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Bericht des

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Bundesrathes an die Bundesversammlung über den Rekurs der Regierung von Schaffhausen gegen seinen Beschluß vom 24. Januar 1888 betreffend die Höhe der von den Feuerversicherungsgesellschaften im Kanton Schaffhausen an das Löschwesen zu leistenden Beiträge.

(Vom 19. März 1889.)

Tit.

Artikel l, Abs. 3, des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens behält den Kantonen das Recht vor, von den privaten Feuerversicherungs-Unternehmungen mäßige Beiträge zu Zwecken der Feuerpolizei und des Feuerlöschwesens zu erheben, bestimmt jedoch in Absatz 4 : ,,Beschwerden gegen Verfügungen letzterer Art unterliegen dem Entscheide des Bundesrathes." Der Regierungsrath von Schaffhausen machte von der eingeräumten Befugniß Gebrauch und setzte durch Beschluß vom 23. März 1887 die von den Feuerversicherungsgesellschaften jährlich zu entrichtenden Beiträge auf Fr. 2*/2 von Fr. 100,000 ihres im Kanton ruhenden Versicherungskapitals, im Minimum auf Fr. 50 per Jahr und per Gesellschaft fest. Durch Beschluß vom 31. August gl. J.

wurde der erstere Ansatz auf Fr. 5 von Fr. 100,000 Versicherungskapital erhöht. Gegen diese Schlußnahmen ist von zwei Seiten Beschwerde geführt worden. Die schweizerische Mobiliarversiche-

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rungsgesellschaft in Bern hat den Ansatz von Fr. 5 auf Fr. 100,000 Vevsicherungskapital und die Feuerversicherungsgesellschaft Union in Paris den Minimalansatz von Fr. 50 angegriffen. Durch Beschluß vom 24. Januar 1888 haben wir die erstere Beschwerde begründet erklärt, soweit der geforderte Beitrag 2 Rappen von Fr. 1000 Versicherungssumme übersteigt, die Beschwerde gegen den Minimalansatz haben wir dagegen abgewiesen. Die Regierung von Schaffhausen ist mit unserer Entscheidung rücksichtlich der proportionellen Beiträge nicht einverstanden und hat sich unter'm 6./ll. Dezember abbin mit einem Rekurse an die Bundesversammlung gewandt, in welchem sie beantragt: Es sei der BundesrathsbeschluB vom 24. Januar 1888 aufzuheben und der Kanton Schaffhausen zu ermächtigen, von den Mobiliarversicherungs-Gesellschaften jährliche Beiträge an das Feuerlöschwesen bis zu 5 Rappen per Fr. 1000 Versicherungssumme zu erheben.

Zur Begründung dieses Antrages bringt die Rekurrentiu Folgendes an : Der Bundesrath sei irrthümlich von dem Standpunkte ausgegangen, es bilden diejenigen Beiträge, welche die Versicherungsgesellschaften zur Zeit der Berathung des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 an die Kantone zu bezahlen hatten, den einzig richtigen Maßstab für die Beantwortung der Frage, was unter einem mäßigen Beitrage zu verstehen sei. Damals seien nur von wenigen Kantonen Beiträge gefordert worden. Erst seither haben weitere 9 Kantone den Bezug von solchen beschlossen; davon beziehen drei Kantone je 3 Rappen, vier Kantone mehr und zwei Kantone weniger als 3 Rappen. Der Bundesrath habe in seinen Erwägungen nicht berücksichtigt, daß die Feuerversicherungsgesellschaften früher an die Feuerwehren bei außerordentlichen Leistungen Gratifikationen ausrichten ließen. Nach ihrer Ansicht seien die Beiträge festzustellen mit Rücksicht auf die Ausgaben, welche den Kantonen und · Gemeinden für das Feuerlöschwesen erwachsen. Die Einwendungen der Gesellschaften gegen die Höhe der Beiträge seien nicht schwerwiegend; wenn auch 15 % der nach einem Durchschnitt der letzten 10 Jahre erzielten Reingewinne wieder indirekt in den Beutel der Versicherten zurückfließen sollten, so sei dies nicht so schlimm.

Durch den angefochtenen Beschluß sei eine ungleiche Behandlung der Kantone in dieser Beziehung geschaffen worden.

Zur Berichterstattung über
den Rekurs der Regierung von Schaffhausen eingeladen, müssen wir derselben vorerst das Recht bestreiten, diese Angelegenheit an die Bundesversammlung weiterzuziehen.

Das angeführte Bundesgesetz wollte offenbar die Entscheidung der in Frage stehenden Beschwerden in die endliche Kompetenz

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des Bundesrathes stellen. Die Gründe hiefür sind naheliegend. Es handelt sich um Fragen des Quantums. Dem Bundesrathe stehen infolge der ihm im gleichen Gesetze übertragenen Aufsicht über das Privatversicherungswesen alle Thatsachen zur Hand, deren Keuntniß in Fällen der vorliegenden Art zu einer richtigen, die sämmtlichen in Betracht fallenden Verhältnisse berücksichtigenden Entscheidung erforderlich ist. Nicht staatsrechtliche Differenzen oder verfassungsmäßige Rechte stehen in Frage, ja nicht einmal wirkliche Adrninistrativstreitigkeitea, sondern eine bloße Moderationsbefugniß. Die Nachprüfung und Festsetzung der bezüglichen Beiträge der Bundesversammlung zuzurnuthen, heißt deren Aufgabe und Bedeutung verkennen.

Es ist zwar richtig, daß in Art. 85, Ziff. 12, der Bundesverfassung als in den Geschäftskreis der Bundesversammlung fallend aufgezählt sind: ,,Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesrathes über Administrativstreitigkeiten". Die Bundesversammlung hat jedoch wiederholt ausgesprochen, daß diese Bestimmung (und der mit ihr korrespondirende Artikel 74, Ziffer 15 der Verfassung von 1848) nicht ein unbeschränktes Rekursrecht gegen alle Entscheidungen und Verfügungen des Bundesrathes geschaffen habe. So hat die Bundesversammlung es abgelehnt, auf Rekurse gegen Beschlüsse des Bundesrathes in Expropriationssachen einzutreten.

Die von beiden Ruthen im Falle Kindlimänn (Bundesbl. 1862, I, 403) angenommene, auch für den vorliegenden Fall vollständig zutreffende Motivirung lautet: ,,daß der Art. 25 des Bundesgesetzes vom 1. Mai 1850 über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten die Entscheidung von Streitigkeiten, welche über die Abtretungspflicht für öffentliche Werke entstellen, dem Bundesrathe übertragen hat, o h n e d a b e i e i n e n W e i t e r z u g a n d i e B u n d e s v e "r S a m m l u n g v o r z u b e h a l t e n " . I n den bemerkenswerthen Berichten, welche Standerath Dr. Blutner und Nationalrath Ruffy im Namen der Kommissionen der Räthe in dieser Rekurssache erstatteten (Bundesbl. 1862, I, 421 u. ff., 425 u. ff.), ist ausgeführt, daß ein unbeschränktes Rekursrecht zu Ungereimtheiten führen und die Bundesversammlung mit zahlreichen Fällen beschweren wurde, zu deren Entscheidung sie sich nicht eigne. Würde das Rekursrecht im Fragefalle zugestanden, so müßten zum Beispiel
auch Rekurse über die Anwendung von Art. 46 des Bundesgesetzes vom 8. März 1881 über die Ausgabe und Einlösung von Banknoten statthaft erklärt werden.

Obschon wir im Vorstehenden zu dem Schlüsse gelangt sind, die Bundesversammlung sollte auf den Rekurs der Regierung von Schaffhausen nicht eintreten, so stehen wir doch nicht a n , auch Bundeiblatt. 41. Jahrg. Bd. I.

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die materielle Seite der Angelegenheit in den Bereich unseres Berichtes zu ziehen. Dieselbe ist von uns bereits umfassend erörtert worden in den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses vom 24. Januar 1888, welche wir deshalb hier wörtlich zum Abdruck bringen : 1) ,,Für die Beantwortung der Frage, wie hoch die Beiträge 'der Feuerversicherungsgesellschaften an das Feuerlöschwesen und die Feuerpolizei der Kantone angesetzt werden dürfen, um noch als mäßige im Sinne des Gesetzes zu gelten, fehlt es an einem festen Maßstabe. Einen Anhaltspunkt gewähren die kantonalen Gesetze, welche im Zeitpunkt der Berathung des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 in dieser Richtung schon bestanden haben. Denn diese Gesetze hatte offenbar der Ständerath vor Augen, als er die Aufnahme des Vorbehalts der erwähnten Beiträge beschloß. Es forderten damals von den Feuerversicherungsgesellschaften: Nidwaiden (Gesetz vom 13. Mai 1877) 2 °/o der einkassirten Prämien, wovon 3/4 als Beitrag an das Löschwesen, V* als eigentliche Steuer an die Staatskasse; Basel-Stadt (Gesetz vom 7. April 1879) einen fixen Betrag von Fr. 50 und 2Va Rappen von Fr. 1000 Versicherungskapital; Genf (Gesetz vom 18. Oktober 1882) zu Gunsten der Caisse de Secours des Sapeurs-Pompiers eine jährliche Gebühr von Fr. 400, 600 oder 800; Bern (Dekret des Großen Käthes vom 31. Januar 1884) jährliche Beiträge von Fr. 100 bis 500; St. Gallen (Gesetz vom 22. November 1884) zwei Rappen von Fr. 1000 Versicherungssumme; überdies bezog Tessin als eigentliche Steuer 5 °/o der bezogenen Prämien. Diese Steuer bildete den Gegenstand unausgesetzter Kritik und ist seit zwei Jahren nicht mehr erhoben worden. Die angeführten festen Beiträge von Bern und Genf erreichen gegenwärtig nicht ganz einen Rappen von Fr. 1000 Versicherungssumme der in diesen Kantonen bei den Privatgesellschaften versicherten Objekte.

2) ^Seit dem Erlaß des Bundesgesetzes sind solche Beiträge neu eingeführt worden in: ZUrich (Gesetz vorn 25. Oktober 1885) im Maximum drei Rappen von Fr. 1000 Versicherungssumme; Appenzell l. Rh. (Beschluß der Standeskommission vom 15. November 1886) nicht fest bestimmt: Helvetia und Bâloise bezahlten im Jahre 1887 zusammen Fr. 160 gleich 3Va Rappen von Fr. 1000 Versicherungskapital im Kanton ; Uri (Verordnung des Landraths vom 25. November 1886) drei Rappen von Fr. 1000
Versicherungskapital; Thurgau (Beschluß des Regierungsrathes vom 18. Februar 1887) zwei Rappen von Fr. 1000, mindestens aber Fr. 50 ; Appenzell A. Rh.

(Beschluß des Kantonsrathes vom 22. März 1887) vier Rappen von Fr. 1000, mindestens aber Fr. 20; Schaff hausen (s. den vorstehenden Thatbestand) zuerst 2Vs, dann fünf Rappen von Fr. 1000 Ver-

631 Sicherungssumme, im Minimum aber Fr. 50. Bndlich beabsichtigen in Zukunft zu erheben: Schwyz 2, Luzern 3 und Zug 5 Rappen von Fr. 1000 Versicherungssumme.

3) ,,Aus der vorstehenden Zusammenstellung ergibt sich, daß die fraglichen Beiträge bei der Aufstellung des ihren Fortbezug sichernden Vorbehaltes im Bundesgesetz nur in einem von fünf Kantonen mehr als zwei Rappen von Fr. 1000 Versicherungskapital betragen haben, und daß die Tendenz zur vermehrten Herbeiziehung der privaten Feuerversicherungs-Unternehmungen erst seither entstanden ist. Wenn sich nun der Bundesgesetzgeber schon damals veranlaßt sah, die mäßige Bemessung der Zuschüsse einzuschärfen und dem Bundesrath eine Moderationsbefugniß vorzubehalten, so ergibt sich daraus für die entscheidende Behörde die Pflicht, der Tendenz zur Erhöhung entgegenzutreten. Die Beschränkung auf mäßige Beiträge hat ihren Grund zweifellos darin, daß sehr gewichtige Gesichtspunkte gegen die Erhebung einer solchen Abgabe überhaupt sprechen. Die Feuerversicherungsgesellschaften werden leicht Mittel und Wege finden, um diese Ausgabe auf die Versicherten des betreffenden Gebietes abzuwälzen. Die Letztern aber entrichten ihre Steuern wie alle ändern Bürger, und es ist wenig zutreffend, wenn sie für ihre größere Vorsicht und Sorgfalt besonders belastet werden.

Werden die Beiträge wirklich von den Versicherungsgesellschaften getragen, was zwar bei denjenigen auf Gegenseitigkeit durch die Natur der Sache ausgeschlossen ist, so bilden sie ebenfalls eine Zulage zu den übrigen Steuern und Abgaben, welche auch von diesen Unternehmungen entrichtet werden müssen. Es ist bemerkenswerth, daß außerhalb der Schweiz die sogenannte Feuerwehrsteuer nur in Bayern und in Oesterreich (in einzelnen Gebieten) vorkommt. In Bayern beträgt sie l °/p der einkassirten Prämien, in Oesterreich scheint sie höher veranlagt zu sein, da die Versicherungsgesellschaften beschlossen haben, sie den Versicherten zur Last zu sehreiben.

4) ,,Daß die Beiträge eine ganz erhebliche Belastung des Geschäftsbetriebes der Feuerversicherungsgesellschaften ausmachen, selbst wenn nur bei zwei Rappen von Fr. 1000 Versicherungssumme verblieben wird, ergeben folgende Zahlen: Die Gesammtversicherungssumme der bei privaten Gesellschaften in der Schweiz versicherten Objekte beträgt annähernd 4200 Millionen, was
bei einem Ansätze von zwei Rappen von Fr. 1000 eine Beitragssumme ausmacht von Fr. 84,000, allerdings vorausgesetzt, daß die Abgabe in allen Kantonen bestehe, was bei dem geschilderten Lauf der Dinge wohl nicht mehr lange anstehen wird. Die

632 Beschwerdeführerin allein würde, wie sie richtig bemerkt, mit ihrem Versicherungskapital von 1257 Va Millionen Franken auf eine Beitragssumme von Fr. 25,050 zu stehen kommen, also auf einen höhern Betrag, als der Bund zufolge des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 an die Kosten der Bundesaufsicht von sämmtlichen konzessionirten Versicherungsunternehmungen verlangen darf. Bei den Gesellschaften Helvetia und Bâloise absorbirt ein Beitrag von zwei Rappen von Fr. 1000 Versicherungssumme 15 °/o des nach einem Durchschnitt der letzten 10 Jahre erzielten Reingewinns.

5) ,,Mit Recht haben allerdings Präsident und Regierungsrath des Kantons Schaffhausen auf die guten Löscheinrichtungen dieses Kantons und seiner Gemeinden hingewiesen und betont, daß dieselben hauptsächlich auch den Feuerversicherungsgesellschaften zu Statten kommen. Gewiß kann es, so lange von den Versicherungsgesellschaften Zuschüsse an das Feuerwehrwesen erhoben werden, für deren Festsetzung nicht bedeutungslos sein, in welchem Zustande sich dasselbe befindet. Bei einem Kanton mit ungenügenden Einrichtungen würden die Beiträge auf den niedrigsten Ausatz zu reduziren sein. Dagegen darf man nicht, wie die Antwort auf die Beschwerde es thut, außer Acht lassen, daß die Feuerversicherungsgesellschaften den guten Loscheinrichtungen und der guten Feuerpolizei schon bei Anwendung ihrer Tarife Rechnung tragen, und daß durch jene öffentlichen Anstalten auch unersetzliche Güter, wie Gesundheit und Leben der Menschen und die vielen nicht versicherten Objekte, geschützt werden. Ebenso ist daran zu erinnern, daß die Hochdruckwasserleitungen beinahe ausnahmslos auch ändern Zwecken, wie der Beschaffung von Trinkwasser, dem Betriebe von Industrien u. s. w. dienen.

6) ,,Aus den bisherigen Erwägungen haben sich gewichtige Gründe für den Standpunkt der seh\veizerischen Mobiliarversichernngsgesellschaft ergeben. Dagegen entbehrt die Beschwerde der ,,Union" der Begründetheit, da ein Minimum von Fr. 50 noch als ,,mäßig" im Sinne des Bundesgesetzes bezeichnet werden kann."

Diesen Erwägungen haben wir nur wenig beizufügen. Durch dieselben wird die Behauptung in der Rekurseingabe widerlegt, daß wir die Beiiräge, welche im Zeitpunkte der Berathung des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 bestanden, zum einzigen Maßstab für die Beantwortung der Frage genommen hätten,
was unter einem mäßigen Beitrage zu verstehen sei. Es ist ja in den Erwägungen ausführlich Bezug genommen auf eine Reihe weiterer Momente, wie die Bedenken, welche dner solchen Steuer überhaupt entgegenstehen, die Stellung der Versicherlen, die Leistungsfähigkeit der Versicherungsgesellschaften, den Zustand der Löscheinrich-

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tungen. Nicht zutreffender als dieses Argument erweisen sich die übrigen Ausführungen der Rekurrentin. Wenn seit dem oft zitirten Bundesgesetz in mehreren Kantouen höhere Beiträge eingeführt worden sind, so zeigt dies nur, wie nothwendig es war, in den) Bundesgesetz Schranken gegen eine zu weitgehende Belastung aufzustellen. Die Eingabe nimmt ohne Grund an, daß mit der Erhebung von Beiträgen die freiwilligen Gratifikationen weggefallen seien, welche die Feuerversicherungsgesellschaften früher bei außerordentlichen Leistungen ausrichteten. So wenig durch die Beiträge an das ordentliche Löschwesen die außergewöhnlichen Leistungen vermehrt werden, so wenig können die Gesellschaften das bisher angewendete Mittel zur Herbeiführung besonderer Leistungen bei Seite setzen. Dieselben richten denn auch fortwährend Belohnungen für solche aus. Wir sind mit der Rekurrentin darüber einverstanden und haben es schon in der Erwägung sub Ziffer 5 hervorgehoben, daß bei der Bemessung der Beiträge auch der Zustand des Löschwesens und die Ausgaben für dasselbe mit in Betracht zu ziehen sind. Hierauf beruht es zweifellos, daß im mehrerwähnten Buridesgesetz die Beiträge nicht fest bestimmt sind und auch nicht deren Normirung durch eine allgemeine bundesräthliche Verordnung oder Verfügung vorgesehen ist, sondern die Entscheidung von Fall zu Fall, je nach den Umständen. Dadurch ist aber auch die Möglichkeit ungleich hoher Beiträge in den Kantonen gegeben, welche die Rekurseingabe hervorhebt. Eine Ungleichheit kann übrigens auch dann entstehen, wenn gegen die Verfügungen eings Kantons nicht Beschwerde geführt wird. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind wir nicht berechtigt, in dieser Richtung von Amtes wegen einzuschreiten.

Wenn die Regierung von Schaffhausen im Weitern meint, daß durch die Einrichtung der Beiträge ein Theil des Reingewinns der Feuerversicherungsgesellschaften wenigstens indirekt an die Versicherten zurückfließe, so müssen wir dieser Annahme des Bestimmtesten entgegentreten. Sie beruht auf einer vollständigen Verkennung der Thatsachen. In Wirklichkeit wird durch die Erhebung der Beiträge eine doppelte Belastung der versicherten und eine theilweise Entlastung der unversicherten Bürger bewirkt. Die Ersteren bezahlen einerseits die öffentlichen Abgaben; dazu kommen noch in der höhern Prämie die Beiträge. An
den daraus bestrittenen Einrichtungen participiren dann auch diejenigen, welche es unterließen, sich zu versichern. Mau hat zwar verlangt, daß es den Gesellschaften untersagt werde, die Beiträge auf die Versicherten überzuwälzen. Eine solche Vorschrift würde weder gerechtfertigt noch durchführbar sein. Wo der Versuch zu ihrer Durchführung gemacht wurde, ist man bald wieder davon zurückgekommen. Die

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Feuerversicherungsunternehmungen stellen für die verschiedenen Versicherungsgebiete, in welchen sie Geschäfte betreiben, verschiedene Tarife auf, indem sie die Höhe des 'Risikos und die Betriebsauslagen in Betracht ziehen. Es kann nun nicht als unbillig betrachtet werden, wenn sie auch die bezahlten Beiträge mit in Anschlag bringen. Für die öffentlichen Behörden würde es jedenfalls nicht möglich sein, sie daran zu hindern, da denselben die Mittel abgehen, um die Richtigkeit eines Tarifes in so weitgehender Weise zu kontroliren.

u In der Erwägung sub Ziffer 3, am Ende, ist von uns auf den Stand der vorliegenden Frage in ändern Staaten Bezug genommen worden. Diese Aufzählung ist, wie wir seither in Erfahrung gebracht haben, nicht erschöpfend. Außer Bayern beziehen auch noch andere deutsche Staaten solche Spezialsteuern, so z. B. Sachsen Ì °/o der eingenommenen Prämien. Dagegen sind dieselben in Belgien, wo die Gemeinden das Recht zu ihrer Erhebung besaßen, seit dem 1. Januar 1888 abgeschafft. Und in Frankreich hat unterm 8. Dezember verflossenen Jahres die Deputirtenkammer den Antrag, den E^euerversieherungsgesellschaften eine solche Steuer im Betrage von l Va °/o der eingenommenen Prämien aufzuerlegen, mit 414 gegen 106 Stimmen abgelehnt. In der Diskussion wurden gegen diese Steuer namentlich folgende Gründe in's Feld geführt: Die Produktionskosten fallen in der Versicherung, wie überall im wirthschaftlichea Verkehr, dem Konsumenten, d. h. dem Versicherten zur Last, und ergebe keine Mittel, die Ueberwälzung zu verhindern.

Das Löschwesen sei eine Angelegenheit des Gemeinwesens und deshalb aus den allgemeinen Einnahmen zu bestreiten. Sonst müsse man auch in anderer Richtung zu altern Ansichten zurückkehren und von denjenigen, welche eine Staats- oder Gemeinde-Einrichtung, wie Schulen, Brücken, Straßen, Beleuchtung etc. benutzen, ein besonderes Entgelt dafür verlangen. Durch die Steuer werde der Vorsichtige bestraft und der wünschbaren Ausdehnung und Verallgemeinerung der Versicherung Eintrag gethan.

Wir schließen diesen Bericht mit den Anträgen : 1. Sie möchten auf den Rekurs der Regierung von Schaffhausen nicht eintreten ; eventuell 2. Sie möchten denselben abweisen.

B e r n , den 19. März 1889.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bunclespräsident: Hammer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung über den Rekurs der Regierung von Schaffhausen gegen seinen Beschluß vom 24. Januar 1888 betreffend die Höhe der von den Feuerversicherungsgesellschaften im Kanton Schaffhausen an das Löschwesen zu le...

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23.03.1889

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