Armasuisse enthält als die Weisungen des 43 44 45 46

Dieses Analyseraster ist im Management weit verbreitet, um die Zweckmässigkeit von Zielen zu beurteilen.

SR 172.010.1 Die Offset-Aufsicht überwacht und steuert die Organisation der Offset-Geschäfte und legt die Weisungen und Jahresziele fest.

Armasuisse ­ Swissmem ­ GRPM ­ Offset-Büro Bern (OBB). Organisationsreglement vom 31.8.2015, im Folgenden OBB-Organisationsreglement.

20 / 48

BBl 2022 262

Bundesrates. Der rechtliche Status dieses Reglements ist unklar und angesichts der dem OBB anvertrauten Aufgaben stellt sich die Frage, ob das Controlling der OffsetGeschäfte durch das OBB einen einfachen Auftrag oder eher eine Delegation von Kontrollaufgaben an einen privaten Akteur darstellt. Eine solche Delegation bedürfte gemäss Artikel 178 Absatz 3 BV einer formellen Rechtsgrundlage, die es bislang nicht gibt.47 Zu guter Letzt hält die PVK fest, dass der Anwendungsbereich eines allfälligen strategischen Controllings in allen untersuchten Dokumenten ausserordentlich verwirrend beschrieben wird. In der aktuellen Offset-Policy von Armasuisse wird zwischen operativem und strategischem Controlling unterschieden. Allerdings wird lediglich angegeben, zu welchem Zeitpunkt des Prozesses diese Controllingarten eine Rolle spielen, ohne zu präzisieren, was deren Merkmale sind oder worin sich diese unterscheiden. Diese Unterscheidung findet sich im Übrigen nicht mehr in der neuen Fassung dieser Weisungen von Armasuisse. Laut OBB-Organisationsreglement wiederum ist Armasuisse für die strategischen Ziele und das strategische Controlling zuständig. Die Aufsichtsmitglieder von Swissmem und GRPM haben laut Reglement ein Mitwirkungsrecht beim strategischen Controlling. Ferner heisst es darin, dass ASIPRO für das strategische Controlling des OBB verantwortlich ist. Anhand dieser diffusen Angaben kann nach Ansicht der PVK nicht bestimmt werden, worin dieses strategische Controlling eigentlich besteht und wer hier tatsächlich zuständig ist.

4

Zweckmässigkeit der Instrumente

Dieses Kapitel befasst sich mit der Zweckmässigkeit der Instrumente, die für das Controlling der Offset-Geschäfte verwendet werden. Beurteilt werden sie anhand von Kriterien wie der Eignung der Instrumente für die Kontrolle der Zielerreichung sowie ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Offset-Volumen, die etwa im Zusammenhang mit der voraussichtlichen Erhöhung durch das Programm Air2030 gefragt ist (siehe Liste der Evaluationskriterien in Anhang 2).

Die Instrumente sind zwar grundsätzlich zweckmässig, betreffen aber hauptsächlich die operativen Ziele (Ziff. 4.1). Sie scheinen geeignet für grössere Volumen, allerdings sind die Prozesse nur ungenau beschrieben und auch der Digitalisierungsgrad ist noch sehr gering (Ziff. 4.2).

4.1

Die Instrumente sind grundsätzlich angemessen, betreffen aber hauptsächlich die operativen Ziele

In diesem Unterkapitel beurteilt die PVK, ob anhand der ­ hauptsächlich im Meldeformular ­ erhobenen Daten das Erreichen der verschiedenen Ziele überprüft werden kann. Ebenfalls thematisiert wird die Konsolidierung der Daten, die dazu dienen soll, sich einen Überblick über die Offsetprogramme zu verschaffen.

47

Poltier (2021), 11.

21 / 48

BBl 2022 262

Das Hauptinstrument für das Controlling ist das Meldeformular (Offset Declaration Form). Es beschreibt die geplante Art von Geschäft zwischen dem ausländischen Lieferanten und dem Schweizer Begünstigten (siehe Beispielformular in Anhang 4). Es wird von beiden Parteien ausgefüllt. Üblicherweise gibt es pro Offsetprogramm mehrere Formulare. Das Meldeformular enthält insbesondere die Produktbeschreibung, den betroffenen Schweizer Wirtschaftszweig, den Geschäftstyp,48 den Multiplikator,49 den Zusätzlichkeitscode50 sowie die Wertschöpfung in der Schweiz und nach Sprachregion. Das Meldeformular ist identisch für die direkten und indirekten Offsets.

Die Schweizer Begünstigte akzeptiert mit ihrer Unterschrift, dass der ausländische Lieferant mit dem Offset-Geschäft seine Kompensationsverpflichtung erfüllt, und erklären sich (seit 1. April 2018) zudem damit einverstanden, dass ihr Name ins auf der Webseite von Armasuisse veröffentlichte Offset-Register eingetragen wird. Bei indirekten Offsets geben die Schweizer Begünstigten mit ihrer Unterschrift ausserdem die Zustimmung dazu, dass ein Promille des Kompensationswerts zur Abgeltung des administrativen Aufwands und zur Unterstützung an das OBB geht.

Armasuisse verlangt also nicht, dass die Beteiligten ausdrücklich darlegen, wie ihre Geschäftsbeziehung zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIB, und somit zur Erfüllung des Hauptziels der Offset-Geschäfte beiträgt. Dies könnte allerdings, zumindest teilweise, anhand einiger der erhobenen Daten (Wirtschaftszweig, Geschäftstyp, Zusatzwert, Multiplikator) ermittelt werden.

Wie in Ziffer 5.2 erläutert, werden diese Daten allerdings nicht genutzt, um zu messen, inwieweit das Hauptziel erreicht wird. Die strategischen Ziele wiederum werden von den Instrumenten von Armasuisse nur teilweise abgedeckt. Anhand der erhobenen Daten lässt sich zwar die Wertschöpfung in der Schweiz einschätzen und lassen sich die betroffenen Technologien oder Kenntnisse ermitteln, es ist jedoch nicht möglich, mithilfe dieser Daten die Zunahme des Exportvolumens oder die Positionierung der Schweizer Unternehmen an den internationalen Märkten zu beurteilen.

Mit den Informationen, die für das Controlling verwendet werden, kann also vor allem beurteilt werden, ob die operativen Ziele erreicht
werden. Anhand der Daten aus den Meldeformularen kann in der Tat überprüft werden, ob die im Rahmen der operativen Ziele vorgegebenen Zielwerte (Offset-Volumen, Anteil direkte/indirekte Offsets, Anteil STIB usw.) erreicht werden.

Das OBB überträgt die Informationen aus den Meldeformularen in eine Offset-Tabelle. Dabei gibt eine Tabelle pro Offsetprogramm. Diese enthält auch die Beschlüsse 48

49

50

Zum Beispiel: Erwerb von Gütern oder Dienstleistungen, Technologie- oder Know-howTransfer, Technologiekooperation, Forschung und Entwicklung oder Marketingunterstützung und Vermittlung.

Armasuisse kann Multiplikatoren anwenden, um die Bedeutung des betroffenen Unternehmens oder Industriezweigs für die Schweizer Sicherheitspolitik zu berücksichtigen.

Der Betrag eines Kompensationsgeschäftes kann auf diese Weise mit einem Faktor zwischen 0,5 und 3 multipliziert werden. Dies schafft einen Anreiz für den ausländischen Lieferanten, Geschäfte in bestimmten Bereichen abzuschliessen, um seine Kompensationsverpflichtung möglichst schnell zu erfüllen (siehe Ziff. 6.2).

Die Offset-Geschäfte müssen einen «Zusatz» darstellen, d. h., es muss sich um eine neue Geschäftsbeziehung zwischen dem ausländischen Lieferanten und dem Schweizer Begünstigten handeln oder um Transaktionen, die sich in Bezug auf die Produkte oder Dienstleistungen von den laufenden Geschäften unterscheiden.

22 / 48

BBl 2022 262

über die Genehmigung oder Ablehnung der Geschäfte (siehe Ziff. 6.2). Armasuisse erstellt eine Übersicht über die laufenden Offset-Programme, in der die Informationen zu allen laufenden Offset-Geschäften zusammengefasst sind. Diese allgemeine Tabelle dient als Grundlage für das auf der Webseite von Armasuisse veröffentlichte Offset-Register (siehe Ziff. 6.1). Insgesamt stellen diese verschiedenen Übersichtstabellen insofern geeignete Konsolidierungsformen dar, als sie Analysen auf Ebene der Offsetprogramme ermöglichen.

Die Instrumente sind also grundsätzlich angemessen, auch wenn die erhobenen Daten in erster Linie die operativen Ziele betreffen.

4.2

Der Digitalisierungsgrad der Instrumente ist gering und die Controllingprozesse sind wenig entwickelt

Die Frage, ob die bestehenden Instrumente eine Ausdehnung des Controllings auf grössere Offset-Volumen ermöglichen, wird von den Controllingverantwortlichen mit Ja beantwortet. Ausgehend von Erfahrungen mit grösseren Offset-Volumen aus der Vergangenheit kommen sie zum Schluss, dass die bestehenden Prozesse und Instrumente auch für das Controlling des umfangreichen Programms Air2030 geeignet sind.

Da die Offsets bei diesem Beschaffungsvorhaben ein Zuschlagskriterium sind, ist es nach Ansicht der PVK wichtig, dass die für das Controlling verantwortlichen Einheiten über Instrumente verfügen, mit denen sie die Durchführung der Offsets korrekt nachverfolgen können. Auch wenn es plausibel erscheint, dass sich das bestehende Dispositiv auch für grössere Volumen eignet, wirft der geringe Digitalisierungsgrad der Prozesse und Instrumente dennoch Fragen auf. Das OBB überträgt alle erhobenen Daten manuell in verschiedene Tabellen. Der Dokumentenverkehr zwischen den Beteiligten scheint derzeit noch wenig effizient. Armasuisse teilte mit, dass eine verstärkte Digitalisierung angestrebt wird und entsprechende Diskussionen mit den Informatikdiensten des Bundes vorgesehen sind.

Der Controllingprozess sollte in einem Dokument festgehalten werden, welches die Aufgaben, Schritte und Abläufe des Controllings klar beschreibt. Entsprechende Informationen finden sich teilweise in der Offset-Policy von Armasuisse und im OBBOrganisationsreglement.51 Die Beschreibung in der Offset-Policy ist extrem oberflächlich (siehe Ziff. 3.4). Das OBB-Organisationsreglement enthält eine kurze Liste der Controllingaufgaben und eine Beschreibung der Arten von Unregelmässigkeiten, die zu Korrekturmassnahmen führen können. Die Liste nennt aber nicht die Dokumente, die als Grundlage für das Controlling dienen. Sie ist zudem derart kurzgehalten, dass ohne zusätzliche Erläuterungen ein grosser Interpretationsspielraum besteht.

Auch wenn dies nicht ausdrücklich festgehalten ist, betrifft die Liste anscheinend nur die indirekten Offsets (schliesslich ist sie in einem Dokument, welches das OBB betrifft, enthalten). Der Controllingprozess für die direkten Offsets ist folglich nicht definiert. Die PVK ist insgesamt der Auffassung, dass der Controllingprozess und dessen einzelne Schritte nur ungenau beschrieben und nicht ausreichend dokumentiert sind.

51

OBB-Organisationsreglement, 12.

23 / 48

BBl 2022 262

5

Angemessenheit der Durchführung und Organisation

Dieses Kapitel befasst sich mit der Durchführung und Organisation des Controllings der Offset-Geschäfte. Sie werden insbesondere anhand der Kriterien der Zweckmässigkeit der Controllingaktivitäten sowie der Angemessenheit der Organisation und Personalressourcen bewertet (siehe Liste der Evaluationskriterien in Anhang 2).

Die PVK erachtet das Controlling nur als teilweise angemessen, da die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen nicht berücksichtigt wird (Ziff. 5.1).

Die Aufgabenteilung ist geeignet (Ziff. 5.2), doch aus organisatorischer Hinsicht ist die STIB kaum ins Controlling einbezogen (Ziff. 5.3). Zudem sind die Unabhängigkeit und die Beaufsichtigung des Controllingprozesses nicht gewährleistet (Ziff. 5.4).

Ferner werden fürs Controlling nur bescheidene Ressourcen aufgewendet, doch sind die Kompetenzen der Controllingverantwortlichen allgemein anerkannt (Ziff. 5.5).

5.1

Das Controlling beschränkt sich auf die operativen Ziele und vernachlässigt das Hauptziel und die strategischen Ziele

Die indirekten Offsets werden in der Kompensationsvereinbarung geregelt. Ihr Controlling erfolgt durch das OBB und wird dann von Armasuisse genehmigt. Das Controlling des OBB besteht hauptsächlich darin, zu überprüfen, ob die Meldeformulare korrekt ausgefüllt und die darin enthaltenen Daten betreffend die operativen Ziele plausibel sind. Mit anderen Worten kommt dieses Controlling einer Prüfung der Vereinbarkeit mit der Offset-Policy von Armasuisse gleich. Laut den Controllingverantwortlichen wird dem Zusätzlichkeitscode und der Wertschöpfung in der Schweiz besondere Beachtung geschenkt. Das OBB teilt Armasuisse den Betrag mit, der als Kompensation genehmigt werden kann oder abzulehnen ist. Die häufigsten Ablehnungsgründe sind das fehlerhafte Ausfüllen des Meldeformulars, die Missachtung der Fristen, ein zu geringer Geschäftswert (Mindestbetrag 10 000 Franken) oder die Wahl von nicht infrage kommenden Produkten oder Dienstleistungen. Der angegebene Betrag muss anschliessend von den Offset-Verantwortlichen von Armasuisse genehmigt werden.

Die direkten Offsets richten sich nach dem Beschaffungsvertrag für das Rüstungsgut.

Ihr Controlling erfolgt durch die Person, die bei Armasuisse für das Beschaffungsvorhaben verantwortlich ist. Das Controlling entspricht jenem bei den indirekten Offsets und beruht ebenfalls auf den Meldeformularen. Die direkten Offsets werden aber auch mittels jährlicher Treffen (Offset Review Meeting) nachverfolgt, an denen der ausländische Lieferant und die projektverantwortliche Person von Armasuisse teilnehmen.

Laut den befragten Personen können an diesen Sitzungen mögliche Probleme (z. B. in Sachen Fristen) erkannt und direkt mit dem ausländischen Lieferanten und/oder dem Schweizer Begünstigten behoben werden. Armasuisse erklärte, dass es bislang noch nie zu einer unvollständigen Erfüllung von Offset-Geschäften kam, so dass es auch

24 / 48

BBl 2022 262

nie notwendig war, die für einen solchen Fall vorgesehenen Sanktionen zu ergreifen. 52 Bei direkten Offsets ist das Schweizer Unternehmen de facto Subunternehmer des ausländischen Lieferanten: Es stellt einen Teil des Produkts her oder setzt es zusammen. Direkte Offsets betreffen folglich deutlich weniger Unternehmen als indirekte (selten mehr als fünf) und auch das Controlling ist einfacher.

Insgesamt entspricht das Controlling dem Bemühen von Armasuisse um schlanke Verfahren. Die PVK weist darauf hin, dass es keine überflüssigen Arbeitsschritte gibt und dass Massnahmen definiert sind, mit denen auf die Nichteinhaltung von Vorgaben reagiert werden kann. Mit dem Controlling kann im Grossen und Ganzen überprüft werden, ob die Offset-Geschäfte die operativen Ziele erfüllen oder ­ anders gesagt ­ der Offset-Policy von Armasuisse entsprechen. Die PVK stellt allerdings fest, dass das Controlling, so wie es durchgeführt wird, an Grenzen stösst. Nur eine Minderheit der Offsetprogramme erreicht die Zielwerte für die regionale Verteilung. Obwohl dieses Kriterium unverbindlich ist, stellt sich hier die Frage, ob der Wille besteht, hier Abhilfe zu schaffen. Es hat den Anschein, als ob sich das Controlling mehr auf die einzelnen Fälle als auf ein Offsetprogramm als Ganzes bezieht. Zudem ist es nach Aussagen einiger Schweizer Begünstigten fraglich, ob die Informationen, die Armasuisse zum Zusatzwert bestimmter Geschäfte geliefert werden, zuverlässig sind.

Da es an klaren Vorgaben und eingehenden Kontrollen fehlt, können Armasuisse und das OBB nicht garantieren, dass die von den Schweizer Begünstigten deklarierte Wertschöpfung einheitlich berechnet wird, was die Aussagekraft und Vergleichbarkeit dieses Werts infrage stellt. Bei der Prüfung der verschiedenen Übersichtstabellen zu den laufenden Offsetprogrammen stellte die PVK im Weiteren fest, dass diese nicht immer korrekt, einheitlich und vollständig ausgefüllt werden. Obwohl es sich nur um Details handelt, spiegeln diese Fehler zum einen den geringen Ressourceneinsatz für diese Aufgaben (siehe Ziff. 5.5) und zum anderen die fehlende Aufsicht wider.

Das Controlling ist ein Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung auf allen Stufen (Art. 21 Abs. 1 RVOV).53 Das praktizierte Controlling ist nach Ansicht der PVK nur teilweise
angemessen, da es sich auf die operativen Ziele beschränkt und das Hauptziel und die strategischen Ziele ignoriert.54 Da nicht überprüft wird, inwieweit die Offset-Geschäfte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen beitragen, entspricht dieses Controlling nicht den rechtlichen Vorgaben.

5.2

Die Aufteilung der Controllingaufgaben für die direkten und indirekten Offsets ist angemessen

Während sich einige Experten skeptisch zeigen in Bezug auf die Trennung des Controllings für die direkten (Armasuisse) und die indirekten Offsets (OBB), erachtet die 52

53 54

Die Offset-Policy von Armasuisse sieht für den Fall, dass ein Offset-Vertrag nicht erfüllt wird, Konventionalstrafen vor. Diese werden vertraglich ausgehandelt und betragen mindestens 5 Prozent auf dem nichterfüllten Anteil des Offset-Geschäfts.

SR 172.010.1 Auf die Tatsache, dass Armasuisse nicht über die Auswirkungen der Strategie des Bundesrates Bericht erstattet, wurde bereits in der Evaluation der EFK von 2016 hingewiesen.

25 / 48

BBl 2022 262

Mehrheit diese Aufteilung für sinnvoll. Armasuisse ist für die Beschaffungen der Armee zuständig und damit am besten befähigt, die Zweckmässigkeit der Herstellung, Montage und/oder Wartung bestimmter Produktteile in der Schweiz zu beurteilen. Die Übertragung des Controllings an eine externe Einrichtung ist hingegen umstritten (siehe Ziff. 5.4). Die Aufgabenverteilung zwischen Armasuisse und OBB wird zwar nur vage in den verschiedenen Weisungen beschrieben (siehe Ziff. 3.4), dennoch funktioniert die Koordination der Tätigkeiten in der Praxis sehr gut, wie alle Betroffenen betont haben. Die PVK konnte hier keine Probleme erkennen. Auch die Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung zwischen dem Bereich «Ressourcen und Support» und den Beschaffungsbereichen bei Armasuisse scheinen angemessen. Die PVK bedauert allerdings, dass es nur wenig Austausch zwischen den mit dem Controlling betrauten Bereichen und dem für die STIB zuständigen Bereich «Wissenschaft und Technologie» gibt (siehe Ziff. 5.3).

5.3

Die STIB ist kaum ins Controlling integriert

Gestützt auf den Bedarf der Armee, werden die sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien in der STIB zusammengefasst. Dieser gehören folglich die Unternehmen und Forschungseinrichtungen in der Schweiz an, die über Fähigkeiten und Know-how in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit verfügen. Die Definition der STIB und deren Zusammenstellung wurden im Laufe der letzten Jahre immer wieder überarbeitet und mehrere Studien weisen auf die Grenzen hin, namentlich die fehlenden Verankerung in den Offset-Prozessen.55 Eine bessere Berücksichtigung der STIB könnte in der Tat zur gezielten Entwicklung sicherheitsrelevanter Technologien in der Schweizer Wirtschaft beitragen. Die PVK stellte zudem fest, dass die Bereiche «Ressourcen und Support» (Offset-Geschäfte) und «Wissenschaft und Technologie» (STIB) von Armasuisse nur wenig zusammenarbeiten (siehe Ziff. 5.2). So lancierte Letzterer z. B. im November 2020 eine Ausschreibung für eine Studie, die ermitteln soll, wie die Entwicklung der STIB bewertet werden kann. Die für die Offset-Geschäfte zuständigen Bereiche wurden an diesem Vorhaben jedoch nicht oder nur am Rande beteiligt.

Die PVK war ferner überrascht, festzustellen, dass selbst zahlreiche Akteure im Bereich der Offset-Geschäfte, auch aus der Bundesverwaltung, nicht genau wissen, was exakt unter der STIB zu verstehen ist. Einigen ist dabei nicht klar, ob die STIB Technologien, Industriebranchen oder Unternehmen bezeichnet. Obwohl Armasuisse eine erläuternde Infografik56 erstellt hat, reichen die Informationen des Bundesamtes nicht aus. Die Webseite zur STIB trägt auch nicht zum besseren Verständnis bei, da die Definition vage bleibt und von einer Liste von Unternehmen begleitet wird, deren Verbindung zur STIB und zu den Offsets im Allgemeinen nicht klar ist. Dies wirft

55

56

Friedli / Kohr / Osterrieder / Weich (2019); Heinen, Diego / Ebnöther, Christoph (2019): Offset-Geschäfte der Schweiz, Bedeutung für die sicherheitsrelevante Technologieund Industriebasis, In: Military Power Review der Schweizer Armee 2019/1, 40­49.

Armasuisse, Infografik «Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis», November 2020.

26 / 48

BBl 2022 262

Fragen auf, da die STIB im Mittelpunkt der Rüstungspolitik und insbesondere der Offset-Geschäfte ­ die ja zu ihrer Förderung beitragen sollen ­ steht.

Der Rechtsexpertise weist darauf hin, dass die STIB, sprich die in der Schweiz zu unterstützenden Wirtschaftszweige, z. B. in einer Verordnung genauer definiert werden könnten.57

5.4

Die Unabhängigkeit und die Beaufsichtigung des Controllings sind nicht gewährleistet

Die Branchenverbände sind über das OBB und die Offset-Aufsicht am Controllingprozess beteiligt, was umstritten ist. Mehrere Experten sind der Ansicht, dass diese Verbände, namentlich Swissmem (darunter SWISS ASD) und GRPM, eine zu grosse Rolle im Controllingprozess spielen. Dies gilt insbesondere für die indirekten Offsets, da das OBB von ASIPRO (einem Zusammenschluss der genannten Verbände) betrieben wird. Manche Experten sehen insbesondere die Gefahr, dass es der Kontrolltätigkeit dadurch an Unabhängigkeit fehlt, da die Branchenverbände wenig Interesse daran hätten, ihre Mitglieder mit administrativen Vorgaben oder der Ablehnung von OffsetGeschäften zu behelligen. Sie betonen zudem, dass die Finanzierung des OBB direkt von der Genehmigung der Offset-Geschäfte abhängt. Im Weiteren weisen manche Experten darauf hin, dass sich die sicherheitsrelevanten Industriezweige und Technologien in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert haben und weit mehr Branchen umfassen als derzeit in den genannten Branchenverbänden vertreten sind. Armasuisse ist hingegen der Ansicht, dass diese Selbstregulierung der Industrie in Zusammenarbeit mit dem Bund gut funktioniert und die Unternehmen kein Interesse daran haben, falsche Meldungen zu machen, da sie eine Gebühr für das Funktionieren des OBB entrichten müssen.

Die PVK sieht keine Hinweise auf Probleme in Bezug auf die Unabhängigkeit des Controllingprozesses. Fragen in Sachen Unabhängigkeit ergeben sich, wie aus den Gesprächen mit den Unternehmen hervorgeht, eher im Zusammenhang mit dem Zugang zu Informationen über die Durchführung von Offset-Geschäften. Mehrere Schweizer Begünstigte, darunter einige, die erstmals an Offset-Geschäften beteiligt waren, teilten mit, keinen Kontakt zur Bundesverwaltung oder zum OBB gehabt zu haben. Gewisse Begünstigte bezeichneten es zudem als schwierig, nützliche Informationen zur Konkretisierung von Offset-Geschäften zu erhalten, ohne aktiver Teil des Netzwerks der Branchenverbände zu sein. Im Hinblick auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen stellt sich deshalb die Frage, ob alle sicherheitsrelevanten Anbieter über einen fairen Zugang zu Offset-Geschäften verfügen.

Diese Feststellungen werfen Fragen hinsichtlich der Rolle der Offset-Aufsicht auf.

Deren Rechtsnatur ist nicht klar definiert und ihre
Aufsichtstätigkeiten sind in den Weisungen nur knapp beschrieben (siehe Ziff. 3.4). Laut diesen legt die Offset-Aufsicht Weisungen sowie Zielwerte fest und genehmigt die Jahresrechnungen des OBB.

In der Praxis würden im Rahmen dieses Gremiums tatsächlich strategische Fragen im Zusammenhang mit dem Nutzen der Offset-Geschäfte für die Schweizer Wirtschaft 57

Poltier (2021), 13.

27 / 48

BBl 2022 262

behandelt. Allerdings evaluiert die Offset-Aufsicht nicht, inwieweit das Hauptziel oder die strategischen Ziele der Offset-Geschäfte erreicht werden. Der PVK erschliesst sich daher nicht, inwiefern dieses Gremium tatsächlich eine Aufsichtsfunktion erfüllt.

Das VBS schliesslich interveniert so gut wie gar nicht in den Bereich der Offset-Geschäfte. Tut es dies doch, dann hauptsächlich um über Kompensationen für Grossbeschaffungen wie das Programm Air2030 zu diskutieren. Die gesamte Betreuung der Kompensationsgeschäfte wird Armasuisse überlassen. Die PVK erachtet es als fragwürdig, dass das VBS überhaupt keine Aufsicht ausübt denn gemäss Artikel 21 Absatz 3 RVOV58 sind die Departemente für das Controlling in ihrem Bereich zuständig.

Der Bundesrat und das VBS haben zwar Ziele für die Offset-Geschäfte festgelegt, sich aber nicht über deren Erfüllung informieren lassen.

5.5

Für das Controlling werden nur sehr bescheidene Ressourcen eingesetzt

Das Controlling der Offset-Geschäfte erfolgt im Wesentlichen durch die zwei OffsetVerantwortlichen aus dem Bereich «Ressourcen und Support» von Armasuisse mit je 0,3 Vollzeitäquivalenten. Auch der Beschäftigungsgrad des OBB-Verantwortlichen beträgt 0,3 Vollzeitäquivalente. Hinzu kommen die Ressourcen, die von den Beschaffungsprojektleitenden von Armasuisse für das Controlling der direkten Offsets verwendet werden.59 Dieser begrenzte Ressourceneinsatz ist von Armasuisse gewünscht und wird von diesem als effizient erachtet, da das Controlling weder für den Bund noch für die Unternehmen einen zu grossen administrativen Aufwand darstellen soll. Wie die PVK bereits hervorgehoben hat, wird die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIBUnternehmen im Rahmen des aktuellen Controllings nicht überprüft. Laut Armasuisse wäre dies mit den derzeitigen Ressourcen auch gar nicht möglich. Die Controllingverantwortlichen sind der Ansicht, dass die derzeitigen Ressourcen ausreichen, um die aktuellen Aufgaben zu erfüllen, die Personalressourcen bei grösseren Offset-Volumen wie bei Air2030 jedoch entsprechend aufgestockt werden müssten. Beim OBB ist eine Ressourcenerhöhung bereits vorgesehen, bei Armasuisse nicht.

Angesichts der Summen, um dies es geht (Offset-Geschäfte werden ab Beschaffungen im Wert von 20 Millionen Franken gemacht), ist die PVK ebenso wie viele Experten erstaunt, dass so wenig Ressourcen für das Controlling eingesetzt werden. Dies wirft insbesondere die Frage auf, wie sorgfältig diese Aufgaben erledigt werden können (siehe Ziff. 5.1). Von Vorteil ist zumindest, dass sich diese bescheidenen Ressourcen auf drei Personen verteilen. Dies sorgt für ein Mindestmass an organisatorischer Kontinuität (z. B. bei personellen Veränderungen).

Hervorzuheben ist, dass die Arbeit und die Kompetenzen der Controllingverantwortlichen von Armasuisse und des OBB von den meisten befragten Akteuren sehr positiv beurteilt werden.

58 59

RVOV; SR 172.010.1.

Die PVK hat keine exakten Zahlen zu diesen Ressourcen. Sie geht aber davon aus, dass diese um einiges geringer sind als jene der Offset-Verantwortlichen von Armasuisse.

28 / 48

BBl 2022 262

6

Transparenz des Controllings

In diesem Kapitel geht es zum einen um die externe Transparenz der Offset-Geschäfte, d. h. die öffentlich verfügbaren Informationen dazu, und zum anderen um die verwaltungsinterne Transparenz, d. h. die nichtöffentlichen Informationen zum Controlling. Die Analyse erfolgt anhand von Evaluationskriterien wie der Angemessenheit der öffentlichen Informationen und der Angemessenheit der internen Berichterstattung zum Controlling (siehe Liste der Evaluationskriterien in Anhang 2).

Positiv bewertet die PVK, dass die Transparenz nach aussen in den letzten Jahren erhöht wurde, auch wenn sie noch weiter verstärkt werden könnte (Ziff. 6.1). Die interne Dokumentation des Controllings weist hingegen Mängel auf (Ziff. 6.2).

6.1

Erhöhte Transparenz der öffentlichen Informationen

Informationen zu den Offset-Geschäften im Rahmen von Beschaffungen von Rüstungsgütern im Ausland finden sich zum einen auf der Webseite von Armasuisse (Offset-Register) und zum anderen in den jährlichen Armeebotschaften zuhanden des Parlaments, welche insbesondere die Bundesbeschlüsse zum Rüstungsprogramm enthalten.

In den letzten Jahren und insbesondere seit dem Beginn dieser Evaluation im ersten Quartal 2020 finden sich auf der Armasuisse-Webseite immer mehr Informationen zu den Offset-Geschäften. Dort sind inzwischen die Kontaktdaten des OBB (Name der verantwortlichen Person, E-Mail-Adresse, Telefonnummer) sowie das OBBOrganisationsreglement, ein Mustermeldeformular und weitere Unterlagen zu den Offset-Prozessen aufgeführt. Zentrales Element der Armasuisse-Internetseiten zu den Offset-Geschäften ist zweifelsohne das Offset-Register. Bei diesem handelt es sich um eine Tabelle, die alle sechs Monate aktualisiert wird und den Namen des Beschaffungsprojekts, die Umsetzungsfrist für die Offset-Geschäfte, den Namen des ausländischen Lieferanten, den Erfüllungsgrad der Offsetverpflichtung, die Namen der Schweizer Begünstigten und die regionale Verteilung jedes laufenden Offsetprogramms enthält. Seit Anfang 2020 werden diese Informationen auch in Grafiken und Karten präsentiert, die z. B. darstellen, in welchen Kantonen sich die Schweizer Begünstigten befinden (siehe Abbildung 3).

29 / 48

BBl 2022 262

Abbildung 3 Auszüge Armasuisse-Webseite zum Offset-Register

Quelle: Webseite Armasuisse, abgerufen am 27.4.2021.60 Grösse und Anordnung der verschiedenen Elemente in der Abbildung wurden von der PVK verändert.

Die PVK begrüsst die Weiterentwicklung dieser Internetseiten und die Bemühungen zu deren kontinuierlicher Verbesserung. Die zusätzlichen Informationen und die neuen grafischen Darstellungen erhöhen die Transparenz und die Lesbarkeit der Informationen zu den laufenden Offset-Geschäften. Dennoch verfügt Armasuisse über weitere Informationen, die nicht veröffentlicht sind, obwohl dies das Geschäftsgeheimnis nicht gefährden würde. So finden sich z. B. keine Informationen zu früheren Kompensationsverpflichtungen, weiter, wird im Register nicht zwischen direkten und

60

www.ar.admin.ch > Beschaffung > Rüstungspolitik > Offset > Offset-Register

30 / 48

BBl 2022 262

indirekten Offsets unterschieden und es fehlen Informationen zu den Industriebranchen und den Tätigkeitsbereichen der Begünstigten. Der Titel des Beschaffungsprojekts ist wenig aussagekräftig und lässt ohne Konsultation der entsprechenden Armeebotschaft nicht zwangsläufig erkennen, um welchen Rüstungstyp es geht. Zudem fehlt im Offset-Register die Angabe des Offset-Volumens, was für die PVK besonders störend ist.

Manche Informationen zu den Offset-Geschäften müssen in den Armeebotschaften gesucht werden. In diesen wird allerdings nicht einheitlich über die Offset-Geschäfte informiert. Von 2005 bis 2015 wurde insbesondere in einer Tabelle angegeben, welche Teile der Beschaffung für welchen Betrag kompensiert werden sollen. In der Armeebotschaft 2016 wurde hingegen lediglich mitgeteilt, dass sich die Offset-Geschäfte auf einen Betrag von 360 Millionen Franken beliefen. Von 2017 bis 2019 finden sich in den Armeebotschaften weder das Volumen noch die genannte Tabelle.

In der Armeebotschaft 2020 wird das Offset-Volumen dann wieder genannt (711 Millionen Franken). Die PVK bedauert, dass es ab 2016 an Informationen zu den OffsetGeschäften in den Armeebotschaften fehlt. Dies stellt einen Rückschritt in Sachen Transparenz dar.

Die PVK hält abschliessend fest, dass weder VBS noch Bundesrat noch Parlament über Informationen verfügen, anhand von denen der Beitrag der Offset-Geschäfte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen beurteilt werden kann. Es gibt kein Dokument, in dem die Offset-Geschäfte als rüstungspolitisches Instrument der Schweiz bilanziert werden. Das VBS und der Bundesrat können so ihrer Aufsichtsfunktion nicht voll gerecht werden und das Parlament kann seine Aufgaben im Bereich der Haushaltsführung und der Oberaufsicht ebenfalls nicht vollumfänglich wahrnehmen.

6.2

Die interne Dokumentation des Controllings ist mangelhaft

Im OBB-Organisationsreglement heisst es, dass die Berichterstattung zum Controlling quartalsweise in statistischer Form erfolgt.61 In der Praxis erfolgt die Berichterstattung in Form von synoptischen Tabellen, die vom OBB und von Armasuisse erstellt werden (siehe Ziff. 4.1). Diese Tabellen weisen zwar gewisse Fehler auf (siehe Ziff. 5.1), werden aber systematisch ausgefüllt, regelmässig aktualisiert und sind klar strukturiert, wodurch der Stand der Offset-Geschäfte gut nachverfolgt werden kann.

Allerdings werden die Beschlüsse über die Genehmigung oder Ablehnung eines Geschäfts als Offset nur mit einem kurzen Satz oder wenigen Worten begründet, was nicht immer verständlich ist, da weitere Erläuterungen fehlen. Die interne Transparenz kann deshalb nur als teilweise ausreichend betrachtet werden.

Im Weiteren ist die Art und Weise, wie die Multiplikatoren festgelegt werden, sehr intransparent. Die befragten Experten sind der Ansicht, dass dieses Instrument nützlich ist und die Aufwertung der für die Landesverteidigung wichtigen Technologien

61

OBB-Organisationsreglement, 13.

31 / 48

BBl 2022 262

ermöglicht. Sie kritisieren aber, dass die Verfahren zur Annahme oder Ablehnung eines Multiplikatorengesuchs und gegebenenfalls zur Festlegung des Werts sehr undurchsichtig sind. In der Tat fehlt es in den Weisungen an Angaben hierzu. In der Offset-Policy von Armasuisse heisst es, dass alle Entscheidungen zur Anwendung von Multiplikatoren «fallweise» getroffen werden. Bevor der Multiplikator ins Meldeformular eingetragen wird, stellt der ausländische Lieferant ein schriftliches Gesuch, das dem Geschäftsgeheimnis unterliegt. Aus den Gesprächen mit Vertretern von Armasuisse geht hervor, dass es drei Entscheidkriterien bei der Vergabe von Multiplikatoren gibt: den Grad an Autonomie, die ein Offset-Geschäft für den Bund bringt, die Wertschöpfung für die Wirtschaft und die Bedeutung, die der entsprechenden Technologie beigemessen wird. Armasuisse berücksichtigt zudem, dass ein Multiplikator den Schweizer Begünstigten auch schaden kann, da er die Kompensationsverpflichtung des ausländischen Lieferanten und somit die potenziellen Bestellungen bei Schweizer Unternehmen verringert. Es gibt keine Dokumente, in denen dargelegt ist, wie diese Kriterien gewichtet werden. Der PVK ist es folglich nicht möglich, zu beurteilen, ob diese Kriterien intern streng evaluiert werden. Auch dies verdeutlicht die mangelnde interne Transparenz. Armasuisse versichert zumindest, den Schriftverkehr rund um die Multiplikatorengesuche der ausländischen Lieferanten aufzubewahren.

7

Schlussfolgerungen

Die PVK kommt insgesamt zum Schluss, dass das Controlling der Offset-Geschäfte nur teilweise zweckmässig ist. Mit dem bestehenden Controlling kann nicht überprüft werden, inwieweit das Hauptziel der Offset-Geschäfte, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIB-Unternehmen, erreicht wird (Ziff. 7.2). Die Unabhängigkeit des Controllings ist fraglich und die Aufsicht ist schwach (Ziff. 7.3). Die bescheidenen Personalressourcen, die für das Controlling eingesetzt werden, erlauben nur ein begrenztes Controlling (Ziff. 7.4).

Hingegen wird das Legalitätsprinzip eingehalten (Ziff. 7.1) und die Transparenz der Offset-Geschäfte nach aussen wurde deutlich erhöht (Ziff. 7.5).

7.1

Die wenigen vorhandenen Rechtsvorgaben werden eingehalten, die Ziele sind jedoch nicht genügend klar

Für die Offset-Geschäfte bestehen nur wenige Rechtsgrundlagen im engeren Sinne (internationale Übereinkommen, Bundesverfassung, Gesetze und Verordnungen).

Das Fehlen eines eindeutigen gesetzlichen Auftrags in diesem Bereich hat zur Folge, dass die Offset-Geschäfte allein in der Zuständigkeit der Exekutive liegen. Da der Rechtsrahmen nur sehr rudimentär ist, ist es für den Bundesrat und die Bundesverwaltung nicht sehr schwierig, diesen zu respektieren. Dementsprechend wird das Legalitätsprinzip auch eingehalten (Ziff. 3.1).

Die einschlägigen Weisungen, zu denen die Rüstungsgrundsätze des Bundesrates, die Rüstungsstrategie des VBS und die Offset-Policy von Armasuisse gehören, sind im

32 / 48

BBl 2022 262

Grossen und Ganzen kohärent. Die Grundsätze des Bundesrates definieren die strategischen Grundlagen, während die Weisungen auf den tieferen Ebenen eher operativer Natur sind. Die PVK sieht gewisse Mängel bei den Weisungen von Armasuisse, die allerdings in einer neuen Fassung grösstenteils behoben werden (Ziff. 3.2).

Die Ziele der Offset-Geschäfte gehen hingegen nicht klar genug aus den Weisungen hervor. Die PVK bedauert insbesondere die fehlende Verknüpfung der verschiedenen Zielebenen: Es ist nicht klar, inwieweit die Erfüllung der operativen Ziele dazu beiträgt, die strategischen Ziele und letztlich das Hauptziel zu erfüllen, d. h. die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie und insbesondere der STIB-Unternehmen zu stärken (Ziff. 3.3). Im Weiteren sind die Zuständigkeiten für das Controlling nicht ausreichend definiert und die Übertragung zahlreicher Aufgaben an das OBB als privater Akteur wirft die Frage auf, ob die Rechtsgrundlagen diesbezüglich ausreichend sind (Ziff. 3.4).

7.2

Im Rahmen des Controllings wird nicht überprüft, ob das Hauptziel der Offset-Geschäfte erreicht wird

Die Controllinginstrumente, d. h. die Formulare und Dokumente, die zur Datenerhebung verwendet werden, sind insgesamt angemessen (Ziff. 4.1) und scheinen ­ trotz ihres geringen Digitalisierungsgrads (Ziff. 4.2) ­ auch für umfangreichere Offset-Geschäfte geeignet. Das Controlling für direkte und indirekte Offsets ist unterschiedlich und beruht auf einer angemessenen Aufgabenteilung (Ziff. 5.2). In der Praxis besteht es allerdings hauptsächlich darin, die Angaben, welche die an den Offset-Geschäften Beteiligten gemacht haben, formell zu kontrollieren und zu plausibilisieren. Dieses Controlling ist insofern nur teilweise zufriedenstellend, als es nicht sehr in die Tiefe geht und auf zum Teil nur schwer überprüfbaren Angaben beruht (Ziff. 5.1).

Das Controlling ist gemäss Verordnung ein Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung auf allen Stufen (Art. 21 Abs. 1 RVOV).62 Laut Bundesrat soll mit den Offset-Geschäften die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIB-Unternehmen, gestärkt werden. Es wäre also zu erwarten, dass beim Controlling der Offset-Geschäfte überprüft wird, ob dieses Ziel erreicht wird. Diese Überprüfung findet jedoch nicht statt. Weder Armasuisse noch das OBB evaluiert, ob die Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen tatsächlich gestärkt wird. Beim Controlling wird nur die operative Zielerreichung gemessen. Da die verschiedenen Zielebenen nicht verknüpft sind, bleibt ungewiss, ob damit die strategischen Ziele und das Hauptziel erreicht werden. Die PVK kommt deshalb zum Schluss, dass kein den rechtlichen Vorgaben entsprechendes Controlling stattfindet.

Die PVK hat zudem eine mangelnde Koordination zwischen den Controllingverantwortlichen und dem Bereich, der für die STIB zuständig ist, festgestellt. Die Definition der STIB ist zudem unklar und viele Akteure haben nur ein ungefähres Verständnis davon, was diese eigentlich genau umfasst (Ziff. 5.3).

62

SR 172.010.1

33 / 48

BBl 2022 262

7.3

Die Unabhängigkeit des Controllings ist fraglich und die Aufsicht schwach

Das Controlling der Offset-Geschäfte erfolgt gemeinsam durch das OBB und die Armasuisse. Das OBB wird von den Branchenverbänden betrieben, die in ASIPRO zusammengeschlossen sind (Swissmem, deren Fachgruppe SWISS ASD und GRPM).

Mehrere Experten sind der Ansicht, dass dies Fragen hinsichtlich der Unabhängigkeit der Abwicklung der Offset-Geschäfte aufwirft. Die Nähe zwischen den Mitgliedsbranchen und den mit dem Controlling betrauten Personen wird kritisiert. Problematisch an der Beteiligung des Privatsektors ist nach Erkenntnis der PVK vor allem, dass die Informationen, die für die Durchführung von Offset-Geschäften erforderlich sind, für die potenziellen Schweizer Begünstigten, die den Branchenverbänden angehören, einfacher zugänglich sind als für die anderen. Dies ist umso bedenklicher, als die Aufsicht bei den Offset-Geschäften schwach ist. Das VBS ist kaum involviert. Auch die Aufsicht über den Controllingsprozess ist nicht klar festgelegt. Die Zuständigkeiten des Offset-Aufsichtsorgans sind nicht genau definiert (Ziff. 5.4).

7.4

Die bescheidenen Personalressourcen erlauben nur ein begrenztes Controlling

Den Verzicht auf ein Controlling, das auch die strategischen Ziele und das Hauptziel einbezieht, begründet Armasuisse insbesondere damit, dass es ein schlankes Controlling möchte, um den administrativen Aufwand und die Kosten möglichst gering zu halten. Das gesamte Controllingdispositiv beruht hauptsächlich auf drei Personen, denen dafür insgesamt weniger als eine Vollzeitstelle zur Verfügung steht. Obwohl schlanke Strukturen grundsätzlich zu begrüssen sind, ist die PVK der Ansicht, dass das derzeitige begrenzte Controlling angesichts der hohen Beträge, um die es bei den Offset-Programmen geht (mindestens 20 Millionen Franken), fragwürdig ist. Ausserdem ist nicht sicher, dass mit der aktuellen Organisation auch erheblich höhere OffsetVolumen abgedeckt werden können. Die PVK hält aber auch fest, dass die Kompetenzen der Personen, die fürs Controlling verantwortlich sind, allgemein anerkannt sind. Sie wurden von der Mehrheit der befragten Akteure gelobt (Ziff. 5.5).

7.5

Die externe Transparenz wurde erhöht, die interne Dokumentation bleibt dagegen mangelhaft

Die Transparenz der Offset-Geschäfte nach aussen, d. h. die Information der Öffentlichkeit über diese Geschäfte, wurde deutlich verbessert, insbesondere seit dem Beginn dieser Evaluation im Jahr 2020. Diese positive Entwicklung betrifft namentlich die Webseite von Armasuisse, die unter anderem Informationen zum OBB, ein Mustermeldeformular, Erklärungen zu den Offset-Geschäften, das Offset-Register und erläuternde Grafiken und kartografische Darstellungen enthält. Hingegen sind die Informationen zu den abgeschlossenen Kompensationsverpflichtungen und den OffsetVolumen nach wie vor unvollständig. Die PVK hält zudem fest, dass Armasuisse keinen Controllingbericht zu den Offset-Geschäften erstellt, der die verfügbaren Daten 34 / 48

BBl 2022 262

zusammenfasst, die Zielerreichung bilanziert und dem Departement, dem Bundesrat oder dem Parlament vorgelegt werden könnte (Ziff. 6.1).

Die amtsinterne Dokumentation zum Controlling fällt zu knapp aus. Die Beschlüsse über die Genehmigung oder Ablehnung eines Kompensationsgeschäfts sind nur bedingt nachvollziehbar, weil zusätzliche Erläuterungen fehlen. Auch das Verfahren zur Anwendung von Multiplikatoren, mit welchen der Wert gewisser Offset-Geschäfte aufgewertet werden kann, ist zu wenig dokumentiert (Ziff. 6.2).

35 / 48

BBl 2022 262

Abkürzungen Abs.

Absatz

Armasuisse

Bundesamt für Rüstung

ASIPRO

Association for Swiss Industry Participation in Security and Defence Procurement

BBl

Bundesblatt

BöB

Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1)

BV

Bundesverfassung (SR 101)

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

GRPM

Groupe romand pour le matériel de Défense et de Sécurité

Kap.

Kapitel

KMG

Bundesgesetz vom 13. Dezember 1996 über das Kriegsmaterial (SR 514.51)

MG

Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz; SR 510.10)

OBB

Offset-Büro Bern

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

RVOV

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (SR 172.010.1)

SR

Systematische Rechtssammlung

STIB

Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis

SWISS ASD

Aeronautics, Security and Defence

Swissmem

Branchenverband der Unternehmen der schweizerischen Maschinen, Elektro- und Metallindustrie

ÜoeB

Revidiertes Übereinkommen vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 0.632.231.422)

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

WTO

Welthandelsorganisation

Ziff.

Ziffer

36 / 48

BBl 2022 262

Literatur und Dokumentenverzeichnis Literatur Eidgenössische Finanzkontrolle (2007): Rüstungsbeschaffung im Ausland, Evaluation der Kompensationsgeschäfte, September 2007.

Eidgenössische Finanzkontrolle (2016): Wirksamkeit der Organisation von Kompensationsgeschäften bei der Beschaffung von Rüstungsgütern, Armasuisse, 23.2.2016.

Friedli, Thomas / Neumueller, Karl / Platzgummer, Peter (2009): Nachhaltige Offset-Ansätze für die Schweiz. Aufzeigen von Optimierungspotenzialen und strategischen Stossrichtungen. St. Gallen: C SET-IPW-HSG.

Friedli, Thomas / Kohr, Dominik / Osterrieder, Philipp / Weich, Michael (2019): Studie zu industriellen Beteiligungen. Universität St. Gallen: Institut für Technologiemanagement.

Grüter, Kurt (2019): Die Beurteilung von Offsets bei Rüstungsbeschaffungen: Bericht zuhanden der Vorsteherin des VBS, 30.4.2019.

Heinen, Diego / Ebnöther, Christoph (2019): Offset-Geschäfte der Schweiz, Bedeutung für die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis, In: Military Power Review der Schweizer Armee 2019/1, 40­49.

Läubli, Marlène / Bardin Arigoni, Gabriella / Bussmann, Werner (2004): Définitions des termes «évaluation, controlling et monitoring». Préparé pour le groupe de contact interdépartemental «évaluation des effets» / Interdepartementale Kontaktgruppe «Wirkungsprüfungen», (IDEKOWI), Octobre 2004.

Platzgummer, Peter (2015): Performance Management in Arms Trade Offsets: The Rationale and Application of Effective Management Tools, Dissertation an der Universität St. Gallen.

Poltier (2021): Le cadre juridique des affaires compensatoires et du controlling de celles-ci, Rapport succinct sur mandat du CPA.

Dokumentenverzeichnis Weisungen Armasuisse, Offset-Policy vom 15.12.2009, Stand 1.1.2019.

Armasuisse, Offset-Policy vom 1.7.2021.

Armasuisse ­ Swissmem ­ GRPM ­ Offset-Büro Bern (OBB). Organisationsreglement vom 31.8.2015.

VBS, Anforderungen an die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeugs und eines bodengestützten Luftverteidigungssystems grösserer Reichweite, 10.1.2020.

VBS, Rüstungsstrategie vom 1.1.2020.

37 / 48

BBl 2022 262

Grundsätze des Bundesrates für die Rüstungspolitik des VBS vom 24.10.2018 (BBl 2018 7253).

Von Armasuisse übermittelte Dokumente Infografik, Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis, November 2020.

Offset-Register vom 30.6.2020.

Allgemeine Tabelle der Offset-Programme vom 22.7.2020.

Dokumente zu den Offset-Programmen Schultergestützte Mehrzweckwaffen (Dynamit Nobel): 1 Kompensationsvereinbarung; 5 Meldeformulare; 1 Offset-Tabelle.

Werterhalt von Teilen des Luftraumüberwachungssystems Florako (Thales): 1 Kompensationsvereinbarung; 1 Meldeformular; 1 Bankingvereinbarung; 1 OffsetTabelle.

Werterhalt des integrierten Funkaufklärungs- und Sendesystems (ELTA Systems; Thales): 2 Kompensationsvereinbarungen; 13 Meldeformulare; 1 Offset-Bericht; 2 Offset-Tabellen.

Munition (Rheinmetall): 1 Kompensationsvereinbarung; 5 Meldeformulare; 1 Offset-Tabelle.

Verlängerung der Nutzungsdauer der Kampflugzeuge F/A-18 (Raytheon): 1 Kompensationsvereinbarung.

Ersatz der Flugfunk-Bodeninfrastruktur (Rohde & Schwarz): 1 Kompensationsvereinbarung; 5 Meldeformulare; 1 Offset-Bericht; 1 Offset-Tabelle.

Aufklärungsdrohnensystem 15 (Elbit Systems): 1 Kompensationsvereinbarung; 9 Meldeformulare; 1 Offset-Tabelle.

Taktisches Aufklärungssystem (L3Harris Wescam): 1 Kompensationsvereinbarung; 2 Meldeformulare; 1 Offset-Tabelle.

Luftraumüberwachungssystem Florako, Werterhalt von Flores (Thales): 1 Kompensationsvereinbarung; 6 Meldeformulare; 1 Bankingvereinbarung; 1 Offset-Tabelle.

Waffenstationen (Kongsberg): 1 Kompensationsvereinbarung; 6 Meldeformulare; 1 Offset-Tabelle.

38 / 48

BBl 2022 262

Liste der befragten Personen Explorative Gespräche Crémieux, Laurent

Evaluationsexperte, Projektleiter, Eidgenössische Finanzkontrolle

Grüter, Kurt

Evaluationsexperte, selbstständig

Hufschmid, Simon

Stellvertretender Offset-Verantwortlicher, Armasuisse, VBS

König, Heinz

Fachexperte, Offset-Büro Bern (OBB), ASIPRO

Larsson, Per Magnus

Offset-Verantwortlicher, Armasuisse, VBS

Nantermod, Philippe

Nationalrat

Interviews in der Durchführungsphase Arbia, Ali

Senior Analyst, ACAPS

Candolfi, Philippe

International Sales Manager, Mercury Mission Systems International SA (MMSI)

Catoia, Carlo

International Sales Engineer, Faulhaber Minimotor SA

Chanton, Jérôme

CEO, Kugler Bimetal SA

Dunne, Paul J.

Emeritierter Professor, Universität Kapstadt

Friedli, Thomas

Titularprofessor und Lehrbeauftragter für Betriebswirtschaftslehre und Produktionsmanagement, Institut für Technologiemanagement, Universität St. Gallen

Giger, Bruno

Geschäftsführer, ASIPRO

Gippert, Bernhard

Leiter Programmunterstützung Air2030, Armasuisse, VBS

Heinen, Diego

Chef militärstrategische und politische Geschäfte, Armeestab, VBS

Hodel, Markus

Managing Director, Franke Industrie AG

Hufschmid, Simon

Stellvertretender Offset-Verantwortlicher, Armasuisse, VBS

Kälin, Markus

Executive Assistent, im Namen von Verwaltungsratspräsident Oscar J. Schwenk, Pilatus Flugzeugwerke AG

Kehrli, Hanspeter

Leiter Technik, Müller AG Verpackungen

König, Heinz

Fachexperte, Offset-Büro Bern (OBB), ASIPRO

Kreis, Max

CEO, Safran Vectronix AG 39 / 48

BBl 2022 262

Larsson, Per Magnus

Offset-Verantwortlicher, Armasuisse, VBS

Mantovani, Mauro

Lehrbeauftragter für strategische Studien an der Militärakademie (Milak) der ETH Zürich

Molli, Alessandra

Leiterin Finanzen ­ Internationaler Handel, Faulhaber Minimotor SA

Moscetti, Damien

General Manager, Ruag Slip Rings SA

Müller, Antoine

CEO, Alpes Laser SA

Müller, Giorgio V.

Wirtschaftsjournalist, NZZ

Müller, Jochen

Geschäftsführer School of Computer Science (SCS), Universität St. Gallen

Niederhauser, Markus

Präsident GRPM und ASIPRO

Peignon, Paul-Antoine

Sales Manager, Thales DMS France

Platzgummer, Peter

Ehemaliger Forscher und Projektleiter beim Center for Security Economics and Technology, Universität St. Gallen

Rothacher, Thomas

Leiter Kompetenzbereich Wissenschaft und Technologie / stellvertretender Rüstungschef, Armasuisse, VBS

Savic, Darko

Projektleiter «Neues Kampfflugzeug», Armasuisse, VBS

Sonderegger, Martin

Rüstungschef, Armasuisse, VBS

Sprunk, Thomas

Sales und Marketing Manager, Franke Industrie AG

Wegmüller, Heinz

Direktor «Defence and Homeland Security» / Leiter des Büros Bern, Thales Suisse SA

Zoller, Matthias C.

Generalsekretär SWISS ASD, Swissmem

40 / 48

BBl 2022 262

Anhang 1

Herangehensweise der Evaluation

Ziele der Politik:

Offset-Geschäfte sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIB-Unternehmen, stärken.


Mittel zur Zielerreichung:

Das Controlling von Offset-Geschäften sollte ein Führungsinstrument zur prozessbegleitenden Steuerung der Zielerreichung auf allen Stufen sein (Art. 21 Abs. 1 RVOV).63


Gegenstand der Evaluation:

Die Evaluation befasst sich mit dem Rechtsrahmen, den Instrumenten, der Durchführung und Organisation sowie der Transparenz des Controllings von Offset-Geschäften.


Fragestellungen der Evaluation:

Sind der Rechtsrahmen und die Ziele für das Controlling der Offset-Geschäfte zweckmässig?


Durchgeführte Analysen:

63

Dokumentenanalysen Externes juristisches Begleitmandat


Sind die Instrumente des Controllings zweckmässig?


Dokumentenanalysen





Sind die Durchführung und die Organisation des Controllings angemessen?

Ist die Berichterstattung von Armasuisse über die Offset-Geschäfte ausreichend transparent?





Dokumentenanalysen Interviews

SR 172.010.1

41 / 48

BBl 2022 262

Anhang 2

Evaluationskriterien Teilkriterien

Bewertungselemente

Zweckmässigkeit des Rechtsrahmens und der Ziele (Frage 1) Kohärenz des Rechtsrahmens

Die Weisungen werden von der zuständigen Verwaltungsebene erlassen, folgen einer Systematik und ergeben ein Gesamtbild, werden innert nützlicher Frist aktualisiert und verweisen auf die einschlägigen Dokumente. Ihr Inhalt ergänzt sich (keine Widersprüche).

Angemessenheit der Zuständigkeiten

Die Aufgaben aller am Controlling beteiligten Akteure sind klar festgelegt und überschneiden sich nicht. Die Kompetenzen sind stufengerecht angesiedelt. Die Modalitäten der Aufsicht des Bundes über die Akteure, die für die Durchführung zuständig sind, sind ausdrücklich geregelt und bezwecken die Überprüfung der Zielerreichung. Die Zuständigkeiten sind klar und ausdrücklich in Delegationsnormen geregelt.

Angemessenheit der Ziele

Die Ziele sind identifizierbar sowie präzise und verständlich formuliert. Die gewünschten Auswirkungen auf die Begünstigten sind klar definiert. Die verschiedenen Zielebenen ergänzen sich, sind kohärent und widersprechen sich nicht. Die Ziele sind messbar, zeitlich begrenzt und der erwartete Zielwert ist ausdrücklich festgelegt.

Einhaltung des Das Legalitätsprinzip wird eingehalten. Dieses besagt, dass jedes Legalitätsprinzips staatliche Handeln 1) auf einem Gesetz beruhen und 2) rechtskonform sein muss. Fehlt eine rechtliche Grundlage, darf der Staat nicht handeln und nicht in private Tätigkeiten eingreifen.

Zweckmässigkeit der Instrumente (Frage 2) Eignung der Instrumente für die Überprüfung der Zielerreichung

Es sind Instrumente vorhanden, mit denen die nötigen Daten zur Zielerreichung erhoben werden können. Die verwendeten Indikatoren sind zweckmässig, werden systematisch genutzt und ermöglichen die Beurteilung der Zielerreichung. Die Daten sind konsolidiert, damit bei allen Offsetprogrammen ein Überblick über die Zielerreichung möglich ist.

Anpassungsfähigkeit / Weiterentwicklung der Instrumente

Die bestehenden Instrumente ermöglichen eine Ausweitung des Controllings auf unterschiedliche Offset-Volumen (z. B. Ausweitung Air2030) oder es sind alternative Möglichkeiten in Entwicklung (z. B. Digitalisierung).

Klarheit der Con- Die Aktivitäten, die Schritte und der Ablauf des Controllings trollingprozesse sind klar und umfassend dokumentiert.

42 / 48

BBl 2022 262

Teilkriterien

Bewertungselemente

Angemessenheit der Durchführung und Organisation (Frage 3) Zweckmässigkeit Anhand des Controllings kann die Zielerreichung gemessen werder Controlling- den. Das Controlling bezieht alle Offset-Geschäfte in ausreichenaktivitäten dem Masse ein. Die Beurteilung beruht auf dem systematischen Einsatz der einschlägigen Instrumente. Die Beurteilung der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der STIB-Unternehmen erfolgt systematisch unter Verwendung geeigneter Indikatoren.

Zweckmässigkeit Anhand des Controllings können Verstösse gegen die Vorgaben der Eingriffe bei oder Zielwerte erkannt und dokumentiert werden. Die VorgesetzVerstössen ten werden sehr genau und rechtzeitig informiert. Es bestehen Verfahren und Massnahmen zur Korrektur oder Sanktionierung.

Angemessenheit der Organisation

Die Kompetenzen sind klar verteilt. Die Verfahren entsprechen dem Rechtsrahmen. Die Kontrollverfahren sind einfach und enthalten keine unnötigen Arbeitsschritte. Die Prozesse sind kurz, so dass bei Problemen rasch eingegriffen werden kann. Die Aufsichtsmodalitäten des Bundes werden gemäss dem Rechtsrahmen umgesetzt.

Angemessenheit der Personalressourcen

Armasuisse und das OBB verfügen über ausreichend Personal für ein wirksames Controlling. Die Ressourcen werden evaluiert und nötigenfalls an das Geschäftsvolumen angepasst. Die Aufgaben der beteiligten Akteure entsprechen deren Know-how und Kenntnisstand.

Transparenz der Offset-Geschäfte (Frage 4) Angemessenheit der zu den OffsetGeschäften veröffentlichten Informationen

Die Bundesverwaltung beschliesst auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Interessenabwägung (Recht der Öffentlichkeit auf Information gegen Recht des Privatsektors auf Wirtschafts- und Vertragsfreiheit sowie auf Wahrung des Geschäftsgeheimnisses), welche Informationen sie veröffentlicht oder nicht veröffentlicht.

Die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellten Informationen werden regelmässig aktualisiert und sind korrekt und kohärent.

Angemessenheit der internen Transparenz

Die Dokumentation des Controllings der Offset-Geschäfte ist präzise, vollständig und von hoher Qualität. Sie enthält die Informationen, die für die jeweiligen Adressaten wichtig sind.

43 / 48

BBl 2022 262

Anhang 3

Ziele der Offset-Geschäfte Um die drei folgenden Ebenen unterscheiden zu können, analysierte die PVK alle Ziele, die in den Weisungen des Bundesrates, des VBS und der Armasuisse formuliert sind. Die PVK konzentrierte sich dann auf die ergebniszentrierten Ziele (und schloss die verfahrenszentrierten Ziele, z. B. zu den Modalitäten der Zusammenarbeit, aus).

Sie unterteilte diese gemäss den im Bereich der Evaluation häufig verwendeten Logikmodellen in drei Zielkategorien (Hauptziel, strategisches Ziel, operatives Ziel).

Die langfristige Veränderung eines Bereichs (Impact) entspricht dem Hauptziel, kurzoder mittelfristige Auswirkungen auf einen bestimmten Teilbereich (Outcomes) bezeichnet man als strategische Ziele und die Tätigkeiten, die sich aus der Politik ergeben und die quantifizierbar sind (Outputs), sind die operativen Ziele.

Art des Ziels

Ebene

Wortlaut der Ziele

Hauptziel

Bundesrat

«Offset-Geschäfte sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie, insbesondere der STIBUnternehmen, stärken.»64

VBS

«Kompensationsgeschäfte sollen die sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis stärken und ihr den Zugang zu Know-how, sicherheitsrelevanten Technologien und ausländischen Märkten ermöglichen.»65

Bundesrat

Zugang zu Spitzentechnologien und Know-how;

Strategisches Ziel

Stärkung der Position der Schweizer Industrie an den internationalen Märkten; Substanzielle Wertschöpfung in der Schweiz; Steigerung des Exportvolumens; Kein politisches Instrument zum Erhalt der Strukturen: Die betroffene Industrie muss wettbewerbsfähig sein.

VBS

Zugang zu Know-how; Zugang zu sicherheitsrelevanten Technologien; Zugang zu ausländischen Märkten.

64 65

Rüstungsgrundsätze des Bundesrates, 7261.

Rüstungsstrategie des VBS, 11.

44 / 48

BBl 2022 262

Art des Ziels

Ebene

Wortlaut der Ziele

Armasuisse Nachhaltige und effektive Generierung von Umsatzvolumen; Wissens- und Technologietransfer zugunsten der STIB; Transfer von Investitionen in die Schweiz; Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Staaten; Erhalt von bestehendem und Erwerb von zusätzlichem Know-how; Generierung von zusätzlichem Auftrags- und Exportvolumen; Förderung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen; Schaffung eines hohen volkswirtschaftlichen Nutzens; Erhalt des Industriestandortes Schweiz und Arbeitsplatzsicherung.

Operative Ziele

VBS

Kompensation im Umfang von 100 Prozent des Vertragswerts ab einem bestimmten Schwellenwert; Anwendung von Multiplikatoren, um die Kompensationen bedarfsorientiert zu steuern und die sicherheitsrelevanten Schwerpunkttechnologien gezielt zu fördern; Vergabe von Offset-Geschäften an die STIB durch den ausländischen Auftragnehmer.

Armasuisse Offset-Volumen: in der Regel 100 Prozent des Vertrags(Hauptwerts der Beschaffung; kriterien) Dauer: bei indirekten Offsets in der Regel bis zwei Jahre nach der Beschaffung; STIB: mindestens 60 Prozent der gesamten OffsetVerpflichtung mit STIB-Unternehmen; direkte Offsets: mindestens 20 Prozent der gesamten Offset-Verpflichtung als direkte Offsets; regionale Verteilung: Angestrebt wird eine Verteilung auf die drei Sprachregionen von rund 65 Prozent auf die deutschsprachige, 30 Prozent auf die französischsprachige und 5 Prozent auf die italienischsprachige Schweiz.66

66

Die mögliche regionale Verteilung wird auch in den Weisungen des Bundesrates und des VBS erwähnt, allerdings ohne Angabe von Werten.

45 / 48

BBl 2022 262

Anhang 4

Offset-Meldeformular

46 / 48

BBl 2022 262

Quelle: Webseite von Armasuisse, abgerufen am 27.4.2021.67 Grösse und Anordnung der Dropdown-Menüs wurden von der PVK verändert.

67

www.ar.admin.ch > Beschaffung > Rüstungspolitik > Offset

47 / 48

BBl 2022 262

Impressum Durchführung der Evaluation Dr. Raoul Kaenzig, PVK (Projektleitung) Marion Baud-Lavigne, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Armin Hanselmann, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Dr. Simone Ledermann, PVK (Projektsupervision) Julia Lehmann, PVK (wissenschaftliche Mitarbeit) Juristische Begleitung Prof. hon. Étienne Poltier, Universität Lausanne Dank Die PVK dankt allen an dieser Evaluation beteiligten Personen, namentlich den Mitarbeitenden von Armasuisse und des Offsets-Büros in Bern für ihre Auskünfte und Erklärungen. Sie bedankt sich zudem bei Prof. hon. Étienne Poltier für die juristische Begleitung des Projekts. Ein Dank gilt ausserdem allen Gesprächspartnerinnen und -partnern für ihre bereitwillige Teilnahme an den Interviews und für die erteilten Auskünfte.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel.: +41 58 322 97 99 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > PVK

Originalsprache des Berichts: Französisch 48 / 48