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22.004 Jahresbericht 2021 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 25. Januar 2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen gestützt auf Art. 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2021 und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Januar 2022

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidentin der GPK-N: Prisca Birrer-Heimo Der Präsident der GPK-S: Matthias Michel

2022-0306

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Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

6

2

Auftrag und Organisation 2.1 Auftrag und Kompetenzen der GPK 2.1.1 Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht 2.1.2 Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten 2.1.3 Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat 2.1.4 Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen (FK), der Finanzdelegation (FinDel) und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) 2.2 Organisation und Zusammensetzung der GPK

7 7 7 8

3

Arbeiten der GPK im Jahr 2021 3.1 Veröffentlichungen im Jahr 2021 3.2 Wirtschafts-, Bildungs- und Finanzpolitik 3.2.1 Projektförderung durch Innosuisse 3.2.2 Fehler bei der Bezifferung der Anzahl Zweiverdienerehepaare 3.2.3 Umsetzung des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen 3.2.4 Umgang mit Klimafinanzrisiken 3.2.5 Tierschutz und Direktzahlungen 3.3 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.3.1 Elektronisches Patientendossier (EPD) 3.3.2 Institut für Virologie und Immunologie: Personalsituation 3.4 Internationale Beziehungen und Aussenhandel 3.4.1 Betrugsfall in der Schweizer Botschaft Moskau 3.4.2 EDA-Aussennetz: Lokale Botschaftsangestellte 3.4.3 Versetzungen EDA 3.4.4 Sponsoring im EDA 3.4.5 Abbruch der Verhandlungen zum Institutionellen Abkommen Schweiz-EU 3.5 Staat und Verwaltung 3.5.1 Zukunft der Datenbearbeitung und -sicherheit 3.5.2 Vereinbarung zwischen EJPD und chinesischen Migrationsbehörden 3.5.3 LINGUA-Analysen des SEM 3.5.4 Reorganisation der Bundeskriminalpolizei 3.5.5 Reorganisation des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen 3.5.6 Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern unter dem Personenfreizügigkeitsabkommen

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10 10 12 15 16 17 17 19 20 22 24 26 26 28 29 29 30 31 32 33 34 34 37 38 39 40 41

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3.6

4

Justizwesen und Bundesanwaltschaft 3.6.1 Interne Probleme am Bundesstrafgericht 3.6.2 Stellungnahme an die Gerichtskommission zur Gesamterneuerung des Bundesstrafgerichts 3.6.3 Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter 3.6.4 Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der BA: Folgearbeiten 3.7 Sicherheit und Sport 3.7.1 Aufklärungsdrohnensystem (ADS-15) 3.7.2 Patrouille des Glaciers (PdG) 3.7.3 Cybersicherheit 3.8 Umwelt, Verkehr und Infrastruktur 3.8.1 Organisation der SBB-Transportpolizei 3.8.2 Mangel an Lokführerinnen und Lokführern bei der SBB 3.8.3 Störungen im Netz der Swisscom AG 3.8.4 Empfehlungen der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) 3.8.5 Untersuchung des Absturzes der Ju-52 3.8.6 Schutz der Biodiversität in der Schweiz 3.8.7 Belästigungsfälle bei der SRG 3.9 Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel 3.9.1 Einleitung 3.9.2 Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG 3.9.3 Nachkontrolle zur Spezialitätenliste der OKP: Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten 3.9.4 Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel 3.10 Dienststellenbesuche 3.11 Aufsichtseingaben 3.12 Weitere von den GPK behandelte Themen

42 42

Inspektion Covid-19-Pandemie 4.1 EDI 4.1.1 Organisation des EDI und des BAG für die Krisenbewältigung 4.1.2 Wissenschaftliche Informationsquellen des EDI und des BAG 4.1.3 Internationale Informationsquellen und internationaler Austausch des EDI und des BAG 4.1.4 Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen bei der Krisenbewältigung 4.1.5 Management der medizinischen Güter 4.1.6 Covid-19-Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende 4.2 WBF

86 88

43 45 47 47 47 49 51 55 55 56 59 61 63 65 68 71 71 72 74 75 79 80 80

88 89 90 92 94 97 98

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4.2.1 4.2.2 4.3 4.4

4.5

4.6

5

6

EDA 4.3.1 VBS 4.4.1

Massnahmen im Bereich Wohnen und Mieten in der Coronakrise Massnahmen des Bundes betreffend Bildung und Maturitätsprüfungen in der Coronakrise Wahrnehmung der Schweiz im Ausland Beschaffung von Schutzmaterial / Rolle der Armeeapotheke Rolle des Bundesstabs Bevölkerungsschutz

4.4.2 EJPD 4.5.1 Covid-19: Massnahmen im Asylbereich 4.5.2 Covid-19: Grenzschliessungen Bundeskanzlei 4.6.1 Covid-19: Politische Rechte 4.6.2 Auswertung des Krisenmanagements durch den Bundesrat

98 100 103 103 104 104 105 105 105 106 108 108 109

Staatsschutz und Nachrichtendienste 5.1 Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel 5.2 Nachkontrolle zur Inspektion zum Fall Crypto AG 5.3 Dienststellenbesuche zu «Hacking» und Kryptologie 5.4 Steuerungsinstrumente des Bundesrats 5.5 Kontakte mit dem Ausland 5.6 Genehmigungspflichtige Informationsbeschaffung 5.7 Operationen und Quellen 5.8 Änderungen von nachrichtendienstlichen Rechtsgrundlagen 5.9 Kabel- und Funkaufklärung 5.10 Auskunfts- und Meldepflichten 5.11 Auskunftspraxis des NDB 5.11.1 Auskunft gemäss Datenschutzgesetz 5.11.2 Aufschub der Auskunft aus Geheimhaltungsgründen 5.11.3 Aufschub der Auskunft bei Nichtverzeichnung: Praxisänderungen des NDB 5.11.4 Benachrichtigung nach dem Aufschub der Auskunft 5.12 Zusammenwirken von Aufsicht und Oberaufsicht 5.13 Aufsichtstätigkeit der AB-ND 5.14 Weitere Geschäfte der GPDel zum NDB 5.15 Neubau Verwaltungszentrum an der Papiermühlestrasse 20

110 110 111 113 114 115 116 118 120 122 123 125 125 125

Geschäftsberichte 2020 und wiederkehrende Berichte 6.1 Geschäftsbericht 2020 des Bundesrates 6.2 Geschäftsbericht 2020 des Bundesgerichts 6.3 Weitere von der GPK geprüfte Berichte

135 135 137 137

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Abkürzungsverzeichnis

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Jahresbericht 2021 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle Anhang zum Jahresbericht 2021 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte BBl 2022 514

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Bericht 1

Einleitung

Der vorliegende Jahresbericht bietet einen Überblick über die Tätigkeit der parlamentarischen Oberaufsicht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) im Jahr 2021. Er enthält überdies Informationen zu den Arbeitsmethoden und -prozessen, zu den Problemen im Zusammenhang mit bestimmten Aufsichtsgeschäften und zu den erzielten Ergebnissen. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei seit einigen Jahren auf Geschäften, zu denen im Laufe des Jahres nicht bereits öffentlich kommuniziert wurde (vgl. Ziff. 3.2 ff.). Um die Transparenz zu erhöhen, informieren die GPK im Jahresbericht ausserdem über ihre laufenden Arbeiten (vgl. Ziff. 3.9, 3.10 und 3.12).

Die GPK beschlossen an ihrer Sitzung vom 18. Mai 2020 eine Inspektion zur Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie einzuleiten. Im Rahmen dieser Inspektion wurden im Jahr 2021 verschiedene Abklärungen durchgeführt, u. a. zur Krisenorganisation (vgl. Ziff. 4.1.1), zur Impfstoffbeschaffung (vgl. Ziff. 4.1.5) und zu den politischen Rechten (vgl. Ziff. 4.6.1). Das Kapitel 4 gibt Auskunft über die verschiedenen Arbeiten im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Covid-19-Pandemie durch die GPK.

Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie standen auch zwei der drei Inspektionen, welche die GPK im Jahr 2021 einleiteten: Diese betreffen die Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sowie das Thema Kurzarbeit in der Coronakrise. Die dritte Inspektion widmet sich den ausserparlamentarischen Verwaltungskommissionen.1 Die erwähnten Inspektionen stützen sich jeweils auf eine Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK, vgl. Bericht im Anhang). Auf der Basis der Evaluationen der PVK wird die zuständige Kommission ihre Beurteilungen aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht vornehmen.

Neben den erwähnten Inspektionen befassten sich die GPK im Jahr 2021 mit diversen weiteren Themen, zu denen bisher keine Informationen veröffentlicht wurden und die nun Gegenstand des vorliegenden Berichtes sind. Dazu gehören insbesondere der Schutz der Biodiversität in der Schweiz (vgl. Ziff. 3.8.6), die Belästigungsvorwürfe bei der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG, vgl. Ziff. 3.8.7), die Bewältigung der Cyberattacke auf EasyGov
(vgl. Ziff. 3.7.3), der Umgang mit Klimafinanzrisiken (vgl. Ziff. 3.2.4), das Sponsoring im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA, vgl. Ziff. 3.4.4), die Patrouille des Glaciers (PdG, vgl Ziff. 3.7.2) sowie die internen Probleme am Bundesstrafgericht (BStGer, vgl. Ziff. 3.6.1).

Die GPK publizierten im vergangenen Jahr neun Untersuchungsberichte. Zwei davon informierten über Abklärungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, zwei weitere betrafen Nachkontrollen zu früheren Untersuchungen der GPK (vgl. Ziff. 3.1).

1

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 29. Januar 2021.

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Im Berichtsjahr traten die GPK zu 20 Plenarsitzungen, einer Sitzung der Koordinationsgruppe und 82 Subkommissions- bzw. Arbeitsgruppensitzungen zusammen. Davon waren 15 Termine Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel führte 13 Sitzungen durch. Insgesamt fanden 116 Sitzungen statt.

Die GPK haben den vorliegenden Bericht an der gemeinsamen Plenarsitzung vom 25. Januar 2022 einstimmig gutgeheissen und dessen Veröffentlichung beschlossen.

Der Berichtsentwurf war den betroffenen Behörden gemäss Artikel 157 des Parlamentsgesetzes (ParlG)2 zur Stellungnahme unterbreitet worden. Die abgegebenen Stellungnahmen waren von den GPK und der GPDel geprüft und soweit wie möglich berücksichtigt worden.

2

Auftrag und Organisation

2.1

Auftrag und Kompetenzen der GPK

2.1.1

Aufgaben der GPK im Rahmen der Oberaufsicht

Die GPK nehmen als parlamentarische Kommissionen im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr (Art. 169 der Bundesverfassung [BV]3, Art. 52 ParlG). Die Aufgaben, Zuständigkeiten und Kompetenzen der GPK werden in den Artikeln 2627, 5255 und 153158 ParlG sowie in weiteren Gesetzes-4 und Verordnungstexten5 definiert.

Bei der Ausübung ihres Auftrags überprüfen die GPK hauptsächlich, ob die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und ob die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben richtig erfüllt werden (Überprüfung der Rechtmässigkeit). Zudem achten sie darauf, dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und dass die Bundesbehörden ihren Entscheidungsspielraum angemessen nutzen (Überprüfung der Zweckmässigkeit). Schliesslich kontrollieren sie auch die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen mit Blick auf die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele (Überprüfung der Wirksamkeit).

Die GPK erfüllen ihre Aufgaben, indem sie:

2 3 4

5

­

Inspektionen durchführen;

­

die PVK mit Evaluationen beauftragen; Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (ParlG; Systematische Rechtssammlung (SR) 171.10).

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101).

Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 20 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (AtraG; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18. März 2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGVAnG; SR 742.140.3).

Handlungsgrundsätze der GPK vom 29. August 2003 und 4. September 2003 (BBl 2015 4841).

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­

die jährlichen Geschäftsberichte des Bundesrates und des Bundesgerichtes sowie die Jahresberichte anderer Verwaltungseinheiten des Bundes prüfen;

­

die Berichte behandeln, welche ihnen der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen vorlegen müssen;

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

­

Empfehlungen an den Bundesrat, an die Departemente, an die eidgenössischen Gerichte und an die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) oder an die Bundesanwaltschaft (BA) richten;

­

die Umsetzung früherer Empfehlungen kontrollieren.

Die GPK erstatten dem Parlament über die Hauptergebnisse ihrer Arbeit einmal jährlich Bericht (Art. 55 ParlG). Dieser Jahresbericht wird in der Frühlingssession in beiden Räten behandelt.

Der Aufsichtsbereich der GPK umfasst sämtliche Tätigkeiten des Bundesrates und der Einheiten der Bundesverwaltung sowie der eidgenössischen Gerichte und der BA, wobei die Rechtsprechung der Gerichte und die Entscheide des Bundesanwalts von der Kontrolle ausgeschlossen sind (Art. 191c BV, Art. 26 Abs. 4 ParlG).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, unterliegen der parlamentarischen Oberaufsicht, auch wenn die GPK die Oberaufsicht in diesem Bereich ­ im Vergleich zu den Dienststellen der Zentralverwaltung ­ nur sehr zurückhaltend wahrnehmen. Die Kantone sind ebenfalls der Aufsicht der GPK unterstellt, soweit sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

2.1.2

Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPK über weitreichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG), die mit der Änderung des ParlG vom 17. Juni 2011 verstärkt und präzisiert wurden.6 Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle amtierenden und ehemaligen Behördenvertreter, Mitarbeitenden von Dienststellen sowie Vertreterinnen und Vertreter von übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und sie können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Sie haben zudem die Möglichkeit, auskunftspflichtige Personen vorzuladen und nötigenfalls vorführen zu lassen. Das Amtsgeheimnis findet bei Anhörungen von Bediensteten des Bundes durch die GPK keine Anwendung. Es kann deshalb durch die angehörten Personen nicht vorgebracht werden, um eine Aussage vor den GPK zu verweigern.

6

ParlG: Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen, Änderung vom 17. Juni 2011 (AS 2011 4537); Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel vom 27. Januar 2012, Ziff. 2.1.4. (BBl 2012 6783, hier 6797).

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Bei den Informationsrechten der GPK gibt es nur zwei Einschränkungen: Erstens haben die GPK keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Protokolle der Bundesratssitzungen. Zweitens sind die GPK nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste oder aus anderen Gründen geheim zu halten sind (Art. 153 Abs. 6 ParlG).

Die Aufsichtskommissionen «entscheiden endgültig über die Ausübung ihrer Informationsrechte» (Art. 153 Abs. 6 erster Satz ParlG). Diese abschliessende Entscheidungskompetenz der Aufsichtskommissionen gewährleistet, dass nicht die Exekutive als kontrolliertes Organ, sondern die GPK als das kontrollierende Organ über die Tragweite und Ausübung der Informationsrechte im Einzelfall bestimmen. Wird vom Bundesrat geltend gemacht, das verlangte Dokument falle in die Kategorie des Staatsschutzes, ziehen die GPK die GPDel bei, um über diese Frage zu befinden.

Die beiden erwähnten Vorbehalte bei den Informationsrechten der GPK gelten nicht für die GPDel: Diese verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterstellten Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern dazu auch formelle Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPK und der GPDel erfordern im Gegenzug die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit vertraulichen Informationen. Die GPK sind deshalb gehalten, geeignete Vorkehren für den Geheimnisschutz zu treffen (Art. 150 Abs. 3 ParlG).7 Sie haben dazu entsprechende Weisungen erlassen, die u. a. den Zugang zu Mitberichten von Departementsvorstehenden zu Bundesratsgeschäften restriktiv regeln.8 Die Mitglieder der GPK sind zudem hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG).

Untersuchungsberichte werden in aller Regel veröffentlicht, sofern der Publikation keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Die betroffenen Behörden erhalten vorgängig zur Publikation die Möglichkeit zur Stellungnahme (Art. 157 ParlG).
Die Mittel, über welche die GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen verfügen, sind v. a. politischer Natur. Die Kommissionen teilen ihre Schlussfolgerungen den obersten verantwortlichen Behörden in der Regel in der Form von öffentlichen Berichten

7

8

Von der GPK-N in Auftrag gegebene Gutachten: Biaggini, Giovanni: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, 5. Juni 2008; Oberholzer, Niklaus: Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht: Gutachten im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, 5. Juni 2008, www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 13. Dezember 2021).

Weisungen der GPK der eidgenössischen Räte über ihre Massnahmen zum Geheimnisschutz vom 27. Januar 2012, www.parlament.ch > Organe > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 13. Dezember 2021).

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oder Briefen mit. Diese enthalten Empfehlungen, zu denen die verantwortlichen Behörden Stellung beziehen müssen. Mit ihrer Arbeit verpflichten die Kommissionen demnach die Behörden, Rechenschaft über ihre Tätigkeiten (oder Unterlassungen) abzulegen. Daneben stehen ihnen die parlamentarischen Instrumente zur Verfügung (Einreichung einer Motion, eines Postulats oder einer parlamentarischen Initiative), um eine Gesetzesänderung in die Wege zu leiten.

2.1.3

Zusammenarbeit der GPK und der GPDel mit ihrem Sekretariat

Die Federführung und die Verantwortung bei allen Arbeiten der GPK/GPDel liegen bei den Kommissionen oder der Delegation selbst. Sie bestimmen die Themen, die durch die GPK oder die GPDel vertieft werden. Auch die Festlegung der Vorgehensweise bei den Abklärungen obliegt ausschliesslich den GPK oder der GPDel.

Das Sekretariat der GPK/GPDel als Teil der Parlamentsdienste unterstützt und berät die Kommissionen bzw. die GPDel bei ihren Aufgaben.9 Es verfügt gemäss Artikel 67 ParlG über dieselben Informationsrechte wie die GPK/GPDel, in deren Auftrag es tätig ist. Nach Artikel 153 Absatz 1 Satz 2 ParlG können die GPK/GPDel einzelne Sachverhaltsabklärungen ihrem Sekretariat übertragen. Die GPK sowie die GPDel erteilen ihrem Sekretariat Aufträge und begleiten und kontrollieren deren Umsetzung.

Aufgrund des Milizsystems und der gebotenen Unabhängigkeit der GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen kommt dem Sekretariat der GPK/GPDel bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags der GPK/GPDel eine wichtige Rolle zu. Es unterstützt die Kommissionen und die GPDel bei der Auswahl, Konzeption und Durchführung von Untersuchungen und Evaluationen sowie bei allen weiteren Massnahmen der Oberaufsicht.10 Es nimmt die Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG entgegen und bereitet die Beschlüsse vor.

2.1.4

Zusammenarbeit der GPK mit den Finanzkommissionen (FK), der Finanzdelegation (FinDel) und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK)

Im Rahmen ihrer Tätigkeiten stehen die GPK regelmässig in Verbindung mit den anderen Organen, die für die Aufsicht und Oberaufsicht über die Bundesfinanzen verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um die FK, die FinDel und die EFK.

Die beiden Bereiche der parlamentarischen Oberaufsicht ­ über den Finanzhaushalt und über die Geschäftsführung ­ lassen sich in der Praxis nicht immer klar trennen:

9 10

Art. 64 Abs. 1 und Art. 64 Abs. 2 Bst. b und d ParlG.

Art. 7 Bst. a der Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16. Mai 2014 (GOPD), www.parlament.ch > Über das Parlament > Parlamentsdienste (Stand: 13. Dezember 2021).

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Die Art und Weise der Geschäftsführung hat oft auch finanzielle Auswirkungen, während staatliches Handeln nahezu ausnahmslos einen Bezug zum Finanzhaushalt hat.

Probleme im Bereich der Finanzaufsicht haben ihre Ursache oft in der Geschäftsführung und umgekehrt.

Aus diesem Grund bedarf es der Koordination und der Zusammenarbeit zwischen den FK, der FinDel und den GPK: Im Allgemeinen wird so verfahren, dass Angelegenheiten, bei denen finanzpolitische Fragen im Vordergrund stehen, prioritär von den FK und der FinDel, während Angelegenheiten, welche vorwiegend die Geschäftsführung betreffen, vorrangig von den GPK bearbeitet werden. Bestimmte Geschäfte ­ etwa die Geschäftsberichte der eidgenössischen Gerichte und ausgewählter öffentlicher Unternehmen sowie die Rechnung und der Voranschlag der eidgenössischen Gerichte, der BA und der AB-BA ­ beraten die FK und die GPK zusammen. Auch die Oberaufsicht über den Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) wurde gemeinsam wahrgenommen. Darüber hinaus koordinieren die Sekretariate der beiden Kommissionen ihre Befassungen, indem sie viermal jährlich ­ und die Sekretärinnen und Sekretäre der Subkommissionen so oft wie dies ihre Geschäfte erfordern ­ zusammenkommen und sich austauschen.

Die GPK unterhalten auch Kontakte zur EFK, dem obersten Finanzaufsichtsorgan des Bundes, dessen Kompetenzen im Finanzkontrollgesetz (FKG)11 geregelt sind. Gemäss Artikel 15 Absatz 1 FKG sind die FK und die FinDel die direkten Ansprechpartner der EFK im Parlament. Im Gesetz wird dazu präzisiert, dass die EFK mit ihren Prüfungsbefunden an die FinDel gelangt (Art. 14 Abs. 1 FKG). Dies galt bisher auch für Prüfungsbefunde, welche die Geschäftsführung betreffen. Mit der Revision des FKG, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, wurde der Informationsfluss zwischen der EFK, den Departementen, den mit Querschnittsaufgaben betrauten Bundesämtern, dem Bundesrat, der FinDel und den GPK in einer gesetzlichen Grundlage verankert. Die Gesetzesänderung sieht u. a. vor, dass die Information der EFK über festgestellte wesentliche Mängel in der Geschäftsführung an die GPK bzw. die GPDel gleichzeitig mit der Berichterstattung an die FinDel erfolgt.12 Zwischenzeitlich wurde die Informationskoordination zwischen den beiden Organen schon ab April 2015 verbessert, indem die GPK nunmehr das
Prüfprogramm der EFK jeweils Ende Januar erhalten und diese Gelegenheit für einen Austausch mit der EFK über allfällige Grundsatzfragen nutzen. Auch nehmen die GPK jeweils im Frühling den Jahresbericht der EFK zur Kenntnis.13

11 12 13

Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG; SR 614.0).

Art. 14 Abs. 1 FKG Die GPK befassten sich im Jahr 2018 vertieft mit der Frage der Abgrenzung der parlamentarischen Oberaufsicht zur EFK, vgl. dazu Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 29. Januar 2019 (BBl 2019 2729, hier: 2746).

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2.2

Organisation und Zusammensetzung der GPK

Wie die übrigen parlamentarischen Kommissionen setzen sich die GPK aus 25 Mitgliedern des Nationalrates und 13 Mitgliedern des Ständerates zusammen. Die Mitglieder werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt; das Mandat ist verlängerbar.

Die Zusammensetzung der Kommissionen und die Zuteilung der Präsidien und Vizepräsidien richten sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweiligen Rat (Art. 43 Abs.

3 ParlG). Soweit als möglich werden ausserdem die Amtssprachen und die Landesgegenden berücksichtigt.

Jede Kommission ist in mehrere ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 GRN14 und Art. 11 Abs. 1 GRS15), welche alle Departemente, die Bundeskanzlei (BK), die eidgenössischen Gerichte, die BA und deren Aufsichtsbehörde (AB-BA) abdecken.

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommissionen EDA/VBS:

­ Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ­ Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

Subkommissionen EJPD/BK:

­ Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)

Subkommissionen EFD/WBF:

­ Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD)

Subkommissionen EDI/UVEK:

­ Eidgenössisches Departement des Innern (EDI)

Subkommissionen Gerichte/BA:

­ Bundesgericht (BGer)

­ Bundeskanzlei (BK) ­ Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)

­ Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

­ Militärkassationsgericht (MKG) ­ Bundesstrafgericht (BStGer) ­ Bundesverwaltungsgericht (BVGer) ­ Bundespatentgericht (BPatGer) ­ Bundesanwaltschaft (BA) ­ Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

14 15

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 (GRN; SR 171.13).

Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (GRS; SR 171.14).

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Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der Plenarkommissionen die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z. B.

Durchführung von Anhörungen, Aufträge für Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten den Plenarkommissionen ­ den Entscheidungsgremien ­ Bericht. Es obliegt den Plenarkommissionen, Beschlüsse zu fassen, Berichte zu genehmigen und zu publizieren sowie den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Die GPK können auch Arbeitsgruppen oder Ad-hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die beispielsweise besondere Fachkenntnisse erfordern.

Im Jahr 2021 tagten zwei Arbeitsgruppen, bestehend aus Mitgliedern der GPK-N wie auch der GPK-S. Die Arbeitsgruppe Risikomanagement Bund, der auch eine Vertretung der FinDel angehört, setzt sich mit dem Risikomanagement und dem Risikoreporting an den Bundesrat auseinander. Die Arbeitsgruppe Hochseeschifffahrts-Bürgschaften befasste sich mit den Folgearbeiten zur Inspektion HochseeschifffahrtsBürgschaften aus dem Jahre 201816.

Daneben bestimmt jede Kommission drei Mitglieder aus ihrer Mitte, welche die GPDel bilden. Diese befasst sich mit der Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Delegation verfügt gemäss Verfassung und Gesetz über sehr weitgehende Auskunftsrechte (vgl. Ziff. 5.)

Die Subkommissionen der GPK-N bestehen jeweils aus neun Mitgliedern, jene der GPK-S aus fünf Mitgliedern. Die Mitglieder der GPDel dürfen neben ihrem GPDelMandat höchstens noch in einer GPK-Subkommission Einsitz nehmen. Diese Massnahme dient der Entlastung der GPDel-Mitglieder, die seit dem neuen Nachrichtendienstgesetz (NDG)17 ihre Oberaufsicht über den Nachrichtendienst noch verstärkt ausüben.

Das Präsidium der GPK-N hatte 2021 Nationalrat Erich von Siebenthal inne; Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo übte das Vizepräsidium aus. Die GPK-S wurde von Ständerätin Maya Graf präsidiert; Ständerat Thierry Burkart amtete als Vizepräsident. Das Präsidium der GPDel nahm im Jahr 2021 Nationalrat Alfred Heer wahr; das Vizepräsidium hatte Ständerätin Maya Graf inne.

Nach den eidgenössischen Wahlen 2019 gingen die beiden GPK im Dezember 2019 zur Konstituierung für die neue Legislatur 2019­2023 über. Eine namentliche Auflistung der Mitglieder der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der GPDel im Jahr 2021 findet sich in der folgenden Tabelle.

16 17

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, Bericht der GPK-N/S vom 26. Juni 2018, BBl 2018 6205 ff.

Bundesgesetz vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (NDG; SR 121).

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Zusammensetzung der GPK, ihrer Subkommissionen und Arbeitsgruppen sowie der GPDel im Berichtsjahr 2021 GPK-N (Plenarkommission)

GPK-S (Plenarkommission)

Erich von Siebenthal (Präsident bis am 28. November), Angelo Barrile, Marianne Binder-Keller, Prisca BirrerHeimo (Vizepräsidentin bis am 28. November, Präsidentin ab dem 29. November), Katja Christ, Thomas de Courten, Yvette Estermann, Yvonne Feri, Corina Gredig, Alfred Heer, Erich Hess, Alois Huber, Christian Imark, Matthias Samuel Jauslin, Fabian Molina, Stefan Müller-Altermatt, Philippe Nantermod, Nicolo Paganini, Isabelle Pasquier-Eichenberger, Katharina Prelicz-Huber, Priska Seiler Graf, Andri Silberschmidt, Marianne Streiff-Feller, Michael Töngi, Manuela Weichelt (Vizepräsidentin ab dem 29. November)

Maya Graf (Präsidentin bis am 28. November), Philippe Bauer, Elisabeth Baume-Schneider, Thierry Burkart (Vizepräsident bis am 28. November), Marco Chiesa, Daniel Fässler, Charles Juillard, Matthias Michel (Präsident ab dem 29.

November), Othmar Reichmuth, Werner Salzmann (Vizepräsident ab dem 29. November), Carlo Sommaruga, Hans Stöckli, Heidi Z'graggen

Subkommissionen EDA/VBS Nicolo Paganini (Präsident), Yvette Charles Juillard (Präsident), Philippe Estermann, Corina Gredig, Alois Huber, Bauer, Elisabeth Baume-Schneider, Matthias Samuel Jauslin, Fabian Werner Salzmann, Hans Stöckli Molina, Isabelle Pasquier-Eichenberger, Priska Seiler Graf, Erich von Siebenthal Subkommissionen EJPD/BK Alfred Heer (Präsident), Angelo Barrile, Daniel Fässler (Präsident), Thierry Corina Gredig, Erich Hess, Fabian Burkart, Marco Chiesa, Carlo Molina, Nicolo Paganini, Katharina Sommaruga, Heidi Z'graggen Prelicz-Huber, Andri Silberschmidt, Marianne Streiff-Feller Subkommissionen EFD/WBF Yvonne Feri (Präsidentin), Marianne Binder-Keller, Prisca Birrer-Heimo, Thomas de Courten, Stefan MüllerAltermatt, Katharina Prelicz-Huber, Andri Silberschmidt, Erich von Siebenthal, Manuela Weichelt 14 / 148

Matthias Michel (Präsident bis am 28. November), Maya Graf, Charles Juillard, Othmar Reichmuth (Präsident ab dem 29. November), Hans Stöckli

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Subkommissionen EDI/UVEK Thomas de Courten (Präsident) Angelo Barrile, Katja Christ, Alois Huber, Christian Imark, Matthias Samuel Jauslin, Priska Seiler Graf, Marianne Streiff-Feller, Michael Töngi

Marco Chiesa (Präsident), Elisabeth Baume-Schneider, Matthias Michel, Othmar Reichmuth, Heidi Z'graggen

Subkommissionen Gerichte/BA Manuela Weichelt (Präsidentin), Hans Stöckli (Präsident), Thierry Marianne Binder-Keller, Prisca Birrer- Burkart, Marco Chiesa, Daniel Fässler, Heimo, Katja Christ, Yvette Estermann, Carlo Sommaruga Erich Hess, Christian Imark, Philippe Nantermod, Isabelle Pasquier-Eichenberger GPDel Alfred Heer (Präsident), Philippe Bauer, Yvonne Feri, Maya Graf (Vizepräsidentin), Stefan Müller-Altermatt, Werner Salzmann Arbeitsgruppe Risikomanagement Bund (nur GPK-Mitglieder) Erich von Siebenthal (Präsident), Prisca Birrer-Heimo, Thierry Burkart, Yvonne Feri, Maya Graf, Matthias Michel Arbeitsgruppe Hochseeschifffahrts-Bürgschaften Yvonne Feri (Präsidentin), Thomas de Courten, Maya Graf, Charles Juillard, Matthias Michel, Othmar Reichmuth, Andri Silberschmidt, Hans Stöckli, Erich von Siebenthal, Manuela Weichelt

3

Arbeiten der GPK im Jahr 2021

In diesem Kapitel informieren die GPK über Themen und Geschäfte, mit denen sie sich im Berichtsjahr befasst haben, unter spezieller Berücksichtigung jener, welche nicht schon in irgendeiner Art veröffentlicht wurden. Für die Geschäfte, zu denen während des Jahres ein Bericht, eine Medienmitteilung oder andere Unterlagen publiziert wurden, verweisen die GPK auf die entsprechenden veröffentlichten Dokumente, die in folgender Tabelle aufgelistet werden (Ausnahme: Die Veröffentlichungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Inspektion finden sich unter Ziff. 4).

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3.1

Veröffentlichungen im Jahr 2021

Veröffentlichte Berichte und Medienmitteilungen der GPK Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte

Bericht der GPK-N/S vom 26. Januar 2021 (Bundesblatt [BBl] 2021 570)

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel sowie Jahresprogramm 2021

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 29. Januar 2021

Dritte Nachkontrolle: Expertenbeizug in der Bundesverwaltung

Bericht der GPK-S vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 1883)

Dritte Nachkontrolle Expertenbeizug in der Bundesverwaltung: Die GPK-S erkennt noch Verbesserungspotential

Medienmitteilung der GPK-S vom 28. Januar 2021

Schutz der Biodiversität in der Schweiz

Kurzbericht der GPK-S vom 19. Februar 2021 (BBl 2021 715)

Schutz der Biodiversität: GPK-S zieht Bilanz und fordert Bundesrat zum verstärkten Handeln auf

Medienmitteilung der GPK-S vom 22. Februar 2021

Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten

Bericht der GPK-N/S vom 22. Juni 2021 (BBl 2021 2437)

GPK empfehlen den eidgenössischen Gerichten eine bessere Transparenz bei der Spruchkörperbildung

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 24. Juni 2021

Aufsichtsverhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsichtsbehörde

Schlussbericht der GPK-N/S vom 22. Juni 2021 (BBl 2022 130)

GPK empfehlen «Status quo plus»: Die unabhängige Aufsicht über die BA soll gestärkt werden

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 22. Juni 2021

Nachkontrolle zur Inspektion «Sicherung landwirtschaftlichen Kulturlandes»

Bericht der GPK-N vom 10. September 2021 (BBl 2021 2249)

Kulturlandschutz: GPK-N fordert Medienmitteilung der GPK-N vom angesichts der besorgniserregenden 10. September 2021 Situation Verschärfung der Massnahmen

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Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Erfüllung angenommener Motionen und Postulate

Kurzbericht der GPK-S vom 12. Oktober 2021 (BBl 2022 121)

Erfüllung angenommener Motionen und Postulate: Umsetzung der Empfehlungen der GPK-S auf Kurs

Medienmitteilung der GPK-S vom 12. Oktober 2021

GPK klären weitere Vorwürfe im Zusammenhang mit der versuchten Erpressung von Bundesrat Alain Berset ab

Medienmitteilung der GPK-N/S vom 25. Oktober 2021

DNA-Analysen im Strafverfahren

Kurzbericht der GPK-S vom 9. November 2021 (BBl: noch nicht veröffentlicht)

DNA-Analysen in Strafverfahren: Praxis der Kantone. Aufsicht über die DNA-Analyselabors und Rolle der Koordinationsstelle

Medienmitteilung vom 11. November 2021

3.2

Wirtschafts-, Bildungs- und Finanzpolitik

3.2.1

Projektförderung durch Innosuisse

Im Berichtsjahr prüfte die GPK-S verschiedene Informationen zur Projektförderung der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse) und schloss anschliessend ihre Arbeiten in diesem Dossier ab. Innosuisse hat am 1. Januar 2018 die Kommission für Technologie und Innovation (KTI) abgelöst und hat zur Aufgabe, «die wissenschaftsbasierte Innovation im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft»18 zu fördern.

Im November 2020 hörte die GPK-S Vertreterinnen und Vertreter von Innosuisse an, um sich darüber ins Bild zu setzen, wie sich die Zahl der finanzierten Projekte und der Funktionsaufwand der Verwaltungseinheit entwickelt hat. Dies vor dem Hintergrund, dass der Bundesrat Innosuisse unter anderem das strategische Ziel gesetzt hatte, den Funktionsaufwand unter dem Grenzwert von acht Prozent des Gesamtaufwands zu stabilisieren. Die Kommission war 2019 bei einem Dienststellenbesuch bei der Verwaltungseinheit auf diese beiden Punkte aufmerksam geworden und hatte sich entschieden, diese weiterzuverfolgen.

18

Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2016 über die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse-Gesetz, SAFIG; SR 420.2).

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Die GPK-S wurde darüber informiert, dass 2019 aufgrund der deutlichen Zunahme der Finanzierungsgesuche an Innosuisse mehr Förderbeiträge (266 Millionen Franken) als 2017 (203 Millionen Franken) und 2018 (151 Millionen Franken) vergeben worden waren. Die Prognosen für das Jahr 2020 beliefen sich trotz der Pandemie auf 318 Millionen Franken. In den kommenden Jahren sollte der Gesamtbetrag der Förderbeiträge weniger stark schwanken und sich zwischen 240 und 260 Millionen Franken pro Jahr stabilisieren. Die Kommission erachtet die Situation somit als befriedigend.

Weiter nahm die GPK-S Kenntnis von der Erhebung der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich von 2020 zur Förderkundschaft von Innosuisse19. Dieser Erhebung zufolge sind die Innovationsprojekte und die Innovationsschecks20 sehr gut auf die Bedürfnisse der technologieorientierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ausgerichtet und werden von diesen geschätzt. Die geförderten Projekte weisen oft ein überdurchschnittliches Risiko auf und haben das Potenzial für radikale oder disruptive Innovationen. Dies bestätigt aus Sicht der GPK-S, dass Innosuisse seine Aufgabe angemessen erfüllt. Laut der Erhebung wünschen die KMU aber auch, dass stärker auf ihre individuellen Bedürfnisse eingegangen wird (z. B. Flexibilität bei den Förderbedingungen, Begleitung bei Markteinführung usw.).

Die GPK-S liess sich ausserdem über zwei neue Fördermassnahmen orientieren, die Innosuisse als Antwort auf die Coronakrise ergriffen hatte. Eine dieser Massnahmen ist die Flagship-Initiative21, mit der die systemische Innovation und die transdisziplinäre Zusammenarbeit gefördert werden soll. Ziel ist es, mit Partnern verschiedener Industrie- und Forschungsbereiche ein Konsortium zu bilden, welches sich aus miteinander verbundenen und voneinander abhängigen Unterprojekten zusammensetzt.

Die Flagship-Initiative strebt nach Lösungen für aktuelle oder zukünftige Herausforderungen, die nur durch Zusammenarbeit gemeistert werden können. Die daraus resultierende Innovation ist laut Innosuisse grösser als die Summe der Ergebnisse der individuellen Unterprojekte. Die zweite Massnahme ist das Impulsprogramm «Innovationskraft Schweiz»22, mit dem die Förderbedingungen für Unternehmen vorübergehend erleichtert werden, um diese in
Zeiten von Covid-19 zu unterstützen.

Der Funktionsaufwand schwankte zwischen 2016 und 2020, wird sich aber mittelfristig bei acht Prozent oder weniger des Gesamtaufwands stabilisieren, und zwar trotz 19

20

21 22

Medienmitteilung von Innosuisse vom 8. Dezember 2020: «Gemäss neuer Erhebung hilft Innosuisse Unternehmen, Innovationsrisiken zu tragen»; «Innosuisse innovation support: the perspective of firms», www.innosuisse.ch > Fördergeschäft: Beispiele und Informationen > Wirkung > KOF Erhebung 2020 zur Förderkundschaft von Innosuisse (Stand: 20. September 2021).

Innovationsschecks im Wert von bis zu 15 000 Franken sind Gutschriften, die es KMU ermöglichen, Ideenstudien sowie Analysen zum Innovations- und Marktpotenzial bei einem Schweizer Forschungspartner in allen Themengebieten zu beauftragen.

www.innosuisse.ch > Start your innovation project > Gutschriften für Vorstudien: Innovations-scheck (Stand: 27. September 2021).

Flagship Initiative ­ Förderung von systemischer Innovation, www.innosuisse.ch > Förderinitiativen > Flagship Initiative (Stand: 27. September 2021).

Innovationsprojekte: Impulsprogramm Innovationskraft Schweiz, www.innosuisse.ch > Start your innovation project > Innovationsprojekte mit Umsetzungspartner > Impulsprogramm Innovationskraft Schweiz (Stand: 27. September 2021).

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hoher Investitionen in ein neues, modernes Gesuchsabwicklungssystem. Somit ist das Ziel, welches der Bundesrat Innosuisse vorgab, erreicht, was die GPK-S positiv würdigt.

3.2.2

Fehler bei der Bezifferung der Anzahl Zweiverdienerehepaare

Am 15. Juni 2018 gab der Bundesrat bekannt, dass erheblich mehr Zweiverdienerehepaare von der Heiratsstrafe betroffen sind als bis zu diesem Zeitpunkt von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) geschätzt worden war.23 Die falsche Zahl war namentlich in der Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative «Für Ehe und Familie ­ gegen die Heiratsstrafe»24 und in den Erläuterungen des Bundesrates25 zur Abstimmung vom 28. Februar 2016 über die besagte Initiative verwendet worden, was später zur Aufhebung der Abstimmung26 führte. Die GPK gingen bereits in ihrem Jahresbericht 2019 auf dieses Thema ein.27 Im Jahr 2021 liess sich die GPK-S über die Massnahmen informieren, welche die ESTV ergriffen hat, um ihre Prozesse zur Erstellung der Steuerstatistiken und die Qualität der kantonalen Daten zu verbessern.

Die ESTV informierte die GPK-S über die Anfang 2020 erlassene interne Weisung zu Simulationen28. Damit sollen die internen Prozesse verbessert werden durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit anderen Ämtern ­ insbesondere dem Bundesamt für Statistik (BFS) ­, aber auch durch eine Verbesserung der Prozessdokumentation und des Projektmanagements sowie durch den Beizug von externen Sachverständigen für Simulationen von besonderer Tragweite.

Die GPK-S liess sich ausserdem über die Qualität der Steuerdaten orientieren, welche ­ wie sie bereits 2019 festgehalten hatte ­ für sie ein äusserst wichtiger Aspekt für die Erstellung von zuverlässigen Statistiken ist. Der 2018 von der ESTV mit der Beurteilung ihrer Schätzmethoden beauftragte Sachverständige29 war im Übrigen zum Schluss gekommen, dass die statistischen Grundlagen der ESTV ungenügend sind.

23 24

25

26 27 28 29

Heiratsstrafe: Fehler bei der Bezifferung der Anzahl Zweiverdienerehepaare entdeckt und behoben, Medienmitteilung des Bundesrates vom 15. Juni 2018.

Eidgenössische Volksinitiative «Für Ehe und Familie ­ gegen die Heiratsstrafe», www.bk.admin.ch > Politische Rechte > Volksinitiativen > Chronologie Volksinitiativen (Stand: 17. September 2021).

Volksabstimmung vom 28. Februar 2016, www.bk.admin.ch > Politische Rechte > Volksabstimmungen > Chronologie Volksabstimmungen > Erläuterungen des Bundesrates (Stand: 17. September 2021).

Volksinitiative «Für Ehe und Familie ­ gegen die Heiratsstrafe»: Abstimmung aufgehoben, Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 10. April 2019.

Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte, Ziff. 3.5.6 (BBl 2020 2971, hier 3004).

Weisung der ESTV vom 10. Januar 2020 zur Quantifizierung der Auswirkungen von steuerpolitischen Reformen (Simulationen).

Externe Überprüfung der Schätzmethoden und des statistischen Materials der ESTV, Schlussbericht vom 8. Oktober 2018 von Prof. Raphaël Parchet, in Auftrag gegeben von der ESTV.

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In der Folge nahm die ESTV eine Klärung der Rechtslage und der fachtechnischen Grundlagen vor, um die Qualität der Daten im Bereich der direkten Steuern zu verbessern. Laut dem von der ESTV in Auftrag gegebenen Gutachten30 verfügt der Bund über die nötigen Rechtsgrundlagen, um bei den kantonalen Steuerbehörden vorhandene Daten der direkten Steuern zu beschaffen. Die ESTV und das BFS lancierten auch mehrere Projekte zur Umsetzung der Mehrfachnutzung von Steuerdaten. Der Bundesrat informierte in seiner Medienmitteilung vom 25. November 202031 zu diesem Thema darüber, dass er das EDI (BFS) sowie das EFD beauftragt hatte, alle für die Erhebung der kantonalen Steuerdaten notwendigen Schritte in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen auszulösen und bis Ende 2023 umzusetzen. Dem BFS würden ausserdem ohne Restriktionen alle benötigten Daten aus den bundeseigenen Datensammlungen und Erhebungen für statistische Zwecke zur Verfügung gestellt. Verschiedene Weisungen zur Datenübermittlung wurden angepasst und sollten Anfang 2022 in Kraft treten. Der ESTV zufolge dürfte die Mehrfachnutzung von Steuerdaten dazu führen, dass einerseits die Qualität der Daten verbessert und andererseits Mehrfacherhebungen vermieden werden, wodurch die Datenbewirtschaftung der öffentlichen Hand vereinfacht und der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Stellen ermöglicht wird.

Aus Sicht der GPK-S hat die ESTV nach dem Feststellen der Mängel rasch den Handlungsbedarf erkannt und angemessene kurz- wie auch langfristige Massnahmen umgesetzt. Daher hat die Kommission entschieden, das Dossier abzuschliessen.

3.2.3

Umsetzung des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen

Die GPK-N informierte sich 2021 über die Umsetzung des automatischen Informationsaustausches über Finanzkonten (AIA)32 33 in der Schweiz und über die praktischen Erfahrungen der Behörden mit diesem Austausch. Damit schloss die Kommission ihre Arbeiten in diesem Dossier ab. Die GPK-N hatte sich bereits im September 2018 ­ kurz nach der Aufnahme des AIA ­ über die ersten Erfahrungen der ESTV in Kenntnis setzen lassen.

30

31 32

33

Erhebung von Daten über direkte Steuern bei Kantonen durch das BFS und die ESTV, Rechtsgutachten vom 17. September 2019 von Prof. Thomas Probst, in Auftrag gegeben vom BFS und von der ESTV.

Bundesrat treibt die Mehrfachnutzung von Daten weiter voran, Medienmitteilung des Bundesrates vom 25. November 2020.

Der Rat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verabschiedete am 15. Juli 2014 einen neuen internationalen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Standard). Dieser sieht vor, dass Finanzinstitute sowie gewisse kollektive Anlageinstrumente und Versicherungsgesellschaften Finanzinformationen ihrer im Ausland steuerlich ansässigen Kundinnen und Kunden sammeln. Diese Informationen werden automatisch der Steuerbehörde übermittelt, welche die Daten an die Steuerbehörde im Ausland weiterleitet, die für die betroffene Kundschaft zuständig ist.

OECD (2019), Standard für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen, Zweite Ausgabe, OECD Publishing, Paris.

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Die GPK-N informierte sich über die jeweiligen Aufgaben der ESTV und des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF). Die ESTV ist verantwortlich für das Umsetzungsprojekt, die Kommunikation zu konkreten Fällen und die Überwachung der korrekten Anwendung der einschlägigen Vereinbarungen. Das SIF ist federführend bei der Ausarbeitung der Rechtsgrundlagen34 35, hat die Aufgabe, die Interessen der Schweiz gegenüber den Partnerländern und in den internationalen Gremien zu wahren und ist zuständig für die Kommunikation zu politischen Fragen. Die beiden Verwaltungseinheiten leiten gemeinsam das AIA-Qualifikationsorgan.36 Die GPK-N nahm zudem Kenntnis von den Schlussfolgerungen der Peer Review37 des Globalen Forums über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke der OECD38. Die Schweiz hat die Bewertung «in place but needs improvement»39 erhalten. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Bundesrat im November 2020 beschloss, Vereine und bestimmte Stiftungen weiterhin vom AIA auszunehmen40, was den Empfehlungen des Globalen Forums der OECD zuwiderläuft. Allerdings wird derzeit auf Ebene der OECD eine multilaterale Diskussion über eine Reform des globalen AIA-Standards geführt.

Die ESTV und das SIF sind der Ansicht, dass der AIA grundsätzlich gut und problemlos funktioniert. Eine der Herausforderungen bei dessen Umsetzung besteht darin, dass die Daten, welche die ESTV aus dem Ausland erhält, nicht immer vollständig sind (z.B. fehlende Steueridentifikations-nummern). Dies verursacht der ESTV bei der Weiterleitung dieser Informationen an die Kantone einen deutlich höheren Aufwand als erwartet, namentlich was die Daten von Finanzinstituten angeht, die nicht für die Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden gerüstet sind. Die Arbeitslast des Anfang 2017 geschaffenen AIA-Teams der ESTV ist deshalb hoch und dürfte laut ESTV auch kaum abnehmen.

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In den allermeisten Fällen wendet die Schweiz den AIA auf der Grundlage der multilateralen Vereinbarung über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Multilateral Competent Authority Agreement [MCAA]) an. Diese Vereinbarung ist in der Schweiz seit dem 1. Januar 2017 in Kraft; Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (SR 0.653.1).

Siehe auch Bundesgesetz vom 18. Dezember 2015 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAG; SR 653.1).

Das AIA-Qualifikationsgremium dient der Zusammenarbeit der beteiligten Interessenvertretungen. Es behandelt Fragen, die sich bei der Umsetzung des internationalen AIA in der Schweiz ergeben. Ihm gehören verschiedene Verbände und Stakeholder an; AIAQualifikationsgremium, www.estv.admin.ch > Internationales Steuerrecht > Fachinformationen > Automatischer Informationsaustausch AIA (Stand: 7. Oktober 2021).

OECD (2020), Peer Review of the Automatic Exchange of Financial Account Information 2020, OECD Publishing, Paris, S. 27 und 337­340.

Global Forum, www.sif.admin.ch > Multilaterale Beziehungen > Gremien > Global Forum (Stand: 28. September. 2021).

Übersetzt in etwa: auf Kurs, aber Verbesserungen nötig.

Internationaler automatischer Informationsaustausch in Steuersachen: Bundesrat setzt Gesetz und Verordnung in Kraft, Medienmitteilung des Bundesrates vom 11. November 2020; Änderung der Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAV) vom 11. November 2020 (AS 2020 5251).

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Die GPK-N zeigt sich zufrieden mit den Erkenntnissen der ESTV und des SIF. Sie wird sich weiterhin über die Frage des individuellen Rechtsschutzes und über die Umsetzung des FATCA-Abkommens (Foreign Account Tax Compliance Act)41 mit den USA durch die Schweiz informieren. Sie wird auch die Entwicklungen bezüglich des Umgangs mit Vereinen und Stiftungen und die Diskussionen im Rahmen der OECD verfolgen.

3.2.4

Umgang mit Klimafinanzrisiken

Die GPK-N schloss im Berichtsjahr ihre Arbeiten zu einer Aufsichtseingabe der Stiftung Greenpeace Schweiz ab. Die Aufsichtseingabe kritisierte die Art und Weise, wie die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV), die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) basierend auf bestehenden gesetzlichen Grundlagen Klimafinanzrisiken und die Reduktion von Treibhausgasen berücksichtigen. Zudem machte sie geltend, dass die völkerrechtliche Vorgabe, Finanzflüsse klimaverträglich auszurichten, nicht eingehalten wird.42 Die GPK wurde ersucht, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Instrumenten unter anderem darauf hinzuwirken, dass diese drei Institutionen Klimafinanzrisiken stärker beachten und in einem grösseren Ausmass Treibhausgase reduzieren. Dafür soll gemäss Greenpeace namentlich die Transparenz über direkte und indirekte Treibhausgasemissionen verbessert werden, indem die beaufsichtigten Institutionen ihre Investitionstätigkeiten zu veröffentlichen hätten. Mittels einer Berichtserstellung sollen ebenso Analysen zu Klimafinanzrisiken systematisiert und veröffentlicht werden.

Die GPK-N nahm zuerst von den Stellungnahmen der betroffenen Institutionen gegenüber Greenpeace Kenntnis. Die OAK BV hält fest, dass sie zu Fragen des Klimaschutzes und den Klimafinanzrisiken nicht der richtige Ansprechpartner ist, da sie sich ausschliesslich mit Aufsichts- bzw. Vollzugsaufgaben befasst. Die SNB thematisiert die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken für die Stabilität des Finanzsystems in ihrem jährlich veröffentlichten Stabilitätsbericht nicht spezifisch.

Die Kommission ging der Frage nach, welche rechtlichen Vorgaben die betroffenen Institutionen in diesem Bereich einhalten müssen. Hingegen prüfte sie nicht, ob die aktuellen Rechtsgrundlagen angemessen sind. Die OAK BV hat aufgrund dieser kaum einen Handlungsspielraum bei ihren Tätigkeiten. Auch bei der Anlagepolitik der SNB müssen allfällige Anpassungen durch eine Gesetzesänderung erfolgen. Im Fall der FINMA ist die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen43; sie hat aber mehr Handlungsspielraum und die GPK-N erachtete es als wichtig, von ihr ge-

41 42 43

FATCA-Abkommen, www.sif.admin.ch > Bilaterale Beziehungen > Länder > USA > FATCA-Abkommen (Stand: 28. September 2021).

Die Schweiz ratifizierte das Pariser Abkommen von 2015 (AS 2017 5733).

Uhlmann, Felix: Gutachten zu Handen der GPK betreffend Oberaufsicht über die FINMA, 28. August 2013, www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Aufsichtskommissionen > GPK > Grundlagenpapiere / Informationsrechte (Stand: 16. November 2021).

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nauer über die getroffenen Massnahmen informiert zu werden. Laut der Stellungnahme der FINMA geht sie Klimafinanzrisiken44 aus der Aufsichtsperspektive systematisch und strategisch an, ihr Mandat beinhaltet jedoch keine rein klimapolitischen Ziele.

Im Februar führte die GPK-N eine Anhörung der Aufsichtseingeberin durch. Diese erhielt somit die Gelegenheit, vor der Kommission auszuführen, wo sie Mängel in der Geschäftsführung der kritisierten Institutionen erkannte. Rund zwei Monate später wurde die FINMA bei der jährlichen ordentlichen Sitzung im April von den GPK angehört. Auf Anfrage der GPK-N verfasste sie einen Bericht zur Frage ihrer Massnahmen zur nachhaltigen Entwicklung. Diese ist eines der zehn strategischen Ziele der FINMA, die sie seit dem Berichtsjahr verfolgt.45 Der Beitrag der FINMA zur Nachhaltigkeit liegt demnach u. a. im Einbezug von Klimafinanzrisiken in ihre Aufsichtstätigkeit und im Anhalten der Finanzinstitute zu einem transparenteren Umgang mit solchen Risiken.

Die GPK-N klärte auch die Frage ab, inwiefern die Bestimmungen des Pariser Abkommens für die Schweizer Behörden direkt anwendbar sind. Hierzu hörte die Kommission das Bundesamt für Umwelt (BAFU) an. Es zeigte auf, dass laut Artikel 2 Absatz c des Pariser Abkommens alle Finanzflüsse eines Staates klimakompatibel werden sollen. Dies sei aber ein Zielartikel, der keine direkten Verpflichtungen schafft. Dazu hatte das BAFU 2019 ein Rechtsgutachten46 erstellen lassen. Laut diesem sind die Klimafinanzrisiken bereits in allen Finanzmarktgesetzgebungen unter den allgemeinen Risiken abgedeckt. Ein anderer Aspekt des Pariser Abkommens, die Auswirkungen von Geschäftstätigkeiten auf den Klimawandel, ist in der aktuellen Finanzmarktgesetzgebung nicht abgedeckt, womit die entsprechenden Bestimmungen in der Schweiz nicht direkt anwendbar sind. Hierzu bietet das BAFU aber den Finanzinstituten freiwillige Tests zur Klimaverträglichkeit an.

Die GPK-N nahm von den konkreten Massnahmen der FINMA Kenntnis. Sie bezweckt damit, dass Finanzinstitute Klimafinanzrisiken identifizieren, bewerten und angemessen bewirtschaften. Des Weiteren verfolgt die FINMA Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit, geht gegen Greenwashing-Risiken47 vor, konkretisiert Offenlegungsanforderungen und überprüft deren Umsetzung. Da die FINMA ihrem Auftrag, die
Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte zu schützen, nachkommt, indem sie auch Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel berücksichtigt, besteht nach Ansicht der GPK-N aus Perspektive der Oberaufsicht aktuell kein Handlungsbedarf.

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Die FINMA versteht Klimafinanzrisiken als bedeutende Finanzrisiken für die Schweizer Finanzinstitute. Deren Ursprung können physische Risiken des Klimawandels oder klimabezogene Transitionsrisiken (aufgrund von eingreifenden Massnahmen der Klimapolitik) sein; Jahresbericht 2020 der FINMA vom 25. März 2021, www.finma.ch > Dokumentation > FINMA-Publikationen > Geschäftsberichte (Stand: 16. November 2021).

FINMA: Strategische Ziele 2021 bis 2024, 18. November 2020.

Eggen, Mirjam und Stengel Cornelia: Rechtliches Gutachten «Berücksichtigung von Klimarisiken und ­wirkungen auf dem Finanzmarkt» im Auftrag des BAFU, 31. Oktober 2019, www.bafu.admin.ch > Themen > Klima > Rechtliche Grundlagen > Rechtsgutachten (Stand: 16. November 2021).

Aus Sicht der FINMA besteht das Risiko, «dass Kundinnen und Kunden über die (vermeintliche) Nachhaltigkeit von Produkten oder Finanzdienstleistungen getäuscht werden»; Jahresbericht 2020 der FINMA vom 25. März 2021, www.finma.ch > Dokumentation > FINMA-Publikationen > Geschäftsberichte (Stand: 16. November 2021).

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Wenn den erwähnten Institutionen zusätzliche Verpflichtungen bzgl. Klimafinanzrisiken auferlegt werden sollen, müsste dies im Rahmen einer Gesetzesänderung geschehen. Die GPK-N weist darauf hin, dass das Thema in verschiedenen parlamentarischen Vorstössen48 aufgenommen wurde. Vor diesem Hintergrund entschied die Kommission im August des Berichtsjahres, ihre Arbeiten zur Aufsichtseingabe abzuschliessen. Sie wird in diesem Bereich aktiv bleiben und 2022 einen Bericht des Bundesrates49 behandeln sowie die Entwicklungen zur verbindlichen Klimaberichterstattung für grosse Schweizer Unternehmen50 verfolgen.

3.2.5

Tierschutz und Direktzahlungen

Anfang 2021 schloss die GPK-N ihre Arbeiten ab, die sie 2017 nach dem schweren Fall von Tierquälerei auf einem Landwirtschaftsbetrieb in der Gemeinde Hefenhofen im Kanton Thurgau51 aufgenommen hatte. Die Kommission befasste sich nicht mit dem konkreten Fall, sondern informierte sich allgemein über das Direktzahlungssystem in Bezug auf den Tierschutz und das Tierwohl. Ausserdem ging sie vertieft auf die Aufsicht des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) und des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in diesem Bereich ein.

Auf Bundesebene ist die Verantwortung auf die beiden Bundesämter verteilt: Das BLW ist für das Tierwohl zuständig und das BLV für den Tierschutz. Betriebe müssen in der Regel drei Arten von Anforderungen erfüllen: die rechtlichen Vorgaben, die Voraussetzungen für den Erhalt von Direktzahlungen (ökologischer Leistungsnachweis) und die Kriterien der freiwilligen Anreizprogramme, in deren Rahmen die Betriebe gemeinnützige Zusatzleistungen erbringen.52 Für den Vollzug des Tierschutzgesetzes (TSchG)53 sind die kantonalen Veterinärdienste verantwortlich54, für jenen des Landwirtschaftsgesetzes (LwG) die kantonalen Landwirtschaftsämter.55 Letztere entscheiden beispielsweise bei einer Verletzung der Vorschriften über eine allfällige Kürzung der Direktzahlungen. Die Verfolgung und Beurteilung von Strafanzeigen 48

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50 51

52

53 54 55

Dazu zählen z. B. die folgenden Vorstösse: Po. der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) «Nachhaltigkeitsziele für die Schweizerische Nationalbank» vom 24. Februar 2020 (20.3012); Mo. Nationalrat (Fischer) «Mehr Transparenz über die Klimaverträglichkeit des Schweizer Finanzplatzes» vom 17. Juni 2020 (20.3705); Mo. Nationalrat (Müller Leo) «Nachhaltige Finanzflüsse aufzeigen» vom 27. September 2019 (19.4313).

Wie kann die Schweiz die Finanzmittelflüsse klimaverträglich ausrichten? Bericht vom 17. November 2021 des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 19.3966 der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) vom 16. August 2019.

Bundesrat legt Eckwerte zur verbindlichen Klimaberichterstattung für grosse Unternehmen fest, Medienmitteilung des Bundesrates vom 18. August 2021.

Siehe hierzu den vom Kanton Thurgau in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht zum Fall Hefenhofen vom 23. Oktober 2018, Medienmitteilung des Kantons Thurgau vom 31. Oktober 2018, www.tg.ch > News > News-Archiv (Stand: 29. Oktober 2021).

Beispielsweise das Programm «Regelmässiger Auslauf im Freien» (RAUS), wonach den Tieren eine Mindestanzahl Tage pro Monat Auslauf auf einer Weide gewährt werden muss.

Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (TSchG; SR 455).

Art. 32 TSchG Art. 170 und 178 des Bundesgesetzes vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetzes, LwG; SR 910.1).

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wegen Verstössen gegen Vorschriften des TSchG oder von anderen strafbaren Handlungen obliegen den kantonalen Staatsanwaltschaften. Den Bundesbehörden kommt somit eine Oberaufsichts- und eine Koordinationsfunktion zu. Der Bund greift aber nicht direkt in den Vollzug ein, für welchen die kantonalen Behörden zuständig sind.

Bereits ab der ersten Anhörung im Jahr 2017 signalisierte das BLW der Kommission, dass es die Zusammenarbeit zwischen den Veterinär- und Landwirtschaftsbehörden weiter verstärken und das Kontrollsystem für Landwirtschaftsbetriebe verbessern will. Die entsprechenden Massnahmen wurden der GPK-N an mehreren Anhörungen in den Jahren 2017, 2019 und 2021 präsentiert.

Ab 2020 führte das BLW ein risikobasiertes System zur Kontrolle der Landwirtschaftsbetriebe ein, das von den Kantonen umgesetzt wird. Dieses sieht vor, dass problematische Betriebe einer Kontrolle unterzogen und in der Folge häufiger kontrolliert werden als Betriebe, die wenige oder keine Mängel aufweisen. Ausserdem wurde die Zahl der unangemeldeten Kontrollen erhöht. Ziel ist es, dass 40 Prozent der Kontrollen von Landwirtschaftsbetrieben unangemeldet erfolgen (2019: 34 %).

Das BLW und das BLV verfügen darüber hinaus über das System Acontrol56 zur Verwaltung und Erfassung von Kontrolldaten, welches sowohl in der Landwirtschaft als auch im Veterinärbereich eingesetzt wird. Anhand der dadurch möglichen Evaluationen und Datenauswertungen können zielgerichtetere Kontrollen durchgeführt und Problembetriebe besser erkannt werden. Das aktuelle System ist binär aufgebaut (Mangel ja oder nein) und eine der künftigen Weiterentwicklungen besteht darin, den Schweregrad der Mängel zu erfassen.

Das BLV wertet auch Daten aus anderen Quellen aus, z. B. aus dem Informationssystem Antibiotika in der Veterinärmedizin (IS ABV) und der Tierverkehrsdatenbank (TVD), um den Vollzug durch die Kantone zu vergleichen und mögliche Risikobetriebe zu identifizieren. Das laufende Projekt «Smart Animal Health»57 wird in Zukunft dazu beitragen, die Datenanalyse mittels Algorithmen weiter zu verbessern. Die IT-Anwendung Awisa ist eine geschützte, zentrale Plattform, welche seit dem 24. März 2021 in Betrieb ist. Sie dient ebenfalls dem Informationsaustausch zwischen den Vollzugs- und den Bundesbehörden. Das BLW und das BLV können bei Bedarf die Bundeseinheit
für die Lebensmittelkette (BLK)58 mit Audits zum Vollzug des LwG und das TSchG beauftragen.

Darüber hinaus organisiert das BLW und das BLV Treffen der kantonalen Veterinärdienste und der kantonalen Landwirtschaftsämter59, um Lösungen zu finden für Risikobetriebe, d. h. für die Betriebe, die aus Sicht des Tierschutzes am problematischsten sind. In diesem Bereich wird auch mit dem Schweizer Bauernverband zusammengearbeitet. Zudem gibt es eine Schlichtungsstelle, bei der problematische Fälle gemeldet werden können.

56 57 58 59

Siehe www.blw.admin.ch > Politik > Datenmanagement > Agate > Acontrol (Stand: 29. Oktober 2021).

Siehe www.blv.admin.ch > Tiere > Forschungsprojekte > Projekt «Smart Animal Health» (Stand: 29. Oktober 2021).

Siehe Bundeseinheit für die Lebensmittelkette, www.blv.admin.ch > Das BLV > Über uns (Stand: 29. Oktober 2021).

Beispielsweise die Tagungen Veterinärwesen/Landwirtschaft.

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Die GPK-N ersuchte das BLV ausserdem, zu prüfen, ob die bestehenden Rechtsgrundlagen ausreichen. Abzuklären galt es insbesondere, ob bzw. inwiefern die geltenden rechtlichen Grundlagen bereits ausreichen, um Eigentümerinnen und Eigentümer von Tieren in die Pflicht zu nehmen. Im Fall Hefenhofen beispielsweise waren die Tiereigentümer und der Tierhalter nicht dieselben Personen. Das BLV kam zum Schluss, dass diese Frage bereits geregelt ist und somit keine Anpassung der Rechtsgrundlagen notwendig ist. In solchen Fällen sei es immer wichtig, dass die Vollzugsbehörden, aber auch die kantonalen Staatsanwaltschaften und Gerichte eine Einzelfallbeurteilung vornehmen. Diese Stellen müssten im Einzelfall beurteilen, ob die Eigentümerin oder der Eigentümer für eine Tierschutzverletzung verantwortlich ist.

Aus Sicht des BLV und des BLW können schwere Fälle, wie jener in Hefenhofen, durch Vorarbeiten und eine frühzeitige Identifikation von Risikobetrieben zumindest teilweise verhindert werden, wozu die oben genannten Massnahmen beitragen sollten.

Die GPK-N ist der Auffassung, dass das BLW und das BLV die nötigen Schlüsse aus Sicht des Bundes zogen. Sie hält fest, dass die beiden Bundesämter bestrebt sind, ihre Instrumente, Systeme und Prozesse kontinuierlich zu verbessern, um ihre Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. In den Augen der GPK-N kommen sie somit ihrer Koordinations- und Oberaufsichtsfunktion, die sie gegenüber den Vollzugsbehörden wahrnehmen, in angemessener Weise nach, weshalb die Kommission beschlossen hat, ihre Untersuchung in dieser Angelegenheit abzuschliessen.

3.3

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.3.1

Elektronisches Patientendossier (EPD)

Die GPK-N befasst sich seit 2017 mit der Einführung des EPD. Sie tauschte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) und dem BAG über dieses Thema aus und informierte sich regelmässig über den Stand und die Herausforderungen dieses Projekts.60 Im Oktober 2021 nahm die Kommission Kenntnis vom Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Wehrli 18.432861, in dem der Bundesrat die kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmen zur Erweiterung des Handlungsfeldes des EPD und die noch offenen Fragen in diesem Dossier darlegt, und hörte zu diesem Bericht eine Delegation des EDI und des BAG an.

Die GPK-N stellte fest, dass 2021 bei der Einführung des EPD Fortschritte erzielt wurden: Inzwischen ist die Mehrheit der «Stammgemeinschaften»62 zertifiziert und es konnten die ersten EPD eröffnet werden. Dennoch verläuft die Einführung sehr 60

61

62

Jahresbericht 2018 der GPK und der GPDel vom 28. Januar 2019, Ziff. 3.3.1 (BBl 2019 2729, hier 2755) und Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021, Ziff. 3.3.1 (BBl 2021 570, S. 20).

Elektronisches Patientendossier. Was gibt es noch zu tun bis zu seiner flächendeckenden Verwendung? Bericht des Bundesrates vom 11. August 2021 in Erfüllung des Postulats 18.4328 Wehrli vom 14. Dezember 2018.

eHealth Suisse: Gemeinschaften und Stammgemeinschaften, www.e-health-suisse.ch > Gemeinschaften & Umsetzung > EPD-Gemeinschaften (Stand: 11. November 2021).

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schleppend und stösst dieses Projekt auf viele Hürden. So fehlt es z. B. an einer dauerhaften Finanzierung.

Die der Kommission vorgelegten Informationen zeigen, dass die mit der Einführung des EPD verbundenen Schwierigkeiten ­ Komplexität der Systeme, Einführungskosten, fehlende Unterstützung einiger Gesundheitsakteure ­ in der Vergangenheit unterschätzt wurden. Dies hat zur Folge, dass das EPD in seiner aktuellen Form nicht rentabel ist, was die Stammgemeinschaften in eine heikle finanzielle Lage bringt.

Der Bundesratsbericht zeigt auch die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der dezentralisierten Umsetzung des EPD und die begrenzten Interventionsmöglichkeiten des Bundes auf. Eine weitere Problematik besteht darin, dass es für die Eröffnung eines EPD eine elektronische Identität (e-ID) braucht.

Die Kommission nahm Kenntnis davon, dass der Bundesrat in seinem Bericht rund ein Dutzend Massnahmen zur Steigerung der Attraktivität des EPD vorschlägt. Sie stellte allerdings fest, dass ein Grossteil dieser Massnahmen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes, sondern in jenen der Kantone und der Stammgemeinschaften fällt. Dennoch zeigte sich die BAG-Direktorin gegenüber der GPK-N zuversichtlich.

Sie verwies unter anderem darauf, dass Anfang Oktober 2021 ein runder Tisch mit den wichtigsten EPD-Akteuren stattfand und alle Beteiligten ihren Willen bekräftigten, das Projekt voranzutreiben.

Angesichts der zahlreichen Probleme, die noch zu lösen sind, beauftragte der Bundesrat das EDI mit einer detaillierten Analyse des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG)63. Der Bundesrat wird sich Anfang 2022 auf der Grundlage dieser Analyse zum weiteren Vorgehen äussern.

Die GPK-N ist sehr besorgt über den Stand des EPD-Projekts und über die zahlreichen Hürden für eine flächendeckende Einführung. Sie betrachtet das EPD als zentrales Instrument im Gesundheitsbereich, dessen Notwendigkeit in der Coronakrise noch einmal unterstrichen wurde. In ihren Augen ist es unerlässlich, dass der Bund, die Kantone und alle anderen Beteiligten gemeinsam aktiv an der Lösung der bestehenden Probleme, am Aufbau eines attraktiven EPD und an einem nachhaltigen Finanzierungsmodell arbeiten.

Die Kommission wird dieses Dossier aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht auch weiterhin eng verfolgen. Sie wird
im Sommer 2022, nachdem sich der Bundesrat zum weiteren Vorgehen geäussert hat, mit dem EDI und dem BAG eine neue Lagebeurteilung vornehmen. Sie wird sich in diesem Zusammenhang auch über die Einführung des EPD in anderen Ländern informieren.

63

Bundesgesetz vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendossier (EPDG; SR 816.1).

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3.3.2

Institut für Virologie und Immunologie: Personalsituation

Im Rahmen eines Besuchs beim BLV im April 2021 befasste sich die GPK-N mit der Personalsituation am Institut für Virologie und Immunologie (IVI), welches dem BLV angegliedert ist und seit 2014 gemeinsam mit der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern betrieben wird.64 Bei der Personalbefragung 2020 hatten die Ergebnisse des IVI in fast allen Bereichen unter dem Durchschnitt der Bundesverwaltung gelegen.

Der BLV-Direktor räumte ein, dass die Herausforderungen in Sachen Personalführung in der Vergangenheit vermutlich unterschätzt wurden. Es sei nicht einfach, die beiden Kulturen ­ jene der Verwaltung und jene der Universität ­ in einer Einheit zusammenzubringen. Er verwies darauf, dass der frühere Direktor im Mai 2021 nach 27 Dienstjahren in Pension gegangen ist und das Institut eine neue Leitung erhalten hat. Er versicherte, dass das Bundesamt gemeinsam mit der neuen Leiterin des IVI der Personalführung besondere Aufmerksamkeit schenken wird.

Die GPK-N ersuchte das BLV, die Kommission über den Stand der Überlegungen und Arbeiten in Sachen Personalführung am IVI auf dem Laufenden zu halten. Im Oktober 2021 nahm sie eine neue Standortbestimmung vor. Das Bundesamt legte ihr detaillierte Informationen über die Auswertung der Personalbefragung 2020, über die erkannten Probleme und über die ergriffenen oder geplanten Massnahmen vor. Die Kommission liess dem EDI-Vorsteher im November 2021 die Schlussfolgerungen zukommen, zu denen sie auf der Grundlage dieser Informationen gelangt war.

Die Kommission zeigte sich erfreut, dass die Direktion des BLV und die Leitung des IVI die Ergebnisse der Personalbefragung 2020 sehr ernst nehmen. Sie nahm Kenntnis von den Massnahmen, die das IVI als Reaktion auf die Personalbefragung ergriffen hatte bzw. zu ergreifen beabsichtigte, und erachtete diese als Schritte in die richtige Richtung. Sie begrüsste insbesondere die Absicht des Instituts, ein Leitbild und Werte für das Institut zu definieren, den Austausch zwischen IVI, BLV und EDI zu stärken und zu vereinfachen sowie die interne Kommunikation zu verbessern. Die GPK-N teilt die Einschätzung des BLV, wonach der Wechsel der Institutsleitung im Mai 2021 Gelegenheit bietet, einen neuen Führungsstil einzuführen.

Die GPK-N erkannte auf der Grundlage der ihr verfügbaren Informationen in Bezug auf die Personalsituation am
BLV keinen weiteren Handlungsbedarf aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht. Angesichts der zahlreichen laufenden Verbesserungsmassnahmen beschloss die Kommission allerdings, im Herbst 2022 eine neue Lagebeurteilung vorzunehmen.

64

Das IVI ist das Schweizer Referenzlabor für die Diagnose, Überwachung und Kontrolle von hochansteckenden viralen Tierseuchen, virale Zoonosen eingeschlossen (Infektionskrankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragen werden). Es ist zudem für die Zulassung und Kontrolle von Impfstoffen und Imunseren für Tiere zuständig. In Zusammenarbeit mit der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern forscht und lehrt das IVI im Bereich der Virologie und Immunologie.

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3.4

Internationale Beziehungen und Aussenhandel

3.4.1

Betrugsfall in der Schweizer Botschaft Moskau

Die GPK-N befasste sich im Berichtsjahr mit einem Betrugsfall durch eine ehemalige Botschaftsangestellte in der Schweizer Botschaft in Moskau. Im Januar 2019 stellte sich eine Quittung, welche von der betroffenen Angestellten erstellt wurde, als Fälschung heraus. Die Mitarbeiterin wurde damit konfrontiert und per sofort freigestellt.

Die Botschaft in Moskau führte mit Unterstützung der EDA-Zentrale eine interne Untersuchung durch. In diesem Rahmen erhärtete sich der Verdacht des Betrugs, der Dokumentenfälschung und der Veruntreuung durch die Botschaftsangestellte. Die Untersuchung identifizierte verschiedene Verfehlungen der Angestellten. Der Fall wurde den russischen Strafverfolgungsbehörden übergeben.

Die Kommission interessierte sich dafür, wie der Fall aufgedeckt wurde, wie die Untersuchungen durchgeführt wurden und welche Lehren die Botschaft in Moskau und das EDA im Allgemeinen aus diesem Fall gezogen haben. Sie wurde informiert, dass die Botschaft nach Bekanntwerden des Sachverhalts und der Freistellung der Mitarbeiterin verschiedene Massnahmen getroffen hat, um eine bessere Kontrolle einerseits der Abrechnungen der konsularischen Dienstleistungen aber auch der Leistungen aus der Kranken-, Unfall- und Mutterschaftsversicherung sicherzustellen. Gegen die ehemalige Botschaftsangestellte wurde zudem eine fünfjährige Einreisesperre für den Schengen-Raum erlassen.

In der Folge erhob sie Vorwürfe, u. a. wegen sexueller Belästigung, gegen den ehemaligen Schweizer Botschafter in Moskau. Der Anwalt der ehemaligen Botschaftsmitarbeiterin teilte der Botschaft mit, seine Klientin werde die Vorwürfe gegen den Botschafter nicht den Medien zuspielen oder juristisch weiterverfolgen, sofern die Botschaft ihr eine umfassende finanzielle Abfindung auszahle. Die Botschaft lehnte diesen Vorschlag ab und reichte Strafanzeige ein. Eine in der Folge von der ehemaligen Botschaftsangestellten eingereichte Aufsichtsbeschwerde an den Bundesrat wurde durch das Bundesamt für Justiz (BJ) geprüft. Im Rahmen dieser Prüfung wurden Auskünfte von verschiedenen Personen eingeholt und der ehemalige Botschafter um eine Stellungnahme gebeten. Die Vorwürfe stellten sich als gegenstandslos heraus. Am 21. April 2021 entschieden auch die zuständigen Moskauer Ermittlungsbehörden, in der Sache keine Untersuchung gegen den vormaligen
Schweizer Botschafter einzuleiten, da keine «ausreichenden Daten vorhanden sind, die eine widerrechtliche Handlung gegen [die ehemalige Botschaftsangestellte] durch [den Botschafter] bezeugen würden»65.

Die Kommission stellt fest, dass die Betrugsfälle durch die Botschaft aufgearbeitet wurden und die Botschaft Konsequenzen daraus gezogen hat. Sie nimmt weiter zur Kenntnis, dass auch die Vorwürfe gegen den ehemaligen Schweizer Botschafter untersucht und keinerlei Hinweise gefunden wurden, die darauf hindeuten würden, dass sie berechtigt gewesen wären. Vielmehr spricht der Umstand, dass die ehemalige Mitarbeiterin die Vorwürfe erst nach der Freistellung äusserte und drohte diese zu veröffentlichen, sollte die Botschaft keine umfassende finanzielle Abfindung auszahlen, 65

Brief der Direktion für Ressourcen (DR) EDA an die Subkommission EDA/VBS der GPK-N vom 3. Dezember 2021.

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darauf hin, dass die Anschuldigungen erfunden waren. Die Kommission sieht im vorliegenden Fall keinen Handlungsbedarf aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht und hat das Dossier geschlossen.

3.4.2

EDA-Aussennetz: Lokale Botschaftsangestellte

Rund 50 % aller EDA-Mitarbeitenden sind nach lokalem Recht im Aussennetz bei Schweizer Botschaften oder Konsulaten angestellt. Für das EDA birgt dies Herausforderungen bezüglich der Sicherheit dieser sogenannten Lokalangestellten. Da sie nicht dem diplomatischen Schutz unterstehen, sind insbesondere deren Daten- und Persönlichkeitsschutz betroffen. Exemplarisch war dies beim Fall einer Lokalangestellten der Visaabteilung der Botschaft in Colombo zu sehen.66 U. a. deshalb beschloss die GPK-S, sich mit dem Thema zu befassen.

Die Kommission interessierte sich dabei für drei Aspekte: den Rekrutierungsprozess, die Aufgabenbereiche, die von Lokalangestellten wahrgenommen werden, und die Herausforderungen betreffend den Schutz lokaler Angestellten in sicherheitspolitisch heiklen Situationen. Dazu befragte die GPK-S die DR im EDA.

Die Rekrutierung erfolgt durch den Missionschef oder die Missionschefin anhand eines definierten Anforderungsprofils. Lokalangestellte arbeiten vorwiegend als Supportpersonal (z. B. im Sicherheitsbereich) oder qualifiziertes Fachpersonal (z. B. als Mitarbeitende bei Projekten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit [DEZA]). Was die Sicherheit der Angestellten, aber auch die Wahrung der Daten- und Persönlichkeitsrechte angeht, nahm die Kommission zur Kenntnis, dass die Vertretungen jeweils einen Sicherheitsmanagementplan und Verhaltensregeln definieren.

Ausserdem ist der Zugang des Lokalpersonals zu sensiblen Informationen beschränkt.

Des Weiteren erkundigte sich die Kommission nach den Lehren, die das EDA aus den Ereignissen in Sri Lanka gezogen hat. Sie nahm zur Kenntnis, dass das Krisenmanagement-Zentrum angehalten wird, bei Meldungen und Analysen von Sicherheitsvorfällen eine erhöhte Sorgfalt walten zu lassen. Schlüsselfunktionen und exponierte Positionen im Aussennetz werden vermehrt überprüft und bei Bedarf werden Anpassungen bei den Arbeitsinhalten und Anstellungsbedingungen getroffen, um die Sicherheitsrisiken zu mindern. Zudem hat eine Sensibilisierung der Vertretungen bezüglich der Risiken bei der Nutzung von mobilen Geräten stattgefunden.

Die GPK-S stellte angesichts der erhaltenen Informationen und der bereits getroffenen Massnahmen bei diesem Dossier keinen unmittelbaren Handlungsbedarf seitens der parlamentarischen Oberaufsicht fest. Sie beschloss, ihre Arbeiten abzuschliessen.

66

Ernstfall in Colombo. In: Neue Zürcher Zeitung vom 11.12.2020.

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3.4.3

Versetzungen EDA

Die GPK-S beschloss im Februar des Berichtsjahres, sich mit den Versetzungen im EDA zu befassen. Nach der letzten Rotationsrunde des diplomatischen Korps und damit zusammenhängenden Abgängen hochrangiger Diplomaten waren die Versetzungen im EDA ein vielbeachtetes Thema in den Medien. Vor diesem Hintergrund beschloss die Kommission, sich mit dem Prozess bei personellen Rotationen zu befassen.

Da einzelne Personalentscheide nicht in die Kompetenz der GPK fallen, stellte sich die Kommission die Frage, ob bei der Ernennung und Rotation von Botschafterinnen und Botschaftern die geltenden Vorschriften und Verfahren systematisch eingehalten werden. Betrachtet wurden drei Aspekte der Mechanismen rund um die Versetzungen: Sicherstellung der Einhaltung der geltenden Regelungen, Verantwortlichkeit und Mitsprachemöglichkeit der betroffenen Personen. Die GPK-S befasste sich in diesem Zusammenhang ebenfalls mit den Ergebnissen der Personalumfrage 2020 sowie den Vorkehrungen zur «Talentpflege und -förderung» im diplomatischen Korps.

Die zuständige Subkommission tauschte sich mit der Direktorin der DR über die Versetzungsdisziplin im EDA aus. Die Diplomatinnen und Diplomaten sind vertraglich verpflichtet, grundsätzlich alle vier Jahre den Posten und das Land zu wechseln.67 Jede Diplomatin und jeder Diplomat kann sich auf drei Stellen bewerben, das HR trifft anschliessend eine engere Auswahl für jede Stelle. Nach den Vorstellungsgesprächen wird dem Departementsvorsteher ein Vorschlag für die Stellenbesetzung unterbreitet und in der Folge stellt dieser Antrag an den Bundesrat.

Dieser Prozess wurde 2018 eingeführt. Die Interne Revision EDA führte im Berichtsjahr eine Untersuchung des Versetzungsprozesses durch. Sie kam zum Schluss, dass die Leitlinien befolgt wurden und der Prozess gegen innen transparent, nachvollziehbar sowie gut dokumentiert ist. Ein gewisser Handlungsbedarf wurde aber bei den Versetzungsgrundsätzen erkannt und es wurde empfohlen, die Transparenz gegen aussen zu erhöhen, indem diese Grundsätze umfassender erläutert werden.

Die Ergebnisse der Personalumfrage 2020 waren im Vergleich zu drei Jahren zuvor leicht besser. So hat sich die Arbeitszufriedenheit im diplomatischen Korps erhöht.

Obwohl das Kriterium der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben am wenigsten Punkte erhielt, wurde dort am
meisten Fortschritte erzielt. Allerdings mindert die relativ tiefe Rücklaufquote von 60 % die Aussagekraft der Umfrage.

Im Zusammenhang mit der «Talentpflege und -förderung» erwähnte die Direktorin ein Programm für die Identifikation und Entwicklung von Talenten für die Karriere «Internationale Zusammenarbeit». Dieses wurde um die Karrieren «Konsularisches, Betriebsführung und Finanzen» und «Diplomatie» erweitert.

Die GPK-S hat aufgrund der erhaltenen Informationen keinen unmittelbaren Handlungsbedarf aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht erkannt. Sie hat hingegen beschlossen, sich im nächsten Jahr im Rahmen eines neuen Dossiers mit der Ausbildung des diplomatischen Korps zu befassen.

67

Art. 132 Abs. 2 der Verordnung des EDA zur Bundespersonalverordnung vom 20. September 2002 (VBPV­EDA; SR 172.220.111.343.3).

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3.4.4

Sponsoring im EDA

Schweizer Vertretungen arbeiten häufig und in unterschiedlichen Kontexten mit Schweizer Unternehmen im Ausland zusammen. Die Unternehmen werden oft in Projekte der Landeskommunikation eingebunden, beispielsweise im Rahmen von Paneldiskussionen oder Netzwerkanlässen. Falls diese Einbindung für beide Seiten von Vorteil ist, kann sie auch in Form einer Sponsoring-Partnerschaft vereinbart werden.

Am 1. Januar 2021 traten die neuen EDA-Richtlinien zur Zusammenarbeit mit Sponsoren68 in Kraft. Die Richtlinien orientieren sich an der neuen Strategie Landeskommunikation69 des EDA und legen die Kriterien für zukünftige Sponsoring-Partnerschaften fest.

Die GPK-S hat sich erstmals 2018 mit den Grundlagen des Sponsorings von Anlässen, organisiert durch Schweizer Aussenvertretungen, befasst. Die Kommission liess sich dabei das Sponsoring-Handbuch für das EDA-Aussennetz vorstellen. Dieses basiert auf einem Rechtsgutachten von Professor Felix Uhlmann von 201270. Demnach bilden das Bundesgesetz über die Pflege des schweizerischen Erscheinungsbildes im Ausland71 und die Landeskommunikationsverordnung72 die Grundlage für passives und aktives Sponsoring im EDA. Auch die neuen Richtlinien verweisen auf das Rechtsgutachten.73 Die Kommission liess sich im Berichtsjahr die neuen Sponsoring-Richtlinien vorstellen. Sie nahm zur Kenntnis, dass der Fokus der neuen Richtlinien auf den Imagetransfer zwischen der offiziellen Schweiz und den beteiligten Schweizer Unternehmen gelegt wird, bei gleichzeitiger fallweiser Abschätzung der Chancen und Risiken einer Partnerschaft. Sie stellt fest, dass das EDA mit den neuen Richtlinien nun über klare Regeln für den Umgang mit Sponsoren verfügt. Die Richtlinien erläutern, wie Chancen und Risiken abzuwägen sind, welche Formen der Zusammenarbeit möglich sind und definieren die Prozesse bei passiven und aktiven Sponsoring-Aktivitäten.

Die Kommission hätte es allerdings begrüsst, wenn die Anpassungen am SponsoringManual nicht erst nach der Medienberichterstattung im Sommer 2019 zum Sponsoring des Schweizer Pavillons an der Expo 2020 in Dubai durch Philipp Morris International gemacht worden wären. Dies umso mehr, als die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S im Herbst 2018 vom EDA informiert wurde, dass SponsoringAktivitäten in Bereichen, welche den Interessen des Bundes entgegenstehen, nicht eingegangen werden. Dabei war namentlich vom Bereich Tabak die Rede74.

68 69 70 71 72 73 74

Richtlinien des EDA zur Zusammenarbeit mit Sponsoren 2021 vom 18. Dezember 2020.

Strategie Landeskommunikation 2021-2024 vom 18. Dezember 2020.

Uhlmann, Felix: Gutachten betreffend Sponsoring-Verträge zu Handen des EDA, Kompetenzzentrum Verträge und Beschaffungen, 6. November 2012.

Art. 2 des Bundesgesetzes vom 24. März 2000 über die Pflege des schweizerischen Erscheinungsbildes im Ausland, SR 194.1 Art. 6 der Verordnung über die Pflege des schweizerischen Erscheinungsbildes im Ausland (Landeskommunikationsverordnung, SR 194.11).

Ziff. 4.2 der Sponsoring-Richtlinie EDA.

Das Projekt für den Schweizer Pavillon an der Expo 2020 in Dubai betraf ein Kooperationsprojekt im Bereich der E-Zigarette, während die 2018 erwähnten Aktivitäten im Bereich der sogenannten traditionellen Zigarette lagen.

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Die Kommission begrüsst, dass mit der neuen Regelung die Transparenz erhöht wird.

Neu sollen sämtliche Sponsoren mit Namen sowie Angaben zum jeweiligen Anlass durch die Botschaften bzw. die betroffene Stelle veröffentlicht werden. Des Weiteren sehen die Richtlinien eine fallweise Sorgfaltsprüfung und Risikoabschätzung vor. Die Verantwortung für Sponsoring-Entscheide liegt bei den Chefinnen und Chefs der Missionen bzw. der Abteilungen in der Zentrale. Eine neu geschaffene Kompetenzstelle Sponsoring steht für Beratungen und Empfehlungen zur Verfügung. Die Kommission erkennt aktuell keinen Handlungsbedarf aus Sicht der Oberaufsicht und hat beschlossen, das Dossier abzuschliessen.

3.4.5

Abbruch der Verhandlungen zum Institutionellen Abkommen Schweiz-EU

Am 26. Mai 2021 informierte der Bundesrat mittels Medienmitteilung75 über seinen Beschluss, das Institutionelle Abkommen (InstA) mit der Europäischen Union (EU) nicht abzuschliessen. Der Bundesrat sei zum Schluss gekommen, dass zwischen der Schweiz und der EU in zentralen Bereichen dieses Abkommens (namentlich in den Bereichen der Unionsbürgerrichtlinie, des Lohnschutzes und der staatlichen Beihilfen) weiterhin substanzielle Differenzen bestehen. Die Bedingungen für einen Abschluss eines Abkommens seien für ihn deshalb nicht gegeben.

Die Aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte (APK) luden die GPK mit Brief vom 7. Juli 2021 (Aussenpolitische Kommission des Nationalrates [APK-N]) und vom 7. September 2021 (Aussenpolitische Kommission des Ständerates [APK-S]) ein, die Rechtmässigkeit des Bundesratsbeschlusses zum Abbruch der Verhandlungen mit der EU in Sachen InstA zu überprüfen. Im Fokus des Anliegens der APK-N stand die Frage, ob der Bundesrat das Parlament und seine Kommissionen gemäss den rechtlichen Vorgaben einbezogen hat bzw. ob das Vorgehen des Bundesrates im konkreten Fall mit Artikel 166 Absatz 1 BV (Beteiligung der Bundesversammlung an der Gestaltung der Aussenpolitik) und Artikel 24 Absatz 1 ParlG (Mitwirkung der Bundesversammlung bei der Willensbildung über wichtige aussenpolitische Grundsatzfragen und Entscheide), im Einklang steht. Die APK-S bat insbesondere darum, die Kompetenzen in diesem Bereich im Hinblick auf das künftige Vorgehen in ähnlichen Situationen zu klären.

Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S führte im Sinne von Vorabklärungen eine Anhörung der Staatssekretärin EDA und des Direktors des BJ durch und analysierte bestehende Rechtsauffassungen betreffend einerseits die Rechtmässigkeit des Bundesratsbeschlusses, die Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU abzubrechen, und andererseits den Einbezug des Parlaments in dieser Frage. Die GPK-S konnte sich aufgrund der erhaltenen Informationen vergewissern, dass der Bundesrat die Frage des rechtlich korrekten Einbezugs des Parlaments im Vorfeld seines Entscheids vertieft geprüft hat. Der Bundesratsausschuss «Auswärtige

75

Das Institutionelle Rahmenabkommen Schweiz-EU wird nicht abgeschlossen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 26. Mai 2021.

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Angelegenheiten und Europapolitik» führte am 19. Januar und 2. Februar 2021 Aussprachen zu dieser Frage durch und stellte fest, dass für den Fall eines Nichtabschlusses der Verhandlungen eine Konsultation der beiden APK gemäss Artikel 152 Absatz 3 ParlG erforderlich wäre. Der Bundesrat informierte beide APK am 26. April 2021 über die Option in Bezug auf den Abschluss des InstA und konsultierte dazu.

Die Kommission kommt auch unter Einbezug der einschlägigen Rechtsliteratur zum Schluss, dass die geltende Rechtslage zur Kompetenzverteilung klar ist. Aufgrund des Resultats der Vorabklärungen der Subkommission EDA/VBS der GPK-S beschloss die Kommission, die von den APK aufgeworfenen Fragen nicht weiter zu vertiefen.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass die GPK gemäss konstanter Praxis keine Untersuchungen zur Frage durchführen, ob der Bundesrat bei einem bestimmten Geschäft andere parlamentarische Kommissionen richtig informiert bzw. einbezogen hat. Sie gehen grundsätzlich davon aus, dass diese Beurteilung in den Verantwortungsbereich der zuständigen Sachbereichskommissionen fällt und diese selbst für die Durchsetzung ihrer Informationsrechte und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ihnen und dem Parlament gegenüber verantwortlich sind. Dies gilt aus Sicht beider GPK im konkreten Fall umso mehr, als die APK als für die Aussenpolitik zuständige Sachbereichskommissionen die Verhandlungen des Bundesrates mit der EU zwecks Abschlusses eines institutionellen Abkommens von Beginn weg begleitet haben und vom Bundesrat regelmässig über den Verhandlungsverlauf informiert wurden. Bei den Verhandlungen zum InstA waren aus Sicht der GPK-N schliesslich die politischen Aspekte zentral. Der Abbruch der Verhandlungen durch den Bundesrat erfolgte gestützt auf seine Beurteilung der politischen Situation, weshalb eine rechtliche Beurteilung des Nichtabschlusses des Vertrags seitens der GPK nicht zielführend wäre.

Die Notwendigkeit allfälliger legislatorischer Anpassungen zwecks Präzisierung der einschlägigen Bestimmungen im Parlamentsgesetz über die Mitwirkungsrechte des Parlaments in künftigen, ähnlichen Fällen wäre eine politische Frage, welche aus Sicht der GPK durch die APK zu beurteilen wäre. Die APK wurden über die Feststellungen der GPK in Kenntnis gesetzt.

3.5

Staat und Verwaltung

3.5.1

Zukunft der Datenbearbeitung und -sicherheit

Nachdem das Parlament eine von Ständerat Paul Rechsteiner eingereichte Motion76 angenommen hatte, setzte der Bundesrat 2015 eine von alt Nationalrätin Brigitta M.

Gadient präsidierte Expertengruppe ein, die den Auftrag hatte, verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der technologischen und politischen Entwicklung im Bereich der Datenbearbeitung in der Schweiz, mit den Auswirkungen dieser Entwicklungen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Staat sowie mit der Geeignetheit der Rechtsgrundlagen und mit den sich daraus auf nationaler und internationaler Ebene ergebenden Schlussfolgerungen für die Schweiz zu prüfen. Der 2018 veröffentlichte Schlussbe-

76

Mo. Rechsteiner Paul, «Expertenkommission zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit» vom 26. September 2013 (13.3841).

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richt der Expertengruppe enthält 51 Empfehlungen zu den verschiedensten Bereichen.77 Der Bundesrat beauftragte das UVEK, diese Empfehlungen in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Departementen zu analysieren und dem Bundesrat entsprechende Folgearbeiten zum Entscheid zu unterbreiten. Auf der Grundlage der UVEKArbeiten kam der Bundesrat im Oktober 2019 zum Schluss, dass sich die Mehrzahl der Empfehlungen mit bereits laufenden Aktivitäten des Bundes deckt.78 In drei Bereichen (digitale Verträge, Zugang zu Sachdaten und Sicherheitsstandards der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für kritische Infrastrukturen) beschloss er zusätzliche Massnahmen.

Der ehemalige Sekretär der Expertengruppe sowie Vertreterinnen und Vertreter des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM), des BJ, des Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) und des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) präsentierten der GPK-N im September 2020 die Schlussfolgerungen des Expertenberichts und die auf dieser Grundlage ergriffenen Massnahmen der Bundesverwaltung. Die Kommission vertiefte in der Folge bestimmte Aspekte des Dossiers mit dem UVEK.

Ende März 2021 teilte sie dem Bundesrat ihre Erwägungen in dieser Sache mit.

Die Kommission stellte fest, dass das UVEK und das BAKOM als das zuständige Departement bzw. Bundesamt ihre Führungsrolle in diesem Dossier aktiv wahrgenommen hatten. Das BAKOM hatte unter anderem in allen Departementen eine Umfrage zu den Empfehlungen der Expertengruppe durchgeführt und aufgrund des unterschiedlichen Detaillierungsgrades der Rückmeldungen die entsprechenden Bundesämter um zusätzliche Auskünfte gebeten. Die Kommission kam anhand der ihr vorliegenden Informationen zum Schluss, dass die Empfehlungen der Expertengruppe von der Bundesverwaltung sorgfältig geprüft worden waren.

Die Abklärungen der GPK-N zeigten aber auch, dass nach der Veröffentlichung des Berichts im September 2018 nur wenig Kontakt zwischen der Expertengruppe und der Bundesverwaltung bestand. Der Vorsteher des EFD, welches für die Umsetzung der Motion 13.3841 zuständig ist, hatte sich mit der Präsidentin der Expertengruppe ausgetauscht, bevor er diese Gruppe gemäss dem ursprünglichen Mandat auflöste.79 Dementsprechend war bei den Folgearbeiten kein Austausch zwischen der Expertengruppe und der Bundesverwaltung möglich. Gemäss
UVEK standen allerdings einige Mitglieder der Expertengruppe der Bundesverwaltung auch in der Folge mit ihrem Fachwissen zur Seite. Die GPK-N kam abschliessend zum Schluss, dass der Bundesrat unabhängig darüber entscheiden können muss, welche Folge er Empfehlungen von externen Expertinnen und Experten gibt. Sie fragte sich allerdings, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, einen intensiveren institutionellen Austausch zwischen der Expertengruppe und der Bundesverwaltung zu fördern, um das Fachwissen und die Arbeiten der Mitglieder der Expertengruppe bei den Folgearbeiten bestmöglich zu nutzen. Sie ersuchte den Bundesrat, zu prüfen, ob in ähnlichen Situationen künftig ein intensiverer Austausch mit den externen Expertinnen und Experten möglich wäre.

77 78 79

Bericht der Expertengruppe zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit vom 17. August 2018.

Umsetzung von Empfehlungen zur Datenbearbeitung und Datensicherheit, Medienmitteilung des Bundesrates vom 30. Oktober 2019.

Die Expertengruppe war für maximal drei Jahre eingesetzt worden.

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Die GPK-N informierte sich ferner darüber, wie die verschiedenen Empfehlungen der Expertengruppe von der Bundesverwaltung umgesetzt wurden. Sie beschränkte sich dabei allerdings auf eine allgemeine Beurteilung in Bezug auf die Geschäftsführung.

Aus den der Kommission zugegangenen Informationen geht hervor, dass ein grosser Teil der Expertenempfehlungen mit laufenden oder geplanten Arbeiten des Bundes oder der Kantone ­ z. B. in den Bereichen Schutz vor Cyberrisiken, Datentransparenz oder Cyberverwaltung ­ deckungsgleich ist.80 Zudem ermöglicht die 2020 verabschiedete Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG)81 die vollständige oder partielle Umsetzung mehrerer Expertenempfehlungen.

Die GPK-N informierte sich ausserdem über die internationalen Aktivitäten der Schweiz im Bereich der Datenbearbeitung und -sicherheit. Auch hier stellte sie fest, dass die Bundesbehörden auf verschiedenen Ebenen in den von den Empfehlungen abgedeckten Bereichen (z. B. Sicherheit, digitale Selbstbestimmung, künstliche Intelligenz und Datenschutz) tätig sind.

Das UVEK informierte die GPK-N im Weiteren darüber, dass die Generalsekretärenkonferenz (GSK) auf einen Bericht über die Nachverfolgung der Umsetzung der 51 Expertenempfehlungen verzichtet hatte, da diese Empfehlungen sehr viele verschiedene Bereiche betreffen und bereits mehrere Berichte im Zusammenhang mit den genannten Strategien des Bundes und der Kantone vorgesehen sind. Die Kommission kam zum Schluss, dass diese Argumente nachvollziehbar sind und der Ressourceneinsatz, der für die Erstellung eines solchen Berichts erforderlich ist, gegenüber dessen Mehrwert unverhältnissmässig wäre. Der GPK-N ist aber wichtig, dass der Bundesrat trotzdem ­ in angemessener Form ­ einen Überblick über die Entwicklungen in Sachen Datenverarbeitung und -sicherheit erhält und regelmässig prüft, ob weitere Massnahmen in den im Expertenbericht genannten Aktionsfeldern notwendig sind.

Die GPK-N begrüsst die Stichhaltigkeit und die Qualität der Arbeiten der Expertengruppe. In ihren Augen hat die Bundesverwaltung die Empfehlungen der Expertengruppe sorgfältig geprüft. In Anbetracht der ihr vorliegenden Informationen sieht sie in diesem Dossier aus Sicht der Oberaufsicht keinen generellen Handlungsbedarf. Sie hat dem Bundesrat aber mitgeteilt, dass sie die Arbeiten des Bundes auf
dem Gebiet der Datenbearbeitung und der Datensicherheit in gewissen spezifischen Bereichen (z. B. Cybersicherheit) weiterhin aufmerksam verfolgen wird und es sich vorbehält, in diesem Rahmen bestimmte Aspekte zu vertiefen.

80

81

Das UVEK verwies in diesem Zusammenhang insbesondere auf sechs Bundesstrategien im Bereich der Datenbearbeitung und -sicherheit: Strategie «Digitale Schweiz», Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken (NCS) für die Jahre 2018-2022, E-Government-Strategie Schweiz 2020-2023, Strategie für transparente Verwaltungsdaten in der Schweiz 2019-2023 (Open-Government-Data-Strategie, OGD-Strategie), Strategie Digitalaussenpolitik 2021-2024, Strategie der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und Erziehungsdirektoren (EDK) für den Umgang mit Wandel durch Digitalisierung im Bildungswesen.

Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1).

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3.5.2

Vereinbarung zwischen EJPD und chinesischen Migrationsbehörden

Die Medien berichteten im Jahr 2020 über eine Vereinbarung zwischen dem EJPD und chinesischen Migrationsbehörden aus dem Jahr 2016. Die GPK-N beschloss, dieses Thema mit Vertretern des Staatssekretariats für Migration (SEM) zu diskutieren, um sich selber ein Bild der verschiedenen Vorbringen in der Presse machen zu können (Verlängerung der Vereinbarung, Geheimhaltung des Abkommens, Überführung von Tibetern und Uiguren).

Der Staatssekretär des SEM erläuterte der Kommission die Vereinbarung und nahm zu den verschiedenen aufgeworfenen Fragen Stellung. Die Vereinbarung mit den chinesischen Migrationsbehörden stünde im Zusammenhang mit dem gesetzlichen Auftrag des SEM, Personen mit einem rechtskräftigen, negativen Asylentscheid wegzuweisen. In erster Linie würden die Bemühungen auf die selbständige Ausreise der betroffenen Personen gesetzt, was in 80 Prozent aller Fälle gelinge. Die zwangsweise Rückführung gestalte sich relativ einfach, wenn die betreffenden Personen über gültige Reisedokumente verfügen. Kompliziert seien jene Fälle in denen die Personen keine Ausweisdokumente haben bzw. vorgeben, diese verloren zu haben. In letzteren Fällen komme es nicht selten vor, dass die Herkunftsstaaten die Staatsangehörigkeit und die Identität klären müssen. Sobald ein Herkunftsstaat eine Person als eigene Staatsangehörige bzw. als eigenen Staatsangehörigen anerkenne, können die Reisepapiere beschafft und die Personen weggewiesen werden. Derartige Abklärungen würden meist von Botschaften durchgeführt, wofür es keines Staatsvertrages bedürfe. Beamte der potenziellen Herkunftsstaaten befragen manchmal die Personen in der Schweiz.

Der Staatssekretär stellte jedoch unmissverständlich klar, dass keine bedrohten Personen befragt würden. Einzig Personen, über die bereits rechtskräftig die Wegweisung verfügt wurde, werden gegebenenfalls einer Identitätsabklärung unterzogen. Die Rechtsgrundlage für die Identitätsabklärungen leitet das SEM aus Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung über den Vollzug der Weg- und Ausweisung sowie der Landesverweisung ausländischer Personen (VVWAL)82 ab. Diese Bestimmung sehe derartige Abklärungen explizit vor. Des Weiteren räume Artikel 100 des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG)83 dem Bundesrat die Kompetenz ein, Abkommen im Migrationsbereich abzuschliessen.

In Bezug auf die konkrete
Vereinbarung mit den chinesischen Behörden hielt der Staatssekretär fest, dass weder Personen tibetischer Ethnie oder Personen uigurischer Ethnie Gegenstand dieser Überprüfungen seien. Es würde nur die Identität von Personen aus der Volksrepublik China abgeklärt, welche in der Volksrepublik China nicht gefährdet seien. Die Vereinbarung sei in erster Linie auf Initiative der Schweiz hin zustande gekommen, weil sich in Europa sehr viele Chinesen illegal aufhielten und von der Volksrepublik China ein gewaltiges Migrationspotenzial ausgehe. Es sei denn auch die Schweiz, welche in jedem Einzelfall beurteile, welche Personen einem 82 83

Verordnung vom 11. August 1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung sowie der Landesverweisung von ausländischen Personen (VVWAL; SR 142.281).

Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20).

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Interview durch chinesische Beamte vorgeführt werden. Falls die Vereinbarung verlängert werden sollte, würde diese dem Bundesrat vorgelegt. Die APK hätten zudem bereits gewünscht, konsultiert zu werden. Zur Zeit der Anhörung gab es jedoch keine Kontakte mit der Volksrepublik China diesbezüglich. Weiter führte der Staatssekretär auch aus, dass ­ entgegen der Berichterstattung in den Medien ­ es sich nicht um ein geheimes Abkommen gehandelt habe. Es gebe eine klare Publikationslogik betreffend völkerrechtlicher Abkommen und technischen Abkommen. Letztere ­ und dazu zählt auch die Vereinbarung mit den chinesischen Migrationsbehörden ­ würden jedoch nicht in der Amtlichen Sammlung des Bundes (AS) publiziert. Sie sei jedoch auf der Homepage des EDA veröffentlicht worden.

Die GPK-N erkannte aus der Sicht der Oberaufsicht keinen weiteren Handlungsbedarf, sodass ihre Abklärungen hierzu abgeschlossen werden konnten. Sie hielt jedoch auch fest, dass es richtig sei, bei einer allfälligen Erneuerung der Vereinbarung die APK einzubeziehen bzw. zu konsultieren.

3.5.3

LINGUA-Analysen des SEM

Ende Oktober 2020 wurden in den Medien Vorwürfe gegenüber der Fachstelle LINGUA des SEM laut. Die Fachstelle LINGUA wurde im Jahr 1997 für die Durchführung von Herkunftsabklärungen gegründet. Solche werden durchgeführt, wenn die Asylsuchende bzw. der Asylsuchende keine gültigen Identitätsdokumente vorweisen kann und Zweifel an den Vorbringen bezüglich Herkunftsregion bestehen. Mit diesen Herkunftsanalysen wird bezweckt, den Staat, die Region oder mindestens das Milieu zu eruieren, von dem die betreffende Person in ihrer Sozialisation am meisten beeinflusst wurde.84 In der Berichterstattung in den Medien ­ die sich auf geleakte Dokumente berief ­ wurde geltend gemacht, dass es sich um eine geheime Abteilung des SEM handle, dass der Bericht einer sachverständigen Person, die bei tibetischen Asylsuchenden zum Einsatz kommt, substanzielle Defizite und nicht akzeptierbare Fehler aufweise, sodass eine neutrale und objektive Evaluation nicht möglich sei. Zudem sei die sachverständige Person in der Tibetologie auf dem Forschungsstand der Achtzigerjahre stehengeblieben und sehr chinafreundlich.

Die GPK-N beschloss, dieses Thema mit dem Vizedirektor des SEM und der Sektionsleiterin LINGUA des SEM in allgemeiner Form zu diskutieren und lud diese zu einer Anhörung ein.

Bei dieser Anhörung stellten sie klar, dass es sich bei den öffentlich gewordenen Dokumenten um ein Versehen seitens des SEM gehandelt habe. Gleichzeitig distanzierten sie sich von der Aussage, wonach es sich um eine geheime Abteilung des SEM handle. Der Grund, weshalb die einzelnen Gutachten klassifiziert und nicht öffentlich zugänglich sind, sei unter anderem im Schutz der verschiedenen Experten zu sehen, was übrigens dem internationalen Standard entspreche. Bei der Abklärung der Herkunft von asylsuchenden Personen arbeite LINGUA mit externen Linguistinnen und 84

SEM: Wer ist LINGUA?, www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Service > Sprachanalysen (Stand: 3. August 2021).

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Linguisten zusammen. Die Analysen von LINGUA machten dabei keine Aussage zur Nationalität oder zum Geburtsort einer Person, lediglich zur Region, in der die Person sozialisiert worden sei. Zudem hätten die sachverständigen Personen auch keinen Zugriff auf die Asyldossiers. Den Gutachten liege ein rund einstündiges Interview mit der asylsuchenden Person zu Grunde, bei dem jedoch die Asylgründe nicht besprochen würden. Das BVGer als Rekursinstanz messe den LINGUA-Analysen bereits seit 1998 einen erhöhten Beweiswert bei. Zudem lege das BVGer die Voraussetzungen fest, wonach die LINGUA-Analysen in Asylverfahren verwendet werden dürfen.

Der Vertreter und die Vertreterin des SEM machten geltend, dass das SEM die Kritik an der Fachstelle LINGUA sehr ernst genommen habe. Das SEM und auch die sachverständige Person, welche das fragliche Gutachten erstellt hatte, nahmen zur Gegenanalyse und dabei zur Kritik Punkt für Punkt Stellung, wobei die sachverständige Person jede ihrer Aussagen belegen konnte. Zudem sei die Gegenanalyse ungenau und teilweise gar falsch gewesen. Die Verfasserin der Gegenanalyse kenne die Datengrundlage nicht und habe die Person nie sprechen gehört. Weiter sei sie mit der forensischen Linguistik, auf denen die Abklärungen basieren, nicht vertraut.

Die LINGUA-Analysen würden laufend angepasst und weiterentwickelt. Zudem geniesse die Fachstelle LINGUA des SEM international ein hohes Ansehen.

Die GPK-N begrüsst die Tatsache, dass das SEM die Kritik sehr ernst genommen und den Fall detailliert aufgearbeitet hat. Die Anhörung hat gezeigt, dass die Verfahren zur Erstellung der Gutachten angemessen ausgestattet sind, dass eine rechtliche Grundlage vorhanden ist und die Rechtsprechung des BVGer die Praxis des SEM stützt, welches zudem die Voraussetzungen zur Verwendung der Abklärungen der Sektion LINGUA in Asylverfahren definiert hat. Die GPK-N beschloss deshalb, die Abklärungen zu diesem Thema abzuschliessen.

3.5.4

Reorganisation der Bundeskriminalpolizei

Seit dem Jahr 2017 befasste sich die GPK-S immer wieder mit der im Jahr 2016 durchgeführten Reorganisation der Bundeskriminalpolizei (BKP). 2017 führte die GPK-S eine erste Anhörung mit der Direktorin des Bundesamts für Polizei (fedpol) und mit dem damaligen Chef der BKP ad interim durch. Diese legten dabei den Grund für die Reorganisation dar, der in der täglichen Änderung der polizeilichen Lage liege, was mehr Flexibilität verlange. Insbesondere sollten mittels der Reorganisation mehr Ressourcen für den Einsatz an der Front freigelegt und die Führungsstruktur vereinfacht werden.

Zudem informierten die angehörten Personen die Kommission über das konkrete Vorgehen und die Zielerreichung der Reorganisation, wobei festgehalten wurde, dass zum damaligen Zeitpunkt noch kein abschliessendes Fazit möglich sei. Die Direktorin von fedpol bestätigte, dass nach dem Abschluss der Reorganisation eine Evaluation durchgeführt werden sollte. Die GPK-S beschloss deshalb damals, diese Evaluation abzuwarten und dann das Thema erneut zu traktandieren.

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Die GPK-S musste daraufhin feststellen, dass das fedpol keine eigentliche Evaluation durchgeführt hatte. Stattdessen hatte fedpol einen Abschlussbericht über die Reorganisation verfasst. Die GPK-S führte deshalb im Jahr 2020 erneut eine Anhörung mit der Direktorin von fedpol und mit dem Chef der BKP durch. Im Rahmen dieser Anhörung wurde seitens fedpol geltend gemacht, dass seit der eigentlichen Reorganisation weitere Veränderungen stattgefunden hätten, damit man mit der sich entwickelnden Kriminalität Schritt halten könne. Die BKP sei dadurch flexibler, agiler und effizienter geworden. Die Direktorin sagte weiter, dass sie ­ entgegen der Ankündigung ­ keine Evaluation nach den Grundsätzen von Hermes85 durchgeführt habe, da im Polizeibereich die Wirkung einer solchen Reorganisation nicht gemessen werden könne. Stattdessen wurde eine Kundenbefragung bei den Kantonen und der BA durchgeführt, da diese letztlich mit der Arbeit der BKP zufrieden sein müssten.

Die GPK-S zeigte sich jedoch nicht zufrieden damit, dass keine Evaluation der Reorganisation durchgeführt worden ist ­ wie dies angekündigt worden war ­, insbesondere auch weil der Schlussbericht verschiedene Ziele aufführt und dabei darlegt, ob diese erreicht wurden oder nicht. Aufgrund dieser Kritik stellte fedpol in Aussicht, doch noch eine Evaluation durchzuführen. Fedpol reichte den Evaluationsbericht Ende 2020 nach, welchen sich die GPK-S 2021 präsentieren liess. Diese kam nach der Anhörung zum Schluss, dass es sich bei der eingereichten Evaluation wiederum nicht um eine Evaluation lege artis handelt und die Erwartungen der Kommission an die Evaluation deshalb nicht erfüllt worden sind. Sie beschloss jedoch, ihre Abklärungen zur Reorganisation der BKP abzuschliessen. Ein nochmaliges Insistieren befand die GPK-S für nicht zielführend und zweckmässig, auch weil der Abschluss der Reorganisation bereits zu lange her ist.

3.5.5

Reorganisation des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen

Anfang 2021 schloss die GPK-S ihre Arbeiten bezüglich der Reorganisation des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) ab. Davor hatte die Subkommission EFD/WBF im August 2020 einen Dienststellenbesuch beim SIF durchgeführt. Das SIF erlebte eine bewegte Zeit mit einer Reorganisation. Diese hatte zum Ziel, die systematischen Probleme anzugehen, deren Indiz die Unzufriedenheit des Personals war. Beim Dienststellenbesuch erhielt die Subkommission einen positiven Eindruck, welcher durch die besseren Resultate der Personalumfrage 2020 bestätigt wurde.

Das SIF wurde 2010 gegründet. Seine Aufgabe ist es, die Interessen der Schweiz in Finanz-, Währungs- und Steuerfragen gegenüber Partnerländern und internationalen Gremien zu vertreten. Die Gründung erfolgte gemäss dem ehemaligen Staatssekretär in grosser Eile und mit einer Ad-hoc-Struktur, damit das Staatssekretariat schnell dringliche Aufgaben in Zeiten internationaler Instabilität übernehmen konnte. Der Übergang zu einer stabileren Organisation mit festen Aufgaben gestaltete sich als schwierig.

85

Projektmanagementmethode der Bundesverwaltung.

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Mit dem Dienststellenbesuch führte die GPK-S die Arbeiten weiter, die sie drei Jahre zuvor begonnen hatte. Damals überprüfte sie den Vorwurf, dass die Reorganisation darauf abziele, die Stellung langjähriger Kader zu beschneiden.86 Die Kommission lud den Staatssekretär im Juni 2017 zu einer Anhörung ein und kam zum Schluss, dass der Vorwurf zum Teil unbegründet war. Dennoch ersuchte sie darum, von der Notiz der Geschäftsleitung über die Reorganisation Kenntnis zu nehmen.

Rund ein Jahr später organisierte die GPK-S eine zweite Anhörung. Der Staatssekretär beantwortete Fragen zur besagten Notiz und zur Personalumfrage des Jahres 2017.

Bei dieser resultierten insbesondere in den Bereichen «Arbeitsabläufe/Entscheidungsprozesse», «Führung» und «oberste Leitung» schlechte Ergebnisse. Der Staatssekretär, der enttäuscht war, beantwortete sämtliche Fragen zufriedenstellend und die Zustellung der Ergebnisse der nächsten Personalumfrage wurde verlangt. Im November 2018 beauftragte ihn die GPK-S, einen Bericht über die ergriffenen Massnahmen und deren Auswirkungen zu verfassen. Unter seiner Ägide verbesserte sich die Zufriedenheit der Mitarbeiter zunächst nur marginal. Dies zeigte eine Personalumfrage von Anfang 2019, die von der Personalkommission des SIF durchgeführt wurde. Allerdings war ihre Aussagekraft wegen der Systematik (anders als bei den vom Eidgenössischen Personalamt (EPA) durchgeführten Personalumfragen) und tiefen Rücklaufquote beschränkt.

Per Ende Februar 2019 demissionierte der Staatssekretär. Ihm war es nicht mehr möglich, Fragen der Kommission zu beantworten und einen detaillierten Bericht vorzulegen. Deshalb wurden der Departementsvorsteher und die neue Staatssekretärin angehört. Der Departementsvorsteher sah beim SIF keine aussergewöhnlichen Probleme.

Ein Jahr später verbesserten sich bei der Personalumfrage die Resultate. Beispielsweise wurde der Bereich «Führung» als überdurchschnittlich gut beurteilt im Vergleich mit der Bundesverwaltung als Ganzes. Im Rahmen der Reorganisation wurde eine Personalkommission gegründet, Geschäftsleitungs-Sitzungen eingeführt und externe Beratungen in Anspruch genommen. Nach dem Dienstellenbesuch von 2020 erklärte sich die Kommission mit den Massnahmen zufrieden und erkannte keinen weiteren Handlungsbedarf.

3.5.6

Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern unter dem Personenfreizügigkeitsabkommen

Die GPK-N konnte im Berichtsjahr ihre im Jahr 2020 eingeleitete Nachkontrolle zur Inspektion87 abschliessen, nachdem sie ergänzende Informationen des Bundesrates erhalten hatte. Sie gelangte zu folgenden Feststellungen: In Bezug auf ihre erste Empfehlung aus der Inspektion, mit der die GPK-N den Bundesrat aufforderte, die Entwicklung der Sozialleistungsbezugsquoten, des durchschnittlichen Lohnniveaus und der Tiefstlöhne der Bereiche, die von der Zuwanderung besonders betroffen sind, genau zu beobachten, begrüsste die GPK-N den Willen 86 87

Ausbau der Hausmacht. In: Tages-Anzeiger vom 29. Mai 2017.

Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern unter dem Personenfreizügigkeitsabkommen, Bericht der GPK-N vom 4. April 2014 (BBl 2014 8201).

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des Bundesrates, die dafür benötigten Datenverknüpfungen künftig in regelmässigen Abständen vorzunehmen. Weiter stufte die GPK-N auch die verschiedenen, punktuellen Verbesserungen im Zusammenhang mit dem Bestreben nach einer einheitlicheren kantonalen Praxis beim Vollzug des Freizügigkeitsabkommen (FZA)88 positiv ein (Empfehlungen 3, 5, 6 und 7: Klärung kantonaler Unterschiede bei der Umsetzung des FZA und notwendige Instrumente zur Verfügung stellen).

Die Kommission bedauerte jedoch, dass der Bundesrat wiederholt nicht bereit war, die Aufsicht des Bundes zu stärken, um eine homogenere Praxis in den Kantonen herbeizuführen. Hierzu bedürfte es aus Sicht der Kommission unter anderem eines Ausbaus des Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS). Dieser Ausbau stünde, gemäss den Informationen des Bundesrates vor dem Hintergrund einer Kosten-Nutzen-Analyse in keinem Verhältnis zum Aufwand. Die GPK-N nimmt diese Beurteilung des Bundesrates zur Kenntnis und würdigt positiv, dass sich der Bundesrat in den letzten Jahren mehrmals mit dem Anliegen auseinandergesetzt hat (u. a.

auch im Zusammenhang mit dem damaligen Postulat 14.4005 der GPK-N89). Dass bei der Erneuerung von ZEMIS verschiedene Prozesse digitalisiert und damit der Vollzug verbessert und erleichtert werden soll, wurde durch die GPK-N begrüsst. Der Bundesrat wurde beim Abschluss der Nachkontrolle durch die GPK-N aufgefordert, zu prüfen, ob im Rahmen der ZEMIS-Erneuerung neben Verbesserungen und Erleichterungen im Vollzug auch Verbesserungen im Rahmen der Aufsicht angestrebt werden können, um den rechtmässigen Vollzug des FZA zu garantieren.

3.6

Justizwesen und Bundesanwaltschaft

3.6.1

Interne Probleme am Bundesstrafgericht

Die GPK-S und die GPK-N befassten sich seit dem Frühjahr 2020 mit verschiedenen internen Problemen am BStGer.90 Im Berichtsjahr überprüften die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA an mehreren Sitzungen den Stand der Umsetzung der Empfehlungen der Verwaltungskommission des Bundesgerichts (VK BGer), die diese in ihrem Aufsichtsbericht vom 5. April 202091 an das BStGer gerichtet hatte.

In Bezug auf Empfehlung 3 der VK BGer (Überprüfung der Arbeitsweise der französischsprachigen Mitglieder der Strafkammer) erteilte das BStGer einer Fachperson den Auftrag, die im Aufsichtsbericht erwähnten mutmasslichen Mängel in der Arbeitsweise eines Mitglieds der Strafkammer zu überprüfen. In seinem Bericht vom 23. April 202192 kam der Experte zum Ergebnis, dass sich die Vermutungen in Bezug 88

89 90 91 92

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681).

Po. GPK-N «Klärung der Ursachen für die Unterschiede beim kantonalen Vollzug des Abkommens über die Personenfreizügigkeit» vom 6. November 2014 (14.4005).

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26 Januar 2021 (BBl 2021 570 Ziff. 3.6.1).

VK BGer: Aufsichtsrechtliches Verfahren betreffend Vorkommnisse am BStGer ­ Bericht vom 5. April 2020.

Der Bericht ist vertraulich und wird nicht veröffentlicht.

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auf das Vorliegen solcher Mängel nicht bestätigten. Hingegen stellte er gewisse persönliche Spannungen zwischen Mitgliedern der Strafkammer fest und empfahl konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Situation. Die zuständigen Subkommissionen liessen sich im September und im November 2021 über die konkrete Umsetzung dieser Massnahmen informieren.

Im Weiteren hatten die GPK in ihrer Stellungnahme vom 24. Juni 2020 dem BStGer empfohlen, eine Fachperson für Mobbing und Sexismus beizuziehen, welche die Situation in diesem Bereich analysieren und die Gerichtsleitung im weiteren Vorgehen beraten sollte. Das BStGer liess in der Folge eine Analyse durch eine Fachperson erstellen. Die Erhebungen durch die Fachperson erfolgten unter Zusicherung der Anonymisierung aller Aussagen der Gerichtspersonen. Die allfälligen Opfer bzw. Personen, die des Mobbings beschuldigt wurden, und welche zum Zeitpunkt der Analyse noch am BStGer tätig waren, wurden in diesem Rahmen ebenfalls angehört.

Der Analysebericht vom 16. Oktober 2020 verneinte zwar das Vorliegen von Mobbing gegen italienischsprachige Gerichtspersonen und hielt fest, dass aktuell keine Situation betreffend Sexismus oder sexueller Belästigung von einem Opfer gemeldet wurde. Der Analysebericht erwähnte jedoch verbreitete Gefühle von Unbehagen bis hin zu Ängsten. In zwei Fällen wird von einer angespannten bis äusserst angespannten Situation gesprochen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass sich das Unbehagen und die Ängste teilweise auf die als übertrieben und das Ansehen des Gerichts schädigend empfundene Berichterstattung der Medien bezog und nicht auf die gerichtsinternen Beziehungen. Die Ergebnisse der Analyse werden zurzeit gerichtsintern im BStGer aufgearbeitet.

Die GPK werden die Entwicklungen am BStGer weiterhin aufmerksam weiterverfolgen.

3.6.2

Stellungnahme an die Gerichtskommission zur Gesamterneuerung des Bundesstrafgerichts

Im Hinblick auf die Vorbereitung der Wiederwahl der bisherigen ordentlichen Richter und Richterinnen sowie der nebenamtlichen Richter und Richterinnen des BStGer in der Herbstsession 2021 ersuchte die Gerichtskommission (GK) die GPK um Mitteilung, ob sie in den vergangenen sechs Jahren Feststellungen gemacht haben, welche die fachliche oder persönliche Eignung der sich für eine Wiederwahl zur Verfügung stellenden Personen ernsthaft in Frage stellen. Die Anfrage der GK stützte sich auf Artikel 40a Absatz 6 ParlG, wonach die Aufsichtskommissionen der GK solche Feststellungen zur Kenntnis zu bringen haben.

Die Subkommissionen Gerichte/BA der beiden GPK, welche das Geschäft vorbereiteten, erarbeiteten gestützt auf die gesetzlichen Grundlagen sowie die Handlungsgrundsätze der GK93 Kriterien zur Bestimmung, welche Informationen für die GK im vorliegenden Zusammenhang von Interesse waren.

93

Handlungsgrundsätze der Gerichtskommission vom 3. März 2011 zum Verfahren der Kommission im Hinblick auf eine Amtsenthebung oder eine Nichtwiederwahl (BBl 2012 1271).

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Gemäss ihren Handlungsgrundsätzen kann die GK der Bundesversammlung die Nichtwiederwahl eines erstinstanzlichen Richters oder einer erstinstanzlichen Richterin beantragen, wenn sie Kenntnis von Feststellungen erhält, welche die fachliche oder persönliche Eignung dieses Richters oder dieser Richterin ernsthaft in Frage stellen (Artikel 5 Absatz 1 i. V. m. Artikel 15 Absatz 1) und die GK im Rahmen eines Verfahrens gemäss Artikel 5 Absatz 3 zum Schluss kommt, dass der betreffende Richter oder die betreffende Richterin ihre Amtspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig schwer verletzt hat oder die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.

Demnach müssen die Feststellungen, welche die GPK der GK zur Kenntnis bringen, konkrete Hinweise darauf beinhalten, dass ein Richter oder eine Richterin ihre Amtspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig schwer verletzt oder die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat. Nachfolgend werden die Kriterien der GPK für Informationen an die GK aufgeführt: Fachliche Eignung Die Beurteilung der fachlichen Eignung eines Richters oder einer Richterin durch die GPK wird stark eingeschränkt durch das Verbot der inhaltlichen Prüfung von Gerichtsurteilen94, das Ausfluss aus dem Gewaltenteilungsprinzip ist. Die GPK sind somit grundsätzlich kaum in der Lage zu beurteilen, ob eine Richterperson im Rahmen ihrer richterlichen Tätigkeit ihre Amtspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig schwer verletzt haben könnte. Zumindest theoretisch denkbar ist, dass richterliche Urteile anderer Instanzen auf solche Amtspflichtverletzungen hinweisen könnten.95 Die fachliche Eignung einer Richterperson kann im Weiteren dadurch in Frage gestellt sein, dass sie in quantitativer oder qualitativer Hinsicht eine ungenügende Leistung erbringt. Für eine solche Beurteilung sind die GPK naturgemäss auf Hinweise und Beurteilungen der Präsidien der entsprechenden Abteilungen oder Kammern, der Gerichtsleitung oder der Aufsichtsbehörde angewiesen. Allerdings sind die Handlungsmöglichkeiten der Präsidien der Abteilungen bzw. der Kammern und auch der Gerichtsleitung beschränkt, da sie grundsätzlich keine Vorgesetztenstellung gegenüber Richterkollegen und -kolleginnen haben und nach dem Kollegialitätsprinzip unter Richtern und Richterinnen eine entsprechende Zurückhaltung üben müssen. Auch
die Befugnisse des BGer als Aufsichtsbehörde ist diesbezüglich eingeschränkt, da dieses von Gesetzes wegen keine Fachaufsicht ausübt, sondern lediglich die «Aufsicht über die Geschäftsführung» des BStGer, des BVGer und des BPatGer.96 Amtspflichten können auch im Rahmen von organisatorischen oder administrativen Tätigkeiten verletzt werden. Einem Richter bzw. einer Richterin mit Führungsaufgaben (Gerichtspräsident, Kammerpräsident usw.) kommen dabei tendenziell mehr Pflichten zu, die er oder sie verletzt haben könnte. In diesem Bereich hat in erster Linie die Aufsichtsbehörde, also die VK BGer, die Möglichkeit, Abklärungen zu treffen. Aber auch die Oberaufsicht, d. h. die GPK, kann grundsätzlich Vorfälle an den 94 95

96

Art. 26 Abs. 4 ParlG Die meisten richterlichen Entscheide, die Gegenstand von Beschwerden sind, werden nicht von einzelnen Richtern oder Richterinnen entschieden. Diese Möglichkeit erscheint daher sehr beschränkt.

Art. 1 Abs. 2 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110).

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Gerichten untersuchen. Sie kann jedoch auch der VK BGer entsprechende Abklärungen beantragen.

Die fachliche Eignung kann auch dadurch in Frage gestellt sein, dass ein Richter oder eine Richterin ihre fachliche Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.

Gleich beurteilen müsste man die Situation, wenn die fachliche Fähigkeit für das Amt gar nie bestanden hätte. In diesem Sinne muss die Bundesversammlung einen Fehlentscheid bei der Wahl wohl korrigieren können. Allerdings könnte man nicht von einem einmaligen Ereignis auf den dauernden Verlust oder die von Beginn weg fehlende fachliche Eignung schliessen.

Persönliche Eignung Bei der Beurteilung der persönlichen Eignung fällt in Betracht, dass das persönliche Verhalten eines Richters, einer Richterin gegenüber Richterkollegen oder Mitarbeitenden zu einer Beeinträchtigung des Funktionierens des Gerichts oder zu einer Schädigung des öffentlichen Ansehens der Institution führen kann. Eine Nichtwiederwahl dürfte dann wohl erst nach einer Aufforderung zu einer Verhaltensänderung erwogen werden. Analog zu den Grundsätzen, die im Personalrecht gelten, müsste dem Richter oder der Richterin die Gelegenheit zur Besserung gegeben werden. Bleiben solche Bemühungen fruchtlos, könnte wohl auf eine mangelnde persönliche Eignung, das Richteramt auszuüben, geschlossen werden, was eine Nichtwiederwahl zur Folge haben könnte.

Denkbar ist im Weiteren, dass ein persönliches Verhalten im Privatbereich, das mit dem Ansehen des Richteramtes nicht vereinbar ist, zu einer Nichtwiederwahl führen könnte.

Im Rahmen ihrer Abklärungen zu den internen Problemen am BStGer (vgl. Ziff. 3.6.1) und im Hinblick auf die Stellungnahme der GPK an die GK zum Wahlgeschäft haben die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA mehrere Gerichtspersonen sowie die Verwaltungskommission des Bundesstrafgerichts (VK BStGer) angehört und von dieser Berichte eingeholt. Sie haben im Weiteren mehrere Gespräche mit der VK BGer geführt und von ihr schriftliche Stellungnahmen verlangt.

Aufgrund dieser Prüfungen gelangten die GPK zum Schluss, dass ihnen keine Feststellungen vorliegen, welche die fachliche oder persönliche Eignung der sich für eine Wiederwahl zur Verfügung stellenden Personen ernsthaft in Frage stellen. Die GPK haben jedoch aufgrund ihrer eingehenden Abklärungen zu den internen
Problemen am BStGer an zwei Richterpersonen ein Ermahnungsschreiben in Bezug auf ihr persönliches Verhalten gerichtet. Dies teilten die GPK der GK mit Schreiben vom 16. August 2021 mit.

3.6.3

Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter

Die GK bat die GPK mit Schreiben vom 11. November 2020, der Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter an den eidgenössischen Gerichten im Rahmen ihrer üblichen Tätigkeit die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken und ihr über allfällige Erkenntnisse, die die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter betreffen, Bericht 45 / 148

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zu erstatten. Im Zentrum stand die Frage, ob die Richterinnen und Richter ihre Aufgabe wirklich unabhängig wahrnehmen können und ob es Druckversuche seitens ihrer Parteien gibt.

Die für die Gerichte zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA der beiden GPK bringen im Rahmen ihrer regelmässigen Kontakte und Anhörungen sporadisch das Thema Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter aus verschiedenen Gesichtspunkten zur Sprache und lassen sich von den Gerichten über mögliche Vorfälle oder Tendenzen, die die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter in Frage stellen könnten, informieren. An diesen Gesprächen der letzten Jahre sind den Subkommissionen Gerichte/BA keine Vorfälle oder Hinweise zur Kenntnis gebracht worden, die die Unabhängigkeit eines bestimmten Richters oder einer bestimmten Richterin von seiner oder ihrer Partei in Frage stellen würden.

Aufgrund des Schreibens der GK haben die Subkommissionen Gerichte/BA das Thema im Rahmen der Aussprache mit den eidgenössischen Gerichten vom 21. April 2021 speziell zur Sprache gebracht. Abgesehen vom bereits öffentlich bekannten Fall eines Bundesrichters wurden den Subkommissionen Gerichte/BA von keiner Richterin und keinem Richter Hinweise auf konkrete Einflussnahmen seitens ihrer Parteien berichtet.

Das Thema wird aber unter den Richterinnen und Richtern unterschiedlich wahrgenommen und kontrovers diskutiert. In der Aussprache wurde darauf hingewiesen, dass der besagte Fall eines Bundesrichters dokumentiere, dass es ein Risiko gebe, dass eine Partei versuchen könne, Einfluss auf die Rechtsprechung eines Richters oder einer Richterin zu nehmen. In diesem Fall sei eine Partei sehr weit gegangen. Dieser Fall könne eine abschreckende Wirkung auf einzelne Richterinnen und Richter haben, nicht von einer Parteilinie abzuweichen, um eine Pressekampagne oder eine Vorladung durch eine Partei zu vermeiden.

Weiter wurde geltend gemacht, dass der besagte Fall, der zwar de facto nicht zum Ziel einer Nichtwiederwahl führte, andere Richterinnen und Richter der betreffenden Partei unter einen Generalverdacht bringen könne, dass sie, weil sie nicht angegriffen wurden, die Vorgaben der Partei befolgten. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass der Fall ein Präzedenzfall darstellen könne, der erstinstanzliche Richterinnen und Richter im Hinblick auf eine spätere
Kandidatur für die oberste Instanz in ihrem Verhalten beeinflussen könnte.

Andererseits wurde die Überzeugung geäussert, dass die Richterinnen und Richter ihre Meinung wirklich unabhängig bildeten und nicht aus Angst vor einer Nichtwiederwahl eine Vorgabe einer Partei befolgen würden. Vom BVGer wurde berichtet, die Parteizugehörigkeit sei kein Thema, obwohl nicht ganz ausgeschlossen werden könne, dass sich einzelne Richterinnen und Richterinnen manchmal unter einem gewissen Druck fühlten oder sich vielleicht auch einmal im Sinne ihrer Partei ausrichteten. Am BStGer habe man weder in der Rechtsprechung noch sonst jemals festgestellt, dass die Parteizugehörigkeit ein Thema wäre.

Die GPK gaben der GK eine Rückmeldung über diese Aussprache und wiesen bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass eine objektive Überprüfung der inneren Befindlichkeit der Richterinnen und Richter in Bezug auf ihre Unabhängigkeit durch ein parlamentarisches Organ, welches selbst politischer Natur ist, kaum möglich ist.

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Letztlich müsste die Frage des politischen Auswahlkriteriums der Richterinnen und Richter im Rahmen der Gesetzgebung gegebenenfalls neu beurteilt und entschieden werden.

3.6.4

Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der BA: Folgearbeiten

Nach einer Untersuchung der Divergenzen im Aufsichtsverständnis zwischen AB-BA und BA97, haben die GPK ein Expertengutachten eingeholt, das die rechtlichen Grundlagen der AB-BA sowie die organisationsrechtlichen Grundlagen der BA überprüfte und Änderungsvorschläge unterbreitete.98 In ihrem Schlussbericht vom 22. Juni 202199 beantragten die GPK den zuständigen Kommissionen für Rechtsfragen der eidgenössischen Räte (RK), eine Gesetzesrevision an die Hand zu nehmen und dabei das Modell «Status quo plus» im Sinne der Erwägungen in ihrem Schlussbericht weiterzuverfolgen. Im Übrigen richteten sie 18 Empfehlungen an den Gesetzgeber.

Die RK gaben dem Antrag der GPK Folge und reichten je eine gleichlautende Motion100 ein, die den Bundesrat beauftragte, eine Reform der Rechtsgrundlagen der BA und ihrer Aufsicht (AB-BA) vorzulegen. Die Reform soll dabei im Wesentlichen den Empfehlungen des Schlussberichts der GPK folgen und sich im Rahmen des «Status quo plus» bewegen, womit namentlich die Wahlzuständigkeit für BA und AB-BA beim Parlament verbleiben soll. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion; die beiden Räte stimmten der Motion in der Herbstsession 2021 zu.

Der Bundesrat wird nun eine Vorlage ausarbeiten. Die GPK werden sich zu gegebener Zeit im Rahmen eines Mitberichts an die vorberatenden Kommissionen zu den Vorschlägen des Bundesrates äussern.

3.7

Sicherheit und Sport

3.7.1

Aufklärungsdrohnensystem (ADS-15)

Die GPK-S befasste sich im Berichtsjahr mit dem Projekt zur Beschaffung neuer Drohnen durch das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse). Die sechs Drohnen des Aufklärungsdrohnensystems (ADS-15) sollen der Überwachung von grossen Räumen und der Suche, Aufklärung und Verfolgung von Zielen dienen und einen Beitrag zum Lagebild sowie zum Schutz kritischer Infrastrukturen leisten. Nebst der Armee sollen

97

Aufsichtsverhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsichtsbehörde, Bericht der GPK-N/S vom 24. Juni 2020 (BBl 2020 9687).

98 Geth, Christopher und Schindler, Benjamin: Aufsicht über die Bundesanwaltschaft, Gutachten zuhanden der GPK, 3. Februar 2021, www.parlament.ch/centers/documents/de/ aufsicht-ba-gutachten-2021-03-02.pdf (Stand: 15. Dezember 2021).

99 Aufsichtsverhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsichtsbehörde, Schlussbericht der GPK-N/S vom 22. Juni 2021 (BBl 2022 130).

100 Mo. RK-S vom 10. August 2021 (21.3970) und Mo. RK-N vom 19. August 2021 (21.3972) «Reform der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsicht».

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die Drohnen auch zivilen Stellen (kantonale Führungsstäbe, Polizei- und Rettungsorgane, Grenzwachtkorps) Informationen liefern. Beschafft werden Drohnen des Typs Hermes-900-HFE des israelischen Unternehmens Elbit. Sie sollen mit einem Radarsystem Sense & Avoid (SAA)101 ausgerüstet werden, welches den unbegleiteten Einsatz der Drohne im zivilen Luftraum mit nicht-kooperativem Flugverkehr102 erlauben soll. Aktuell existiert noch kein zertifiziertes SAA-System für Drohnen der betroffenen Kategorie und das System, mit Ausnahme des Radars, wird daher von Grund auf von der RUAG MRO103 entwickelt. Das ADS-15 sollte ab 2019 schrittweise eingeführt werden und das veraltete System ADS-95 ablösen.104 Dieser Zeitplan konnte nicht eingehalten werden.

Im Sommer 2020 stürzte bei einem Testflug eine für die Schweiz bestimmte Drohne über israelischem Hoheitsgebiet ab. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPK-S wurde informiert, dass die Ursache für den Absturz geklärt und im Hinblick auf die weitere Produktion behoben werden konnte. Sie hörte im Berichtsjahr den Rüstungschef zum neuen Zeitplan für die Lieferung und den erwarteten Einsatz der Drohnen und zum Stand der technischen Entwicklung der Teilprojekte an. Die Kommission nahm dabei zur Kenntnis, dass aufgrund der Covid-19-Pandemie der Entwicklungsstand des Gesamtprojekts zum Zeitpunkt der Anhörung nicht abschliessend beurteilt werden konnte. Seit März 2020 hätten aufgrund der sanitarischen Massnahmen keine Beurteilungen vor Ort in Israel stattfinden können.

Ein weiterer Grund für die Verzögerung ist gemäss Armasuisse der erhöhte Aufwand für die Zertifizierung der Drohne durch die israelische Zulassungsbehörde, der zu Beginn unterschätzt worden sei. Die Auslieferung der Drohne ist nun ab dem zweiten Semester 2022 geplant, der Einsatz inklusive SAA-System jedoch erst ab Ende 2024.105 Bis zur Ausrüstung des SAA-Systems mit dem Radar kann die Drohne tagsüber und im unkontrollierten Luftraum nur mit einem Begleitflugzeug eingesetzt werden. Einsätze in der Nacht106 könnten gemäss Armasuisse bereits früher ohne Begleitflugzeug stattfinden, wie dies beim Vorgängermodell der Fall war.

Die Kommission stellt fest, dass die Entwicklung des neuartigen SAA-Systems durch die RUAG MRO und Elbit und die international einzigartige vorgesehene Anwendung im zivilen Luftraum
ein beträchtliches Risiko mit sich bringt. Die Entwicklung ist bei Weitem nicht abgeschlossen, gemäss Aussage von Armasuisse befindet sich das Radar noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Sollte das ADS-15 inklusive SAA-System nicht uneingeschränkt (auch tagsüber und ohne Sperrung des Luftraums) zugelassen werden, würde dies den Mehrwert der neuen Drohne deutlich reduzieren. Der Kostenvorteil des unbegleiteten Fluges ginge verloren, wenn die 101 102 103 104 105 106

Das sogenannte SAA System zur automatischen Erkennung von anderen Luftfahrzeugen befindet sich noch im Entwicklungsstadium.

Dabei handelt es sich um Fluggeräte, die über keine Ausrüstung verfügen, um ihre Position mit anderen auszutauschen, beispielsweise Gleitschirmflieger oder Segelflugzeuge.

MRO = Maintenance, Repair and Overhaul (Wartung, Reparatur und Überholung).

Botschaft vom 11. Feb. 2015 über die Beschaffung von Rüstungsmaterial 2015 (BBl 2015 1863 Ziff. 2.1.1).

Absturz der Hermes-900-HFE-Drohne in Israel: Untersuchungsergebnisse zur Absturzursache liegen vor, Medienmitteilung von armasuisse vom 11. Mai 2021.

Laut armasuisse haben die Erfahrungen mit dem ADS 95 ergeben, dass über die Hälfte der Drohneneinsätze in der Nacht stattfinden.

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Drohne tagsüber mittelfristig weiterhin auf ein Begleitflugzeug (Helikopter) angewiesen wäre.

Die Kommission nimmt weiter zur Kenntnis, dass für den Fall, dass das ADS-15 nicht oder nicht rechtzeitig zertifiziert und eingesetzt werden kann, Konventionalstrafen vorgesehen sind. Sollte darauf zurückgegriffen werden müssen, ist Elbit nach wie vor verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Systemleistungen zu erfüllen. Das Unternehmen trägt als Generalunternehmerin die Verantwortung für die technische Integration des SAA-Systems in das Gesamtsystem der Drohnen. Gegenüber der RUAG MRO wurde auf die Möglichkeit einer Konventionalstrafe hingegen verzichtet. Allerdings wurde ein Kostendach vertraglich vereinbart. Mehrkosten, die durch Projektverzögerungen entstehen und zu einer Überschreitung dieses Kostendaches führen, müssen folglich durch RUAG MRO getragen werden. Für die Finalisierung des SAA-Systems ist es gemäss Armasuisse von zentraler Bedeutung, dass die Drohne rechtzeitig in der Schweiz erprobt werden kann.

Die Kommission erachtet die Frage nach der Zulassung107 für den Einsatz im zivilen Luftraum ebenfalls als Risikofaktor. Die ADS-15 wird durch die israelische Zulassungsbehörde, die Civil Aviation Authority of Israel (CAAI), zertifiziert. Dabei wird sichergestellt, dass sich SAA und die anderen Systeme nicht gegenseitig beeinflussen.

Für die Zulassung in der Schweiz wird die israelische Zulassung validiert. Dies geschieht durch die schweizerische Military Aviation Authority (MAA). Die MAA prüft das integrierte Gesamtsystem und erteilt die Zulassung. Die Zulassung für den zivilen Luftraum hat schliesslich durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) zu erfolgen.

Angesichts des nicht unwesentlichen Risikos, dass aufgrund der noch nicht vorhandenen technischen Reife des SAA-Systems mit Radar der vollständige Einsatz der Drohne im Luftraum mit nicht-kooperativem Flugverkehr verzögert wird, hat die GPK-S beschlossen, dieses Projekt auch im 2022 zu begleiten. Sie wird sich zu gegebener Zeit mit der aktuellen Risikoeinschätzung und dem Stand der Flugtests informieren und den Projektstand verfolgen.

3.7.2

Patrouille des Glaciers (PdG)

Die GPK-S befasste sich im Berichtsjahr mit den Geschehnissen rund um die PdG.

Dabei handelt es sich um einen Skitouren-Wettkampf, bei dem die rund 5000 Teilnehmer von Zermatt nach Verbier 53 Kilometer und über 4000 Höhenmeter überwinden. Die PdG entstand 1943 aus einem Militärwettkampf und wird auch heute noch alle zwei Jahre von der Armee organisiert. Seit 1995 wird der Wettkampf auch von einem Verein zur Unterstützung der PdG (Association de soutien, de gestion et de promotion de la Patrouille des Glaciers, ASPdG) mitorganisiert, der sich insbesondere um die Werbung und das Sponsoring kümmert. Nachdem im Herbst 2020 Medien über Anschuldigungen gegenüber Mitgliedern des Vereinsvorstands berichteten und 107

Gemäss Ausführungen von armasuisse bildet sowohl für die Zulassung in Israel als auch in der Schweiz der Standard der North Atlantic Treaty Organization (NATO) «STANAG 4671» (Standardization Agreement, Standardisierungsübereinkommen) die Grundlage.

Dieser Standard definiert die Anforderungen für die Flugtüchtigkeit von unbemannten Luftfahrzeugen.

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die Durchführung der nächsten Edition gefährdet schien, beschloss die GPK-S, sich mit dem Dossier zu befassen.

Die Kommission interessierte sich dabei für die Leistungen der Armee bei der Durchführung des Wettbewerbs, die Rolle und Aufsicht durch das Departement, die Schnittstellen des VBS mit dem ASPdG sowie den Stand der Vorbereitungen der nächsten Ausgabe der PdG im Jahr 2022. Die zuständige Subkommission EDA/VBS der GPKS hörte dazu eine Vertretung des VBS und der Armee an und wurde über den Sachverhalt wie folgt informiert. Der Trägerverein und seine Geschäftsführung fallen nicht in die Oberaufsichtskompetenz der GPK, weshalb sie nicht Gegenstand der Abklärungen waren.

Im Herbst 2020 wurde dem Vorstand der ASPdG von Mitgliedern des Vereins vorgeworfen, sich 2018 überhöhte Boni ausbezahlt zu haben. In der Folge sistierte das VBS die Zusammenarbeit mit dem Verein und forderte eine unabhängige Prüfung der Anschuldigungen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG führte diese Prüfung im Auftrag der ASPdG durch. Gemäss Aussage des VBS stellte KPMG in einem Zwischenbericht von Januar 2021 fest, dass der Vereinsvorstand im Einklang mit den Vereinsstatuten gehandelt habe und ihm kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen werden könne. Der Verbandsvorstand habe sich den Aufwand gemäss den geleisteten Stunden auszahlen lassen, die aufgrund des Wachstums der Popularität des Anlasses über die letzten Jahre stetig zugenommen haben. Der Schlussbericht der KPMG vom April 2021 habe allerdings Handlungsbedarf bei der Transparenz, Nachvollziehbarkeit und den Kontrollen von Abrechnungen aufgezeigt. Die ASPdG setzte im Mai 2021 die Zusammenarbeit mit dem VBS mit sofortiger Wirkung aus und stellte die Kündigung der Konvention, welche die Zusammenarbeit bis anhin regelte, in Aussicht. Der Verein habe den Entscheid mit der fehlenden Bereitschaft des VBS zu einer Konfliktlösung begründet. Das VBS zeigte sich erstaunt über diesen Entscheid und über die Begründung. Eine Sitzung mit Vertretern der ASPdG habe zu keiner Klärung der Situation geführt. Im Juni 2021 führte auch das Finanzinspektorat des Kantons Wallis eine Prüfung durch. In seinem Bericht bestätigte es die Erkenntnisse der KPMG, stellte aber auch fest, dass die Vergütungen des Vereinsvorstands das Niveau, das von einem nebenamtlichen Vorstand
erwartet werden dürfe, übersteigen. In den darauffolgenden Wochen sei eine Lösung für die Weiterführung der PdG gefunden worden.

Die GPK-S nahm Kenntnis von den Beschlüssen des VBS und des Kantons Wallis als Durchführungskanton und Mitträger des Anlasses. Das VBS hat am 21. Juni 2021108 mit der Regierung des Kantons Wallis und der ASPdG die Form der Zusammenarbeit bis 2028 festgelegt und somit die Durchführung der PdG für die kommenden Editionen gesichert. Künftig wird der Kanton Wallis der einzige Vertragspartner des VBS sein. Eine gemeinnützige Stiftung wird ab 2024 für die Koordination der Werbung und des Marketings der PdG zuständig sein. Dazu wird der grösste Teil des derzeitigen Vermögens der ASPdG sowie die Marke und andere Immaterialgüterrechte auf die Stiftung übertragen.

108

Patrouille des Glaciers ­ Fahrplan für die Durchführung der nächsten Ausgaben, Medienmitteilung des VBS vom 21. Juni 2021.

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Die Armee führt den Anlass gestützt auf die Verordnung über den Militärsport109 durch. Für die nächste Ausgabe 2022 hat die Armee bereits verschiedene Arbeiten aufgenommen und entsprechende Befehle erteilt. Der Kommandant der Territorialdivision 1 wird die PdG durch einen Milizstab und ein PdG-Kommando führen. Zwei Infanteriebataillone und Gebirgsspezialisten werden für die Einrichtung, Betrieb und Sicherung der Strecke eingesetzt. Dies soll den Angehörigen der Armee auch dazu dienen, ihre Fähigkeiten im alpinen Raum zu stärken. Die Luftwaffe stellt den Lufttransport sicher und Militärpolizisten übernehmen die Verkehrsregelung. Ausserdem leisten Truppen der Logistikbasis der Armee (LBA) Unterstützung bei der Logistik und Sanität. Die erste Befehlsausgabe an die betroffenen Truppen erfolgte im Oktober 2021.

Die Kommission bedauert, dass die mediale Austragung der Streitigkeiten innerhalb des ASPdG einerseits und zwischen dem VBS und dem Verein andererseits ein schlechtes Licht auf den prestigeträchtigen Wettbewerb geworfen hat. Sie erwartet, dass das VBS künftig dafür Sorge trägt, dass bei Veranstaltungen, welche von der Armee unterstützt und von privaten Organisationen getragen werden, die Anforderungen an Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Anfang an eingehalten werden und das VBS seine Kontrollfunktion stärker wahrnimmt. Die Kommission begrüsst hingegen, dass eine Lösung gefunden werden konnte, mit der die Durchführung der PdG über die nächsten Jahre gesichert wird. Die Kommission schliesst dieses Dossier hiermit ab.

3.7.3

Cybersicherheit

Die GPK-S befasste sich auch 2021 mit dem Thema Cybersicherheit und der Rolle des NCSC, das seit dem 1. Juli 2020 besteht. Informationen zu ihren entsprechenden Arbeiten im Vorjahr finden sich im Jahresbericht 2020.110 Die zuständige Subkommission der GPK-S absolvierte 2021 einen Dienststellenbesuch beim NCSC, in dessen Rahmen sie verschiedene Aspekte betreffend die Organisation und die Aufgaben des NCSC vertiefte.

Nationale Anlaufstelle und GovCERT Die GPK-S liess sich über die Arbeiten der nationalen Anlaufstelle des NCSC informieren, die es seit dem 1. September 2019 gibt und die seit Anfang 2020 Anfragen und Meldungen von Unternehmen und aus der Bevölkerung bearbeitet. Die Meldungen, die bei dieser zentralen Kontaktstelle eingehen, werden anschliessend vom NCSC sortiert und ausgewertet. So ergibt sich ein Überblick über die Fallzahlen und lassen sich Statistiken erstellen, anhand von denen die nationale Bedrohungslage effektiv beurteilt werden kann. Dies hilft auch dabei, vor aktuellen Bedrohungen zu warnen und Trends für die Bevölkerung, die KMU und die Bundesverwaltung zu er-

109 110

Verordnung über den Militärsport vom 29. Oktober 2003, SR 512.38 Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570, Ziff. 3.7.1).

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kennen. Zur Vereinfachung der Meldungen hat das NCSC ein interaktives Meldeformular111 erstellt, das mit verschiedenen Fragen 38 Phänomene abdeckt und den Betroffenen zugleich konkrete und präventive Tipps gibt. Alle Meldungen werden manuell überprüft, um die meldende Person zu identifizieren (kritische Infrastruktur, KMU, Privatperson usw.) und das Phänomen zu kategorisieren. Im Jahr 2020 gingen 10 834 Meldungen ein und gab die Anlaufstelle 8500 Antworten. Das NCSC verzeichnete einen Anstieg der Meldungen während der beiden Covid-19-Lockdowns112, führt diesen aber darauf zurück, dass Privatpersonen leichter Meldung erstatten konnten als sonst und sensibler für das Thema Cybersicherheit waren, und geht nicht davon aus, dass die Zahl der Vorfälle tatsächlich anstieg.

Der Kommission wurde zudem das GovCERT (Computer Emergency Response Team) präsentiert, das Eingriffsteam des Bundes bei Informatiknotfällen. Diese Einheit analysiert die Bedrohungen anhand verschiedener Detektionsinstrumente und unterstützt die Bevölkerung, die KMU und kritische Infrastrukturen mit technischen Informationen über aktuelle Bedrohungen, Analysen und Werkzeugen. Das CERT analysiert jährlich durchschnittlich 4 Milliarden Spams113 und 1,5 Millionen URL114, blockiert 7500 Phishing-Sites115 und erfasst 4500 Malware-Events116. Im Jahr 2020 wurden 90 000 infizierte Internetadressen (IP) identifiziert und die jeweiligen Inhaberinnen oder Inhaber benachrichtigt. Das CERT teilt die Informationen, die es sammelt, damit potenzielle Opfer, namentlich die kritischen Infrastrukturen, Bedrohungen besser erkennen. Bei Angriffen unterstützt das Team die Kantonspolizei. Es verfügt über Sonden, die vor Ort im Einsatz sind, betreibt eigene Server verteilt über die gesamte Schweiz und entwickelt seine Anwendungen meistens selbst. GovCERT lancierte im März 2020 z. B. eine rasch betriebsbereite, sichere DNS-Server-Lösung (Domain Name System) für Spitäler zum Schutz vor bösartigen Kommunikationsflüssen. Zudem führt es eine Phishing-Datenbank117 für die Bevölkerung, die KMU und die kritischen Infrastrukturen geschaffen, in der verdächtige URL erfasst und anschliessend

111 112

113

114

115

116

117

Das Formular findet sich auf der Homepage des NCSC, www.ncsc.admin.ch (Stand: 22.

Oktober 2021).

Informatiksicherung. Lage in der Schweiz und international. Halbjahresbericht 2020/I (Januar-Juni) des NCSC vom 29. Oktober 2020, Ziff. 4, S. 13; Informatiksicherung. Lage in der Schweiz und international. Halbjahresbericht 2020/2 (Juli-Dezember) des NCSC vom 11. Mai 2021, Ziff. 4.1, S. 9, www.ncsc.admin.ch > Dokumentation > Berichte > Lageberichte (Stand: 29. Oktober 2021).

Unaufgefordert und automatisiert zugesandte Massenwerbung, worunter auch Spam-EMails fallen. Als Spammer bezeichnet man den Absender dieser Mitteilungen, während das Versenden selbst als Spamming bezeichnet wird. Vgl. www.ncsc.admin.ch > Glossar (Stand: 28. Oktober 2021).

Uniform Resource Locator, die Web-Adresse eines Dokuments bestehend aus Protokoll, Server-Name sowie Dateiname mit Pfadadresse. Siehe www.ncsc.admin.ch > Glossar (Stand: 28. Oktober 2021).

Mittels Phishing versuchen Kriminelle, an Passwörter oder andere vertrauliche Daten von ahnungslosen Internetnutzenden zu gelangen. Vgl. www.ncsc.admin.ch > Glossar (Stand: 28. Oktober 2021).

Software, die versucht, Schaden auf dem Computer zu verursachen. Dies kann u. a. ein Abhören von Kommunikation sein, ein Stehlen oder Zerstören von Daten oder eine Manipulation einer E-Banking-Transaktion. Vgl. www.ncsc.admin.ch > Cyberbedrohungen > Schadsoftware (Stand: 28. Oktober 2021).

www.antiphishing.ch (Stand: 29. Oktober 2021).

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analysiert werden. Erhärtet sich der Verdacht, erfolgt eine Meldung an die Internetprovider in der Schweiz, damit diese die Seiten blockieren und mit einer Warnmeldung versehen können.

Informatiksicherheit des Bundes Die GPK-S informierte sich ferner über die Überführung der Weisungen des Bundesrates über die IKT-Sicherheit118 in die Cyberrisikenverordnung119. Letztere erteilt dem oder der Delegierten für Cybersicherheit die Kompetenz, direkten Einfluss auf die Verfahren und die Dokumentation im Zusammenhang mit den IKT-Weisungen zu nehmen.120 Die Hauptverantwortung in Sachen Informatiksicherheit, sowohl was die Einhaltung der Vorgaben als auch die Sicherheitsmassnahmen angeht, liegt allerdings nach wie vor bei den Verwaltungseinheiten.121 Das NCSC ist zudem zuständig für den Erlass der technischeren Weisungen, die das Sicherheitsverfahren betreffen. Dieses Verfahren beginnt mit der Evaluation des Schutzbedarfs: Das NCSC prüft, in welchen Systemen die verschiedenen Daten gespeichert sind und welchen Schutz diese benötigen, um dann zu definieren, wie die Informatiksysteme konzipiert werden müssen. Ziel ist es, dass alle Systeme des Bundes, deren Daten wirklich geschützt werden müssen, einem Mindestsicherheitsstandard entsprechen. Der oder die Delegierte für Cybersicherheit hat die Kompetenz, diese Informatikweisungen zu erlassen und über Abweichungen von diesen zu entscheiden. Das NCSC erkennt aktuell in zwei Bereichen Handlungsbedarf: zum einen bei der Meldung von Sicherheitsvorfällen, da einige Vorfälle nicht gemeldet werden und somit nicht angemessen bearbeitet werden können; zum anderen beim Umgang mit Schwachstellen. Hier richtet sich die Aufmerksamkeit des NCSC hauptsächlich auf die älteren Informatiksysteme (Legacy Systems), die anfälliger und deshalb auch häufiger das Ziel von Angriffen sind. Die meisten neuen Systeme entsprechen den Sicherheitsweisungen.

Die GPK-S wurde im Weiteren darüber informiert, dass das NCSC die Strukturen des Bundes evaluiert und diese Arbeiten 2022 abgeschlossen werden dürften.

Das NSCS berichtete ausserdem von seinem Auftrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Cybersicherheit und von der zu diesem Zweck organisierten Aktionswoche im Mai 2021.122 Unterstützende Arbeiten und Präventionsmassnahmen des NCSC Im Herbst 2021 informierte sich die GPK-S
darüber, wie das NCSC Gemeinden unterstützt, die das Ziel von Cyberangriffen sind. Als Beispiel diente die Arbeit des NCSC im Zusammenhang mit dem Cyberangriff auf die Gemeinde Rolle (VD).123 118 119

120 121 122 123

Weisungen des Bundesrates vom 16. Januar 2019 über die IKT-Sicherheit in der Bundesverwaltung (BBl 2019 1303).

Änderung vom 1. April 2021 (AS 2021 132) der Verordnung vom 27. Mai 2020 über den Schutz vor Cyberrisiken in der Bundesverwaltung (Cyberrisikenverordnung, CyRV; SR 120.73).

In der CyRV sind neu die Weisungen des Bundesrates zur IKT-Sicherheit integriert, Medienmitteilung des Bundesrates vom 1. April 2021.

Art. 14 CyRV Vgl. www.S-U-P-E-R.ch (Stand: 22. Oktober 2021).

«Cyberattaque contre l'administration rolloise ­ informations et réponse de la municipalité suite à l'article paru dans la presse», Medienmitteilung der Gemeinde Rolle vom 25. August 2021.

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Allgemein ist die Unterstützung des NCSC subsidiär, da die Verantwortung für die Analyse, die Reaktion und die Kommunikation bei den Dateninhabern liegt. Die GPK-S wurde zudem darüber unterrichtet, dass die Zahl der Ransomware-Attacken124, namentlich gegen KMU, stark zunimmt. Im Jahr 2020 wurden dem NCSC 68 Angriffe gemeldet, im Zeitraum von Januar bis Anfang Oktober 2021 gingen bereits 132 Meldungen ein. Die GPK-S befasste sich mit den verschiedenen indirekten Massnahmen, die das NCSC in diesem Bereich bereits ergriffen hatte. Zu diesen Massnahmen zählen zum einen die bereits genannten Präventionsmassnahmen, zum anderen ist der Bund aber z. B. auch Mitglied des Schweizer Verbands für das Cybersecurity-Label125 für KMU und Gemeinden. Ein jüngeres Projekt, das vom NCSC unterstützt wird, ist CyberSeal, ein Label, mit dem IT-Dienstleister ausgezeichnet werden, die ihrer Kundschaft ein angemessenes Schutzniveau gewährleisten.126 Cyberangriff auf EasyGov Im November 2021 liess sich die GPK-S vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und vom NCSC über den Cyberangriff auf EasyGov orientieren.127 Sie informierte sich über den Umgang mit diesem Vorfall und über die Zusammenarbeit zwischen dem SECO und dem NCSC. Der Prozess, der es den Cyberpiraten ermöglichte, eine Liste zu generieren (Korrektur der Covid-19-Kreditgesuche), war Teil des öffentlichen Bereichs von EasyGov und auch Unternehmen zugänglich, die nicht auf der Plattform registriert waren. Dies bedeutet, dass es sich um ein Problem mit dem Design der entsprechenden Funktionalität handelte. Laut NCSC entspricht diese Art von ungesicherten Funktionalitäten nicht den Good Practices im Bereich der Informatiksicherheit. Es gab allerdings keinen unberechtigten Zugriff auf den geschützten Bereich von EasyGov und laut SECO wurden nach aktuellem Kenntnisstand keine weiteren Daten gestohlen. Die GPK-S ist der Ansicht, dass auf diesen konkreten Vorfall zufriedenstellend reagiert wurde. Sie bedauert allerdings, dass diese ungesicherte Funktionalität auf dem Portal bestand, und erachtet es als wichtig, dass sich die Verwaltungseinheiten bei der Entwicklung von Funktionalitäten für ihre Plattformen strikt an das Prinzip Security by Design128 halten. Sie wird sich 2022 damit befassen, welche allgemeinen Schlussfolgerungen aus diesem Fall gezogen werden können.

Die GPK-S wird sich weiter über dieses wichtige Thema und über die Entwicklungen im Bereich der Cybersicherheit auf dem Laufenden halten.

124

125 126 127 128

Ransomware: Bei Verschlüsselungstrojanern (auch «Erpressungstrojaner» genannt) handelt es sich um eine bestimmte Familie von Schadsoftware, welche Dateien auf dem Computer des Opfers sowie auf verbundenen Netzlaufwerken verschlüsselt und somit für das Opfer unbrauchbar macht, www.ncsc.admin.ch > Cyberbedrohungen > Ransomware (Stand: 28. Oktober 2021).

www.cyber-safe.ch (Stand: 28. Oktober 2021).

www.digitalsecurityswitzerland.ch (Stand: 28. Oktober 2021).

Cyberangriff auf EasyGov, Medienmitteilung des SECO vom 21. Oktober 2021.

Security by Design: Ansatz, bei dem den Problemen, Erwägungen und Good Practices in Sachen Sicherheit so früh wie möglich im Entwicklungszyklus von Internet of ThingsProdukten, -Anwendungen oder -Netzwerken Rechnung getragen wird, um Schwachstellen in den nachgelagerten Phasen zu begrenzen.

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3.8

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

3.8.1

Organisation der SBB-Transportpolizei

Die GPK-S befasst sich seit 2019 mit der Organisation der Transportpolizei der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und mit der Aufsicht der Bundesbehörden über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr im Allgemeinen.

Ausgangspunkt der Kommissionsarbeiten war unter anderem ein Anfang 2019 veröffentlichter Prüfungsbericht der EFK129, in dem diese verschiedene Mängel bei der Transportpolizei ­ namentlich in Sachen Rechnungsverfahren, Management der Sicherheitsleistungen und Entschädigungsregelungen ­ festhielt. Zudem sah die EFK Optimierungspotenzial bei der Zusammenarbeit zwischen der SBB-Transportpolizei und Securitrans, einem gemeinsamen Unternehmen von SBB und Securitas. Strafrechtlich relevante Sachverhalte oder Quersubventionierungen wurden allerdings keine festgestellt. Die EFK sprach in ihrem Bericht neun Empfehlungen aus, vor allem zuhanden der SBB.

Die GPK-S diskutierte die Ergebnisse dieses Berichts im April 2019 mit der EFK und der SBB-Führung. Letztere bekräftigte ihre Absicht, das Bestellverfahren für Sicherheitsleistungen zu vereinfachen, und erklärten sich bereit, die Empfehlungen der EFK umzusetzen.130 Die Kommission erkundigte sich ausserdem beim Bundesamt für Verkehr (BAV) nach dessen Aufsicht in diesem Bereich und nach dessen Lehren aus diesem Fall. Es zeigte sich, dass die von der EFK erwähnten Punkte nicht Gegenstand der gesetzlich definierten Aufsicht des BAV sind131, sondern der operativen Führung der SBB unterliegen. Dies bedeutet, dass es der SBB obliegt, Lösungen für die im Bericht der EFK angeführte Steuerungsproblematik zu finden. Das Bundesamt wies im Weiteren darauf hin, dass es nicht seine Aufgabe ist, die Organisation der Sicherheitsunternehmen zu überprüfen, solange sie nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung steht. Das BAV erklärte zudem, keinen Anlass zu sehen, aufgrund dieses Falls Veränderungen an der gesetzlich vorgesehenen Aufsicht vorzunehmen. Die GPK-S erkannte auf der Grundlage der erhaltenen Informationen keinen Handlungsbedarf aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht.

Anfang 2021 kündigte die SBB verschiedene Massnahmen zur Reorganisation der Sicherheitsorgane an. Insbesondere übernahm das Unternehmen alle Aktien von Securitrans.132 Die GPK-S nahm in diesem Zusammenhang mit der SBB, der EFK und dem BAV eine erneute Standortbestimmung vor.

129

Eidgenössische Finanzkontrolle: Prüfung der Kostenrechnung bei der Transportpolizei, Schweizerische Bundesbahnen, Bericht vom 17. Dezember 2018.

130 EFK-Bericht zur Kostenrechnung der SBB Transportpolizei, Medienmitteilung der SBB vom 22. März 2019.

131 Bundesgesetz vom 18. Juni 2010 über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr (BGST, SR 745.2) und Verordnung vom 17. August 2011 über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr (VST; SR 745.21).

132 SBB übernimmt alle Aktien der Securitrans Public Transport Security AG. Medienmitteilung der SBB vom 12. Januar 2021.

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Die SBB teilte der Kommission mit, dass diese Reorganisation die Doppelspurigkeiten zwischen den Sicherheitsorganen verringern und insbesondere die Organisation der Sicherheitseinsätze auf Baustellen sowie die Regeln für die Finanzierung dieser Aufgabe vereinfachen soll.

Die EFK wiederum erklärte gegenüber der GPK-S, dass sie die Empfehlungen aus ihrem Bericht von 2018 alle als umgesetzt und das Dossier damit als abgeschlossen betrachtet. Sie berichtete von einem Austausch mit der SBB über die vollständige Übernahme von Securitrans und liess verlauten, dass diese Massnahme in ihren Augen der Stossrichtung ihrer damaligen Empfehlung entspricht, auch wenn die konkreten Auswirkungen dieser Reorganisation noch nicht beurteilt werden können.

Das BAV seinerseits teilte mit, dass es als Aufsichtsorgan in den vergangenen Jahren keine grösseren Probleme in Bezug auf die Transportpolizei erkannt habe und dass die von der SBB beschlossene Reorganisation die Effizienz der Sicherheitsorgane erhöhen sollte. Das Bundesamt präzisierte, dass die vollständige Übernahme von Securitrans keine Auswirkungen auf seine gesetzlich vorgeschriebene Aufsicht hat.

Ferner präsentierte das BAV der Kommission verschiedene Verbesserungen in Sachen Kostentransparenz der Transportpolizei, die im Rahmen der Reform des regionalen Personenverkehrs erreicht werden sollen.

Die GPK-S kam angesichts der ihr vorliegenden Informationen zum Schluss, dass in diesem Dossier kein Handlungsbedarf aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht besteht. Sie beschloss deshalb Ende Juni 2021, ihre Arbeiten in dieser Sache abzuschliessen.

3.8.2

Mangel an Lokführerinnen und Lokführern bei der SBB

Die SBB kündigte im Sommer 2020 aufgrund des Mangels an Lokführerinnen und Lokführern die vorübergehende Aussetzung133 mehrerer Bahnverbindungen, namentlich in den Regionen Zürich, Genfersee und Aarau-Olten, an.134 Im August 2020 begründete das Unternehmen in zwei Medienmitteilungen diese Lage damit, dass in der Vergangenheit bei der Bedarfs-, Einsatz- und Ausbildungsplanung des Lokpersonals Fehler gemacht worden seien, die sich durch die Covid-19-Krise zusätzlich verschärft hätten, da die geplanten Aus- und Weiterbildungskurse nicht durchgeführt werden konnten.135 Die GPK-N beschloss, sich mit diesem Thema zu befassen und sich bei der SBB eingehender nach den Ursachen des Mangels zu erkundigen sowie zu prüfen, wie das für 133

Zum Teil handelt es sich auch um Fälle, in denen das wegen der Covid-19-Krise reduzierte Angebot im Sommer nicht wieder hochgefahren wurde.

134 Insgesamt waren rund 200 der 9000 Verbindungen betroffen, welche die SBB täglich sicherstellt. Ende August 2020 teilte die SBB mit, dass 211 Lokführerinnen und Lokführer fehlen.

135 Corona-Krise verzögert Lokführer-Ausbildung, Medienmitteilung der SBB vom 5. August 2020; Fertigstellung der NEAT, mehr und schnellere Verbindungen nach Mailand und München sowie ein besseres Angebot in der Schweiz ab Dezember 2020, Medienmitteilung der SBB vom 26. August 2020.

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die Personenbeförderung zuständige BAV und das UVEK, das den Bund als Eigner der SBB vertritt, mit dieser Problematik umgehen.

Die Konzessionen im Bereich der Personenbeförderung auf der Schiene basieren auf dem Bundesgesetz und der Verordnung über die Personenbeförderung (PBG und VPB)136. Die konzessionierten Unternehmen «sind verpflichtet, alle in den Fahrplänen enthaltenen Fahrten durchzuführen, es sei denn, dies werde durch Umstände verhindert, die sie nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden können» (Art. 14 PBG). Das Gesetz sieht zudem vor, dass das BAV «aus wichtigen Gründen, namentlich in Notlagen, in Abweichung von den Gesetzes-, Konzessions- oder Bewilligungsvorschriften Erleichterungen gewähren» kann. Ferner kann das UVEK «bewilligen, dass Unternehmen bei besonderen betrieblichen Schwierigkeiten vorübergehend von den Bestimmungen über die Transporte abweichen» (Art. 63 Abs. 4 PBG).

Bei Verstössen gegen die Konzessionsvorschriften sind verschiedene Sanktionen möglich. Geregelt sind diese in Artikel 57 (Übertretungen) und in Artikel 61 (Verwaltungsmassnahmen) des Gesetzes.

Die vom Bund festgelegten strategischen Ziele verlangen von der SBB, dass sie «pünktliche und qualitativ hochwertige Mobilitätslösungen» entwickelt und erbringt (Ziel 1.1), sich als «attraktive Arbeitgeberin» positioniert (Ziel 3.2) und «durch nachhaltige Aus- und Weiterbildungsmassnahmen» und unter Berücksichtigung künftiger Bedürfnisse «die Arbeitsmarktfähigkeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter» fördert (Ziel 3.3).

Im November 2020 thematisierte die GPK-N mit der Vorsteherin des UVEK und der SBB-Führung diese Aspekte. Die Departementsvorsteherin teilte mit, dass das UVEK die Begründungen des Unternehmens für den Lokpersonalmangel nur schwer nachvollziehen könne, da die dafür mitverantwortlichen altersbedingten Personalabgänge hätten vorhergesehen werden können. Sie bezeichnete es als nicht hinnehmbar, dass wegen Personalmangel Verbindungen gestrichen würden. Sie verwies aber auch darauf, dass die SBB das Problem ernst nehme und dessen Beseitigung grösste Priorität einräume. Sie erklärte, dass dieser Punkt bei jedem Gespräch zwischen Bund und SBB-Führung thematisiert werde. Das UVEK informierte die Kommission zudem, dass die Kosten für die Ersatzbusse, die bei Zugausfällen eingesetzt worden seien,
zulasten der SBB gingen und nicht über die Covid-19-Unterstützungkredite oder die Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge gemäss Artikel 36 PBG finanziert werden könnten.

Die Führung der SBB entschuldigte sich bei der Kommission und räumte ein, in mehreren Regionen Fehler bei der Personalplanung begangen zu haben. Das Problem sei

136

Bundesgesetz vom 20. März 2009 über die Personenbeförderung (PBG; SR 745.1); Verordnung vom 4. November 2009 über die Personenbeförderung (VPB; SR 745.11).

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bereits seit 2019 bekannt.137 Das Unternehmen hielt fest, dass nach einer aktiven Rekrutierungskampagne mehr als 6000 Bewerbungen eingegangen seien, die Ausbildung von 340 neuen Lokführerinnen und Lokführern laufe und dies ermöglichen sollte, das Angebot in den meisten Regionen Anfang 2021 wieder hochzufahren. Die SBB teilte mit, dass der langfristig erforderliche Lokpersonalbestand Ende 2021 erreicht werden sollte. Sie hoffe zudem, ab Mitte 2022 einen Überhang von rund 100 Lokführerinnen und Lokführern zu haben, damit das Personal die beträchlichen Überzeiten abbauen könne. Der Chief Executive Officer (CEO) der SBB erklärte, dass man Ausbildungen anbieten will, die weniger stark an bestimmte Strecken oder Zugtypen gebunden seien, um das Personal künftig wieder flexibler einsetzen zu können.

Die GPK-N hörte, ebenfalls im November 2020, auch den BAV-Direktor zu diesem Thema an. Dieser sagte, die SBB habe das Bundesamt Ende Juli 2020 darüber informiert, dass das coronabedingt reduzierte Angebot langsamer als erwartet wieder hochgefahren wird. Vom Ausfall ganzer Strecken sei allerdings nicht die Rede gewesen.

In den folgenden Wochen habe sich dann gezeigt, dass das Angebot nicht wie geplant würde erhöht werden können. Das BAV habe der SBB Mitte August 2020 mitgeteilt, dass der Ausfall ganzer Zugläufe nicht akzeptabel sei und solche Massnahmen möglichst zu vermeiden seien. Laut BAV-Direktor ging es dem Bundesamt damals in erster Linie darum, sicherzustellen, dass die Auswirkungen auf die Reisenden so gering wie möglich sind, dass Alternativen geboten werden und dass die Fehlplanungen keine finanziellen Folgen für den Bund und die Kantone haben. Nach intensivem Austausch zwischen dem BAV, den Kantonen und der SBB sei das Bundesamt zum Schluss gekommen, dass das Unternehmen seine Fehler erkannt und Massnahmen ergriffen habe, um solche Situationen künftig zu vermeiden. Das BAV habe deshalb auf Sanktionen verzichtet.

Im Februar 2021 nahm die GPK-N erfreut zur Kenntnis, dass die meisten Verbindungen mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 wieder angeboten wurden. Die Kommission erkannte aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht keinen weiteren Handlungsbedarf hinsichtlich der Rolle des BAV in dieser Angelegenheit. Sie beschloss allerdings, sich weiterhin über die Entwicklung der Lage innerhalb der
SBB zu informieren.

Im April 2021 liess die SBB-Führung bei der jährlichen Sitzung der GPK zur Erreichung der strategischen Ziele des Unternehmens verlauten, dass der Lokpersonalmangel abgenommen habe und die Zahl der rekrutierten Personen ­ von der Region Genf abgesehen, in der weiterhin ein Mangel besteht ­ inzwischen den Bedarf übersteige.

Der CEO der SBB erklärte, dass das Unternehmen auf einem guten Weg sei. Die UVEK-Vorsteherin teilte diese Ansicht und teilte mit, dass die SBB per Ende 2021 über ausreichend einsatzfähige Lokführerinnen und Lokführer verfügen dürfte.

137

Bereits damals wurde das Angebot in der Region Zürich mit der Begründung reduziert, dass der Bedarf an zusätzlichem Lokpersonal für bestimmte Züge und der Bedarf an zusätzlichen Zügen unterschätzt worden sei. Im August 2019 meldete die SBB, dass in verschiedenen Berufskategorien, darunter das Lokpersonal, ein Mangel erwartet wird und in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern verschiedene Abhilfemassnahmen geplant sind. Im Oktober 2019 räumte die SBB angesichts von Kritik an ihrer Pünktlichkeit Fehler bei der Planung des Bedarfs an Lokpersonal ein.

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Dennoch wurden im Herbst 2021 wegen des weiterhin bestehenden Personalmangels erneut mehrere Verbindungen in der Genferseeregion gestrichen, was sowohl seitens des Personals als auch der Kundschaft zu negativen Reaktionen führte. Es war zudem die Rede davon, dass das Lokpersonal einen enormen Berg an Überstunden angehäuft habe.138 Vor diesem Hintergrund beschloss die GPK-N, das Dossier wiederzueröffnen und weitere Abklärungen vorzunehmen. Sie ersuchte die UVEK-Vorsteherin um eine schriftliche Stellungnahme und beschloss, Anfang 2022 eine Delegation der SBB anzuhören. Auf der Grundlage dieser Abklärungen wird sie dann über das weitere Vorgehen entscheiden.

3.8.3

Störungen im Netz der Swisscom AG

Nach einer Reihe von Störungen im Netz der Swisscom AG im Frühjahr 2020 befasste sich die GPK-N in ihrer Funktion als Organ der parlamentarischen Oberaufsicht regelmässig mit diesem Dossier. Im Laufe des Jahres 2020 nahm sie Kenntnis von den diesbezüglichen Arbeiten des UVEK, das den Bund als Mehrheitsaktionär der Swisscom AG vertritt, und des BAKOM. Diese Arbeiten zielten insbesondere darauf ab, die Erreichbarkeit der Notfallnummern sicherzustellen.139 Zudem informierte sich die Kommission mehrfach darüber, welche Massnahmen die Swisscom AG zur Erhöhung der Netzstabilität ergriff.

Die GPK-N befasste sich auch im Berichtsjahr mit diesem Dossier. Im April 2021 tauschte sie sich im Rahmen der Sitzungen über die Erreichung der strategischen Ziele der Swisscom AG ein weiteres Mal mit der UVEK-Vorsteherin und der Unternehmensführung über dieses Dossier aus. Der Swisscom-CEO präsentierte der Kommission unter anderem das Swisscom-Programm zur Steigerung der Netzstabilität, welches die Erhöhung der Redundanzen und ein dynamisches Leitweglenkungssystem140 umfasst, sowie die Massnahmen im Bereich der Unternehmenskultur. Er teilte mit, rund 80 Prozent der beschlossenen Massnahmen seien bereits umgesetzt.

Trotz dieser Massnahmen kam es im Sommer 2021 erneut zu Störungen im Netz der Swisscom AG. So waren beispielsweise am 8. und 9. Juli 2021 in einigen Kantonen für mehrere Stunden die Notfallnummern nicht erreichbar. Nach diesem Vorfall richtete die GPK-N eine Reihe von Fragen an die Vorsteherin des UVEK zu den Ursachen dieser Störungen, zur Einschätzung des Departements, zu den in der Folge ergriffenen Massnahmen und zu den allfälligen gesetzgeberischen Lehren. Nach der Kenntnisnahme der Antworten der Vorsteherin des UVEK liess die GPK-N ihr ihre Beurteilung zukommen.

Die GPK-N stellte erfreut fest, dass das UVEK und das BAKOM nach der Störung von Anfang Juli 2021 rasch reagierten, indem sie am Tag nach dem Vorfall eine Sitzung mit der Swisscom AG einberiefen und eine Untersuchung der Gründe für die 138

«Nous cumulons plus de 500 000 heures supplémentaires» in: 24 Heures, 1. Oktober 2021.

139 Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 16. Januar 2021, Ziff. 3.8.3 (BBl 2021 570).

140 Die dynamische Leitweglenkung (DLWL) ist ein technischer Mechanismus, der gewährleisten soll, dass Notrufe bei einer Panne automatisch weitergeleitet werden.

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Störung einleiteten. Sie nahm zur Kenntnis, dass es sich bei der fraglichen Störung laut BAKOM um einen neuen und bisher unbekannten Softwarefehler handelte, weshalb keine Zusammenhänge mit den letztjährigen Störungen oder früher erkannten Schwachstellen festgestellt werden konnten. Das UVEK teilte der Kommission ausserdem mit, dass der Softwarefehler zwar dem Lieferanten der verantwortlichen Komponente bekannt war, die Swisscom AG jedoch nicht darüber informiert worden war.

Laut dem Departement konnten dank den Massnahmen, welche die Swisscom AG seit letztem Jahr zur Verbesserung der Netzstabilität ergriffen hatte, die Folgen der Störung von Anfang Juli abgemildert werden.

Aus Sicht der Kommission zeigte dieser erneute Vorfall allerdings, dass die bis dahin ergriffenen Massnahmen nicht ausreichen, um die Netzstabilität langfristig sicherzustellen. Sie ist wie das UVEK der Meinung, dass Ausfälle bei den Notrufdiensten nicht akzeptabel sind und solche Pannen durch geeignete technische und organisatorische Massnahmen zu verhindern sind. Auch wenn die Panne im Juli 2021 auf andere Gründe zurückzuführen war als die vorherigen Störungen, muss das UVEK in den Augen der Kommission zusammen mit der Swisscom AG alles unternehmen, um ­ nötigenfalls über redundante Strukturen ­ ein zuverlässiges Notrufsystem sicherzustellen.

Die Kommission begrüsste in diesem Zusammenhang die Arbeiten, welche das UVEK nach der Annahme der von der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) eingereichten Motion 21.3000141 eingeleitet hat, um die Rechtsgrundlagen für Notrufe anzupassen. Weiter zeigte sie sich erfreut, dass der Bundesrat dem Parlament die sechs Motionen 21.3063 bis 21.3068 («Digitalisierung und Weiterentwicklung der Schweizer Notrufe») zur Annahme beantragt hat und bereit ist, in diesem Rahmen weitere gesetzliche Anpassungen vorzunehmen.142 Die Kommission nahm ausserdem zur Kenntnis, dass die Schlussfolgerungen aus dem Bericht des BAKOM vom Juni 2020 zur Grundversorgung und zu den Notrufdiensten143 nach Auffassung des UVEK noch immer gültig sind. Die GPK-N geht davon aus, dass die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der eidgenössischen Räte (KVF) als zuständige Sachbereichskommissionen die Anpassungen der einschlägigen Rechtsgrundlagen weiterhin verfolgen und bei Bedarf
gesetzgeberisch tätig werden.

Die GPK-N teilte der Departementsvorsteherin mit, vom UVEK zu erwarten, dass es als das Departement, das den Bund als Eigner der Swisscom AG vertritt, dieses Dossier im Rahmen der künftigen Eignergespräche mit der Unternehmensleitung weiterhin regelmässig thematisiert und sicherstellt, dass die Swisscom AG diesem Dossier höchste Priorität einräumt. Sie ersuchte das Departement zudem, zu prüfen, ob angesichts der jüngsten Vorkommnisse Anpassungen an den strategischen Zielen des Unternehmens für die neue Strategieperiode 2022-2025 vorzunehmen sind und insbesondere die Gewährleistung der Notrufdienste ausdrücklich darin festgehalten werden sollte. Ende November 2021 gab der Bundesrat dann seinen Beschluss bekannt, die 141

Mo. KVF-S «Systemführerschaft für die Abwicklung von Notrufen» vom 11. Januar 2021 (21.3000).

142 Mo. Romano, Mäder, Grüter, Giacometti, Piller Carrard und Andrey «Digitalisierung und Weiterentwicklung der Schweizer Notrufe» vom 3. März 2021 (21.3063 bis 21.3068).

143 Jüngste Netzunterbrüche bei Swisscom, Grundversorgung und Notrufdienste, Bericht des BAKOM an die KVF vom 18. Juni 2020.

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Erreichbarkeit von Notrufnummern in den strategischen Zielen des Unternehmens aufzunehmen.144 Die Kommission wird im April 2022 bei den Gesprächen mit dem UVEK und der Swisscom über die Erreichung der strategischen Ziele des Unternehmens eine neue Standortbestimmung in diesem Dossier vornehmen.

3.8.4

Empfehlungen der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST)

Nach dem tragischen Unfall vom August 2019 am Bahnhof Baden (AG), der einem Mitarbeiter der SBB das Leben kostete, beschloss die GPK-N, sich mit dem Thema der SUST-Empfehlungen im Verkehrswesen zu befassen. Die SUST ist eine ausserparlamentarische Kommission, die den Auftrag hat, Unfälle und Gefahrensituationen im öffentlichen Verkehr zu untersuchen.145 Die GPK-N hörte im Juni 2020 zum bereits erwähnten Unfall Vertreterinnen und Vertreter der SUST, des BAV, des BAZL und des Generalsekretariates des UVEK (GS-UVEK) an und liess sich insbesondere über die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der beteiligten Stellen, deren Zusammenarbeit und die Umsetzung der Rechtsgrundlagen für die Sicherheitsuntersuchungen orientieren.

Nach der Vertiefung bestimmter Aspekte dieses Dossiers teilte die Kommission dem UVEK und der SUST Ende März 2021 ihre Einschätzung aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht mit. Sie konzentrierte sich dabei auf die folgenden vier Punkte: Verfahren zur Meldung von Zwischenfällen: Das in der Verordnung über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen (VSZV)146 und in den EUVerordnungen vorgesehene Verfahren zur Meldung von Zwischenfällen im Verkehrswesen sieht eine doppelte Meldung vor (an das zuständige Bundesamt und an die SUST). Die Abklärungen der GPK-N ergaben, dass dieses Verfahren komplex ist und bisweilen auf Unverständnis stösst, namentlich im Bereich der Leichtaviatik. Das UVEK teilte der Kommission mit, dass es ­ im Rahmen der Vorgaben des anwendbaren EU-Rechts ­ eine Vereinfachung des Verfahrens für erstrebenswert erachtet und dieses Thema mit der SUST, dem BAV und dem BAZL vertieft prüfen möchte.

144

Strategische Ziele für die Swisscom AG von 2022 bis 2025 verabschiedet, Medienmitteilung des Bundesrates vom 24. November 2021.

145 Mit den Untersuchungen der SUST sollen nicht nur die unmittelbaren Ursachen der Unfälle und Ereignisse ermittelt, sondern auch deren tieferliegende Gründe und weitere mit ihnen verbundene Risiken gefunden werden. Die Sicherheitsempfehlungen in den Untersuchungsberichten der SUST können sich formal auch an die Aufsichtsbehörde, d. h. im Bereich Bahnen und Schiffe an das BAV und im Bereich Aviatik an das BAZL resp. die Europäische Agentur für Flugsicherheit (European Union Aviation Safety Agency, EASA) richten. Für die Umsetzung der Empfehlungen sind diese Bundesämter zuständig. Die Aufsicht über die Umsetzung durch die Bundesämter obliegt dem zuständigen Departement, dem UVEK. Weitere Infos sind unter www.sust.admin.ch zu finden (Stand: 24. November 2021).

146 Verordnung vom 17. Dezember 2014 über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen (VSZV; SR 742.161).

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Die Kommission begrüsste dies und ersuchte das Departement, sie zu gegebener Zeit über die Ergebnisse der entsprechenden Arbeiten zu informieren.

Verwendung der Berichte der SUST für Strafuntersuchungen: Mit den SUSTUntersuchungen sollen Erkenntnisse gewonnen werden, dank denen künftig Unfälle und Gefahrensituationen vermieden werden können und welche die Sicherheit im Verkehrswesen erhöhen. Sie dienen nicht der Klärung von Schuld- und Haftungsfragen. Dennoch verwenden die Strafbehörden die Untersuchungsberichte der SUST häufig als Beweismittel. Für die GPK-N stellen sich verschiedene Fragen hinsichtlich der rechtlichen Angemessenheit dieser Praxis und deren Auswirkungen auf die Förderung einer Sicherheitskultur im Verkehrswesen.

Das UVEK machte gegenüber der Kommission geltend, dass Staaten gemäss verschiedenen internationalen Vereinbarungen147 die Möglichkeit haben, nach einer Interessenabwägung die Verwendung von Informationen aus Untersuchungsberichten in zivil-, straf- oder verwaltungsrechtlichen Verfahren zuzulassen. Laut dem UVEK hat die Verwendung von SUST-Berichten durch die Strafbehörden Vor- und Nachteile. In den Augen des Departements liegt die Lösung des Interessenkonflikts nicht in erster Linie in der Anpassung gesetzlicher Vorgaben, sondern in der weiteren Entwicklung der Sicherheitskultur und «eines möglichst offenen Informationsflusses zwischen allen Akteuren im Verkehrssystem».

Die SUST ihrerseits erachtet die Verwendung ihrer Berichte im Rahmen von Strafuntersuchungen als problematisch, vor allem da sich diese Praxis negativ auf die Auskunftsbereitschaft der von Zwischenfällen Betroffenen und damit letztlich auch auf die Zuverlässigkeit der Untersuchungen auswirken kann. Ihrer Ansicht nach muss die VSZV revidiert werden, um dieses Problem zu lösen. Sie teilte der GPK-N mit, dem Departement einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten zu wollen. Das UVEK kündigte an, dass es diesen Vorschlag prüfen und mit der SUST sowie den betroffenen Ämtern besprechen wird. Die GPK-N begrüsste dieses Vorgehen und betonte, dass es wichtig ist, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der die Sicherheitskultur im Verkehrswesen so gut wie möglich bewahrt.

Nachverfolgung der Umsetzung der SUST-Empfehlungen im Bereich des Luftverkehrs: Die GPK-N stellte im Rahmen ihrer Abklärungen fest, dass es ­ insbesondere
im Bereich der zivilen Luftfahrt ­ Differenzen zwischen den Schweizer und europäischen Rechtsgrundlagen148 gibt, was die Nachkontrolle der SUST hinsichtlich der Umsetzung ihrer Empfehlungen angeht. Die SUST ist gestützt auf die VSZV der Ansicht, dass sie zu den Berichten des BAZL über die Umsetzung der Empfehlungen Stellung nehmen kann. Das BAZL hingegen vertritt die Ansicht, dass die SUST gemäss der EU-Verordnung eine aktive Informationspflicht hat und innert 60 Tagen Stellung nehmen muss und diese Pflicht ignoriert.

Die GPK-N erachtet die mangelnde Kohärenz der Rechtsgrundlagen und die unterschiedlichen Auslegungen der SUST und des BAZL für problematisch. Sie forderte 147

Namentlich: Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 und Übereinkommen über die internationale Zivilluftfahrt (Chicago-Übereinkommen, SR 0.748.0).

148 Namentlich: Art. 48 Abs. 1 VSZV und Verordnung (EU) Nr. 996/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010.

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das UVEK auf, rasch eine Anpassung der Rechtsgrundlagen zu prüfen und deren Auslegung zu klären, damit eine einheitliche und realistische Praxis aller Beteiligten sichergestellt werden kann.

Funktion des «Civil Aviation Safety Office» (CASO): Die Umsetzung der Empfehlungen der SUST durch die Bundesämter zu beaufsichtigen, ist Aufgabe des UVEK. In den letzten Jahren wurde diese Aufgabe vom CASO übernommen, welches dem GSUVEK angegliedert ist. Ursprünglich erstreckte sich die Zuständigkeit des CASO ausschliesslich auf den Bereich der Luftfahrt. 2014 wurde der Aufgabenbereich des CASO auf den Schienenverkehr und die Schifffahrt ausgedehnt.

Die Kommission nahm Kenntnis davon, dass das UVEK die Zusammenarbeit zwischen dem CASO und den betroffenen Bundesämtern als sehr positiv beurteilt. Sie begrüsste den Entscheid der Vorsteherin des UVEK, das CASO in ein «Safety Office» zu überführen, welches eine sämtliche UVEK-Ämter abdeckende systemische Aufsicht im Bereich der Sicherheit ausübt. Sie wies aber auch darauf hin, dass diese Entwicklung nicht die spezifische Aufsicht des Departements über die Umsetzung der Sicherheitsempfehlungen im Verkehrswesen schwächen darf.

Die GPK-N wird sich im Laufe des Jahres 2022 über den Stand der Arbeiten im Bereich der vier genannten Punkte informieren und nötigenfalls zusätzliche Abklärungen vornehmen.

Die Kommission hat sich ebenfalls mit den Vertreterinnen und Vertretern des UVEK, des BAV und der SUST über den Bahnunfall von Baden ausgetauscht. Sie kam auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen zum Schluss, dass dieser konkrete Fall keine Hinweise auf grundsätzliche Probleme hinsichtlich der Aufgaben und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Organe liefert. Sie verzichtete deshalb auf eine vertiefte Untersuchung dieses Falls.

3.8.5

Untersuchung des Absturzes der Ju-52

Am Rande ihrer Arbeiten zu den Empfehlungen der SUST149 (Ziff. 3.8.4) befasste sich die GPK-N mit der Rolle der Behörden, die von der Aufarbeitung des Absturzes der Maschine Ju-52 der Fluggesellschaft «Ju-Air» vom 4. August 2018 bei Flims (GR) betroffen waren. Im Januar 2021 veröffentlichte die SUST ihren Schlussbericht zu diesem Unfall, der acht Sicherheitsempfehlungen zuhanden der Aufsichtsbehörde

149

Die SUST (ausserparlamentarische Kommission) ist die staatliche Behörde der Schweizerischen Eidgenossenschaft, welche den Auftrag hat, Unfälle und gefährliche Ereignisse von Bahnen, Luftfahrzeugen und Schiffen zu untersuchen. Mit den Untersuchungen sollen nicht nur die unmittelbaren Ursachen solcher Ereignisse ermittelt, sondern auch deren tieferliegende Gründe und weitere mit ihnen verbundene Risiken gefunden werden. Die Sicherheitsempfehlungen in den Untersuchungsberichten der SUST können sich formal auch an die Aufsichtsbehörde, d. h. im Bereich Bahnen und Schiffe an das BAV und im Bereich Aviatik an das BAZL resp. die EASA richten. Für die Umsetzung der Empfehlungen sind diese Bundesämter zuständig. Die Aufsicht über die Umsetzung durch die Bundesämter obliegt dem zuständigen Departement, dem UVEK. Weitere Infos sind unter www.sust.admin.ch zu finden (Stand: 24. November 2021).

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(BAZL) und sieben Sicherheitshinweise zu Handen der betroffenen Unternehmen enthielt.150 Die SUST gelangte in ihrem Bericht zum Schluss, dass die Aufsichtstätigkeit des zuständigen Bundesamtes BAZL zahlreiche Sicherheitsprobleme bei der Fluggesellschaft «Ju-Air» nicht zu erkennen vermochte bzw. nicht genügend Wirkung zeigte. Nach der Veröffentlichung des Berichts wurden die Schlussfolgerungen der SUST zu diesem Fall verschiedentlich kritisiert.151 Die GPK-N untersuchte aus Sicht der Oberaufsicht die Lehren aus diesem Fall in Bezug auf die Untersuchungstätigkeit der SUST, die Aufsichtsfunktion des BAZL sowie die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Stellen. Zwischen April und Oktober 2021 führte sie Schriftwechsel mit dem UVEK und hörte Vertreterinnen und Vertreter der SUST, des UVEK und des BAZL zu diesem Thema an.

Die Vertretung der SUST präsentierte der GPK-N den Ablauf der Untersuchung und deren wichtigste Schlussfolgerungen, insbesondere in Bezug auf die Aufsicht des BAZL. Die Kommission thematisierte mit der SUST zudem verschiedene allgemeine Aspekte wie die Unabhängigkeit der SUST, die Kritik an der Untersuchung und die Zusammenarbeit mit den Justizbehörden sowie mit dem UVEK und dem BAZL im Rahmen der Untersuchung. Diesbezüglich konnte die GPK-N keine Elemente feststellen, die ein Eingreifen der parlamentarischen Oberaufsicht gerechtfertigt hätten.

Die GPK-N fragte sich indes, ob die SUST ­ eine ausserparlamentarische Kommission mit derzeit drei Mitgliedern ­ nicht vergrössert werden sollte. Sie sprach das UVEK darauf an, woraufhin das Departement zusicherte, diese Option zu prüfen. Die GPK-N wird diesen Punkt 2022 vertiefen.

Das UVEK teilte der Kommission mit, es sei mit den SUST-Empfehlungen einverstanden, und stellte ihr die Massnahmen vor, die zur Umsetzung der Empfehlungen ergriffen wurden. Die GPK-N stellte fest, dass das BAZL nach dem Absturz der Ju52 seine Aufsicht im Bereich der gewerbsmässigen Flüge mit historischen Luftfahrzeugen deutlich verstärkte. Sie nahm Kenntnis davon, dass bestimmte Massnahmen ­ insbesondere solche, die eine Rechtsanpassung erfordern ­ eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen könnten.

Das UVEK teilte zudem mit, es habe nach dem Absturz der Ju-52 das niederländische Institut «Royal Netherlands Aerospace Centre» (NLR) mit einer systemischen Analyse zur
Luftfahrtaufsicht des BAZL152 beauftragt. Die Kommission nahm Kenntnis vom Bericht, in welchem das NLR zum Schluss kommt, dass die Aufsicht des BAZL im Grossen und Ganzen von guter Qualität ist und keine systemischen Mängel aufweist. Der Bericht enthält acht Empfehlungen, u. a. zur Verbesserung der Sicherheitskultur des Amtes und zur Stärkung seiner Unabhängigkeit gegenüber der Luftfahrtindustrie. Die Kommission informierte sich beim UVEK und beim BAZL über die Umsetzung dieser Empfehlungen.

150

Schlussbericht Nr. 2370 der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST über den Unfall des Verkehrsflugzeuges Ju 52/3m g4e, HB-HOT, betrieben durch die Ju-Air, vom 4. August 2018 1,2 km südwestlich des Piz Segnas, Flims (GR).

151 Insbesondere: «Das Ju-52-Unglück wird immer grösser». In: Basler Zeitung, 29. Januar 2021, sowie «HB-HOT ­ Eine Schlussbetrachtung», In: Cockpit, 2/2021.

152 Review of the FOCA supervision of Swiss civil aviation, Bericht des «NLR ­ Royal Netherlands Aerospace Centre» vom Mai 2021 (nur auf Englisch).

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Die GPK-N befragte das UVEK und das BAZL auch zu deren Zusammenarbeit mit der SUST im Rahmen der Untersuchung des Absturzes der Ju-52 und im Allgemeinen. Sie stellte fest, dass die Zusammenarbeit insgesamt als gut beurteilt wird ­ auch wenn die Untersuchung zur Ju-52 gezeigt hat, dass ein Optimierungspotenzial bei gewissen praktischen Aspekten besteht ­ und dass die punktuellen Differenzen zwischen den Akteuren in erster Linie auf deren unterschiedliche Rollen zurückzuführen sind.

In diesem Zusammenhang wies die GPK-N auf die Bedeutung des «Safety Office» des UVEK hin, dessen Kompetenzen künftig ausgebaut werden sollen (Ziff. 3.8.4).

Die GPK-N wird sich auch 2022 mit diesem Thema befassen. Sie sieht insbesondere einen weiteren Austausch mit dem UVEK und dem BAZL zur Weiterentwicklung des «Safety Office», zum Ressourcenmanagement beim BAZL sowie zur Verbesserung der Sicherheitskultur des Amtes und zur Stärkung von dessen Unabhängigkeit vor.

3.8.6

Schutz der Biodiversität in der Schweiz

Die GPK-S veröffentlichte am 19. Februar 2021 einen Kurzbericht über den Schutz der Biodiversität in der Schweiz153, in welchem sie drei Empfehlungen an den Bundesrat formulierte. Sie kam darin zum Schluss, dass die in den Vorjahren ergriffenen Massnahmen in diesem Bereich nicht wirksam genug waren, und forderte den Bundesrat auf, eine gezielte Verstärkung dieser Massnahmen zu prüfen.154 Ende Mai 2021 veröffentlichte der Bundesrat seine Stellungnahme zu den Empfehlungen der Kommission.155 Die GPK-S vertiefte in der Folge einige Aspekte des Dossiers und liess dem Bundesrat im November 2021 ihre abschliessende Beurteilung zukommen.

Die GPK-S nahm erfreut zur Kenntnis, dass der Bundesrat ihre Empfehlungen insgesamt wohlwollend aufnahm und anerkannte, dass die biologische Vielfalt in der Schweiz wie auch global in einem besorgniserregenden Zustand ist und der Biodiversitätsverlust trotz der bereits eingeleiteten Massnahmen nicht aufgehalten werden konnte. Sie teilt die Auffassung des Bundesrates, wonach es des Bewusstseins und der Bereitschaft bedarf, diese Problematik in alle Politikbereiche miteinzubeziehen, damit die Biodiversität langfristig erhalten und gefördert werden kann. Die GPK-S begrüsste die Bereitschaft des Bundesrates, auf verschiedenen Ebenen tätig zu werden, um den Schutz der Biodiversität zu stärken, wobei sie nur schwer einschätzen kann, ob die angekündigten Massnahmen tatsächlich zur Erreichung dieses Ziels führen und ihre Empfehlungen somit in der Praxis umgesetzt werden.

Die Kommission begrüsste in Bezug auf die Umsetzung der Strategie Biodiversität Schweiz (SBS; Empfehlung 1) die Absicht des Bundesrates, 2022 eine Analyse zur Wirkung der Massnahmen der ersten Umsetzungsphase des Aktionsplans SBS (AP SBS; 2019-2023) durchführen zu lassen, um so die Massnahmen im Hinblick auf die zweite Umsetzungsphase (ab 2024) zu präzisieren. Sie beschloss, sich im Rahmen der 153

Schutz der Biodiversität in der Schweiz, Bericht der GPK-S vom 19. Februar 2021 (BBl 2021 715).

154 Schutz der Biodiversität: GPK-S zieht Bilanz und fordert Bundesrat zum verstärkten Handeln auf, Medienmitteilung der GPK-S vom 22. Februar 2021.

155 Schutz der Biodiversität: GPK-S zieht Bilanz und fordert Bundesrat zum verstärkten Handeln auf, Medienmitteilung der GPK-S vom 22. Februar 2021.

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Nachkontrolle zu ihrer Inspektion über die Ergebnisse der genannten Analyse zu informieren.

Die GPK-S zeigte sich auch erfreut über die vom Bundesrat eingeleiteten Schritte zur Festlegung eines Sets an Indikatoren, mit denen die Wirkung der ergriffenen Massnahmen analysiert werden kann, und unterstrich, wie wichtig es ist, konkrete Indikatoren zu definieren, welche die Entwicklung der Biodiversität in der Schweiz aussagekräftig darstellen.

Der Bundesrat schrieb in seiner Stellungnahme, dass 2027 «unter Berücksichtigung der finanziellen und personellen Möglichkeiten über eine allfällige Fortsetzung des AP SBS» entschieden werden soll. Die Kommission zeigte sich erstaunt darüber, dass es angesichts der strategischen Bedeutung eines solchen Aktionsplans und der Langzeitfolgen des Biodiversitätsverlusts für die Umwelt und die Wirtschaft noch kein klares Bekenntnis zur Fortführung des AP SBS gibt. Sie erachtet es als wichtig, dass der Bundesrat in diesem Bereich eine langfristige Vision und Finanzplanung definiert, und ersuchte den Bundesrat, diesen Punkt zu prüfen. Sie beschloss, sich im Rahmen der Nachkontrolle über den Stand der diesbezüglichen Überlegungen zu informieren.

Nachdem die GPK-S den Bundesrat in ihrem Bericht aufgefordert hatte, dafür zu sorgen, dass in der zweiten Umsetzungsphase ausreichend Personalressourcen zur Verfügung stehen, damit die in der SBS festgelegten Ziele auch tatsächlich verwirklicht werden können, zeigte sie sich erfreut darüber, dass der Bundesrat die Erfahrungen aus der ersten Umsetzungsphase nutzen will, um den künftigen Ressourcenbedarf besser abschätzen zu können.

Der Bundesrat anerkannte in seiner Stellungnahme, dass auch im Bereich des Schutzes der Biodiversität in der Landwirtschaft (Empfehlung 2) die bisher ergriffenen Massnahmen nicht wirksam genug waren.

In ihrem Bericht hatte die GPK-S den Bundesrat ersucht, mindestens alle vier Jahre die Wirksamkeit der Massnahmen zum Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft kritisch zu evaluieren. Der Bundesrat wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass eine solche Evaluation über das Monitoringprogramm «Arten und Lebensräume Landwirtschaft» (ALL-EMA) erfolgt, das seit 2015 von Agroscope156 in Zusammenarbeit mit dem BLW und dem BAFU durchgeführt wird. Die Kommission informierte sich detailliert über dieses
Programm und nahm zur Kenntnis, dass die Ergebnisse des ersten Erhebungszyklus (2015-2019) eine positive Wirkung der Biodiversitätsförderflächen (BFF) in der Landwirtschaft, gleichzeitig aber auch ein Defizit bei der Artenund Lebensraumvielfalt zeigen. Das Monitoring bestätigt auch, dass die Ziele zur Qualität der BFF nicht erreicht wurden, was aus Sicht der GPK-S besonders besorgniserregend ist.

Der Bundesrat teilte der Kommission mit, eine Verkürzung des Zyklus von ALLEMA von fünf auf vier Jahre als wenig zielführend zu erachten. Ausgehend von den Erläuterungen von Agroscope sah die Kommission in der Folge keinen Bedarf, den Zyklus des Programms zu ändern. Sie wies aber darauf hin, dass es sinnvoll sein könnte, diesen auf längere Sicht an jenen der Agrarpolitik anzupassen.

156

Agroscope ist das Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung und ist dem BLW angegliedert.

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Die Kommission begrüsste ferner, dass das Programm ALL-EMA in den nächsten Jahren weitergeführt wird. In ihren Augen ist dieses Instrument wesentlich, um die Entwicklung der Biodiversität in der Landwirtschaft nachverfolgen und die Einflussfaktoren auf die Arten und Lebensräume in der Landwirtschaft besser verstehen zu können. Sie erwartet vom Bundesrat, dass er die Lehren und Empfehlungen aus diesem Programm in seine künftigen Arbeiten zur Agrarpolitik und in die zweite Umsetzungsphase des AP SBS einbezieht.

Agroscope gab gegenüber der GPK-S zu verstehen, dass die Erkenntnisse aus dem Programm ALL-EMA nicht immer sorgfältig genug umgesetzt werden. Die Kommission ersuchte den Bundesrat, in Zusammenarbeit mit allen involvierten Akteuren für eine angemessene Umsetzung der Empfehlungen aus diesem Monitoring zu sorgen, insbesondere in Bezug auf die Ausbildung der Landwirtinnen und Landwirte sowie auf einen verbesserten Zugang zur Beratung.

Die GPK-S erkundigte sich ausserdem, welche Massnahmen der Bundesrat bereits ergriffen hat bzw. zu ergreifen gedenkt, um den Biodiversitätsschutz in der Landwirtschaft zu verbessern. Sie nahm Kenntnis davon, dass der Bundesrat in der Botschaft zur Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) und im indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative mehrere Vorschläge formuliert hatte. In seiner Stellungnahme vom Mai 2021 an die GPK-S hielt der Bundesrat fest, dass diese Vorschläge auch nach der im März 2021 erfolgten Sistierung der Beratung der AP22+ durch das Parlament aktuell bleiben. Im August 2021 thematisierte die Kommission mit dem BLW das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit. Das Bundesamt teilte ihr mit, dass verschiedene punktuelle Massnahmen zum Schutz der Biodiversität, die keine Gesetzesanpassungen benötigen, kurzfristig umgesetzt werden sollen. Mittelfristig seien weitere Massnahmen vorgesehen, insbesondere im Zusammenhang mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative. Diese Massnahmen benötigten jedoch eine Gesetzesänderung und hingen von der weiteren Debatte zur AP22+ ab.

Die GPK-S als Oberaufsichtsorgan nimmt zu den politischen Aspekten der AP22+ nicht Stellung. Sie betonte aber dennoch die Notwendigkeit, dass im Rahmen der AP22+ über die Massnahmen zur Verbesserung des Biodiversitätsschutzes beraten wird. Sie wies darauf hin, dass diese
Massnahmen nur dann wirksam sein werden, wenn sie von allen Landwirtinnen und Landwirten nachvollzogen und getragen werden. Sie begrüsste auch, dass der Bundesrat jene Massnahmen zum Biodiversitätsschutz, die keiner Gesetzesänderung bedürfen, rasch umsetzen will.

Die GPK-S unterstrich im Weiteren, dass die Ausbildung der Landwirtinnen und Landwirte sowie die Stärkung des Beratungsangebots in ihren Augen zwei entscheidende Faktoren für einen besseren Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft sind.

Sie ersuchte den Bundesrat, diesen Aspekten bei seinen künftigen Arbeiten besondere Beachtung zu schenken.

In seiner Stellungnahme vom Mai 2021 präsentierte der Bundesrat auch die Schritte des BLW zur Verringerung der kantonsspezifischen Unterschiede bei der Umsetzung der Biodiversitätsbeiträge. Die Kommission begrüsste die Absicht der Verwaltung, ihre Aufsichts- und Handlungskompetenzen zu nutzen, um die kantonalen Praktiken so weit wie möglich zu harmonisieren.

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Die GPK-S hatte den Bundesrat in ihrem Bericht ausserdem ersucht, zu prüfen, ob dem Schutz der Biodiversität in der Landwirtschaft im AP SBS nicht grössere Bedeutung beizumessen ist. Aus der Stellungnahme des Bundesrates geht hervor, dass dieser es derzeit nicht für notwendig erachtet, auf dieser Ebene unverzüglich Änderungen vorzunehmen. Die Abklärungen der Kommission ergaben, dass der AP SBS nur eines von mehreren Instrumenten ist, auf die sich das BLW stützt, um Massnahmen zum Biodiversitätsschutz zu ergreifen. Die Kommission erkannte diesbezüglich vorerst keinen weiteren Handlungsbedarf, ersuchte das BAFU und das BLW jedoch, eingehend zu prüfen, ob ergänzende Massnahmen für die Landwirtschaft in den AP SBS aufgenommen werden sollten.

Im Weiteren hatte die Kommission den Bundesrat in ihrem Bericht ersucht, auf eine stärkere Harmonisierung der Umweltziele Landwirtschaft (UZL) mit denjenigen der SBS und des AP SBS zu achten. Der Bundesrat erklärte, dass diese Harmonisierung in seinen Augen bereits erfolgt ist, er jedoch darauf achten wird, dass diese Ziele auch künftig aufeinander abgestimmt bleiben. Die Kommission erkannte keinen weiteren Handlungsbedarf in dieser Sache.

Die GPK-S begrüsste darüber hinaus die Bereitschaft des Bundesrates, bei der Evaluation des AP SBS die Ergebnisse der 2020 veröffentlichten Studie der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) über die Auswirkungen der Bundessubventionen auf die Biodiversität (Empfehlung 3) zu berücksichtigen. Sie nahm Kenntnis davon, dass der Bundesrat in diesem Rahmen verschiedene Subventionen zur Behebung von biodiversitätsschädigenden Fehlanreizen vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Interessenkonflikte überprüfen wird. Die Ergebnisse dieser Prüfung werden für Mitte 2023 erwartet, weshalb sich die Kommission im Rahmen ihrer Nachkontrolle mit diesen befassen wird.

Auf der Grundlage der von ihr gesammelten Informationen beschloss die Kommission, ihre Inspektion abzuschliessen. Den Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen wird sie im zweiten Halbjahr 2023 im Rahmen einer Nachkontrolle prüfen.

3.8.7

Belästigungsfälle bei der SRG

Ende 2020 wurden mehrere Belästigungsfälle bei der SRG bekannt157, die zahlreiche öffentliche und politische Reaktionen nach sich zogen. Die GPK-S beschloss deshalb, sich aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht mit diesem Dossier zu befassen. Zwischen März und Oktober 2021 tauschte sie sich mehrfach mit Vertreterinnen und Vertretern des UVEK und des BAKOM sowie mit den Verantwortlichen der SRG über dieses Thema aus.

Die SRG verfügt über eine Konzession des Bundesrates.158 Als privater Verein, der ein Medienunternehmen betreibt, verfügt die SRG über eine grosse Unabhängigkeit,

157 158

«Tout le monde sait, mais personne ne fait rien» in: Le Temps, 31. Oktober 2020.

Konzession für die SRG SSR (SRG-Konzession) vom 29. August 2018 (BBl 2018 5545).

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die ihr von der BV159 und dem einschlägigen Recht160 gewährleistet wird. Der Bundesrat und das UVEK üben eine begrenzte Aufsicht über das Unternehmen aus. Diese Aufsicht161 umfasst insbesondere die allgemeine Aufsicht und die Konzessionsaufsicht, die Kontrolle der Erfüllung des Programmauftrags und die Finanzaufsicht. Das UVEK hat zudem gewisse weitere Kompetenzen wie die Genehmigung der Statuten der SRG. Ausserdem werden zwei der Verwaltungsratsmitglieder vom Bundesrat ernannt und es finden regelmässige Gespräche zwischen dem BAKOM und der SRG sowie zwischen der UVEK-Vorsteherin und dem SRG-Verwaltungsratspräsidenten statt. Die Bundesbehörden üben hingegen keinerlei Aufsicht über die Produktion, die Vorbereitung und den Inhalt der SRG-Programme aus.

Vor diesem Hintergrund befasste sich die Kommission in erster Linie damit, wie das UVEK im Rahmen seiner Kompetenzen mit diesem Dossier umging und welche Lehren die Bundesbehörden aus dieser Angelegenheit ziehen können. Ende Januar 2022 legte sie dem Bundesrat die Schlussfolgerungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht dar, zu denen sie auf der Grundlage der gesammelten Informationen gelangt war.

Die GPK-S hielt fest, dass die Belästigungsfälle bei der SRG in ihren Augen inakzeptabel sind und die SRG als Inhaberin der öffentlichen Radio- und Fernsehkonzession eine Vorbildfunktion hat, die im vorliegenden Fall nicht erfüllt wurde. Sie zeigte sich sehr überrascht vom Ausmass der zutage gebrachten Vorfälle und fragte sich, wie solche Verhaltensweisen im Unternehmen über Jahrzehnte andauern konnten, ohne dass die Führungs- und Aufsichtsorgane der SRG dies erkannten und angemessen darauf reagierten. Sie erklärte sich gegenüber dem Bundesrat besorgt über die Auswirkungen dieser Angelegenheit auf das Vertrauen der Bevölkerung in die SRG.

Die GPK-S stellte fest, dass das UVEK das Dossier seit der Aufdeckung der Vorfälle aufmerksam verfolgte und die Departementsvorsteherin in dieser Sache regelmässig in Kontakt mit dem Verwaltungsratspräsidenten der SRG stand. Sie kam zum Schluss, dass das UVEK im Rahmen der Möglichkeiten, die ihm die BV und das einschlägige Recht bieten, angemessen reagiert hatte.

Die Kommission tauschte sich ausserdem mit den Verantwortlichen der SRG zu den Ergebnissen der Untersuchungen über die Belästigungsfälle162 und zum weiteren Vorgehen aus. Sie nahm zur Kenntnis, dass die SRG plant, in den kommenden Monaten

159 160 161

Insbesondere Art. 93 Abs. 2 BV Insbesondere Art. 93 Abs. 2 BV Die allgemeine Aufsicht wird insbesondere durch das BAKOM ausgeübt. Das Amt wacht darüber, dass die Bestimmungen des RTVG, die Ausführungsbestimmungen, die Konzession sowie die einschlägigen internationalen Übereinkommen eingehalten werden. Dazu gehört u. a. die Aufsicht über die Einhaltung der Bestimmungen über Werbung und Sponsoring, die Einhaltung der Verpflichtungen in Bezug auf die behindertengerechte Aufbereitung von Fernsehsendungen auf den Kanälen der SRG oder die Einhaltung der Bekanntmachungs- und Verbreitungspflichten.

162 Nach Bekanntwerden der Belästigungsfälle lancierte die SRG drei Untersuchungen zur Aufklärung der Vorkommnisse. Die erste Untersuchung befasste sich mit den Prozessen und Systemen in der SRG bei Verletzung der persönlichen Integrität, die zweite mit der Verantwortungskette bei Radio Télévision Suisse (RTS) und die dritte bestand in einer Auswertung der Rückmeldungen bei RTS.

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mehrere Präventionsmassnahmen163 und in den nächsten drei bis vier Jahren weitergehende Massnahmen zur Verbesserung des Arbeitsklimas zu ergreifen. Sie nahm zu diesen Plänen nicht im Detail Stellung, da diese Aspekte in der alleinigen Zuständigkeit des Verwaltungsrates liegen.

Die GPK-S kam wie die Vorsteherin des UVEK zum Schluss, dass die von der SRG angekündigten Massnahmen nur dann Wirkung zeigen können, wenn im Unternehmen ein grundlegender Kulturwandel angestossen und auch tatsächlich gelebt wird.

Sie erklärte, vom Bundesrat und vom Departement zu erwarten, dass diese das Dossier weiterhin aufmerksam verfolgen und die Massnahmen der SRG im Rahmen ihrer Aufsichtskompetenzen kritisch hinterfragen.

Am Rande der Arbeiten zu diesem Dossier befasste sich die GPK-S mit dem Aufsichtsverhältnis zwischen den Bundesbehörden und der SRG im Allgemeinen. Das UVEK liess gegenüber der Kommission verlauten, dass die Zuständigkeiten in seinen Augen klar definiert sind und es auch nach den Belästigungsfällen keinen Änderungsbedarf sieht. Die Vorsteherin des UVEK betonte, dass die Bundesbehörden unbedingt die Medienfreiheit zu achten haben, da diese zentrales Element eines demokratischen Staates ist. Sie teilte mit, dass in den regelmässigen Gesprächen mit der Unternehmensführung auch gewisse aktuelle Themen besprochen werden können, die nicht Gegenstand der formellen Aufsicht des Bundes sind, und dass die SRG auf diesem Wege für verschiedene politische Herausforderungen sensibilisiert werden kann. Im vorliegenden Fall stünde es dem UVEK aber nicht zu, auf die Untersuchungen und Massnahmen Einfluss zu nehmen, zusätzliche Abklärungen in Auftrag zu geben oder in die Personalführung des Unternehmens einzugreifen.

Die GPK-S stellte fest, dass die Aufsicht des UVEK über die SRG das fragile Gleichgewicht zwischen den Interessen des Bundes im Zusammenhang mit der Konzession einerseits und der Unabhängigkeit der SRG andererseits zu wahren hat, und Situationen wie die bekannt gewordenen Belästigungsfälle dieses Gleichgewicht auf die Probe stellen. Für die GPK-S ist klar, dass die Personalpolitik grundsätzlich Sache der internen Unternehmensorganisation ist und in die Zuständigkeit des Verwaltungsrates fällt. Allerdings stellen solche Fälle die Glaubwürdigkeit der SRG als Inhaberin der öffentlichen Konzession infrage. Vor
diesem Hintergrund teilte die Kommission dem Bundesrat mit, es als gerechtfertigt zu erachten, dass sich das UVEK ­ und subsidiär das Parlament ­ zu solchen Vorkommnissen äussern und die Massnahmen des Unternehmens aufmerksam verfolgen.

Die GPK-S kam auf der Grundlage der erhaltenen Informationen zum Schluss, dass das Aufsichtssystem nach den Belästigungsfällen nicht geändert werden muss. Auch wenn die Handlungsmöglichkeiten des Bundes und des Parlaments in einer solchen Situation begrenzt sind, kann das UVEK in den regelmässigen Gesprächen mit dem Unternehmen diesem die Einschätzung der Bundesbehörden zu solchen Themen darlegen.

163

Belästigungsvorwürfe: Berichte der externen Untersuchungen liegen vor ­ die SRG setzt Massnahmen um, Medienmitteilung der SRG vom 16. April 2021; Die SRG ergreift weitreichende Massnahmen zum Schutz der Integrität ihrer Mitarbeitenden, Medienmitteilung der SRG vom 1. Juli 2021.

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Die GPK-S stellte sich allerdings die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn der Bundesrat bei der nächsten Erneuerung der SRG-Konzession in deren Abschnitt 7 «Organisation» eine allgemeine Bestimmung zur Personalführung einfügt, mit der die Vorbildfunktion der Konzessionärin unterstrichen wird. Zudem könnte eine solche Bestimmung als formelle Grundlage für die künftigen Gespräche über dieses Thema dienen, ohne die operative Unabhängigkeit der SRG zu gefährden. Sie verwies darauf, dass es in der Konzession z. B. bereits eine Bestimmung über die Kaderlöhne (Art.

37) gibt.

Die UVEK-Vorsteherin teilte mit, dass das Departement infolge der Enthüllungen rund um die SRG alle Unternehmen, die seiner Aufsicht unterstehen, aufgefordert hatte, ihren Umgang mit dem Thema Belästigung darzulegen. Das UVEK sei auf dieser Grundlage zum Schluss gekommen, dass die betreffenden Unternehmen dieses Thema ernst nehmen und über angemessene Strukturen zum Umgang mit dieser Problematik verfügen.

Die GPK-S begrüsste die Massnahmen des UVEK und zeigte sich zufrieden darüber, dass dem Thema Belästigung in den bundesnahen Unternehmen die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird. Sie ersuchte den Bundesrat, zu prüfen, ob in dieser Sache bei den anderen bundesnahen Unternehmen und Einheiten Handlungsbedarf besteht. Zudem bat sie ihn, in seine nächsten Jahresberichte über die Erreichung der strategischen Ziele durch die betroffenen Unternehmen einen Abschnitt über die Prävention und die Bekämpfung von Belästigungen aufzunehmen. Ferner erklärte sie, sich die Möglichkeit vorzubehalten, dieses Thema an ihren nächsten Jahresgesprächen mit den Unternehmen zu behandeln.

Die GPK-S beschloss Ende Januar 2022, ihre Arbeiten in diesem Dossier abzuschliessen. Sie wird in zwei bis drei Jahren prüfen, ob eine erneute Standortbestimmung erforderlich ist.

3.9

Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel

3.9.1

Einleitung

Inspektionen sind das Hauptinstrument der GPK. Sie dienen der Aufklärung allfälliger Missstände oder Mängel in den Zuständigkeitsbereichen des Bundesrates, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte oder weiterer Träger von Bundesaufgaben. Die Untersuchungen werden von den GPK, häufig auf der Grundlage einer Evaluation der PVK, durchgeführt. In der Regel wird über eine Inspektion ein Bericht mit Empfehlungen an die betreffende Behörde veröffentlicht. Grundsätzlich führt die zuständige GPK zwei bis drei Jahre nach der Veröffentlichung des Inspektionsberichts eine Nachkontrolle durch, um festzustellen, inwieweit ihre Empfehlungen umgesetzt wurden.

In der Übersicht in Ziffer 3.9.4 sind alle Ende 2021 laufenden Inspektionen der GPK sowie deren nächsten Schritte aufgeführt. Die folgenden Kapitel präsentieren laufende Inspektionen oder Nachkontrollen, zu welchen im Jahr 2021 kein Bericht veröffentlicht wurde.

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3.9.2

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG

Im November 2019 veröffentlichte die GPK-S ihren Bericht über die Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG.164 Sie kam ausgehend von diesem Fall zum Schluss, dass die Bundesbehörden ihre Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen verstärken müssen. Sie richtete fünfzehn Empfehlungen an den Bundesrat und reichte eine Motion sowie sechs Postulate ein.165 Im Jahr 2020 nahm die GPK-S Kenntnis von der Stellungnahme des Bundesrates zu ihrem Bericht und vertiefte bestimmte Aspekte dieses Dossiers.166 Die Kommission setzte ihre Arbeiten 2021 mit dem Ziel fort, die Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2019 zu überprüfen. Sie informierte sich regelmässig über die Entwicklungen in diesem Dossier und thematisierte weitere Aspekte mit verschiedenen Verwaltungseinheiten des Bundes.

Die GPK-S verfolgte insbesondere den Fortgang des vom Bundesrat angestossenen und seit 2018 laufenden Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol zu den Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto aufmerksam. Fedpol kündigte Ende August 2020 den Abschluss seiner Untersuchung an und erhob gegen sechs ehemalige Mitarbeitende der Schweizerischen Post AG und der PostAuto Schweiz AG Klage bei der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, welche die Anklageschrift an das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern weiterleitete.167 Das kantonale Wirtschaftsstrafgericht wies die Klage von fedpol im Dezember 2020 ab und entschied, dass das fedpol-Verfahren als null und nichtig zu betrachten ist, da es «schwerwiegende Mängel» aufweist. Das Gericht kam insbesondere zum Schluss, dass fedpol nicht berechtigt war, die Verfahrensleitung an zwei verwaltungsexterne Personen zu delegieren, da hierfür keine gesetzliche Grundlage bestand. Fedpol legte Rekurs gegen diesen Entscheid vor dem Obergericht des Kantons Bern ein. Dieses entschied Ende Mai 2021, nicht auf den Rekurs einzutreten, und begründete dies damit, dass der Entscheid des Wirtschaftsstrafgerichts in seinen Augen keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil für das Verfahren darstellt, da dieses vor Ablauf der Verjährung erneut durchgeführt werden kann. Fedpol entschied, diesen Entscheid ans BGer weiterzuziehen, da es der Ansicht ist, dass die von diesem Fall aufgeworfene Grundsatzfrage ­ die Rechtmässigkeit des Beizugs externer Untersuchungsbeauftragter ­ unbedingt geklärt werden muss.

Der Entscheid des BGer steht noch aus.

164

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht. Bericht der GPK-S vom 12. November 2019 (BBl 2020 7193) Vgl. PostAuto-Affäre: GPK-S fordert verstärkte Aufsicht des Bundesrates über die bundesnahen Unternehmen, Medienmitteilung der GPK-S vom 14. November 2019.

165 Mo. GPK-S 19.4383 vom 12. November 2019; Po. GPK-S 19.4384, 19,4385, 19.4386, 19.4387, 19.4388 und 19.4389 vom 12. November 2019. Der Ständerat nahm im März 2020 vier Postulate an (19.4385, 19.4387, 19.4388 und 19.4389) und lehnte die beiden anderen Postulate und die Motion ab.

166 Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570, Ziff. 3.9.2).

167 PostAuto: Verwaltungsstrafverfahren bei fedpol abgeschlossen, Medienmitteilung von fedpol vom 27. August 2020.

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Im Februar 2021 hörte die GPK-S zu diesem Thema die fedpol-Direktorin an. Sie besprach mit ihr den Entscheid des Berner Wirtschaftsstrafgerichts und dessen Auswirkungen auf das Verfahren, die Überlegungen des Bundesamts hinsichtlich des weiteren Vorgehens sowie die Geeignetheit der aktuellen Bestimmungen des Verwaltungsstrafverfahrens. Die Kommission informierte sich in der Folge regelmässig über den Stand der Arbeiten von fedpol. Im Oktober 2021 teilte das Bundesamt mit, dass das PostAuto-Verfahren unter neuer Leitung wiederaufgenommen wurde.168 Fedpol versicherte, alles ihm Mögliche dafür zu tun, dass die strafrechtlich relevanten Sachverhalte vor Gericht gelangen, bevor sie verjährt sind (d. h. vor dem Frühjahr 2024).

Die GPK-S wird diesen Teil des Dossiers weiterhin aufmerksam verfolgen, insbesondere nach dem endgültigen Entscheid des BGer.

Ende Mai 2021 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht in Erfüllung des Postulats Abate (18.4274 «Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes»).169 Er nahm in diesem Bericht Stellung zur Umsetzung mehrerer Massnahmen, die er nach der PostAuto-Affäre beschlossen hatte. Er kam darin weiterhin zum Schluss, dass sich das 2006 eingeführte Steuerungsmodell und die Eignerstrategie für die verselbstständigten Einheiten des Bundes bewährt haben, stellte aber Anpassungsbedarf bei drei Corporate-Governance-Leitsätzen fest. Die GPK-S erörterte diesen Bericht im Juni 2021 mit einer Delegation der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV). Im August vertieften die beiden GPK verschiedene Aspekte der Corporate Governance mit dem Vorsteher des EFD und der EFV-Direktorin.

Anfang Juni 2021 legte der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zur Änderung des PBG vor.170 Mit der entsprechenden Gesetzesänderung sollen die Regeln für die Subventionierung des RPV vereinfacht und die Aufsichtskompetenzen des BAV in diesem Bereich gestärkt werden. Der Bundesrat beantragte mit seiner Botschaft zudem die Abschreibung von zwei Postulaten, welche die GPK-S im Rahmen ihres PostAuto-Berichts eingereicht hatte.171 Der Nationalrat nahm in der Wintersession 2021 die erste Lesung des Revisionsentwurfs vor und übermittelte diesen dem Ständerat.

Die GPK-S befasste sich Anfang 2022 mit diesem Entwurf und prüfte insbesondere, inwieweit ihre Postulate mit
dieser Revision umgesetzt werden. Sie wird der zuständigen Sachbereichskommission (KVF-S) ihre Schlussfolgerungen in einem Mitbericht darlegen.

In ihrem PostAuto-Bericht hatte die GPK-S eine Empfehlung zur Archivierungspraxis bei den bundesnahen Unternehmen formuliert. Im Herbst 2021 nahm die Kommission

168

Die Verfahrensleitung wurde zwei Mitarbeitenden der ESTV anvertraut, die vom Fedpol befristet angestellt wurden.

169 Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes. Bericht des Bundesrates vom 26. Mai 2021 in Erfüllung des Postulats Abate 18.4274 vom 13. Dezember 2018.

170 Mehr Klarheit, Transparenz und Effizienz im regionalen Personenverkehr (RPV), Medienmitteilung des Bundesrates vom 4. Juni 2021.

171 Po. GPK-S 19.4387 («Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den regionalen Personenverkehr») und 19.4388 («Gewinne im Bereich des subventionierten regionalen Personenverkehrs») vom 12. November 2019.

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Kenntnis von den Ergebnissen einer vom Bundesrat in Auftrag gegebenen umfassenden Evaluation172 des Archivierungsgesetzes (BGA)173, die sich insbesondere mit dem Fall der selbstständig archivierenden Einheiten befasst, zu denen z. B. die bundesnahen Unternehmen wie die Post gehören. Sie wird diesen Aspekt im Laufe des Jahres 2022 vertiefen.

Im Oktober 2021 tauschte sich die GPK-S schliesslich mit dem BAV aus. Dieses informierte die Kommission über die Umsetzung der Massnahmen zur verstärkten Kontrolle der subventionierten Transportunternehmen durch das Bundesamt, über die Auswirkungen der PBG-Revision auf die Arbeit des BAV und über den Stand der Verfahren in den verschiedenen Fällen unrechtmässig bezogener Subventionen.

Die GPK-S wird 2022 weitere Abklärungen in diesem Dossier vornehmen. Sie sieht vor, einen Kurzbericht zu verfassen, in dem sie Stellung zur Umsetzung ihrer Empfehlungen nimmt.

3.9.3

Nachkontrolle zur Spezialitätenliste der OKP: Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten

Die GPK-S setzte im Berichtsjahr die Nachkontrolle zu ihrer Inspektion von 2014 über die Aufnahme kassenpflichtiger Medikamente in die Spezialitätenliste (SL) sowie über die Überprüfung der in der SL aufgeführten Arzneimittel fort.174 Sie prüfte in diesem Rahmen die Umsetzung ihrer acht Empfehlungen und drei Postulate175 von 2014.

Im August 2021 vertiefte die Kommission bei einem Dienststellenbesuch im BAG verschiedene Aspekte des Dossiers. Sie befasste sich insbesondere mit den Vorschlägen des Bundesrates in dessen beiden Kostendämpfungspaketen176, dem Stand der BAG-Projekte im Bereich Health Technology Assessment (HTA), der Entwicklung neuer Nutzenbewertungsmodelle für Medikamente und der Dauer der Aufnahmeverfahren. Die Kommission nahm zudem erfreut zur Kenntnis, dass die dreijährliche Überprüfung der Medikamentenpreise des Jahres 2020 grösstenteils abgeschlossen

172

173 174

175 176

Umsetzung des Archivierungsgesetzes: Evaluation und weiteres Vorgehen, Bericht des Bundesrates vom 1. September 2021 in Erfüllung des Postulats Janiak 18.3029 vom 27. Februar 2018.

Bundesgesetz vom 26. Juni 1998 über die Archivierung (Archivierungsgesetz, BGA; SR 152.1).

Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste, Bericht der GPK-S vom 25. März 2014 (BBl 2014 7775). Dieser Bericht beruht auf einer Evaluation der PVK («Evaluation der Zulassung und Überprüfung kassenpflichtiger Medikamente», Bericht der PVK vom 13. Juni 2013 [BBl 2014 7795]).

Po. GPK-S «Aufnahme und Überprüfung von Medikamenten in der Spezialitätenliste» (1, 2 und 3) vom 25. März 2014 (14.3295, 14.3296, 14.3297).

Bundesrat beschliesst neun Massnahmen gegen höhere Kosten im Gesundheitswesen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 21. August 2019; Bundesrat beschliesst weitere Massnahmen gegen steigende Gesundheitskosten, Medienmitteilung des Bundesrates vom 19. August 2020.

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werden konnte und dadurch Einsparungen in der Höhe von rund 100 Millionen Franken erzielt wurden sowie dass die Überprüfung des Jahres 2021 auf gutem Wege ist.177 Am Rande ihrer Arbeiten zur Nachkontrolle diskutierte die Kommission mit dem BAG auch über die Zulassung innovativer Medikamente. Sie nahm insbesondere Kenntnis davon, dass mehrere Änderungen der einschlägigen Verordnungen vorgesehen sind, mit denen der Early Dialogue zwischen dem Bundesamt und der Pharmabranche gefördert, eine Gebührenanpassung vorgenommen und die Transparenz erhöht werden soll. Das BAG teilte ausserdem mit, dass es die Modalitäten für die Einzelfallvergütung178 von Medikamenten präzisieren möchte, um das Verfahren klarer auszugestalten. Die Kommission tauschte sich mit dem Bundesamt ferner über die ethischen Aspekte im Zusammenhang mit innovativen Medikamenten aus.

Die GPK-S hat beschlossen, Anfang 2022 eine Reihe von zusätzlichen Anhörungen mit verschiedenen Akteuren in diesem Dossier durchzuführen. Anschliessend wird sie auf der Grundlage der gesammelten Informationen in einem Kurzbericht darlegen, wie sie die Umsetzung ihrer Empfehlungen von 2014 beurteilt.

3.9.4

Stand der laufenden Inspektionen der GPK und der GPDel

Wie bereits weiter oben ausgeführt, sind Inspektionen das Hauptinstrument der GPK.

Bei einer Inspektion der GPK werden drei Hauptetappen unterschieden: erstens die eigentliche Inspektion, die auf Untersuchungen der Kommission und/oder einer Evaluation der PVK beruht. Diese Etappe wird mit der Verabschiedung eines ­ grundsätzlich öffentlichen ­ Berichts zuhanden der verantwortlichen Behörde, i.d.R. der Bundesrat, abgeschlossen. Zweitens die Stellungnahme der verantwortlichen Behörde: Gemäss Artikel 158 ParlG muss die verantwortliche Behörde die Aufsichtskommissionen über die Umsetzung der Empfehlungen informieren. Diese Stellungnahme wird veröffentlicht, sofern keine schützenswerten Interessen entgegenstehen.

Die GPK beurteilen diese und führen gegebenenfalls zusätzliche Untersuchungen durch oder veröffentlichen gar einen zweiten Bericht. Drittens die Nachkontrolle: In der Regel lässt die betreffende GPK zwei bis drei Jahre nach der Veröffentlichung des Inspektionsberichts eine Nachkontrolle durch die zuständige Subkommission durchführen. Dabei wird geprüft, inwieweit die betreffende Behörde sich der festgestellten

177

Arzneimittelüberprüfung 2021 ­ Bundesamt für Gesundheit senkt Preise; Medienmitteilung des BAG vom 5. November 2021.

178 Die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet nach Art. 71a-71d der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) Arzneimittel im Einzelfall, deren Vergütung eigentlich nicht vorgesehen ist (z. B.

Arzneimittel, die in der SL aufgeführt sind, aber für eine andere Indikation eingesetzt werden; Arzneimittel, die nicht in die SL aufgenommen wurden, aber vom Schweizerischen Heilmittelinstitut (Swissmedic) zugelassen sind; Arzneimittel, die von Swissmedic nicht zugelassen sind, aber aus einem Land mit einem von Swissmedic als gleichwertig anerkannten Zulassungssystem importiert werden).

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Probleme angenommen und die Empfehlungen der GPK umgesetzt hat. Falls bestimmte Punkte offenbleiben, führt die GPK bisweilen zusätzliche Untersuchungen oder ­ nach Ablauf einer weiteren Frist ­ eine weitere Nachkontrolle durch.

Im Folgenden werden alle Ende 2021 laufenden Inspektionen der GPK aufgeführt, das heisst diejenigen, bei denen die drei Etappen noch nicht abgeschlossen sind. Die definitiv abgeschlossenen Inspektionen, bei denen die Nachkontrolle beendet wurde und/oder die nicht weiter behandelt werden, werden hier nicht genannt. Die Inspektionen werden mit dem ältesten Datum aufgelistet, das dem Inspektionsbericht der GPK entspricht, geordnet vom neuesten bis zum ältesten Bericht. Die weiteren Daten entsprechen den Kurzberichten, die im Rahmen der Inspektionen oder der Nachkontrollen veröffentlich wurden.

Laufende Inspektionen ­ GPK-N/S Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Covid-19-Pandemie: Aufarbeitung der Massnahmen der Bundesrates

­

(vgl. dazu Kap. 4)

Evaluationsverfahren für das neue Kampfflugzeug

­

Veröffentlichung Bericht (2022)

Versuchte Erpressung von Bundesrat Alain Berset: Rolle der BA/BKP und Einsatz von Bundesmitteln

­

Veröffentlichung Bericht (2022)

Planung und Einführung der Berufungs- ­ kammer des Bundesstrafgerichts

Veröffentlichung Bericht (2022)

Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten

­

Behandlung der Stellungnahme der Gerichte (2022)

Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der BA

­

Mitbericht zu künftigen Gesetzgebungsarbeiten

Hochseeschifffahrts-Bürgschaften

2019 2018

Nachkontrolle (2022)

Risikoreporting zuhanden des Bundesrates ­ eine Bestandsaufnahme

2018

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2022)

76 / 148

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Laufende Inspektionen ­ GPK-N Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Grundwasserschutz in der Schweiz

­

Veröffentlichung Bericht (2022)

Öffentlichkeitsarbeit des Bundes

2019

Nachkontrolle (2022)

Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen in der Bundesverwaltung

2019

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2022)

Administrativhaft im Asylbereich

2019 2018

Weiterführung der Nachkontrolle (2022)

Evaluation zu den Auswirkungen von Freihandelsabkommen

2019 2017

Weiterführung der Nachkontrolle (2022)

Elektronische Auszählung von Stimmen (e-counting)

2018 2017

Weiterführung der Nachkontrolle (2022)

Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat

2019 2013

Weiterführung der zweiten Nachkontrolle (2022)

Vernehmlassungs- und Anhörungspraxis des Bundes

2012 2011

Weiterführung der Nachkontrolle (2022)

Inspektion über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee

2013 2008

Abschluss der Nachkontrolle (2022)

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Umsetzung der Reorganisation des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit: rechtliche Aspekte und Zweckmässigkeit

­

Veröffentlichung Bericht (2022)

Ausserparlamentarische Verwaltungskommissionen

­

Behandlung der Evaluation der PVK (2022)

Controlling von Offset-Geschäften

­

Veröffentlichung Bericht (2022)

Schutz der Biodiversität in der Schweiz

2021

Nachkontrolle (2023)

Laufende Inspektionen ­ GPK-S

77 / 148

BBl 2022 513

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Einführung der neuen Radiound Fernsehabgabe

2020 2017

Abschluss der Inspektion (2022)

DNA-Analysen in Strafverfahren

2019

Nachkontrolle (2023)

Erfüllung angenommener Motionen und Postulate

2019

Nachkontrolle (2023)

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht

2019

Behandlung der Stellungnahme des Bundesrates (2022)

Revision der Mittel- und Gegenstände- 2018 liste

Nachkontrolle (2022)

Beteiligung des Bundes an Wirtschafts- 2019 sanktionen 2018

Nachkontrolle (2022)

Zweckmässigkeit der Bevölkerungs2019 szenarien des Bundesamtes für Statistik 2018

Nachkontrolle (2022)

Überwachung der Interessenbindungen 2019 in den Verwaltungsräten der bundes2018 nahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB

Weiterführung der Nachkontrolle (2022)

Sicherstellung der Unabhängigkeit von Aufsichts- und Regulierungsbehörden der dezentralen Bundesverwaltung

Weiterführung der Nachkontrolle (2022)

2017 2015

Aufnahme und Überprüfung von 2014 Medikamenten in der Spezialitätenliste

Abschluss der Nachkontrolle (2022)

Untersuchung des Projekts INSIEME der ESTV

2014

Zweite Nachkontrolle (2022)

Erwerbsersatzordnung: Unregelmässigkeiten bei der Abrechnung von freiwilligen Militärdienstleistungen

2013

Zweite Nachkontrolle (2022)

Expertenbeizug in der Bundesverwaltung

2016 2015 2006

Weiterführung der dritten Nachkontrolle (2022)

78 / 148

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Laufende Inspektionen ­ GPDel Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Fall Crypto AG

2020

Nachkontrolle (2023)

3.10

Dienststellenbesuche

Dienststellenbesuche sind ein weiteres wichtiges Instrument der GPK. Die Subkommissionen besuchen ein Amt, ein Gericht oder einen anderen Träger von Bundesaufgaben, um sich im Gespräch mit den Dienstverantwortlichen über die Aufträge, Aufgaben und Kompetenzen der betreffenden Verwaltungsstelle sowie über deren laufende oder besonders interessante Geschäfte orientieren zu lassen. Diese Besuche können unabhängig von einer aktuellen Untersuchung oder im Zusammenhang mit einer Inspektion oder Nachkontrolle stattfinden. Zu Dienststellenbesuchen einer Subkommission sind jeweils auch die Mitglieder der Schwestersubkommission der GPK des anderen Rates eingeladen. Seit August 2017 können zusätzlich alle Mitglieder der betreffenden Geschäftsprüfungskommission an den Dienststellenbesuchen der Subkommissionen teilnehmen. Im Berichtsjahr wurde aufgrund der Covid-19-Pandemie die Teilnahme an den Dienststellenbesuchen auf die jeweilige Subkommission beschränkt.

Im Berichtsjahr statteten die GPK folgenden Behörden und Dienststellen des Bundes einen Besuch ab: Dienststellenbesuche EDA/VBS

­ Bundesamt für Rüstung ­ Bundesamt für Sport ­ Staatssekretariat EDA

EDI/UVEK

­ Bundesamt für Gesundheit ­ Bundesamt für Kommunikation ­ Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen ­ Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat

EFD/WBF

­ Bundesamt für Landwirtschaft ­ Nationales Zentrum für Cybersicherheit ­ Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung

79 / 148

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EJPD/BK

­ Eidgenössische Spielbankenkommission ­ Bundesamt für Polizei ­ Bundesasylzentrum Bern

Gerichte/BA

­ Bundesgericht ­ Bundesverwaltungsgericht

3.11

Aufsichtseingaben

Eingaben gemäss Artikel 129 ParlG sind Hinweise von Privatpersonen oder Organisationen zur Geschäftsführung und zum Finanzgebaren des Bundesrates, der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und anderer Träger von Aufgaben des Bundes, die der Oberaufsicht der eidgenössischen Räte unterstellt sind. Sofern sich diese Hinweise auf allfällige Missstände oder Mängel im Rechtsvollzug oder in der Geschäftsführung einer Bundesbehörde beziehen, werden sie den GPK zugewiesen.

Die allgemeinen Einschränkungen der Oberaufsicht gelten auch bei Eingaben. So sind die GPK insbesondere nicht befugt, Einzelentscheide aufzuheben oder zu ändern; auch dürfen sie keine inhaltlichen Kontrollen richterlicher Entscheidungen vornehmen (Art. 26 Abs. 4 ParlG). Die GPK entscheiden nach freiem Ermessen, ob und wie sie die ihnen zugewiesenen Eingaben behandeln wollen. In der Regel befassen sich die GPK mit Einzelfällen, soweit diese eine allgemeine Problematik betreffen. Im Übrigen stehen den Eingebern weder Parteirechte zu, noch können sie gegen die Entscheide der GPK Beschwerde einlegen.

Im Berichtsjahr haben die GPK 14 Eingaben erhalten. Davon konnten sechs abschliessend behandelt werden. Im selben Zeitraum haben sich die Kommissionen auch mit sieben Eingaben aus dem Vorjahr befasst.

3.12

Weitere von den GPK behandelte Themen

Subkommissionen EDA/VBS Thema

Laufendes Geschäft

Informatiksicherheit RUAG

X

Führungs- und Einsatzkommunikationssysteme des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (BABS)

X

Vorwürfe zu den Trainingsmethoden des Schweizerischen Turnverbands

X

Supportvertrag der Pilatus-Werke mit Saudi-Arabien

X

80 / 148

Behandlung abgeschlossen

BBl 2022 513

Thema

Laufendes Geschäft

Belastete Standorte und Vollzug der Störfallverordnung im VBS

X

Personensicherheitsprüfung

X

Bevölkerungsschutz: Bericht «Auslegeordnung Telematikprojekte»

X

Top-Projekte des VBS

X

Beschaffung des 12cm Mörser 16 durch Armasuisse

X

Sponsoring im VBS

X

Rüstungsstrategie VBS

X

Behandlung abgeschlossen

Subkommissionen EFD/WBF Thema

Laufendes Geschäft

Bewältigung des Cyberangriffs auf EasyGov

X

Umsetzung vom FATCA-Abkommen

X

Aufsichtseingabe Bruno Manser Fonds / Vollzug der Holzdeklarationspflicht durch das WBF

X

Anerkennung ausländischer Diplome

X

Prävention der sexuellen Belästigung beim Bund: Prozesse und Meldemöglichkeiten

X

Cybersicherheit

X

Aufsichtstätigkeiten der Behörden im Ausland

X

Übergabe von Daten Dritter im Rahmen der Amtshilfe durch die ESTV

X

Überprüfung der Verteilung der Bundesgelder an die medizinischen Fakultäten

X

Umsetzung der Stellenmeldepflicht

X

Behandlung abgeschlossen

81 / 148

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Thema

Probleme beim Transit von Flüchtlingen durch die Schweiz

Laufendes Geschäft

Behandlung abgeschlossen

X

Leitlinien «Künstliche Intelligenz» für den Bund

X

Aufsichtseingabe Greenpeace / Mangelhafte Berücksichtigung der Klimafinanzrisiken

X

Förderung der Mehrsprachigkeit innerhalb der Bundesverwaltung: Evaluation und Empfehlungen

X

Strategie zum Einsatz von Pestiziden

X

Austausch länderbezogener Berichte von grossen multinationalen Unternehmen

X

SUPERB23 (IKT-Schlüsselprojekt: Wechsel zu neuem SAP-System)

X

Gutachten im Auftrag der Publica betreffend die Widersprüche zwischen dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge und dem Bundespersonalgesetz

X

Subkommissionen EDI/UVEK Thema

Laufendes Geschäft

SBB: Bestellung von Doppelstockzügen bei Bombardier

X

SBB: Lokführermangel und Angebotseinschränkungen

X

Netzstörungen bei der Swisscom AG

X

Umsetzung der Empfehlungen der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle

X

Aufsicht des BAZL und Zusammenarbeit zwischen BAZL und SUST im Licht des Falls «Ju-52»

X

«Just culture» in der Bundesverwaltung und in den bundesnahen Unternehmen

X

82 / 148

Behandlung abgeschlossen

BBl 2022 513

Thema

Laufendes Geschäft

Beteiligung der Schweiz an den europäischen Gesundheitsalarmsystemen

X

Impfstoffmangel in der Schweiz

X

Einführung des elektronischen Patientendossiers

X

Behandlung von Zulassungsgesuchen betreffend innovative Arzneimittel

X

Personalsituation beim Institut für Virologie und Immunologie

X

Bericht 2020 über die Sozialversicherungen

X

Stärkung der Aufsicht im Bereich der Invalidenversicherung (IV)

X

Behandlung abgeschlossen

Tätigkeitsbericht 2020 der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV)

X

Projekt ARE+ des Bundesamtes für Raumentwicklung

X

Subkommissionen EJPD/BK Thema

Laufendes Geschäft

GEVER (elektronische Geschäftsverwaltung der Bundesverwaltung)

Behandlung abgeschlossen

X

Geldspielgesetz

X

Gewalt gegen Asylbewerber

X

Reorganisation der Bundeskriminalpolizei

X

Internationale Rechtshilfe

X

Ärztliche Betreuung bei Ausschaffungen

X

Radikalisierung und gewalttätiger Extremismus

X

eRetour

X

83 / 148

BBl 2022 513

Thema

Laufendes Geschäft

Modernisierung des Kompetenzzentrums Amtliche Veröffentlichungen

X

Bundeszentren für beschleunigte Asylverfahren

X

Neuausrichtung Strategische Führungsübung (SFU) und Sicherheitsverbundübung (SVU)

X

Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren

X

Behandlung abgeschlossen

Subkommissionen Gerichte/BA Thema

Laufendes Geschäft

Behandlung abgeschlossen

Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter

X

Bundesstrafgericht. Gesamterneuerung für die Amtsdauer 2022-2027: Stellungnahme der GPK an die GK

X

Aufsicht des Bundesgerichts über die erstinstanzlichen Gerichte

X

Weiteres Vorgehen nach der gescheiterten BGGRevision

X

Einfluss der Parteizugehörigkeit der Richterinnen und Richter auf die Rechtsprechung

X

Abklärungen der AB-BA zum Fall Magnitsky

X

Rolle der BA im Fall des Attentäters von Morges (2020)

X

Kontakte der BA zum Weltfussballverband (FIFA)

X

Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers (Justitia 4.0)

X

Umsetzung von Artikel 260ter des Strafgesetzbuches (Pa. Iv. GPK-S)

X

Gerichtsgebühren der eidgenössischen Gerichte

X

Kennzahlen zur Ressourcensteuerung der Strafverfolgungsbehörden

sistiert

84 / 148

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Plenarkommissionen Thema

Laufendes Geschäft

Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2020 ­ Bericht des Bundesrates Schlüsselprojekte in den Bereichen der Digitalen Transformation und der IKT (DTI-Schlüsselprojekte) der Bundesverwaltung ­ Statusberichte

Behandlung abgeschlossen

X X

DTI-Schlüsselprojekt «Entflechtung IKTBasisleistungen VBS»

X

DTI-Schlüsselprojekt Fernmeldeüberwachung

X

Parlamentarische Initiative 15.451: «Stärkung der Geschäftsprüfungskommissionen»

X

Parlamentarische Initiativen 20.414 und 20.418 «Schaffung einer Rechtsdelegation» (Mitbericht)

X

Anträge der APK zur Prüfung der Rechtmässigkeit des Verhandlungsabbruch zum institutionellen Abkommen mit der EU

X

Indiskretionen im Zusammenhang mit den Bundesratssitzungen

X

Revision des Personenbeförderungsgesetzes (Mitbericht)

X

Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Abate (18.4274 «Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes»)

X

Neues Kompetenzzentrum Cybersicherheit

X

IKT-Strategie des Bundes 2020­2023

X

Traktandierung der Bundesratsgeschäfte

X

Analyse zur Nutzung von Freihandelsabkommen ­ Studie des SECO

X

85 / 148

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4

Inspektion Covid-19-Pandemie

Die beiden GPK haben am 18. Mai 2020 beschlossen, im Rahmen einer Inspektion die Massnahmen des Bundesrates und der Bundesverwaltung zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie zu überprüfen. Der Schwerpunkt der Abklärungen soll dabei auf dem Zeitraum der ausserordentlichen Lage im Frühling 2020 liegen. Um den besonderen Umständen, der Dynamik und der thematischen Breite Rechnung zu tragen, haben die GPK entschieden, die Inspektion dezentral in den Subkommissionen durchzuführen. Die Subkommissionen sollten selber Schwerpunkte festlegen und diese bei Bedarf auch anpassen oder auf geplante Abklärungen verzichten können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn bestimmte Themen bereits vertieft durch den Bundesrat, die Departemente oder andere Organe aufgearbeitet wurden bzw. werden. Je nach dem berücksichtigen die Subkommissionen die Erkenntnisse aus diesen Arbeiten oder verzichten auf eigene Abklärungen. Auf die Behandlung von einigen im Jahresprogramm 2021 genannten Covid-19-Themen verzichteten die Subkommissionen aus anderen Gründen (keine erhärteten Problemhinweise, fehlende Ressourcen, geringe Bedeutung).179 Einige Abklärungen im Rahmen der Covid-19-Inspektion haben die GPK bereits abgeschlossen und ihre Erkenntnisse veröffentlicht. Die folgende Tabelle listet die veröffentlichten Unterlagen auf.

Thema

Veröffentlichte Unterlagen

Impfstoffbeschaffung: GPK-N befasst sich mit den Kontakten zwischen Bund und Lonza

Medienmitteilung der GPK-N vom 30. März 2021

Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze

Bericht der GPK-S vom 22. Juni 2021 (BBl 2021 2393)

Covid-19-Massnahmen an der Grenze: Einschränkungen brauchen gesetzliche Grundlage sowie gute Koordination und Kommunikation

Medienmitteilung der GPK-S vom 25. Juni 2021

Kontakte der Bundesbehörden mit den Unternehmen Lonza und Moderna betreffend die Herstellung und die Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen

Bericht der GPK-N vom 16. November 2021 (BBl: noch nicht veröffentlicht)

Covid-19 Impfstoffe: Bundesbehörden haben Verhandlungen mit Lonza und Moderna angemessen geführt

Medienmitteilung der GPK-N vom 18. November 2021

179

Verzichtet wurde beispielsweise auf vertiefte Abklärungen zum Einsatz der Armee und zu den Massnahmen im Bereich des öffentlichen Verkehrs.

86 / 148

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Die folgende Tabelle gibt demgegenüber einen Überblick über die wichtigsten, noch laufenden Abklärungen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Krise.

Die Erkenntnisse dieser Abklärungen werden voraussichtlich in absehbarer Zeit (2022 oder spätestens 2023) in einem eigenen Bericht veröffentlicht werden.

Thema

Bericht(e) der GPK

Nächster Schritt

Krisenorganisation des Bundes für den Umgang mit der Covid-19Pandemie

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-N/S, 2022)

Covid-19: Erwerbsersatzentschädigung ­ für Selbständigerwerbende

Veröffentlichung Bericht (GPK-N, 2022)

Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Landesversorgung während der Covid-19-Pandemie

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-N, 2022)

Covid-19: Beschaffung von Schutzmasken

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-N, 2022)

Covid-19: Kredite

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-S, 2022)

Covid-19: Zusammenarbeit mit den Kantonen

­

Veröffentlichung Bericht (GPK-S, 2022)

Covid-19: Kommunikationsverantwortung ­ Rolle der BK

­

Weiterführung der Abklärungen (2022)

Covid-19: Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG

­

Behandlung der Evaluation der PVK (2022)

Kurzarbeit in der Coronakrise

­

Behandlung der Evaluation der PVK (2023)

Umsetzung der Covid-19-Massnahmen 2021 an der Grenze

Nachkontrolle (2023)

Die Covid-19-Krise bzw. deren Auswirkungen waren zudem auch ein wichtiges Thema an den GPK-Sitzungen vom April 2021 zur Erreichung der strategischen Ziele von Post, SBB, Swisscom und Skyguide. Die GPK haben mit dem UVEK, dem VBS und der Leitung der erwähnten Unternehmen die Frage behandelt, welche Auswirkungen die Covid-19-Krise auf die Aktivitäten der Unternehmen hatte und mit welchen Massnahmen sie der Krise begegnet sind. Sie nahmen zur Kenntnis, dass die Pandemie die Geschäftstätigkeit und die Bilanzen aller Unternehmen negativ beeinflusste, allerdings in unterschiedlichem Ausmass. Die ökonomischen Konsequenzen waren 87 / 148

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besonders für die SBB und Skyguide gravierend, diese haben 2020 einen Verlust von 617 Millionen Franken bzw. 160 Millionen Franken verzeichnet. Der Bund hat für diese beiden Unternehmen spezifische Massnahmen zur finanziellen Unterstützung beschlossen, gleichzeitig wurden Sparmassnahmen eingeleitet. Die GPK stellten jedoch auch fest, dass die vier Unternehmen es insgesamt geschafft haben, ihre strategischen Ziele im Jahr 2020 zu erreichen. Sie werden im April 2022 eine weitere Standortbestimmung mit den Unternehmen vornehmen.

In den Kapiteln 4.1 bis 4.6 finden sich noch weitere Auskünfte zu ausgewählten Themen, bei denen die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind oder bei denen keine eigenständige Publikation erfolgte oder vorgesehen ist.

4.1

EDI

4.1.1

Organisation des EDI und des BAG für die Krisenbewältigung

Die GPK-S setzte im Berichtsjahr ihre Abklärungen über die Organisation des EDI und des BAG für die Bewältigung der Gesundheitskrise fort und knüpfte damit an ihre Arbeiten von 2020 an.180 Anfang Jahr nahm die Kommission Kenntnis von den Ergebnissen von zwei Evaluationen über die Krisenorganisation des Departements und des Bundesamtes in der ersten Pandemiewelle. Bei der ersten Evaluation handelte es sich um eine im Sommer 2020 vom BAG bei einem externen Unternehmen in Auftrag gegebenen Analyse der Organisation und der Prozesse im Bundesamt und in der Abteilung «Übertragbare Krankheiten».181 Die zweite war eine interne Evaluation zum Krisenmanagement des Departements, welche das Generalsekretariat des EDI (GS-EDI) im Herbst 2020 in Form einer Befragung der ihm unterstellten Verwaltungseinheiten durchgeführt hatte.182 Im Frühjahr 2021 befasste sich die GPK-S eingehend mit der Rolle und der Funktionsweise der Covid-19-Taskforce des BAG in den ersten Monaten der Pandemie sowie mit dem Personalmanagement des Amtes. Sie richtete mehrere schriftliche Fragen an das BAG und hörte den Vorsteher des EDI sowie eine Delegation des BAG zu diesem Thema an. Ausserdem analysierte sie eingehend die Protokolle der Taskforce für den Zeitraum von Januar bis Juli 2020.

180

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570), Ziff. 4.1.1 181 Organisations- und Prozessanalyse sowie Klärung des Optimierungspotenzials der Covid-19-Krisenorganisation auf Stufe Abteilung Übertragbare Krankheiten (MT).

Internes Arbeitspapier vom 16. Oktober 2020 zuhanden des BAG, erstellt von der Firma DOC (Dynamic organizational consulting) (nicht veröffentlicht).

182 Departementale Evaluation Covid, Bericht des EDI vom 2. November 2020 (nicht veröffentlicht).

88 / 148

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Im August nahm die Kommission im Rahmen eines Dienststellenbesuchs beim BAG mit der Amtsleitung eine Standortbestimmung vor in Sachen Krisenbewältigungsorganisation, Herausforderungen im Personalmanagement und erste Lehren aus der Pandemie auf organisatorischer Ebene.

Die GPK-S beschloss auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen, ihre Beurteilung und ihre Schlussfolgerungen in einem gemeinsam mit der GPK-N erstellten Gesamtbericht über die Krisenorganisation des Bundes darzulegen. Neben der Rolle und der Funktionsweise des EDI und des BAG wird sich dieser Bericht, der im Frühjahr 2022 veröffentlicht werden dürfte, auch mit dem Bundesstab Bevölkerungsschutz (BSTB)183 und dem Krisenstab des Bundesrats Corona (KSBC) sowie der Koordination zwischen diesen Krisenorganen befassen.

4.1.2

Wissenschaftliche Informationsquellen des EDI und des BAG

Die GPK-N nahm 2020 verschiedene Abklärungen vor zu den wissenschaftlichen Informationsquellen, auf welche sich das BAG bei der Bewältigung der Coronakrise stützte, zur Organisation und zur Funktionsweise der wissenschaftlichen Taskforce, die im Frühjahr 2020 eingesetzt wurde, und zur Zusammenarbeit zwischen dieser Taskforce und den Bundesbehörden.184 Die GPK beschlossen an ihrer gemeinsamen Sitzung im Januar 2021, die PVK mit einer Evaluation zur Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der Krise zu beauftragen. Im April legte die zuständige Subkommission der GPK-N fest, welche Fragestellungen diese Evaluation beantworten soll. Sie betraute die PVK damit, die Verarbeitung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG, deren Berücksichtigung in den Entscheidungsgrundlagen und die Kommunikation derselben an die Bevölkerung zu untersuchen.185 Ende Juni 2021 wählte die Subkommission die Fallstudien aus, anhand derer diese unterschiedlichen Aspekte aufgezeigt werden sollen. Die Ergebnisse der Evaluation sollten der Subkommission im dritten Quartal 2022 präsentiert werden können. Gestützt auf diese Informationen wird die GPK-N einen Bericht verfassen, in dem sie ihre Beurteilung aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht festhält.

Die GPK-N nahm im Frühjahr 2021 am Rande dieser Evaluation punktuelle Abklärungen zu den Informationsquellen vor, auf welche sich die Bundesbehörden bei bestimmten Gesundheitsmassnahmen stützten. So informierte sich die Kommission über die Gründe, die den Bund zur Aufhebung des Verbots von Grossveranstaltungen (Sommer 2020) und zur Quarantänepflicht für Reisende aus sogenannten «Risikoländern» (Herbst 2020) veranlassten. Sie wird die Informationen zu diesen Beispielen ­ soweit erforderlich ­ in ihre abschliessende Beurteilung dieses Dossiers einfliessen lassen.

183 184

Zur Rolle des BSTB, siehe auch Ziff. 4.4.2 Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.1.4).

185 Weitere Informationen zur Evaluation der PVK: vgl. Jahresbericht 2021 der PVK im Anhang, Ziff. 3.3

89 / 148

BBl 2022 513

4.1.3

Internationale Informationsquellen und internationaler Austausch des EDI und des BAG

Im Berichtsjahr setzte die GPK-N ihre Untersuchungen fort zu den Informationsquellen, auf die sich das EDI und das BAG stützten, um die internationale Entwicklung der Pandemie zu verfolgen, und zum internationalen Austausch des Departementes und des Bundesamtes zur Bewältigung der Gesundheitskrise.

Die GPK-N informierte sich zunächst über die Zusammenarbeit zwischen dem BAG und dem EDA im Umgang mit den internationalen Aspekten der Krise in der ersten Pandemiewelle. Sowohl das BAG als auch das EDA beurteilen ihre Zusammenarbeit im Grossen und Ganzen positiv. Aus den der Kommission vorliegenden Informationen geht hervor, dass der Austausch auf verschiedenen Ebenen und sowohl über bestehende als auch über Ad-hoc-Formate erfolgte. Das Bundesamt hob hervor, dass die Lageberichte des Aussennetzes des EDA als Instrument besonders geschätzt wurden und vor allem dazu dienten, den Verlauf der epidemiologischen Lage in Asien in den ersten Wochen der Krise aufmerksam zu verfolgen. Die GPK-N nahm ausserdem davon Kenntnis, dass zwischen den Mitarbeitenden des EDA und des BAG in den ersten Wochen der Krise formelle und informelle Kontakte bestanden, bei denen es unter anderem um den Zugang der Schweiz zu Krisenmanagementplattformen der EU (siehe unten), um die Rückführung von Schweizer Staatsangehörigen oder um die Quarantäne für Reisende aus Asien ging. Die BK kam in ihrem im Dezember 2020 veröffentlichten Bericht zur Auswertung des Krisenmanagements jedoch zum Schluss, dass die Krisenstäbe des Bundes bei ihrer Arbeit die aussenpolitischen Aspekte nicht genügend berücksichtigten. Die Direktorin des BAG wiederum teilte der Kommission mit, dass das Bundesamt der internationalen Dimension der Krise von Anfang an Rechnung trug.

Einiges deutet zudem darauf hin, dass die Koordination zwischen den zuständigen Verwaltungseinheiten bei der Lockerung der Einreisebeschränkungen ab Mai 2020 nicht optimal funktionierte. Die BK konstatierte in ihrem Bericht, dass die Zusammenarbeit in diesem Bereich nicht genügend strukturiert war und die Zuständigkeiten der verschiedenen Ämter unklar waren. Das BAG wiederum bezeichnete die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet gegenüber der GPK-N als eng und kooperativ. Die Direktorin des BAG hob hervor, dass mehrere Koordinationsgremien, in denen namentlich das EDA, das BAZL, das SEM und die
Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) vertreten waren, eingesetzt wurden, um sich mit dieser Thematik zu befassen. Der Direktorin des BAG zufolge kann dank diesen Strukturen rasch gehandelt werden, wenn über Grenzschliessungen entschieden werden muss. Der Generalsekretär des EDI beurteilte die aktuelle Zusammenarbeit zwischen den Bundesämtern und den Departementen, die sich mit den internationalen Aspekten der Krise befassen, als sehr gut. Die Kommission beschloss, diesen Aspekt 2022 weiter zu vertiefen, um die festgestellten Unterschiede bei der Beurteilung der Situation genauer zu untersuchen.

Die GPK-N informierte sich ausserdem über den bilateralen Austausch zwischen der Schweiz und anderen Ländern bezüglich der Pandemiebewältigung. Laut BAG konnte für diesen Austausch auf das bereits vor der Krise bestehende, gute Netzwerk zurückgegriffen werden und war dieser Austausch insgesamt konstruktiv. Abhängig von der konkreten Sachfrage fanden diese Kontakte auf Experten-, Führungs- oder 90 / 148

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Ministerstufe statt. Das BAG wies darauf hin, dass zu den Gesundheitsbehörden der Nachbarstaaten besonders enge Kontakte bestehen, und fügte als Beispiele die Übernahme von Patientinnen und Patienten aus Grenzregionen an. Das EDI räumte indes ein, dass es trotz der Bemühungen der Schweiz nicht immer gelang, sich auf einheitliche Gesundheitsmassnahmen zu einigen (z. B. bezüglich der Skigebiete). Im August 2021 präsentierte das Bundesamt der Kommission eine detaillierte Bilanz über die Zusammenarbeit mit den fünf Nachbarstaaten der Schweiz. In diesem Rahmen thematisierte die GPK-N einige spezifische Punkte wie die bilateralen Abkommen mit Frankreich über die Grippepandemie und über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich sowie die Koordination mit den Nachbarstaaten in Bezug auf die Massnahmen an der Grenze (in diesem Bereich kam es in der ersten Pandemiewelle zu problematischen Situationen). Die Kommission erachtet es nicht als notwendig, das Thema der bilateralen Beziehungen im Allgemeinen zu vertiefen. Sie behält sich aber vor, 2022 bestimmte Aspekte zur Koordination mit den Nachbarstaaten genauer zu untersuchen.

Ein weiterer Aspekt betrifft den Zugang der Schweiz zu den Krisenmanagementplattformen der EU.186 Kurz nach Beginn der Pandemie stellte die Schweiz einen Antrag auf Zugang zu diesen Plattformen187, der ihr gewährt wurde. Die Vertreterinnen und Vertreter des BAG betonten, wie wichtig diese Instrumente für das Krisenmanagement sind. Sie wiesen aber auch darauf hin, dass die Schweiz nur für die Dauer der Pandemie Zugang zu diesen Plattformen erhält und dass ohne ein Gesundheitsabkommen mit der EU davon auszugehen ist, dass diese Zugangsberechtigung nach der Krise erlischt. Die Kommission wird zu einem späteren Zeitpunkt eine erneute Standortbestimmung in diesem Dossier vornehmen.

Zudem erörterte die GPK-N mit dem BAG die Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Direktorin des BAG betonte, dass die Informationsaustauschsysteme und die Empfehlungen der WHO zur Krisenbewältigung ­ insbesondere zu Beginn der Krise ­ äusserst wichtig waren, und sie erachtete letztere insgesamt als angemessen. Das Bundesamt bedauerte jedoch, dass gewisse Empfehlungen (insbesondere zu internationalen Reisen) spät herausgegeben wurden und dass die WHO die Informationen
zur internationalen Gesundheitslage zu Beginn der Krise mit Verzögerung veröffentlichte. Die Direktorin wies darauf hin, dass sich die Schweiz für eine Stärkung der Strukturen und der Prozesse der WHO einsetztund sie sich dazu an einer internationalen Arbeitsgruppe beteiligt, welche die Lehren aus der Pandemie ziehen soll. Die Kommission wird sich weiterhin über die Arbeiten des BAG in dieser Angelegenheit informieren.

Darüber hinaus besprach die Kommission mit dem BAG das internationale Contact Tracing (CT). Das Bundesamt erklärte, dass sich dieses in normalen Zeiten (z. B. bei 186

Die Beteiligung der Schweiz an den europäischen Warnsystemen im Gesundheitsbereich wird bereits seit mehreren Jahren von der GPK-N verfolgt; vgl. insbesondere den Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 28. Januar 2020, Ziff. 3.3.2 (BBl 2020 2971, hier 2989).

187 Insbesondere zum Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (European Centre for Disease Prevention and Control [ECDC]), zum Health Security Committee (HSC) und zum Frühwarn- und Reaktionssystem (Early Warning and Response System [EWRS]).

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Tuberkulosefällen) bewährt habe, aber auch in der Pandemie von Bedeutung gewesen sei. Die GPK-N wird diesen Punkt 2022 vertiefen.

Im Weiteren befasste sich die GPK-N bei ihrem Austausch mit dem BAG und dem EDI mit weiteren Aspekten des Dossiers, wie der Kompetenzverteilung zwischen dem Departement und dem Bundesamt im Umgang mit den internationalen Aspekten, den anderen internationalen Quellen, welche das Bundesamt zur Beurteilung der Gesundheitslage heranzog188, der Art, wie die Plausibilität der internationalen Informationen überprüft wurde und wie diese innerhalb des Bundesamtes priorisiert wurden, sowie der Beobachtung der Gesundheitsmassnahmen anderer Länder. Das BAG kam zum Schluss, dass es gewährleisten konnte, dass die Krisenorganisation innerhalb von kurzer Zeit über verlässliche und ausgewogene Informationen verfügte, obwohl diese manchmal lückenhaft waren ­ insbesondere zu Beginn der Krise. Aus Sicht des Bundesamtes offenbarte die Pandemie, wie wichtig die Pflege der internationalen Kontakte im Gesundheitsbereich ist.

Die GPK-N wird gewisse spezifische Aspekte des Dossiers 2022 weiter vertiefen, namentlich im Rahmen der Evaluation der PVK über die Nutzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG in der Coronakrise (siehe Ziff. 4.1.2).

4.1.4

Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen bei der Krisenbewältigung

Wie 2020189 befasste sich die GPK-S auch im Berichtsjahr mit der Zusammenarbeit zwischen den Bundesbehörden und den Kantonen bei der Bewältigung der Covid-19Krise. Gemäss dem Epidemiengesetz (EpG)190 kommt ­ neben dem Bund ­ den Kantonen eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten zu.191 Daher ist die Koordination zwischen den nationalen und kantonalen Behörden bei der Bewältigung der Coronakrise äusserst wichtig. Die Kommission befasste sich vor diesem Hintergrund insbesondere mit folgenden Aspekten: Plattformen für die Koordination von Bund und Kantonen, Koordination zwischen Bund und Kantonen bei den Gesundheitsmassnahmen, Erhebung und Verarbeitung der Daten zur Gesundheitslage in den Kantonen durch das BAG sowie Eingreifen des Bundes in das Spitalmanagement. Im Mittelpunkt der Arbeiten stand die erste Pandemiewelle (Januar bis Juni 2020).

188

Insbesondere die Informationen der Johns Hopkins University und der Centers for Disease Control and Prevention in den USA und des Robert-Koch-Instituts in Deutschland.

189 Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570), Ziff. 4.1.2 190 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.01).

191 Die Kantone vollziehen das EpG, soweit nicht der Bund zuständig ist (Art. 75 EpG).

In der normalen Lage sind die Kantone für die Massnahmen zur Bekämpfung von Epidemien zuständig (vgl. z. B. Art. 33­38 und Art. 40 EpG). Der Bund beaufsichtigt den Vollzug des Gesetzes durch die Kantone (Art. 77 EpG). Das EpG sieht zu grossen Teilen eine gemeinsame Umsetzung der Bestimmungen durch Bund und Kantone vor.

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Die GPK-S bat im ersten Halbjahr 2021 die verschiedenen kantonalen Behörden um deren Einschätzung der Zusammenarbeit mit dem Bund. Sie nahm Kenntnis vom Krisenmanagementbericht der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) vom Dezember 2020192, in dem Kritik am Vorgehen der Bundesbehörden geübt wird. Die beiden GPK tauschten sich an ihrer gemeinsamen Plenarsitzung vom Ende Januar 2021 mit einer Delegation der KdK über diesen Bericht aus. Im Februar 2021 setzte die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S die Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) fort.

Diese präsentierten der Kommission ihre detaillierte Einschätzung der Koordinationsqualität auf politischer und technischer Ebene, der Herausforderungen bei der Konsultation der Kantone in der «besonderen Lage» und der «ausserordentlichen Lage» sowie des Verbesserungspotenzials bei den Fallmeldesystemen.

Die GPK-S bat zudem die Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz (VKS) sowie die Kantonsapothekervereinigung (KAV) um eine Stellungnahme zur Zusammenarbeit mit dem BAG und den anderen Bundesbehörden in der Krise.

Parallel dazu vertiefte die Kommission gewisse Aspekte des Dossiers mit den zuständigen Bundesbehörden. Sie nahm Kenntnis vom im Dezember 2020 veröffentlichten Bericht193 der BK zur Auswertung des Krisenmanagements des Bundes in der ersten Phase der Covid-19-Pandemie. Dieser Bericht enthält ein Kapitel und mehrere Empfehlungen zur Zusammenarbeit mit den Kantonen. Ausserdem ersuchte sie das EDI, ihr eine detaillierte Liste der verschiedenen Kategorien von Kontakten zwischen dem Departement und den Kantonsbehörden sowie eine Liste der Instrumente, mit denen das EDI und das BAG in der ersten Pandemiewelle die Gesundheitslage in den Kantonen (Fallzahlen, Hospitalisierungen, Todesfälle, Spitalkapazitäten, Verfügbarkeit von Medikamenten und anderen medizinischen Gütern usw.) verfolgen konnten, vorzulegen.

Auf der Grundlage dieser Informationen hörte die GPK-S Ende Juni 2021 den Generalsekretär des EDI und die Direktorin des BAG an. Gegenstand dieser Anhörung waren unter anderem die Notwendigkeit eines zusätzlichen Organs für die Koordination von Bund und Kantonen, die Beteiligung der Kantone an den Krisenorganen des Bundes, die aktuellen und künftigen
Herausforderungen im Zusammenhang mit den Deklarationssystemen und der Pandemieverfolgung, die Geeignetheit des bundesrätlichen Verbots nicht dringender medizinischer Behandlungen vom Frühjahr 2020194 für die Bewältigung der Gesundheitskrise und der Umgang der Bundesbehörden mit dem Spezialfall des Kantons Tessin in den ersten Wochen der Krise. Die Kommission rich-

192

Covid-19-Pandemie: Das Krisenmanagement in der ersten Welle aus Sicht der Kantone, Zwischenbericht der KdK vom 18. Dezember 2020.

193 Auswertung des Krisenmanagements in der Covid-19-Pandemie (1. Phase / Februar bis August 2020), Bericht der Bundeskanzlei vom 11. November 2020.

194 Der Bundesrat beschloss am 16. März 2020, nicht dringende medizinische Behandlungen zu verbieten, und gestattete den Kantonen, Privatspitäler und -kliniken zu verpflichten, für Patientinnen und Patienten Kapazitäten zur Verfügung zu stellen (Art. 10a Covid-19Verordnung 2; in Kraft ab dem 17. März 2020). Diese Massnahme wurde am 22. April 2020 gelockert (Möglichkeit für die Kantone, nicht dringende Behandlungen zu beschränken oder auszusetzen; in Kraft ab dem 27. April 2020).

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tete in der Folge eine Reihe schriftlicher Fragen ans EDI, die unter anderem die Meldesysteme, die Aufsicht über die Spitalaktivitäten und die Priorisierung der Patientinnen und Patienten bei Überlastung der Spitalkapazitäten betrafen.

Im Oktober 2021 zog die GPK-S eine Zwischenbilanz in diesem Dossier. Sie beschloss, bestimmte Aspekte im ersten Halbjahr 2022 weiter zu vertiefen, insbesondere die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen nach der Rückkehr zur «besonderen Lage» gemäss EpG im Juni 2020. Ihr Augenmerk wird dann namentlich auf der Koordination der Gesundheitsmassnahmen und der Unterstützung des Bundes für das CT in den Kantonen liegen. Zudem wird sie sich darüber informieren, wie die Empfehlungen aus dem BK-Bericht betreffend die Zusammenarbeit mit den Kantonen umgesetzt wurden und auf welche Weise die Zusammenarbeit mit den Kantonen bei den 2021 begonnenen Revisionen des EpG und des Pandemieplans berücksichtigt wird.

Die Kommission sieht vor, ihre Schlussfolgerungen möglichst bis Ende 2022 in einem Bericht darzulegen.

Die GPK-S nahm am Rande dieses Dossiers ferner Kenntnis von zahlreichen Grundsatzfragen, welche die Coronakrise in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Kantonen sowie die Organisation des Gesundheitswesens aufgeworfen hat.195 Sie behält sich die Möglichkeit vor, diese Aspekte zu einem späteren Zeitpunkt, nach der Ende der Gesundheitskrise, zu vertiefen.

4.1.5

Management der medizinischen Güter

Die GPK-N setzte 2021 ihre im Vorjahr begonnenen Arbeiten196 zum Management der medizinischen Güter durch die Bundesbehörden in der Covid-19-Pandemie fort.

Die drei Subkommissionen EDA/VBS197, EFD/WBF198 und EDI/UVEK der GPK-N vertieften verschiedene Aspekte dieses Dossiers.

Im Zuständigkeitsbereich des EDI befasste sich die GPK-N insbesondere mit den Kontakten ab Frühjahr 2020 zwischen den Bundesbehörden und den Unternehmen Lonza und Moderna betreffend die Herstellung und die Beschaffung von Covid-19Impfstoffen. Nachdem die Kommission den Sachverhalt geprüft und sich mit den beteiligten Akteuren ausgetauscht hatte, veröffentlichte sie im November 2021 ihre Beurteilung in dieser Sache in einem Bericht.199 Sie kam zum Schluss, dass sich die Bundesbehörden in diesem Dossier angemessen verhielten, als sie auf eine direkte 195

196 197 198 199

Diese betreffen insbesondere folgende Punkte: Massnahmen zur verstärkten Digitalisierung des Gesundheitsbereichs, Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen im Gesundheitsbereich, Management der Ausbildung des Spital- und Intensivpflegepersonals sowie Herausforderungen im Zusammenhang mit Pflegepersonal aus dem grenznahen Ausland.

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570).

Die Subkommission EDA/VBS konzentrierte sich auf die Rolle der Armeeapotheke bei der Beschaffung von Schutzmaterial (vgl. Ziff. 4.4.1).

Die Subkommission EFD/WBF konzentrierte sich auf die wirtschaftliche Landesversorgung und die Rolle des BWL in der Krise.

Kontakte der Bundesbehörden mit den Unternehmen Lonza und Moderna betreffend die Herstellung und die Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen, Bericht der GPK-N vom 16. November 2021 (noch nicht im BBl veröffentlicht).

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Investition in die Produktion von Lonza verzichteten und rasch mit Moderna einen Vertrag über den Kauf von Impfstoffdosen abschlossen. Die Kommission begrüsste zudem, dass der Bund das Programm «Leute für Lonza» ins Leben rief, mit dem die Rekrutierung von Personal für das Unternehmen unterstützt wurde. Sie erachtete es aber für erforderlich, dass der Bundesrat eine Bilanz dieses Programms zieht, weshalb sie ein entsprechendes Postulat einreichte.200 Parallel dazu setzte sich die Kommission auch mit dem Fall der Stiftung «meineimpfungen.ch» auseinander. Diese Stiftung, die seit mehreren Jahren Subventionen des BAG erhält,201 betreibt einen elektronischen Impfausweis und wurde vom Bundesamt Ende 2020 beauftragt, eine Online-Plattform zur Erfassung der Covid-19-Impfungen («myCOVIDvac») zu erstellen. Im März 2021 wurde in den Medien202 über gravierende Datenschutzmängel dieser Plattform berichtet, woraufhin diese deaktiviert wurde und der EDÖB ein Verfahren gegen deren Betreiberin einleitete. Die GPK-N erörterte diesen Fall im Mai mit einer Delegation des BAG. Die Direktorin erläuterte der Kommission, wie sich die Zusammenarbeit mit dieser Stiftung in den vergangenen Jahren gestaltete, wieso das BAG der Stiftung den Auftrag für «myCOVIDvac» erteilte und was beim Austausch mit der Stiftung zu den Aspekten Cybersicherheit und Datenschutz erörtert wurde. Die Kommission befasste sich zudem mit der Mitgliedschaft von BAG-Mitarbeitenden im Stiftungsrat, den Auswirkungen dieser Affäre auf die Einführung des Impfzertifikats und den Aussichten für eine Wiederinbetriebnahme der Plattform und die Rückgabe der auf der Plattform gespeicherten Daten.

Die GPK-N informierte sich in der Folge regelmässig beim EDI über den Stand des Dossiers. Sie nahm insbesondere Kenntnis davon, dass das EDI eine externe Untersuchung zu den Sachverhalten im Zusammenhang mit der Stiftung und zu den Verbindungen zwischen der Stiftung und dem BAG in Auftrag gab. Im Herbst 2021 erhielt die Kommission von der Liquidation der Stiftung und vom unverschlüsselten Versand der Impfdaten an die ehemaligen Nutzerinnen und Nutzer der Plattform Kenntnis. Die GPK-N entschied, dass sie dieses Dossier 2022 weiter vertiefen wird. In diesem Rahmen wird sie insbesondere von den Ergebnissen der vom EDI in Auftrag gegebenen Untersuchungen Kenntnis nehmen
und sich erneut mit dem Departement und dem Bundesamt über dieses Dossier austauschen.

Die Kommission informierte sich ausserdem beim BAG, welche Massnahmen in den Jahren vor der Pandemie in Bezug auf die Reserven an medizinischen Gütern (insbesondere an Schutzmaterial) ergriffen wurden. Zu Beginn der Krise zeigte sich, dass ein Teil der Gesundheitsakteure den entsprechenden Empfehlungen im Pandemieplan nicht nachgekommen war und die erforderlichen Lager nicht angelegt hatte. Gleichzeitig übertraf der Bedarf an Schutzgütern während der Covid-19-Pandemie die Erwartungen gemäss den Planungsgrundlagen für eine Influenzapandemie massiv. Zudem wurden Massnahmen umgesetzt, die im Pandemieplan nicht explizit vorgesehen waren und die letztlich einen Mehrbedarf erwirkten. Das BAG teilte der GPK-N mit, dass die Versorgungsstrategie unter Berücksichtigung der aus der Krise gezogenen Lehren überarbeitet wird, namentlich im Rahmen der laufenden Revisionen des Pandemieplans und des EpG. Die GPK-N wird diesen Aspekt bei ihren Abklärungen zur 200 201 202

Po. GPK-N «Bilanz des Projektes » vom 16. November 2021 (21.4344).

Die Stiftung wird auch von den Kantonen und der Pharmaindustrie finanziell unterstützt.

Wollen Sie wissen, womit Viola Amherd geimpft ist? In: Republik, 23. März 2021.

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Rolle des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) in der Krise weiter vertiefen.

Darüber hinaus nahm die GPK-N von den detaillierten Informationen des BAG zu den Organisationsstrukturen Kenntnis, die 2020 zur Sicherstellung der Versorgung mit medizinischen Gütern eingeführt wurden. Das BAG teilte der Kommission mit, dass die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Akteuren aus seiner Sicht gut funktionierte. Es präzisierte, dass die Aufgaben und Rollen der zuständigen Einheiten (v. a. BAG, Armeeapotheke, BWL, Swissmedic, Ressourcenmanagement Bund [ResMaB]) bereits im März 2020 definiert wurden. Das Bundesamt präsentierte die Listen, die es im März, April und September 2020 zuhanden der Armeeapotheke im Hinblick auf die Beschaffung von medizinischen Gütern erstellt hatte. Weiter hob es hervor, dass die Einsetzung einer interdepartementalen Arbeitsgruppe (IDAG) zum Thema medizinische Güter im Juli 2020 die Organisationsstrukturen vereinfachte und sich positiv auf die Versorgung in der zweiten Welle auswirkte. Anhand der gesammelten Informationen erkannte die GPK-N keinen Handlungsbedarf bezüglich der Organisationsstrukturen für die Versorgung mit medizinischen Gütern im Allgemeinen. Sie befasst sich jedoch derzeit mit spezifischen Fragen zur Beschaffung von Schutzmaterial und insbesondere von Schutzmasken (vgl. Ziff. 4.4.1). Ausserdem informierte sie bereits in ihrem Jahresbericht 2020 über ihre Untersuchungen zur Rolle der Armeeapotheke.203 Im Weiteren befasste sich die GPK-N mit den Entscheiden und der Kommunikation der Bundesbehörden zur Maskenpflicht. Sie beauftragte die PVK, diesen Aspekt bei der laufenden Evaluation zur Nutzung der der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch das BAG und zu deren Kommunikation (vgl. Ziff. 4.1.2 und Jahresbericht 2021 der PVK im Anhang, Ziff. 3.3) vertieft zu prüfen. Die Kommission wird sich bei ihren Erwägungen zu diesem Thema auf die Ergebnisse dieser Evaluation stützen.

Ferner lieferte das BAG der GPK-N mehrere Präzisierungen zur Verwendung des Kredits, den das Parlament im April 2020 zur Sicherstellung der Versorgung mit Medikamenten genehmigte. Sie nahm Kenntnis davon, dass die 2020 vereinbarten Kaufverpflichtungen deutlich tiefer lagen als ursprünglich erwartet. Sie verzichtete darauf, diesen Aspekt zu vertiefen, da er Gegenstand der Finanzoberaufsicht ist, welche den FK und der FinDel obliegt. Sie übermittelte ihre gesammelten Informationen an diese beiden Organe.

203

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.6.1).

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4.1.6

Covid-19-Erwerbsersatz für Selbstständigerwerbende

In Fortsetzung ihrer Arbeiten von 2020204 befasste sich die GPK-N mit dem Erwerbsersatzsystem, das der Bund ab März 2020 zur Unterstützung der Selbstständigerwerbenden, deren Erwerbstätigkeit von der Pandemie betroffen war («Covid-19-Erwerbsersatz», CEE), geschaffen hatte.

Die GPK-N konzentrierte sich bei ihren Arbeiten auf die Schaffung des CEE und das Funktionieren des Entschädigungssystems, das von März bis September 2020 bestanden hatte, d. h. bis zum Inkrafttreten des Covid-19-Gesetzes, mit dem das Parlament ein neues System definierte.205 Sie informierte sich insbesondere über die Überlegungen, welche die Verwaltung im Zusammenhang mit der Ausarbeitung und der Einführung des Entschädigungssystems im März 2020 angestellt hatte, über die Änderungen, die im Laufe der folgenden Monate vorgenommen worden waren, über die Aufsicht der zuständigen Bundesbehörden und über die Zusammenarbeit zwischen diesen.

Die GPK-N nahm Kenntnis von den für die Beurteilung des Sachverhalts relevanten Dokumenten und richtete auf dieser Grundlage eine Reihe schriftlicher Fragen an das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV). Im Mai 2021 unterhielt sie sich zur Vertiefung gewisser Aspekte des Dossiers mit Vertreterinnen und Vertretern des BSV und der EFK.

Im Oktober 2021 beschloss die Subkommission, den ihr bekannten Sachverhalt sowie ihre Schlussfolgerungen in einem Kurzbericht darzulegen. Dieser Bericht wird voraussichtlich im ersten Quartal 2022 veröffentlicht.

Die GPK-S zog ihrerseits im November 2021 mit dem BSV anhand des Sozialversicherungsberichts 2020206 neuerlich Bilanz über die Auswirkungen der Covid-19Krise im Bereich der Sozialversicherungen. Sie nahm davon Kenntnis, dass sich die Coronakrise laut Einschätzung des BSV ­ abgesehen vom CEE und von der Arbeitslosenversicherung (ALV) ­ insgesamt moderat auf die Sozialversicherungen ausgewirkt hat. Ausserdem hielt sie fest, dass das BSV die mittelfristigen Auswirkungen von Covid-19 auf die IV eng verfolgt. Die GPK werden spätestens 2023 eine erneute Lagebeurteilung vornehmen.

204

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.1.7).

205 Bundesgesetz vom 25. September 2020 über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; SR 818.102), siehe insbesondere Art. 15.

206 Sozialversicherungen 2020 ­ Jahresbericht des Bundesrates gemäss Artikel 76 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1).

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4.2

WBF

4.2.1

Massnahmen im Bereich Wohnen und Mieten in der Coronakrise

Anfang 2021 schloss die GPK-N ihre Arbeiten zu den Massnahmen des Bundes im Bereich Wohnen und Mieten in der Coronakrise ab. Diese Arbeiten bezogen sich auf den Zeitraum von Februar bis Oktober 2020.

Während der Coronakrise nahm der Aufwand, der mit gewissen Aufgaben des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO)207, wie z. B. der Frage der Geschäftsmieten, verbunden ist, stark zu und es mussten bestimmte Rechtsfragen rasch geklärt werden.

Insbesondere die Frage des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen von Vermieterinnen und Vermietern einerseits und Mieterinnen und Mietern andererseits stand im Mittelpunkt. Nach der vom Bundesrat am 16. März 2020 angeordneten Geschäftsschliessung208,209 zeigte sich rasch, dass viele Geschäfte und deren Mieterinnen und Mieter befürchteten, die Miete nicht mehr bezahlen zu können. Vor diesem Hintergrund fand am 24. März 2020 ein runder Tisch mit den Mieter- und Vermieterverbänden und am darauffolgenden Tag eine Telefonkonferenz der neuen Taskforce «Coronakrise und Mietrecht» statt. Daraufhin beschloss der Bundesrat am 27. März 2020 die Covid-19-Verordnung Miete und Pacht210, mit welcher er den Mieterinnen und Mietern für die Mieten, die zwischen dem 13. März und dem 31. Mai 2020 fällig wurden, bei Zahlungsrückstand eine Fristverlängerung gewährte und zudem rasch klarstellte, unter welchen Bedingungen Umzüge211 möglich sind.

Das BWO klärte anschliessend verschiedene rechtliche Fragen und befasste sich mit allfälligen Anreizlösungen für einvernehmliche Lösungen. Der Bundesrat zeigte am 8. April 2020 Verständnis für die schwierige Situation vieler Geschäftsmietenden, äusserte indes grösste Vorbehalte, mit notrechtlichen Massnahmen in die Vertragsbeziehungen von Privaten einzugreifen. Ein Eingriff hätte seines Erachtens zudem nicht

207

208 209

210

211

Das BWO verfolgt gemäss Art. 10 der Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (OV-WBF; SR 172.216.1) folgende Ziele: Es fördert die Wohnraumbeschaffung für benachteiligte Gruppen, den genossenschaftlichen Wohnungsbau, die Erhaltung der bestehenden Wohnbausubstanz und das Wohneigentum; es verbessert die Wohnverhältnisse in Regionen und Siedlungsräumen mit besonderen Versorgungsproblemen; es sorgt für die Verhinderung missbräuchlicher Forderungen aus dem Mietverhältnis und für den Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Vermietern und Mietern; es fördert paritätische Vertragsbeziehungen zwischen Vermietern und Mietern, namentlich Rahmenmietverträge und deren Allgemeinverbindlicherklärung.

Coronavirus: Bundesrat erklärt die «ausserordentliche Lage» und verschärft die Massnahmen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 16. März 2020.

Änderung vom 16. März 2020 der Verordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) (Covid-19-Verordnung 2; SR 818.101.24; AS 2020 773).

Verordnung vom 27. März 2020 über die Abfederung der Auswirkungen des Coronavirus im Miet- und Pachtwesen (Covid-19-Verordnung Miete und Pacht; SR 221.213.4; AS 2020 1099), befristet bis am 31. Mai 2020.

Coronavirus: Zügeln ist unter Einhaltung der BAG-Vorgaben möglich, Medienmitteilung des Bundesrates vom 27. März 2020.

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alle Fälle abgedeckt. Stattdessen rief er alle Akteure eindringlich zu konstruktiven und pragmatischen Lösungen auf.212 Das Parlament befasste sich ebenfalls mit der Problematik der Geschäftsmieten und nahm die Motionen 20.3451 und 20.3460 der Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben der eidgenössischen Räte (WAK)213 an. Der Bundesrat legte in der Folge einen entsprechenden Gesetzesentwurf214 vor, den er zur Ablehnung empfahl. Da die beiden Räte nicht auf die Vorlage eintraten, war das Thema einer Intervention des Bundes erledigt, weshalb sich die GPK-N nicht weiter mit diesem Aspekt beschäftigte.

Am 8. April 2020 beauftragte der Bundesrat das BWO zudem, die Situation im Bereich der Geschäftsmieten zu beobachten und ihm Bericht zu erstatten. Der Bundesrat kam auf der Grundlage dieses ersten Monitoringberichts215, der am 7. Oktober 2020 veröffentlicht wurde, zum Schluss, dass es wenig Hinweise für umfassende und flächendeckende Schwierigkeiten bei den Geschäftsmieten gab. Die GPK-N wurde Anfang Oktober über die ersten Ergebnisse orientiert.

Insgesamt zeigte sich der Immobilienmarkt während der ersten Phase derCoronakrise recht robust. Die Zahl der Handänderungen normalisierte sich nach einem kleinen Einbruch im März/April 2020 rasch wieder.Im Zusammenhang mit Home-office nahm die Bedeutung von mehr Wohnraum zu und entsprechend auch die Nachfrage nach Wohnungen mit einem zusätzlichen Zimmer, einem Balkon usw. Ein allgemeiner Trend zum Wohnen auf dem Land ist gemäss BWO allerdings nicht festzustellen.

Ferner habe sich gezeigt, dass sich aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise in den städtischen Zentren eine grössere Nachfrage nach besonders günstigem Wohnraum abzeichne, weshalb die Massnahmen des Bundes zur Förderung von günstigem Wohnraum derzeit umso wichtiger seien.

Die GPK-N liess sich zunächst darüber orientieren, wie sich das BWO in der Pandemie organisatorisch aufstellte. Rund ein Drittel der Mitarbeitenden war weiterhin vor Ort tätig, da sie im Frühling 2020 weiterhin mit Papierakten arbeiten musste. Die Digitalisierung der Dossiers war ­ insbesondere im Hinblick auf den Umzug des Bundesamtes216 ­ im Gange, jedoch noch nicht sehr weit fortgeschritten. Angesichts der zu grossen Räumlichkeiten des BWO konnte das Personal die Gesundheitsmassnahmen jedoch leichter einhalten.
Das BWO räumte indes ein, auf eine Krise nicht vorbereitet gewesen zu sein. Vor allem die Problematik der Geschäftsmieten habe das Bundesamt überrascht und stark 212 213

214

215 216

Coronavirus: Bundesrat ruft Mietparteien auf, Lösungen bei Geschäftsmieten zu finden, Medienmitteilung des Bundesrates vom 8. April 2020.

Mo. 20.3451 der WAK des Nationalrates (WAK-N) vom 12. Mai 2020 und Mo. 20.3460 der WAK des Ständerates (WAK-S) vom 19. Mai 2020 («Geschäftsmieten in der Gastronomie und bei anderen von der Schliessung betroffenen Betrieben. Die Mieter sollen nur 40 Prozent der Miete schulden»).

Entwurf des Bundesgesetzes über den Miet- und Pachtzins während der Betriebsschliessungen und Einschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) (Covid-19Geschäftsmietegesetz; BBl 2020 8341); Botschaft vom 18. September 2020 zum Covid19-Geschäftsmietegesetz (BBl 2020 8307).

Coronavirus: Bundesrat legt Monitoringbericht zur Situation der Geschäftsmieten vor, Medienmitteilung des Bundesrates vom 7. Oktober 2020.

Bundesrat beschliesst Synergien beim Bundesamt für Wohnungswesen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 1. Juni 2018.

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gefordert. Die GPK-N hält fest, dass das Bundesamt damals mit keiner Krisensituation rechnete und über kein eigentliches Krisenmanagementsystem verfügte. Für die Kommission ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Bundesamt nicht vorbeugend eine Krisenorganisation aufbaute oder entsprechende Prozesse definierte.

Es ist darauf hinzuweisen, dass der neue Direktor seine Stelle am 16. März 2021, also mitten in der Krise, antrat. Nachdem er die Mängel bei der Krisenbekämpfung erkannt hatte, ergriff er verschiedene Abhilfemassnahmen: Die Digitalisierung der Dokumente wurde beschleunigt, ein Krisenmanagementsystem wurde eingeführt und eine verbesserte Steuerung der politischen Prozesse und der Aufgaben wurde in die laufende Reorganisation des BWO einbezogen. Die Umsetzung dieser Massnahmen begann 2020 und insbesondere die Digitalisierung der Dossiers wurde im Sommer 2021 abgeschlossen.

Das BWO unterrichtete die GPK-N zudem darüber, dass zu Geschäftsmieten keine statistischen Datengrundlagen vorliegen. Aus diesem Grunde habe das Bundesamt ein privates Unternehmen beauftragt, eine Strukturanalyse zu den Geschäftsmieten in der Schweiz zu erstellen. Diese Daten standen erst kurz vor den Parlamentsdebatten über den Entwurf des Covid-19-Geschäftsmietegesetz zur Verfügung. Die GPK-N war von dieser Aussage überrascht und fragt sich, ob das BWO nicht erwägen sollte, seine statistische Datenbasis auszuweiten.

Die GPK-N stellt fest, dass das BWO zu Beginn der Krise verschiedene organisatorische Defizite aufwies und es z. B an einer Krisenorganisation fehlte, diese Mängel in der Folge aber behoben wurden. Die GPK-N wird sich 2022 im Rahmen eines Dienststellenbesuchs beim BWO erneut mit den organisatorischen Fragen und der Datenbasis befassen.

4.2.2

Massnahmen des Bundes betreffend Bildung und Maturitätsprüfungen in der Coronakrise

Die GPK-N befasste sich Anfang 2021 mit den Informationen, die sie von der Verwaltung über die vom Bund in der Coronakrise ergriffenen Massnahmen in Sachen Bildung und Maturitätsprüfungen angefordert hatte, hörte in diesem Zusammenhang Vertreterinnen und Vertreter des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) an und schloss ihre Arbeiten in diesem Dossier anschliessend ab.

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Die Kommission informierte sich über die Qualifikationsverfahren der beruflichen Grundbildung217 und die unter Federführung des Steuerungsgremiums «Berufsbildung 2030»218 gemeinsam von den Verbundpartnern der Berufsbildung219 erarbeitete Lösung. Am 16. April 2020 erliess der Bundesrat die Covid-19-Verordnung Qualifikationsverfahren berufliche Grundbildung220, welche die Durchführung der Qualifikationsverfahren in der Coronakrise regelt. Die Qualifikationsverfahren jeder einzelnen Ausbildung der beruflichen Grundbildung wurden fürs gesamte Land einheitlich geregelt. Teil dieser Regelung war unter anderem der Verzicht auf Abschlussprüfungen in den schulischen Bereichen. Die Prüfung im Qualifikationsbereich praktische Arbeit war in drei Varianten möglich221: eine individuelle praktische Arbeit im Lehrbetrieb (für ca. 75 Berufe gewählte Variante), eine zentral durchgeführte vorgegebene praktische Arbeit (ca. 110 Berufe) oder eine Beurteilung durch die Lehrbetriebe (ca.

40 Berufe). Die Wirtschaftsdachverbände und die Gewerkschaften bezeichneten es als wichtig, dass die Beurteilung nicht nur anhand von theoretischen Modulen erfolgt.

Das SBFI beurteilte die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und den Organisationen der Arbeitswelt insgesamt als sehr positiv.

Zu den kantonalen Berufsmaturitätsprüfungen erliess der Bundesrat am 29. April 2020 nach Konsultation der Verbundpartner der Berufsbildung und der Rektorenkonferenz der Schweizerischen Hochschulen (swissuniversities) eine Verordnung222.

Zudem beschloss er, dass keine Abschlussprüfungen stattfinden und dass die Berufsmaturitätszeugnisse 2020 vollständig auf den während der schulischen Ausbildung erzielten Noten beruhen. Er legte zudem fest, dass die eidgenössische Berufsmaturitätsprüfung in den Fächern im Grundlagen- und im Schwerpunktbereich grundsätzlich

217 218

219 220

221 222

Berufliche Grundbildung, www.sbfi.admin.ch > Bildung Berufliche > Grundbildung (Stand: 21. Oktober 2021).

Das Steuerungsgremium «Berufsbildung 2030» leitete alle Projekte im Rahmen der von den Verbundpartnern der Berufsbildung lancierten Initiative «Berufsbildung 2030». Dem Gremium gehörten Vertreterinnen und Vertreter des Arbeitgeberverbands, der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz, des Schweizerischen Gewerbeverbands, des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, des SBFI und des Gewerkschaftsbunds Travail.Suisse an. Seit dem 1. Januar 2021 ist die Tripartite Berufsbildungskonferenz (TBBK) das neue Gremium, in dem die drei Partner ­ Bund, Kantone und Sozialpartner ­ gemeinsam und gleichberechtigt die strategische Steuerung der Berufsbildung wahrnehmen; Systematisierung der Gremienstruktur der Berufsbildung, Bericht des nationalen Spitzentreffens der Berufsbildung vom 9. November 2020, www.tbbk-ctfp.ch > Dokumentation (Stand: 19. Oktober 2021).

Die Verbundpartner der Berufsbildung sind der Bund, die Kantone und die Organisationen der Arbeitswelt.

Verordnung vom 16. April 2020 über die Durchführung der Qualifikationsverfahren der beruflichen Grundbildung 2020 im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19-Verordnung Qualifikationsverfahren berufliche Grundbildung; AS 2020 1241 [SR 412.101.243]).

Art. 3 Abs. 3 der Covid-19-Verordnung Qualifikationsverfahren berufliche Grundbildung.

Verordnung vom 29. April 2020 über die Durchführung der kantonalen Prüfungen 2020 der eidgenössischen Berufsmaturität und die Promotion angesichts der Pandemie des Coronavirus (Covid-19-Verordnung kantonale Berufsmaturitätsprüfungen; AS 2020 1395 [SR 412.103.2]).

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ohne mündliche Prüfung erfolgt, jedoch in jedem Prüfungsfach eine Note erzielt werden muss.223 Da die Zuständigkeit für die gymnasiale Maturität zwischen Bund und Kantonen geteilt ist224, konnte in diesem Bereich keine gesamtschweizerische Lösung gefunden werden. Der Bundesrat beschloss deshalb in Absprache mit der EDK und swissuniversities, dass die Kantone auf schriftliche Maturitätsprüfungen verzichten können.225 Der Bund hätte eine national einheitliche Lösung vorgezogen, um die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu gewährleisten. Die Hochschulen anerkennen die Schweizer Maturitätsausweise von 2020 allerdings für die Zulassung, ungeachtet davon, wie diese Ausweise erlangt worden sind.

Der Vorsteher des WBF erteilte dem SBFI im Mai 2020 den Auftrag, eine Taskforce ins Leben zu rufen, in der auch die Verbundpartner der Berufsbildung vertreten sind.226 Ziel dieser Taskforce «Perspektive Berufslehre»227 war es, den Handlungsbedarf und das Zielpublikum zu ermitteln, um auch unter den aktuell erschwerten Bedingungen dafür zu sorgen, dass möglichst viele Jugendliche eine Lehrstelle finden.

Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten standen drei Bereiche: der Übergang Sekundarstufe I Sekundarstufe II,228 Lehrvertragsauflösungen aufgrund von Konkursen sowie der Übergang Sekundarstufe II - Arbeitsmarkt. Ihr Mandat wurde bis Herbst 2021 verlängert.229 Das SBFI ergriff ausserdem Massnahmen zur Verhinderung einer Lehrstellenkrise.

Dank verschiedener Massnahmen auf der Grundlage von Artikel 13 des Berufsbildungsgesetzes (BBG)230, namentlich der verstärkten Förderung von Information und Beratung, Matching und Ausbildungsprojekten231, konnte der Lehrstellemarkt stabil gehalten und damit ein Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit vermieden werden. Das SBFI erklärte der GPK-N, dass die Schweiz ein Land ist, in dem die Jugendarbeitslosenquote in der Vergangenheit historisch tief war (namentlich bis Anfang der 2000erJahre), weshalb die Behörden Erfahrung mit entsprechenden Massnahmen haben. Das SBFI bezeichnete die Zahlen für 2020 als relativ gut und hielt fest, dass die allgemeine

223

224 225

226 227 228

229 230 231

Verordnung der SBFI vom 3. Juni 2020 über die Durchführung der eidgenössischen Berufsmaturitätsprüfung 2020 angesichts der Pandemie des Coronavirus (Covid-19-Verordnung eidgenössische Berufsmaturitätsprüfung; AS 2020 1885 [SR 412.103.12]).

Siehe Art. 1 der Verordnung vom 15. Februar 1995 über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (MAV, SR 413.11).

Verordnung vom 29. April 2020 über die Durchführung der kantonalen gymnasialen Maturitätsprüfungen 2020 angesichts der Pandemie des Coronavirus (Covid-19-Verordnung gymnasiale Maturitätsprüfungen; AS 2020 1399 [SR 413.16]).

Coronavirus: Bund setzt Task Force zur Stärkung der Berufsbildung ein, Medienmitteilung des Bundesrates vom 7. Mai 2020.

www.taskforce2020.ch Die Sekundarstufe I entspricht dem Ende der obligatorischen Schule und die Sekundarstufe II dem Beginn der Berufsausbildung oder der nachobligatorischen Schule; Schule und Bildung in der Schweiz, www.edk.ch > Bildungssystem > Schule und Bildung in der Schweiz (Stand: 19. Oktober 2021).

Spitzentreffen der Berufsbildung: Mandat der Task Force «Perspektive Berufslehre» wird verlängert, Medienmitteilung des Bundesrates vom 7. Mai 2020.

Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (BBG; SR 412.10).

Anstatt der sonstigen 60 Prozent übernahm das SBFI 80 Prozent der Kosten dieser Projekte. Ausserdem wurden die Projektfinanzierungsgesuche prioritär behandelt.

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Lehrstellensituation ­ namentlich aus demografischen Gründen ­ weiterhin angespannt, jedoch nicht besorgniserregend ist.

Das SECO, die für den Arbeitsmarkt zuständige Bundesbehörde, ergriff eine Reihe von Massnahmen zur Erleichterung des Eintritts in den Arbeitsmarkt und erweiterte insbesondere die Möglichkeiten, für Auszubildende Kurzarbeitsentschädigungen in Anspruch zu nehmen.232 Das SBFI erachtet die Steuerung der Berufsbildung als sehr gut und ist der Ansicht, dass dies unter anderem auf die Arbeiten zurückzuführen ist, die ausgehend von der Inspektion der GPK-N über die Qualität der Verbundpartnerschaft in der Berufsbildung233 vorgenommen wurden. Dank dieser Arbeiten konnten in der Krise rasch Entscheide getroffen werden.

Die GPK-N ist der Auffassung, dass das SBFI seine Koordinationsrolle in der Krise adäquat erfüllt hat. Innert nützlicher Frist wurden geeignete Massnahmen ergriffen, namentlich in Sachen Abschlussprüfungen und Übergang ins Berufsleben. Die Kommission begrüsst, wie die Verbundpartner die Steuerung der Berufsbildung seit ihrer Inspektion von 2016 und ihrer Nachkontrolle, die 2019 abgeschlossen wurde, verbessert haben und wie sie diese Steuerung laufend hinterfragen und weiter optimieren.

Sie bedauert jedoch, dass eine einheitliche Lösung für die gymnasiale Maturität mit den Kantonen nicht gefunden werden konnte.

4.3

EDA

4.3.1

Wahrnehmung der Schweiz im Ausland

Die GPK-S befasste sich anfangs 2021 mit der Frage, wie die Schweiz während der verschiedenen Phasen der Covid-19-Pandemie im Ausland wahrgenommen wurde.

Dazu informierte sie sich über die Monitoring-Aktivitäten von Präsenz Schweiz. Die Kommission interessierte sich für die verschiedenen Informationsgrundlagen und -produkte, die daraus für unterschiedliche Empfängerkreise erstellt wurden.

Sie nahm u. a. von der Jahresanalyse «Die Schweiz aus Sicht des Auslandes 2020» von Präsenz Schweiz Kenntnis und stellte fest, dass die Berichterstattungen über die Schweiz während der ersten Pandemiewelle nach einer kritischen Anfangsphase zunächst überwiegend positiv waren. Das Verbot von Grossveranstaltungen zu Beginn der Pandemie wie auch die Massnahmen zur Unterstützung bei Erwerbsausfall und zur erleichterten Vergabe von Liquiditätskrediten an Schweizer KMU im Sommer erlangten viel Aufmerksamkeit. Über letztere wurde sehr positiv berichtet. Die Geschwindigkeit und Effizienz, mit der die vom Bund garantierten Überbrückungskredite vergeben wurden, wurden als beispiellos unbürokratisch und als Vorbild für andere Länder dargestellt.

232

Verordnung über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19) (Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung; SR 837.033), Fassung vom 17. März 2020 (AS 2020 877).

233 Vgl. Bericht der GPK-N vom 22. März 2016 (BBl 2016 6853), der auf der Evaluation der PVK vom 2. November 2015 (BBl 2016 6867) und auf dem Kurzbericht der GPK-N vom 1. März 2019 (BBl 2019 3199) beruht.

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Die Berichterstattung während der zweiten und dritten Pandemiewelle fiel deutlich kritischer aus. Vor allem Medien in den Nachbarländern und Grossbritannien berichteten über die im internationalen Vergleich lockeren Massnahmen bei gleichzeitig einer der höchsten Pro-Kopf-Inzidenz. Teilweise wurde kritisiert, die Schweiz stelle wirtschaftliche Interessen über die allgemeine Gesundheit. Besonders kontrovers wurde der Entscheid des Bundesrates, die Schweizer Skigebiete über die Feiertage und den Jahreswechsel offen zu lassen in den Nachbarländern diskutiert.

Präsenz Schweiz untersucht die Wahrnehmung der Schweiz im Ausland jeweils im Rahmen ihres systematischen Monitorings der Medienberichterstattung zur Schweiz.

Neben der erwähnten Jahresanalyse hat Präsenz Schweiz auf Wunsch der Konferenz der Informationsdienste des Bundes (KID) zwischen März und Anfang Juni 2020 jeweils dienstags und freitags über die aktuelle Lage betreffend die Berichterstattung in ausländischen Medien über die Schweiz informiert. Ab Juni erfolgte die Berichterstattung im Rahmen der wöchentlichen Analyse.

Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass die Covid-19-relevanten Berichterstattungen in regelmässigen Analysen ausgewertet und den relevanten Kreisen kommuniziert wurden. Die Analysen der Wahrnehmung der Schweiz im Rahmen der Pandemie diente schliesslich auch als eine der Gundlagen bei der Erarbeitung der neuen Strategie Landeskommunikation 2021­2024234. Die Kommission hat keine weiteren Arbeiten in diesem Dossier vorgesehen.

4.4

VBS

4.4.1

Beschaffung von Schutzmaterial / Rolle der Armeeapotheke

Im Rahmen ihrer Inspektion zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie befasste sich die GPK-N mit der Beschaffung von Schutzmaterial durch die Armeeapotheke sowie deren Rolle und Aufgaben während der Pandemie. Nach ersten Abklärungen im Jahr 2020 entschied sie, ihren Fokus im weiteren Verlauf ihrer Untersuchung auf die Beschaffung von Schutzmasken in der ersten Phase der Pandemie (Januar-Juni 2020) zu legen.235 Dabei beleuchtete sie die Beauftragung der Armeeapotheke, den konkreten Ablauf der Maskenbeschaffung durch die Armeeapotheke und die Qualitätskontrolle der Masken. Nicht im Fokus stand hingegen die Frage nach der Angemessenheit der Preise, welche die Armeeapotheke für gewisse Masken bezahlte. Diese kann nicht durch die GPK-N geklärt werden, zudem laufen in diesem Zusammenhang verschiedene Rechtsverfahren.

Die GPK-N wird voraussichtlich im 1. Quartal 2022 in einem Bericht über die Ergebnisse ihrer Abklärungen informieren.

234 235

Strategie Landeskommunikation 2021-2024 vom 18. Dezember 2020.

Jahresbericht 2020 der GPK und GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570, Ziff. 4.6.1).

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4.4.2

Rolle des Bundesstabs Bevölkerungsschutz

Die GPK-N entschied, sich im Rahmen der Covid-19-Inspektion der GPK auch mit dem BSTB zu befassen. Sie prüfte dabei, welche Rolle und Aufgabe der BSTB in der ersten Phase der Covid-19-Pandemie innehatte und ob dieser gemäss den geltenden Vorgaben eingesetzt wurde. Ebenso war zu klären, inwiefern sich der BSTB mit den anderen Krisenorganen ­ insbesondere mit der Taskforce BAG und dem KSBC ­ zusammenarbeitete.

Da die Krisenorganisation im EDI und BAG sowie die Rolle und Aufgaben des KSBC gleichzeitig durch Subkommissionen der GPK-S untersucht wurden, entschieden die GPK im Herbst 2021, einen gemeinsamen Bericht zur Krisenorganisation zu verfassen. Dieser wird über die Rolle und Aufgaben dieser drei Krisenorgane (Taskforce BAG, KSBC und BSTB) und deren Koordination informieren und wird voraussichtlich im Frühling 2022 veröffentlicht.

4.5

EJPD

4.5.1

Covid-19: Massnahmen im Asylbereich

Die Covid-19-Pandemie betrifft auch den Asylbereich. Aus diesem Grund beschloss die GPK-N, sich mit einer Anhörung des Staatssekretärs des SEM über die ergriffenen Massnahmen informieren zu lassen. Insbesondere in Bezug auf die Gewährung der Rechte der asylsuchenden Personen wurden unter anderem von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) verschiedene Forderungen gestellt.

Der Staatssekretär hielt fest, dass das SEM in allen Bereichen von der Pandemie sehr stark gefordert gewesen sei. Das SEM habe aber während der Migrations- und Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 wichtige Erfahrungen in der Krisenbewältigung machen und sich nun auch darauf stützen können. So seien etwa die Notfallinstrumente ausgebaut und die Krisenstabsarbeit professionalisiert worden, weshalb der Staatssekretär von einer etablierten und funktionierenden Krisenorganisation im SEM sprach. Was die Asylverfahren betrifft, schilderte der Staatssekretär, dass zwischen dem 23. März 2020 und dem 5. April 2020 alle Asylanhörungen ausgesetzt werden mussten, damit die formellen Aspekte der Befragungen geklärt werden konnten. An den Befragungen würden im Normalfall bis zu fünf Personen teilnehmen. Ein sogenanntes Asylmoratorium, wie dies verschiedene Nichtregierungsorganisationen (NGO) gefordert hatten, habe das SEM aus rechtsstaatlichen Überlegungen stets abgelehnt, weshalb alles darangesetzt worden sei, die Verfahren so rasch als möglich wiederaufzunehmen.

Am 2. resp. 6. April 2020 traten mit der Covid-19-Verordnung Asyl236 verschiedene dringliche Massnahmen in Kraft. Diese regelte die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit den Asylanhörungen und dem Asylbereich. Um der Tatsache Rechnung tragen zu können, dass nicht sämtliche Anhörungen mit einer Rechtsvertretung durchgeführt werden konnten, seien die Beschwerdefristen kompensatorisch von sieben auf 236

Verordnung vom 1. April 2021 über Massnahmen im Asylbereich im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19-Verordnung Asyl; SR 142.318).

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dreissig Tage ausgedehnt worden, was dem alten Asylrecht entspreche. Die Rechtsvertretung konnte gemäss den Angaben des Staatssekretärs nur in rund zwölf Fällen nicht anwesend sein. Insgesamt hätten durch die Covid-19-Massnahmen im Asylbereich die Anhörungen länger gedauert und das SEM habe weniger Fälle behandeln können.

Weiter sei das SEM vor den Herausforderungen der Unterbringung der Asylsuchenden in einem Bundesasylzentrum (BAZ) und der Organisation der Rückkehr aufgrund der Beschränkungen im internationalen Reiseverkehr gestanden. Da die Anzahl der neu ankommenden Asylsuchenden stark zurückgegangen ist, hätten die Kapazitäten in den BAZ lange Zeit ausgereicht. Dies habe sich allerdings mit dem Ausbruch der zweiten Welle im Herbst 2020 geändert, da die Grenzen nicht mehr so rigoros abgeriegelt worden seien wie während der ersten Welle. Deshalb habe das SEM temporäre Unterkünfte in Betrieb genommen. Der Staatssekretär führte weiter aus, dass sich auch die Wegweisungen sehr schwierig gestaltet hätten. Die Gründe hierfür waren darin zu sehen, dass aufgrund der Grenzschliessungen keine Ausreisen möglich waren, dass die Konsulate verschiedener Staaten in der Schweiz geschlossen waren und das SEM damit keine Dokumente für die Rückreisen erhalten konnte und dass es generell nur sehr wenige Flugverbindungen gegeben habe.

Die GPK-N konnte die verschiedenen Ausführungen des Staatssekretärs nachvollziehen und zeigte Verständnis für die schwierige Situation, in der sich das SEM während der ersten Phase der Covid-19-Pandemie befand. Die GPK-N begrüsst, dass die Beschwerdefrist auf dreissig Tage erhöht wurde, um damit den Auswirkungen der Pandemie Rechnung zu tragen. Die Kommission hat keine Hinweise dazu, dass die Rechte der Asylsuchenden widerrechtlich eingeschränkt worden wären.

Der GPK-N wurde eine Evaluation der Krisenorganisation des SEM in Aussicht gestellt, weshalb sich die Kommission zu gegebener Zeit wieder mit dem Thema befassen wird.

4.5.2

Covid-19: Grenzschliessungen

Die GPK-N beschloss im Zusammenhang mit der Inspektion zur Aufarbeitung der Massnahmen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie auch die Massnahmen im Bereich der Grenzschliessungen zu untersuchen. Die Kommission thematisierte diesen Aspekt erstmals im Jahr 2020 im Rahmen einer Aussprache mit der Departementsvorsteherin des EJPD.

Die Kommission nahm hierbei verschiedene wichtige Abgrenzungen vor. Einerseits sollten die Massnahmen der EZV nicht in diesem Zusammenhang untersucht werden, da die GPK-S diesen Teilbereich separat angeschaut hat. Mittlerweile hat die GPK-S dazu einen Bericht veröffentlicht.237 Andererseits sind auch die grenzsanitarischen Massnahmen, welche in erster Linie in der Kompetenz des EDI liegen, nicht Teil der vorliegenden Ausführungen.

237

Umsetzung der Covid-19-Massnahmen an der Grenze, Bericht der GPK-S vom 22. Juni 2021 (BBl 2021 2393).

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Die Departementsvorsteherin legte der Kommission an besagter Aussprache die stufenweise Grenzschliessung während der ersten Phase der Pandemie dar, welche mit der Beschränkung der Einreise aus Italien ab dem 15. März 2020 seinen Anfang nahm und dann kontinuierlich auf die weiteren Nachbarstaaten und auch Nicht-SchengenStaaten ausgedehnt wurde. Binnengrenzkontrollen seien eingeführt und kleinere Grenzübergänge geschlossen worden. Dabei gilt es festzuhalten, dass es sich nicht um eine komplette Schliessung der Grenzen gehandelt habe, da die Einreise für Schweizerinnen und Schweizer sowie Personen mit einem Schweizer Aufenthaltstitel und solche mit dringlichen beruflichen Gründen (insbesondere Grenzgängerinnen und Grenzgänger) weiter möglich gewesen sei.

Ab dem 24. März 2020 wurden neue Aufenthalts-, Grenzgänger- und Arbeitsbewilligungen nur noch an Personen erteilt, welche in Bereichen tätig waren, die entweder für die Landesversorgung oder den Gesundheitsbereich der Schweiz wichtige Funktionen wahrnahmen oder für deren Tätigkeit eine absolute Notwendigkeit bestand. Der Bundesrat habe mit diesen Massnahmen versucht, die Ausbreitung des Virus in der Schweiz zu verhindern bzw. die Übertragungsketten zu unterbrechen, besonders gefährdete Personen zu schützen, das schweizerische Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten und die Versorgung der Bevölkerung zu garantieren. Die Einhaltung der Verhältnismässigkeit sei gemäss den Aussagen der Departementsvorsteherin durch verschiedene Ausnahmen jederzeit sichergestellt gewesen.

Ab dem 11. Mai 2020 hat der Bundesrat begonnen, die Beschränkungen bei der Einreise schrittweise bis zum 6. Juli 2020 zu lockern. Einzig die Einreise aus Drittstaaten zu rein touristischen Zwecken blieb weiterhin untersagt. Bei den verschiedenen Lockerungsschritten sei ein koordiniertes Vorgehen der Schengen-Staaten wichtig gewesen, insbesondere was die Lockerung gegenüber Drittstaaten betroffen habe.

Abschliessend hielt die Departementsvorsteherin fest, dass sowohl die Gesellschaft als auch die Wirtschaft von offenen Grenzen profitieren würden, weshalb das Bestreben des Bundesrates gewesen sei, die Grenzen nach der ersten Welle nicht mehr zu schliessen. Zudem sollte in den Grenzregionen den wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen besser Rechnung getragen werden.

Die GPK-N beschloss,
zuerst die damals noch laufende Auswertung der BK zur Bewältigung der Pandemie durch den Bundesrat (Ziff. 4.6.2) abzuwarten, bevor die Kommission eine abschliessende Bewertung vornimmt. Die Auswertung der BK wurde am 11. Dezember 2020 publiziert. Sie enthält jedoch den Themenbereich der Grenzschliessungen nicht explizit, weshalb die Kommission der BK verschiedene Fragen diesbezüglich vorgelegt hat.

Die BK hielt in ihrer Antwort an die Kommission fest, dass die Grenzschliessungen insofern Gegenstand der Auswertung waren, als diese als eines von vier Themen dazu diente, breit abgestützte Erkenntnisse zu gewinnen. Die BK hat drei Schlüsse gezogen, die auch auf die Grenzschliessungen übertragen werden konnten: Erstens hielt die BK fest, dass die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesverwaltung schnell und einwandfrei funktionierte, da auf bestehenden Kontakten aufgebaut werden konnte.

Zweitens sei der Kontakt mit ausländischen Akteuren teils schwierig gewesen, da diese oft im Alleingang und nicht in den Strukturen der EU gehandelt hätten. Darauf habe die Bundesverwaltung jedoch keinen Einfluss nehmen können. Drittens habe die 107 / 148

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Zusammenarbeit mit den Grenzkantonen über etablierte Kanäle und nach klaren Abläufen stattgefunden.

Die GPK-N behandelte diese Antwort und kam zum Schluss, dass die erhaltenen Antworten zufriedenstellend sind und dass die Abklärungen hierzu vorerst abgeschlossen werden sollen. Die Grenzschliessungen waren für die GPK-N nachvollziehbar. Die GPK-N begrüsste insbesondere die Tatsache, dass die Grenzschliessungen sehr rasch wieder gelockert werden konnten und die Äusserung der Departementsvorsteherin, wonach der Bundesrat die Grenzen nach der ersten Welle nicht mehr schliessen wollte.

4.6

Bundeskanzlei

4.6.1

Covid-19: Politische Rechte

Im Rahmen der Covid-19-Inspektion befasste sich die GPK-N auch mit den Einschränkungen der politischen Rechte. Hierzu führte die Kommission im Jahr 2021 eine Anhörung der verantwortlichen Personen der BK durch.

Die Vertreterin und der Vertreter der BK legten der Kommission die verschiedenen Beschlüsse des Bundesrates im Zusammenhang mit der Einschränkung der politischen Rechte dar. Dabei standen die Verschiebung der Volksabstimmung vom 17. Mai 2020 und der Umgang mit Volksinitiativen und Referenden auf eidgenössischer Ebene im Zentrum der Ausführungen.

Der Bundesrat beschloss am 18. März 2020 die Volksabstimmungen vom 17. Mai 2020 zu verschieben. Der Grund dafür habe in der Organisation und der Durchführung des Urnengangs gelegen: Probleme wurden insbesondere in den Bereichen Abstimmungslogistik, Stimmabgabe, Auszählung und Ergebnisübermittlung sowie Meinungsbildung ausgemacht. Gemäss den Angaben der BK sei nicht eines der Elemente ausschlaggebend für die Verschiebung gewesen, sondern die Summe der Unsicherheiten zum damaligen Zeitpunkt. In die kantonale Kompetenz zur Organisation kantonaler und kommunaler Urnengänge habe der Bundesrat nicht eingegriffen.

Am 20. März 2020 habe der Bundesrat einen Stillstand der Sammel- und Behandlungsfristen bei eidgenössischen Volksbegehren angeordnet. Dieser Entscheid habe der Bundesrat direkt auf die BV gestützt, da der Schutz der öffentlichen Ordnung auch fundamentale Rechtsgüter betreffe, zu welchen auch die politischen Rechte gehörten.

Durch die gesundheitspolitischen Massnahmen habe das Initiativ- und Referendumsrecht faktisch nicht mehr gewährleistet werden können. Bis am 30. Mai 2020 durften keine Unterschriften mehr gesammelt werden. In diesem Zeitraum seien von den Gemeinden auch keine Stimmrechtsbescheinigungen ausgestellt worden. Insgesamt habe der Fristenstillstand 72 Tage gedauert. Die Fristen wurden für jede Initiative und jedes Referendum neu berechnet und im Bundesblatt publiziert.

Am 29. April 2020 beschloss der Bundesrat, die Volksabstimmung vom 27. September 2020 durchzuführen und die Verordnung betreffend Fristenstillstand nicht zu verlängern. Die BK wurde vom Bundesrat mit der Ausarbeitung möglicher Massnahmen

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beauftragt, um die Durchführung der Abstimmung im September auch unter erschwerten Bedingungen zu gewährleisten. Damit wollte der Bundesrat die Planungsund Rechtssicherheit für alle politischen Akteure wiederherstellen.

Die GPK-N ist sich bewusst, dass mit den verschiedenen Einschränkungen teils massiv in die politischen Rechte jedes Einzelnen eingegriffen worden ist. Die BK konnte die verschiedenen Massnahmen und Überlegungen des Bundesrates jedoch in befriedigendem Masse darlegen, so dass diese für die Kommission nachvollziehbar waren.

Auch die Tatsache, dass der Fristenstillstand nicht verlängert und die Volksabstimmung im September rechtzeitig bestätigt und schliesslich auch durchgeführt werden konnte, begrüsst die GPK-N. Die Kommission kam zum Schluss, dass die Einschränkungen der politischen Rechte verhältnismässig, nur von kurzer Dauer und durch die kompensatorischen Massnahmen (Fristenstillstand) nicht rechtswidrig erfolgt sind.

4.6.2

Auswertung des Krisenmanagements durch den Bundesrat

Die GPK-S führte im Rahmen der Covid-19-Inspektion der GPK ihre Arbeiten zur Auswertung des Krisenmanagements durch den Bundesrat weiter. Sie prüfte dabei, ob die Auswertung auf Stufe Bundesrat angemessen erfolgte.238 Ebenso war zu klären, ob eigene Abklärungen in diesem Bereich vorzunehmen sind.

Hierfür befasste sich die GPK-S zuerst mit einem Bericht zur Auswertung des Bundesrates, der im Dezember 2020 von der BK fertiggestellt wurde.239 Er wurde den GPK im Januar des Berichtsjahres vom Bundeskanzler präsentiert. Der Bericht beschränkt sich auf das Management der ersten Phase der Krise von Februar bis August 2020. Er enthält elf Empfehlungen an den Bundesrat, die Departemente und die BK sowie Schlussfolgerungen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Kantonen. Die Empfehlungen betreffen u. a. diese Zusammenarbeit, die Arbeit der Krisenstäbe, die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Krisenmanagement und die interne Kommunikation. Sie wurden mit Beschluss des Bundesrates in konkrete Aufträge an die Departemente und die BK umgewandelt.

Die Kommission beurteilt die bisher erfolgte Auswertung des Krisenmanagements als angemessen. Diese Einschätzung steht unter dem Vorbehalt, dass auch die weiteren Phasen analysiert und die notwendigen Konsequenzen gezogen werden. Dies wurde von der BK in Aussicht gestellt. Der Kommission ist es wichtig, dass die Empfehlungen des Berichts zeitnah umgesetzt werden und die Umsetzung überprüft wird. Laut Angaben der BK wird dies im Rahmen des ordentlichen Bundesratscontrollings geschehen. Die vom Bundesrat erteilten Aufträge zur Umsetzung der Empfehlungen unterscheiden sich in Zuständigkeit, Herangehensweise und Fristen. Die meisten müssen

238

Jahresbericht 2020 der GPK und GPDel vom 26. Januar 2021 (BBl 2021 570, Ziffer 4.8.1).

239 Auswertung des Krisenmanagements in der ersten Phase der Covid-19-Pandemie, Medienmitteilung des Bundesrates vom 11. Dezember 2020.

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bis Ende 2021 erledigt werden. Die Kommission wird dies zu gegebener Zeit analysieren. Sie begrüsst, dass die Auswertung zeitnah erfolgte, der Bundesrat Selbstkritik zeigte, Schwächen erkannt wurden und der Bundesrat Massnahmen ergriffen hat.

Bis Mitte 2022 soll dem Bundesrat ein zweiter Bericht der BK vorgelegt werden, der die Krisenbewältigung ab Sommer 2020 bis und mit dem vierten Quartal 2021 analysiert. Im Februar 2022 wird der Bundesrat von einem Zwischenfazit der BK Kenntnis nehmen. Aus diesem Grund entschied die GPK-S, sich erst danach mit diesem Dossier wieder zu befassen.

5

Staatsschutz und Nachrichtendienste

5.1

Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel

Die GPDel überwacht im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht die Aktivitäten des Bundes im Bereich des zivilen und militärischen Nachrichtendienstes. Konkret beaufsichtigt die GPDel den zivilen Nachrichtendienst des Bundes (NDB), welcher für den Inlandnachrichtendienst (Staatsschutz) und den Auslandnachrichtendienst zuständig ist. Die GPDel kontrolliert auch die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten der Armee, insbesondere diejenigen des Militärischen Nachrichtendienstes (MND), sowie des Zentrums für Elektronische Operationen (ZEO), welches im Auftrag von NDB und MND Funkaufklärung betreibt und Aufträge des NDB zur Kabelaufklärung ausführt. Die gerichtspolizeilichen Verfahren der BA im Bereich des Staatsschutzes sind ebenfalls Gegenstand der Oberaufsicht durch die GPDel.

Die parlamentarische Oberaufsicht der GPDel erstreckt sich ferner auf die kantonalen Vollzugsorgane, wenn sie im Auftrag des NDB Informationen beschaffen oder Daten bearbeiten. Da diese Aufgabe gleichzeitig in die Zuständigkeit der kantonalen parlamentarischen Aufsichtsorgane fällt, wird die GPDel nur nach Rücksprache mit dem zuständigen kantonalen Organ in einem Kanton tätig.

Der Oberaufsicht der GPDel unterstehen ausserdem die durch das NDG240 geschaffene Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (AB-ND) und das BVGer, wenn es über genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen des NDB befindet. Während eine inhaltliche Kontrolle richterlicher Entscheide durch die Oberaufsicht ausgeschlossen ist (Art. 26 Abs. 4 ParlG)241, kann die GPDel die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen und generell die Funktionsfähigkeit des Genehmigungsverfahrens überprüfen.

Die GPDel ist ein ständiger Ausschuss aus beiden GPK, der aus drei National- und drei Ständeräten besteht, wobei stets auch eine Nichtregierungspartei vertreten ist. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der GPK-N und der GPK-S zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihr Präsidium in der Regel für zwei Jahre.

240 241

Bundesgesetz vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (NDG; SR 121).

Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10).

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Die GPDel verfügt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG): Sie hat das Recht auf Herausgabe von Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste als geheim klassifiziert werden. Weiter erhält die GPDel laufend die Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte. Sie kann ausserdem die Protokolle der Bundesratssitzungen herausverlangen.

Ebenso wie die GPK legt auch die GPDel den Schwerpunkt ihrer Kontrolltätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit. Ihre Oberaufsicht versteht die GPDel in erster Linie als Kontrolle darüber, wie die Exekutive ihre Aufsicht wahrnimmt. Der Bundesrat ­ und nicht das Parlament ­ trägt letztlich die Verantwortung für die Tätigkeit der Nachrichtendienste. So prüft die Delegation insbesondere, ob der Bundesrat und das zuständige Departement ihre gesetzlich vorgeschriebene Führungs- und Aufsichtsfunktion korrekt wahrnehmen.

5.2

Nachkontrolle zur Inspektion zum Fall Crypto AG

Am 2. November 2020 verabschiedete die GPDel ihren Inspektionsbericht zum Fall Crypto AG.242 Anlass für die Untersuchung waren Hinweise, wonach dieses Unternehmen im Auftrag der amerikanischen Nachrichtendienste Verschlüsselungsgeräte exportiert hätte, die so konstruiert waren, dass die involvierten Dienste aufgrund ihres Vorwissens die Verschlüsselung der Geräte mit einem realistischen Aufwand brechen konnten.

Der Bundesrat nahm am 26. Mai 2021 fristgerecht Stellung zum Inspektionsbericht der GPDel.243 Von den insgesamt zwölf Empfehlungen hat sich der Bundesrat bereit erklärt, sechs vollständig und drei Empfehlungen teilweise oder soweit als möglich umzusetzen. Eine Empfehlung (Nr. 10) wurde hinfällig und mit zwei Empfehlungen (Nr. 1 und 12) war der Bundesrat nicht einverstanden. Bezüglich Empfehlung 12 machte die BA am 27. Mai 2021 gegenüber der GPDel ähnliche rechtliche Vorbehalte geltend wie der Bundesrat.

Inhaltlich diskutierte die GPDel die Stellungnahme des Bundesrats am 1. Juli 2021.

Nicht einverstanden war die Delegation mit der Aussage im allgemeinen Teil der Stellungnahme, wonach die GPDel den Zugang zum geheimen Bericht Oberholzer gestützt auf Artikel 167 Absatz 3 ParlG lediglich der Vorsteherin des VBS angeboten habe.244 Richtig ist, dass die GPDel während des Konsultationsverfahrens zu ihrem Berichtsentwurf ein Exemplar des geheimen Berichts Oberholzer der BK übergeben hatte, damit dort alle Mitglieder des Bundesrates, der Bundeskanzler und die Vizekanzler sowie eine vom NDB zu designierende Person in den Bericht Einsicht nehmen konnten. Von Gesetzes wegen wäre die GPDel lediglich verpflichtet gewesen, eine vom Bundesrat bestimmte Person in ihrem Sekretariat den Bericht einsehen zu lassen.

Trotzdem hat weder ein Bundesratsmitglied noch eine andere Person die Möglichkeit 242 243 244

Fall Crypto AG, Bericht der GPDel vom 2. November 2020 (BBl 2021 156).

Fall Crypto AG, Stellungnahme des Bundesrates vom 26. Mai 2021 (BBl 2021 1222).

Fall Crypto AG, Stellungnahme des Bundesrates vom 26. Mai 2021 (BBl 2021 1222 Ziff. 2.1).

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genutzt, den Bericht Oberholzer in den Örtlichkeiten der Bundeskanzlei zu konsultieren.

Diese Richtigstellung machte die GPDel in ihrem Brief vom 25. August 2021 an den Bundesrat. Darin distanzierte sich die Delegation auch vom Verständnis, das der Bundesrat bezüglich der Aufsichtspflichten der Exekutive über den NDB im Zusammenhang mit den Empfehlungen 1 und 2 des GPDel-Berichts vertreten hatte. Es ist zwar richtig, dass das VBS und der Bundesrat über die Involvierung des Schweizer Nachrichtendienstes in die amerikanische Operation vor 2019 nicht informiert worden waren. Aus Sicht der GPDel lassen sich jedoch die wenig wirksame Führung und Aufsicht des VBS und des Bundesrats bei der darauffolgenden Bewältigung des Falles Crypto AG nicht allein auf die ursprüngliche Informationszurückhaltung durch Einzelpersonen im Nachrichtendienst zurückführen.

Der Bundesrat hat die verfassungsrechtliche Aufgabe, die Verwaltung zu leiten und zu beaufsichtigen (Art. 178 Abs. 1 und Art. 187 Abs. 1 Bst. a BV). Als Mittel der Dienstaufsicht verfügen die Vorsteherinnen und -vorsteher der Departemente ihrerseits über uneingeschränkte Weisungs-, Kontroll- und Selbsteintrittsrechte (Art. 38 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG)245). Daraus folgt aus Sicht der GPDel, dass der NDB nicht nur eine «Bringschuld» gegenüber der Vorsteherin des VBS hat, sondern eine wirksame Aufsicht des Departements ebenfalls eine «Holschuld» gegenüber dem NDB beinhaltet. Insbesondere ist es Aufgabe der Vorsteherin des VBS, die Informationen, die vom NDB stammen, zu überprüfen oder zumindest zu plausibilisieren sowie bei Bedarf korrigierend in die Geschäfte des NDB einzugreifen.

Im Hinblick auf die Nachkontrolle zur Inspektion wurde der Bundesrat gebeten, der GPDel bis am 31. Dezember 2021 einen Vorschlag zu unterbreiten, aufgrund welcher Kriterien der Bundesrat über Aktivitäten des NDB informiert werden muss und darüber allenfalls zu entscheiden hat (Empfehlung 4). Im Zusammenhang mit Empfehlung 11 wurde die BK instruiert, der GPDel ab sofort alle geheimen Informationsnotizen zu nachrichtendienstlichen Angelegenheiten nach dem gleichen Verfahren wie für die geheimen Bundesratsbeschlüsse zuzustellen.

Die Umsetzung weiterer Empfehlungen waren Gegenstand von mündlichen Anhörungen und Aussprachen: Über das Thema sichere
Kryptologie und die Umsetzung der Empfehlungen 5 und 7 unterhielt sich die GPDel am 1. Juli 2021 mit dem Chef der Armee (CdA). Am 28. Oktober 2021 tauschte sich die GPDel überdies mit der Vorsteherin des VBS über die Umsetzung der Empfehlung 8 aus. Mit dieser Empfehlung verlangte die GPDel, dass die oberste Departementsleitung ihre direkte Führungs- und Aufsichtstätigkeit in nachrichtendienstlichen Belangen dokumentiert und gesetzeskonform archiviert.

In seiner Stellungnahme vom 26. Mai 2021 erachtete der Bundesrat Empfehlung 8 als bereits umgesetzt. Wie die GPDel feststellte, bezieht sich die Stellungnahme des Bun-

245

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010).

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desrates lediglich auf Akten des VBS, welche im GEVER-System «Acta Nova» abgelegt werden. Gemäss Artikel 11 der GEVER-Verordnung246 dürfen Informationen, die geheim klassifiziert sind, jedoch nicht in einem GEVER-System bearbeitet werden.

Anlässlich der Aussprache vom 28. Oktober 2021 bestätigte der Generalsekretär des VBS gegenüber der GPDel, dass im Rahmen von Amtsleitungssitzungen mit dem NDB durchaus geheim klassifizierte Notizen erstellt würden. Allerdings konnte nicht präzisiert werden, wo diese Unterlagen abgespeichert und wie sie später archiviert werden. Aus diesem Grund verlangte die Delegation per Schreiben vom 12. November 2021 von der Vorsteherin VBS bis Ende Januar 2022 einen Kurzbericht, in dem dargelegt wird, wie oft zu den Amtsleitungssitzungen geheim klassifizierte Notizen oder Protokolle verfasst werden, mit welchem System sie erstellt und wo sie abgelegt werden, wer auf sie Zugriff hat und nach welchem Verfahren sie archiviert werden.

Schliesslich bat die GPDel den Bundesrat, ihr bis spätestens am 31. August 2023 einen Bericht über den Umsetzungsstand der Empfehlungen 4, 5, 6, 7, 9 und 11 zukommen zu lassen.

5.3

Dienststellenbesuche zu «Hacking» und Kryptologie

Im ersten Jahr der Legislatur hatte sich die Arbeit der GPDel auf ihre Inspektion zum Fall Crypto AG (vgl. Ziff. 5.2) konzentriert und war von den Einschränkungen infolge der Covid-19 Pandemie geprägt. Die geplanten Dienststellenbesuche wurden deshalb im Jahr 2021 in geeigneter Form nachgeholt.

Zunächst hörte die GPDel am 9. und 10. Februar 2021 sämtliche Mitglieder der NDBGeschäftsleitung einzeln an. Thematisiert wurden aktuelle Herausforderungen in den jeweiligen Direktionsbereichen sowie die Personalzufriedenheit. Eine vertiefte Diskussion über die Resultate der Personalumfrage sowie die vorgeschlagenen Massnahmen einer NDB-internen Arbeitsgruppe führte die GPDel am 25. August 2021 mit dem Direktor NDB und seinem Stellvertreter sowie am 28. Oktober 2021 mit der Vorsteherin des VBS.

Der erste externe Dienststellenbesuch am 8. April 2021 beim ZEO galt der Kommunikationsaufklärung (vgl. Ziff. 5.9). Am Vormittag des 12. Mai 2021 liess sich die GPDel in den Örtlichkeiten des NDB und ZEO die Werkzeuge und Methoden für das Eindringen in fremde Computersysteme präsentieren. Gesetzlich sind dafür zwei Formen der Informationsbeschaffung vorgesehen: Das Eindringen in Computersysteme und Computernetzwerke im Inland (Art. 26 Abs. 1 Bst. d Ziff. 1 NDG) und im Ausland (Art. 37 Abs. 2 NDG).

Der Standort des Zielgerätes ist ausschlaggebend für die Frage, welcher Genehmigungsprozess zur Anwendung kommt: Befindet sich das Computersystem im Ausland, kann die Vorsteherin des VBS nach vorheriger Konsultation der Vorsteherin des

246

Verordnung vom 3. April 2019 über die elektronische Geschäftsverwaltung in der Bundesverwaltung (GEVER-Verordnung, SR 172.010.441).

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EJPD und des Vorstehers des EDA über die Durchführung der Massnahme entscheiden. Sobald sich das Gerät in der Schweiz befindet, bedarf es zusätzlich der vorgängigen Genehmigung durch das BVGer. Je nach Beschaffungsziel kann diese Form der Informationsbeschaffung mit grossem Aufwand verbunden sein. Insbesondere das Eindringen in ausländische Computersysteme verlangt eine minutiöse und zeitintensive Vorbereitung.247 Am Nachmittag des 12. Mai 2021 besuchte die GPDel den Geschäftsbereich Kryptologie des ZEO. Im Rahmen ihrer Inspektion zum Fall Crypto AG erkannte die GPDel die Wichtigkeit der kryptographischen Sicherheit248 und sprach dazu zwei Empfehlungen (Nr. 5 und 6) aus. Anlässlich des Dienststellenbesuches konnte sich die GPDel ein umfassendes Bild über die kryptographischen und kryptanalytischen Fähigkeiten in der Schweiz machen. Anlässlich des Besuchs informierte der Leiter des ZEO die GPDel über die interne Organisation des ZEO und den ungedeckten Ressourcenbedarf sowie über die geplante Unterstellung unter das Kommando Cyber der Armee.

5.4

Steuerungsinstrumente des Bundesrats

Der Bundesrat steuert den NDB politisch, wozu Artikel 70 NDG verschiedene Instrumente vorsieht. Ein solches Steuerungsinstrument ist die Beobachtungsliste, die der Bundesrat jährlich zu genehmigen und der GPDel zur Kenntnisnahme vorzulegen hat (Art. 70 Abs. 1 Bst. b NDG). Die Beobachtungsliste enthält nationale und internationale Organisationen und Gruppierungen, bei denen die begründete Annahme besteht, dass sie die innere oder äussere Sicherheit bedrohen (Art. 72 NDG).

Am 25. August 2021 nahm die GPDel überdies zur Kenntnis, dass der Direktor NDB ein Prüfverfahren gegen eine Gruppierung bzw. gegen eine Organisation eingeleitet hat. Das Verfahren dient der Prüfung, ob die Gruppierung bzw. Organisation auf die Beobachtungsliste aufzunehmen ist. Dem NDB wird damit ermöglicht, alle erforderlichen Informationen zu beschaffen und auszuwerten (Art. 37 Abs. 2 Nachrichtendienstverordnung (NDV)249). Insofern ist das Prüfverfahren kein Steuerungsinstrument des Bundesrates, kann aber als Vorstufe eines solchen dienen.

Laut Gesetz steuert der Bundesrat den NDB ebenfalls mittels seiner Beurteilung der Bedrohungslage (Art. 70 Abs. 1 Bst. d NDG), welche zuhanden von Parlament und Öffentlichkeit publiziert wird.250 Diesen Bericht nahm die GPDel am 27. Mai 2021 zur Kenntnis.

247 248 249

Ein Cyberangriff der Armee würde Monate dauern. In: NZZ, 6. Januar 2021.

Fall Crypto AG, Bericht der GPDel vom 2. November 2020 (BBl 2021 156, Ziff. 5.2).

Verordnung vom 16. August 2017 über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstverordnung, NDV; SR 121.1).

250 Jährliche Beurteilung der Bedrohungslage, Bericht des Bundesrates vom 12. Mai 2021 an die eidgenössischen Räte und die Öffentlichkeit (BBl 2021 1161).

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5.5

Kontakte mit dem Ausland

Die politische Genehmigung von nachrichtendienstlichen Auslandkontakten durch den Bundesrat geht auf die Oberaufsichtstätigkeit der GPDel zurück: In ihrem ersten Südafrika-Bericht von 1999 verlangte die GPDel, dass «die Aufnahme und Pflege regelmässiger Auslandkontakte nicht mehr länger in das Belieben des Nachrichtendienstes gestellt werden [dürfe]».251 In der Folge bedurfte die Aufnahme regelmässiger Kontakte mit ausländischen Diensten der Zustimmung des Bundesrates.252 Ab dem Jahr 2013 wurde die Berichterstattung stetig verfeinert, etwa durch die Einführung verschiedener Kategorien von Partnerdiensten253, welche die unterschiedliche Intensität der Zusammenarbeit mit Partnerdiensten bzw. den Status «inaktiv» oder «in Evaluation» widerspiegelten. Eine weitere Anpassung betraf eine vertiefte Risikobeurteilung der einzelnen Partnerdienstkontakte.254 Die Festlegung der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit dem Ausland gehört heute zu den politischen Steuerungsaufgaben des Bundesrates (Art. 70 Abs. 1 Bst. f NDG; Art. 99 Abs. 6 Militärgesetz (MG)255). Bevor der Bundesrat die Liste mit jenen Partnerdiensten, mit denen der NDB und der MND regelmässige Kontakte unterhalten, genehmigt, wird sie vom Sicherheitsausschuss des Bundesrates (SiA) besprochen (Art. 7 Abs. 1 NDV). Nach der Genehmigung durch den Bundesrat nimmt auch die GPDel die Liste der Auslandkontakte zur Kenntnis.

Gemäss der Marginalie von Artikel 7 NDV müsste der Bundesrat lediglich die «Grundsätze der Zusammenarbeit» festlegen. Artikel 7 Absatz 2 NDV präzisiert jedoch, dass auch eine Beurteilung des Nutzens, des Aufwands und der Risiken dieser Kontakte vorgenommen werden muss. In der Realität geschieht dies mittels Faktenblättern und den erwähnten Kategorisierungen, welche insgesamt mehr als 100 Seiten umfassen. Über die «Grundsätze der Zusammenarbeit» mit ausländischen Partnerdiensten hat der Bundesrat bisher noch nie entschieden. Als politisches Steuerungsinstrument erachtet die GPDel jedoch die heutige Liste grundsätzlich als ausreichend.

Indes stellte die GPDel im Verlauf der letzten Jahre eine kontinuierliche Zunahme der Anzahl der vom Bundesrat genehmigten Partnerdienste des NDB und MND fest: Im Vergleich zur Liste von 2013 ist die Anzahl der Kontakte für den NDB um 22 % und für den MND um 56 % gestiegen. Erst einmal hat der
Bundesrat bisher Partnerdienste von der Liste entfernt, namentlich als im Jahr 2018 mehrere Kontakte des MND gestrichen worden sind. In der Regel werden jedoch problematische oder unergiebige Dienste in die Kategorien «inaktiv» oder «zur Evaluation» versetzt. In diese Kategorien fallen rund 50 % der Kontakte des MND und knapp 30 % der Kontakte des NDB.

251 252

253 254 255

Beziehungen zu Südafrika: Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes, Bericht der GPDel vom 12. November 1999 (BBl 2000 563, 570).

Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung vom 4. Dezember 2000 über den Nachrichtendienst im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung, VND; AS 2001 124).

Jahresbericht 2013 der GPK und GPDel vom 31. Januar 2014, Ziff. 4.1.1 (BBl 2014 4963, hier 5019).

Jahresbericht 2015 der GPK und GPDel vom 29. Januar 2016, Ziff. 4.2.2 (BBl 2016 6241, hier 6309).

Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10).

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Wenn sich der Bundesrat nur noch darauf beschränkt, zusätzliche Auslandkontakte zu genehmigen, ohne gleichzeitig Streichungen vorzunehmen, akkumuliert sich mit der Zeit der grösste Teil der Staatengemeinschaft mit ihren Nachrichtendiensten auf dieser Liste. Weil damit der Bundesrat zunehmend an Gestaltungsspielraum einbüsst, verliert das Genehmigungsverfahren seinen politischen Zweck. Zudem stellt sich die Frage, wozu der Bundesrat die vielen Partnerdienstkontakte genehmigt hat, die der NDB und der MND als inaktiv führen oder während Jahren darauf hin evaluieren, ob eine Kontaktaufnahme einen ausreichenden Nutzen generieren würde.

Die parlamentarische Oberaufsicht erachtet es nicht als ihre Aufgabe, im Einzelfall zu beurteilen, wie der NDB und der MND bzw. der Bundesrat bei der Genehmigung den nachrichtendienstlichen Nutzen und die politischen Risiken der Zusammenarbeit mit einem bestimmten Partnerdienst gegeneinander abwägt. Die GPDel muss sich jedoch Gewähr verschaffen, dass der Bundesrat dafür die notwendigen Entscheidungsgrundlagen erhält und diese auch adäquat nutzt. Vor diesem Hintergrund liess sich die GPDel die Liste der Auslandkontakte am 25. August 2021 sowohl durch den Direktor des NDB als auch durch den Chef des MND präsentieren.

Aufgrund ihrer Erkenntnisse bat die GPDel den Bundesrat mit Schreiben vom 8. September 2021, die Liste der Auslandkontakte für das Jahr 2022 einer grundlegenden Überprüfung zu unterziehen. Insbesondere sollte der Bundesrat überprüfen, welche Kontakte komplett von der Liste gestrichen werden können, welchen konkreten Nutzen die Kategorien «inaktiv» und «in Evaluation» haben und welche Informationen der Bundesrat für die politische Steuerung der Auslandkontakte effektiv benötigt.

Die GPDel machte den Bundesrat zudem darauf aufmerksam, dass sich Artikel 100 MG, welcher die Militärische Sicherheit und damit auch den Dienst für den präventiven Schutz der Armee (DPSA) regelt, nicht zu allfälligen Auslandkontakten des DPSA äussert. Die Bestimmungen zum Friedensförderungsdienst dürften jedoch eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Kontakte des DPSA mit Partnerorganisationen im Zusammenhang mit dem Einsatz im Ausland bieten.

Heute genehmigt der Bundesrat die Auslandkontakte des DPSA analog zum Verfahren nach Artikel 99 Absatz 6 MG. Die GPDel würde es begrüssen, wenn die Genehmigung der Auslandkontakte des DPSA künftig in der Verordnung über die Militärische Sicherheit (VMS)256 geregelt würde.

5.6

Genehmigungspflichtige Informationsbeschaffung

Artikel 26 NDG erlaubt dem NDB, genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen durchzuführen. Dazu gehören insbesondere das Eindringen in fremde Computersysteme (vgl. Ziff. 5.3), der Einsatz von IMSI-Catchern257 und GPS-Ortungsgeräten sowie der Einsatz von Überwachungsgeräten zwecks Ton- und Bildaufnahmen an

256 257

Verordnung vom 21. November 2018 über die Militärische Sicherheit (VMS; SR 513.61).

International Mobile Subscriber Identity, Gerät zur Identifikation und Lokalisation von Personen via ihre Mobilfunkgeräte.

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nicht öffentlichen Orten. Weiter stehen dem NDB Massnahmen gemäss dem Bundesgesetz zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF)258 offen.

Wenn der NDB beabsichtigt, eine genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme anzuordnen, muss er vorgängig dem BVGer einen Antrag unterbreiten. Wenn das BVGer eine Genehmigung erteilt, gilt diese für maximal drei Monate und kann um jeweils höchstens drei Monate verlängert werden (Art. 29 Abs. 1 und 6 NDG). Nach dem gerichtlichen Genehmigungsprozess folgt das politische Freigabeprozedere.

Hierzu muss die Vorsteherin des VBS die Vorsteherin des EJPD und den Vorsteher des EDA konsultieren (Art. 30 NDG). Das VBS, das EJPD und das EDA sind im SiA vertreten und erhalten für jede SiA-Sitzung vom NDB eine Übersicht über die laufenden Massnahmen und ihre Ergebnisse. Diese Übersicht wird auch der GPDel zugestellt.

Die GPDel erhält vom Präsidium der zuständigen Abteilung I des BVGer einen jährlichen Tätigkeitsbericht (Art. 29 Abs. 8 NDG). Aufgrund dieses Berichts kann sich die GPDel ein Bild machen, wie das Gericht die Anträge des NDB für Informationsbeschaffungsmassnahmen bearbeitet und welche Probleme sich dabei allenfalls stellen. In der Regel besteht kein Bedarf, operative Details zu den genehmigten Massnahmen im Bericht zu erläutern. Hingegen hat die GPDel ein Interesse an Hinweisen auf wenig zweckmässige Verfahrensbestimmungen, zu denen allenfalls ein legislativer Handlungsbedarf besteht.

Im Jahr 2019 informierte die GPDel die Öffentlichkeit erstmals darüber, wie viele Genehmigungsanträge des NDB das BVGer abgelehnt oder nur teilweise bewilligt hatte.259 Im Tätigkeitsbericht für das Jahr 2020 legte das BVGer dar, dass erstmals drei Anträge des NDB für genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen vollständig abgelehnt worden sind. Als die Vertretung des BVGer ihren Tätigkeitsbericht am 9. Februar 2021 präsentierte, thematisierte die GPDel diese Fallkomplexe.

Erstens ging es um die Anträge des NDB für genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen gegen Drittpersonen, die das BVGer nicht genehmigt hatte. Artikel 28 NDG umschreibt Drittpersonen als Personen, über die eine Zielperson u.a. Fernmeldeanschlüsse «benutzt», um Informationen zu übermitteln, zu empfangen oder aufzubewahren. Das BVGer betonte, dass die Qualifizierung von Drittpersonen gemäss Artikel
28 NDG nicht mittels Analogie zum Strafprozessrecht (Art. 270 Bst. b StPO) ausgelegt werden darf und folglich gemäss NDG enger sei als nach der StPO. Das BVGer genehmigte diesen Antrag erst, als der NDB Hinweise vorlegte, wonach von diesen Personen eine konkrete Bedrohung der inneren Sicherheit ausging und die Personen nicht als Drittpersonen, sondern als direkte Zielpersonen qualifizierte.

In einem anderen Fall konnte der NDB dem BVGer nicht hinreichend darlegen, inwiefern bestimmte Aktivitäten im Ausland eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit darstellten (Art. 27 Abs. 1 Bst. a i.V.m. Art. 19 Abs. 2 NDG).

Weil das Vorhandensein einer solchen konkrete Bedrohung Voraussetzung für die 258

Bundesgesetz vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1).

259 Im Jahr 2018 hat das BVGer drei Anträge des NDB nur teilweise genehmigt, im Jahr 2019 gab es zwei solche Fälle. Vgl. Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Januar 2020, Ziff. 4.4 (BBl 2020 2971, hier 3038).

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Genehmigung einer genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahme ist, lehnte das Gericht den Antrag des NDB in diesem Fall ab.

Die erwähnten Fälle zeigen aus Sicht der GPDel, dass das BVGer in der Lage und willens ist, bei der Genehmigung von Überwachungsmassnahmen die gesetzlichen Vorgaben genau zu prüfen und durchzusetzen.

Seit 2019 verlangt die GPDel vom NDB ferner einen Leistungsausweis zu den genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen nach Artikel 26 NDG und den Massnahmen gegen ausländische Computersysteme gemäss Artikel 37 NDG. Im Bericht beurteilt der NDB den Nutzen der Massnahmen und erörtert auch technische Aspekte und Ressourcenfragen. Diesen Leistungsausweis nahm die GPDel am 27. Oktober 2021 zur Kenntnis.

5.7

Operationen und Quellen

Im Berichtsjahr beschäftige sich die GPDel intensiv mit sogenannten operativen Abklärungsbedürfnissen (OPAB). Die AB-ND verlangte am 29. November 2018 im Prüfbericht 18-5 (Operationsführung/Führungsrhythmus), dass der NDB den Begriff «OPAB» definiere und im Sinne der Transparenz vom Begriff «Operation» abgrenze.

Am 10. Dezember 2018 beauftragte der damalige Vorsteher VBS den NDB, den Hinweis der AB-ND zu berücksichtigen.

Die Geschäftsleitung des NDB diskutierte im Februar 2019 Vorschläge zu den Definitionen von «Operation» und «OPAB». Erste Vorschläge gingen davon aus, nur Fallkomplexe als «Operationen» zu bezeichnen, wenn diese mit genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen durchgeführt würden. Dadurch wäre die jährliche Berichterstattungspflicht über Operationen gemäss Artikel 19 NDV jedoch auf unzulässige Weise beschnitten worden.

Schliesslich ging der NDB nicht ganz so weit und definierte «Operationen» als prioritärere Fallkomplexe, die «in Ausnahmefällen» ­ z.B. bei hohem politischem Risiko oder ausserordentlich hohem Einsatz von Personal, Material oder Finanzen ­ auch ohne genehmigungspflichte Beschaffungsmassnahme möglich seien, sofern dies schriftlich begründet werde.

Diese neue, vom NDB in Folge des Prüfberichts 18-5 der AB-ND geschaffene Definition sieht vor, dass Operationen «grundsätzlich» im Zusammenhang mit genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen erfolgen müssen. Aus Sicht der GPDel ist diese Einschränkung jedoch falsch: Gemäss Artikel 33 Absatz 1 NDG ist klar, dass genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen nur im Rahmen von Operationen erfolgen können. Dem Umkehrschluss, wonach Operationen in der Regel genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen umfassen, kann jedoch nicht gefolgt werden.

Wie die GPDel feststellte, führt der NDB rund zehn Mal mehr OPAB als Operationen, wobei einige OPAB bereits seit mehreren Jahren andauern, ohne dass überzeugende Resultate erzielt worden wären. Rund ein Viertel aller OPAB werden überdies als «Joint» OPAB, also gemeinsam mit ausländischen Partnern, geführt. Für die GPDel

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geht es nicht an, dass solche sensiblen Beschaffungsaktivitäten der Berichterstattungspflicht gegenüber der Vorsteherin des VBS und der GPDel gemäss Artikel 19 NDV entzogen bleiben. Aus Sicht der Oberaufsicht wäre es insbesondere auch unzulässig, im Rahmen von OPAB oder «Joint» OPAB menschliche Quellen zu führen, ohne dass darüber eine Berichterstattung nach Artikel 19 NDV erfolgt.

Im Prüfbericht 20-13 (Operative Abklärungen) machte die AB-ND eine Empfehlung, um mit zusätzlichen Kriterien OPAB und Operationen voneinander abzugrenzen. Aus Sicht der GPDel ist die Konkretisierung der bestehenden Kriterien «Bedeutung», «Umfang», «Aufwand» und «Geheimhaltung» gemäss Artikel 12 NDV durchaus sinnvoll. Sicherzustellen ist jedoch, dass operative Tätigkeiten der Vorsteherin des VBS nicht nur in Ausnahmefällen als Operationen gemeldet werden. Demnach sind OPAB lediglich als Routineschäfte im Sinne von «normalen nachrichtendienstlichen Beschaffungsaktivitäten» gemäss Artikel 12 NDV zu betrachten. Weitere Kriterien ohne einschlägige Rechtsgrundlage, wie sie die AB-ND postuliert hat, sind aus Sicht der GPDel nicht zielführend.

Auf Wunsch der Vorsteherin des VBS besprachen ihr nachrichtendienstlicher Berater und Vertreter des NDB mit der AB-ND am 18. Januar 2021 die Bedeutung der neuen Empfehlung der AB-ND. Mit Schreiben vom 25. Januar 2021 übertrug die Vorsteherin des VBS dem NDB die Empfehlung zur Umsetzung mit der Auflage, dass der Ablauf der OPAB besser strukturiert werden müsse, sich indes an der bestehenden Unterscheidung zwischen Operationen und OPAB nichts ändern dürfe.

Am 20. Januar 2021 führte die GPDel eine Anhörung mit dem Leiter sowie dem zuständigen Prüfungsleiter der AB-ND durch und erörterte ihre Bedenken zur Umsetzung der fraglichen Empfehlung. Über die Abgrenzung von Operationen, OPAB und Routinegeschäfte unterhielt sich die GPDel am 31. März 2021 überdies mit dem stellvertretenden Direktor NDB und teilte ihre diesbezügliche Analyse und Bedenken am 27. Mai 2021 der Vorsteherin des VBS mit.

Am 2. August 2021 meldete der Direktor NDB der Vorsteherin des VBS, dass der Dienst nun die OPAB systematisch dokumentiere, inklusive ihre Eröffnung und Beendigung. Auch habe der NDB die Kriterien für die Abgrenzung zwischen Operationen und OPAB definiert.

Zurzeit hat die GPDel keine Gewähr, dass der NDB
dank diesen Kriterien seine Operationen und übrigen Informationsbeschaffungsaktivitäten konform zum geltenden Recht durchführt. Sie erkennt vielmehr eine Gefahr, dass aufgrund der von der ABND angestossenen Neuinterpretation des Begriffs «Operation» die Berichterstattung gegenüber der Vorsteherin VBS und letztlich auch gegenüber der GPDel eingeschränkt wird, ohne dass sich an den Rechtsgrundlagen oder faktischen Umständen etwas geändert hätte.

Ein weiterer Schwerpunkt legte die GPDel auf die Berichterstattung über Operationen und menschliche Quellen. Aus Sicht der GPDel ist es essentiell, dass der NDB das künftige Potenzial einer Quelle ausweist, um ihre Weiterführung gegenüber der Vorsteherin des VBS zu rechtfertigen. Bereits im Jahr 2018 veranlasste die GPDel, dass der NDB die erbrachte Leistung der Quellen und ihr zukünftiges Potenzial für die

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Informationsbeschaffung in separaten Rubriken ausweist.260 In der folgenden Berichterstattung nahm der NDB die entscheidenden Anpassungen am Raster vor.

Als sich die GPDel aber am 31. März 2021 durch den Direktor NDB und seinen Stellvertreter die Dokumentation zu den menschlichen Quellen präsentieren liess, stellte sie fest, dass klare Aussagen zum Nutzen, welcher der NDB von entsprechenden Personen zukünftig erwartet, fehlten. Die Delegation ersuchte deshalb die Vorsteherin des VBS mittels Schreiben vom 15. Juni 2021, dafür zu sorgen, dass der NDB inskünftig neben der erbrachten Leistung einer Quelle jeweils explizit ihr weiteres Potential ausweist. Die Vorsteherin des VBS sicherte der GPDel am 16. August 2021 zu, dass das Potenzial menschlicher Quellen in den künftigen Berichterstattungen wieder ausgewiesen werde.

Gemäss Empfehlung 12 der GPDel-Inspektion zum Fall Daniel Moser261 muss die Vorsteherin des VBS umgehend für die Information der GPDel sorgen, falls der NDB erfährt, dass gegen eine aktive oder ehemalige Quelle ein Strafverfahren läuft oder sie verhaftet wurde. Dieser Informationspflicht ist das VBS im Berichtsjahr nachgekommen. Allerdings sieht die Empfehlung auch vor, dass die Vorsteherin des VBS der GPDel innert nützlicher Frist eine Beurteilung des Falls zukommen lässt und über die beschlossenen Massnahmen informiert. Diese Beurteilung erfolgte jedoch nicht. Die GPDel teilte deshalb der Vorsteherin des VBS am 15. Juni 2021 mit, dass sie in Zukunft erwartet, dass das VBS der Empfehlung in ihrer Gesamtheit Folge leistet. Am 16. August 2021 versicherte die Vorsteherin des VBS, dass das Departement zwar bestrebt sei, die GPDel rechtzeitig über die Sachlage und die getroffenen Massnahmen zu informieren. Einschränkend fügte sie jedoch hinzu, dass diese Fälle meistens komplex sind und sich unerwartet entwickeln können. Aus diesem Grund sei es für die Führung des VBS oft schwierig, eine definitive Beurteilung abzugeben, bevor der Fall, vor allem im Rahmen eines Strafverfahrens, abgeschlossen wird. Was die GPDel erwartet, ist jedoch keine abschliessende, detaillierte Beurteilung nach unter Umständen jahrelang dauernder Strafverfahren, sondern eine rasche Einschätzung der Folgen für die Quelle und den NDB.

5.8

Änderungen von nachrichtendienstlichen Rechtsgrundlagen

Per 1. Dezember 2021 hat der Bundesrat drei Verordnungsbestimmungen angepasst, die sich auf nachrichtendienstliche Aktivitäten auswirken.262 Hintergrund dieser Revisionen waren Interventionen der GPDel, welche teilweise mehrere Jahre zurückliegen.

260

Jahresbericht 2018 der GPK und GPDel vom 28. Januar 2019, Ziff. 4.5 (BBl 2019 2729, hier 2801).

261 Inspektion als Folge der Verhaftung einer ehemaligen Quelle des NDB in Deutschland, Bericht der GPDel vom 13. März 2018 (BBl 2018 5045, hier 5112); Vgl. überdies den Jahresbericht 2018 der GPK und GPDel vom 28. Januar 2019, Ziff. 4.5 (BBl 2019 2729, hier 2802).

262 Bundesrat setzt Änderungen von nachrichtendienstlichen Verordnungen in Kraft, Medienmitteilung des Bundesrates vom 27. Oktober 2021.

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Im revidierten Artikel 33 NDV wird neu festgehalten, dass die kantonalen Vollzugsbehörden Lagebeurteilungen und Daten, welche die Kantone in eigener Kompetenz bearbeiten, selbstständig an kantonale Behörden bekannt geben dürfen. Daten, welche die kantonale Vollzugsbehörden vom NDB erhalten, dürfen grundsätzlich nur mit Zustimmung des NDB weitergeleitet werden. Eine Ausnahme stellt die im neu konzipierten Artikel 33a NDV festgehaltene Dringlichkeit dar. Diese Anpassung geht auf eine Unklarheit im Kanton Genf zurück, ob Berichte des NDB an den kantonalen Sicherheitsdirektor weitergeleitet werden dürfen. Die GPDel erörterte die Frage anlässlich einer Konferenz mit kantonalen GPK vom 26. Februar 2019.263 Eine weitere Änderung betrifft den Adressatenkreis des Tätigkeitsberichtes des BVGer: Nach Ansicht der GPDel ist der Tätigkeitsbericht des BVGer gemäss Artikel 29 Absatz 8 NDG ausschliesslich für die parlamentarische Oberaufsicht bestimmt.

Deshalb verlangte die GPDel im Sommer 2018, Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung über die Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (VAND)264, wonach das BVGer den Bericht auch der AB-ND zustellen soll, zu streichen.265 Durch die Aufhebung der einschlägigen VAND-Bestimmung kam der Bundesrat diesem Begehren nach.

Im Rahmen einer Aufsichtseingabe erkannte die GPDel im vergangenen Jahr überdies Revisionsbedarf in Artikel 1 Ziffer 9 der sogenannten «Mitteilungsverordnung».266 Über den historischen Hintergrund und den nicht mehr vorhandenen Nutzen dieser Bestimmung für den Nachrichtendienst berichtete die GPDel im vergangenen Jahr ausführlich.267 Mit der Streichung des «NDB» aus Artikel 1 Ziffer 9 der Mitteilungsverordnung wird dem Wunsch der GPDel entsprochen.

Schliesslich hat der Bundesrat dem Parlament eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen zum Nachrichtendienst der Armee vorgelegt. Artikel 99 MG orientiert die nachrichtendienstliche Tätigkeit der Armee primär auf Bedrohungen aus dem Ausland, sei es im Hinblick auf die Landesverteidigung oder im Friedensförderungs- oder Assistenzdienst im Ausland. Der Assistenzdienst im Inland hingegen wird absichtlich nicht erwähnt, weil der Gesetzgeber am Vorrang des zivilen NDB im Inland festhalten wollte.

Indes ist der Nachrichtendienst der Armee beim Assistenzdienst im Inland Teil des Nachrichtenverbundes des
NDB. Dieser regelt die Modalitäten jeweils vorgängig zu einem Einsatz mittels Weisungen. Gestützt auf diese Weisungen kann die Truppe Informationen von den zivilen Behörden erhalten, selbst sammeln oder auswerten. In diesem Rahmen erstellt die Armee ein eigenes Lagebild, insbesondere zum Schutz der Truppe im Einsatz.

263 264 265 266 267

Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Januar 2020, Ziff. 4.10 (BBl 2020 2971, hier 3057).

Verordnung vom 16. August 2017 über die Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (VAND; SR 121.3).

Jahresbericht 2018 der GPK und GPDel vom 28. Januar 2019, Ziff. 4.3 (BBl 2019 2729, hier 2802).

Verordnung vom 10. November 2004 über die Mitteilung kantonaler Strafentschiede (Mitteilungsverordnung; SR 312.3).

Jahresbericht 2020 der GPK und GPDel vom 26. Januar 2021, Ziff. 5.13 (BBl 2021 570).

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Der Wortlaut von Artikel 99 MG schliesst jedoch in der heutigen Form aus, dass der Nachrichtendienst der Armee beim Einsatz im Inland seine Rolle im Nachrichtenverbund wahrnehmen kann. Als die frühere ND-Aufsicht im Jahr 2017 auf diese Problematik hinwies, teilte die GPDel diese Einschätzung und unterbreitete im gleichen Jahr dem damaligen Vorsteher des VBS einen Vorschlag, um Artikel 99 MG anzupassen.

Mit der laufenden Revision des Militärgesetzes268 wird dieses Anliegen der GPDel nun umgesetzt.

5.9

Kabel- und Funkaufklärung

Im Berichtsjahr beschäftigte sich die GPDel eingehend mit den Entwicklungen im Bereich der Kabelaufklärung. Hierzu hörte die Delegation am 9. Februar 2021 eine Vertretung des BVGer an und liess sich am 1. Juli 2021 den jährlichen Leistungsausweis COMINT (Communications Intelligence) sowie den Tätigkeitsbericht der Unabhängigen Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung (UKI) präsentieren. Am 8. April 2021 führte die GPDel überdies einen ganztätigen Dienststellenbesuch beim ZEO durch und nahm am 25. August 2021 im Rahmen ihrer Oberaufsicht über klassifizierte Projekte im Nachrichtendienst den Stand der Beschaffungsvorhaben für die Kabelaufklärung zur Kenntnis. Über die Kostenentwicklung der für die Kabelaufklärung notwendigen Technologie hatte die GPDel bereits im Frühjahr vom ZEO detaillierte Informationen erhalten.

Insgesamt stellte die GPDel fest, dass der nachrichtendienstliche Wert der durch die Kabelaufklärung gewonnenen Informationen noch nicht die gewünschte Qualität erreicht hat. Hierfür gibt es aus Sicht der GPDel geografische, technische und ressourcenbedingte Gründe.

Aus Sicht der GPDel kann die Kabelaufklärung den gesetzlichen Anforderungen nur dann genügen, wenn der Transitverkehr durch die Schweiz nachhaltig erschlossen werden kann. Nur wenn der Zugriff auf Kommunikationsteilnehmer in der Schweiz die Ausnahme bleibt, wird das BVGer der systematischen Verlängerung von Kabelaufträgen zustimmen können. Der Zugriff auf Anschlüsse in der Schweiz ist nämlich gemäss NDG den genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen nach Artikel 26 NDG vorbehalten.

Zwar konnten im Berichtsjahr mehr Resultate als zuvor aus der Kabelaufklärung gewonnen und das Wissen über die technischen Aspekte ausgebaut werden. Letztlich ist die Kabelaufklärung jedoch auf den systematischen Zugang zu Standorten angewiesen, über welche der grenzüberschreitende Verkehr geführt wird und dort ausgeleitet werden kann. Das ZEO hat die Erschliessung solcher Standorte im Berichtsjahr vorangetrieben, nachdem diese vom BVGer bewilligt worden sind.

Über die personellen Ressourcen beim ZEO im Bereich der Kabelaufklärung unterhielt sich die GPDel am 8. April 2021 mit dem Chef ZEO und am 1. Juli 2021 mit dem CdA. Aus Sicht der GPDel sind zusätzliche Ressourcen beim ZEO unerlässlich,

268

Vgl. Geschäft des Bundesrates vom 1. September 2021 (Militärgesetz und Armeeorganisation: Änderung, 21.061).

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wenn die Schweiz den Bereich Kabelaufklärung nachhaltig ausbauen will. Unter diesem Gesichtspunkt muss auch die Frage erörtert werden, wie sich die Kosten für die technischen Investitionen gegenüber dem erwarteten nachrichtendienstlichen Nutzen verhalten.

Auch in rechtlicher Hinsicht bleiben die Anforderungen an die Kabelaufklärung hoch: Gemäss Artikel 39 Absatz 3 NDG sind «Angaben über schweizerische natürliche oder juristische Personen» als Suchbegriffe unzulässig. Das BVGer musste im Jahr 2020 zwei Anträge des NDB zur Kabelaufklärung zwecks Ergänzung der Akten zurückweisen (Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 29 Abs. 5 NDG). Das BVGer interpretierte den Begriff «sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland» (Art. 39 Abs. 1 NDG) anders als der NDB. Der Auslandbezug muss sich gemäss richterlicher Auffassung auf den Vorgang und nicht auf die Herkunft der Information beziehen.269 Insgesamt konnte sich die GPDel vergewissern, dass das BVGer eine strenge Genehmigungspraxis verfolgt, gleichzeitig aber die notwendigen Aufbauarbeiten für die Kabelaufklärung nicht verhindert.

Anders als das steigende Datenaufkommen der Kabelaufklärung, hat das Datenvolumen der Funkaufklärung leicht abgenommen, liefert aber immer noch wertvolle Ergebnisse. Das Aufkommen hängt jedoch stark davon ab, wie lange gewisse Kommunikationssysteme bzw. Technologieketten noch in Betrieb sein werden. Über die Herausforderungen in der Funkaufklärung wurde die GPDel anlässlich eines Dienststellenbesuches orientiert.

5.10

Auskunfts- und Meldepflichten

Der Bundesrat legt jährlich in einer nicht öffentlichen Liste fest, welche Verwaltungsbehörden bestimmte Vorgänge und Feststellungen dem NDB unaufgefordert zu melden haben (Art. 20 Abs. 4 NDG). In dieser vertraulich klassifizierten Liste muss der Bundesrat überdies den Umfang der Meldepflicht sowie das Verfahren der Auskunftserteilung regeln. Die GPDel nahm am 27. Oktober 2021 Kenntnis von dieser Liste.

Am 25. August 2021 befasste sich die GPDel mit der Erhebung von Reisedaten, welche dem NDB erlauben, Informationen über Ein- und Ausreisen sowie Kontrollen von Zielpersonen zu bearbeiten (TRAVINT, Travel Intelligence). Im Auftrag der GPDel erstellt der NDB dazu jedes Jahr einen Bericht.

Die Delegation stellte fest, dass die Datenmenge aus TRAVINT aufgrund der Reisebeschränkungen in Folge der Covid-19-Pandemie in quantitativer Hinsicht nach wie vor viel tiefer ist als in den Jahren vor der Pandemie. Dennoch hat sich die Trefferquote im Vergleich zum Vorjahr massiv erhöht. Auf Nachfrage teilte der NDB der GPDel mit, dass es sich bei den im IASA NDB verzeichneten Personen hauptsächlich um Personen handle, die trotz der Pandemie nicht auf das Reisen verzichten können.

Ausserdem habe der Datenbestand im IASA NDB um mehrere Tausend Personenobjekte zugenommen, was zusätzlich zu einer höheren Trefferquote geführt habe.

269

Vgl. hierzu auch die Botschaft vom 19. Februar 2014 zum NDG (BBl 2014 2105, hier 2143).

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Im Informationssystem «Quattro P» bearbeitet der NDB die Ausweisdaten und Fotos von ausländischen Personen, die von den Grenzkontrollbehörden erfasst werden. Betroffen sind Personen aus rund 40 Staaten ausserhalb der EU. Rund 2500 der im letzten Berichtsjahr erfassten Personen wiesen einen Bezug zum Aufgabenbereich des NDB auf.

Gemäss dem AIG270 kann das SEM Luftverkehrsunternehmen verpflichten, ihm zu bestimmten Flügen von ausserhalb des Schengen-Raums Daten zu den beförderten Personen zu melden (Art. 104 Abs. 1 AIG). Betroffen sind auch Schweizer Staatsangehörige. Solche Vorab-Passagierinformationen, auch API-Daten (Advance Passenger Information) genannt, enthalten unter anderem die Personalien der Fluggäste und Angaben zum Reisepass.

Die Meldepflicht dient dem SEM zur Bekämpfung von rechtswidrigen Einreisen und kann auf Gesuch von fedpol und des NDB auf weitere Flüge ausgedehnt werden. Das SEM publiziert die Flughäfen, an denen API-Daten erfasst werden, in Form von Allgemeinverfügungen im Bundesblatt (Art. 104 Abs. 5 AIG).271 Von 23 dieser Flughäfen in 14 Staaten gehen die API-Daten auch an den NDB. Die Übermittlung erfolgt automatisch und in elektronischer Form (Art. 104b Abs. 1 AIG).

Im Berichtsjahr wurden rund 0.7 Mio. Passagierdaten geprüft und bei rund 4000 Personen einen Treffer mit einem Bezug zum Aufgabenbereich des NDB erzielt. Laut der Berichterstattung des NDB vom 28. Juli 2021 weisen diese Personen einen Bezug zu den Bereichen Terrorismus, Proliferation, verbotenen Nachrichtendienst oder gewalttätigen Extremismus auf. Wenn Personen beim NDB beispielsweise bereits als gewaltextremistisch erfasst sind, werden somit deren API-Daten im Integralen Analysesystem Gewaltextremismus des NDB (IASA-GEX NDB) abgespeichert.

Der gewalttätige Extremismus wird ­ im Gegensatz zu den anderen Aufgaben des NDB ­ vom AIG jedoch nicht als rechtmässiger Zweck für die Beschaffung von APIDaten genannt (Art. 104 Abs. 1bis Bst. b AIG). Dem NDB fehlt somit die gesetzliche Grundlage, um API-Daten im System IASA-GEX NDB abzuspeichern. Im Zusammenhang mit dem Links- und Rechtsextremismus stellt sich auch die Frage der Zweckmässigkeit solcher Daten, die primär im Migrationskontext erhoben werden.

Trotz den klaren Vorgaben des AIG stiess die GPDel im Zusammenhang mit einer Aufsichtseingabe (vgl. Ziff. 5.11.4)
auf API-Daten, welche der NDB im System IASA-GEX NDB abgelegt hat.

Am 27. Oktober 2021 erörterte die GPDel die Problematik mit dem EDÖB. Dieser teilte die Rechtsaufassung der GPDel und stellte der Delegation eigene Abklärungen beim NDB in Aussicht. Anlässlich der Aussprache mit der Vorsteherin des VBS am 28. Oktober 2021 bestätigte der interimistische Direktor NDB, dass die Erfassung von API-Daten im Zusammenhang mit dem gewalttätigen Extremismus aufgrund der heutigen Rechtslage nicht korrekt sei und versprach, die Rechtslage für ältere Daten abzuklären. Per Schreiben vom 15. November 2021 bat die GPDel den NDB, sie in der kommenden TRAVINT-Berichterstattung über die Rechtmässigkeit der Bearbeitung

270

Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 7. über Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20).

271 Vgl. www.sem.admin.ch/sem/de/home/themen/einreise/api/info-luftverkehr.html

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von API-Daten im Zusammenhang mit dem gewalttätigen Extremismus zu informieren. Ausserdem soll der NDB darlegen, welche Massnahmen er ergriffen oder noch umzusetzen hat, um einen gesetzeskonformen Zustand dieser Daten zu gewährleisten.

5.11

Auskunftspraxis des NDB

5.11.1

Auskunft gemäss Datenschutzgesetz

Laut NDG stehen dem NDB elf Informationssysteme zur Verfügung, um seine Daten zu bearbeiten. Für die Daten in den Informationssystemen ELD (Elektronische Lagedarstellung), OSINT-Portal (Open Source Intelligence) und Quattro P und in den Speichersystemen nach Artikel 58 und Artikel 36 Absatz 5 NDG sowie für die administrativen Daten im System GEVER NDB gilt laut Artikel 63 Absatz 1 NDG immer das Auskunftsrecht gemäss DSG.

Gestützt auf Artikel 8 DSG erhalten gesuchstellende Personen grundsätzlich vollständig Auskunft über ihre Informationen in diesen Systemen. Hat der NDB Auskunft nach Artikel 8 DSG erteilt, kann die betroffene Person verlangen, dass die vorhandenen Informationen korrigiert oder gelöscht werden. War die Auskunft nicht vollständig, muss der NDB die fehlenden Angaben nachliefern, beispielsweise die Herkunft einer Meldung oder ihre Empfänger. Lehnt der NDB dies ab, muss er eine Verfügung erlassen, gegen welche eine Beschwerde beim BVGer möglich ist.

Bei überwiegenden Geheimhaltungsinteressen kann der NDB jedoch gestützt auf Artikel 9 DSG die Auskunft über eine Meldung aufschieben, einschränken oder ganz verweigern. Dies hat mittels Verfügung zu erfolgen, die beim BVGer angefochten werden kann.

5.11.2

Aufschub der Auskunft aus Geheimhaltungsgründen

Vom DSG abweichend ist das Auskunftsverfahren für die Daten in den Informationssystemen Integrales Analysesystem des NDB (IASA NDB), Integrales Analysesystem Gewaltextremismus des NDB (IASA-GEX NDB), INDEX NDB, Informationssystem Kommunikationsaufklärung (ISCO), im Restdatenspeicher sowie für die nachrichtendienstlichen Daten im System GEVER NDB geregelt (Art. 63 Abs. 2 NDG). Bestehen überwiegende Geheimhaltungsinteressen des NDB, der Strafverfolgung oder Dritter, schiebt der NDB die Auskunft auf. In den Fällen, wo alle ihre Daten der Geheimhaltung unterliegen, informiert der NDB die Gesuchsteller, dass die Auskunft aufgeschoben wird. Weitere Informationen erhalten sie nicht. Ein konkreter Fall dieser Art wird unter Ziff. 5.11.4 behandelt.

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Artikel 63 NDG regelt nicht explizit, wie der NDB Auskunft erteilen muss, wenn kein Geheimhaltungsvorbehalt zu den Daten einer gesuchstellenden Person in den Systemen nach Artikel 63 Absatz 2 NDG besteht.272 Naheliegend ist jedoch, dass in diesem Fall Artikel 8 DSG, welcher eine vollständige Auskunft vorsieht, zur Anwendung kommt. Nur so lässt sich die Konsistenz mit Artikel 63 Absatz 4 NDG sicherstellen, der nach dem Wegfall der Geheimhaltungsinteressen eine Auskunft gemäss DSG vorschreibt.

Diverse Eingaben, welche die GPDel von betroffenen Gesuchstellern erhalten hat, zeigen, dass der NDB ihnen oft über die Mehrheit ihrer Informationen in den Systemen nach Artikel 63 Absatz 2 NDG Auskunft erteilte und lediglich für einzelne Unterlagen die Auskunft aufschob.

Wenn der NDB in den Systemen nach Artikel 63 Absatz 2 NDG Unterlagen zu gesuchstellenden Personen bearbeitete, zu denen kein Geheimhaltungsinteresse bestand, erteilte er dazu in der Regel vollständig Auskunft. In einzelnen Fällen wurde die Auskunft jedoch auf unzulässige Weise eingeschränkt, indem beispielsweise die kantonale Stelle oder das Bundesamt, von welchem der NDB eine Meldung erhalten hatte, anonymisiert wurde.273 Gemäss Artikel 8 DSG ist der NDB nämlich verpflichtet, die verfügbaren Angaben über die Herkunft der Daten oder ihre Empfänger anzugeben.

Aufgrund dieser Informationen können die betroffenen Personen auch ihre Einsichtsrechte bei diesen Stellen geltend machen.

In einem Teil der Fälle kommunizierte der NDB den Aufschub der Auskunft über die Daten, welche weiterhin der Geheimhaltung unterlagen, in einer Standardmitteilung an die betroffenen Personen. Laut den internen Weisungen des NDB über die Bearbeitung von Auskunftsgesuchen lautet diese Mitteilung immer gleich, nämlich dass die Auskunft für die Daten aus den Systemen nach Artikel 63 Absatz 2 NDG aufgeschoben wird.274 Bei gesuchstellenden Personen, die zugleich auch Auskunft über einzelne Unterlagen aus diesen Systemen erhalten hatten, stiess diese Mitteilung jedoch berechtigterweise auf Unverständnis. Trotzdem wurde die Richtigkeit dieses Vorgehens in einer Notiz des NDB an die GPDel im Dezember 2020 und anlässlich der Anhörung der Datenschutzbeauftragten des Dienstes im Januar 2021 bestätigt.

Im Fall einer anderen Eingabe erteilte der NDB Auskunft zu fast allen Daten einer Organisation in den Systemen nach Artikel 63 Absatz 2 NDG. Gleichzeitig wies der 272

Das Auskunftsrecht des Bundesgesetzes vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) unterschied ab dem 16. Juli 2012 explizit zwischen dem grundsätzlichen Anspruch auf vollständige Auskunft gemäss DSG (Art. 18 Abs. 1 BWIS) und der Ausnahmeregelung mit dem Aufschub bei überwiegenden Geheimhaltungsinteressen oder Nichtverzeichnung (Art. 18 Abs. 2 BWIS). Bei der Übernahme dieses Verfahrens für die Auskunft zu den Systemen nach Art. 63 Abs. 2 NDG ging der erste Teil der Regelung vergessen.

273 Eine solche unvollständige Auskunft hatte die GPDel bereits in der Antwort des NDB an eine Nationalrätin im Jahr 2019 festgestellt. vgl. Jahresbericht 2019 der GPK und GPDel vom 28. Januar 2020, Ziff. 4.9.5 (BBl 2020 3051).

274 Ziff. 2.4 der Weisungen über die Bearbeitung von Auskunftsgesuchen in den Informations- und Speichersystemen des NDB vom 20. Oktober 2020: «Im gleichen Schreiben erhält die gesuchstellende Person eine immer gleichlautende Mitteilung (vgl. Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 3 NDG), aus der nicht hervorgeht, ob der NDB Daten über sie in den Systemen nach Art. 63 Abs. 2 NDG bearbeitet hat oder nicht».

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NDB die Existenz der wenigen Unterlagen einzeln aus, für welche er die Auskunft aufgeschoben hatte. Dies erfolgte, ohne die schützenswerten Informationen preis zu geben. Auf die Standardmitteilung gemäss den internen Weisungen wurde verzichtet.

Angesichts der disparaten Praxis des NDB erachtete die GPDel eine gründliche Analyse der rechtlichen Vorgaben für den Aufschub der Auskunft nach Artikel 63 Absatz 2 NDG für notwendig. Die Delegation bat die AB-ND, die am 23. Dezember 2020 bereits einen Prüfbericht zur Anwendung des Auskunftsrechts durch den NDB fertiggestellt hatte, um eine Rechtsauslegung. Mit Schreiben vom 4. März 2021 antwortete die AB-ND, die von der GPDel thematisierte Problematik sei nicht Gegenstand ihres Prüfberichts gewesen. Auch sah sich die Aufsichtsbehörde selbst für eine rechtliche Beurteilung nicht in der Pflicht.275 Gemäss Artikel 63 Absatz 3 NDG können gesuchstellende Personen den Aufschub der Auskunft vom EDÖB überprüfen lassen. Da sich solche Personen ebenfalls an die GPDel gewandt haben, bat die Delegation den EDÖB im April 2021, sich in einem Bericht zu diesen Fällen zu äussern und generell zu beurteilen, ob der NDB Artikel 63 Absatz 2 NDG gesetzeskonform anwendet.

In seinem Bericht vom 29. September 2021 informierte der EDÖB die GPDel, dass der NDB inzwischen auf sein Anraten hin die Information über den Aufschub der Auskunft angepasst hatte. Kann über einen Teil der Daten in den Informationssystemen gemäss Artikel 63 Absatz 2 NDG vollständig Auskunft nach Artikel 8 DSG erteilt werden, wendet der NDB nun für die übrigen Daten, zu denen die Auskunft aus Geheimhaltungsgründen aufgeschoben werden muss, das Verfahren nach Artikel 9 DSG an. Nach Ansicht des EDÖB stärkt dies die rechtliche Stellung der betroffenen Auskunftssuchenden. Sie können bezüglich aller erhaltenen Auskünfte zu ihren Daten beim BVGer Beschwerde einreichen und müssen nicht noch zusätzlich an den EDÖB gelangen.

Bereits anlässlich ihrer Abklärungen zur Aufsichtseingabe des Vereins «grundrechte.ch» hat die GPDel die Regelung des Aufschubs der Auskunft für die Daten in den Systemen nach Artikel 63 Absatz 2 NDG kritisiert. Insbesondere ergibt sich aus dem Wortlaut keine eindeutige Auslegung, wie die Bestimmungen auf eine Mehrzahl von Systemen anzuwenden ist.276 Auch sind die Bestimmungen im Vergleich zur
früheren Regelung im BWIS unvollständig und die Vorschrift, dass die Mitteilung des Aufschubs immer gleichlautend sein muss, ist nicht praxistauglich. Obwohl der NDB diese Gesetzesbestimmungen erarbeitet und gegenüber dem Parlament vertreten hatte, war der Dienst von sich aus nicht in der Lage, sie kohärent anzuwenden.

Unter diesen Umständen begrüsst es die GPDel, dass der NDB seine Auskunftspraxis entlang der Überlegungen des EDÖB weiterentwickelt hat. Die Tatsache, dass dies vier Jahre nach dem Inkrafttreten des NDG erfolgt, führt allerdings zu einer systematischen Ungleichbehandlung gegenüber den Personen, deren Auskunftsgesuche der NDB früher behandelt hat. Nach der Aussprache mit der GPDel vom 27. Oktober 275

Wie die AB-ND schrieb, waren die Fragen der GPDel interessant und würden eine vertieftere Abklärung verlangen, zum Beispiel durch das Bundesamt für Justiz oder ein externes Rechtsgutachten.

276 Jahresbericht 2019 der GPK und der GPDel vom 28. Januar 2020, Ziff. 4.9.4 (BBl 2020 2971, hier 3048).

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2021 empfahl der EDÖB deshalb dem NDB, für den Aufschub der Auskunft an eine der Organisationen, welche sich an die GPDel gewandt hatte, nachträglich eine Verfügung nach Artikel 9 DSG zu erlassen. Diese soll die sachlich irreführende Standardmitteilung für den Aufschub der Auskunft ersetzen.

Aus Sicht der GPDel ist es auch notwendig, dass sich die korrigierte Praxis des NDB in einer Revision seiner Weisungen über die Auskunftserteilung niederschlägt. Eine erste Revision hatte der NDB bereits im Oktober 2020 aufgrund einer Forderung der GPDel aus der Aufsichtseingabe von «grundrechte.ch» vorgenommen.

5.11.3

Aufschub der Auskunft bei Nichtverzeichnung: Praxisänderungen des NDB

Eine wenig konsistente Praxis stellte die GPDel auch bezüglich des Aufschubs der Auskunft fest, den Artikel 63 Absatz 5 NDG für Personen verlangt, die nicht in den Systemen gemäss Artikel 63 Absatz 2 NDG verzeichnet sind. Vor April 2018 informierte der NDB im Falle einer Nichtverzeichnung die gesuchstellenden Personen umgehend über diese Tatsache. Laut den vom NDB bekanntgegebenen Kennzahlen erfolgte dies bei 508 von insgesamt 617 eingegangenen Gesuchen in den Jahren 2016 und 2017.277 Am 6. April 2018 beschloss die Leitung des NDB, dass der Dienst inskünftig entgegen der bisherigen Praxis bei Nichtverzeichnung die Auskunft für drei volle Jahre aufschieben werde. Diese Neuerung erfolgte in Absprache mit fedpol. Sie gewährleistete neu eine Kohärenz zwischen der Praxis des NDB und dem Auskunftsverfahren nach Artikel 8 Absatz 6 des Bundesgesetzes über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI)278, das von fedpol gegenüber nicht verzeichneten Personen angewandt wird. Betroffene Personen können bei einem Aufschub der Auskunft durch fedpol oder durch den NDB eine Überprüfung durch den EDÖB verlangen. Kann die gesuchstellende Person einen erheblichen Schaden, der aus einem Aufschub erwächst, glaubhaft machen, so empfiehlt der EDÖB dem NDB eine umgehende Auskunft (Art. 64 Abs. 5 NDG). In der Praxis fand diese Ausnahmeregelung nur bei nicht verzeichneten Personen Anwendung, so in zwei Fällen in den Jahren 2018 und 2019.279 Ab 2018 vermelden die Kennzahlen des NDB keine Auskünfte an nicht verzeichnete Gesuchsteller mehr. Im Jahr 2019 schob der NDB wegen Nichtverzeichnung die Auskunft an 639 Gesuchsteller auf.280 Laut den veröffentlichten Kennzahlen gingen in diesem Jahr beim NDB 847 Gesuche ein.281 Im Januar 2021 bestätigte die Datenschutzbeauftragte des NDB der GPDel, dass die 2018 eingeführte Praxis des NDB zwischenzeitlich eine weitere Anpassung erfahren hatte. Mitglieder der Eidgenössischen Räte und Medienschaffende müssten im Fall 277 278

Berichte des Bundesrates über die Bedrohungslage 2016 resp. 2017, S. 138 resp. S. 156.

Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI; SR 361).

279 Bericht des EDÖB an die GPDel vom 29. September 2021, S. 1.

280 Prüfbericht 20-15 «Auskunftsrecht NDB» der AB-ND vom 23. Dezember 2020, S. 7.

281 Sicherheit Schweiz 2020. Lagebericht des NDB, S. 93.

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einer Nichtverzeichnung nicht mehr drei Jahre auf eine Auskunft warten, sondern würden umgehend vom NDB darüber informiert. Entschieden hatte dies die Direktion des NDB im Jahr 2020.282 Am 18. Februar 2020 hatte der Direktor NDB auch beschlossen, die Bearbeitung von pendenten Auskunftsgesuchen von eidgenössischen Parlamentariern den anderen Gesuchen vorzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt stapelten sich beim NDB über 600 unbeantwortete Auskunftsgesuche, deren Bearbeitungsdauer die vorgeschriebenen 30 Tagen längst überschritten hatte. Vermehrt waren auch Gesuche von Mitgliedern der Bundesversammlung eingegangen, deren Beantwortung sich ebenfalls verzögerte.

Die Vorzugsbehandlung von Bundesparlamentariern und Medienschaffenden wurde von der AB-ND in ihrem Prüfbericht vom 23. Dezember 2020 kritisiert, weil letztere darin eine Missachtung des Gleichbehandlungsgebotes sah. Zudem verursachten nach Ansicht der AB-ND der erstmalige Aufschub der Auskunft und die spätere Information über die Nichtverzeichnung einen unnötigen, doppelten Bearbeitungsaufwand für den NDB. Mit einer formellen Empfehlung verlangte die AB-ND deshalb eine Anpassung der Auskunftspraxis für nicht verzeichnete Personen, um «möglichst transparent Auskunft zu erteilen, ohne zu viel über die Objekte preiszugeben, die im Fokus des NDB stehen»283. Laut AB-ND sollte damit die Wirksamkeit bei der Beantwortung von Auskunftsgesuchen erhöht und der Ressourceneinsatz gesenkt werden.

Am 12. Juli 2021 beschloss die Geschäftsleitung des NDB eine weitere Änderung der Auskunftspraxis. In der Regel sollten nun alle nichtverzeichneten Personen umgehend über ihre Nichtverzeichnung Auskunft erhalten. Damit wollte der NDB künftig transparenter Auskunft erteilen und dadurch den Aufwand für die Bearbeitung von Auskunftsgesuchen reduzieren. Im Rahmen des Umsetzungscontrollings der Empfehlungen der AB-ND wurde dieser Entscheid am 2. August 2021 auch der Vorsteherin des VBS gemeldet.

Eine Nichtverzeichnung bedeutet, dass der NDB selber keine Informationen zu den gesuchstellenden Personen besitzt. Der Dienst verfügt somit auch über keine ausreichende Informationsgrundlage, um eine unterschiedliche Behandlung solcher Gesuchsteller beim Aufschub der Auskunft zu rechtfertigen. Nach der Vorzugsbehandlung von Medienschaffenden und Parlamentariern stellt die neue Praxis
des NDB, alle Gesuchstellenden umgehend über ihre Nichtverzeichnung zu informieren, deren Gleichbehandlung wieder sicher.

Mit der neuesten Praxisänderung benachteiligt der NDB allerdings frühere Gesuchstellende, deren Auskunft unter der vorhergehenden Praxis noch aufgeschoben wurde.

Ob nun rückwirkend die aufgeschobene Auskunft an hunderte von nicht verzeichneten Personen umgehend nachgeholt werden sollte, war nicht Gegenstand der Entscheidung des NDB vom 12. Juli 2021.

282 283

Zu diesem Entscheid konnte der NDB der GPDel keine Akten vorlegen.

Prüfbericht 20-15 der AB-ND vom 23. Dezember 2020, S. 12.

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5.11.4

Benachrichtigung nach dem Aufschub der Auskunft

Laut Artikel 47 Absatz 2 NDG regelt der Bundesrat für die verschiedenen Informationssysteme des NDB neben der Häufigkeit der Qualitätskontrollen auch die Löschung der Daten. Die entsprechenden Vorgaben, beispielsweise die maximalen Aufbewahrungsfristen für gespeicherte Daten, finden sich in der Verordnung über die Informations- und Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (VIS-NDB)284.

Artikel 63 Absatz 2 NDG erlaubt es dem NDB, die Auskunftserteilung so lange aufzuschieben, wie ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse dies rechtfertigt. Der Aufschub kann jedoch nur so lange aufrechterhalten werden, wie der NDB die Daten zu einer Person überhaupt aufbewahren darf (vgl. Art. 63 Abs. 4 NDG). Nach diesem Zeitpunkt muss der NDB der gesuchstellenden Person entweder Auskunft gemäss Artikel 8 DSG erteilen oder nach Artikel 9 DSG die Auskunft einschränken oder vollständig verweigern. Spätestens dann müssen die betroffenen Personen erfahren, ob sie überhaupt beim NDB verzeichnet waren.

Eine solche nachträgliche Auskunftserteilung war auch Gegenstand einer Aufsichtseingabe an die GPDel. Im April 2021 wandte sich ein Gesuchsteller an die GPDel, nachdem der NDB gestützt auf Artikel 63 Absatz 2 NDG die Auskunft auf sein Gesuch auf unbefristete Zeit aufgeschoben hatte. Gleichzeitig verlangte der Gesuchsteller vom EDÖB eine Überprüfung des Aufschubs nach Artikel 64 NDG.

Als die GPDel dem Gesuchsteller ihre Bereitschaft mitteilte, der Aufsichtseingabe Folge zu leisten, wurde ihm gleichzeitig empfohlen, nach erfolgter Überprüfung durch den EDÖB keine weitere Überprüfung vom BVGer nach Artikel 65 NDG zu verlangen, bis die GPDel die Aufsichtseingabe beantwortet hatte. Nach gängiger Praxis befasst sich die Oberaufsicht nämlich nicht mit Angelegenheiten, die vor einem Gericht hängig sind.

Die Prüfung des EDÖB erfolgte im Mai 2021 beim NDB vor Ort und führte zu keinen Beanstandungen. Konform zu Artikel 64 Absatz 2 informierte der EDÖB anfangs Juni 2021 den Gesuchsteller über die Durchführung der Kontrolle aber nicht über deren Ergebnis.

Im Juni 2021 edierte die GPDel alle Daten, welche der NDB über den Gesuchsteller bearbeitete, als dieser im Februar 2020 sein Auskunftsgesuch gestellt hatte. Im Juli 2021 wurden beim NDB weitere Auskünfte eingeholt. Ende August 2021 kam die GPDel zum Schluss, dass die
Aufbewahrungsdauer der Daten über den Gesuchsteller bereits abgelaufen war, als der NDB ihm im April 2021 den Aufschub der Auskunft bekannt gab. Entweder hatten die Daten bereits ihre maximal erlaubte Speicherdauer in den Systemen des NDB überschritten, oder der NDB hätte diese Informationen löschen müssen, nachdem die Qualitätskontrolle bereits im April 2020 entschieden hatte, dass die Daten über den Gesuchsteller für die Erfüllung des Auftrags des NDB nicht mehr benötigt wurden (vgl. Art. 27 Abs. 2 Bst. b VIS-NDB).

Nach Beurteilung der GPDel war der NDB somit verpflichtet, den Aufschub zu beenden und Auskunft nach den Modalitäten des DSG zu erteilen. Mit Schreiben vom 284

Verordnung vom 16. August 2017 über die Informations- und Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (VIS-NDB; SR 121.2).

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7. September 2021 bat die GPDel die Vorsteherin des VBS, dafür zu sorgen, dass der NDB dem Gesuchsteller vollständig Auskunft erteilt oder beim Vorliegen überwiegender Geheimhaltungsinteressen eine anfechtbare Verfügung nach Artikel 9 DSG erlässt. Damit sollte der Gesuchsteller aufgrund von Artikel 25 DSG die Möglichkeit erhalten, innert Frist von 30 Tagen beim BVGer zu verlangen, die anhaltende Einschränkung seines Auskunftsrechts zu überprüfen. Am 12. Oktober 2021 schrieb die Vorsteherin des VBS der GPDel, der NDB werde dem Anliegen der GPDel nachkommen.

Am 27. Oktober 2021 führte die GPDel mit dem EDÖB eine vertiefte und informative Aussprache über die Erfüllung seiner Aufgaben im Zusammenhang mit dem NDG.

Die Delegation erörterte mit dem EDÖB auch die Gründe, weshalb die GPDel aufgrund der Behandlung der erwähnten Aufsichtseingabe den Aufschub der Auskunft nach Artikel 63 Absatz 2 NDG nicht als gerechtfertigt erachtet hatte. Am 28. Oktober 2021 erläuterte die GPDel der Vorsteherin des VBS, wie die parlamentarische Oberaufsicht sich darum bemüht hatte, dass der NDB seine rechtlich unzureichende Anwendung des Auskunftsrechts korrigiert, welche dem EDÖB bei seiner Prüfung entgangen war, und dass der betroffene Gesuchsteller die ihm zustehende Auskunft nach dem DSG erhält.

Die Vorsteherin des VBS informierte ihrerseits, wie der NDB dem Gesuchsteller Auskunft erteilen wollte. Der NDB sollte auch überprüfen, ob die Löschung und Anonymisierung der Daten vollständig durchgeführt wurde, und der GPDel darüber Bericht erstatten. Damit schloss die GPDel ihre Arbeiten zur Aufsichtseingabe ab und informierte am 8. November 2021 den Aufsichtseingeber über ihre Schlussfolgerungen.

Mitte Januar 2022 war die Benachrichtigung des Aufsichtseingebers durch das VBS immer noch ausstehend.

5.12

Zusammenwirken von Aufsicht und Oberaufsicht

Die Gewaltenteilung erlaubt es der parlamentarischen Oberaufsicht nicht, dem NDB konkrete Handlungsanweisungen zu geben. Hält der Dienst das Gesetz nicht richtig ein, gelangt die GPDel in der Regel an das VBS, allenfalls an den Bundesrat. Letzteres ist insbesondere bei Inspektionen der Fall. Das VBS und der Bundesrat entscheiden frei, ob sie eine Empfehlung der GPDel umsetzen wollen und haben dies auch wiederholt abgelehnt (vgl. Ziff. 5.2).

Gemäss Artikel 78 NDG richtet die AB-ND ihre Empfehlungen an die Vorsteherin des VBS. Letztere kann eine Empfehlung der AB-ND jedoch nicht selbständig ablehnen, sondern benötigt dazu einen formellen Entscheid des Bundesrats. Bisher hat der Bundesrat jedoch noch nie über die Ablehnung einer Empfehlung der AB-ND befunden, da das VBS alle Empfehlungen der AB-ND ausnahmslos angenommen hat. Teil der Aufsichtspflichten des Departements ist aber auch, problematische Empfehlungen der AB-ND zu erkennen und einer gesetzeskonformen Umsetzung zuzuführen oder notfalls dem Bundesrat ihre Ablehnung zu beantragen.

Die heutige Praxis des VBS, ohne Ausnahme alle Empfehlungen der AB-ND zu genehmigen, hat für die GPDel faktisch zur Folge, dass das VBS keiner Empfehlung der

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GPDel, welche die Umsetzbarkeit einer Empfehlung der AB-ND tangiert, Folge leisten wird. Empfehlungen der AB-ND, welche den Anliegen der parlamentarischen Oberaufsicht zuwiderliefen, gab es beispielweise bezüglich der Genehmigung der Auslandkontakte durch den Bundesrat (vgl. Ziff. 5.5), der jährlichen Berichterstattung über die Operationen (vgl. Ziff. 5.7) und des Aufschubs der Auskunft an nicht verzeichnete Personen (vgl. Ziff. 5.11.3).

Anlässlich der Aussprache mit der Vorsteherin des VBS vom 28. Oktober 2021 thematisierte die GPDel im Zusammenhang mit den Revisionsarbeiten am NDG verschiedene Bestimmungen zur Aufsichtstätigkeit der AB-ND. Es stellte sich dabei heraus, dass die AB-ND in eigener Sache Änderungsvorschläge einbrachte, ohne dass seitens des VBS als federführendes Departement deren Notwendigkeit und Zweckmässigkeit überprüft worden wären. Als die GPDel diesbezüglich verschiedene Vorbehalte anmeldete, lud die Vorsteherin des VBS die Delegation zu einer schriftlichen Stellungnahme ein und versprach, die Überlegungen der GPDel für die Finalisierung des Gesetzesentwurfs aufzunehmen.

Mit Schreiben vom 8. November 2021 bat die GPDel deshalb die Vorsteherin des VBS, im Rahmen der NDG-Revision den Genehmigungsvorbehalt des Bundesrats für die Ablehnung von Empfehlungen der AB-ND durch das VBS zu streichen. Die GPDel sieht auch keine Notwendigkeit für die Gewährleistung der Aufsicht über den NDB, dass die AB-ND Daten des Schweizer Nachrichtendienstes an ausländische Kontrollorgane weitergeben kann. Da solche Stellen ganz unterschiedliche Aufgaben und Kompetenzen haben, ist vielmehr zu befürchten, dass bei einem solchen Austausch Informationen, welche für die Sicherheit der Schweiz relevant sind, in falsche Hände geraten könnten.

Im Jahr 2020 hatte die GPDel aufgrund einer Aufsichtseingabe der GPK des Kantons Bern festgestellt, dass eine explizite Regelung für die Umsetzung der Empfehlungen der AB-ND an die Kantone im NDG fehlte. Gleichzeitig erachtete die GPDel die Praxis des VBS, anstelle des zuständigen kantonalen Regierungsrates über die Umsetzung von Empfehlungen der AB-ND, die ausschliesslich in die kantonale Zuständigkeit fallen, zu entscheiden, als nicht vereinbar mit der föderalen Kompetenzordnung der Schweiz.

Ihre Kritik an dieser Praxis brachte die GPDel am 3. Juli 2020 dem VBS
zur Kenntnis.285 In der Folge verpflichtete sich die Vorsteherin des VBS am 20. Oktober 2020, mit der kommenden NDG-Revision zu klären, inwieweit und an wen die AB-ND Empfehlungen richten darf, die ausschliesslich in die kantonale Zuständigkeit fallen.

Das VBS wollte auch klären, wer solche Empfehlungen validiert und wer allenfalls über ihre Ablehnung abschliessend entscheidet.

Wie die Aussprache vom 28. Oktober 2021 ergab, hatte anlässlich der laufenden NDG-Revision niemand im VBS diese Arbeiten an die Hand genommen. Vielmehr fand ausschliesslich die Auffassung der AB-ND Eingang in den Gesetzesentwurf, wonach das VBS stets für die Umsetzung ihrer Empfehlungen zuständig sein sollte,

285

Jahresbericht 2020 der GPK und GPDel vom 26. Januar 2021, Ziff. 5.11.5 (BBl 2021 570 118).

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unabhängig davon, an welches Organ diese gerichtet sind. In ihrem Brief vom 8. November 2021 bat deshalb die GPDel das VBS auch, dem Anliegen der Delegation im Sinne der Zusagen von Oktober 2020 Folge zu leisten.

5.13

Aufsichtstätigkeit der AB-ND

Bereits am 24. November 2020 nahm die GPDel die Prüfungsplanung der AB-ND für das Jahr 2021, welche der Delegation gestützt auf Artikel 78 Absatz 2 NDG zugestellt wird, zur Kenntnis. Im Zusammenhang mit einer Prüfung, welche die Empfehlungen 6 und 7 der GPDel zum Fall Crypto AG betraf, erkannte die Delegation einen Koordinationsbedarf mit der AB-ND. Aus Sicht der GPDel wäre es nicht zweckmässig gewesen, wenn die AB-ND vor der Stellungnahme des Bundesrats (vgl. Ziff. 1.2) zum Gegenstand dieser Empfehlungen Prüfungshandlungen vorgenommen oder eigene Empfehlungen abgegeben hätte. Den definitiven Prüfplan, der auf drei der ursprünglich geplanten Prüfungen verzichtete und eine zusätzliche Prüfung umfasste, nahm die GPDel am 20. Januar 2021 zur Kenntnis.

Am 10. Februar 2021 nahm die GPDel auf dem Korrespondenzweg zum Tätigkeitsbericht der AB-ND Stellung. Divergenzen erkannte die GPDel unter anderem im Zusammenhang mit der fragwürdigen Differenzierung in «Operationen», «OPAB» und «normale nachrichtendienstliche Beschaffungstätigkeiten» (vgl. Ziff 5.7). Wie bereits im Vorjahr286 beanstandete die GPDel, dass die AB-ND erneut einen Gastkommentar in ihrem Tätigkeitsbericht publizierte. Gemäss Artikel 78 Absatz 3 NDG erstellt die AB-ND ihren Tätigkeitsbericht primär für die Vorsteherin des VBS und macht ihn anschliessend der Öffentlichkeit zugänglich. Nicht Aufgabe der AB-ND ist es hingegen, für die Vorsteherin des VBS Beurteilungen von aussenstehenden Personen, die keine Aufsichtsfunktionen gegenüber dem Nachrichtendienst haben, einzuholen.

Die Anhörung der Mitglieder der Geschäftsleitung des NDB im Februar 2021 (vgl.

Ziff. 5.3) brachte auch Bedenken über die hohe Anzahl der Empfehlungen der ABND und die Folgen, welche diese Empfehlungen für den NDB und seine Mitarbeitende haben, an den Tag. Selbst in Fällen, in denen der NDB Probleme bereits erkannt und selbst Lösungen geprüft hat, erlasse die AB-ND Empfehlungen. Es bestehe eine Tendenz, so die NDB-Führungskader, dass die AB-ND Einzelfälle pauschalisiere, ohne vorgängig untersucht zu haben, ob es sich beim Sachverhalt um einen Einzelfall oder um ein grundsätzliches Problem handle. Die Empfehlungen bewegten sich oft zu sehr auf der operativen oder sogar taktischen Ebene.

Am 27. Mai 2021 diskutierte die GPDel auch mit der Vorsteherin des VBS über die
Qualität der Berichte und Empfehlungen der AB-ND. Die Departementsvorsteherin war sich bewusst, dass die Umsetzung der Empfehlungen der AB-ND sowohl beim NDB als auch im Generalsekretariat VBS (GS-VBS) beträchtliche Ressourcen bindet.

Nach dem Verständnis der GPDel hängt die Zweckmässigkeit und Wirksamkeit des Aufsichtssystems hauptsächlich davon ab, ob die Arbeit der AB-ND einen konkreten Nutzen für die Aufsicht und Führung der Nachrichtendienste durch die Vorsteherin 286

Jahresbericht 2020 der GPK und GPDel vom 26. Januar 2021, Ziff. 5.10 (BBl 2021 570)

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des VBS generiert. Aktuell führen viele Empfehlungen vor allem zu einem Ausbau der Bürokratie und einer Erhöhung die Regelungsdichte in den Diensten, anstatt Klarheit über die gesetzlichen Vorgaben zu schaffen.

5.14

Weitere Geschäfte der GPDel zum NDB

An der Sitzung vom 25. August 2021 informierte der Direktor NDB die GPDel über problematische Vorgänge, die vor einiger Zeit im Dienst festgestellt worden waren.

Es stellte sich weiter heraus, dass der NDB ab Frühjahr 2021 selbständig entschieden hatte, welche Abklärungen angebracht waren und wie sie durchgeführt werden sollten. Dieses Vorgehen erfolgte im späteren Einverständnis mit der AB-ND, welche in dieser Angelegenheit nicht parallel zum NDB aktiv werden wollte. Die GPDel stellte aber auch fest, dass bis zu diesem Zeitpunkt weder vom NDB noch von der AB-ND eine angemessene Information der Vorsteherin des VBS erfolgt war.

Noch während der Sitzung beauftragte die GPDel den NDB, ihr ergänzende Informationen in schriftlicher Form zu liefern. Der NDB kam diesem Auftrag jedoch nur teilweise nach. Am 28. Oktober 2021 machte deshalb die GPDel die Information der Oberaufsicht und die Wahrnehmung der Aufsichtsverantwortung durch das Departement in dieser Angelegenheit zu einem Schwerpunkt ihrer Aussprache mit der Vorsteherin des VBS. Im Nachgang zur Aussprache verlangte die GPDel bis Ende 2021 vom VBS die Zustellung aller relevanten Unterlagen im Zusammenhang mit den vom NDB beschlossenen Abklärungen. Ende November 2021 beschloss die GPDel weiter, im Rahmen ihres Tätigkeitsprogramms für das Jahr 2022 weitere Anhörungen in dieser Sache durchzuführen.

An ihrer Sitzung vom 21. Dezember 2021 besprach die GPDel die Unterlagen, welche sie am Vortag zu den Abklärungen des NDB erhalten hatte. Gleichentags informierte die GPDel die Vorsteherin des VBS, dass die Delegation ihre Abklärungen weiter vertiefen werde. Zudem bat die GPDel die Vorsteherin des VBS um Auskunft, was sie aufgrund der vom NDB zusammengetragenen Erkenntnisse zu unternehmen gedenke.

5.15

Neubau Verwaltungszentrum an der Papiermühlestrasse 20

Im Sommer 2020 wurde der Projektwettbewerb für das neue Verwaltungszentrum (VZ) VBS an der Papiermühlestrasse 20 (P20) entschieden. Es sieht vor, dass die bestehenden Gebäude abgerissen und ein neues Verwaltungszentrum errichtet wird. Im neuen Gebäude sollen neben dem Hauptquartier der Armee auch der NDB, der MND, Teile des ZEO untergebracht werden.

Über die Sicherheitsanforderungen an dieses Neubauprojekt unterhielt sich die GPDel mit dem Direktor NDB (9. Februar 2021), dem stellvertretenden Direktor NDB (31. März 2021) und dem Chef MND (25. August 2021). Dazu holte die GPDel auch schriftliche Unterlagen ein. Am 27. Mai 2021 besprach die GPDel das Neubauprojekt

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auch mit der Vorsteherin des VBS. Diese bestätigte der GPDel, dass der Neubau voraussichtlich Bestandteil der Immobilienbotschaft 2024 sein werde und der Umzug der betroffenen Verwaltungseinheiten für das Jahr 2026 geplant sei.

Die GPDel erwartet, dass die Baustelle hinreichend gesichert wird und das Gebäude nach seiner Fertigstellung den notwendigen Sicherheitsanforderungen vollumfänglich genügt. Insbesondere gilt es zu vermeiden, dass die Sicherheitsinfrastruktur nachträglich verbessert werden muss. Solche Anpassungen können technisch äusserst schwierig und kostspielig sein.

Die GPDel wird sich in regelmässigen Abständen über die Sicherheitsanforderungen an das Gebäude VZ P20 informieren lassen, um Gewähr dafür zu erhalten, dass diese im Projekt ausreichend berücksichtigt werden. Hierzu plant die GPDel im kommenden Jahr Anhörungen mit Vertretern des NDB, von Immobilien Verteidigung und des Bundesamtes für Bauten und Logistik (BBL). Zur Erfüllung der Sicherheitsanforderungen beim Neubau wird die GPDel überdies einen jährlichen Bericht einholen.

Aus Sicht der GPDel gehört es jedoch nicht zur Aufgabe der parlamentarischen Oberaufsicht, eine begleitende Bauaufsicht wahrzunehmen oder sich vertieft mit den Übergangslösungen, welche für die betroffenen Organisationseinheiten während der Bauphase nötig sein werden, zu befassen.

6

Geschäftsberichte 2020 und wiederkehrende Berichte

6.1

Geschäftsbericht 2020 des Bundesrates

Die Überprüfung der Umsetzung der vom Bundesrat festgelegten Jahresziele sowie seiner Geschäftsführung ist eine der Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht.

Sie wird u. a. anhand des vom Bundesrat gemäss Artikel 144 ParlG jährlich der Bundesversammlung unterbreiteten Berichts über seine Geschäftsführung vorgenommen.

Die GPK berichten in den Räten jeweils über die Geschäftsführung und stellen anschliessend Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichts.

An ihren gemeinsamen Sitzungen im Mai führen die GPK jeweils Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates und dem Bundeskanzler. Neben der generellen Berichterstattung über die im Berichtsjahr realisierten Ziele und Massnahmen informieren die Bundesratsmitglieder die GPK dabei jeweils auch über bestimmte, selber gewählte Schwerpunktthemen. Die GPK ihrerseits legen für alle Departemente sowie die BK Querschnittsthemen fest. Für die Aussprache im Jahr 2021 wurden die folgenden beiden Querschnittsthemen gewählt: Krisenmanagementstrukturen (in normalen Zeiten und in der Covid-19-Pandemie) sowie Cybersicherheit. Im Rahmen der Aussprachen mit den Mitgliedern des Bundesrates und dem Bundeskanzler haben die Kommissionsmitglieder auch die Möglichkeit, selber weitere Themen einzubringen und zu vertiefen.

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Die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher informierten im Mai 2021 die Kommissionen über die folgenden, selbst gewählten Schwerpunktthemen: EDA

­ Aussenpolitische Kohärenz: Strategien, Strukturen, Köpfe ­ Umsetzung Strategie Internationale Zusammenarbeit 2021­2024

EDI

­ Covid-19: Massnahmen ­ Covid-19: Impfung ­ Covid-19: Testung

EFD

­ Covid-19: Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen ­ Digitalisierung und Cyber-Risiken

EJPD

­ Internationaler und nationaler Informationsaustausch als Herzstück der Zusammenarbeit ­ Digitalisierungsvorhaben im EJPD

UVEK

­ Strategische Entwicklungsprogramme Nationalstrassen und Bahninfrastruktur ­ Elektromobilität

VBS

­ Weiterentwicklung Cyber Defence im VBS ­ Sanierung Altlasten im ehemaligen Munitionslager Mitholz ­ Nachhaltigkeit und Klimaschutz im VBS

WBF

­ Das Schweizer Forschungs- und Innovationssystem im internationalen Vergleich ­ Perspektiven und Herausforderungen ­ Wirtschaftspolitische Massnahmen zur Abfederung der Folgen der Covid-19-Pandemie

BK

­ Covid-19: Evaluation Krisenmanagement ­ Digitalisierung in der Bundesverwaltung

Im April 2021 fanden zudem einige vorbereitende Sitzungen zur Behandlung des Geschäftsberichtes des Bundesrates der Subkommissionen der GPK mit den verschiedenen Behörden, Departementsvorsteherinnen und Departmentsvorstehern, Gerichten und den Vertreterinnen und Vertretern der verselbständigten Einheiten des Bundes statt. Bei Letzteren wird unter anderem der Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der jeweiligen Einheit thematisiert.

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Beide GPK waren der Meinung, der Bundesrat und die Bundesverwaltung hätten ihre Aufgaben insgesamt angemessen wahrgenommen. Sie beantragten ihren Räten deshalb einstimmig, den Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 2020 zu genehmigen.287 Das Parlament folgte diesen Anträgen in der Sommersession 2021.

6.2

Geschäftsbericht 2020 des Bundesgerichts

Zu den Aufgaben der parlamentarischen Oberaufsicht gehört gemäss Artikel 3 BGG auch die Prüfung der Geschäftstätigkeit des BGer und damit verbunden die Genehmigung von dessen Geschäftsbericht. Die GPK behandeln dazu jährlich den Geschäftsbericht des BGer und hören Vertreterinnen und Vertreter des BGer und der erstinstanzlichen Gerichte an.288 Auf dieser Basis berichten sie in den Räten und stellen Antrag zur Genehmigung des Geschäftsberichts.

Im Rahmen der Behandlung des Geschäftsberichts 2020 im Frühling 2021 wurden dabei unter anderem die steigenden Fallzahlen beim BGer und das weitere Vorgehen nach dem Scheitern der BGG-Revision, die Parteizugehörigkeit der Richterinnen und Richter und ihre Unabhängigkeit in der Rechtsprechung und Fragen der Aufsichtstätigkeit des BGer thematisiert. Die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA besprachen im Weiteren mit der Gerichtsleitung des BStGer die Themen Rückweisungen von Anklageschriften der BA und Verjährungen. Mit dem BVGer erörterten sie die interne Verteilung der Personalressourcen sowie die Fragen der Spruchkörperbildung.

Die GPK beantragten ihren jeweiligen Räten, den Geschäftsbericht des BGer für das Jahr 2020 zu genehmigen. Diese Anträge wurden vom Parlament in der Sommersession 2021 gutgeheissen289.

6.3

Weitere von der GPK geprüfte Berichte

Der Bundesrat erstattet der Bundesversammlung periodisch Bericht über die Erreichung der für die verselbständigten Einheiten des Bundes festgelegten strategischen Ziele (Art. 148 Abs. 3bis ParlG). Für die Einheiten mit besonderer wirtschafts- und finanzpolitischer Bedeutung (Swisscom, Post, SBB, Skyguide, RUAG, FINMA und ETH-Bereich) stellt der Bundesrat den GPK jährlich ausführliche Berichte über die Erreichung der strategischen Ziele zu. Über die kleineren verselbständigten Einheiten (u. a. Swissmedic, Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat [ENSI], IGE, Innosuisse, Pro Helvetia und Schweizerische Exportrisikoversicherung [SERV]) erstattet er den GPK alle vier Jahre ausführlich Bericht.

Verschiedene gesetzliche Bestimmungen sehen vor, dass zu gewissen Bereichen der Bundesversammlung Bericht erstattet werden muss. Aus diesem Grund sind die GPK

287 288 289

Amtliches Bulletin der Bundesversammlung (AB) 2021 S 701 ff. und AB 2021 N 1449 ff.

Die erstinstanzlichen Gerichte des Bundes sind das BVGer, das BStGer und das BPatGer.

AB 2021 S 561 f. und AB 2021 N 1243 f.

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beauftragt, den Bericht über die Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr290, das Reporting im Personalmanagement291, den Tätigkeitsbericht der BA292, den Tätigkeitsbericht der AB-BA293 und den Rechenschaftsbericht der SNB294 über die Erfüllung ihrer Aufgaben zu prüfen.

Die GPK haben weiter festgelegt, welche Berichte des Bundesrates über die verselbständigten Einheiten sie jährlich295 oder zu einem bestimmten Zeitpunkt während der strategischen Periode296 behandeln. Zudem kann ein Mitglied der GPK jederzeit beantragen, dass ein nicht traktandierter Bericht beraten wird.

Ferner beraten die GPK verschiedene Berichte des Bundesrates und der Bundesverwaltung zu spezifischen Themen (z. B. die Beratung des Jahresberichts von fedpol oder die Beratung alle zwei Jahre des Jahresberichts des BSV über die Sozialversicherungen). Auch hier kann ein Mitglied der GPK jederzeit die Beratung eines nicht traktandierten Berichts beantragen.

Insgesamt befassen sich die GPK jedes Jahr mit 20 bis 40 solchen wiederkehrenden Berichten.

290 291 292 293 294 295 296

Gemäss Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 1996 über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz, KMG; SR 514.51).

Gemäss Art. 5 BPG und Vereinbarung vom 27. Januar 2010 über das Reporting im Personalmanagement zwischen den GPK und FK und dem Bundesrat.

Gemäss Art. 17 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71).

Gemäss Art. 29 Abs. 1 StBOG Gemäss Art. 7 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz, NBG; SR 951.11).

Stand 2021: Swisscom, Post, SBB, Skyguide, RUAG, FINMA und ETH-Bereich.

Stand 2021 : Swissmedic, ENSI, Innosuisse und SERV.

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Abkürzungsverzeichnis AB

Amtliches Bulletin

AB-BA

Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft

AB-ND

Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten

ADS

Aufklärungsdrohnensystem

AIG

Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländerund Integrationsgesetz; SR 142.20)

AIA

Automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten

AIAG

Bundesgesetz vom 18. Dezember 2015 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (SR 653.1)

AIAV

Verordnung vom 23. November 2016 über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (SR 653.11)

ALL-EMA

Programm «Arten und Lebensräume Landwirtschaft» von Agroscope

ALV

Arbeitslosenversicherung

API

Advanced Passenger Information

APK

Aussenpolitische Kommissionen der eidgenössischen Räte

APK-N

Aussenpolitische Kommission des Nationalrates

APK-S

Aussenpolitische Kommission des Ständerates

AP SBS

Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz

AP22+

Agrarpolitik ab 2022

Armasuisse

Bundesamt für Rüstung

AS

Amtliche Sammlung des Bundesrechts

ASPdG

Association de soutien, de gestion et de promotion de la Patrouille des Glaciers

AtraG

Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (SR 742.104)

ATSG

Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1)

BA

Bundesanwaltschaft

BABS

Bundesamt für Bevölkerungsschutz

BAFU

Bundesamt für Umwelt 139 / 148

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BAG

Bundesamt für Gesundheit

BAKOM

Bundesamt für Kommunikation

BAV

Bundesamt für Verkehr

BAZ

Bundesasylzentrum

BAZG

Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit

BAZL

Bundesamt für Zivilluftfahrt

BBG

Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (SR 412.10)

BBl

Bundesblatt

BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik

BFF

Biodiversitätsförderflächen in der Landwirtschaft

BFS

Bundesamt für Statistik

BGer

Bundesgericht

BGG

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz; SR 173.110)

BGST

Bundesgesetz vom 18. Juni 2010 über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr (SR 745.2)

BJ

Bundesamt für Justiz

BK

Bundeskanzlei

BKP

Bundeskriminalpolizei

BLK

Bundeseinheit für die Lebensmittelkette

BLV

Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen

BLW

Bundesamt für Landwirtschaft

BPatGer

Bundespatentgericht

BPI

Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (SR 361)

BPG

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1)

BSTB

Bundesstab Bevölkerungsschutz

BStGer

Bundesstrafgericht

BSV

Bundesamt für Sozialversicherungen

BÜPF

Bundesgesetz vom 18. März 2016 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (SR 780.1)

BV

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101)

BVGer

Bundesverwaltungsgericht

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BWIS

Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120)

BWL

Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung

BWO

Bundesamt für Wohnungswesen

CASO

Civil Aviation Safety Office

CAAI

Civil Aviation Authority of Israel

CdA

Chef der Armee

CEE

Covid-19-Erwerbsersatz

CERT

Computer emergency response team, Eingriffsteam des Bundes bei Informatiknotfällen

COMINT

Communications Intelligence

CT

Contact tracing

CyRV

Verordnung vom 27. Mai 2020 über den Schutz vor Cyberrisiken in der Bundesverwaltung (Cyberrisikenverordnung; SR 120.73)

DEZA

Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit

DLWL

Dynamische Leitweglenkung

DNS

Domain Name System

DOC

Dynamic Organizational Consulting

DPSA

Dienst für den präventiven Schutz der Armee

DR

Direktion für Ressourcen

DSG

Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (Datenschutzgesetz; SR 235.1)

EASA

Europäische Agentur für Flugsicherheit (European Union Aviation Safety Agency)

ECDC

European Centre for Disease Prevention and Control, Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EDK

Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und Erziehungsdirektoren

EDÖB

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle 141 / 148

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EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

e-ID

Elektronische Identität

EJPD

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

ELD

Elektronische Lagedarstellung

ENSI

Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat

EPA

Eidgenössische Personalamt

EPD

Elektronisches Patientendossier

EPDG

Bundesgesetz vom 19. Juni 2015 über das elektronische Patientendossier (SR 816.1)

EpG

Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (SR 818.101)

ESTV

Eidgenössischen Steuerverwaltung

ETH

Eidgenössische Technische Hochschulen

EU

Europäische Union

EWRS

Early Warning Response System, Frühwarn- und Reaktionssystem

EZV

Eidgenössische Zollverwaltung

FATCA

Foreign Account Tax Compliance Act

fedpol

Bundesamt für Polizei

FIFA

Fédération internationale de Football Association; Weltfussballverband

FinDel

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte

FINMA

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht

FK

Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte

FKG

Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz; SR 614.0)

FZA

Freizügigkeitsabkommen

GDK

Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren

GEVER

Elektronische Geschäftsverwaltung der Bundesverwaltung

GEVER-Verordnung Verordnung vom 3. April 2019 über die elektronische Geschäftsverwaltung in der Bundesverwaltung (SR 172.010.441) GK

Gerichtskommission der eidgenössischen Räte

GOPD

Geschäftsordnung der Parlamentsdienste vom 16. Mai 2014

GovCERT

Eingriffsteam des Bundes bei Informatiknotfällen (Computer Emergency Response Team)

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GPDel

Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

GRN

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 (SR 171.13)

GRS

Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (SR 171.14)

GS-EDI

Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements des Innern

GS-UVEK

Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

GS-VBS

Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

GSK

Generalsekretärenkonferenz

HGVAnG

Bundesgesetz vom 18. März 2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische EisenbahnHochleistungsnetz (SR 742.140.3)

HSC

Health Security Committee

HTA

Health Technology Assessments

IASA NDB

Integrales Analysesystem des NDB

IASA-GEX NDB

Integrales Analysesystem Gewaltextremismus des NDB

IDAG

Interdepartementale Arbeitsgruppe

IGE

Institut für Geistiges Eigentum

IKT

Informations- und Kommunikationstechnologie

IMSI

International Mobile Subscriber Identity

Innosuisse

Schweizerische Agentur für Innovationsförderung

InstA

Institutionelles Abkommen Schweiz-EU

IS ABV

Informationssystem Antibiotika in der Veterinärmedizin

ISCO

Informationssystem Kommunikationsaufklärung

IV

Invalidenversicherung

IVI

Institut für Virologie und Immunologie

IZA

Internationale Zusammenarbeit

KAV

Kantonsapothekervereinigung

KdK

Konferenz der Kantonsregierungen

KID

Konferenz der Informationsdienste des Bundes 143 / 148

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KMG

Bundesgesetz vom 13. Dezember 1996 über das Kriegsmaterial (SR 514.51)

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

KOF

Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich

KSBC

Krisenstab des Bundesrats Corona

KTI

Kommission für Technologie und Innovation

KVF

Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der eidgenössischen Räte

KVF-S

Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates

KVV

Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (SR 832.102)

LBA

Logistikbasis der Armee

LwG

Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetz; SR 910.1)

MAA

Military Aviation Authority

MAV

Verordnung vom 15. Februar 1995 über die Anerkennung von gymnasialen Maturitätsausweisen (SR 413.11)

MCAA

Multilateral Competent Authority Agreement; Multilaterale Vereinbarung der zuständigen Behörden (über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten) (SR 0.653.1)

MG

Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz; SR 510.10)

MKG

Militärkassationsgericht

MND

Militärischer Nachrichtendienst

Mo.

Motion

MRO

Maintenance, Repair and Overhaul (Wartung, Reparatur und Überholung)

NATO

North Atlantic Treaty Organization

NBG

Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz; SR 951.11)

NCS

Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor CyberRisiken

NCSC

Nationales Zentrum für Cybersicherheit

NDB

Nachrichtendienst des Bundes

NDG

Bundesgesetz vom 25. September 2015 über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstgesetz; SR 121)

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NDV

Verordnung vom 16. August 2017 über den Nachrichtendienst (SR 121.1)

Neat

Neue Eisenbahn-Alpentransversale

NGO

Non-governmental organization, Nichtregierungsorganisation

NLR

Royal Netherlands Aerospace Centre

OAK BV

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OGD

Open-Government-Data

OKP

Obligatorische Krankenpflegeversicherung

OPAB

Operative Abklärungsbedürfnisse

OSINT

Open Source Intelligence

OV-WBF

Organisationsverordnung vom 14. Juni 1999 für das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (SR 172.216.1)

Pa.Iv.

Parlamentarische Initiative

ParlG

Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10)

PdG

Patrouille des Glaciers

PBG

Bundesgesetz vom 20. März 2009 über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsgesetz; SR 745.1)

BGA

Bundesgesetz vom 26. Juni 1998 über die Archivierung (Archivierungsgesetz; SR 152.1)

Po.

Postulat

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrolle

RAUS

Programm «Regelmässiger Auslauf im Freien»

ResMaB

Ressourcenmanagement Bund

RK

Kommissionen für Rechtsfragen der eidgenössischen Räte

RPV

Regionaler Personenverkehr

RTS

Radio Télévision Suisse

RVOG

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010)

SAA

Sense & Avoid System

SAFIG

Bundesgesetz vom 17. Juni 2016 über die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse-Gesetz; SR 420.2) 145 / 148

BBl 2022 513

SBB

Schweizerische Bundesbahnen

SBFI

Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation

SBS

Strategie Biodiversität Schweiz

SCNAT

Akademie der Naturwissenschaften Schweiz

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

SEM

Staatssekretariat für Migration

SERV

Schweizerische Exportrisikoversicherung

SFH

Schweizerische Flüchtlingshilfe

SFU

Strategische Führungsübung

SiA

Sicherheitsausschuss des Bundesrates

SIF

Staatssekretariats für internationale Finanzfragen

SL

Spezialitätenliste

SNB

Schweizerische Nationalbank

SR

Systematische Rechtssammlung

SRG

Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft

STANAG

Standardization Agreement, Standardisierungsübereinkommen

StPO

Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (SR 312.0)

SUPERB23

IKT-Schlüsselprojekt: Wechsel zu neuem SAP-System

SUST

Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle

SVU

Sicherheitsverbundsübung

Swissmedic

Schweizerisches Heilmittelinstitut

swissuniversities

Rektorenkonferenz der Schweizerischen Hochschulen

TBBK

Tripartite Berufsbildungskonferenz

TRAVINT

Travel Intelligence

TSchG

Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (SR 455)

TVD

Tierverkehrsdatenbank

UKI

Unabhängige Kontrollinstanz für die Funk- und Kabelaufklärung

UREK-S

Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats

URL

Uniform Resource Locator, die Web-Adresse eines Dokumentsbestehend aus Protokoll, Server-Name sowie Dateiname mit Pfadadresse.

146 / 148

BBl 2022 513

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

UZL

Umweltziele Landwirtschaft

VAND

Verordnung vom 16. August 2017 über die Aufsicht über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (SR 121.3)

VBPV-EDA

Verordnung des EDA zur Bundespersonalverordnung vom 20. September 2002 (SR 172.220.111.343.3)

VBS

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport

VIS-NDB

Verordnung vom 16. August 2017 über die Informationsund Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (SR 121.2)

VK BGer

Verwaltungskommission des Bundesgerichts

VK BStGer

Verwaltungskommission des Bundesstrafgerichts

VKS

Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte der Schweiz

VMS

Verordnung vom 21. November 2018 über die Militärische Sicherheit (SR 513.61)

VPB

Verordnung vom 4. November 2009 über die Personenbeförderung (SR 745.11)

VST

Verordnung vom 17. August 2011 über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr (SR 745.21)

VSZV

Verordnung vom 17. Dezember 2014 über die Sicherheitsuntersuchung von Zwischenfällen im Verkehrswesen (SR 742.161)

VVWAL

Verordnung vom 11. August 1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung sowie der Landesverweisung von ausländischen Personen (SR 142.281)

VZ

Verwaltungszentrum

WAK

Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben der eidgenössischen Räte

WAK-N

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates

WAK-S

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WHO

World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation

WSL

Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft 147 / 148

BBl 2022 513

ZEO

Zentrum für Elektronische Operationen

ZEMIS

Zentrales Migrationsinformationssystem

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