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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 1. November 1889.)

Nachdem über das Bundesgesetz vom 28. Juni 1889, betreffend die Hülfskassen der Eisenbahn- und Dampfschiffgesellschaften, innert der gesetzlichen Frist die Volksabstimmung nicht verlangt worden ist, ist dieses Gesetz vorn Bundesrath auf 1. Januar 1890 in Kraft erklärt und dessen Aufnahme in die amtliche Gesetzsammlung verfügt werden.

(Vom 5. November 1889.)

Am 4. Juli 1888 hat der Bundesrath beschlossen, daß die Mannschaftsdecken, welche für die Infanterie des Auszuges beschafft worden sind, als Bestandteil der Korpsausrüstung der Infanteriebataillone (Art. 165 Mil. Org.) erklärt werden und die Vorrät he an solchen Decken den kantonalen Zeughäusern in bleibende Verwaltung zu übergeben seien. Seither ist die Beschaffung von Bivouakdecken fortgesetzt worden.

Der Bundesrath hat auf den Antrag seines Militärdepartements auch die Mannschaftsdecken der Spezialwaffen, welche nun successive ausgerüstet werden, als Korpsausrüstung erklärt, und es werden dieselben den kantonalen Zeughäusern in bleibende Verwahrung übergeben.

Der Bundesrath hat das Departement des Innern, wie in den 3 letzten Jahren bezuglich der 3 ersten Bände, ermächtigt, auch vom 4. Jahrgang des polit. Jahrbuches der schweizerischen Eidgenossenschaft von Prof. Dr. Hilt 100 Exemplare zu Händen der Bundesverwaltung zu erwerben.

(Vom 8. November 1889.)

Der Regierungsrath des Kantons Luzern hat durch Beschluß vom 9. Oktober abhin -- veröffentlicht im Luzerner Kantonsblatt Tom 10. gl. Mts. -- u. A. angeordnet: 1) Die gemeindeweise Volksabstimmung über Annahme oder Verwerfung des Grossrathsbeschlusses vom 24. September 1889,

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betreffend die M a r i a h i l f k i r c h e in Luzern, wird hiemit auf Sonntag den 17. November nächsthin angeordnet.

2) Stimmberechtigt bei dieser Abstimmung sind die nach § 27 der Kantonsverfassung stimmfähigen Kantonsbürger und seit drei Monaten niedergelassenen Schweizerbürger (Art. 43 B. V.).

3) Die Abstimmung hat in derjenigen Tageszeit stattzufinden, die von den Gemeinderäthen für die auf den nämlichen 17. November angeordnete eidg. Volksabstimmung festgesetzt wird.

4) Unmittelbar nach den für die eidg. Abstimmung vorgeschriebenen Eröffnungen setzt der Gemeindepräsident die Versammlung in Kenntniss daß zugleich auch die geheime Abstimmung über Annahme oder Verwerfung des vorerwähnten Großrathsbeschlusses vorzunehmen sei.

5) Nach Bestellung des Bureau, welches für beide Abstimmungen amtet, wird der Großrathsbeschluß vom 24. September abgelesen. Es k a n n die Versammlung beschließen, daß die Ablesung unterbleiben soll. Hierauf stellt der Präsident die Anfrage, ob Jemand über den in Frage liegenden Großrathsbeschluß das Wort begehre. Begehrt Niemand das Wort oder ist die Besprechung geschlossen, so wird zur geheimen Abstimmung geschritten.

6) Der Namensaufruf und die Austheilung der Stimmkarten ist in folgender Weise vorzunehmen: Zuerst wird das kantonale Stimmregister abgelesen und es werden jedem Gerufenen, Her anwesend ist, die gedruckten Stimmkarten für beide Abstimmungen, die eidgenössische und die kantonale, übergeben. Hernach werden noch diejenigen gerufen, die bloß zur eidg. Stimmabgabe (und nicht auch zur kantonalen) berechtig! sind, und es wird jedem der letzteren nur eine eidg. Stimmkarte abgegeben.

7) Für die kantonale Abstimmung betreffend Mariahilfkirche erhält jeder Stimmberechtigte eine gedruckte Stimmkarte. Er beantwortet die auf derselben gedruckte Frage an der für die Antwort offenen Stelle mit. Ja oder Nein und legt die ausgefüllte Stimmkarle in eine unter Aufsicht des Bureau aufgestellte Schachtel.

Gleichzeitig kann auch die mit Ja oder Nein beschriebene eidg.

Stimmkarte eingelegt werden. Wer eingelegt hat, kann sich entfernen.

Gegen diese Verfügung ist der Stadtrath von Luzern durch Eingabe vom 14. Oktober bei der Regierung vorstellig geworden und hat das Gesuch gestellt, sie möchte die Volksabstimmung über den Großrathsbeschluß vom 24. September 1889, betreffend die Ueberlassung der Mariahilfkirche au die Altkatholiken auf einen andern Tag als den 17. November ansetzen, eventuell, in Abände-

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rung der Anordnung vom 9. Oktober, die Abstimmung über das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs in selbstständigem Verfahren vor der nachfolgenden Abstimmung über den Großrathsbeschluß verfügen.

Der Regierungsrath hat hierauf einen abschlägigen Bescheid ertheilt, worauf der Stadtrath das nämliche Gesuch durch Eingabe vom 24. Oktober vor den Bundesrath brachte.

Nach Einholung der Vernehmlassung der Regierung von Luzern hat der Bundesrath beschlossen : das in erster Linie gestellte Begehren des Stadtrathes von Luzern vom 24. Oktober 1. J. wird alt» unbegründet, das eventuelle Begehren dagegen als begründet erklärt und der Regierungsrath von Luzern demzufolge eingeladen, dafür zu sorgen , daß am 17. November im dortigen Kanton die Abstimmung über das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs in selbstständigen und unabhängigem Verfahren vor der Abstimmung über den Großrathsbeschluß betreffend die Mariahilfkirche, vom 24. September, vor sieh gehe.

Nach Art. 3 des Alkoholgesetzes wird den Privaten die Einfuhr von Qualitätsspirituosen unter den vom Bundesrath aufzustellenden Bedingungen gegen Entrichtung einer festen Monopolgebühr von Fr. 80 per q. gestattet. Unter Qualitätsspirituosen -- spiritueux de qualité supérieure -- wurden bei Vorberathung und Annahme des Gesetzes feine Konsumbranntweine verstanden. Es sollten also beispielsweise nicht unter den gedachten Begriff fallen diejenigen gebrannten Wasser, welche ihrem hohen Alkoholgehalt gemäß nicht unmittelbar zum Konsum dienen können, sondern zu Trinkzwecken erst noch einer Umwandlung bedürfen.

Um dieser Auffassung Rechnung zu tragen, hat der Bundesrath b e s c h l o s s e n : es seien alle nach der Gradstärke verzollbaren gebrannten Wasser mit Ausnahme des Alkohol absolutus bei einem Alkoholgehalt von über 72 ° nicht mehr als Qualitätsspirituosen zu behandeln und demgemäß auch nur dann in die Schweiz einzulassen, wenn die betreffenden Sendungen an die Adresse von Personen gerichtet sind, welche im Besitze einer besondern Einfuhrbewilligung- des Finanzdepartementes sind.

Der 98/1 OOgrädige, pharmazeutischen Zwecken dienende Alkohol absolutus ist zufolge der vom Bundesrath unterm 17. Juni 1889 gutgeheißenen Verfügung des Finazdepartements vorn 22. August 1087 nach Analogie der Qualitätsspirituosen zu behandeln.

Eine Ausnahme vom Einfuhrverbot für höhergradige gebrannte Wasser ist für diejenigen Geschäftsfirmen zu machen, welche für

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gewisse Zwecke (z. B. für die Herstellung von Parfümerien) eines bestimmten, über 72grädigen, von der Verwaltung nicht auf Lager gehaltenen Alkohols (z. B. der französischen Marke ,,Gaulois"1) bedürfen und behufs Einführung dieses Spezialartikels beim Departement um eine besondere Bewilligung einkommen.

Die k. spanische Gesandtschaft in Bern hat dem Bundesrathe einige Exemplare eines Réglementes für die nationalen Kunstausstellungen übermittelt, welches auch für die im Mai 1890 stattfindende spanische Kunstausstellung Gültigkeit hat. Das Reglement kann auf dem eidg. Departement des Innern bezogen werden.

Als Suppléant der Kommission für anatomisch - physiologische Prüfungen für Mediziner in Basel, wird an Stelle des demissionirenden Hrn. Privatdozenten Dr. J. Müller, Hr.

Dr. M i c h a e l , von Lenhoseck, in Basel ; ,, Mitglied der ärztlichen Fachprüfungskommission von Genf, an Stelle des demissionirenden Hrn. Professor Dr. L. Dumont, Hr. Professor Dr. Alfred Vi D c e n t , in Genf gewählt.

Der Bundesrath hat einen vom eidg. Militärdepartement ausgearbeiteten neuen D i s t a n z e n z e i g e r genehmigt.

Der Bundesrath hat gewählt: (am 5. November 1889) zum Revisor auf dem Kontrolbüreau der Telegraphendirektion : Hrn. Gottlieb Fehlbaum, von Schupfen (Bern), Telegraphist in Langenthal ; ^ Postkommis in Lausanne: ^ Albert Keyh, von Genf, Postaspirant, in Lausanne.

(am 8. November 1889) zum Postkommis in Fleurier : Hrn. Charles Robert, von Verrières (Neuenburg), Postkommis in Tramelan (Bernj.

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